Inhalt

LG Landshut, Endurteil v. 08.09.2022 – 53 O 227/22
Titel:

Keine Ansprüche gegen Audi wegen des dort entwickelten, hergestellten und eingebauten 3,0-Liter-Motors (hier: Audi A 5, drei Audi A 6)

Normenketten:
BGB § 249, § 823 Abs. 2, § 826
Fahrzeugemissionen-VO Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
Leitsätze:
1. Vgl. zu 3,0 Liter-Motoren von Audi mit unterschiedlichen Ergebnissen auch: BGH BeckRS 2021, 37683; BeckRS 2022, 21374; KG BeckRS 2023, 2608; OLG Bamberg BeckRS 2023, 10858; BeckRS 2023, 10853; BeckRS 2023, 11790; OLG Brandenburg BeckRS 2022, 32170; OLG Braunschweig BeckRS 2022, 28824; BeckRS 2022, 27100; OLG Nürnberg BeckRS 2023, 5896; BeckRS 2023, 5895; BeckRS 2023, 8575; BeckRS 2023, 9333; OLG Zweibrücken BeckRS 2022, 39887; BeckRS 2022, 39888; BeckRS 2022, 18797; BeckRS 2022, 34107; BeckRS 2022, 36850; OLG München BeckRS 2022, 43580; BeckRS 2023, 7833; BeckRS 2022, 36080 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1); OLG Bamberg BeckRS 2022, 28703 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1) sowie OLG Brandenburg BeckRS 2021, 52227 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1). (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Entwicklung eines Thermofensters reicht für sich nicht aus, um einen Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu begründen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Aussetzung des Rechtsstreits oder eine Vorlage an den EuGH ist im Hinblick auf die eindeutige Rechtsprechung des BGH zu den im Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Ravensburg aufgeworfenen Fragen nicht veranlasst. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, Audi AG, 3.0 l V6 Dieselmotor, EA 896 Gen2, unzulässige Abschalteinrichtung, sittenwidrig, Thermofenster, ins Blaue hinein, KBA, Vorabentscheidungsersuchen
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Endurteil vom 18.04.2023 – 5 U 6046/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 47676

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 13.742,43 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Klagepartei macht Schadensersatz wegen des Kaufs von vier Dieselfahrzeugs geltend.
2
Die Klagepartei kaufte am 12.06.2014 einen – am 03.03.2012 einen –), am 15.11.2013 einen –) und am 13.06.2014 einen –), mit einem Kilometerstand von jeweils 0 km, in welchem jeweils ein Dieselmotor verbaut ist. Der Dieselmotor der Fahrzeuge ist in die Euro5-Norm eingestuft. Die interne Bezeichnung des Motors lautet EA896Gen2.
3
Die Motorsteuerung des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist mit einem so genannten Thermofenster versehen, welche die Abgasrückführung (AGR) abhängig von der Umgebungstemperatur steuert.
4
Die Klagepartei meint, bei dem Fahrzeug seien unzulässige Abschalteinrichtungen i.S.d. Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 unter anderem in Gestalt des Thermofensters, und einer Prüfstandserkennung / „Aufheizstrategie“ verbaut. Sie sei von der Beklagten vorsätzlich und sittenwidrig i.S.v. § 826 BGB geschädigt worden, indem diese im streitgegenständlichen Fahrzeug vorsätzlich mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut und das Fahrzeug trotzdem und unter Verschweigen deren Funktionsweise in Verkehr gebracht habe. Die Beklagte habe positive Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der verwendeten Abschaltvorrichtungen und damit Schädigungsabsicht gehabt. Des Weiteren habe die Beklagte auch gemäß § 831 Abs. 1 Satz 1, 249 BGB für den entstandenen Schaden einzustehen.
5
Die Klagepartei beantragt,
1. Die Beklagtenseite wird verurteilt an die Klägerseite für die Fahrzeuge mit den FIN: ... einen Betrag in Höhe von 13.742,43 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.12.2021 zu zahlen.
2. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite die außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.519,10 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
6
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
7
Die Beklagte behauptet, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei. Das Fahrzeug sei auch nicht „manipuliert“ und bei dem Fahrzeug würden keine Zulassungsprobleme gleich welcher Art drohen. Insofern sei der Klägerin auch kein Schaden entstanden.
8
Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.
9
Zur Vervollständigung des Tatbestands wird verwiesen auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, sowie sonstige Aktenteile.

Entscheidungsgründe

10
Die zulässige Klage ist unbegründet.
11
Der Klagepartei stehen gegen die Beklagte keinerlei Ansprüche zu.
12
1. Ein Anspruch nach § 826 BGB wegen eines im Fahrzeug verbauten Thermofensters scheitert daran, dass das Inverkehrbringen des mit einem Thermofenster ausgestatteten Fahrzeugs nicht als sittenwidrige Handlung zu bewerten ist (OLG München, Beschluss vom 10.02.2020 – 3 U 7524/19).
13
Sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB ist ein Verhalten, das aus seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dabei genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19). Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, welche die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (BGH, a.a.O.).
14
Danach stellt das Verhalten der Beklagten, ein mit einem sogenannten Thermofenster ausgestattetes Fahrzeug in den Verkehr zu bringen unabhängig davon, ob es sich um eine objektiv unzulässige Abschalteinrichtung handelt, jedenfalls keine sittenwidrige Handlung dar. Bei dem Thermofenster, das grundsätzlich im normalen Fahrbetrieb gleichermaßen arbeitet wie auf dem Prüfstand, und bei dem Motor- und Bauteilschutz als Rechtfertigung ernsthaft in Erwägung gezogen werden können, kann ohne konkrete Anhaltspunkte nicht einfach angenommen werden, dass die Verantwortlichen bei der Beklagten in dem Bewusstsein gehandelt hatten, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. In Anbetracht der kontroversen Diskussion über Inhalt und Reichweite der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a VO (EG) 2007/715 muss eine möglicherweise falsche, aber dennoch vertretbare Gesetzesauslegung und -anwendung durch die Organe der Beklagten in Betracht gezogen werden (wenn es sich bei dem Thermofenster überhaupt um eine objektiv unzulässige Abschalteinrichtung handeln sollte). Eine Sittenwidrigkeit käme daher hier nur in Betracht, wenn über die bloße Kenntnis von der Verwendung eines Thermofensters hinaus zugleich Anhaltspunkte dafür ersichtlich wären, dass die Beklagte dabei einen Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen hatte. Sollte die Beklagte die Rechtslage jedoch fahrlässig verkannt haben, würde es ihr an dem für die Sittenwidrigkeit in subjektiver Hinsicht erforderlichen Bewusstsein der Rechtswidrigkeit fehlen (vgl. OLG München aaO).
15
Die diesbezüglichen Ausführungen in der Klageschrift sind lediglich pauschal und differenzieren insbesondere nicht zwischen der Kenntnis eines Thermofensters, die ggf. unterstellt werden kann, und dem Bewusstsein einer Rechtswidrigkeit, welches nicht ohne weitere Anhaltspunkte angenommen werden kann. Insbesondere ist eine Täuschung über das Thermofenster, welches im Prüfstand gleichermaßen arbeitet wie im Normalbetrieb, nicht erkennbar. Dass sich Schadstoffausstoß und Kraftstoffverbrauch im Prüfstand und Normalbetrieb ggf. trotzdem unterscheiden, ist dabei ohne Belang. Der Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, für den Prüfstand bestimmte standardisierte Bedingungen (NEFZ) vorzugeben. Wenn die Bedingungen im Straßenbetrieb hiervon abweichen und dies zu erhöhten Schadstoffwerten oder einem erhöhten Kraftstoffverbrauch führt, das Thermofenster aber im Straßenbetrieb wie im Prüfstand gleichermaßen arbeitet, kann von den erhöhten Werten im Normalbetrieb nicht auf eine Täuschungsabsicht oder ein Rechtswidrigkeitsbewusstsein der Beklagten geschlossen werden.
16
Diese Auffassung des Gerichts hat nunmehr der BGH auch bestätigt. Im Beschluss vom 19.01.2021 (Az. VI ZR 433/19) hat er ausdrücklich festgehalten, dass die Entwicklung eines Thermofensters für sich nicht ausreicht, um einen Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu begründen. Der BGH hat diese Situation deutlich von der Entscheidung zum EA189-Motor der Beklagten abgegrenzt. In seinen Urteilen vom 16.09.2021 (Az.. VII ZR 190/20, 286/20, 321/20 und 322/20) hat er diese Rechtsprechung wiederholt und bekräftigt.
17
Der BGH hat in diesem Beschluss auch nicht die Feststellung getroffen, dass ein Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt, sondern dies explizit offen gelassen: Er hat lediglich zugunsten des Klägers unterstellt, dass ein Thermofenster unzulässig wäre. Eine eindeutige Entscheidung darüber hat er gerade nicht getroffen (s.a. Rn. 19 des Beschlusses: „zu dem – hier unterstellten – Verstoß“).
18
Soweit der BGH im genannten Beschluss die Sache an das Berufungsgericht zur Prüfung weiterer Umstände zurückverwiesen hat, welche eine Sittenwidrigkeit noch begründen können, etwa unzutreffende Angaben im Typgenehmigungsverfahren, sieht das Gericht keine Veranlassung hierzu weitere Feststellungen zu treffen. Die Klagepartei beschränkt sich in seinem Vortrag auf die allgemeinen, aus den EA189-Verfahren bekannten Erwägungen zur Haftung der Beklagten für die Verfehlungen ihrer Organe und Angestellten. Der Vortrag der Klagepartei erfolgt daher erkennbar ins Blaue hinein ohne jede Substanz und vor allem ohne jede Berücksichtigung der Tatsache, dass davon auszugehen ist, dass die Beklagte als Entwicklerin des EA188-Motors eine Weiterung des Skandals vermeiden wollte.
19
Entsprechend der Entscheidung vom BGH vom 30.07.2020 (Az. VI ZR 5/20) ist außerdem zu berücksichtigen, dass auch das Verhalten den Beklagten als Schädigerin nach Aufdeckung des Skandals zu berücksichtigen ist. Auf eventuelle schädigende/sittenwidrige Handlungen der Beklagten vor Bekanntwerden des Skandals kommt es nicht mehr an. Die Beklagte hat überobligatorisch die Überprüfung des im streitgegenständlichen Motor verbauten Thermofensters dem KBA ermöglicht und daher der zuständigen Behörde die entsprechenden Daten offengelegt. Eine Beanstandung des Thermofensters ist durch das KBA nicht erfolgt.
20
Daher teilt das Gericht auch nicht die Auffassung des BGH (a.a.O., Rn. 24), man müsse entsprechende Handlungen der Organe oder Angestellten der Beklagten gegenüber dem KBA aufklären, da dies zum einen nicht mehr relevant ist, zum anderen nach Meinung des Gerichts auch nicht mehr relevant werden kann, da der Vorwurf der Sittenwidrigkeit im Kern in der Entwicklung der Motor-/Abgasreinigungs-Steuerung liegt, d.h. im Falle des EA189-Motors in der Anwendung einer Prüfstandserkennung mit Umschaltlogik. Eine solche liegt aber hier nicht vor. Wenn aber bereits in diesem Handlungsstadium eine Sittenwidrigkeit nicht begründet werden kann, dürfte es auf eine Angabe im Typgenehmigungsverfahren für die Frage einer Sittenwidrigkeit nicht ankommen.
21
In den genannten Urteilen des BGH vom 16.09.2021 sah der BGH im Übrigen keine Notwendigkeit zur Zurückverweisung mehr.
22
2. Dasselbe gilt zur Überzeugung des Gerichts auch für weitere behauptete unzulässige Abschalteinrichtungen.
23
Soweit die Klagepartei neben dem Thermofenster weitere in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Abschalteinrichtungen behauptet, welche zwischen Rollenprüfstand und normalen Fahrbetrieb unterscheiden und abhängig davon den Schadstoffausstoß unterschiedlich gestalten würden, scheitern etwaige Ansprüche der Klagepartei (etwa aus § 826 BGB, § 823 Abs. 2 i.V.m § 263 StGB bzw. § 27 EG-FVG) bereits daran, dass das Gericht nicht vom Vorhandensein einer entsprechenden Abschalteinrichtung überzeugt ist.
24
Der diesbezügliche Vortrag der Klagepartei erfolgte letztlich pauschal und „ins Blaue hinein“, so dass eine Beweiserhebung über diese Behauptungen der Klagepartei auf einen in der ZPO nicht vorgesehenen Ausforschungsbeweis hinausliefe. Zwar ist bei der Annahme eines willkürlichen Sachvortrags Zurückhaltung geboten und ein solcher nur im Ausnahmefall anzunehmen, da es einer Partei auch möglich sein muss, im Zivilprozess Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genaue Kenntnis besitzt, die sie nach Lage der Dinge aber für wahrscheinlich hält. Eine unzulässige Ausforschung ist aber dennoch gegeben, wenn eine Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich auf's Geratewohl Behauptungen aufstellt (BGH, Urteil vom 20.09.2002 – V ZR 170/01, NJW-RR 69, 70). Solche greifbaren Anhaltspunkte für die von der Klagepartei behauptete illegale Abschalteinrichtung liegen jedoch nicht vor.
25
Darüber hinaus gelten die oben angestellten Überlegungen zum Thermofenster auch in gleicher Weise für den weiteren klägerischen Vortrag. Zudem ist der Vortrag auch unsubstantiiert und ins Blaue hinein; beim angebotenen Sachverständigenbeweis handelt es sich um eine zivilprozessual unzulässige Ausforschung.
26
3. Im Übrigen kommt auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6, 27 EG-FGV deshalb nicht in Betracht, weil den Vorschriften bereits der Schutzcharakter fehlt (OLG München, Beschluss vom 10.01.2020 – 3 U 5980/19). Eine Norm ist dann als Schutzgesetz anzusehen, wenn sie zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Bei diesen Vorschriften handelt es sich nicht um Normen mit Drittschutzwirkung für den Autokäufer. Bei Vorschriften, die wie hier Richtlinien umsetzen, kommt es nach der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung insofern maßgeblich auf den Inhalt und Zweck der Richtlinie – hier also RL 2007/46/EG – an. Diese zielt nicht auf den Schutz der Vermögensinteressen der Fahrzeugkäufer ab, sondern auf die Harmonisierung des Binnenmarktes und in diesem Zusammenhang auf hohe Verkehrssicherheit, hohen Schutz der Umwelt und der Gesundheit, rationale Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung.
27
4. Ein Anspruch der Klagepartei nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 5 Abs. 2, 3 Nr. 10 der VO Nr. 715/2007 scheitert im Übrigen daran, das diesen Vorschriften der Schutzgesetzcharakter fehlt (OLG München, Beschluss vom 10.01.2020 – 3 U 5980/19). Ziel der VO (EG) 715/2007 ist nämlich die Harmonisierung des Binnenmarktes bzw. die Vollendung des Binnenmarktes durch Einführung gemeinsamer technischer Vorschriften zur Begrenzung von Fahrzeugemissionen. Soweit auch ein hohes Umweltschutzniveau und die Reinhaltung der Luft bezweckt werden, geht es ausweislich der Ausführungen unter (7) der Verordnung nicht um individuelle Interessen, sondern um umwelt- und gesundheitspolitische Ziele. Dies ergibt sich auch daraus, dass unter (7) die Ziele in Beziehung gesetzt werden zu den Auswirkungen der Emissionsgrenzwerte auf die Märkte und die Wettbewerbsfähigkeit von Herstellern (OLG München, aaO)
28
5. Im übrigen teilen die Nebenforderungen das Schicksal der Hauptforderung. Der Klagepartei steht mangels Hauptsacheanspruchs auch kein Anspruch auf Zinsen und Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu.
29
6. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 S. 1 und S. 2, 3 ZPO, 48 GKG.
30
Eine Aussetzung des Rechtsstreits oder eine Vorlage an den EuGH im Hinblick auf das dortige Verfahren C – 100/21 erscheint dem Gericht im Hinblick auf die eindeutige Rechtsprechung des BGH zu den im Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Ravensburg aufgeworfenen Fragen nicht veranlasst. Eine zwingende Vorlagepflicht des Landgerichts oder eine Pflicht zur Aussetzung des Rechtsstreits besteht nicht.