Titel:
Zugewinnausgleich, Ehevertrag, Pflichtverletzung, Zugewinngemeinschaft, Kostenfolge, Eheleute, Vereinbarung, Antragsteller, Anlage, Steuerberater, Kenntnis, Auflage, Kostenberechnung, Ausschluss, keinen Erfolg
Schlagworte:
Zugewinnausgleich, Ehevertrag, Pflichtverletzung, Zugewinngemeinschaft, Kostenfolge, Eheleute, Vereinbarung, Antragsteller, Anlage, Steuerberater, Kenntnis, Auflage, Kostenberechnung, Ausschluss, keinen Erfolg
Rechtsmittelinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 21.03.2022 – 12 T 3865/21
OLG Nürnberg, Beschluss vom 09.05.2022 – 8 W 855/22
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 19.04.2023 – XII ZB 234/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 47549
Tenor
1. Der Antrag des Antragstellers vom 25.06.2021 wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert für das Verfahren wird auf 57.199,39 festgesetzt.
Gründe
1
1. Mit seinem Antrag vom 25.06.2021 begehrt der Antragsteller eine Entscheidung des Landgerichts nach § 127 GNotKG über die Kostenberechnung der Notarin B. St. vom 05.05.2021 (Anlage K1) über 57.199,39 € für die Beurkundung einer ehevertraglichen Vereinbarung.
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2. Die Antragsgegnerin beurkundete am 05.05.2020, URNr. ... die Aufhebung einer ehevertraglichen Vereinbarung und dinglicher Rechte sowie eine neue ehevertragliche Vereinbarung zwischen dem Antragsteller und seiner Ehefrau K. M.-G..
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Der zu Urkunde des Notars Dr. O. F2. vom 24.10.2011, URNr. ... (Anlage K2) geschlossene bisherige Ehevertrag des Antragstellers und seiner Ehefrau sah als Güterstand eine modifizierte Zugewinngemeinschaft dergestalt vor, dass das Betriebsvermögen beider Ehegatten dem Zugewinnausgleich sowie den güterrechtlichen Verfügungsbeschränkungen vollumfänglich entzogen sein sollte. Der Vertrag enthielt zudem einen wechselseitigen Erb- und Pflichtteilsverzicht.
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Mit E-Mail vom 07.06.2019 (Anlage B2) zeigte Frau Rechtsanwältin I. D. der Antragsgegnerin die anwaltliche Vertretung des Antragstellers an und bat, den bisherigen Ehevertrag des Antragstellers mit Frau M. zu ändern. Insbesondere sollten die Wahl der modifizierten Zugewinngemeinschaft aufgehoben und Gütertrennung vereinbart, Zugewinnausgleichsansprüche wechselseitig ausgeschlossen und die Reglung zum Ehegattenunterhalt geändert werden.
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In der Folge fertigte die Antragsgegnerin insgesamt sechs Vertragsentwürfe, die sowohl den Eheleuten selbst als auch Frau Rechtsanwältin D., Rechtsanwalt Dr. H., der als Mediator für die Eheleute tätig war sowie dem Steuerberater des Antragstellers zu Kenntnis gelangten. Es wurden zahlreiche Änderungen der Entwürfe gewünscht und umgesetzt, die jedoch nie die Vereinbarung des Güterstandes der Gütertrennung betrafen. Auch fanden Besprechungen mit den Beteiligten bezüglich der Gestaltung statt. In den Besprechungen wurde die vorgesehene Regelung zur Gütertrennung nicht thematisiert. Über die Kostenfolge der beabsichtigten Regelung erkundigte sich der Antragsteller nicht.
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3. Der Antragsteller wendet sich gegen seine Inanspruchnahme durch die oben bezeichnete Kostenberechnung mit der Begründung, die Antragsgegnerin habe bei der Bewertung der Vereinbarung zur Gütertrennung rechtsfehlerhaft das modifizierte Reinvermögen der Eheleute gem. § 100 Abs. 1 GNotKG in Ansatz gebracht. Tatsächlich habe die Regelung jedoch nur das Privatvermögen der Eheleute betroffen, da das Betriebsvermögen der Eheleute bereits durch den früheren Ehevertrag dem Zugewinnausgleich und den güterrechtlichen Verfügungsbeschränkungen entzogen gewesen sei. Es hätte daher eine Bewertung nach § 100 Abs. 2 GNotKG erfolgen müssen.
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Überdies stelle die Wahl der konkreten Gestaltung eine Pflichtverletzung der Antragsgegnerin dar. Diese wäre verpflichtet gewesen, statt der Vereinbarung von Gütertrennung die kostengünstigere und gleichwertige Gestaltung durch Bestätigung der bisherigen Reglung mit Ergänzung um einen Zugewinnausgleichsverzicht auch für das Privatvermögen der Eheleute zu wählen. Zumindest aber hätte sie den Antragsteller auf diese Möglichkeit hinweisen müssen. In jedem Fall hätte sie den Antragsteller auf die Kostenfolge der getroffenen Regelung hinweisen müssen.
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4. Zur Ergänzung wird auf sämtliche wechselseitigen Schriftsätze einschließlich der Anlagen Bezug genommen. Die Notarkasse hat unter dem 14.10.2021 ihre Stellungnahme abgegeben, insofern wird auf Blatt 45 – 49 der Akte Bezug genommen.
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1. Der Antrag ist zulässig gemäß §§ 127, 136 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG, insbesondere ist die Jahresfrist des § 127 Abs. 2 Satz 1 GNotKG gewahrt worden.
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2. Der Rechtsbehelf hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die angegriffene Kostenberechnung erweist sich als rechtmäßig und ist nicht nach § 21 GNotKG niederzuschlagen.
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3. Eine Niederschlagung kommt zunächst einmal nicht unter dem Gesichtspunkt der fehlerhaften Bewertung des Beurkundungsgegenstands in Betracht. Die Antragsgegnerin hat die getroffene ehevertragliche Vereinbarung rechtsfehlerfrei gem. § 100 Abs. 1 GNotKG unter Ansatz des modifizierten Reinvermögens beider Ehegatten bewertet.
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§ 100 GNotKG regelt die Tatbestände für güterrechtliche Angelegenheiten, namentlich Eheverträge und Vereinbarungen über güterrechtliche Ansprüche im engeren Sinne abschließend.
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Hauptanwendungsfall des von § 100 Abs. 1 GNotKG geprägten Ehevertragsbegriffs ist die vertragliche Wahl des Güterstandes. Dieser gleichgestellt sind ehevertragliche Vereinbarungen, mit denen die Ehegatten die Zugewinngemeinschaft aufheben oder Zugewinnausgleichsansprüche vollständig ausschließen, so dass der Güterstandwechsel gem. § 1414 BGB kraft Gesetzes eintritt (vgl. BayObLG, Beschluss vom 23.07.1987 – 3 Z 64/87; Tiedtke in: Korintenberg, Gerichts- und Notarkostengesetzt, 22. Auflage 2022, § 100 GNotKG Rn. 13, 16). Aber auch strukturelle Modifikationen eines Güterstands fallen in den Anwendungsbereich des § 100 Abs. 1 GNotKG.
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§ 100 Abs. 2 GNotKG ist einschlägig, wenn eine Modifikation bestimmte bereits vorhandene Vermögenswerte betrifft bzw. bestimmte güterrechtliche Ansprüche betroffen sind. Er kommt per se nur in Betracht, wenn kein – stets unter § 100 Abs. 1 GNotKG zu subsumierender – Güterstandswechsel vereinbart wird (Tiedtke in: Korintenberg, Gerichts- und Notarkostengesetzt, 22. Auflage 2022, § 100 GNotKG Rn. 1; Reez/Riss in: Leipziger Gerichts- & Notarkosten-Kommentar, § 100 Rn. 21, vorgelegt als Anlage K16). Die betroffenen Vermögenswerte müssen im Ehevertrag grundsätzliche bestimmt sein. Bloße Bestimmbarkeit reicht aber aus, wenn objektive eine hinreichende Abgrenzung vom allgemeinen Vermögen möglich ist (Pfeiffer in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt/Pfeiffer, 4. Aufl. 2021, GNotKG § 100 Rn. 12).
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Vorliegend hatten der Antragsteller und seine Ehefrau zunächst ehevertraglich den Güterstand der Zugewinngemeinschaft beibehalten, diesen jedoch dahingehend modifiziert, dass das Betriebsvermögen beider Ehegatten dem Zugewinnausgleich entzogen sein sollte. Die nun ausdrücklich getroffene Wahl des Güterstands der Gütertrennung stellt einen Wechsel vom Güterstand der strukturell veränderten Zugewinngemeinschaft zum Güterstand der Gütertrennung und damit eindeutig einen Anwendungsfall des § 100 Abs. 1 GNotKG dar. § 100 Abs. 2 GNotGK ist wegen eben dieses Güterstandswechsels unanwendbar. Welche Vermögenswerte von der Neuregelung tatsächlich betroffen werden, kann bei der Bewertung daher keine Berücksichtigung finden. § 100 Abs. 1 GNotKG lässt keinen Raum für die Berücksichtigung von Teilwerten.
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4. Eine Niederschlagung kommt aber auch nicht unter dem Gesichtspunkt der pflichtwidrigen Wahl einer teureren anstatt einer ebenso geeigneten günstigeren Vertragsgestaltung in Betracht, da es keine kostengünstigere und ebenso sichere Gestaltungsmöglichkeit gab.
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Die vom Antragsteller angeführte Möglichkeit, die bereits bestehende ehevertragliche Regelung zum Ausschluss des Zugewinnausgleichs bezüglich der Betriebsvermögen der Ehegatten zu bestätigen und lediglich um einen Ausschluss des Zugewinnausgleichs bezüglich des Privatvermögens der Ehegatten zu ergänzen, stellt keine kostengünstigere Vertragsgestaltung dar. Denn diese Regelung hätte in ihrer Gesamtschau zur Folge, dass – wie auch von den Partien gewollt – beiderseitig jegliche Zugewinnausgleichsansprüche zwischen den Ehegatten ausgeschlossen wären. In diesem Fall, würde jedoch § 1414 S. 2 Alt. 1 BGB eingreifen, so dass es kraft Gesetzes zu einem Wechsel in den Güterstand der Gütertrennung käme. Auch diese ehevertragliche Regelung wäre somit unter Ansatz des modifizierten Reinvermögens beider Ehegatten gem. § 100 Abs. 1 GNotKG zu bewerten (vgl. BayObLG, Beschluss vom 23.07.1987 – 3 Z 64/87; Tiedtke in: Korintenberg, Gerichts- und Notarkostengesetzt, 22. Auflage 2022, § 100 GNotKG Rn. 13, 16).
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Selbst wenn es bei ausdrücklicher Beibehaltung des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft und unter Aufrechterhaltung der Verfügungsbeschränkungen bezüglich des Privatvermögens der Ehegatten nicht zu einem Güterstandswechsel nach § 1414 S. 2 Alt. 1 BGB käme – wobei umstritten ist, ob eine solche vertragliche Gestaltung zulässig ist (vgl. Münch in: MüKo BGB, 8. Auflage 2019, § 1414 Rn. 1 m.w.N.) –, so läge doch durch den Ausschluss des Zugewinnausgleichs bezüglich des Privatvermögens, welches keinen, vom allgemeinen Vermögen abgrenzbaren bestimmten Vermögensgegenstand im Sinne des § 100 Abs. 2 GNotKG darstellt, eine strukturelle Veränderung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft vor. In der Folge wäre auch diese Regelung nach § 100 Abs. 1 GNotKG und nicht § 100 Abs. 2 GNotKG zu bewerten. Im übrigen dürfte diese Gestaltung angesichts der Unsicherheit bezüglich ihrer Zulässigkeit nicht als gleichwertige Gestaltung anzusehen sein.
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5. Schließlich hat die Antragsgegnerin die ihr obliegenden Pflichten auch nicht dadurch verletzt, dass sie den Antragsgegner nicht auf die konkrete Kostenfolge der gewählten Gestaltung hingewiesen hat.
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Grundsätzlich trifft den Notar keine Belehrungspflicht über die mit dem beurkundeten Rechtsgeschäft einhergehenden Kosten. Es wird als allgemein bekannt angesehen, dass die Tätigkeit eines Notars Gebühren auslöst.
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Im Einzelfall kann der Notar allerdings dennoch zu einem Hinweis bezüglich der Kosten verpflichtet sein. Dies setzte jedoch voraus, dass die konkrete Situation zu einem solchen Hinweis Anlass gibt. Das ist etwa der Fall, wenn konkret nach den Kosten gefragt wird oder der Notar Grund zur Annahme hat, die Parteien unterliegen bezüglich der Gebührenfolge einem Irrtum (Regler in: BeckOGK, Stand 01.12.2021, § 17 BeurkG, § 17 Rn. 91f).
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Umstände, die eine Hinweispflicht bezüglich der Kosten im vorliegenden Fall hätten auslösen können, sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat sich weder der Antragsteller, noch einer der von ihm mandatierten Anwälte zu irgendeinem Zeitpunkt im Laufe der länger andauernden Vertragsgestaltung über die Kostenfolge erkundigt oder zu erkennen gegeben, dass diese in irgendeiner Weise von Bedeutung sei. Noch hatte die Antragstellerin Anlass zur Annahme, der im Geschäftsleben erfahrene und umfangreich rechtlich beratene Antragsteller irre über die Gebührenfolge der Beurkundung.
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6. Der Geschäftswert bestimmt sich nach der Höhe der gegenständlichen Kostenberechnung.