Titel:
Erfolgloser Eilantrag gegen Versagung der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
AufenthG § 31, § 59, § 81
Leitsätze:
1. Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nur dann statthaft, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels ein zunächst eingetretenes fiktives Bleiberecht nach § 81 AufenthG beendet hat. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Frage eines inlandsbezogenen (§ 60a Abs. 2 AufenthG) oder zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses (§ 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG) erlangt erst bei der Vollstreckung der Abschiebungsandrohung Bedeutung. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Eilantrag, Versagung eines Aufenthaltstitels, rechtzeitige Antragstellung (verneint), fiktives Bleiberecht, Abschiebungsandrohung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 15.07.2022 – 19 CS 22.845
Fundstelle:
BeckRS 2022, 47876
Tenor
I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis.
2
Die Antragstellerin, chinesische Staatsangehörige, heiratete am 20. März 2002 den ebenfalls chinesischen Staatsangehörigen Herrn W. Am 5. November 2013 reiste die Antragstellerin erstmals in das Bundesgebiet ein und meldete sich im Meldeamt der Stadt L* … an. Als Nachweis ihres rechtmäßigen Aufenthaltes legte sie einen spanischen Aufenthaltstitel (keine langfristige Aufenthaltsberechtigung) vor. Zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Aufenthaltstitels lebte ihr Ehemann in Spanien, wo er eine langfristige Aufenthaltsberechtigung erworben hatte. Herr W. war am 3. Mai 2012 erstmals ins Bundesgebiet eingereist; zu diesem Zeitpunkt war er im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG. Am 5. Dezember 2013 beantragte die Antragstellerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug gemäß § 30 AufenthG, die ihr am gleichen Tag (gültig bis 18.8.2014) erteilt wurde. Verlängerungen erfolgten am 6. August 2014 und am 4. August 2016. Am 28. Juni 2018 legte die Antragstellerin zur Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis unter anderem einen Arbeitsvertrag mit der A* … GmbH, Straubing, als Reinigungskraft (seit 1.12.2016) vor; zu diesem Zeitpunkt hatte die Antragstellerin in … Straubing, bereits eine Nebenwohnung (Mietvertrag vom 1.1.2018, beginnend ab 1.1.2018). Am gleichen Tag wurde der Antragstellerin eine Fiktionsbescheinigung (gültig bis 28.9.2018) ausgestellt und in der Folge bis zum 26. September 2019 verlängert. Am … 2019 verstarb der Ehemann der Antragstellerin. Am 30. September 2019 beantragte die Antragstellerin die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis bei der Ausländerbehörde der Stadt L* … Am 18. Dezember 2019 wurde ihr eine Fiktionsbescheinigung (gültig bis 17.3.2020) ausgestellt. Eine Verlängerung erfolgte am 7. Januar 2020 (gültig bis 6.1.2021), wobei das Aufenthaltsrecht auf § 31 Abs. 1 AufenthG umgestellt wurde.
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Ausweislich der Behördenakte nahm die Antragstellerin am 12. Juli 2021 mit der Ausländerbehörde der Stadt L* … Kontakt auf (Bl. 148). Ab 23. Juli 2021 wurden die Biometriedaten aufgenommen und weitere Unterlagen eingereicht. Eine Bearbeitung des Verlängerungsantrags erfolgte seitens der Stadt L* … nicht mehr.
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Am 19. Juli 2021 wurde die Antragstellerin von der Ausländerbehörde der Stadt L* … von Amts wegen ab 19. Juli 2021 nach Straubing, … (alleinige Wohnung), abgemeldet.
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Per E-Mail vom 19. Oktober 2021 teilte die Stadt L* … auf Nachfrage der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin mit, dass nicht nachvollzogen werden könne, weshalb kein Antrag bzw. Vermerk vorhanden sei. Nach dortigen Informationen sei erstmals am 12. Juli 2021 Kontakt aufgenommen worden, weshalb von einer Antragstellung an diesem Tag ausgegangen werde. Auf Nachfrage hinsichtlich der weit verspäteten Antragstellung sei mitgeteilt worden, dass die Antragstellerin die Behörde mehrmals kontaktiert, jedoch nie erreicht habe. Auch während Corona sei die Erreichbarkeit (postalisch, telefonisch, E-Mail) der Ausländerbehörde stets gegeben gewesen, weshalb dies als Schutzbehauptung gewertet werden könne.
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Mit Schreiben vom 19. Oktober 2021 wurde die Antragstellerin von der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin aufgefordert, ihren abgelaufenen chinesischen Nationalpass sowie ihren am 6. Januar 2021 abgelaufenen Aufenthaltstitel dort persönlich vorzulegen.
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Mit Schreiben vom 20. Oktober 2021 wurde der Antragstellerin die aufenthaltsrechtliche Situation erläutert und diese aufgefordert, Gründe bezüglich der nicht rechtzeitigen Beantragung der Verlängerung vorzutragen. Am 27. Oktober 2021 zeigte der Bevollmächtigte unter Übersendung von Kopien des Passes und des Aufenthaltstitels der Antragstellerin seine Vertretung an und bat um Akteneinsicht.
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Am 8. November 2021 legte die Antragstellerin nach neuerlicher Aufforderung vom 28. Oktober 2021 ihren Aufenthaltstitel sowie eine – undatierte – Bestätigung des Chinesischen Generalkonsulats München über eine dortige Beantragung einer Passerneuerung nebst beglaubigter Übersetzung bei der Ausländerbehörde vor. Ihr abgelaufener chinesischer Nationalpass befinde sich aktuell im Konsulat in München, da sie einen neuen Nationalpass beantragt habe.
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Mit Schreiben vom 19. November 2021 äußerte sich der Bevollmächtigte dahingehend, dass die Antragstellerin nach dem Tod ihres Ehegatten erst habe lernen müssen, allein mit den alltäglichen Umständen und auch den behördlichen Anforderungen umzugehen und sich im gesellschaftlichen System der Bundesrepublik zurechtzufinden. Ausweislich ihrer Erklärung habe sie im November 2020 eine Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis bei der Ausländerbehörde in L* … beantragt und danach niemanden telefonisch erreichen können. Sie sei im guten Glauben gewesen, alles ausreichend in die Wege geleitet haben. Erst aus Anlass ihres anstehenden Umzugs habe sie sich veranlasst gesehen, nochmals bei der Ausländerbehörde bezüglich des Aufenthaltstitels nachzufragen. Weiter vorgelegt wurde die benannte Erklärung der Antragstellerin, wonach diese am 20. November 2020 zur Ausländerbehörde zum Zwecke einer Terminvereinbarung gegangen sei. Coronabedingt sei sie gebeten worden, wegen einer Terminvereinbarung anzurufen oder zu schreiben. Am selben Tag habe sie einen Brief geschrieben und an die Ausländerbehörde L* … geschickt und die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis beantragt. Nachdem sie lange auf die Antwort gewartet habe, habe sie die Ausländerbehörde erneut mehrmals angerufen, jedoch immer noch niemanden erreicht. Sie habe sich erst am 12. Juli 2021 in Straubing angemeldet. Also am 2. August 2021 habe sie ein Freund zur Ausländerbehörde zur Erledigung der Formalitäten begleitet.
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Mit Schreiben vom 30. November 2021 wurde der Bevollmächtigte zu den beabsichtigten Maßnahmen angehört und die Möglichkeit eröffnet, weitere Nachweise vorzubringen. Ein Schreiben der Antragstellerin vom 20. November 2020 liege nicht vor. Im Falle von Nachweisen sollten die entsprechenden Unterlagen unverzüglich nachgereicht werden. Am fraglichen 20. November 2020 sei die Ausländerbehörde L* … regulär geöffnet gewesen und hätten mehrere Personen einen Vorsprachetermin gehabt. Die Ausländerbehörde L* … habe versichert, während der Corona-Pandemie regelmäßig besetzt gewesen zu sein und Telefonate, Post oder E-Mails seien ständig bearbeitet worden. Nachweise über die vielen Telefonversuche (z.B. Anruflisten über den Telefonanbieter) könnten gerne vorgelegt werden. Sofern die Antragstellerin angebe, sich am 12. Juli 2021 in Straubing angemeldet zu haben, entspreche dies nicht den Erkenntnissen. Die Antragstellerin habe in der Vergangenheit in L* … ihren Haupt- und in Straubing ihren Nebenwohnsitz gehabt. Da die Antragstellerin nach Feststellung der Stadt L* … dort tatsächlich nicht gewohnt habe, sei ihr Hauptwohnsitz von Amts wegen abgemeldet worden und der Nebenwohnsitz in Straubing zum Hauptwohnsitz geworden. Dieser technische Zuständigkeitswechsel sei durch die Meldebehörden am 19. Juli 2021 vollzogen worden. Bezüglich des Todes des Ehegatten der Antragstellerin sei anzumerken, dass der zuletzt ausgestellte Aufenthaltstitel (Antrag vom 30.9.2019) bereits nach diesem Zeitpunkt regulär beantragt worden war, die Vorgehensweise also bekannt sei, und es sich bei der Antragstellerin um eine Geschäftsfrau handle. In der Folge könne nicht von einer Frau ausgegangen werden, die hier Probleme habe, sich zurechtzufinden. Allenfalls seien bei der letzten Vorsprache sprachliche Defizite festgestellt worden. Um Vorlage tatsächlicher Nachweise hinsichtlich von Bemühungen für eine rechtzeitige Antragstellung werde gebeten. Im Falle der Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck seien die entsprechenden Nachweise, z.B. berufliche Qualifikationen, vorzulegen. Eine Reaktion auf das Anhörungsschreiben erfolgte trotz Fristverlängerung nicht.
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Mit Bescheid vom 20. Januar 2022, dem Bevollmächtigten zugestellt am 21. Januar 2022, lehnte die Stadt Straubing den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab (Ziffer 1). Die Antragstellerin ist verpflichtet, das Bundesgebiet innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung des Bescheids verlassen. Widrigenfalls wurde ihr die Abschiebung in die Volksrepublik China oder in einen anderen Staat, in den sie einreisen darf oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Ziffer 2). Im Falle einer Abschiebung wurde ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet und auf die Dauer von 18 Monaten, beginnend mit der Ausreise, befristet (Ziffer 3). Auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis fänden dieselben Vorschriften Anwendung wie auf die Erteilung. Am 7. Januar 2020 sei der Antragstellerin zuletzt ein Aufenthaltstitel als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht, für ein Jahr gemäß § 31 Abs. 1 AufenthG verlängert worden. Diese Aufenthaltserlaubnis sei bis 6. Januar 2021 befristet gewesen. Erst am 12. Juli 2021 (mehr als sechs Monate nach Ablauf) habe die Antragstellerin mit der Ausländerbehörde Kontakt aufgenommen, weshalb hier von einer Antragstellung ausgegangen werde. Eine Verlängerung scheide bereits deshalb aus, weil die Geltungsdauer der zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis schon vor Beantragung der Verlängerung abgelaufen sei. Der Systematik des Aufenthaltsgesetzes würde es widersprechen, eine bereits abgelaufene Aufenthaltserlaubnis mit Rückwirkung vor dem Zeitpunkt der Antragstellung zu verlängern. Die Antragstellerin habe keine Tatsachen vortragen, Nachweise vorlegen oder glaubhaft machen können, die belegten, warum ihr eine rechtzeitige Antragstellung im Sinne des § 81 Abs. 4 Satz 3 AufenthG nicht möglich gewesen sei oder die Fristüberschreitung lediglich auf Fahrlässigkeit beruht habe. Zum anderen habe die Antragstellerin die Frist zur Antragstellung nicht nur geringfügig, sondern um mehr als sechs Monate überschritten. Ein Zeitraum von über einem halben Jahr könne auch unter Anlegung großzügiger Maßstäbe nicht mehr als geringfügig angesehen werden. Weiterhin könne nicht erkannt werden, dass die rechtzeitige Antragstellung nur aus bloßer Fahrlässigkeit versäumt worden sei, sondern die Antragstellerin habe unter Missachtung sowohl ihrer Mitwirkungspflicht aus § 82 Abs. 1 AufenthG als auch unter gröblichem Verstoß gegen eigene Sorgfaltsobliegenheiten diesen Zeitraum verstreichen lassen, ohne sich in ersichtlicher Weise um die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu bemühen. Der Nationalpass sei ebenfalls am 27. März 2021 abgelaufen. Bis heute liege kein gültiger Nationalpass vor. Erst am 8. November 2021 sei ein Nachweis über die Beantragung eines neuen Nationalpasses vorgelegt worden. Auch hier sei die Antragstellerin ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht rechtzeitig nachgekommen. Der Hinweis, dass sich in der Vergangenheit der verstorbene Ehemann um diese Dinge gekümmert habe, überzeuge nicht. Bereits der zuletzt ausgestellte Titel sei nach dem Tod des Ehegatten beantragt und bearbeitet worden. Weiterhin habe die Antragstellerin bereits davor mehrere Aufenthaltstitel erhalten, weshalb davon auszugehen sei, dass ihr die ausländerrechtlichen Verfahren bekannt seien. Folglich ergebe sich kein Anspruch auf Anordnung der Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG bzw. auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Verlängerungsantrag. Denn eine unbillige oder gar außergewöhnliche Härte stelle die Versagung der Verlängerung bzw. Neuerteilung des Aufenthaltstitels nicht dar. Etwas anderes ergebe sich auch nicht nach § 85 AufenthG. Ausweislich der amtlichen Überschrift solle die Norm nur bei der Berechnung von Aufenthaltszeiten zur Anwendung kommen. Auch eine Verlängerung nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG sei aus Rechtsgründen nicht möglich, da die Verlängerung eines Verwaltungsaktes begrifflich dessen Wirksamkeit voraussetze. Eine Neuerteilung sehe § 31 AufenthG (weder nach Abs. 1 noch nach 4 Satz 2) nicht vor. In der Folge seien auch die weiteren Erteilungsvoraussetzungen nicht geprüft worden. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke einer Beschäftigung werde abgelehnt. Bis zuletzt sei die Antragstellerin einer Teilzeitbeschäftigung als Reinigungskraft bei der Firma J* … GmbH, nachgegangen und habe hierbei einen Bruttoverdienst in Höhe von 500,00 EUR erzielt. Trotz entsprechender Aufforderung in der Anhörung vom 30. November 2021 seien bisher keine Nachweise über die berufliche Qualifikation vorgelegt worden und ergäben sich aus den Unterlagen auch keine entsprechenden Hinweise, weshalb die Möglichkeit der Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Beschäftigung als Fachkraft ausgeschlossen werde. Eine Möglichkeit nach der Beschäftigungsverordnung hier einen Beschäftigungstitel im Sinne des § 19c Abs. 1 AufenthG aufgrund des vorliegenden Arbeitsvertrages zu erteilen, könne nicht erkannt werden und sei auch nicht vorgetragen worden. Da neben der Teilzeitbeschäftigung durch den Steuerberater der Antragstellerin bestätigt worden sei, dass diese über erhebliche Einnahmen durch Vermietung und Verpachtung verfüge, werde geprüft, ob die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 21 Abs. 1 AufenthG möglich sei. Der Erwerb von Immobilienvermögen in Deutschland mit dem Ziel, dieses in Deutschland zu verwalten, stelle keine selbstständige Tätigkeit im Sinne der Norm dar. Betreffend der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Beschäftigung und einer Aufenthaltserlaubnis nach § 21 AufenthG setze die Erteilung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG die Einreise mit einem erforderlichen Visum voraus. Dies sei auch bei einer Wiedereinreise notwendig, aber auch im Falle einer Neuerteilung, wenn der bisherige Aufenthaltstitel abgelaufen sei und es keine Fortgeltungswirkung im Sinne des § 81 Abs. 4 AufenthG gebe. Von dieser zwingenden Erteilungsvoraussetzungen könne auch nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden, weil die für die Antragstellerin infrage kommenden Aufenthaltserlaubnisse nach § 19c AufenthG oder § 21 AufenthG nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur nach Ermessen würden erteilt werden können und sie damit keinen Anspruch im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG habe und weil nicht erkennbar sei, weshalb der Antragstellerin eine Rückkehr in ihr Heimatland zur Nachholung eines Visumsverfahrens nicht würde zumutbar sein sollen. Eine Ausnahme im Sinne von § 99 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG i.V.m. §§ 39 ff. AufenthV sei nicht erkennbar und es seien auch keine Gründe vorgetragen worden. Was die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG betreffe, setze die Annahme einer rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise (deutlich) mehr voraus als üblicherweise mit der Aufenthaltsbeendigung und der Rückkehr in die Volksrepublik China verbundene Schwierigkeiten. Aus Art. 6 Abs. 1 GG ergebe sich vorliegend kein Abschiebungsverbot. Familiäre Belange seien weder vorgetragen worden noch ergäben sich hier Hinweise aus den ausländerrechtlichen Unterlagen. Belange aus Art. 8 Abs. 1 EMRK (Schutz des Privatlebens) seien vorliegend nicht in einer Weise berührt, sodass ihre Beeinträchtigung durch die Ausreisepflicht gemessen an Art. 8 Abs. 2 EMRK unzumutbar erscheinen würde und damit ein rechtliches Abschiebungshindernis auslöse. Die Antragstellerin könne nicht als faktische Inländerin gelten. Es liege zwar ein Aufenthalt im Bundesgebiet von insgesamt mehr als acht Jahren vor, aber aufgrund ihres Alters (* … Jahre) habe sie einen weit überwiegenden Teil des Lebens (* … Jahre) nicht im Bundesgebiet verbracht. Bis zum Ablauf des Titels sei die Antragstellerin zwar im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen und auch strafrechtliche Verstöße seien nicht erkennbar. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Integration sei anzumerken, dass hier zuletzt eine unqualifizierte Beschäftigung mit einem kleinen Einkommen vorliege, aber sonst keine weitere berufliche Qualifikation. Aufgrund des Alters sei auch nicht anzunehmen, dass sich die berufliche und wirtschaftliche Situation noch wesentlich verändere. Nach vorliegenden Erkenntnissen beziehe die Antragstellerin auch eine Regelaltersrente in Höhe von … EUR. Ob durch diese Einkünfte und durch die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung eine dauerhafte Lebensunterhaltssicherung vorliege, werde nicht abschließend beurteilt, da es im Ergebnis nicht von ausschlaggebendem Gewicht sei. Bezüglich der Sprachkenntnisse sei festzustellen, dass eine Vorsprache nur mit einem Dolmetscher möglich gewesen sei. In der Folge könnten keine ausreichenden Sprachkenntnisse für einen berechtigten Daueraufenthalt im Bundesgebiet festgestellt werden. Eine Unmöglichkeit der Reintegration in die Volksrepublik China könne nicht erkannt werden. Die Antragstellerin spreche die Sprache ihres Heimatlandes und verfüge über ein Einkommen, mit welchem sie in China leben könne. Auch Gründe, die gegen eine Rückkehr nach China würden vorliegen können, seien weder vorgetragen worden und auch nicht erkennbar. Die Annahme einer Unzumutbarkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Aspekt des durch Art. 8 EMRK geschützten „Privatlebens“ werde eine abgeschlossene und gelungene Integration des Ausländers in die Lebensverhältnisse in Deutschland voraussetzen werden, was hier nicht erkennbar sei. Gründe, dass eine freiwillige Ausreise oder auch eine Abschiebung in die Volksrepublik China tatsächlich nicht möglich seien, lägen ebenfalls nicht vor. Auch die Möglichkeit zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf einer anderen Rechtsgrundlage sei vorliegend nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Die zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis sei bis zum 6. Januar 2021 gültig gewesen. In der Folge halte sich die Antragstellerin seit dem 7. Januar 2021 unerlaubt im Bundesgebiet auf. Weiterhin sei sie mit Ablauf des letzten Titels kraft Gesetzes vollziehbar ausreisepflichtig. Der am 12. Juli 2021 gestellte Antrag auf Erteilung/Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis löse nicht die gesetzliche Fiktionswirkung im Sinne des § 81 Abs. 4 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 AufenthG aus. In der Folge bleibe die Antragstellerin vollziehbar ausreisepflichtig. § 85 AufenthG regle keine Art von Wiedereinsetzung, die über einen verspäteten Verlängerungsantrag würde hinweghelfen können. Sie könne somit nicht die Entstehung einer vollziehbaren Ausreisepflicht infolge eines verspäteten Verlängerungsantrags verhindern. Für einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet werde die Antragstellerin einen Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 AufenthG benötigen werden, den sie jedoch nicht besitze. Tatbestände für eine gesetzliche Befreiung seien nicht erfüllt. Die gesetzte Ausreisefrist von 30 Tagen sei der bisherigen Aufenthaltsdauer angemessen. Sie ermögliche es der Antragstellerin, die zur Ausreise erforderlichen Vorbereitungen zu treffen. Würde die Antragstellerin nachweisen sollen, dass sie mehr als 30 Tage benötige, um ihren chinesischen Nationalpass endgültig zu bekommen, könne die Frist für die freiwillige Ausreise verlängert werden. Die Abschiebungsandrohung beruhe auf § 59 AufenthG. Weitere Sachverhalte, die ein gesetzliches Verbot der Abschiebung zur Folge haben würden oder die Abschiebung hinderten, oder weitere Duldungsgründe nach § 60a AufenthG, seien nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht bekannt. Die Wirkungen einer Abschiebung würden für die Dauer von 18 Monaten befristet. Die Fristbemessung sei unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse erfolgt und werde als angemessen, aber auch ausreichend gesehen, um den mit der Abschiebung verfolgten Zweck zu erreichen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids verwiesen.
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Hiergegen ließ die Antragstellerin am 21. Februar 2022 Klage (RN 9 K 22.419) erheben und vorliegenden Eilantrag stellen. Ausweislich der Ausländerakte habe die Antragstellerin im Jahr 2013 erfolgreich den Integrationskurs durchlaufen und ihr Lebensunterhalt sei gesichert. Am 20. November 2020 habe ein Bekannter der Antragstellerin, Herr …, die Antragstellerin zur Ausländerbehörde L* … begleitet, um ihr bei der Verlängerung des Aufenthaltstitels (sprachlich) zu helfen. Beide seien an diesem Tag von einer Mitarbeiterin des Sicherheitsdienstes der Ausländerbehörde pandemiebedingt nicht eingelassen worden, da sie keinen Termin gehabt hätten. Sie würden sich zunächst einen Termin beschaffen haben sollen. An den folgenden Tagen habe Herr … im Beisein und Auftrag der Antragstellerin mehrfach versucht, bei der Ausländerbehörde anzurufen, um einen Termin zum Zweck der Aufenthaltsverlängerung zu machen. Da niemand zu erreichen gewesen sei, habe Herr … der Antragstellerin geholfen, ein Schreiben an die Ausländerbehörde zu fertigen, in welchem die Antragstellerin um Verlängerung des Aufenthaltsrechts und um einen entsprechenden Termin bei der Ausländerbehörde gebeten habe. Diesen Brief habe Herr … selbst kuvertiert und in den Briefkasten der Ausländerbehörde geworfen. Die Antragstellerin habe in der Folgezeit noch mehrmals erfolglos versucht, die Ausländerbehörde zu erreichen, und habe als Ursache hierfür die Corona-Pandemie vermutet. Erst im Juli 2021 habe sie die Ausländerbehörde erreicht und sich am 2. August 2021 dort vorgestellt. Sie habe die Maßgabe erhalten, beim Termin noch fehlende Unterlagen (Arbeits- und Mietvertrag, Lohnbescheinigungen und Krankenversicherungsnachweis) nachzureichen, was sie dann auch getan habe. Durch eine Ummeldung des Wohnsitzes der Antragstellerin von Amts wegen habe die Zuständigkeit im Oktober 2021 zum Antragsgegner nach Straubing gewechselt. Im Rahmen der dortigen Weiterbearbeitung der Aufenthaltsakte sei aufgefallen, dass ein Antrag auf Verlängerung des Aufenthalts nicht aktenkundig sei, und die Antragstellerin sei wegen der beabsichtigten Ablehnungsentscheidung angehört worden. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß §§ 31, 81 AufenthG bestehe, da die Antragstellerin rechtzeitig vor Ablauf des Aufenthaltstitels im Januar 2021 einen Antrag auf Verlängerung gestellt habe. In der Folge seien auch die weiteren Maßnahmen aufzuheben. Hinsichtlich des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO seien Gegenstand des Antrags die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage sowohl gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis (Ziffer 1) als auch gegen die nach Art. 21 Abs. 1 VwZVG als Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung kraft Gesetzes nach Ablauf der Ausreisefrist sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung (Ziffer 2). Die gebotene Interessenabwägung ergebe, dass das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin gegenüber dem Vollzugsinteresse Vorrang genieße. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache seien in ausreichendem Umfang gegeben, da der Zeuge Herr … die rechtzeitige Beantragung der Verlängerung des Aufenthalts bezeugen könne.
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Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 21.02.2022 gegen den Bescheid vom 20.01.2022 (Az. …*) anzuordnen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis scheide bereits deshalb aus, weil deren Geltungsdauer bereits vor Beantragung der Verlängerung abgelaufen sei. Bei verspäteter Antragstellung könne lediglich im Falle des § 81 Abs. 4 Satz 3 AufenthG zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung angeordnet werden. Von einem solchen Härtefall könne nur in atypischen Fällen ausgegangen werden. Seitens der Antragstellerin sei nicht vorgetragen worden, weshalb ihre Situation im Vergleich zu ähnlichen Sachlagen einen derart schwerwiegenden Nachteil darstelle, um einen solchen Härtefall würde annehmen zu können. Entgegen den Gesetzgebungsmaterialien und wie bereits im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt, sei die Frist hier nicht nur geringfügig und nicht nur aus Fahrlässigkeit überschritten worden. Der Zeitraum von mehr als sechs Monaten könne nicht mehr als geringfügig angesehen werden. Entsprechend der gesetzlichen Mitwirkungspflicht sei es Aufgabe des Ausländers, Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen, welche die unbillige Härte begründeten. Die vorgebrachten Äußerungen der Antragstellerin reichten hier nicht aus. So werde lediglich pauschal vorgetragen, dass es im Zeitraum von November 2020 bis Juli 2021 nicht möglich gewesen sei, die Ausländerbehörde der Stadt L* … zu erreichen. In der Akte fänden sich weder Briefe an die Ausländerbehörde noch Anfragen per E-Mail. Auch habe die Antragstellerin zum Beispiel keine gesendeten E-Mails oder andere Nachweise vorlegen können, welche eine versuchte Kontaktaufnahme belegten. Auf Nachfrage der Stadt Straubing hätten die Kollegen aus L* … mitgeteilt, dass die Ausländerbehörde trotz Pandemie jedenfalls postalisch, per Telefon oder E-Mail erreichbar gewesen sei. Dass die Antragstellerin über diesen langen Zeitraum keinerlei Rückmeldung erhalten habe, stelle eine reine Schutzbehauptung und keinen glaubhaften Nachweis dar.
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Mit Schreiben vom 3. Februar 2022 wurde der Antragstellerin eine Grenzübertrittsbescheinigung übersandt und die Frist zur freiwilligen Ausreise bis 20. März 2022 verlängert.
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Auf Nachfrage der Ausländerbehörde teilte das Chinesische Generalkonsulat München am 9. Februar 2022 mit, dass der Passantrag mangels vollständiger Unterlagen noch in Bearbeitung sei und die Antragstellerin demnächst kontaktiert werde, um den Prozess abzuschließen.
18
Ausweislich eines handschriftlichen Vermerks auf der Niederschrift über die persönliche Vorsprache der Antragstellerin am 21. Februar 2022 habe diese eine Erklärung über die freiwillige Ausreise nicht abgeben wollen.
19
Nach richterlichem Hinweis teilte der Bevollmächtigte am 11. März 2022 unter Vorlage einer schriftlichen Erklärung von Herrn … vom 8. März 2022 und eines Fotos der Antragstellerin von ihrem Antragsschreiben ergänzend mit, dass Herr … bereit sei, seine schriftlichen Angaben eidesstattlich zu versichern. Auf das Schreiben im Übrigen sowie die beigefügten Unterlagen wird verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte in Eil- und Hauptsache verwiesen.
21
Der Eilantrag hat keinen Erfolg.
22
1. Die rechtzeitige Antragstellung auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG konnte nicht glaubhaft oder jedenfalls als überwiegend wahrscheinlich dargelegt werden (vgl. hierzu etwa Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 125; HK-VerwR/Achim Bostedt, 5. Aufl. 2021, VwGO § 80 Rn. 163 m.w.N.), was sich sowohl auf die diesbezügliche Statthaftigkeit des Antrags als auch auf dessen Begründetheit auswirkt. Während die Antragstellerin vorträgt, einen Brief an die ehemals zuständige Ausländerbehörde der Stadt L* … gerichtet und in der Folge mehrfach erfolglos versucht zu haben, die Ausländerbehörde telefonisch zu erreichen, findet sich in der vorgelegten Behördenakte nachweislich kein solches Schreiben. Darin enthalten ist lediglich ein Vermerk auf dem Stammblatt der Stadt L* …, wonach am 12. Juli 2021 ein Termin für den 2. August 2021 vereinbart worden sei und die Antragstellerin die Behörde anscheinend nicht hätte erreichen können, weil wegen Corona immer besetzt gewesen sei. Auch sofern nunmehr ein Foto eines Schreibens der Antragstellerin, bei welchem es sich um das benannte Schreiben an die Ausländerbehörde handeln soll, vorgelegt wird, ergibt sich daraus schon nicht, dass dieses tatsächlich der Ausländerbehörde, welche auch nicht als Adressat aufgeführt wird, zugegangen ist. Auch bleibt unklar, ob dieses Schreiben tatsächlich am Tag des darauf angegebenen Datums (26.11.2020) gefertigt wurde. Zudem erschließt sich nicht, warum dieses Foto nicht bereits im Verwaltungsverfahren – in welchem der Bevollmächtigte ausdrücklich zur Vorlage von Nachweisen betreffend die Antragstellung aufgefordert worden ist – und auch im Klageverfahren erst nach gerichtlichem Hinweis vorgelegt wurde. Der Beweiswert des Fotos ist damit bereits in Frage gestellt. Unabhängig davon erweist sich der Vortrag der Antragstellerseite insgesamt als in sich widersprüchli* … Das nunmehr in Form eines Fotos vorgelegte Schreiben ist auf den 26. November 2020 datiert. Zwar geht dies konform mit der ebenfalls vorgelegten schriftlichen Erklärung von Herrn … vom 8. März 2022, wonach er das Schreiben am 27. November 2020 persönlich in den Briefkasten der Ausländerbehörde eingeworfen hat. Gleichwohl steht es in deutlichem Widerspruch zu den Angaben der Antragstellerin selbst. So trug diese in ihrer vom Bevollmächtigten an die Ausländerbehörde weitergeleiteten Mitteilung – in welcher sich im Übrigen keinerlei Hinweis auf eine Unterstützung durch Herrn … bei Fertigung des Schreibens findet – (Bl. 192 d. A.) vor, sie habe noch am 20. November 2020 nach Abweisung durch den Sicherheitsdienst der Ausländerbehörde mangels Termins einen Brief an die Ausländerbehörde geschrieben und dorthin geschickt, während in der Klage-/Antragsbegründung nunmehr unter Zeugenbeweis – und im Wesentlichen deckungsgleich mit der schriftlichen Erklärung vom 8. März 2022 – ausgeführt wird, der Zeuge Herr … habe den Brief selbst kuvertiert und bei der Ausländerbehörde eingeworfen. Dies sei auch nicht am 20. November 2020 erfolgt, sondern erst, nachdem die Antragstellerin und Herr … „an den folgenden Tagen“ mehrfach versucht hätten, die Ausländerbehörde der Stadt L* … telefonisch zu erreichen. Weiterhin gibt die Antragstellerin in ihrer schriftlichen Erklärung an die Ausländerbehörde an, dass Herr … sie am 2. August 2021 und nicht bereits am 20. November 2020 zur Ausländerbehörde begleitet habe.
23
Erweist sich ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nur dann als statthaft, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels ein zunächst eingetretenes fiktives Bleiberecht nach § 81 AufenthG beendet hat, wenn also der Aufenthalt nach Stellung des Antrags auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels nach § 81 AufenthG zunächst als erlaubt oder als geduldet galt, d.h. die gesetzliche Erlaubnis- oder Duldungsfiktion ausgelöst hat (vgl. u.a. VGH Baden-Württemberg, B.v. 11.12.2013 – 11 S 2077/13 – juris), ist dies ist vorliegend nicht der Fall, da – wie ausgeführt – die rechtzeitige Beantragung der Verlängerung am 20. November 2020 bzw. in den darauffolgenden Tagen nicht zur Überzeugung des Gerichts bzw. jedenfalls mit überwiegenden Wahrscheinlichkeit belegt werden kann. Zum Zeitpunkt der gesicherten Kontaktaufnahme am 12. Juli 2021 war die Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin bereits seit mehreren Monaten erloschen.
24
Soweit der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO im Übrigen auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, Art. 21a VwZVG) gerichtet ist, erweist er sich dagegen als statthaft. Gegen die Ausreisefrist wendet sich der Antrag ersichtlich nicht.
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2. Soweit der Antrag zulässig ist, erweist er sich als unbegründet.
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Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall eines gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) ganz oder teilweise anordnen und im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob diejenigen Interessen, die für einen gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, weil er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt, wobei auch zu berücksichtigen ist, ob es sich um den Fall eines gesetzlich oder eines behördlich angeordneten Sofortvollzugs handelt.
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Gemessen daran überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der gegenständlichen Maßnahme. Denn bei summarischer Prüfung wird die in der Hauptsache erhobene Klage erfolglos bleiben, da von der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung (Ziffer 2) auszugehen ist Zu messen ist die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung an § 59 AufenthG. Die Voraussetzungen des § 59 AufenthG sind erfüllt. Die Antragstellerin ist gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig, da sie keinen erforderlichen Aufenthaltstitel mehr besitzt. In Ziffer 1) des streitgegenständlichen Bescheids hat die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung ihrer bis 6. Januar 2021 gültigen Aufenthaltserlaubnis abgelehnt. Da es sich hierbei um einen Fall einer kraft Gesetzes entstehenden Ausreisepflicht handelt, ist diese auch – wenngleich für den Erlass einer Abschiebungsandrohung nicht vorausgesetzt (vgl. Haedicke, HTK-AuslR / § 59 AufenthG /Ausreisepflicht, Stand: 5.10.2020, Rn. 3) – im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar. Selbst wenn vorliegend von einer Fortgeltungsfiktion nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ausgegangen würde (siehe hierzu unter 1.), wäre diese mit der Ablehnung entfallen (vgl. Zeitler, HTK-AuslR / § 81 AufenthG / zu Abs. 3 und 4, Stand: 27.5.2021, Rn. 45). Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen (§ 59 Abs. 3 AufenthG). Die Frage eines inlandsbezogenen (§ 60a Abs. 2 AufenthG) oder zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) erlangt erst bei der Vollstreckung der Abschiebungsandrohung Bedeutung (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2020 – 10 ZB 19.2452 – juris Rn. 6 m. w. N.).
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Der Antrag war danach mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung von Nr. 8.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.