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OLG München, Hinweisbeschluss v. 10.03.2022 – 14 U 9473/21
Titel:

Coronavirus, SARS-CoV-2, Versicherungsschutz, Versicherungsnehmer, Versicherungsfall, Berufung, Revision, Versicherer, Widerspruch, Verweisung, Vertragsschluss, Anspruch, Klausel, Infektionsschutzgesetz, Klage, Verbreitung, dynamische Verweisung, Aussicht auf Erfolg, keine Aussicht auf Erfolg

Schlagworte:
Coronavirus, SARS-CoV-2, Versicherungsschutz, Versicherungsnehmer, Versicherungsfall, Berufung, Revision, Versicherer, Widerspruch, Verweisung, Vertragsschluss, Anspruch, Klausel, Infektionsschutzgesetz, Klage, Verbreitung, dynamische Verweisung, Aussicht auf Erfolg, keine Aussicht auf Erfolg
Vorinstanz:
LG Kempten, Urteil vom 25.11.2021 – 31 O 16/21
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 21.04.2022 – 14 U 9473/21
Fundstelle:
BeckRS 2022, 48817

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 25.11.2021, Az. 31 O 16/21 Ver, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Hierzu kann sich der Berufungsführer äußern, sofern noch beabsichtigt, bis 4.4.2022. Die Berufungsgegnerin braucht vorerst nicht zu erwidern.
Hintergrund ist folgende Einschätzung des Senats:

Entscheidungsgründe

I.
1
Der Kläger beantragt in der Berufung:
Das Urteil des Landgerichts Kempten vom 04.11.2021 zum Geschäftszeichen 31 O 16/21 wird abgeändert und die Beklagte als führender Versicherer wie folgt verurteilt:
1.- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 154.181,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.04.2020, hilfsweise seit dem 07.07.2020, höchst hilfsweise seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2.- Die Beklagte wird verurteilt, an die N. Rechtsschutz Versicherungsgesellschaft AG zu deren Zeichen …001 N 869,75 EUR sowie weitere 750,00 EUR an den Kläger, jeweils nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, zu zahlen.
2
Damit verfolgt der Kläger in Antrag 1 den erstinstanzlich abgewiesenen Klageantrag 1 zum Teil weiter, nämlich in Höhe von 70%, was dem Haftungsanteil der Beklagten im Konsortium mehrerer Versicherer entsprechen würde.
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In Antrag 2 verfolgt der Kläger den erstinstanzlich abgewiesenen Klageantrag 2 vollständig weiter.
II.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
5
Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils nimmt der Senat Bezug. Die Klageabweisung begründet das Landgericht im wesentlichen folgendermaßen:
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Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte, da ein Versicherungsfall gemäß § 4 A Nummer 1 a) Nummer 4 der vertragsgegenständlichen BÜBAUB (nachfolgend: „Versicherungsschutz-Klausel“) nicht vorliege. Das liege daran, dass diese Versicherungsschutz-Klausel eine behördliche Schließung voraussetzt, zu der es „beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nummer 4)“ gekommen sein muss.
7
Zwar habe eine Schließung stattgefunden, die zeitlich in den versicherten Zeitraum fällt (im einzelnen EU Seite 8/9). Aber es fehle an der weiteren Voraussetzung, dass dies auf dem Auftreten meldepflichtiger Krankheiten beruhe, zu deren Definition die „Versicherungsschutzklausel“ auf die genannte „Nummer 4“ verweist.
1. (Haupterwägung: „Enumerative Aufzählung“)
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Diese „Nummer 4“ (EU Seite 9, nachfolgend: „Krankheitserreger-Klausel“) zeige, dass coronabedingte Schließungen nicht vom Versicherungsschutz umfasst sein können, und zwar aus zwei Gründen:
9
(1) Die „Krankheitserreger-Klausel“ bringt eine ausführliche Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern, worin die hier interessierenden Coronaviren unstreitig nicht genannt sind (EU Seite 9).
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(2) Diese Aufzählung sei abschließend (im einzelnen EU Seite 10/11).
11
In ihrem enumerativen Charakter sei die Krankheitserreger-Klausel weder überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB noch unangemessen benachteiligend im Sinne von § 307 BGB (EU Seite 11/13), insbesondere nicht intransparent (EU Seite 12).
12
Daran ändere sich nichts dadurch, dass die „Krankheitserreger-Klausel“ vor der Aufzählung einen Einschub enthält, der lautet „…wobei maßgebend jeweils die zum Schadenzeitpunkt gültige Fassung ist“ (nachfolgend: „Fassungs-Einschub“).
2. (Hilfserwägung: „Dynamische Verweisung trüge ebenfalls nicht“).
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Wolle man hingegen entsprechend der erstinstanzlich vertretenen Auffassung des Klägers in dem „Fassungs-Einschub“ eine dynamische Verweisung auf das Infektionsschutzgesetz erblicken, so wäre vorliegend ebenfalls kein Versicherungsfall eingetreten.
14
Denn diesfalls sei darauf abzustellen, dass in dem Versicherungszeitraum Coronaviren im Infektionsschutzgesetz noch nicht „namentlich genannt“ waren. Die Schließungsanordnungen, von denen der Kläger im Versicherungszeitraum betroffen gewesen ist, seien zwar zum Schutz vor der Verbreitung von Coronaviren ergangen kraft einer Verordnung, die in Verbindung mit § 15 Abs. 1 IfSG stand (EU Seite 13). Darauf komme es jedoch nicht an, sondern darauf, dass Coronaviren im Infektionsschutzgesetz selbst eine namentliche Nennung noch nicht erfahren hatten, wie sie aber erforderlich wäre, wenn man die Annahme eines Versicherungsfalls daraus herleiten wolle, dass die „Krankheitserreger-Klausel“ als dynamische Verweisung aufs Infektionsschutzgesetz zu verstehen sein soll.
3. (Analogie-Diskussion)
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Ergänzend führt das Ersturteil aus, dass die Coronaviren auch nicht etwa im Wege einer Analogie unter die Influenzaviren subsumiert werden können (EU Seite 13), welch letztere im Infektionsschutzgesetz im Schadenszeitpunkt bereits aufgeführt waren: Eine derartige Analogie würde das Risiko des Versicherers unkalkulierbar machen, was der durchschnittliche Versicherungsnehmer auch erkennen könne, namentlich wenn er – wie hier – auch noch Kaufmann sei.
4. – (K 3)
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Abschließend setzt sich das Ersturteil mit dem Argument des Klägers auseinander, dass die Beklagte durch eine Mitarbeiterin im Jahre 2020, somit etwa ein Jahr nach dem 2019 abgeschlossenen Versicherungsvertrag der Parteien, sich an andere Mitarbeiter der Beklagten per E-Mail (K 3) wandte und diese bat, „für das Neugeschäft in das Hotelkonzept“ einen Leistungsausschluss für Coronaviren aufzunehmen, da diese „im bestehenden Hotelkonzept Fassung 2013 mitversichert“ seien. Das Landgericht bewertet K3 als eine interne Meinungsäußerung von einer Mitarbeiterin der Beklagten, die auf das Versicherungsverhältnis der Parteien keine Auswirkungen habe, insbesondere nicht als abändernde Individualvereinbarung (EU Seite 14).
III.
17
Die Berufungsbegründung wendet im wesentlichen ein:
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Das Landgericht hätte die Klage nicht abgewiesen, sondern ihr im Umfang von 70% stattgegeben, wenn es „sich auch nur einmal im Ansatz näher mit“ den nachfolgenden „Argumenten auseinandergesetzt“ hätte (so Berufungsbegründung Seite 7):
1. (Intransparenz-Argument)
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Das Erstgericht habe erkennen müssen, dass die „Krankheitserreger-Klausel“ wegen Intransparenz unwirksam sei (Berufungsbegründung Seite 2, Seite 3/4). Soweit nämlich der in diese Klausel eingeschaltete „Fassungs-Einschub“ von einer im Schadenzeitpunkt geltenden „Fassung“ spricht, könne sich das
- ebenso gut auf das Infektionsschutzgesetz beziehen
- wie auf die aktuelle Fassung der Versicherungsbedingungen der Beklagten (Berufungsbegründung Seite 4).
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Diesen „Widerspruch“ könne der durchschnittliche Versicherungsnehmer „nicht auflösen“. Daher sei die Klausel intransparent und unwirksam.
2. (Dynamik-Argument)
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Selbst wenn man sich dem Landgericht darin anschließen wolle, dass der „Fassungs-Einschub“ die jeweilige Fassung des Infektionsschutzgesetzes in Schadenzeitpunkt meint, sei dem Kläger der Anspruch gleichwohl zuzugestehen, denn diesfalls sei der Wille der Parteien erkennbar geworden, „dass sich der Versicherungsschutz an die Dynamik des IfSG anpasst“ (Berufungsbegründung Seite 4).
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Dafür könne es nicht entscheidend darauf ankommen, ob der meldepflichtige Krankheitserreger
(1) bereits im IfSG aufgeführt ist oder
(2) über eine Verordnung „einem meldepflichtigen Krankheitserreger gleichgestellt“ wurde.
23
Auch im „Verordnungs“-Fall, der hier vorliegt, müsse dem Willen der Parteien Rechnung getragen worden, die den Versicherungsschutz „gerade an die Dynamik des IfSG anpassen wollten“ (Berufungsbegründung Seite 4).
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Dem Versicherungsnehmer könne insbesondere nicht abverlangt werden, juristisch feinsinnig dazwischen zu unterscheiden, ob die Schließung seines Betriebes (1) auf einer namentlichen Nennung des Krankheitserregers im Text des Infektionsschutzgesetzes beruht oder (2) auf einer Verordnung, die auf der Grundlage von § 15 IfSG ergeht, bevor die Coronaviren im Text des Infektionsschutzgesetzes auftauchen (Berufungsbegründung Seite 5).
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Denn der Versicherungsfall beruhe auf entsprechenden Schließungen nach dem IfSG, und deshalb könne es nicht richtig sein, wenn man „stoisch“ (Berufungsbegründung Seite 5) „auf den Gesetzeskatalog abstellen“ wollte. Vielmehr müsse zugunsten des Klägers dasselbe gelten als wenn die Coronaviren von Anfang an bereits im Gesetzeskatalog formal aufgeführt gewesen wären (Berufungsbegründung Seite 5).
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Hilfsweise sei hier eine Grundsatzfrage zu sehen, derentwegen die Revision zugelassen werden müsse (Berufungsbegründung Seite 5 Mitte).
3. – (zur Analogie-Diskussion)
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Gegen die Absage des Landgerichts an eine Analogiebildung wendet sich die Berufungsbegründung nicht mit spezifischen Argumenten, sondern erwähnt lediglich, der Kläger sehe an einer nicht genau benannten Stelle im Ersturteil „Ausführungen dazu, dass der Kläger wie auch immer geartete Risikoanalysen des Versicherers erkennen kann“ (Berufungsbegründung Seite 3). Der Kläger teilt hierzu lediglich mit, dass er dergleichen als „rechtsfehlerhaft“ empfindet und meint, das stehe „im Widerspruch zur gefestigten Rechtsprechung des BGH“.
4. – (K3-Argument)
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Das als K3 vorgelegte E-Mail ergebe, dass offensichtlich auch die Beklagte im Jahre 2020, also nach Abschluss des Vertrages, von bestehendem Versicherungsschutz ausgegangen sei.
29
K3 sei nicht nur die Meinungsäußerung einer Einzelperson, sondern wende sich als Anweisung an „verschiedenste“ Mitarbeiter der Beklagten mit der konkreten Anweisung, ab jetzt den Leistungsausschluss mit Blick auf Coronaviren in neu abzuschließende Verträge aufzunehmen (Berufungsbegründung seit 5/6). Es müsse davon ausgegangen werden, dass dies auch die Rechtsauffassung der Beklagten bei Vertragsschluss gewesen sei.
30
Zu dieser eigenen Rechtsauffassung setzte sich die Beklagte in Widerspruch, indem sie nunmehr gegenüber dem Kläger die Leistung ablehne.
31
Hilfsweise unterstreiche der Vorgang K3 den Befund, dass die Klausel intransparent sei, wenn unterschiedliche Abteilungen innerhalb der Beklagten die Frage unterschiedlich beurteilen, ob Coronaviren mitversichert seien (Berufungsbegründung Seite 6/7).
IV.
32
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
33
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen und sich mit den in erster Instanz unterbreiteten Argumenten nicht nur „im Ansatz“, sondern im gebotenen Umfang transparent und strukturiert auseinandergesetzt.
34
Rechtsfehler zeigt die Berufungsbegründung nicht auf.
35
1. – Das Intransparenz-Argument verfängt nicht.
36
Das Erstgericht hat ausgeführt, dass die „Krankheitserreger-Klausel“ ausreichend transparent sei und hieran insbesondere der in diese Klausel eingeschaltete „Fassungs-Einschub“ nichts ändert. Das ist entgegen der Berufungsbegründung nicht zu beanstanden:
37
Die im Schadenzeitpunkt geltende „Fassung“ kann nur die des Infektionsschutzgesetzes sein und keinesfalls der bis dorthin erreichte Redaktionsstand der beklagtenseitigen AGB (so aber die in der Berufungsbegründung vorgeschlagene Verständnis-Alternative). Denn der Einschub bezieht sich sinnvollerweise auf das kurz zuvor stehende Wort „Infektionsschutzgesetz“, ohne dass der Text zu irgendeiner alternativen Deutung konkreten Anlass gäbe.
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Der Senat vermag an dieser Stelle daher den von der Berufungsbegründung geltend gemachten „Widerspruch“ nicht zu erkennen, dessen Unauflösbarkeit zur Intransparenz führen soll.
39
Offen bleiben kann hiernach die Folgefrage, welche die „Intransparenz-Argumentation“ aufwerfen würde, wenn sie verfinge, nämlich: welchen Versicherungsschutz der Vertrag dann überhaupt noch gewähren würde, wenn die Definition des Versicherungsfalls entfällt.
40
2. – Das Dynamik-Argument verfängt nicht.
41
Das Landgericht hat die These einer dynamischen Verweisung lediglich als Hilfserwägung diskutiert. Es hat diese These nicht selbst entwickelt, sondern laut dem Ersturteil dem erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers entnommen. Der Kläger verficht diese These in der Berufung nicht mehr erstrangig (sondern hält die „Krankheitserreger-Klausel“ für komplett unwirksam, siehe oben). In der Berufung beschreitet der Kläger mit der „Dynamik-Argumentation“ nunmehr folglich ebenfalls den Weg einer Hilfserwägung.
42
Geht man diesen Weg gedanklich mit, so meint der „Fassungs-Einschub“ die jeweilige Fassung des Infektionsschutzgesetzes im Schadenzeitpunkt.
43
Diesfalls hat der Kläger für den Versicherungszeitraum und die hier interessierenden Schließungszeiten keinen Anspruch, wie das Landgericht zutreffend herausgearbeitet hat.
44
Ist ein Wille der Parteien erkennbar geworden, „dass sich der Versicherungsschutz an die Dynamik des IfSG anpasst“, so ist ein solcher Wille gleichwohl nur dahin erkennbar, dass es darauf ankommen soll, ob Coronaviren im Schadenszeitpunkt im Infektionsschutzgesetz „namentlich genannt“ sind. Es kommt also in der Tat darauf an, ob in diesem Zeitpunkt der meldepflichtige Krankheitserreger bereits im IfSG aufgeführt ist (dann wäre Versicherungsschutz gegeben). Nicht ausreichend hierfür kann es sein, wenn er in einer Verordnung ähnlich behandelt wird wie ein bereits im Text des IfSG „namentlich genannter“ meldepflichtiger Krankheitserreger (dann wäre nach der „Dynamik des IfSG“ kein Versicherungsschutz gegeben).
45
Dieses Verständnis des Landgerichts bürdet dem Versicherungsnehmer keinen juristischen Feinsinn auf, sondern knüpft – ganz im Gegenteil – an ein Kriterium an, das recht einfach und transparent überprüft werden kann, indem man schlicht die im Schadenszeitpunkt gültige Fassung des IfSG darauf durchliest (oder digital durchsucht), ob dort unter den meldepflichtigen Krankheiten Coronaviren mit-aufgezählt sind.
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Indem die „Krankheitserreger-Klausel“ – immer als dynamische Verweisung aufs IfSG verstanden – auf die im IfSG „namentlich genannten“ Krankheiten und Krankheitserreger abstellt, zwingt sie dazu, auf den jeweiligen „Gesetzeskatalog“ abzustellen.
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Hierin liegt keine Grundsatzfrage, derentwegen die Revision zugelassen werden müsste. Es bedarf keiner weiteren Klärung dazu, wie eine dynamische Verweisung auf ein Gesetz zu handhaben ist.
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3. – Die – möglicherweise auf die Analogie-Diskussion gemünzte – Kritik verfängt nicht.
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Das Landgericht hat seine Absage an eine Analogiebildung nicht damit begründet, „dass der Kläger wie auch immer geartete Risikoanalysen des Versicherers erkennen kann“, sondern hat rechtsfehlerfrei und ohne erkennbaren Widerstreit zu gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ausgeführt, der durchschnittliche und um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer werde nicht erwarten, dass der Versicherer für andere als die von ihm „angeführten“ Krankheiten und Krankheitserreger einstehen will, denn der Versicherungsnehmer könne erkennen, dass das Risiko für den Versicherer sonst ersichtlich in keiner Weise einschätzbar wäre (EU Seite 11).
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4. – Das K3-Argument verfängt nicht.
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Das als K3 vorgelegte E-Mail ergibt, dass offensichtlich eine (in Zahlen: 1) Mitarbeiterin der Beklagten im Jahre 2020, also nach Abschluss des Vertrages, an mehrere andere Mitarbeiter der Beklagten schrieb, was das Landgericht treffend als „internen“ Vorgang betrachtet hat.
52
Die interne Mitteilung scheint in der Tat von der Vorstellung getragen zu sein, dass bei einer unbestimmten Anzahl bestehender Versicherungsverträge „das neuartige Coronavirus (…) mitversichert“ sei und daher bitte ab jetzt den Leistungsausschluss mit Blick auf Coronaviren in neu abzuschließende Verträge aufgenommen werden möge.
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Das ist aber kein zuverlässiges Indiz dafür, dass die Rechtsauffassung der Beklagten bereits bei Vertragsschluss dahin ging, der Vertrag des Klägers inkludiere coronabedingte Schließungen der hier interessierenden Art als Versicherungsfall.
54
Da die Beklagte einen K 3 entsprechenden Inhalt – soweit ersichtlich – dem Kläger nicht kommuniziert hat, kann sie sich nicht in Widerspruch setzen zu eigenem früherem Verhalten dem Kläger gegenüber, indem sie ihm nunmehr die Leistung verweigert.
55
Der Vorgang K3 gibt auch nichts dafür her, die „Krankheitserreger-Klausel“ als intransparent zu werten in der Weise, wie das die Berufungsbegründung herleiten wollte. Die in der Berufungsbegründung geltend gemachte Intransparenz (mit Blick auf den „Fassungs-Einschub“) hat nichts zu tun mit der Annahme, dass im Jahr 2020 unterschiedliche Abteilungen innerhalb der Beklagten die Frage unterschiedlich beurteilt haben mögen, ob und bei welchen bestehenden Verträgen „Coronaviren mitversichert“ seien.
V.
56
Der Senat erlaubt sich die Anregung, über eine Rücknahme des Rechtsmittels nachzudenken. Sie würde eine Ermäßigung der Gebühren bewirken.