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OLG München, Beschluss v. 04.05.2022 – 32 U 7551/21
Titel:

Außerordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses wegen Pachtrückständen

Normenkette:
BGB § 543 Abs. 2 Nr. 3, § 581
Leitsatz:
Zu den Zeitpunkten des Ausspruchs der außerordentlichen Kündigungen lagen jeweils zur Kündigung berechtigende Rückstände vor. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
außerordentliche Kündigung, Pachtvertrag, rückständige Pachtzahlungen
Vorinstanz:
LG München II, Endurteil vom 11.10.2021 – 2 O 2125/21
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 03.05.2023 – XII ZR 46/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 48214

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 11.10.2021, Aktenzeichen 2 O 2125/21, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München II ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich der Räumung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 20.000,00 und ansonsten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe bzw. in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 46.648,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin verlangt als Vermieterin Räumung und Herausgabe einer an den Beklagten verpachteten Gaststätte sowie Zahlung rückständiger Mieten.
2
Frau A. W hatte die Gaststätte „…“ in … mit Mietvertrag vom 01.07.2013 an Herrn A.V. verpachtet. Am 28.12.2018 schlossen Frau W., Herr V. und der Beklagte eine Vereinbarung, Anlage K 3, nach der der Pachtvertrag vom Beklagten vollumfänglich übernommen werde, Herr V. erster Hauptpächter bleibe und Frau W. „dieser“ Unterverpachtung ausdrücklich zustimme. In dem als K 4 vorgelegten Nachtrag zum Pachtvertrag vom 01.07.2013 vom 28.12.2018, mit dem eine neue Miethöhe vereinbart wurde, wurde im Vertragseingang der Beklagte bereits als Pächter bezeichnet. Die Miethöhe wurde mit brutto € 3.808,00 vereinbart.
3
Frau W. und der Beklagte schlossen am 29.06.2019 einen Nachtrag, in dem nur noch der Beklagte als Pächter aufgeführt wird. In Ziffer I. entspricht der Inhalt dem Nachtrag vom 28.12.2018. Im Nachtrag vom 29.06.2019, vorgelegt als K 5, heißt es unter II.: „Das Pachtverhältnis verlängert sich ab 01.07.2019 um weitere 3 Jahre, mit beidseitiger Optionsmöglichkeit um weitere 5 Jahre. Die Kündigung des Pachtverhältnisses ist mit einer Frist von 6 Monaten zum Vertragsende beidseitig möglich.“
4
Mit Schreiben vom 30.06.2020 kündigte die Klägerin, die seit dem 18.05.2020 Eigentümerin des Anwesens ist, den Pachtvertrag ordentlich zum 30.06.2021.
5
Der Beklagte zahlte im Zeitraum von Januar bis September 2021 keine Pacht.
6
Die Klägerin kündigte wegen des Zahlungsrückstands das Pachtverhältnis mit Schreiben vom 16.06.2021 und vom 23.09.2021 außerordentlich.
7
Mit der Klage vom 17.06.2021 verlangte die Klägerin Räumung und Herausgabe der Mietflächen sowie die Zahlung von € 15.232,00. Der Rückstand an Pacht bis einschließlich Juni 2021 betrage € 22.848,00. Es werde nur ein Teilbetrag verlangt.
8
Das Landgericht hat den Beklagten mit dem angegriffenen Urteil antragsgemäß verurteilt.
9
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München II vom 11.10.2021 Bezug genommen.
10
Mit der Berufung verfolgt der Beklagte seinen erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung weiter.
11
Er beantragt,
das am 11.10.2021 unter dem Aktenzeichen 2 O 2125/21 verkündete und am 19.10.2021 zugestellt Urteil des Landgerichts München II zu ändern und die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
12
Die Klägerin beantragt,
Die Berufung wird zurückgewiesen.
13
Der Senat hat am 14.02.2022 und am 25.04.2022 Hinweise erteilt.
II.
14
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 11.10.2021, Aktenzeichen 2 O 2125/21, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
15
Zur Begründung wird auf die vorausgegangenen Hinweise des Senats Bezug genommen. Auch die Ausführungen in den Gegenerklärungen geben zu einer Änderung keinen Anlass.
16
1. Zu den Zeitpunkten des Ausspruchs der außerordentlichen Kündigungen vom 16.06.2021 und vom 23.09.2021 lagen jeweils zur Kündigung berechtigende Rückstände vor. Nach den Feststellungen des Landgerichts bestand ab Mai 2021 wieder die Möglichkeit die Gaststätte zu betreiben. Gleichwohl hat der Beklagte bis einschließlich September 2021 keine Miete gezahlt.
17
Selbst wenn die Klägerin den neuen Vortrag des Beklagten zum Anpassungsverlangen und zur Stundung unstreitig stellen würde, folgt daraus nichts anderes. Denn die Voraussetzungen für eine Anpassung der Miete lagen überhaupt nur in dem kurzen Zeitraum zwischen Anpassungsverlangen und der Möglichkeit der Wiedereröffnung vor. Für diesen Zeitraum ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte im Oktober 2021 Corona-Hilfen erhalten hat. Es käme also allenfalls in den Monaten März und April 2021 eine geringe Herabsetzung der Miete in Betracht. Das berührt den Zahlungsanspruch der Klägerin nicht, da sie nur eine Teilklage erhoben hat.
18
Sofern die Parteien eine Vereinbarung über eine Stundung der Mieten getroffen haben, betraf diese auch nur die Mieten bis einschließlich April 2021. Der Beklagte konnte die behaupteten Äußerungen des Geschäftsführers der Klägerin nicht dahin verstehen, dass auch die Mieten für die Zeiträume gestundet seien, in denen keine Corona-Hilfen mehr gezahlt werden.
19
Der Beklagte kann auch nicht mit Rückzahlungsansprüchen aus dem Jahr 2020 aufrechnen. Er hat zu Anpassungsverlangen im Jahr 2020 nichts vorgetragen, so dass die Miete nicht herabgesetzt war.
20
2. Auch wenn die Vereinbarung vom 29.06.2019 wirksam ist, endet das Mietverhältnis aufgrund der ordentlichen Kündigung der Klägerin in jedem Fall zum 30.06.2022. Der Senat legt diese Vereinbarung dahin aus, dass beide Mietvertragsparteien das Mietverhältnis ordentlich zum 30.06.2022 kündigen können, wenn die Option durch die jeweils andere Seite ausgeübt wird.
21
Denn die Regelung erhält erst im Falle der Ausübung der Option durch die andere Seite einen Anwendungsbereich. Ohne Ausübung der Option endet das Mietverhältnis in jedem Fall zum 30.06.2022. Und nach Ausübung der Option endete es zum 30.06.2027. In beiden Fällen bedarf es keiner Kündigung.
22
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
23
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
24
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48, 41 GKG bestimmt (Jahresbetrag der Bruttopacht ohne Nebenkosten € 2.618,00 x 12 = € 31.416,00 zzgl. Zahlungsantrag € 15.232).