Titel:
Formfreiheit eines Darlehensvertrags
Normenkette:
BGB § 488
Leitsatz:
Ein Darlehensvertrag kann ohne Beachtung einer besonderen Form geschlossen werden. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Formfreiheit, Darlehensvertrag
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Endurteil vom 28.06.2023 – 7 U 2709/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 49148
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 950.102,31 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozent p.e. aus 1.992.876,71 € für die Zeit vom 02.03.2021 bis zum 26.04.2021 sowie aus 950.102,31 € seit dem 27.04.2021 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Der Streitwert wird auf 957.255,60 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Urkundenprozess die Rückzahlung eines Darlehens.
2
Die Klägerin ist approbierte Humanmedizinerin und war von 1998 bis 2008 im Aufsichtsrat der … tätig. Im Jahr 2011 übernahm die Klägerin die Geschäftsführung der … und der …. Die Beklagte ist eine Immobilienprojektgesellschaft.
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Anfang des Jahres 2019 trat die … bzw. die … wegen des Erwerbs des Mehrfamilienhauses Haus … in M. an die Beklagte heran. Die Stiftung nahm noch im Jahr 2019 Abstand von dem Erwerb. Ende des Jahres 2019 beabsichtigte nunmehr die Klägerin, die Immobilie im eigenen Namen zu erwerben.
4
Am 18.12.2019 schlossen die Klägerin als Darlehensgeberin und die Beklagte als Darlehnsnehmerin einen von dar Beklagten erarbeiteten schriftlichen Darlehensvertrag über ein verzinsliches Darlehen in Höhe von 2.000.000,00 € mit einer Laufzeit bis zum 31.03.2020 (Darlehensvertrag, § 1, Anlage K 1). Die Verzinsung sollte nach dem Darlehensvertrag zunächst 3 % p.a. betragen (Darlehensvertrag, § 4, Anlage K 1). Der Darlehnsvertrag enthält ferner u.a. folgende Regelung:
(1) Die Tilgung des Darlehens hat in voller Höhe am Laufzeitende zu erfolgen. Bei der Tilgung ausstehende Zinsen oder andere nach diesem Vertrag geschuldete Beträge, sind zusammen mit der Tilgung des Darlehens zu begleichen.
(2) Der Darlehensgeber beabsichtigt vom Darlehensnehmer das Mehrfamilienhaus in der … M. zu einem Kaufpreis von 13,44 Mio Euro zu erwerben. Die Beurkundung soll am 20.12.19, spätestens 23.12.2019 bei dem Notar … in M. erfolgen. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Rückführung des Darlehens nebst Zinsen ausdrücklich per Verrechnung mit der Kaufpreiszahlung zu der geschilderten Kaufsache erfolgen kann, wenn es zu dem geplanten Erwerb kommt.
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Am 18.12.2019 überwies die Klägerin den Betrag in Höhe von 2.000.000,00 € auf das Konto der Beklagten (Zahlungsbestätigung, Anlage K 2).
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Zu der im Dezember 2019 beabsichtigten Beurkundung des notariellen Kaufvertrages über die Immobilie kam es nicht. Die Parteien verhandelten in der Folge über den Abschluss eines sog. MaBV – Vertrages über die Immobilie zum Erwerb durch die Klägerin und ihre Kinder. Die Darlehensvereinbarung wurde wiederholt prolongiert. Mit Vereinbarung vom 31.03.2020/01.04.2020 (Nachtrag zum Darlehensvertrag vom 18.12.2019, Anlage K3) vereinbarten die Parteien eine Laufzeit des Darlehens bis zum 31.05.2020 sowie eine Verzinsung des Darlehensbetrages für die gesamte Laufzeit ab Zurverfügungstellung des Darlehens mit 8 % p.a. Zuletzt verständigten sich die Parteien auf eine Verlängerung der Darlehenslaufzeit bis zum 15.10.2020.
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Mit Schreiben des Klägervertreters vom 04.02.2021 (Anlage K 5) erklärte die Klägerin vorsorglich die Kündigung des Darlehensvertrages und forderte die Beklagte zur Rückzahlung des Darlehens nebst Zinsen bis zum 11.02.2021 auf. Die Klägerin erklärte in dem Schreiben ferner, dass die Versuche, die Verhandlungen über den Erwerb der Immobilie zum Abschluss zu bringen, ins Stocken geraten seien und zuletzt an den fehlenden Rückmeldungen der Beklagten gescheitert seien. Zugleich bot die Klägerin der Beklagten in dem Schreiben an, die Immobilie, wie sie steht und liegt und bei Verzicht auf die Mietgarantie zum Preis von 10.500.000,00 € zu erwerben. Die Beklagte erklärte hierauf gegenüber dem Klägervertreter mit Schreiben vom 09.02.2021 (Anlage K 6), dass sich die Klägerin ihrerseits im vorangegangenen Jahr über Wochen nicht zurückgemeldet habe und die kaufvertragliche Beurkundung wegen baulicher Lappalien verschoben habe, obwohl eine Abwicklung nach MaBV jederzeit entsprechende Einbehalte möglich gemacht hätte. Zudem seien unzählige zusätzliche Baumaßnahmen und Einbauten auf Wunsch der Klägerin veranlasst worden. Bei Verzicht auf die Mietgarantie von 24 Monaten mit einem monatlichen Mietzins von 32.625,00 € könne der Nachlass auf den Kaufpreis nur 783.000,00 € betragen und somit der Kaufpreis 12.247.000,00 €. Das Darlehen werde selbstverständlich zurückgeführt; die Beklagte sei bislang von einer Aufrechnung des Kaufpreises mit dem Darlehen ausgegangen. Die gesetzte Frist zur Rückführung des Darlehens sei zu knapp, um die Mittel bereitzustellen. Es werden allerdings eine Rückführung zum 31.03.2021 angeboten. Zinsen könnten auch vorher bezahlt werden. Wegen der Einzelheiten des Inhalts der beiden vorgenannten Schreiben wird auf die Anlage K 5 und K 6 Bezug genommen.
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Mit Schreiben des Klägervertretes vom 24.02.2021 (Anlage K 7) forderte die Klägerin die Beklagte auf, dis auf das Darlehen per 31.12.2020 angefallenen Zinsen unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 28.02.2021 zu bezahlen; zudem forderte die Klägerin die Beklagte zur Rückzahlung des Darlehens bis zum 31.03.2021 auf. Mit E-Mail vom 23.03.2021 (Anlage K8) forderte der Klägervertreter die Beklagte ferner unter Fristsetzung bis zum 31.03.2021 auf, mitzuteilen, ob an dem Vertragsschluss noch Interesse bestehe. Mit Schreiben vom 31.03.2021 (Anlage K 9) erklärte die Beklagte daraufhin, dass sie das Schreiben des Klägervertretes vom 24.02.2021 (Anlage K 7) dahin deute, dass die Klägerin von einem Erwerb Abstand nehme. Die Darlehensrückzahlung sei noch nicht erfolgt, weil nach dem Darlehensvertrag eine Verrechnung mit dem Kaufpreis vorgesehen gewesen sei; die Beklagte erwarte ihrerseits eine abschließende Mitteilung zum Kaufinteresse der Klägerin.
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Am 02.03.2021 zahlte die Beklagte an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 200.000,00 €. Insofern ist zwischen den Parteien streitig, inwieweit die Zahlung auf die Hauptforderung oder die Zinsen erfolgt ist. Am 26.04.2021 bezahlte die Beklagte auf das Darlehen einen Betrag in Höhe von 1.042.774,40 € an die Klägerin.
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Mit Schreiben vom 26.04.2021 (Anlage B 2) erklärte die Beklagte, dass sie von weiteren Kaufverhandlungen mit der Klägerin Abstand nehme. Die Beklagte sei von der Klägerin hingehalten worden, was nicht akzeptabel sei. Zugleich erklärte die Beklagte, dass sie am heutigen Tag einen Betrag in Höhe von 1.042.774,40 € an die Klägerin angewiesen habe. Dieser Betrag ergebe sich, wenn man von den 2.000.000,00 € die bereits erfolgte Rückzahlung in Höhe von 200.000,00 €, Finanzierungskosten in Höhe von 217.479,45 €, einen Mehraufwand für die Beklagte in Höhe von 189.746,21 € sowie anteiligen entgangenen Gewinn der Beklagten in Höhe von 350.000,00 € in Abzug bringe. Weitergehende Ansprüche behalte sich die Beklagte vor. Wegen der Einzelheiten des Inhalts des Schreibens der Beklagten vom 26.04.2021 wird auf Anlage B 2 Bezug genommen.
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Die Immobilie ist mittlerweile von der Beklagten an einen anderen Erwerber veräußert worden.
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Die Klägerin behauptet, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Klägerin um ein kurzfristiges Überbrückungsdarlehen gebeten habe. Im Falle des Ankaufs der Immobilie könne die Verrechnung auf den Kaufpreis erfolgen. Sofern ein Ankauf nicht erfolge würde, würde das Darlehen an die Klägerin kurzfristig zurückgezahlt werden. Die Zahlung der 200.000,00 € sei nicht als Darlehensrückzahlung geleistet worden, sondern auf ausstehende Zinsen.
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Die Klägerin beantragt im Urkundenprozess:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 957.225,60 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozent p.a. aus 2.000.000,00 € für die Zeit vom 19. Dezember 2019 bis zum 26.04.2021 sowie seit dem 27. April 2021 aus 957.225,60 € abzüglich gezahlter Zinsen in Höhe von 200.000,00 € zu zahlen.
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Die Beklagte bearntragt,
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Die Beklagte behauptet, dass die Darstellung der Klägerin, dass es zum Abschluss des Darlehensvertrags gekommen sei, weil der Geschäftsführer der Beklagten ein Überbrückungsdarlehen erbeten habe, falsch sei. Es sei vielmehr von Anfang an eine Vorrechnung des so bezeichneten Darlehens mit der Kaufpreiszahlung für die Immobilie … vereinbart und gewollt gewesen und keine isolierte Darlehensvereinbarung. Zu der Beurkundung des zur Beurkundung am 20.12.2019 vorgesehenen Kaufvertragsentwurfs sei es nicht mehr gekommen, weil die Klägerin den Notar von der Darlehensvereinbarung berichtet habe und dieser darauf hingewiesen habe, dass der Darlehensvertrag und der Kaufvertrag formunwirksam wären, weil es sich wegen der Kaufpreisverrechnungsabrede um einen einheitlichen Vertrag handele und der Darlehensvertrag in den notariellen Kaufvertrag integriert werden müsse. Die Klägerin habe einen geheimen Vorbehalt gegen den Kaufvertragsschluss gehabt. Sie habe bereits im März 2020 ihre Kaufpreisanzahlung zurückhaben wollen und habe nur zum Schein weiterverhandelt und die Beklagte zu erheblichen Kosten veranlasst, die die Beklagte ansonsten nicht gehabt hätte. Der Beklagte habe zu den Prolongationen des Darlehensvertrages keine andere Wahl gehabt, als zu versuchen, den Kaufvertrag zeitnah abzuschließen, da sie bereits erhebliche Kosten aufgewendet habe. So seien alleine Kosten in Höhe von 189.746,21 € durch die Beklagte auf die Immobilie gemäß den Wünschen der Beklagten veranlasst worden. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beklagten zur Zusammensetzung der vorgenannten Kosten wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 31.08.2021 (Seite 9, Bl. 24 d.A.) Bezug genommen.
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Der Betrag in Höhe von 200.000,00 € sei auf die Hauptforderung bezahlt worden. Die geleisteten 200.000,00 € könnten jedenfalls nicht vollständig auf die Zinsen erfolgt sein, weil sich bei einem Zinssatz von 8 % erst am 20.03.2021 ein Zinsbetrag von 200.000,00 € ergeben habe (vgl. Protokoll vom 10.02.2022, Seite 5, Bl. 70 d.A. und von der Beklagten im Termin vorgelegte Zinsberechnung, Bl. 74 d.A.).
17
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage unschlüssig sei, weil die Klägerin erkennbar einen Abrechnungssaldo geltend mache, den sie mit sämtlichen Einzelbeträgen und Verrechnungen darzulegen habe, so dass dem Gericht eine rechnerische Überprüfung möglich sei. Die Beklagte habe nicht dargelegt, wie sich der geltend gemachte Betrag von 957.225,60 € erkläre. Die Parteien hätten im Übrigen gar keinen Darlehensvertrag geschlossen, sondern eine Kaufpreisverrechnungsabrede. Die Vereinbarung sei unwirksam, weil sie notariell hätte beurkundet werden müssen. Rein vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass der unstreitig bezahlte Betrag in Höhe von 200.000,00 € und die Gegenansprüche im Form von Schadensersatz wegen des Abbruchs der Vertragsverhandlungen durch die Klägerin ohne triftigen Grund in Abzug zu bringen seien sowie der an die Klägerin bezahlte Saldo von 1.042.774,40 €. Der Vortrag der Beklagten in den Schreiben vom 26.04.2021 (Anlage B 2) und vom 05.05.2021 (Anlage B 3) werden zum Gegenstand des Beklagtenvorbringens gemacht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der Urkundenprozess ist zulässig. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Vorbehaltsurteils liegen vor.
20
Die Klage ist zulässig.
21
Die Klage ist gemäß §§ 592 ff. ZPO im Urkundenprozess statthaft. Die Klage ist auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme gerichtet (§ 592 Satz 1 BGB), die Klageschrift enthält die Angabe, dass im Urkundenprozess geklagt werde (§ 595 BGB). Die Klägerin kann auch die anspruchsbegrürdenden Tatsachen durch Urkunden belegen (§ 592 Satz 1 ZPO). Diesen Anforderungen hat die Klägerin durch die Vorlage der Urkunden der Anlagen K 1, K 2 und K 3 genügt, wobei das Gericht insoweit der Rechtsprechung des BGH folgt, nach der unstreitige, zugestandene oder offenkundige Tatsachen keines Beweises durch Urkunden bedürfen (BGH VIII ZR 211/72, NJW 1974, 1199 (1200f); BGH XI ZR 211/06, NJW 2008, 523).
22
Die Voraussetzungen für den Erlass eines Vorbehaltsurteils liegen vor.
23
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag einen Anspruch auf Rückzahlung des gewährten Darlehens in Höhe von 950.102,31 €.
24
a) Zwischen den Parteien wurde ein Darlehensvertrag geschlossen. Ausweislich des klaren Wortlauts des schriftlichen Vertrages (Überschrift: Darlehensvertrag) und der in dem Vertrag enthaltenen für ein Darlehen typischen Regelungen (Verzinsung, Tilgung) handelt es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag um einen Darlehensvertrag. Die in § 3 Abs. 2 des Vertrages getroffene Verrechnungsabrede steht der Einordnung als Darlehensvertrag nicht entgegen. Die Verrechnungsabrede ist nach dem eindeutigen Wortlaut des Vertrages ausdrücklich für den Fall geschlossenen worden, dass der notarielle Kaufvertrag über das Mehrfamilienhaus tatsächlich abgeschlossen wird („wenn es zu dem geplanten Erwerb kommt“). Im Umkehrschluss folgt daraus, dass das Darlehen wie vereinbart zurückzuzahlen ist, wenn der notarielle Kaufvertrag nicht geschlossen worden ist.
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b) Der Darlehensvertrag zwischen den Parteien ist nicht formunwirksam. Ein Darlehensvertrag kann ohne Beachtung einer besonderen Form geschlossen werden. Da die Parteien keinen Vertrag über den Erwerb des Mehrfamilienhauses geschlossen haben, liegt zwischen den Parteien keine Vereinbarung vor, die nach § 311b Abs. 1 BGB notariell hätte beurkundet werden müssen und die zur Notwendigkeit der notariellen Beurkundung der Verrechnungsabrede hätte führen können. Selbst wenn man annehmen würde, dass die Verrechnungsabrede ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Abschluss des Kaufvertrages als solche nach § 311a Abs. 1 BGB hätte beurkundet werden müssen, so bliebe die Wirksamkeit des Darlehensvertrags im Übrigen gemäß § 139 BGB hiervon unberührt. Nach § 139 BGB ist bei Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nämlich nur dann nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Die Parteien habe jedoch in dem Darlehensvertrag klar zum Ausdruck gebracht, dass der Darlehensvertrag auch ohne den geplanten Immobilienerwerb und damit auch ohne die Verrechnungsabrede geschlossen hätten, indem sie die Verrechnungsabrede nur für den Fall des Zustandekommens des Erwerbs geschlossen haben.
26
c) Die Beklagte hat unstreitig die Darlehensvaluta in Höhe von 2.000.000,00 € erhalten.
27
d) Die Laufzeit des Darlehens wurde zuletzt bis zum 15.10.2020 verlängert, so dass das Darlehen nach Ablauf der Laufzeit zurückzuzahlen war, ohne dass auf die vorsorglich erklärte Kündigung des Darlehens durch die Klägerin ankommt.
28
e) Im Übrigen hat die Beklagte ihre Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens vorprozessual in ihrem Schreiben vom 09.02.2021 (Anlage K 6) anerkannt („Selbstverständlich werden wir das Darlehen zurückführen“).
29
e) Der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens besteht noch in Höhe von 950.102,31 €.
30
aa) Von dem ursprünglich an die Beklagte ausbezahlten Darlehensbetrag in Höhe von 2.000.000,00 € hat die Klägerin unstreitig einen Betrag in Höhe von 1.042.774,40 € zurückbezahlt. Subtrahiert man den zurückbezahlten Betrag von der ursprünglichen Darlehensvaluta ergibt sich der von der Klägerin geltend gemachte Betrag in Höhe von 957.225,60 €. Hiervon ist ein weiterer Betrag in Höhe von 7.123,29 € in Abzug zu bringen, weil der weitere von der Beklagten gezahlte Betrag in Höhe von 200.000,00 € in Höhe von 7.123,29 € auf die Hauptforderung anzurechnen ist und nur der verbleibende Betrag in Höhe von 192.876,71 € auf die Zinsen anzurechnen ist. Die Beklagte wendet insoweit zu Recht ein, dass der Betrag in Höhe von 200.000,00 € jedenfalls nicht vollständig auf die Zinsen geleistet worden sein könne, weil ein Zinsbetrag von 200.000,00 € zum Zahlungszeitpunkt noch nicht erreicht gewesen sei. Eine ausdrückliche Tilgungsbestimmung hat die Beklagte bei der Zahlung der 200.000,00 € nicht getroffen. Rückschlüsse auf die Tilgungsbestimmungen können daher nur aus den übrigen Erklärungen der Beklagten gezogen werden. Zwar hat die Beklagte mit Schreiben vom 09.02.2021 (Anlage K 6) erklärt, dass sie das Darlehen nicht sofort, sondern erst zum 31.03.2021 zurückführen könne, und dass Zinsen auch vorher gezahlt werden könnten, was es nahelegt, dass die bereits am 02.03.2021 erfolgte Teilzahlung auf die Zinsen erfolgen sollte und es sich bei der erfolgten Teilzahlung noch nicht um eine teilweise Tilgung der Darlehensforderung handelt. Zum Zeitpunkt der Zahlung waren bei einem Zinssatz von 8 % für die Zeit der Darlehensgewährung vom 18.12.2019 bis zum 02.03.2019 auf das Darlehen von 2.000.000,00 € jedoch erst Zinsen in Höhe von 192.876,71 € aufgelaufen. Aus Sicht eines objektiven Zahlungsempfängers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben konnte die Zahlung daher vor der Hintergrund der erklärten Bereitschaft, Zinsen bereits vor der Darlehenstilgung leisten zu können, nur so verstanden werden, dass lediglich die aufgelaufenen Zinsen ausgeglichen werden und im Übrigen das Darlehen getilgt wird. Ein redlicher Zahlungsempfänger muss insoweit das bei rechnerisch genauer Betrachtung offenkundige Interesse des Darlehensnehmers, keine zusätzlichen Zinsen durch Leistung eines Vorschusses auf die Zinsen auflaufen zu lassen, gegen sich gelten lassen. Anderseits schließt die vorab erklärte Bereitschaft, vor der Darlehenstilgung bereits Zinsen zu zahlen, es aus, den Betrag von 200.000,00 € als vollständig auf die Darlehenstilgung zu leistende Zahlung zu betrachten. Die vom Gericht angenommene Tilgungsbestimmung entspricht im Übrigen der in § 367 Abs. 1 BGB bestimmten Tilgungsreihenfolge, wenn keine Tiigungsbestimmung feststellbar ist.
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bb) Eine weitere Darlegung des Abrechnungssaldos durch die Klägerin war entgegen der Auffassung der Beklagten nicht erforderlich, weil sich der verbleibende Rastsaldo des Darlehens ohne Schwierigkeiten – wie vorstehend unter aa) dargestellt – aus dem unstreitigen Tatsachenvortrag der Parteien berechnen lässt.
32
2. Die Zinsentscheidung folgt aus der zwischen den Parteien am 31.03.2020/01.04.2020 getroffenen Vereinbarung eines Zinssatzes von 8 % für die gesamte Laufzeit des Darlehens (Anlage K 3). Die Vereinbarung ist gemäß §§ 133, 157 BGB aus Sicht eines objektiven Empfängers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben dahin auszulegen, dass der vereinbarte Zins im Falle der nicht fristgerechten Rückzahlung des Darlehens bis zur vollständigen Rückzahlung der verbliebenen Darlehensvaluta zu entrichten ist, zumal nach § 3 Abs. 1 des Darlehensvertrages (Anlage K 1) die Zinsen zusammen mit der Tilgung des Darlehens zu begleichen sind. Nachdem die Beklagte die bis zum 02.03.2021 aufgelaufenen Zinsen – wie vorstehend dargelegt – bereits bezahlt und einen Betrag des Darlehens in Höhe von 7.123,29 € getilgt hat, hat die Beklagte noch Zinsen für den Zeitraum vom 02.03.2021 bis zum 26.04.2021 auf die damalige Restschuld von 1.992.876,71 € zu zahlen sowie nach der Tilgung eines weiteren Betrages in Höhe von 1.042.774,40 € am 26.04.2021 Zinsen aus dem noch nicht getilgten Restbetrag in Höhe von 950.102,31 €.
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3. Die Einwendung der Beklagten, dass sie mit einem ihr zustehenden Schadensersatz wegen des Abbruchs der Vertragsverhandlungen durch die Klägerin ohne triftigen Grund die Aufrechnung erklärt habe, ist gemäß § 598 ZPO als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen, weil die Beklagte ihre Behauptung, dass die Klägerin die Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund abgebrochen habe, nicht mit im Urkundenprozess statthaften Beweismitteln führen kann. Aus den vorlegten Urkunden ergibt sich dies nicht. Die Beklagte ist insoweit auf das Nachverfahren zu verweisen.
34
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 4, 711 ZPO.
35
Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten (§ 599 Abs. 1 ZPO).