Titel:
Anspruch auf Zahlung von Umplanungskosten der lichten Weite einer Eisenbahnüberführung, Eisenbahnkreuzungsvereinbarung, Einigungsgebot, Veranlassung einer Umplanung, Kostenmasse, Verjährung
Normenketten:
EBKrG § 3 Nr. 3
EBKrG § 5
EBKrG § 12 Abs. 1 Nr. 1
EBKrV § 1 1.
EBKrV § 2 1.
EBKrV § 4 Abs. 1 1.
Schlagworte:
Anspruch auf Zahlung von Umplanungskosten der lichten Weite einer Eisenbahnüberführung, Eisenbahnkreuzungsvereinbarung, Einigungsgebot, Veranlassung einer Umplanung, Kostenmasse, Verjährung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 47415
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 35.656,89 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr seit 8. Januar 2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu 5/6 und die Klägerin zu 1/6 zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Zahlung von Kosten durch die Beklagte, die durch eine Umplanung eines Gehwegs für die Änderung einer Eisenbahnüberführung entstanden sind.
2
Die Klägerin, ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Baulastträgerin der Eisenbahnstrecke Buchloe – Lindau, plante die Erneuerung der seit dem Jahr 1903 bestehenden Eisenbahnüberführung in Bahn-km ... der Eisenbahnstrecke von Buchloe nach Lindau im Ortsbereich der Beklagten aufgrund deren Alters und Zustands. Im Zuge der Erneuerung der Eisenbahnüberführung beabsichtigte die Beklagte die Anpassung des entsprechenden Teilabschnitts u.a. der Gemeindeverbindungsstraße „...“, die die vorgenannte Eisenbahnstrecke bei Bahn-km ... kreuzt, an den vorhandenen bzw. prognostizierten Bedarf. Die Kreuzung ist dabei als Eisenbahnüberführung ausgeführt worden.
3
Mit Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 20. Januar 2014 entschied sich diese für die Straßenneubau – Variante 4 der von „... Ingenieure“ vorgestellten verschiedenen Ausbauvarianten – „geschwungene Linienführung, angehängte Gehwege“ – mit beidseitigen Gehwegen an der die Eisenbahnüberführung kreuzenden Straße „...“. Ausweislich des Gemeinderatsbeschlusses strebt die Beklagte
4
„(…) das Verlangen auf Erweiterung der lichten Weite des Bauwerkes auf 11,45 m und Erweiterung der lichten Höhe des Bauwerks auf 4,50 m an.“
5
Die Planung der Änderung der Eisenbahnüberführung erfolgte auf Grundlage des Gemeinderatsbeschlusses vom 20. Januar 2014; die Vorplanung wurde am 20. Juni 2014 abgeschlossen und am 23. Juli 2014 im Rathaus der Beklagten vorgestellt.
6
Mit Schreiben der Beklagten vom 1. Dezember 2014 an die Klägerin wies diese darauf hin, dass in Anbetracht der künftigen finanziellen Leistungsfähigkeit der Beklagten die Situation der derzeitigen Vorplanung grundsätzlich überdacht werden müsse. Die Vorplanung müsse unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Beklagten angepasst und ein umsetzbares Konzept für die weitere Entwurfsplanung abgestimmt werden. Dazu wurde um Darstellung einer Mindestlösung hinsichtlich der lichten Weite und Höhe der Eisenbahnüberführung gebeten. Die Beklagte gehe davon aus, dass erst bei einer Überschreitung der angefragten Mindestweite von 8,5 m ein gemeindliches Verlangen vorliege. Erst nach Klärung von Gesprächen mit der Regierung von ... über mögliche Zuwendungen des Freistaats Bayern könnten verbindliche Aussagen zur Entwurfsplanung und Finanzierbarkeit des Anteils der Beklagten getätigt werden; zur Absicherung der Finanzierbarkeit werde dann die Vereinbarung nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz (EBKrG) benötigt.
7
Am 18. Dezember 2014 erwiderte die Klägerin auf das Schreiben der Beklagten, die Genehmigungsplanung werde Ende Januar 2015 fertiggestellt und im Februar 2015 beim Eisenbahn-Bundesamt die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens beantragt. Die Vergrößerung der lichten Weite stelle eine Maßnahme nach § 3 Nr. 3 EBKrG dar, die die Beklagte verlangt habe. Dieses Änderungsverlangen der Beklagten erfordere den Abbruch und die Neuerrichtung des Bauwerks, wodurch die beabsichtigte Erneuerung der Eisenbahnüberführung überholt werde. Grundlage einer zu schließenden Vereinbarung über die Änderungsmaßnahme werde § 12 Abs. 1 Nr. 1 EBKrG sein; der Einwand mangelnder Leistungsfähigkeit sei im Kreuzungsrecht nicht ausschlaggebend. Einen Entwurf der Kreuzungsvereinbarung werde die Beklagte Ende Januar 2015 erhalten.
8
Mit einer E-Mail vom 23. Februar 2015 der Klägerin an den 1. Bürgermeister der Beklagten wurden die voraussichtlichen Umplanungskosten von zwei auf einen Gehweg beziffert, die von der Beklagten zu tragen wären.
9
Mit Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 13. April 2015 bat diese um Übersendung des Kreuzungsvertrags und der Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren; weder sei eine Zustimmung zur Aufnahme eines Planfeststellungsverfahrens, noch zur Entwurfs- bzw. Vorplanung des Brückenbauwerks erteilt worden. Eine Zustimmung zur Entwurfsplanung sei vom Erhalt des Kreuzungsvertrags abhängig gemacht worden.
10
Am 10. August 2015 fasste die Beklagte folgenden Gemeinderatsbeschluss:
11
„Die derzeitigen Unterlagen zur Eisenbahnüberführung ... bei der DB und IB ... werden ohne Berücksichtigung des östlichen Fußwegs aktualisiert. Entsprechend gibt die Gemeinde eine Stellungnahme zur Eisenbahnüberführung ... ohne östlichen Fußweg im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens der DB ab. Die Unterlagen zum Entwurf der Kreuzungsvereinbarung sind auf den Stand ohne östlichen Fußweg zu aktualisieren.“
12
Mit Schreiben des 1. Bürgermeisters der Beklagten vom 12. August 2015 an die Klägerin, in dem die fehlende Förderfähigkeit eines östlichen Fußwegs dargelegt wurde, teilte dieser u.a. mit:
13
„(…) Daher bitten wir Sie, die derzeitigen Planunterlagen sowie den Entwurf der Kreuzungsvereinbarung ohne Berücksichtigung des östlichen Gehwegs zu aktualisieren.“
14
Am 20. August 2015 gab die Beklagte folgende Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren ab:
15
„Die Gemeinde ... stimmt einer Aufweitung in lichter Weite von 8,90 m und einer lichten Höhe von 4,50 m zu.“
16
Mit E-Mail des Ingenieurbüros ... an den 1. Bürgermeister der Beklagten vom 10. November 2015 wurden Angaben über die Gestaltung des Querschnitts der Eisenbahnüberführung in der weiteren Planung nach Wegfall des östlichen Gehwegs gemacht. Der 1. Bürgermeister der Beklagten bestätigte mit Schreiben vom 2. Dezember 2015 die in der E-Mail enthaltenen Maße und Angaben.
17
Von Herbst 2015 bis März 2016 wurde von der Klägerin im Hinblick auf den Wegfall des östlichen Gehwegs eine Tekturplanung durchgeführt.
18
Jeweils am 15. April 2016, am 10. Mai 2016 sowie am 17. Mai 2016 unterzeichneten u.a. die Klägerin und die Beklagte die Vereinbarung über eine Eisenbahnkreuzungsmaßnahme nach §§ 3, 12.1 EKrG – EÜ in Bahnkm ... über die Straße „...“ auf der Bahnstrecke 5362 Buchloe – Lindau.
19
Am 22. Juli 2016 erfolgte die abschließende Stellungnahme der Regierung von ... zum Planfeststellungsverfahren nach Durchführung des Anhörungsverfahrens. Danach habe die Beklagte mit Schreiben vom 24. Mai 2016 die Gelegenheit gehabt, zu den Tektur-Planunterlagen Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme im Rahmen der erneuten Beteiligung sei nicht erfolgt; mit Abschluss der Kreuzungsvereinbarung hätten sich die Einwendungen der Beklagten erledigt. Das Eisenbahn-Bundesamt erließ am 8. September 2016 einen Planfeststellungsbeschluss gemäß § 18 AEG für das „Maßnahmenbündel ...“. Dieser ist seit dem 8. Oktober 2016 bestandskräftig.
20
Mit Schreiben vom 1. September 2016 stellte die Klägerin der Beklagten Planänderungskosten für die Umplanung von zwei Gehwegen zu einem Gehweg in Rechnung. Der Zahlbetrag wurde dabei insgesamt auf 35.656,89 Euro beziffert.
21
Die Beklagte widersprach mit Schreiben vom 21. September 2016 der Rechnung, da die Gesamtplanung am 21. Januar 2015 zur Planfeststellung eingereicht worden sei, ohne dass von Seiten der Beklagten eine Zustimmung zur Entwurfsplanung vorgelegen habe. Es sei vereinbart gewesen, dass die Zustimmung zur Entwurfsplanung endgültig gegeben werde, wenn die Kreuzungsvereinbarung bzw. ein Entwurf dieser vorliege. Auf den Entwurf habe die Beklagte fast ein Jahr warten müssen.
22
Die Klägerin trat dem Schreiben der Beklagten vom 21. September 2016 mit Schreiben vom 8. November 2016 entgegen.
23
Die Baumaßnahmen an dem bezeichneten Streckenabschnitt wurden im Jahr 2017 durchgeführt. Diese wurden ausweislich der Abnahmeniederschrift am 24. August 2018 anerkannt.
24
Mit Schreiben vom 25. November 2019 widersprach die Beklagte erneut der Rechnung vom 1. September 2016.
25
Die Klägerin stellte am 24. Dezember 2019 einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids beim Amtsgericht, welches am 30. Dezember 2019 den Mahnbescheid erließ. Der Mahnbescheid wurde der Beklagten am 7. Januar 2020 zugestellt. Am 17. Januar 2020 erhob die Beklagte Widerspruch gegen den Mahnbescheid. Nach einem Antrag auf Durchführung eines streitigen Verfahrens am 4. Februar 2020 wurde das Verfahren am 5. Februar 2020 an das Landgericht ... (...) abgegeben.
26
Die Klägerin stellte bereits am 20. November 2019 beim Amtsgericht ... einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids. Dieser wurde am 25. November 2019 erlassen. Mit Schreiben vom 4. März 2020 erklärte die Klägerin die Rücknahme des Mahnbescheidantrags vor dem Amtsgericht ....
27
Die Schlussrechnungen für die Erneuerung der Eisenbahnüberführung wurden am 18. November 2020, am 26. Mai 2021 sowie am 31. März 2022 erstellt.
28
Mit am 20. Februar 2020 beim Landgericht ... (...) eingegangenem Schriftsatz beantragt die Klägerin,
29
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 35.656,89 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr seit 3. Oktober 2016 zu zahlen.
30
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch auf Zahlung des geforderten Betrags ergebe sich aus Vertrag, jedenfalls aus der geschlossenen Kreuzungsvereinbarung bzw. aus den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag, hilfsweise aus Bereicherungsrecht. Der Anspruch ergebe sich auch aus § 12 Abs. 1 Nr. 1 EBKrG. Der Zinsanspruch ergebe sich aus Verzug der Beklagten, hilfsweise bestehe ein Anspruch auf Prozesszinsen. Die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs sei gehemmt. Bei verständiger Würdigung der Korrespondenz der Beteiligten würden die Erklärungen nur so verstanden werden können, dass sich die Beklagte zur Übernahme der Umplanungskosten verpflichtet habe. Die Beklagte habe zunächst zwei Gehwege gewollt, die Klägerin daraufhin ihre Planunterlagen entsprechend gestaltet, anschließend sei die Beklagte auf die Klägerin mit dem Ziel der Anpassung der Planung zugegangen und habe die Klägerin die Planung an diesen neuen Wunsch angepasst.
31
Die Beklagte beantragt,
33
Zur Begründung trat die Beklagte den geltend gemachten Anspruchsgrundlagen entgegen und führte insbesondere aus, ein Rechtsbindungswille der Beklagten, eine Vereinbarung mit dem Inhalt einer kostenpflichtigen Tekturplanung abzuschließen, folge nicht aus dem E-Mailverkehr zwischen den Beteiligten. Es sei der Klägerin stets bekannt gewesen, dass die Beklagte umfangreich auf Fördermittel angewiesen gewesen sei. Die Klägerin habe die Planungen trotz ausdrücklich geäußerter Vorbehalte der Beklagten vorangetrieben und damit gegen das eisenbahnkreuzungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verstoßen, da die Beklagte ihre Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen habe. Ein Verschulden bei der Vertragsanbahnung sei nicht zu erkennen; auch eine Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung eines Werklohnanspruchs hinsichtlich der Umplanungsarbeiten sei nie erklärt worden. Im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 1 EBKrG verlangt habe die Beklagte nur die endgültig zur Ausführung gekommene Variante ohne den östlichen Gehweg und keine voreiligen einseitigen Planungsarbeiten. Ferner werde die Einrede der Verjährung erhoben; bei den Planungskosten handele es sich nicht um eine Abrechnung innerhalb der Kreuzungsvereinbarung, sondern um eine darüberhinausgehende Abrechnung.
34
Mit Beschluss vom 22. Juli 2020 (Az. ...) hat das Landgericht ... (...) den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Verwaltungsgericht Augsburg verwiesen.
35
Mit Schreiben vom 18. November 2022 bzw. vom 9. Dezember 2022 erklärten die Klägerin und die Beklagte, auf mündliche Verhandlung zu verzichten.
36
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.
Entscheidungsgründe
37
Die als allgemeine Leistungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO) statthafte und zulässige Klage – über welche wegen des Verzichts der Beteiligten nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte – ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der Umplanungskosten für die Änderung der Eisenbahnüberführung in Bahnkm ... über die Straße „...“ auf der Bahnstrecke 5362 Buchloe – Lindau. Ein solcher Anspruch folgt aus der zwischen den Beteiligten geschlossenen Eisenbahnkreuzungsvereinbarung (unter I.2), die Umplanungskosten sind Bestandteil der Kostenmasse (unter I.3) und dem Anspruch steht nicht die erhobene Einrede der Verjährung entgegen (unter I.4). Der Anspruch auf Zahlung der Zinsen ist nur teilweise begründet, insoweit besteht ein Anspruch auf Prozesszinsen, aber nicht auf Verzugszinsen (unter II. und III.).
38
I. Ein Anspruch auf die geltend gemachten Umplanungskosten der Klägerin folgt aus § 6 Abs. 2 Satz 2 der Vereinbarung über eine Eisenbahnkreuzungsmaßnahme nach §§ 3, 12.1 EKrG (im Folgenden: Eisenbahnkreuzungsvereinbarung). Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung sind die Kosten der Maßnahme (§ 2 der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung) in voller Höhe kreuzungsbedingt und insoweit nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 EBKrG vom Straßenbaulastträger zu tragen.
39
1. Zur Entstehung und Fälligkeit von Zahlungsansprüchen (Kostenerstattungsansprüchen), sei es auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage, ist im Eisenbahnkreuzungsgesetz nichts ausdrücklich geregelt. Es bedarf insoweit der Ergänzung mit Hilfe der speziellen und damit vorrangigen Grundsätze des Eisenbahnkreuzungsrechts, die einem Rückgriff auf die Heranziehung und entsprechende Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Rechts vorgehen. Im Übrigen sind auf die rechtliche Sonderverbindung in Bezug auf Kreuzungsanlagen zwischen dem Straßenbaulastträger und dem Eisenbahnunternehmen die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts anwendbar (vgl. VG München, U.v. 29.10.2015 – M 24 K 14.5682 – juris Rn. 102 m.w.N.).
40
Prägend für die vorrangigen Grundsätze des Eisenbahnkreuzungsrechts ist die gesetzliche Ausgestaltung des Eisenbahnkreuzungsrechts. Während für jeden einzelnen Verkehrsweg im Allgemeinen jeweils ein Baulastträger allein verantwortlich ist, besteht an Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen zwischen den beteiligten Baulastträgern ein Gemeinschaftsverhältnis. Für eine unterschiedliche Behandlung von Maßnahmen nach § 2 EBKrG – Herstellung einer neuen Kreuzung – und § 3 EBKrG – Änderung einer bestehenden Kreuzung – fehlt ein rechtfertigender Grund (vgl. BVerwG, U.v. 12.6.2002 – 9 C 6/01 – juris Rn. 31). Kreuzungsbeteiligte sind sowohl das Unternehmen, welches die Baulast des Schienenweges der kreuzenden Eisenbahn trägt, als auch der Träger der Baulast der kreuzenden Straße (§ 1 Abs. 6 EBKrG). Liegen die Voraussetzungen des § 3 oder des § 2 EBKrG vor, besteht eine gemeinsame Kreuzungsbaulast. Aus ihr folgt eine gemeinschaftliche Pflicht zur Beseitigung von kreuzungsbedingten Gefährdungen (bei § 3 EBKrG). Darüber hinaus beeinflusst das kreuzungsrechtliche Gemeinschaftsverhältnis auch das Vertragsverhältnis der Kreuzungsbeteiligten. Als gesetzlicher Hintergrund hat § 11 Abs. 1 EBKrG zur Kostentragungspflicht Relevanz (vgl. VG München, U.v. 29.10.2015 – M 24 K 14.5682 – juris Rn. 103 m.w.N.).
41
Schon in seiner bisherigen Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht hervorgehoben, dass aus dem kreuzungsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis auch eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Belange des anderen Kreuzungsbeteiligten abgeleitet werden muss. Danach besteht die Obliegenheit, im Interesse der anderen Kostenpflichtigen die durch eine Kreuzungsbaumaßnahme entstehenden Kosten möglichst gering zu halten (vgl. BVerwG, U.v. 12.6.2002 – 9 C 6/01 – BVerwGE 116, 312-326, Rn. 35).
42
2. Gemessen an diesen Maßstäben ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch entstanden:
43
a) Die Kreuzungsvereinbarung ist wirksam. Mit ihr sind die Klägerin und die Beklagte als Kreuzungsbeteiligte im Sinne des § 1 Abs. 6 EBKrG dem Einigungsgebot aus § 5 Abs. 1 EBKrG nachgekommen, anlässlich der Vergrößerung der lichten Weite und Höhe der Eisenbahnüberführung der Eisenbahnstrecke 5362 Buchloe – Lindau in Bahnkm, die durch die Gemeindestraße „...“ gekreuzt wird, eine Vereinbarung über Art, Umfang und Durchführung der erforderlichen Maßnahmen sowie über die Verteilung der Kosten zu treffen (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2021 – 3 C 8/19 – juris Rn. 13). Bedenken an der Wirksamkeit der Vereinbarung bestehen nicht und sind auch durch die Beteiligten nicht aufgeworfen.
44
b) Die Umplanung der lichten Weite der Eisenbahnbrücke über die Gemeindestraße „...“ ist eine Maßnahme nach § 3 Nr. 3 EBKrG, die allein die Beklagte verlangt hat, so dass auch nur sie für die Kosten einzustehen hat (vgl. BVerwG, U.v. 11.3.1993 – 7 C 35/92 – juris Rn. 20). § 3 EBKrG sieht vor, dass die Maßnahme nach Maßgabe einer Vereinbarung der Beteiligten oder aufgrund hoheitlicher Anordnung vorgenommen wird. Dabei hat – wie die Soll-Vorschrift des § 5 EBKrG klarstellt – das Bemühen um eine Vereinbarung zwischen den Kreuzungsbeteiligten Vorrang. Dieses an die Beteiligten gerichtete Einigungsgebot war eines der Hauptanliegen der Neuordnung des Kreuzungsrechts im Jahre 1963. Gelingt eine solche Vereinbarung, ist ihr Gegenstand – vorausgesetzt, er hält sich im gesetzlich zulässigen Rahmen – außer Streit, und zwar auch, soweit die vertragliche Regelung als Vorfrage für weitere hoheitlich zu treffende Entscheidungen von Bedeutung ist (vgl. BVerwG, U.v. 11.3.1993 – 7 C 35/92 – juris Rn. 20 m.w.N.).
45
c) Die vereinbarungsgemäß gebotene Vergrößerung der lichten Weite der Eisenbahnüberführung hat die Beklagte im Sinne des § 12 EBKrG „verlangt“. Ausweislich der Kreuzungsvereinbarung verlangte die Beklagte als Straßenbaulastträgerin der Gemeindestraße (Art. 47 Abs. 1 BayStrWG) die Vergrößerung der lichten Weite und Höhe der Eisenbahnüberführung (§ 1 Abs. 4 der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung) mit Beschluss vom 20. Januar 2014. Die Kreuzungsbeteiligten sind sich danach einig, dass es sich dabei um eine Änderung einer Kreuzung im Sinne der §§ 3, 12 Nr. 1 EBKrG (einseitiges Verlangen) handelt (§ 1 Abs. 5 der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung). In der getroffenen Vereinbarung der Beteiligten kommt unmissverständlich zum Ausdruck, dass ein solches Verlangen der Beklagten gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 EBKrG i.V.m. § 3 EBKrG vorliegt (§§ 133, 157 BGB).
46
Ausweislich der zwischen den Kreuzungsbeteiligten getroffenen Vereinbarung plant und führt die Klägerin die in § 2 Abs. 1a bis Abs. 1d der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung aufgeführten Maßnahmen nach Maßgabe der Richtlinien für die Planung, Baudurchführung und Abrechnung von Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz (Allgemeines Rundschreiben Straßenbau (ARS) Nr. 10/2014 vom 18.11.2014) durch (§ 4 Abs. 1 der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung). Zu diesen Maßnahmen zählt insbesondere der Abbruch der bestehenden Eisenbahnüberführung mit bestimmten Abmessungen und der Neubau einer Eisenbahnüberführung mit bestimmten Abmessungen (§ 2 Abs. 1 Buchst. a) und b) der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung). Daraus lässt sich der eindeutige Wille der Kreuzungsbeteiligten entnehmen, dass die Planungen hinsichtlich der lichten Weite der Eisenbahnüberführung allein durch die Klägerin vorzunehmen sind.
47
d) Entsprechend seiner „Erstattungsnatur“ entsteht der vertragliche Kostenerstattungsanspruch frühestens dann, wenn beim bauausführenden kreuzungsbeteiligten Vertragspartner, also der Klägerin, der entsprechende finanzielle Vermögensabfluss eintritt (vgl. VG München, U.v. 29.10.2015 – M 24 K 14.5682 – juris Rn. 109). Dies ist vorliegend der Fall: Die insoweit allein für die Planung zuständige Klägerin hat die entsprechende Tekturplanung von ursprünglich zwei auf einen Gehweg und die damit verbundene Veränderung der Maße der lichten Weite der Eisenbahnüberführung von Herbst 2015 bis März 2016 selbst durchgeführt, weshalb ein entsprechender Vermögensabfluss an Planungskosten eingetreten ist.
48
3. Die mit der Rechnung vom 1. September 2016 geltend gemachten Umplanungskosten unterfallen auch dem Umfang der kreuzungsbedingten Kosten (Kostenmasse; § 6 Abs. 1 der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung).
49
a) Danach wird die Kostenmasse unter Beachtung des § 12 EBKrG, der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung (1. EKrV) sowie der dazu ergangenen und von den Kreuzungsbeteiligten eingeführten/anerkannten Durchführungsbestimmungen des BMVI ermittelt (§ 6 Abs. 1 der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung). Die Kostenmasse bei der Herstellung einer neuen Kreuzung (§ 2 EBKrG) oder bei Maßnahmen an bestehenden Kreuzungen (§ 3 EBKrG) umfasst die Aufwendungen für alle Maßnahmen an den sich kreuzenden Verkehrswegen, die unter Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Technik notwendig sind, damit die Kreuzung den Anforderungen der Sicherheit und der Abwicklung des Verkehrs genügt (§ 1 Abs. 1 1. EKrV). Die Kostenmasse setzt sich dabei aus den Grunderwerbskosten, den Baukosten sowie den Verwaltungskosten zusammen (§ 2 1. EKrV), wobei zu den Baukosten insbesondere die Aufwendungen für Leistungen nach Anlage 1, und mithin auch die Kosten der Ausführungsplanung nach Nr. 1 der Anlage 1 zu § 4 Abs. 1 1. EKrV, gehören. § 2 1. EKrV ist enumerativ und damit abschließend (vgl. BVerwG, U.v. 12.6.2002 – 9 C 6/01 – BVerwGE 116, 312-326, Rn. 49).
50
b) Die angefallenen Umplanungskosten zählen zu den Kosten der Ausführungsplanung und damit zu den Baukosten.
51
aa) Mit Gemeinderatsbeschluss vom 20. Januar 2014 hat die Beklagte sich für Straßenneubau-Variante 4, die auf den planerischen Darstellungen der „... Ingenieure ...“ beruhen, mit einem Gehweg auf Straßenniveau, die Kostenschätzung liegt bei 620.000 Euro, entschieden. Ferner strebt die Beklagte ausweislich des Gemeinderatsbeschlusses vom 20. Januar 2014 das Verlangen auf Erweiterung der lichten Weite des Bauwerkes auf 11,45 m und Erweiterung der lichten Höhe des Bauwerks auf 4,50 m an. Laut Stellungnahme der Klägerin vom 18. Dezember 2014, der die Beklagte nicht widersprochen hat, erfolgte die Planung für die Änderung der Eisenbahnüberführung auf Grundlage dieses Gemeinderatsbeschlusses; die Vorplanung wurde am 20. Juni 2014 abgeschlossen.
52
bb) Die Beklagte veranlasste auch die vorgenommene Umplanung und folglich die damit einhergehenden Kosten.
53
Bereits mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 bat der 1. Bürgermeister der Beklagten die Klägerin, eine Mindestlösung darzustellen, da einige Varianten analysiert werden müssten, aus denen die Finanzierbarkeit, die Zuwendungen des Freistaats Bayern und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beklagten bewertet werden müssten. Weder ist aus dem Vorbringen der Beklagten noch aus den Akten ersichtlich, dass die Beklagte Einwendungen gegen die darauf am 18. Dezember 2014 erfolgte Stellungnahme der Klägerin erhob. Die Klägerin stellte mit E-Mail vom 23. Februar 2015 an den 1. Bürgermeister der Beklagten die voraussichtlichen Kosten einer Umplanung von bisher zwei an der Straße entlangführenden Gehwegen auf einen dar. Ausweislich des Gemeinderatsbeschlusses vom 10. August 2015 verlangte die Beklagte eine Aktualisierung der derzeitigen Unterlagen zur Eisenbahnüberführung bei der DB und dem Ingenieurbüro ... ohne Berücksichtigung des östlichen Fußwegs. Ferner bat der 1. Bürgermeister der Beklagten mit Schreiben vom 12. August 2015 die Klägerin, die derzeitigen Planunterlagen sowie den Entwurf der Kreuzungsvereinbarung ohne Berücksichtigung des östlichen Gehwegs zu aktualisieren. Aus diesem an die Klägerin gerichteten Schreiben vor dem Hintergrund des am 10. August 2015 gefassten Gemeinderatsbeschlusses der Beklagten musste die Klägerin von einem Änderungsverlangen der Beklagten hinsichtlich der bisher ausgeführten Vorplanung ausgehen. In dem Schreiben des 1. Bürgermeisters der Beklagten vom 12. August 2015 wird unmissverständlich der Wille zum Ausdruck gebracht, von der bisherigen Planung abweichende Vorstellungen hinsichtlich der Anzahl der entlang der unter der Eisenbahnüberführung verlaufenden Gehwege an der Straße – und damit hinsichtlich der lichten Weite der Eisenbahnüberführung – zu realisieren. Dies durfte und musste die Klägerin als eine Veranlassung zur Umplanung von der bisherigen Vorplanung verstehen (§§ 133, 157 BGB).
54
cc) Die Beklagte musste die Veranlassung entsprechender Umplanungsarbeiten durch die Klägerin auch erkennen, worauf bereits die E-Mail der Beklagten vom 10. November 2015 hinweist, in der abweichende Angaben zur Gesamtbreite der geplanten Überführung im Vergleich zu denen der bisherigen Vorplanung (lichte Weite 11,45 m) gemacht wurden. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2015 bestätigte der 1. Bürgermeister der Beklagten die in der E-Mail enthaltenen Maße und Angaben. Diese Kenntnis des 1. Bürgermeisters der Beklagten von den durch die Klägerin vorgenommenen Umplanungsarbeiten zur Vorplanung vom 20. Juni 2014 muss sich die Beklagte zurechnen lassen (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayGO, § 166 BGB).
55
dd) Diese Umplanungskosten sind auch von der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung vom 17. Mai 2016 erfasst. Mit dem Abschluss der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung haben die Kreuzungsbeteiligten die Planung und Durchführung der Maßnahme einer vertraglichen und für sie verbindlichen Regelung zugeführt, was dem aus § 5 EBKrG folgenden Einigungsgebot entspricht. Zu dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses war sowohl die ursprüngliche Vorplanung, die maßgeblich durch den Gemeinderatsbeschluss vom 20. Januar 2014 veranlasst gewesen ist, als auch die Tekturplanung hinsichtlich der Einsparung eines Gehwegs und der damit verbundenen veränderten lichten Weite der Eisenbahnüberführung abgeschlossen und hätte die Beklagte erkennen können und müssen, dass entsprechende Planungsarbeiten durch die Klägerin vorgenommen worden waren (Abschluss und Vorstellung der Vorplanung am 20. Juni 2014 bzw. 23. Juli 2014, Mitteilung der voraussichtlichen Umplanungskosten sowie geänderte Abstände der lichten Weite am 23. Februar 2015 und 10. November 2015; vgl. oben). In Anbetracht dieser Umstände haben die Kreuzungsbeteiligten die Planung und Durchführung der Eisenbahnkreuzungsmaßnahme durch Abschluss der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung am 17. Mai 2016 verbindlich geregelt.
56
ee) Etwas Anderes folgt auch nicht aus den Ausführungen der Beklagten, die Gesamtplanung sei von der Klägerin am 21. Januar 2015 zur Planfeststellung eingereicht worden, ohne dass von der Beklagten eine Zustimmung zur Entwurfsplanung vorgelegen habe. Die Beklagte hat bereits keine Einwendungen gegen die mit Schreiben der Klägerin vom 18. Dezember 2014 angekündigte Fertigstellung der Genehmigungsplanung Ende Januar 2015 bzw. die Beantragung des Planfeststellungsverfahrens im Februar 2015 geltend gemacht. Ferner ist die Einleitung bzw. Durchführung des Planfeststellungsverfahrens nicht von einer Zustimmung der Beklagten abhängig; diese ist gemäß Art. 73 Abs. 2, Abs. 3a BayVwVfG als Behörde, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme berechtigt, aber nicht zustimmungsbefugt.
57
ff) Da sowohl die mit Gemeinderatsbeschluss vom 20. Januar 2014 verlangte ursprüngliche Vorplanung als auch die aufgrund Gemeinderatsbeschlusses vom 10. August 2015 sowie dem Schreiben des 1. Bürgermeisters der Beklagten vom 12. August 2015 erbetene spätere Aktualisierung der Planung von der Beklagten zur Durchführung der Maßnahme veranlasst gewesen sind, unterfällt die Umplanung der Ausführungsplanung und zählt somit zu den Bauleistungen bzw. Baukosten, § 4 Abs. 1 1. EKrV i.V.m. Anlage 1 Nr. 1 (zu § 4 Abs. 1 1. EKrV), die Bestandteil der Kostenmasse sind.
58
gg) Nichts Anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass in § 6 Abs. 10 der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung vereinbart ist, dass sich die endgültigen Kosten aus der Schlussrechnung ergeben, die Kosten der Umplanung allerdings in einer gesonderten Rechnung vom 1. September 2016 ausgewiesen sind.
59
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die gesonderte Rechnungsstellung zum einen aufgrund einer wohl fehlenden Förderfähigkeit durch Dritte wie den Freistaat Bayern, zum anderen wegen eines insofern nicht in Betracht kommenden Vorteilsausgleichs durch die Klägerin gerechtfertigt sein kann. Die Umplanung ist alleine durch die Beklagte als Straßenbaulastträgerin der Gemeindeverbindungsstraße „...“ veranlasst; ein Vorteil, der der Klägerin durch die Änderung entstanden sein sollte, ist nicht ersichtlich (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 EBKrG). Die Aufnahme der Kosten der Umplanung in die Schlussrechnung hätten diese gegebenenfalls in einen förderfähigen Teil und einen nicht förderfähigen Teil aufgespalten. Eine gesonderte Rechnungstellung erleichtert daher die Förderantragstellung für die Schlussrechnung.
60
Nach den Ausführungen der Klägerin, denen die Beklagte nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten ist, seien die Umplanungskosten gesondert behandelt worden, da die Beklagte bereits vor der Bauausführung einer Bezahlung widersprochen habe. Da die Klägerin mehrere Rechnungen (18. November 2020, 26. Mai 2021, 31. März 2022) als Schlussrechnung erstellt hat und sich die Beklagte vordergründig gegen die Inanspruchnahme an sich und nicht die formale Geltendmachung der Umplanungskosten in einer eigenen Rechnung und nicht als Bestandteil einer Schlussrechnung wendet, begegnet diese keinen Bedenken, sondern beruht auf sachlich nachvollziehbaren Gründen.
61
4. Dem geltend gemachten Anspruch steht auch nicht die Einrede der Verjährung entgegen.
62
Ausweislich des § 7 Abs. 1 der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung erfolgt das Verfahren zur Abrechnung der Kreuzungsmaßnahme zwischen den Beteiligten nach Maßgabe der Richtlinien für die Planung, Baudurchführung und Abrechnung von Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz (ARS Nr. 10/2014 vom 18.11.2014). Danach beginnt die Verjährungsfrist am Schluss des Jahres, in dem dem Schuldner die prüffähige Schlussrechnung zugeht und hat eine Dauer von 10 Jahren (Ziffer 4.7 der Richtlinien für Planung, Baudurchführung und Abrechnung von Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz, ARS Nr. 10/2014 vom 18.11.2014). Sofern insoweit auf die Rechnung vom 1. September 2016 abgestellt wird, beginnt die Verjährungsfrist am 1. Januar 2017 und endet am 31. Dezember 2026.
63
Ungeachtet dessen ist die Verjährung durch die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB i.V.m. § 167 ZPO) und wäre auch die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 BGB gewahrt. Die Klägerin mit Sitz in ... hat beim örtlich ausschließlich zuständigen Amtsgericht ... (§ 689 Abs. 2, Abs. 3 ZPO i.V.m. § 5 HessJustizDelegV, § 48 HessJuZuV; § 12, § 17 Abs. 1 ZPO) am 24. Dezember 2019 einen Mahnantrag gestellt. Der Mahnbescheid wurde der Beklagten am 7. Januar 2020 zugestellt. Die Rücknahme eines vor dem Amtsgericht ... gestellten weiteren Mahnbescheidantrags am 4. März 2020 ist vor diesem Hintergrund unbeachtlich.
64
II. Die Klägerin hat Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 8. Januar 2020, § 291, § 288 Abs. 2 BGB.
65
1. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass Verzugszinsen, soweit es – wie vorliegend – vertragliche Ansprüche betrifft, auch im öffentlichen Recht verlangt werden können. Insoweit besteht kein entscheidender Unterschied zu privatrechtlichen Rechtsbeziehungen. Namentlich wird auch im Eisenbahnkreuzungsrecht bei Abschluss einer Kreuzungsvereinbarung ein Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens zugebilligt (vgl. VG München, U.v. 29.10.2015 – M 24 K 14.5682 – juris Rn. 132 m.w.N.). Nichts Anderes gilt für Prozesszinsen.
66
2. Nach § 291 Satz 1 Halbs. 1 BGB hat ein Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist. Nach § 696 Abs. 3 ZPO gilt die Streitsache vorliegend mit Zustellung des Mahnbescheids bei der Beklagten am 7. Januar 2020 als rechtshängig geworden, da sie auch alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wurde: Der am 17. Januar 2020 gegen den Mahnbescheid erhobene Widerspruch der Beklagten wurde am 20. Januar 2020 an die Klägerin abgesandt (vgl. Gerichtsakte Bl. 10 f.). Der Antrag auf Durchführung eines streitigen Verfahrens ging am 4. Januar 2020 ein und das Verfahren wurde am 5. Februar 2020 an das Landgericht ... (...) abgegeben (vgl. Gerichtsakte Bl. 11 f.). Die Zinshöhe ergibt sich aus § 291 Satz 2 i.V.m. § 288 Abs. 2 BGB.
67
III. Ein Anspruch auf Verzugszinsen nach § 286 Abs. 3 Satz 1, § 288 Abs. 2 BGB ab dem 3. Oktober 2016 scheidet hingegen aus.
68
Ein Schuldner einer Entgeltforderung kommt nach § 288 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 BGB spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet.
69
1. Eine Rechnung dient der textlichen Fixierung einer vom Gläubiger geltend gemachten Entgeltforderung und muss erkennen lassen, in welcher Höhe der jeweilige Betrag für welche Leistung verlangt wird, um eine sachgerechte Überprüfung zu ermöglichen (vgl. BGH, U.v. 16.7.2009 – III ZR 299/08 – juris Rn. 11). Die Rechnung muss nachvollziehbare Angaben darüber enthalten, wer Gläubiger und Schuldner ist, für welche Leistungen und aus welchem Rechtsgrund die Vergütung gefordert wird und welche Mengen (Aufwand, Verbrauch und sonstige Berechnungsparameter), Preise oder sonstige Zeit- oder Werteinheiten in Ansatz gebracht werden (vgl. Lorenz in BeckOK BGB, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 286 Rn. 43).
70
2. Gemessen daran stellt die Rechnung vom 1. September 2016 keine solche prüffähige Rechnung dar. In ihr sind lediglich pauschal die Planänderungskosten von November 2015 bis März 2016, die Umsatzsteuer sowie der Zahlbetrag aufgeführt. Eine konkrete Leistungsbeschreibung der erfolgten Umplanungsarbeiten wurde erst mit der Klagebegründung vom 20. Februar 2020 vorgelegt. Die Beklagte hatte daher keine Möglichkeit, die Rechnung vom 1. September 2016 nach Mengen, Preisen oder sonstigen Zeit- oder Werteinheiten zu überprüfen. Mithin wurde kein Verzug nach § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB begründet.
71
Die Kostenentscheidung ergibt sich aufgrund des Unterliegens der Klägerin hinsichtlich des Zinsanspruchs aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.