Titel:
Pflicht des Dienstgebers zur Information über die Schwerbehindertensituation
Normenketten:
SGB IX § 163 Abs. 1, Abs. 2
BetrVG § 79a S. 3, § 118 Abs. 2
GG Art. 140
WRV Art. 137
DSGVO Art. 91
KDG § 3, § 4, § 11 Abs. 2, Abs. 4
MAVO München und Freising § 26 Abs. 2, Abs. 3, § 27 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die Information des Dienstgebers über die Unterlagen nach § 163 Abs. 1 u. 2 SGB IX hat im Wege deren Vorlage gegenüber der MAV zu geschehen. (Rn. 23 – 29)
2. Der Dienstgeber kann die gesetzlichen Informations- u. Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung nicht durch den Hinweis auf mögliche Datenschutzdefizite unterlaufen, wenn diese nicht von der MAV zu verantworten sind. (Rn. 34)
1. Zum Bereich des Arbeitsrechts iSv Art. 11 Abs. 2 lit. b KDG, wonach die Verarbeitung besonderer personenbezogener Daten (hier: Schwerbehinderung als Gesundheitsdaten) zulässig ist, wenn sie in der Erfüllung einer rechtlichen Pflicht aus dem Arbeitsrecht geschieht, zählen auch die betriebliche Mitbestimmung und die dort niedergelegten Beteiligungsrechte nach der MAVO als einem kirchlichen Gesetz (unter Hinweis auf BAG BeckRS 2019, 18161 zu § 80 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BetrVG). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Trotz der grundsätzlichen Zuständigkeit des Dienstgebers als "Verantwortlicher" im Sinne des Datenschutzrechts treffen auch die Interessenvertretung der Beschäftigten (hier: Mitarbeitervertretung) angemessene Schutz- und Sorgfaltspflichten in Bezug auf die Grundrechte der betroffenen Mitarbeiterschaft. In § 79a S. 3 BetrVG ist nun dazu eine gegenseitige Unterstützungs- und Mitwirkungspflicht zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat verankert. Von einer gleichen Gewichtung und Zuordnung wird man auch für den kirchlichen Datenschutz auszugehen haben (s. auch BAG BeckRS 2019, 14744). (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Mitarbeitervertretung, Schwerbehindertensituation, Datenschutz, personenbezogene Daten
Fundstelle:
BeckRS 2022, 48360
Tenor
I. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die in § 163 Abs. 2, S.1 SGB IX genannte Anzeige des Arbeitgebers gegenüber der Agentur für Arbeit und das nach § 163 Abs. 1 SGB IX geführte Verzeichnis jeweils bezogen auf die Einrichtung A., ohne die leitenden Angestellten, vorzulegen.
II. Die notwendigen Auslagen der Klägerin für dieses Verfahren, einschließlich der anwaltlichen Vertretung, trägt der Beklagte.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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- Die Parteien streiten über den klägerischen Anspruch auf die Vorlage des Verzeichnisses und der Anzeige nach § 163 Abs. 1 u. 2 SGB IX.
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Die Klägerin ist die gewählte Mitarbeitervertretung (MAV) in der Einrichtung A. des Beklagten. Der Beklagte ist der zentrale Dienstgeber der C.-Einheiten in der Erzdiözese XY. Grundordnung und die Mitarbeitervertretungsordnung Erzdiözese München u. Freising i. d. Fassung vom 01.04.2022 (MAVO) finden unstreitig Anwendung. Auf die IT-Einrichtungen des Beklagten fand im September 2022 ein krimineller Cyber-Angriff statt, der zu einer massiven Blockade des gesamten Datenbestandes führte.
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Die Klägerin erbat nach ihrem Vortrag in der 1. Jahreshälfte 2022 wiederholt mündlich Auskünfte nach § 163 Abs. 1 u. 2 SGB IX zur Schwerbehindertensituation bei dem Beklagten, konkret bei der örtlichen Leitung (Kreisgeschäftsführung). Dies – wie auch die schriftliche Wiederholung blieben erfolglos.
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Daraufhin hat die Klägerin – zunächst eigenhändig – die Klage zum Kirchlichen Arbeitsgericht (KAG) erhoben und hier die einschlägigen Informationen bzw. die Zurverfügungstellung gefordert.
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Nach der Aufnahme des Verfahrens durch anwaltliche Bevollmächtigte hat die Klägerin vorgetragen, der nun geltend gemachte Anspruch auf Vorlage der Informationen zu § 163 Abs. 1 u. 2 SGB IX bestehe zu ihren Gunsten. Die Förderung der Situation der schwerbehinderten Mitarbeiterschaft sei eine allgemeine Aufgabe der MAV. Daraus ergebe sich unschwer die Informationspflicht des Beklagten auch und gerade zu den Daten und Vorgängen des § 163 Abs. 1 u. 2 SGB IX. Ohne die Kenntnis dieser Daten könnte die Förderungspflicht gegenüber der schwerbehinderten Kollegenschaft nicht erfüllt werden. Gerade deshalb werde die Pflicht des Dienstgebers zur (einschlägigen) Information gegenüber der MAV noch einmal in § 27 Abs. 2, 6. Spiegelstrich MAVO deklaratorisch unterstrichen.
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Der Datenschutz stehe der Information durch Vorlage der Daten nach § 163 Abs. 1 u. 2 SGB IX nicht entgegen. Über §§ 26 Abs. 2, 27 Abs. 2 MAVO sei die Datenweitergabe (kirchen-) gesetzlich angeordnet. Daraus ergebe sich auch nach dem Kirchlichen Datenschutzgesetz (KDG) die datenschutzrechtliche Berechtigung zur Datenübermittlung. Im Übrigen habe sich die Klägerin stets an das vom Beklagten zum betrieblichen Datenschutz vorgegebene Konzept gehalten. Ein anders lautender Vorhalt oder Vorwurf sei zu keinem Zeitpunkt geschehen.
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Die Klägerin hat deshalb nun folgenden Antrag gestellt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die in § 163 Abs. 2, S. 1 SGB IX genannte Anzeige des Arbeitgebers gegenüber der Agentur für Arbeit und das nach § 163 Abs. 1 SGB IX geführte Verzeichnis jeweils bezogen auf die Einrichtung A., ohne die leitenden Angestellten, vorzulegen.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, die mit der Beauftragung des Rechtsanwalts verbundenen Kosten zu übernehmen.
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Der Beklagte hat hingegen beantragt,
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Dazu hat er ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Vorlage der begehrten Vorgänge nach § 163 SGB IX. Es fehle schon an der Zulässigkeit der Klage, weil der Beklagte die ordnungsgemäße Beschlussfassung der Klägerin zur Klageerhebung bestreite.
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Weiter könne die Klägerin aus § 163 Abs. 2, S. 3 SGB IX ihre Forderung gerade nicht begründen, weil die Mitarbeitervertretung dort gerade nicht aufgeführt sei. Auch sei zu bestreiten, dass die Klägerin die streitigen Informationen bei dem Beklagten überhaupt gefordert habe.
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Wenn überhaupt könne sie lediglich eine bloße Information, keinesfalls eine Vorlage der Dokumentationen nach § 163 Abs. 1 u.2 SGB IX verlangen. Insoweit sei die Regelung aus § 27 Abs. 2 MAVO abschließend. Der Beklagte habe die Vorgaben des Datenschutzes zu beachten. Diese stünden dem klägerischen Begehren entgegen. Die Klägerin verfüge über kein geeignetes Datenschutzkonzept. Der Schutz der Mitarbeiterdaten müsse gegenüber den Informations- und Mitwirkungsrechten nach der MAVO vorrangig sein.
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Schließlich könne der Beklagte den Vorlageanspruch auch deshalb nicht erfüllen, weil sein Datenbestand – auch zu den Personaldaten – durch den Hackerangriff blockiert sei.
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Im Übrigen wird zum festgestellten Sachverhalt und dem weiteren Vorbringen der beteiligten Parteien auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung sowie auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig.
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Der Rechtsweg/ die sachliche Zuständigkeit des Kirchlichen Arbeitsgerichts ist gegeben, da der Beklagte der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse (GrO) unterliegt und eine Streitigkeit aus dem Mitarbeitervertretungsrecht vorliegt (§ 2 Abs. 2 KAGO).
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Das Kirchliche Arbeitsgericht für die Bayerischen (Erz-) Diözesen ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAGO auch örtlich zuständig, weil der Beklagte seinen örtlichen Sitz (München) in dessen Gerichtsbezirk hat.
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Die Klage ist auch ordnungsgemäß erhoben. Nach den Feststellungen in der mündlichen Verhandlung hat die Kammer keinen Zweifel, dass die Klägerin am 25.07.2022 einen ordnungsgemäßen Beschluss zur Klageerhebung vor dem KAG gefasst hat, der durch ihre Vorsitzende vollzogen wurde (§ 14 Abs. 1, S. 4 u. Abs. 5 MAVO). Den entsprechenden Erklärungen seitens der Vorsitzenden der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist der Beklagte nicht mehr entgegengetreten (§ 138 Abs. 3 ZPO). Dass kein Auszug aus der Sitzungsniederschrift vorgelegt werden konnte, hat die Klägerin schlüssig mit dem aufgrund des Cyberangriffs blockierten Datenbestand erklärt.
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Der nun formulierte Leistungsantrag ist zulässig, weil hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2, Nr. 2 ZPO). Weiter kann dahinstehen, ob in dem jetzigen Antrag der Klägerin eine Klageänderung zu erkennen wäre. Selbst wenn, wäre diese sachdienlich (§ 30 S. 1 KAGO), weil das zugrundeliegende tatsächliche Geschehen unverändert ist. Im Übrigen hat der Beklagte der (geänderten) Antragstellung der Klägerin auch nicht widersprochen (§ 30 S. 2 KAGO).
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Die Klage ist auch begründet.
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Die Klägerin begehrt zu Recht die Vorlage des Verzeichnisses und der Anzeige bezüglich der schwerbehinderten Mitarbeiterschaft nach § 163 Abs. 1 u. 2 SGB IX für die von ihr repräsentierte Einrichtung ohne die leitenden Angestellten (§§ 26 Abs. 2 u. 3, 27 Abs. 2, 6. Spiegelstrich MAVO).
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Dazu ist über die in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweise hinaus in einer kurzen Zusammenfassung der wesentlichen Entscheidungselemente Folgendes auszuführen (§§ 27, 43 Abs. 1 KAGO, 46 Abs. 2 ArbGG, 313 Abs. 3 ZPO):
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1. Durchaus zutreffend hat der Beklagte eingewendet, dass der streitige Anspruch nicht aus § 163 Abs. 2, S. 3 SGB IX hergeleitet werden kann. Der staatliche Normgeber hat dort die (kirchlichen) Mitarbeitervertretungen erkennbar ausdrücklich ausgenommen. Dies fußt auf der Bereichsausnahme der betrieblichen Mitbestimmung für die Einrichtungen der Kirchen (§ 118 Abs. 2 BetrVG i. Verbindung mit Art. 137 WRV, 140 GG). Auch eine Form der analogen Herleitung verbietet sich deshalb (so auch KAGH v. 27.02.2009, M 14/08).
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2. Die Vorlagepflicht zugunsten der Klägerin besteht jedoch aus § 26 Abs. 2, S. 1 i. Verbindung mit Abs. 3 Nr. 3 MAVO.
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In der vorgenannten Bestimmung ist die Förderung der Eingliederung u. der beruflichen Entwicklung der schwerbehinderten Mitarbeiterschaft ausdrücklich als allgemeine Aufgabe der MAV beschrieben. Dem kann die MAV denknotwendig nur gerecht werden, wenn sie in personalisierter Form über das Vorhandensein der schwerbehinderten Kollegenschaft und die dazugehörige Anzeige des Dienstgebers Kenntnis besitzt. Diese grundsätzliche Informationsverpflichtung hat der kirchliche Normgeber mit der nachträglichen Einfügung (im Jahr 2010) des § 27 Abs. 2, 6. Spiegelstrich MAVO in deklaratorischer Systematik verdeutlicht (Freiburger Kommentar [FK]/Thüsing-Mathy, § 27 Rdnr. 27; Eichstätter Kommentar[EK]/Stöcke-Muhlhack, MAVO 2. Auflage, § 27 Rdnr. 36). Von dieser Präzisierung unbenommen bleibt jedoch der unmittelbare Zusammenhang mit der Aufgabenzuordnung für die MAV nach § 26 Abs. 2 u. 3 MAVO.
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3. Aus dieser systematischen Kohärenz muss auch die konkrete Ausgestaltung der dienstgeberseitigen Informationspflicht entwickelt und bewertet werden. Sie steht bezüglich des § 27 Abs. 2, 6. Spiegelstrich MAVO nicht isoliert und abschließend. Vielmehr ergibt sich der unmittelbare Sachzusammenhang zur Förderaufgabe der MAV aus § 26 Abs. 3, Nr. 3 MAVO. Daraus folgt wiederum, dass nach § 26 Abs. 2, S. 1 die Information in Form der Vorlage der streitigen Unterlagen gegenüber der MAV zu geschehen hat (FK/Thüsing-Mathy, § 26 Rdnr. 27).
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Darauf hinzuweisen ist aber, dass „Vorlage“ nicht bedeutet „Aushändigung“ oder „zur Verfügung stellen“. Vielmehr hat der Dienstgeber der MAV die ungestörte – also ohne seine Anwesenheit – Einsichtnahme in die streitigen Dokumente zu gewähren. Dabei sind einzelne Notizen durchaus zulässig, nicht jedoch gänzliche Abschriften (FK/Thüsing-Mathy, § 26 Rdnr. 39; Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO-Kommentar, 8. Auflage, § 26 Rdnr. 112).
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Die so beschriebene Vorlagepflicht des Dienstgebers besteht nur bei einem entsprechenden Verlangen der MAV (§ 26 Abs. 2, S. 1 MAVO). Nach den Feststellungen in der mündlichen Verhandlung hat die Kammer keine Zweifel an dem gebotenen Tätigwerden der Klägerin. Deren Vorsitzende hat glaubwürdig erklärt, dass im Frühjahr/Sommer 2022 mehrfach entsprechende Forderungen an den Beklagten, vor Ort repräsentiert durch seine Kreisgeschäftsführerin, herangetragen worden sind. Dabei mag die Klägerin ihren Informationswunsch nach den inhaltlichen Begrifflichkeiten nicht immer trennscharf formuliert haben. Dies ist ihrer Laiensphäre geschuldet und wäre vom Beklagten im Hinblick auf das Gebot aus § 26 Abs. 1, S. 1 MAVO ohne Not zutreffend einzuordnen gewesen.
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Dass der Beklagte das Informationsverlangen der Klägerin letztlich selbst nicht mehr bestreitet, folgt auch daraus, dass die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung erklärte, die Personalleiterin des Beklagten habe im März 2022 die Forderung der Klägerin wegen des Datenschutzes zurückgewiesen.
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4. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten hindern datenschutzrechtliche Vorgaben nicht den klägerischen Informationsanspruch.
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a) Wegen des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts (Art.91 EU-DSGVO) gelten vorrangig die Bestimmungen des Gesetzes über den Kirchlichen Datenschutz (KDG, in Kraft seit 24.05.2018). Der Anwendungsbereich für den hiesigen C.-Dienstgeber ist eröffnet (§ 3 Abs. 1 KDG). Die Weitergabe von personenbezogenen Daten ist Verarbeitung im Sinne des § 4 KDG. Als grundsätzlich „Verantwortlicher“ zum (betrieblichen) Datenschutz im Sinne des § 4 Nr. 9 KDG hat der Dienstgeber zu gelten (so nun auch § 79a S. 2 BetrVG).
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Für die hiesige Verarbeitung besonderer personenbezogener Daten (Schwerbehinderung als Gesundheitsdaten) gilt § 11 Abs. 2, litt. b) KDG. Danach ist diese zulässig, wenn sie in der Erfüllung einer rechtlichen Pflicht aus dem Arbeitsrecht geschieht. Zum Bereich des Arbeitsrechts zählen zweifelsohne auch die betriebliche Mitbestimmung und die dort niedergelegten Beteiligungsrechte nach der MAVO als einem kirchlichen Gesetz (so zum BetrVG: BAG v. 07.05.2019, 1 ABR 53/17). Die entsprechende rechtliche Verpflichtung des Beklagten zur Vorlage („Verarbeitung“) der streitigen Unterlagen ist oben unter II., 2 u. 3 hinreichend dargelegt.
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Trotz der grundsätzlichen Zuständigkeit des Dienstgebers als „Verantwortlicher“ im Sinne des Datenschutzrechts treffen auch die Interessenvertretung der Beschäftigten – hier die MAV – angemessene Schutzu. Sorgfaltspflichten in Bezug auf die Grundrechte der betroffenen Mitarbeiterschaft (§ 11 Abs. 4 KDG; so auch zum BetrVG: BAG v. 09.04.2019, 1 ABR 51/17). In § 79a S. 3 BetrVG ist nun dazu eine gegenseitige Unterstützungs- und Mitwirkungspflicht zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat verankert. Von einer gleichen Gewichtung und Zuordnung wird man auch für den kirchlichen Datenschutz auszugehen haben.
34
b) Nach dem Parteienvortrag und den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung kann die Kammer nicht erkennen, dass die der MAV abzuverlangende Datenschutzverantwortung im hiesigen Geschehen den grundsätzlich bestehenden Informationsanspruch zu § 163 Abs. 1 u. 2 SGB IX zu Fall bringen könnte. Dazu genügt der allgemein vorgetragene Vorhalt des Beklagten nicht, wonach es der Klägerin an einem (besonderen) Datenschutzkonzept fehlen würde. Dabei wird verkannt, dass ein umfassendes Datenschutzkonzept in aller ersten Linie in der Zuständigkeit des „Verantwortlichen“ liegt. Dies ist jedoch der Beklagte als Dienstgeber. Erst wenn dieser tätig geworden ist, kann die Mitwirkungsobliegenheit der MAV, hier der Klägerin, einsetzen. Dies missdeutet der Beklagte, wenn er ein eigenständiges datenschutzrechtliches Tätigwerden der Klägerin einfordert und deshalb seine Informationspflicht blockieren will. Hier hat der Beklagte in keiner Weise dargelegt, welch ganz besondere Datenschutzkonzeption er entwickelt hat und wie er diese im Verbund mit der Klägerin umsetzen will. Gleichfalls war nicht zu erkennen, dass sich die Klägerin einer erforderlichen Kooperation mit dem Beklagten zum Datenschutz verweigern würde. Dann ist es aber gänzlich widersprüchlich, die Datenschutzverantwortung einseitig bei der Klägerin anzusiedeln und deshalb deren Rechtsposition zu konterkarieren. Mögliche Datenschutzdefizite des Dienstgebers sind nicht geeignet, die Beteiligungsrechte der MAV zu unterlaufen.
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Lediglich ergänzend ist deshalb auf den Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu verweisen, wonach sie in der Vergangenheit alle bisher geltenden Datenschutzregularien korrekt beachtet habe und ein dahingehender Vorwurf seitens des Beklagten zu keinem Zeitpunkt erhoben worden sei. Dazu hat der Beklagte keinen prüfungsfähigen Gegenvortrag gehalten (§ 138 Abs. 3 ZPO).
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5. Der unstreitige Cyber-Angriff auf die IT-Systeme des Beklagten steht der Durchsetzung des Informationsanspruchs der Klägerin nicht entgegen. Die Attacke hat sich bereits im September 2022 ereignet. Zwischenzeitlich muss der Beklagte schon aus allgemeinen wirtschaftlichen und betrieblichen Gründen sein Datenmaterial wiederhergestellt haben. Es müssen auch körperliche Personalakten vorhanden sein, aus denen das Erforderliche ermittelbar ist. Eine gänzliche Unmöglichkeit der streitigen Information ist jedenfalls nicht vorgetragen und nicht erkennbar.
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Nach alledem war der Klage stattzugeben.
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Auf den Antrag der Klägerin waren deren notwendige Auslagen dieses Verfahrens, einschließlich diejenigen ihrer anwaltlichen Vertretung vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht, dem Beklagten aufzuerlegen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 KAGO i. Verbindung mit §§ 17 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, 4. Spiegelstrich MAVO).
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Das Erfordernis der anwaltlichen Vertretung zur Rechtswahrung folgt aus der streitgegenständlichen Rechtsmaterie. Der erforderliche juristische Sachverstand ist im Gremium der Klägerin ersichtlich nicht vorhanden.
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Gerichtgebühren werden vor den kirchlichen Arbeitsgerichten nicht erhoben (§ 12 Abs. 1, S. 1 KAGO).
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Die Zulassung der Revision kam nicht in Frage, da die (kirchen-) gesetzlichen Voraussetzungen nach § 47 Abs. 2 KAGO nicht vorlagen. Es galt, den hier vorgefundenen Einzelfall zu entscheiden. Von divergenzfähigen Entscheidungen wird nicht abgewichen.