Titel:
Eingruppierung von Gruppenleitungen in einer Werkstatt für behinderte Menschen nach AVR Caritas
Normenketten:
AVR Caritas § 11 Abs. 1, Anh. B Anl. 33
MAVO Passau § 33 Abs. 4, § 35
Leitsätze:
Zur Eingruppierung von Gruppenleitungen in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) nach Anlage 33 zu den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen C.verbandes (AVR C.). (Rn. 58 – 88)
Bei der Auslegung der Tätigkeitsmerkmale im Anhang B der Anlage 33 zu den AVR Caritas können im Rahmen einer vergleichenden Betrachtung die in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes für den staatlichen und kommunalen Bereich enthaltenen Bestimmungen zur Eingruppierung von Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst und die hierzu ergangene Rechtsprechung der staatlichen Gerichte für Arbeitssachen herangezogen werden. Solche Bestimmungen finden sich etwa in der als Entgeltordnung (VKA) bezeichneten Anlage 1 zum Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung oder in der als Entgeltordnung zum TV-L bezeichneten Anlage A des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). (Rn. 59 und 60) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
AVR Caritas, Eingruppierung, Gruppenleitung in einer Werkstatt für behinderte Menschen, Zustimmungsersetzung, Mitarbeitervertretung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 48347
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die notwendigen Auslagen der Beklagten, auch für die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
(2) Der Kläger begehrt die Ersetzung der von der Beklagten verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung zweier Mitarbeiterinnen nach Maßgabe der Anlage 33 zu den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen C.verbandes (AVR C.).
2
(3) Der klagende Diözesan-C.verband ist Träger der C.-Werkstatt A., einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Die Beklagte ist die für diese Einrichtung gewählte Mitarbeitervertretung (MAV). Bei dem Kläger finden die Mitarbeitervertretungsordnung für die Diözese P. (MAVO P.) sowie die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen C.verbandes (AVR C.) Anwendung.
3
(4) Mit Formblatt-Schreiben vom 21.12.2021 (vgl. Anlage K 1 zur Klage vom 17.03.2022 – 2 MV 5/22 –) beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zustimmung zur unbefristeten Einstellung der Mitarbeiterin B. als Gruppenleiterin Verpackung ab 01.02.2022 und zu deren vorgesehener Eingruppierung in Entgeltgruppe S. 7 Ziffer 4 der Anlage 33 zu den AVR C.. Die Mitarbeiterin B. verfügt über einen Berufsabschluss als Heilerziehungspflegerin.
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(5) Mit Formblatt-Schreiben vom 22.12.2021 (vgl. Anlage K 1 zur Klage vom 17.03.2022 – 1 MV 6/22 –) beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zustimmung zur unbefristeten Einstellung der Mitarbeiterin C. als Gruppenleiterin Montage 1 ab 01.04.2022 und zu deren vorgesehener Eingruppierung in Entgeltgruppe S. 7 Ziffer 4 der Anlage 33 zu den AVR C.. Die Mitarbeiterin C. verfügt über einen Berufsabschluss als staatlich anerkannte Erzieherin.
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(6) Die Beklagte verweigerte am 21.12.2021 die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin B. und am 23.12.2021 die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin C. und gab hierfür in einem Beiblatt zur Mitteilung an den Dienstgeber jeweils folgenden „Verweigerungsgrund“ an (vgl. Anlage K 1 zur Klage vom 17.03.2022 – 2 MV 5/22 – bzw. Anlage K 1 zur Klage vom 17.03.2022 – 1 MV 6/22):
(7) „Die Eingruppierung nach EG S. 7 Fallgruppe 4 Anlage 33 zu den AVR ist nicht zutreffend, da es in S 8b Ziffer 1 Hochzahl 3 der Verweis auf § 2 SGB IX und in der Hochzahl 6 der Verweis sowohl auf § 2 SGB IX als auch auf § 67 SGB XII zu finden ist und somit klar geregelt ist, dass die Eingruppierung auch für die WfbM gilt. Hätten die Tarifparteien was anderes gewollt, hätten sie hier einen Verweis nach S. 7 eingefügt. S. 7 Fallgruppe 4 gilt nur für Kollegen mit abgeschlossener nichtpädagogischer Berufsausbildung mit und ohne sonderpäd. Zusatzqualifikation.“
6
(8) Am 24.02.2022 fand das sog. Einigungsgespräch zwischen den Parteien statt. Danach teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 24.02.2022 (vgl. Anlage K 2 zur Klage vom 17.03. 2022 – 2 MV 5/22 – bzw. Anlage K 2 zur Klage vom 17.03.2022 – 1 MV 6/22 –) mit, dass sie an der Entscheidung festhalte, dass die Eingruppierung in S 8b für Gruppenleiter mit der Ausbildung Erzieher / HEP richtig sei, und dass sie die Eingruppierung in S. 7 weiterhin ablehne.
7
(9) Daraufhin hat der Kläger die vorliegenden Klagen vom 17.03.2022 beim hiesigen Kirchlichen Arbeitsgericht eingereicht (Az. 2 MV 5/22 betr. Eingruppierung der Mitarbeiterin B.; Az. 1 MV 6/22 betr. Eingruppierung der Mitarbeiterin C.).
8
(10) Der Kläger vertritt den Standpunkt, die Eingruppierung der beiden Mitarbeiterinnen in Entgeltgruppe S. 7 Ziffer 4 der Anlage 33 zu den AVR C. sei zutreffend. Für die Verweigerung der Zustimmung durch die Beklagte bestehe keine rechtliche Grundlage. Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 8b Ziffer 1 der Anlage 33 zu den AVR C. komme in den vorliegenden Fällen nicht in Betracht.
9
(11) Die Mitarbeiterin B. sei als Gruppenleiterin der Gruppe Verpackung eingestellt worden. Ihre absolvierte Ausbildung als Heilerziehungspflegerin stelle bei Gruppenleitungen in einer Werkstatt für behinderte Menschen lediglich das Tätigkeitsmerkmal „abgeschlossene Berufsausbildung“ dar.
10
(12) Die Mitarbeiterin C. sei als Gruppenleiterin der Gruppe Montage 1 eingestellt worden. Ihre absolvierte Ausbildung als Erzieherin stelle bei Gruppenleitungen in einer Werkstatt für behinderte Menschen lediglich das Tätigkeitsmerkmal „abgeschlossene Berufsausbildung“ dar.
11
(13) Der Kläger meint, die Tätigkeit als Gruppenleitung sei gerade nicht als eine „entsprechende Tätigkeit“ im Sinne von Entgeltgruppe S 8b Ziffer 1 der Anlage 33 zu den AVR C. anzusehen.
12
(14) Bei den Entgeltgruppen für den Sozial- und Erziehungsdienst im Anhang B der Anlage 33 zu den AVR C. fänden sich neben den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen häufig spezielle Merkmale für bestimmte Tätigkeiten. Diese gingen nach dem Grundsatz der Spezialität den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen vor. Erfülle eine Tätigkeit die Anforderungen verschiedener Tätigkeitsmerkmale, gelte stets die speziellere Regelung. Der Spezialitätsgrundsatz beziehe sich auf den jeweils zu bewertenden Arbeitsvorgang, nicht auf die gesamte Tätigkeit. Eine Eingruppierung nach allgemeinen Merkmalen scheide also aus, wenn es für die betreffende Tätigkeit – wie in den vorliegenden Fällen – spezielle Tätigkeitsmerkmale gebe.
13
(15) Der Hinweis der Beklagten, dass andere Gruppenleitungen der Werkstatt für behinderte Menschen nach Entgeltgruppe S 8b vergütet würden, habe mit der im jeweiligen Einzelfall vorzunehmenden Eingruppierungsprüfung nichts zu tun.
14
(16) Der Kläger beantragt,
1. die Zustimmung der Beklagten zur Eingruppierung der Mitarbeiterin B.
in die Entgeltgruppe S. 7 Ziffer 4 der Anlage 33 AVR zu ersetzen;
2. die Zustimmung der Beklagten zur Eingruppierung der Mitarbeiterin C.
in die Entgeltgruppe S. 7 Ziffer 4 der Anlage 33 AVR zu ersetzen.
15
(17) Die Beklagte beantragt,
16
(18) Die Beklagte vertritt den Standpunkt, sie habe die Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen B. und C. in Entgeltgruppe 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. zu Recht verweigert.
17
(19) Die Mitarbeiterin B. sei seit dem Jahr 2010 staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin. Seit dem erfolgreichen Abschluss ihrer Ausbildung sei sie als Fachkraft in einem Wohnbereich für Menschen mit seelischer Behinderung tätig gewesen. Sie besitze die Fachhochschulreife. In der C.-Werkstatt A. sei sie als Gruppenleiterin in einer aus zwei Gruppenleitern und 22 Menschen mit Behinderung bestehenden Gruppe eingesetzt.
18
(20) Die Mitarbeiterin C. sei seit dem Jahr 2007 staatlich anerkannte Erzieherin. Seit dem erfolgreichen Abschluss ihrer Ausbildung sei sie unter anderem in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung tätig gewesen. In der C.-Werkstatt A. sei sie als Gruppenleiterin in einer aus zwei Gruppenleitern, 29 Menschen mit Behinderung und zwei Menschen im Berufsbildungsbereich (BBB) bestehenden Gruppe eingesetzt.
19
(21) Auf Grund ihrer Ausbildung sowie der entsprechenden Tätigkeit fielen die Mitarbeiterinnen B. und C. nicht unter die Entgeltgruppe S. 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C.. Eine handwerkliche Ausbildung hätten sie gerade nicht abgeschlossen.
20
(22) Die Beklagte ist der Ansicht, in den vorliegenden Fällen wäre eine Eingruppierung der Mitarbeiterinnen B. und C. in Entgeltgruppe S 8b Fallgruppe 1 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. korrekt. Andere Gruppenleiter mit der Ausbildung zum Heilerziehungspfleger bzw. zum Erzieher in der C.-Werkstatt A. erhielten auch Vergütung nach Entgeltgruppe S 8b. Die Tätigkeit eines Gruppenleiters im Arbeitsbereich der WfbM sei in der Stellenbeschreibung FB 3.0704 aufgeführt (vgl. Anlage B 1 zur jeweiligen Klageerwiderung vom 30.05.2022).
21
(23) Wegen der Einzelheiten des hier nur knapp dargestellten Sach- und Streitstandes und der Rechtsausführungen der Parteien wird entsprechend § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 27 KAGO Bezug genommen auf die beiden Klageschriften vom 17.03. 2022, auf die beiden Klageerwiderungen vom 30.05.2022, auf sämtliche eingereichten Unterlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 19.10.2022.
22
(24) Mit Einverständnis der Parteien sind die Verfahren 2 MV 5/22 und 1 MV 6/22 durch Beschluss vom 01.06.2022 entsprechend § 147 ZPO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und bei der Kammer 2 des Kirchlichen Arbeitsgerichts unter dem Aktenzeichen 2 MV 5/22 weitergeführt worden.
Entscheidungsgründe
23
(25) Die Klage auf Ersetzung der Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen B. und C. hat keinen Erfolg.
24
(26) 1. Die Klage ist zulässig.
25
(27) 1.1. Die sachliche Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich aus § 2 Abs. 2 der Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung (KAGO). Das vorliegende Verfahren betrifft eine Rechtsstreitigkeit aus der Mitarbeitervertretungsordnung für die Diözese P. (MAVO P.). Der Kläger begehrt nach § 33 Abs. 4 in Verbindung mit § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO P. die Ersetzung der Zustimmung zur Eingruppierung zweier Mitarbeiterinnen.
26
(28) Das Kirchliche Arbeitsgericht für die Bayerischen (Erz-)Diözesen ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAGO örtlich zuständig, weil die Beklagte ihren Sitz in dessen Dienstbezirk hat.
27
(29) 1.2. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für seinen Zustimmungsersetzungsantrag ergibt sich aus § 33 Abs. 4 MAVO Passau, wonach der Dienstgeber in den Fällen des § 35 MAVO Passau das Kirchliche Arbeitsgericht anrufen kann, wenn die Mitarbeitervertretung die Zustimmung verweigert hat.
28
(30) 1.2.1. Die Eingruppierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedarf nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO P. der Zustimmung der Mitarbeitervertretung. Der Dienstgeber unterrichtet nach § 33 Abs. 2 Satz 1 MAVO Passau die Mitarbeitervertretung von der beabsichtigten Maßnahme oder Entscheidung und beantragt ihre Zustimmung.
29
(31) Nach dem Vorbringen beider Parteien ist anzunehmen, dass auf die Arbeitsverhältnisse der in der C.-Werkstatt A. beschäftigten Mitarbeiterinnen B. und C. die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen C.verbandes (AVR C.) Anwendung finden und dass sich hiernach auch ihre Eingruppierung richtet.
30
(32) 1.2.2. Die Beklagte hat nicht die Zustimmung zur Einstellung der beiden Mitarbeiterinnen verweigert, sondern die Zustimmung zu deren vom Kläger vorgesehener Eingruppierung in Entgeltgruppe S. 7 Fallgruppe 4 der Anlage 33 zu den AVR C.. Sie stützt sich auf einen Verweigerungsgrund, der zumindest unter § 35 Abs. 2 Nr. 1 MAVO Passau eingeordnet werden kann, nämlich darauf, dass die Maßnahme gegen § 11 Abs. 1 in Verbindung mit dem Anhang B der Anlage 33 zu den AVR C. und damit gegen eine kircheneigene Ordnung verstößt. Ob ihrer Argumentation zu folgen ist und die Zustimmungsverweigerung gerechtfertigt ist, wird nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage geprüft.
31
(33) 2. Die zulässige Klage ist unbegründet.
32
(34) Die Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen B. und C. in Entgeltgruppe S. 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 AVR C. ist nicht zu ersetzen. Die Beklagte hat die vom Kläger erbetene Zustimmung im Ergebnis zu Recht verweigert.
33
(35) 2.1. Die Eingruppierung eines Mitarbeiters ist dessen Einordnung in ein vorgegebenes Entgeltschema. Es handelt sich dabei um einen Akt der Rechtsanwendung durch den Dienstgeber. Hieran ist die Mitarbeitervertretung zu beteiligen, um sicherzustellen, dass die Anwendung allgemeiner und interpretationsbedürftiger Vergütungsmerkmale im Einzelfall zutreffend erfolgt (vgl. Kirchliches Arbeitsgericht für die Diözese Rottenburg-Stuttgart 22. Juni 2012 – AS 07/12 -; Kirchliches Arbeitsgericht für die Bayerischen [Erz-]Diözesen 4. Februar 2019 – 2 MV 18/18 –; Thiel/Fuhrmann/Jüngst, Kommentar zur Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung, 8. Auflage 2019, § 35, Rn. 5 f.). Die in § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO vorausgesetzte Pflicht des Dienstgebers zur Eingruppierung und die Beteiligung der Mitarbeitervertretung dienen der Transparenz und der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit (vgl. Eichstätter Kommentar – Schmitz, 1. Aufl. 2014, § 35 MAVO, Rn. 4).
34
(36) Die für die Eingruppierung maßgeblichen Grundsätze sind im Abschnitt I der Anlage 1 zu den AVR C. (im Bereich der Regionalkommission Bayern) wie folgt geregelt:
35
(37) (a) Die Eingruppierung des Mitarbeiters richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlagen 2, 2d, 2e, 21a, 30, 31, 32 und 33. Der Mitarbeiter erhält Vergütung nach der Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe, in die er eingruppiert ist.
36
(38) (b) Der Mitarbeiter ist in die Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.
37
(39) Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z.B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen.
38
(40) Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in Unterabsatz 2 Satz 1 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung.
39
(41) Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Unterabsatz 2 oder 3 abweichendes zeitliches Maß bestimmt, gilt dieses.
40
(42) Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Mitarbeiters bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.
41
(43) (c) Tätigkeitskombinationen, die in den Anlagen 2, 2d, 2e, 21a, 30, 31, 32 und 33 genannt sind, gelten als ein Tätigkeitsmerkmal, mit der Maßgabe, dass in diesen Fällen nicht nach Absatz b Unterabs. 2 zu prüfen ist, welche der kombinierten Tätigkeiten überwiegt.
42
(44) (d) Die Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe des Mitarbeiters ist im Dienstvertrag anzugeben.
43
(45) Die Eingruppierung ist keine konstitutive Maßnahme, sondern ein Akt der Rechtsanwendung. Wie sich aus Abschnitt I Abs. a der Anlage 1 zu den AVR ergibt, „ist“ der Mitarbeiter nach den einschlägigen Tätigkeitsmerkmalen eingruppiert (sog. Eingruppierungsautomatik oder Tarifautomatik). Er „wird“ also nicht durch eine konstitutive Entscheidung des Dienstgebers eingruppiert. Vielmehr beurteilt der Dienstgeber bei der Eingruppierung die Rechtslage. Dementsprechend handelt es sich bei dem Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO P. um ein Mitbeurteilungsrecht im Sinne einer Richtigkeitskontrolle (vgl. Bundesarbeitsgericht 30. Oktober 2003 – 8 ABR 47/02 – zu § 99 BetrVG).
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(46) 2.2. Für die Mitarbeiterinnen B. und C., die in der C.-Werkstatt A. als Gruppenleiterinnen eingesetzt werden, gilt die Anlage 33 zu den AVR C., die besondere Regelungen für Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst enthält. Hierüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit.
45
(47) § 11 Abs. 1 der Anlage 33 zu den AVR C. ist zu entnehmen, dass sich die Eingruppierung der Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst nach den Tätigkeitsmerkmalen des Anhangs B dieser Anlage richtet. Die Eingruppierungsgrundsätze im Abschnitt I der Anlage 1 zu den AVR C. gelten auch für Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst (vgl. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Anlage 33 zu den AVR C.).
46
(48) Der Anhang B der Anlage 33 zu den AVR C. enthält zu den Entgeltgruppen S. 7, S 8a und S 8b folgende Tätigkeitsmerkmale:
3. Mitarbeiter mit abgeschlossener Berufsausbildung in der beruflichen Ausbildung/Anleitung in Einrichtungen der Erziehungs-, Behinderten-, Suchtkranken-, Wohnungslosen- oder Straffälligenhilfe 21, 26, 27
4. Mitarbeiter mit abgeschlossener Berufsausbildung als Handwerker oder Facharbeiter oder entsprechender abgeschlossener Berufsausbildung und mit sonderpädagogischer Zusatzqualifikation als Gruppenleiter in einer Werkstatt für behinderte Menschen 14
5. Mitarbeiter mit Meisterprüfung in der beruflichen Ausbildung/ Anleitung in Einrichtungen der Erziehungs-, Behinderten-, Suchtkranken-, Wohnungslosen- oder Straffälligenhilfe 21, 22
6. Mitarbeiter mit Meisterprüfung/ Techniker als Gruppenleiter in einer Werkstatt für behinderte Menschen 20
7. Arbeitserzieher mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit
Erzieher, Heilerziehungspfleger, Heilerzieher mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Mitarbeiter, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben 3, 5
1. Erzieher, Heilerziehungspflege, Heilerzieher mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Mitarbeiter, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten 3, 5, 6
2. Mitarbeiter in der Tätigkeit von Sozialarbeitern bzw. Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung
3. Mitarbeiter mit Meisterprüfung/Techniker und mit sonderpädagogischer Zusatzqualifikation oder Arbeitserzieher mit staatlicher Anerkennung als Gruppenleiter in einer Werkstatt für behinderte Menschen 14, 20
4. Mitarbeiter mit Meisterprüfung/Erzieher am Arbeitsplatz in der beruflichen Ausbildung/Anleitung in Einrichtungen der Erziehungs-, Behinderten-, Suchtkranken, Wohnungslosenoder Straffälligenhilfe 21, 22, 26, 27
5. Arbeitserzieher mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit als verantwortlicher Leiter eines Arbeitsbereiches, wenn ihnen mindestens zwei Mitarbeiter durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind
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(52) Die Anmerkungen („Hochziffern“) 3, 5, 6 und 14 zu den Tätigkeitsmerkmalen des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. lauten wie folgt:
„(53) 3 Als entsprechende Tätigkeit von Erziehern gilt auch die Tätigkeit in Schulkindergärten, Vorklassen oder Vermittlungsgruppen für nicht schulpflichtige Kinder und die Betreuung von über 18jährigen Personen (z.B. in Einrichtungen für behinderte Menschen im Sinne des § 2 SGB IX oder in Einrichtungen der Gefährdetenhilfe). […]
(54) 5 Nach diesem Tätigkeitsmerkmal sind auch
a) Kindergärtner und Hortner mit staatlicher Anerkennung oder staatlicher Prüfung,
b) Kinderkrankenschwester/-pfleger, die in Kinderkrippen tätig sind,
c) Krankenschwestern/-pfleger, Kinderkrankenschwestern/-pfleger, Altenpfleger mit staatlicher Anerkennung in Einrichtungen der Behindertenhilfe,
d) Arbeitserzieher, sofern ihnen die im Tätigkeitsmerkmal beschriebenen Aufgaben übertragen sind und keine speziellere Eingruppierungsziffer zutrifft, eingruppiert.
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(55) 6 Besonders schwierige fachliche Tätigkeiten sind z.B. die
a) Tätigkeiten in Integrationsgruppen (Erziehungsgruppen, denen besondere Aufgaben in der gemeinsamen Förderung behinderter und nicht behinderter Kinder zugewiesen sind) mit einem Anteil von mindestens einem Drittel von behinderten Menschen im Sinne des § 2 SGB IX in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung,
b) Tätigkeiten in Gruppen von behinderten Menschen im Sinne des § 2 SGB IX, von Personen, die Hilfen nach § 67 SGB XII erhalten oder von Kindern und Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten,
c) Tätigkeiten in Jugendzentren/Häusern der offenen Tür,
d) Tätigkeiten in geschlossenen (gesicherten) Gruppen e) fachlichen Koordinierungstätigkeiten für mindestens vier Mitarbeiter mindestens der Entgeltgruppe S. 6,
f) Tätigkeiten eines Facherziehers mit einrichtungsübergreifenden Aufgaben,
g) Tätigkeiten in Abteilungen oder Stationen psychiatrischer Kliniken.
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(56) 14 Voraussetzung für die Eingruppierung ist, dass der Mitarbeiter über eine sonderpäda gogische Zusatzqualifikation im Sinne der Werkstättenverordnung nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuches verfügt. Der sonderpädagogischen Zusatzqualifikation gleichgestellt ist der Abschluss als geprüfte Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen.
50
(57) 2.3. Nach der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Gerichts (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 KAGO) ist die von der Beklagten geltend gemachte Zustimmungsverweigerung begründet.
51
(58) 2.3.1. Bei der Eingruppierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedarf die „Entscheidung“ (= Beurteilung) des Dienstgebers nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO Passau der Zustimmung der Mitarbeitervertretung. Die Mitarbeitervertretung kann die Zustimmung nach § 35 Abs. 2 MAVO Passau nur verweigern, wenn
1. die Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Rechtsverordnung, kircheneigene Ordnungen, eine Dienstvereinbarung oder sonstiges geltendes Recht verstößt, und/oder
2. der durch bestimmte Tatsachen begründete Verdacht besteht, dass durch die Maßnahme die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter ohne sachliche Gründe bevorzugt oder benachteiligt werden soll.
52
(59) Bei der Prüfung, ob ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 35 Abs. 2 MAVO P. vorliegt, kommt es nur auf die Berechtigung der rechtzeitig und formgerecht vorgebrachten Gründe an, nicht etwa darauf, ob die Mitarbeitervertretung die Zustimmung – vielleicht aus anderen Gründen – hätte zu Recht verweigern können.
53
(60) Die über eine beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme des Dienstgebers informierte Mitarbeitervertretung hat nämlich folgende Optionen: Sie kann einer vom Dienstgeber vorgesehenen personellen Einzelmaßnahme zustimmen oder die Zustimmung ausdrücklich verweigern oder die Wochenfrist des § 33 Abs. 2 Satz 2 MAVO verstreichen lassen. Ob sie sich gegen eine personelle Einzelmaßnahme wenden will, hängt allein von der Entschließung der Mitarbeitervertretung ab. Dasselbe gilt auch von den Gründen, die sie für ihre Verweigerung anführen will. Es gibt keine materiell richtige oder unrichtige Entscheidung der Mitarbeitervertretung, es gibt nur eine begründete oder unbegründete Zustimmungsverweigerung (vgl. Kirchliches Arbeitsgericht für die Bayerischen [Erz-]Diözesen 28. Juni 2021 – 2 MV 14/21 –; Kirchliches Arbeitsgericht für die Bayerischen [Erz-]Diözesen 16. Mai 2022 – 2 MV 23/21 –; zum weltlichen Recht der Arbeitnehmervertretungen vgl. etwa Bundesarbeitsgericht 3. Juli 1984 – 1 ABR 74/82 –; Bundesarbeitsgericht 17. November 2010 – 7 ABR 120/09 – sowie Arbeitsgericht Passau 27. Februar 2019 – 5 BV 14/18 –).
54
(61) Es steht der Mitarbeitervertretung also frei, ob sie sich gegen eine vom Dienstgeber vorgesehene Eingruppierung wenden will oder nicht. Im Falle der Zustimmungsverweigerung bestimmt die Mitarbeitervertretung das „Prüfprogramm“ des Kirchlichen Arbeitsgerichts dahingehend, ob aus den im Zustimmungsverfahren – hier: in dem Beiblatt „Verweigerungsgrund“ – angeführten Gründen die Zustimmungsverweigerung gerechtfertigt ist oder nicht.
55
(62) In den „unstreitigen“ Fällen, in denen der Dienstgeber und die Mitarbeitervertretung eine Eingruppierung übereinstimmend richtig oder übereinstimmend falsch beurteilen, kommt es zu keinem Zustimmungsersetzungsverfahren beim Kirchlichen Arbeitsgericht.
56
(63) 2.3.2. Die Beklagte beruft sich in dem ihrer Mitteilung an den Dienstgeber beigefügten Beiblatt „Verweigerungsgrund“ (vgl. Anlage K 1 zur Klage vom 17.03.2022 – 2 MV 5/22 – bzw. Anlage K 1 zur Klage vom 17.03.2022 – 1 MV 6/22) im Wesentlichen darauf, dass in Entgeltgruppe S 8b Ziffer 1 Hochzahl 3 der Verweis auf § 2 SGB IX und in Entgeltgruppe S 8b Ziffer 1 Hochzahl 6 der Verweis sowohl auf § 2 SGB IX als auch auf § 67 SGB XII zu finden sei und somit klar geregelt sei, dass diese Eingruppierung auch für die WfbM gelte. Die Entgeltgruppe S. 7 Fallgruppe 4 gelte nur für Kollegen mit abgeschlossener nichtpädagogischer Berufsausbildung mit und ohne sonderpädagogische Zusatzqualifikation.
57
(64) Die Argumentation der Beklagten ist dem Verweigerungsgrund nach § 35 Abs. 2 Nr. 1 MAVO P. zuzuordnen. Die vom Kläger für zutreffend erachtete Eingruppierung der Mitarbeiterinnen B. und C. in Entgeltgruppe S. 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. verstößt nach Ansicht der Beklagten, die die Eingruppierung in Entgeltgruppe S 8b für zutreffend erachtet, gegen die kircheneigene Ordnung der AVR C..
58
(65) 2.3.3. Die Zustimmungsverweigerung der Beklagten ist begründet. Die vom Kläger vorgesehene Eingruppierung in Entgeltgruppe S. 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. verstößt unter dem Gesichtspunkt des § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO gegen § 11 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang B der Anlage 33 zu den AVR C..
59
(66) 2.3.3.1. Bei der Auslegung der Tätigkeitsmerkmale im Anhang B der Anlage 33 zu den AVR C. können im Rahmen einer vergleichenden Betrachtung die in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes für den staatlichen und kommunalen Bereich enthaltenen Bestimmungen zur Eingruppierung von Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst und die hierzu ergangene Rechtsprechung der staatlichen Gerichte für Arbeitssachen herangezogen werden.
60
(67) Solche Bestimmungen finden sich etwa in der als Entgeltordnung (VKA) bezeichneten Anlage 1 zum Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung oder in der als Entgeltordnung zum TV-L bezeichneten Anlage A des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).
61
(68) Die Entgeltordnung VKA enthält im XXIV. Abschnitt des Teils B unter anderem folgende Tätigkeitsmerkmale für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst:
62
Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung als Gruppenleiterin/Gruppenleiter in Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstätten oder Werkstätten für behinderte Menschen (Hierzu Protokollerklärung Nr. 1).
63
(70) Entgeltgruppe S 8a Erzieherinnen/Erzieher, Heilerziehungspflegerinnen/Heilerziehungspfleger und Heilerzieherinnen/Heilerzieher mit staatlicher Anerkennung und jeweils entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1, 3 und 5)
64
1. Erzieherinnen/Erzieher, Heilerziehungspflegerinnen/Heilerziehungspfleger und Heilerzieherinnen/Heilerzieher mit staatlicher Anerkennung und jeweils entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten (Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1, 3, 5 und 6).
65
2. Handwerksmeisterinnen/Handwerksmeister, Industriemeisterinnen/Industriemeister oder Gärtnermeisterinnen/Gärtnermeister als Gruppenleiterin/Gruppenleiter in Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstätten oder Werkstätten für behinderte Menschen (Hierzu Protokollerklärung Nr. 1).
66
3. Beschäftigte in der Tätigkeit von Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern bzw. Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung.
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
67
(72) Die Entgeltordnung zum TV-L enthält im 20. Abschnitt des Teils II unter anderem folgende Tätigkeitsmerkmale für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst:
(73) 20.5 Beschäftigte im handwerklichen Erziehungsdienst
68
Handwerksmeister, Industriemeister oder Gärtnermeister als Gruppenleiter in Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstätten oder Werkstätten für Menschen mit Behinderung.
(Stufe 5 nach sechs Jahren in Stufe 4 und Stufe 6 nach acht Jahren in Stufe 5)
69
Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung als Gruppenleiter in Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstätten oder Werkstätten für Menschen mit Behinderung.
70
Beschäftigte im handwerklichen Erziehungsdienst mit abgeschlossener Berufsausbildung.
(77) 20.6 Erzieherinnen, Kinderpflegerinnen
71
1. Beschäftigte mit fachlich koordinierenden Aufgaben für mindestens acht Beschäftigte mindestens der Entgeltgruppe S 8a.
72
2. Erzieherinnen, Heilerziehungspflegerinnen und Heilerzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und jeweils entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit fachlich koordinierenden Aufgaben für mindestens drei Beschäftigte mindestens der Entgeltgruppe S 8b.
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1 und 2)
73
Erzieherinnen, Heilerziehungspflegerinnen und Heilerzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten.
(Stufe 5 nach sechs Jahren in Stufe 4 und Stufe 6 nach acht Jahren in Stufe 5) (Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1, 2 und 3)
74
Erzieherinnen, Heilerziehungspflegerinnen und Heilerzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1 und 2)
75
(81) 2.3.3.2. Das Kirchliche Arbeitsgericht geht davon aus, dass es sich bei der von den Mitarbeiterinnen B. und C. in der C.-Werkstatt A., einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM), auszuübenden Tätigkeit als Gruppenleiterin jeweils um einen einzigen Arbeitsvorgang handelt.
76
(82) Für die Beurteilung der zutreffenden Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. sind – ebenso wie bei der Eingruppierung nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes – Arbeitsvorgänge zu bilden. Dies ergibt sich aus Abschnitt I Abs. b der Anlage 1 zu den AVR C. (im Bereich der Regionalkommission Bayern). Danach ist der Mitarbeiter in die Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe erfüllen.
77
(83) Die Tätigkeit eines Gruppenleiters oder einer Gruppenleiterin in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) kann nach der Rechtsprechung regelmäßig als ein einziger Arbeitsvorgang im Tarifsinne angesehen werden, der nicht mehr aufgespalten werden kann (vgl. Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 4. Mai 2018 – M 08/2017 – Rn. 25; Bundesarbeitsgericht 2. Dezember 1998 - 4 AZR 59/98 – Rn. 28; Landesarbeitsgericht Hamm 30. Oktober 2012 – 12 Sa 212/12 – Rn. 102) . Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte für eine Ausnahme von dieser Regel.
78
(84) 2.3.3.3. Das Kirchliche Arbeitsgericht vermag der Auffassung des Klägers, wonach die Mitarbeiterinnen B. und C. als Gruppenleiterinnen in der C.-Werkstatt A. in Entgeltgruppe S. 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. eingruppiert seien, nicht zu folgen.
79
(85) Der bei den Mitarbeiterinnen B. und C. bei ihrer jeweiligen Tätigkeit als Gruppenleiterin anfallende einzige Arbeitsvorgang erfüllt nicht die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe S. 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C.. Diesen Merkmalen lässt sich nicht entnehmen, dass Mitarbeiter mit abgeschlossener Berufsausbildung – welcher Art auch immer -, die als Gruppenleiter in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt werden, stets in Entgeltgruppe S. 7 Fallgruppe 4 eingruppiert sind.
80
(86) 2.3.3.3.1. Der vom Kläger herangezogene „Grundsatz der Spezialität“ hilft bei der Frage nach der zutreffenden Eingruppierung der Mitarbeiterinnen B. und C. nicht weiter.
81
(87) Es gibt keine speziellen Tätigkeitsmerkmale dahingehend, dass Gruppenleiter in einer Werkstatt für behinderte Menschen ohne weiteres in Entgeltgruppe 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. eingruppiert wären. Vielmehr gelten die dortigen Tätigkeitsmerkmale (nur) für Mitarbeiter mit abgeschlossener Berufsausbildung als Handwerker oder Facharbeiter oder entsprechender abgeschlossener Berufsausbildung und mit sonderpädagogischer Zusatzqualifikation als Gruppenleiter in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Damit unterscheiden sich die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe S. 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. von denen der Entgeltgruppe S. 7 im XXIV. Abschnitt des Teils B. der Entgeltordnung (VKA) im TVöD, wo es lediglich heißt: „Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung als Gruppenleiterin/Gruppenleiter in Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstätten oder Werkstätten für behinderte Menschen“.
82
(88) Eine Eingruppierungsbestimmung, die lediglich die Tätigkeitsmerkmale „Mitarbeiter mit abgeschlossener Berufsausbildung als Gruppenleiter in einer Werkstatt für behinderte Menschen“ ohne weiteren Zusatz enthielte, findet sich im Anhang B der Anlage 33 zu den AVR C. gerade nicht.
83
(89) 2.3.3.3.2. Die Entgeltgruppe 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. bezieht sich ersichtlich auf Mitarbeiter im sog. handwerklichen Erziehungsdienst, die als Gruppenleiter tätig sind. Die Tätigkeitsmerkmale fordern nicht irgendeine abgeschlossene Berufsausbildung, sondern eben eine abgeschlossene Berufsausbildung als Handwerker oder Facharbeiter oder entsprechender abgeschlossener Berufsausbildung und mit sonderpädagogischer Zusatzqualifikation.
84
(90) Bei der Eingruppierung von Mitarbeitern im Sozial- und Erziehungsdienst wird üblicherweise zwischen dem handwerklichen Erziehungsdienst und dem (ganzheitlichen) Erziehungsdienst unterschieden (vgl. Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 4. Mai 2018 – M 08/2017 – Rn. 21; Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 4. Mai 2018 – M 12/2017 – Rn. 27; Gemeinsames Kirchliches Arbeitsgericht in Hamburg 1. Juni 2017 – I MAVO 1a/17 – Rn. 26, 28; Bundesarbeitsgericht 2. Dezember 1998 – 4 AZR 59/98 – Rn. 30 ff.; Landesarbeitsgericht Hamm 30. Oktober 2012 – 12 Sa 212/12 – Rn. 104 ff.). Angesichts der Rechtsprechung des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs ist an dieser Unterscheidung festzuhalten.
85
(91) Danach käme etwa ein Mitarbeiter, der über eine abgeschlossene handwerkliche Berufsausbildung (z.B. als Schreiner oder Tischler) sowie über eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation verfügt und als Gruppenleiter in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig ist, für eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. in Betracht.
86
(92) 2.3.3.3.3. Die Mitarbeiterinnen B. und C. sind aber nicht dem handwerklichen Erziehungsdienst, sondern dem (ganzheitlichen) Erziehungsdienst zuzuordnen. Ihre jeweilige Tätigkeit als Gruppenleiterin erfüllt nicht die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe S. 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C..
87
(93) Sie verfügen nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Handwerkerin oder Facharbeiterin. Aus der abgeschlossenen Berufsausbildung als Heilerziehungspflegerin bzw. als staatlich anerkannte Erzieherin folgt nicht, dass es sich um Mitarbeiterinnen mit „entsprechender abgeschlossener Berufsausbildung“ handelt. Dieses Merkmal wird nicht durch jegliche abgeschlossene Berufsausbildung erfüllt. Wäre dies gewollt, so hätte die generelle Formulierung „Mitarbeiter mit abgeschlossener Berufsausbildung“ ohne die in Entgeltgruppe 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. aufgenommenen Zusätze ausgereicht.
88
(94) Die abgeschlossene Berufsausbildung der Mitarbeiterin B. als Heilerziehungspflegerin und die der Mitarbeiterin C. als staatlich anerkannte Erzieherin stellt keine einer – von der Beklagten als „nichtpädagogisch“ bezeichneten – Berufsausbildung als Handwerkerin oder Facharbeiterin entsprechende Berufsausbildung dar. Die im Abschnitt 2.3.3.3.2. dargestellte Unterscheidung zwischen dem handwerklichen Erziehungsdienst und dem (ganzheitlichen) Erziehungsdienst führt zu der Annahme, dass eine abgeschlossene „pädagogische“ Berufsausbildung aus dem sozialen Bereich oder dem Erziehungsbereich eben nicht als entsprechende Berufsausbildung im Sinne von Entgeltgruppe 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. anzusehen ist. Für diese Annahme spricht auch, dass Mitarbeiter mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung aus dem sozialen Bereich oder dem Erziehungsbereich bei einer Tätigkeit als Gruppenleiter keiner sonderpädagogischen Zusatzqualifikation im Sinne von Entgeltgruppe 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. bedürften.
89
(95) 2.4. Nach alledem ist die Zustimmung der Beklagten zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen B. und C. in die Entgeltgruppe S. 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. nicht zu ersetzen, weil der von der Beklagten geltend gemachte Zustimmungsverweigerungsgrund im Ergebnis durchgreift.
90
(96) Für die Abweisung der Klage reicht es aus, dass die Beklagte die Zustimmung zur Eingruppierung in die Entgeltgruppe S. 7 Fallgruppe 4 des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. zu Recht verweigert hat. Somit kann offen bleiben, ob die Mitarbeiterinnen B. und C. in der Entgeltgruppe S 8b Fallgruppe 1 – wie die Beklagte meint – oder in Entgeltgruppe S 8a oder in einer anderen Entgeltgruppe des Anhangs B der Anlage 33 zu den AVR C. „richtig“ eingruppiert sind.
91
(97) Es obliegt dem Kläger, das angesichts der (begründeten) Zustimmungsverweigerung der Beklagten noch nicht beendete Mitbestimmungsverfahren zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen B. und C. weiterzuführen.
92
(98) 3. Gerichtsgebühren werden nach § 12 Abs. 1 Satz 1 KAGO nicht erhoben.
93
(99) Der Kostenausspruch, wonach der Kläger die notwendigen Auslagen der Beklagten, auch für die Beauftragung ihres Bevollmächtigten, zu tragen hat, beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 KAGO in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO Passau.
94
(100) Danach trägt der Dienstgeber die durch die Tätigkeit der Mitarbeitervertretung entstehenden und für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Kosten einschließlich der Reisekosten im Rahmen der für den Dienstgeber bestehenden Bestimmungen. Zu den erforderlichen Kosten gehören auch die Kosten der Beauftragung eines Bevollmächtigten in Verfahren vor den kirchlichen Gerichten für Arbeitssachen, soweit die Bevollmächtigung zur Wahrung der Rechte des Bevollmächtigenden notwendig ist.
95
(101) Die Notwendigkeit einer fachkundigen Beratung und Vertretung ist im vorliegenden Fall angesichts der in der Regel komplexen Rechtsmaterie der Eingruppierung zu bejahen.
96
(102) 4. Die Revision wird zugelassen.
97
(103) Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 47 Abs. 2 Buchst. a) KAGO.
98
(104) Die Frage der Eingruppierung von Gruppenleitern und Gruppenleiterinnen mit abgeschlossener „pädagogischer“ Berufsausbildung (als Erzieher, Erzieherin, Heilerziehungspfleger, Heilerziehungspflegerin) in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) nach § 11 Abs. 1 in Verbindung mit dem Anhang B der Anlage 33 zu den AVR C. kann sich in einer Vielzahl von Eingruppierungsfällen im Anwendungsbereich der AVR C. stellen.