Inhalt

FG München, Urteil v. 10.10.2022 – 7 K 1693/20
Titel:

Anschaffung eines Supersportwagens führt zum Ausschluss des Betriebsausgabenabzugs

Normenkette:
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4, Nr. 7
Schlagwort:
Einkommensteuer
Fundstellen:
StEd 2023, 254
EFG 2023, 744
BeckRS 2022, 47095
LSK 2022, 47095
DStRE 2023, 1420

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Parteien streiten um die Anerkennung der Aufwendungen für einen PKW der Marke „XY“.
2
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in G. … Gegenstand ihres Unternehmens ist die Verwaltung eigenen Vermögens. Alleiniger Gesellschafter der Klägerin ist die H AG. Geschäftsführer der Klägerin ist W. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Geschäftsführervertrag vom 3. September 2008 verwiesen.
3
Mit Rechnung vom 26. März 2012 erwarb die Klägerin ein Neufahrzeug der Marke XY zu einem Kaufpreis von 218.800 € brutto. Fahrtenbücher wurden nicht geführt. Am 29./30. Juni 2012 hatte das Fahrzeug eine Laufleistung von 2.029 km (vgl. Rechnung der …), am 13. März 2013 von 4.290 km und am 19. April 2013 von 4.370 km. Nach einem Unfall am 16. Juni 2015 wurde das Fahrzeug im Zuge der Schadensregulierung mit der Versicherung an die Firma Z GmbH für 162.110 € verkauft (Rechnung vom 31. Juli 2015). Unter Berücksichtigung dieses Kaufpreises sowie einer Selbstbeteiligung von 1.000 € erhielt die Klägerin noch eine Entschädigung von 72.857,14 € von ihrer Versicherung. Der Kilometerstand betrug am 21. Juli 2015 5.746 km. Im Rahmen einer Umsatzsteuersteuer-Sonderprüfung für den Voranmeldungszeitraum II. Quartal 2015 gab der steuerliche Vertreter der Klägerin für Juni 2015 eine Fahrleistung von 789 km an, die auf Strecken zwischen dem Büro der Klägerin in M und dem Wohnort des Geschäftsführers in G, zum Flughafen … und zur B-Bank entfiel.
4
In den Jahren 2012 und 2013 nahm die Klägerin an von der Firma H GmbH organisierten Rennsportveranstaltungen teil (vgl. Rechnungen der Firma H GmbH vom 10. Juli 2012 über freies Training …, …6. Juli 2012, vom 5. Oktober 2012 über freies Training am … 5. Oktober 2012, vom 15. Mai 2013 über freies Training am … 10. Mai 2013, vom 16. September 2013 über freies Training am … 13. September 2013 und vom 7. Oktober 2013 über freies Training am … 4. Oktober 2013, Bl. 20 ff Rb-Akte). Der XY kam dabei nicht als Rennfahrzeug zum Einsatz.
5
Im Jahr 2013 nahm die Klägerin mit einem Fahrzeug der Marke P erstmals an einem Rennen des P … Cup teil und begründete den Geschäftsbereich „Motorsport“ (…), insbesondere durch die Teilnahme am P … Cup als Team „…“ in Eigenregie (vgl. Homepage der Klägerin, Stand 17. Dezember 2019). Im Jahr 2014 beantragte der Geschäftsführer der Klägerin beim Deutschen Motor Sport Bund e.V. eine Rennlizenz. Außerdem schloss die Klägerin Sponsoringverträge mit den Firmen G (Vertrag vom 19. März 2014) und T, … (Vertrag vom 5. Februar 2014) ab, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird.
6
Die Klägerin nahm in den Jahren 2014 bis 2021 unter anderem an Rennen am …, …, …, teil. Die Sponsoringverträge mit den Firmen G sowie T wurden jeweils bis ins Jahr 2021 verlängert. Außerdem schloss die Klägerin mit der Firma S (…) und mit der Firma …, im Jahr 2016 weitere Sponsoringverträge ab, die ebenfalls bis ins Jahr 2021 verlängert wurden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sponsoringverträge vom 5. Februar 2014 und 19. März 2013 verwiesen.
7
In den Jahren 2015, 2016, 2018 und 2019 führte die Klägerin eigene Rennsportveranstaltungen („…“) durch, erstmals am … 2015 in …, sodann am … 2016 ebenfalls in …, vom … bis … 2018 sowie vom … bis … 2019 an der … Rennstrecke. Dabei stellte die Klägerin den Teilnehmern die Nutzung der Rennstrecke mit eigenen oder gestellten Fahrzeugen zur Verfügung. Außerdem fand ein Sicherheitstraining, ein Abschlussrennen mit Siegerehrung, durchgehendes Catering sowie Abendveranstaltungen statt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen im Schriftsatz der Klägerin vom 18. Februar 2022 verwiesen.
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Im Rahmen einer für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2013 durchgeführten Außenprüfung kam die Prüferin des Finanzamts zu dem Ergebnis, dass die Aufwendungen für den XY als unangemessen nach § 4 Abs. 5 Satz 1Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) anzusehen seien und der Abzug der insoweit geltend gemachten Aufwendungen zu versagen sei (Tz. 1.6 des Berichts vom 24. April 2019). Die Prüferin des Finanzamts schätzte die Fahrleistung anhand der Kilometerangaben in den vorgelegten Servicerechnungen auf 3.000 km (2012) bzw. 3.500 km (2013). Die Benzinkosten wurden mit 1,35 € netto pro Kilometer geschätzt. Insgesamt berechnete die Prüferin des Finanzamts sonstige nichtabziehbare Aufwendungen wie folgt:

2012

2013

AfA

30.644,55 €

36.773,00 €

Reifen

4.396,00 €

Versicherung

2.038,28 €

2.415,04 €

Reparaturen

6.267,17 €

2.415,04 €

Benzin (geschätzt)

4.050,00 €

4.725,00 €

Vorsteuern (Reifen, Reparaturen, Benzin)

2.795,50 €

1.356,61 €

Summe

50.191,00 €

47.644,00 €

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht vom 24. April 2019 verwiesen.
10
Den Feststellungen der Betriebsprüfung folgend erließ das Finanzamt am 27. Juni 2019 nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderte Bescheide unter anderem zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2012 und 2013.
11
Im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren sah das Finanzamt die Aufwendungen für den XY nur noch in Höhe von 50% des Nettoneupreises, d.h. in Höhe von 91.932,78 € als unangemessen i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG an. Die geltend gemachte AfA könne in Höhe von 50% anerkannt werden. Das Finanzamt errechnete nicht abziehbare Aufwendungen von 33.795,50 € (2012) und 18.386,50 € (2013) wie folgt:

2012

2013

AfA gesamt

30.644,55 €

36.773,00 €

davon 50% = unangemessene Ausgaben

16.328,28 €

18.386,50 €

Nicht abziehbare Vorsteuer, zugleich jedoch Minderung des Jahresüberschusses

17.467,23 €

Summe= nicht abziehbare Aufwendungen neu

33.795,50 €

18.386,50 €

12
Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2020 setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer 2012 auf 40.934 € und die Körperschaftsteuer 2013 auf 51.956 €, den Gewerbesteuermessbetrag 2012 auf 9.548 €, den Gewerbesteuermessbetrag für 2013 auf 12.120 € herab. Im Übrigen wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen.
13
Mit der hiergegen gerichteten Klage wiederholt und vertieft die Klägerin ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren. Sie gehöre zu einem mittelständischen Konzern mit über 1.300 Mitarbeitern und über 40 Tochtergesellschaften weltweit, der seit über 20 Jahren in unterschiedlichen Branchen tätig sei. Ein besonderer Fokus liege auf Produktionsunternehmen mit einer hohen technischen Kompetenz, insbesondere in der Automobilindustrie (…). Um diese technische Kompetenz zu unterstreichen, beteilige sich die … Gruppe mit ihrem Tochterunternehmen aktiv im Motorsport. Dies geschehe durch Teilnahme an Rennveranstaltungen und durch die Organisation eigener Motorsportveranstaltungen (…). Zu den Veranstaltungen würden insbesondere Geschäftspartner eingeladen, die in der Vermittlung von Unternehmen tätig seien. Im Schnitt erwerbe die … Gruppe dadurch ein bis zwei neue Beteiligungen pro Jahr. Darüber hinaus entwickle sich durch Rennsport- und Sportwagenveranstaltungen ein sehr belastbares Netzwerk mit anderen Unternehmen und wichtigen Anteilseignern. Außerdem biete sich dabei die Gelegenheit zu informellen Gesprächen mit Wettbewerbern.
14
Bei dem im Jahr 2012 für die Motorsportveranstaltungen der Klägerin angeschafften XY handle es sich um ein hochwertiges Fahrzeug, das nicht selbst zu den jeweiligen Rennveranstaltungen gefahren, sondern auf einem Lkw oder Anhänger transportiert worden sei. Im Rahmen der P …Rennen sei ein P als Rennfahrzeug eingesetzt worden, der keine Straßenzulassung habe. Das Rennfahrzeug dürfe auf den Rennstrecken nur mit einer Rennlizenz gefahren werden, über die die teilnehmenden Sponsoren in der Regel nicht verfügt hätten.
15
Um den Sponsoren und Kunden trotzdem ein „Rennfeeling“ zu ermöglichen, seien die Repräsentationsfahrzeuge, unter anderem auch der streitgegenständliche XY eingesetzt worden. Diese Fahrzeuge hätten über eine Straßenzulassung verfügt.
16
Der XY sei auf den von der Firma H GmbH organisierten Veranstaltungen am … 2012 am …, am … 2012 und am … 2013 am … und am … 2013 in …, präsentiert worden. Beim Erwerb und Einsatz des XY sei es insbesondere auf seine technische Ausstattung angekommen, die das Corporate Image der … Gruppe transportieren und der Kundenbindungs- und Netzwerkpflege dienen sollte.
17
Der Transport zu den Rennstrecken sei von der Firma S GmbH durchgeführt worden (vgl. Rechnungen aus dem Jahr 2013). Aufgrund des positiven Feedbacks von Kunden und Geschäftspartnern im Zusammenhang mit dem XY habe die Klägerin begonnen, im Jahr 2014 an der Konzeption eigener kommunikationsintensiver Rennsportveranstaltungen für Kundenbindungs- und Netzwerkaufbau zu arbeiten und umzusetzen.
18
Die Klägerin habe außerdem die Absicht gehabt, Fahrzeuge mit Gewinnerzielungsabsicht zu erwerben und zu verkaufen. In den Jahren 2014 und 2016 seien weitere Fahrzeuge der Marke XY gekauft (XY … für 213.000 € in 2014 und … für 303.000 € in 2016) und in den Jahren 2015 und 2022 für 210.000 € bzw. 333.000 € verkauft worden. Im Jahr 2018 habe die Klägerin einen … für 275.000 € und einen … für 176.000 € gekauft und im Jahr 2020 für 284.000 € bzw. 162.000 € verkauft. Dabei habe die Klägerin Gewinne von insgesamt 22.000 € erzielt und zugleich die Fahrzeuge zu Repräsentationszwecken nutzen können.
19
Zu Unrecht argumentiere das Finanzamt, dass der Geschäftsführer der Gesellschaft auch privat über eine große Anzahl von hochwertigen Fahrzeugen verfüge und den XY aus privater Neigung erworben habe. Der Geschäftsführer besitze zwar verschiedene hochwertige Fahrzeuge, insbesondere einen P …, einen M, zwei F, einen F …, zwei F sowie einen F … Gerade durch die hochwertigen Fahrzeuge im Privatbesitz sinke der (Grenz-)Nutzen eines weiteren Fahrzeugs im Betriebsvermögen. Das persönliche Motiv, ein weiteres hochwertiges Fahrzeug zu erwerben, sei als wesentlich geringer einzustufen. Der Geschäftsführer habe stets zwischen privaten Neigungen und betrieblichem Bereich unterschieden.
20
Die … Gruppe habe in 2019 einen Umsatz in Höhe von 372 Mio. Euro erzielt. Bei den Beteiligungen handle es sich um Unternehmen in einer Größenordnung von 10 bis 50 Mio. Euro Umsatz, die im Erfolgsfall zukünftig zum Gewinn der … Gruppe einen Beitrag zwischen 1 Mio. und 5. Mio. Euro pro Jahr beisteuern würden. Darüber hinaus sei es bei Unternehmen, die in der Automobilbranche tätig sind, durchaus üblich, sich im Motorsport zu engagieren, wie sich an den Firmen … und … zeige.
21
Bezogen auf den Umfang der Tätigkeit und die Größe der … Gruppe seien Repräsentationskosten bzw. Fahrzeugkosten nicht als unangemessen zu sehen. Es sei schwierig, einen direkten Bezug zwischen einer Repräsentationsveranstaltung und einer konkreten Umsatzsteigerung oder einer Unternehmensakquisition herzustellen, da von einer ersten Kontaktherstellung bis zu einer konkreten Transaktion mehrere Jahre vergehen können. Die … Gruppe habe in den Folgejahren verschiedene Gesellschaften akquirieren können und es sei nachweislich gelungen, aus dem Netzwerk, das durch die Veranstaltungen entstanden sei, Führungspersonal für die … Gruppe zu gewinnen.
22
Darüber hinaus habe bei dem Kauf des streitgegenständlichen XY‘s sowie der weiteren Fahrzeuge eine direkte Gewinnerzielungsabsicht bestanden, da gezielt hochwertige Fahrzeuge mit dem Potential einer Wertsteigerung erworben worden seien. Das Fahrzeugmodell XY … sei im Jahr 2012 als „…“ und als …“ ausgezeichnet und im Jahre 2013 durch ein neueres Modell mit höherer Laufleistung ersetzt worden. Durch diesen Modellwechsel sei es zu einer automatischen Limitation des Angebotes gekommen. Eine Wertsteigerung für gut erhaltene Modelle mit einer geringen Laufleistung erschien als wahrscheinlich. Aus diesem Grund sei der XY auch kaum bewegt worden.
23
Die Klägerin beantragt, die Bescheide vom 27. Juni 2019 zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2012 und 2013 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2020 dahingehend zu ändern, dass weitere Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Fahrzeug XY von 33.795,50 € (2012) und 18.386,50 € (2013) als Betriebsausgaben gewinnmindernd anerkannt werden, hilfsweise die Revision zuzulassen.
24
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
25
Zur Begründung verweist es im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
26
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Finanzamts, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
II.
27
Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat den Abzug der Aufwendungen für das streitgegenständliche Fahrzeug im Ergebnis zu Recht versagt. Nach Ansicht des Senats fallen diese Aufwendungen als Repräsentationsaufwand bereits unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG. Die Auffangvorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG findet daher keine Anwendung, so dass keine Aufteilung in einen angemessenen und unangemessenen Teil des streitigen Aufwands vorzunehmen ist (vgl. Urteil des Finanzgerichts – FG – Hamburg vom 11. Oktober 2018 2 K 116/18, MwStR 2019, 289, Kanzler/Kruschke/Musil/Paul/Rätke/ Schallmoser/Schober/Stapperfend/Tiede in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 313. Lieferung, 9/2022, § 4 Rn. 1330 m.w.N.).
28
1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG dürfen Aufwendungen für Jagd und Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen den Gewinn nicht mindern, soweit die damit verfolgten Zwecke nicht selbst Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind (§ 4 Abs. 5 Satz 2 EStG). Die Regelung betrifft nach dem Einleitungssatz des § 4 Abs. 5 EStG Betriebsausgaben, also Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG).
29
Das Abzugsverbot wurde geschaffen, weil der Gesetzgeber die genannten Ausgaben „ihrer Art nach als überflüssige und unangemessene Repräsentation“ ansah und „im Interesse der Steuergerechtigkeit und des sozialen Friedens“ den Aufwand „nicht länger durch den Abzug … vom steuerpflichtigen Gewinn auf die Allgemeinheit abgewälzt“ wissen wollte (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 2. August 2012 IV R 25/09, BStBl II 2012, 824 m.w.N.). Ungeachtet ihrer betrieblichen Veranlassung dürfen die Ausgaben danach bei der Ermittlung des Gewinns nicht abgezogen werden. Eines konkret feststellbaren Zusammenhangs mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen bedarf es dafür nicht. Vielmehr stellt das Gesetz auf den Zusammenhang der Aufwendungen mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der Geschäftsfreunde des Steuerpflichtigen ab und unterstellt diesen typisiert bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG.
30
Durch die Abzugsverbote des § 4 Abs. 5 EStG wollte der Gesetzgeber die tatsächlichen Schwierigkeiten, die bei der Abgrenzung zwischen dem betrieblichen Bereich und der privaten Lebensführung auftreten, in pauschalierender Weise lösen und Missbräuchen des Steuerpflichtigen vorbeugen (vgl. FG Hamburg in MwStR 2019, 289, Bode in: Kirchhof/Seer, Einkommensteuergesetz, § 4 Gewinnbegriff im Allgemeinen, 21. Auflage 2022, Rn. 196). Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass die in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG genannten Aufwendungen generell nicht abziehbar sein sollen, weil sie nach Auffassung des Gesetzgebers bereits ihrer Art nach als unangemessener Repräsentationsaufwand anzusehen sind. Eine Ausnahme gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG für Steuerpflichtige, die die Jagd, Fischerei oder die Bootsbenutzung und dergleichen gewerblich ausüben und aus dieser Tätigkeit unmittelbar Einkünfte erzielen (BTDrucks III/1811, S. 8 und BTDrucks 7/2180, S. 17).
31
Das Abzugsverbot findet auch für Körperschaftsteuersubjekte Anwendung, die nach der Rechtsprechung des BFH keine außerbetriebliche Sphäre haben können (vgl. etwa BFH-Urteile vom 3. Februar 1993 I R 18/92, BStBl II 1993, 367 und vom 7. Februar 2007 I R 2729/05, DB 2007, 1116 jeweils betreffend GmbH, Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 301. Lieferung 12.2020, § 4 EStG, Rn. 1600 m.w.N.). Soweit in der Versagung des Abzugs der Ausgaben ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip liegt, ist dieser jedenfalls durch den typisiert angenommenen Zusammenhang mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen oder seiner Geschäftsfreunde gerechtfertigt.
32
Vor diesem Hintergrund hat der BFH die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG einschränkend dahingehend ausgelegt, dass das Abzugsverbot nur für solche Aufwendungen gelten soll, die eine Berührung zur Lebensführung und zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der durch sie begünstigten Geschäftsfreunde des Steuerpflichtigen haben (BFH-Urteil in BStBl II 1993, 367, unter II.2.). Scheidet danach etwa die Verwendung eines Schiffs zu Unterhaltungs- oder sportlichen Zwecken oder zur unangemessenen Repräsentation aus tatsächlichen Gründen aus, weil das Schiff als „schwimmender Besprechungsraum“ oder reines Transportmittel genutzt wird, erstreckt sich das Abzugsverbot auf die betreffenden Aufwendungen nicht.
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2. Ähnliche Zwecke i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG sind Zwecke, die in vergleichbarer Weise wie die ausdrücklich genannten Zwecke einer sportlichen Betätigung, der Unterhaltung von Geschäftsfreunden, der Freizeitgestaltung oder der Repräsentation dienen (BFH-Urteile vom 3. Februar 1993 I R 18/92, BStBl. II 1993, 367; vom 10. Mai 2001 IV R 6/00, BStBl. II 2001, 575; vom 7. Februar 2007 I R 27-29/05, BFH/NV 2007, 1230), ohne dass dabei eigene Einrichtungen des Steuerpflichtigen genutzt werden müssen und ohne dass es einer sportlichen Betätigung der Gäste bedarf (BFH-Urteil vom 13. Juli 2016 VIII R 26/14, BStBl. II 2017, 161, Rz. 14 ff., vgl. auch Kanzler/Kruschke/Musil/Paul/Rätke/Schallmoser/Schober/Stapperfend/Tiede in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 Gewinnbegriff im Allgemeinen, Rn. 1320, Brandis/Heuermann/Drüen, 161. EL März 2022, EStG § 4 Rn. 754, B. Köhler/Deussen/Kühnen/Maetz/Nöcker/Steinhauff in: Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 4 Gewinnbegriff im Allgemeinen, Rn. 2785). Unter das Abzugsverbot fallen daher Ausgaben, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen (BFH-Urteil vom 26. September 2019 V R 27/19 (V R 1/17), BFH/NV 2020, 67).
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Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann es sich auch bei der Anschaffung eines Oldtimers, der kaum bewegt wird (vgl. BFH-Beschluss vom 10. August 2011 I B 42/11, BFH/NV 2011, 2097), oder eines Rennwagens um Aufwendungen für „ähnliche Zwecke“ i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG handeln (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Dezember 2008 III B 154/07, BFH/NV 2009, 579, Kanzler/Kruschke/Musil/Paul/Rätke/Schallmoser/Schober/Stapperfend/Tiede in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 Gewinnbegriff im Allgemeinen, Rn. 1320). Die Aufwendungen für einen Oldtimer oder einen Rennwagen weisen eine ähnliche Nähe zur privaten Lebensführung auf wie die übrigen in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG genannten Aufwendungen. Insbesondere bietet der Rennsport ähnliche Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung, Unterhaltung, Freizeitgestaltung und Repräsentation wie etwa der Segel-, Reit-, Golf- oder Flugsport. Die Aufwendungen unterliegen dem Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG sofern sich ein Zusammenhang mit der Lebensführung der begünstigten Geschäftsfreunde nicht ausschließen lässt (BFH-Urteil vom 7. Februar 2007 I R 27-29/05, BStBl II 2001, 575).
35
3. Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG anzuwenden. Die Anschaffung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gehört zu den ähnlichen Zwecken i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG, weil es seiner Art nach geeignet ist, unangemessenen Repräsentationsaufwand darzustellen. Bei dem XY handelt es sich um einen so genannten Supersportwagen mit …, der Technologien aus der Formel 1 nutzt, beispielsweise das sogenannte … Als erstes und bisher einziges Serienfahrzeug bietet es den Fahrern … Der XY stellt sich nach seinem Erscheinungsbild als Prototyp eines Sportwagens dar, der trotz serienmäßiger Herstellung im Straßenbild Aufsehen erregt, der sportlichen Betätigung dient und geeignet ist, ein Affektionsinteresse des Halters auszulösen und typisierend den privaten Interessen des Gesellschafter-Geschäftsführers zu dienen.
36
Im Streitfall hat der Geschäftsführer der Klägerin auch tatsächlich unstreitig ein Faible für hochwertige Sportwagen. Er besitzt verschiedene hochwertige Fahrzeuge und hat im Jahr 2014 beim … eine Rennlizenz beantragt. Der Einsatz des XY für Zwecke der Unterhaltung und Repräsentation ist hier nicht nur nicht auszuschließen, sondern steht nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin fest. Angemessenheitserwägungen im konkreten Einzelfall sind daher nicht anzustellen. Zweck der gesetzlichen Regelung ist es vielmehr gerade, die zum Ausschluss vom Abzug führende Unangemessenheit von Aufwendungen typisiert zu bestimmen (BFH in BStBl II 2012, 824, Rn. 11).
37
Wie die Klägerin selbst vorgetragen hat und sich aus den anhand der vorliegenden Rechnungen abzulesenden Kilometerständen ergibt, wurde der XY kaum bewegt (vgl. BFH in BFH/NV 2011, 2097). Auf den wenigen in den Streitjahren unternommenen Fahrten diente er der Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit und damit Werbe- bzw. Repräsentationszwecken. Unstreitig hat die Klägerin den XY zu Unterhaltungszwecken von Geschäftsfreunden genutzt. Das Fahrzeug wurde eingesetzt, um den Sponsoren und Kunden ein „Rennfeeling“ zu ermöglichen, da sie als Beifahrer professioneller Fahrer auf den Rennstrecken mitfahren durften. Die Klägerin hat ausgeführt, dass der XY aufgrund seiner technischen Ausstattung das Corporate Image der … Gruppe transportieren und der Kundenbindungs- und Netzwerkpflege dienen sollte. Insoweit wurde er zur Verfolgung vergleichbarer Zwecke eingesetzt, wie sie in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG ausdrücklich genannt sind, nämlich sportliche Betätigung, Unterhaltung von Geschäftsfreunden, Freizeitgestaltung oder Repräsentation (vgl. BFH in BStBl. II 1993, 367, in BStBl. II 2001, 575 und in BFH/NV 2007, 1230).
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4. Insoweit kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg einwenden, dass das in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG geregelte Abzugsverbot nur Aufwendungen für Zwecke erfasse, die Kosten produzieren, nicht jedoch Aufwendungen für Wirtschaftsgüter, mit denen – wie im Streitfall – Gewinne erzielt werden können. Diese Differenzierung findet keinen Rückhalt im Gesetzestext. Der Gesetzgeber hat gerade nicht darauf abgestellt, ob mit den in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG genannten Aufwendungen für Jagd und Fischerei, Segeljachten oder Motorjachten Umsätze generiert oder Gewinne erwirtschaftet werden. Vielmehr wollte der Gesetzgeber durch die Abzugsverbote des § 4 Abs. 5 EStG die tatsächlichen Schwierigkeiten, die bei der Abgrenzung zwischen dem betrieblichen Bereich und der privaten Lebensführung auftreten, in pauschalierender Weise lösen.
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5. Im Streitfall liegt auch keine Ausnahme des Abzugsverbots nach § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG vor. Das Abzugsverbot gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG gilt nicht, soweit der in Nr. 4 bezeichnete Zweck Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen ist (Kanzler/Kruschke/Musil/Paul/Rätke/Schallmoser/Schober/Stapperfend/Tiede in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 Gewinnbegriff im Allgemeinen, Rn. 1900). Insoweit hat der BFH zu einer als schwimmendes Besprechungszimmer genutzten Motorjacht ausgeführt, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.4 EStG als den „bezeichneten Zweck“ einerseits Aufwendungen für Jagd oder Fischerei und andererseits solche für Segel- oder Motorjachten nennt (BFH in BStBl II 1993, 367). Während es sich bei Jagd und Fischerei um Tätigkeiten handelt, die einen bestimmten Zweck haben können, sind Segel- oder Motorjachten dagegen Vermögensgegenstände, für die sich ein Zweck erst aus ihrer Nutzung durch den Steuerpflichtigen ergibt. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung stellt § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG daher klar, dass es nicht der Sinn des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG ist, beispielsweise den gewerblichen Verpächter von Segel- oder Motorjachten für Aufwendungen auf seine Boote mit einem Abzugsverbot zu belegen. Vielmehr sollen nur solche Betriebsausgaben nicht vom Gewinn abgesetzt werden dürfen, die auch eine Berührung zur Lebensführung und zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der durch sie begünstigten Geschäftsfreunde des Steuerpflichtigen haben. Daraus folgt, dass jedenfalls solche Aufwendungen nicht dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG unterworfen sind, die in keinem Zusammenhang mit der Nutzung einer Segel- oder Motorjacht für Zwecke der sportlichen Betätigung, der Unterhaltung von Geschäftsfreunden, der Freizeitgestaltung oder der Repräsentation stehen.
40
Der Senat schließt sich diesen Grundsätzen an. Wie oben dargestellt, diente die Anschaffung des XY s der Vermittlung eines „Rennfeelings“ an potentielle Geschäftspartner und zu Marketingzwecken. Die Verwendung erfolgte mithin zu Unterhaltungs- oder sportlichen Zwecken, zur Werbung und Repräsentation. Diese Zwecke waren jedoch nicht Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung der Klägerin, insbesondere auch nicht Gegenstand des im Jahr 2013 aufgenommenen Geschäftsbereichs „Motorsport“. Denn dieser Geschäftsbereich beinhaltete lediglich die Teilnahme der Klägerin mit einem Fahrzeug der Marke P an Rennen des P … Cup als Team …, nicht jedoch die Möglichkeit, potentiellen Kunden ein „Rennfeeling“ zu ermöglichen. Eine dem Fall im BFH-Urteil vom 3. Februar 1993 (I R 18/92, BStBl II 1993, 367 bezüglich einer Jacht als schwimmendes Konferenzzimmer) vergleichbare Sachverhaltskonstellation liegt hier unstreitig nicht vor.
41
Im Übrigen beziehen sich die vorgelegten Sponsoringverträge und Rennlizenzen nicht auf den XY, sondern ausschließlich auf die beim P … Cup eingesetzten Fahrzeuge der Marke P.
42
Darüber hinaus hat die Klägerin auch nicht anhand geeigneter Unterlagen nachgewiesen, dass der XY zu den einzelnen P Cup transportiert worden ist. Denn die eingereichten Rechnungen über Rennsportdienstleistungen enthalten ausschließlich allgemein gehaltene Leistungsbeschreibungen, die jedoch nicht auf den XY Bezug nehmen. Der Senat konnte daher nicht die Überzeugung gewinnen, dass der XY tatsächlich auf den in den Streitjahren 2012 und 2013 von der Firma H GmbH organisierten Rennsportveranstaltungen sowie auf dem Rennen des P … Cup im Jahr 2013 „präsentiert“ worden ist und damit dem Geschäftsbereich „Motorsport“ diente.
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Die Klägerin konnte den Senat auch nicht davon überzeugen, dass die Anschaffung des XY Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Tätigkeit der Klägerin gewesen ist), der im Ankauf und Weiterkauf hochpreisiger Fahrzeuge bestanden habe (vgl. Kanzler/Kruschke/Musil/Paul/Rätke/Schallmoser/Schober/Stapperfend/Tiede in: Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG/KStG, § 4 Gewinnbegriff im Allgemeinen, Rn. 1900 m.w.N.). Vielmehr ist der Senat aus den Gesamtumständen des Streitfalls zu der Überzeugung gelangt, dass es der Klägerin beim Kauf des streitgegenständlichen XY sowie der in den Jahren 2014 und 2016 erworbenen Fahrzeuge der Marke XY darauf ankam, jeweils die neuesten Fahrzeugmodelle mit aktueller technischer Ausstattung zu erwerben. So handelt es sich bei dem im Jahr 2014 erworbenen XY … um das Nachfolgemodell des streitgegenständlichen … Der im Jahr 2016 angeschaffte XY … wurde auf dem … als „stärkeres, auf dem … basierendes“ Fahrzeug vorgestellt. Die Klägerin hat selbst ausgeführt, dass es bei dem Erwerb und Einsatz des XY insbesondere auf seine technische Ausstattung angekommen sei, die das Corporate Image der … Gruppe transportieren und damit den Weg für die Kreation interaktiver Rennsportveranstaltungen zu Kundenbindungs- und Netzwerkpflege ebnen sollte.
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7. Aufgrund des sogenannten Verböserungsverbots i.S.d. § 96 Finanzgerichtsordnung (FGO, vgl. BFH – Beschluss vom 10. März 2016 X B 198/15, BFH/NV 2016, 1042) kommt eine Änderung der vom Finanzamt vorgenommenen Steuerfestsetzung nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen in Betracht. Im Streitfall bleibt es daher bei der zumindest hälftigen Anerkennung der streitigen Kosten. Im Übrigen hat die Klägerin im Zusammenhang mit der Berechnung der Kosten im einzelnen keine Einwendungen erhoben.
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8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe ersichtlich ist.