Titel:
Umfang des Rechts auf Akteneinsicht bei Jagdgenossen
Normenketten:
§ 3 Abs. 2 Satz 4 Mustersatzung (Anlage 1 zu § 5 Abs. 1 AVBayJG)
BJagdG § 9 Abs. 1
BayJG Art. 11 Abs. 1
BayVwVfG Art. 29 Abs. 3
Schlagwort:
Umfang des Rechts auf Akteneinsicht bei Jagdgenossen
Fundstelle:
BeckRS 2022, 47058
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt Einsichtnahme in das Jagdkataster zur Jagdgenossenschaft … mit Angaben zu den Jagdgenossen des Jagdreviers und die Ausgabe von Kopien dieser Dokumente. Darüber hinaus fordert der Kläger Einsichtnahme in sämtliche Unterlagen der Jagdgenossenschaft der letzten 20 Jahre, das heißt das Jagdkataster als CD-ROM des Landesamts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung gegen Kostenerstattung, Abschusspläne und -meldungen, Verbissgutachten, Protokolle mit Anwesenheitslisten der Jagdversammlungen, Abstimmungsergebnisse nicht geheimer Wahlen sowie den Schriftverkehr der Jagdgenossenschaft, jeweils auch in digitaler Form.
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Der Kläger ist Jagdgenosse der Jagdgenossenschaft …
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Zunächst wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 14. April 2021 an den Jagdvorstand Herrn … mit einem bis zum 30. März 2022 befristeten Angebot für die Neuverpachtung eines Jagdbogens des Gemeinschaftsjagdreviers … Im Zuge dieses Schreibens erwähnte er einen für ihn durch langjährig zu hohen Verbiss in der Hegegemeinschaft … entstandenen Schaden von 50.000 Euro.
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Auch mit Schreiben vom 28. April 2021 an den Bürgermeister der Stadt … und zu diesem Zeitpunkt Notjagdvorstand der Jagdgenossenschaft …, Herrn …, machte der Kläger für die in seinem Eigentum stehenden Waldgrundstücke im Jagdrevier … und … Wildschaden geltend und wies auf eine potentielle Haftung der Jagdgenossenschaft hin, sofern diese den Wildschaden auf die Jagdpächter übertragen habe.
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Mit Schreiben vom 17. Mai 2021 wandte sich der Kläger abermals an Herrn … und schilderte, 1980/90 ca. 30 Hektar Grund in der Gemeinde … erworben zu haben, auf dem er eine ökologische Umstrukturierung des Waldbaus versuche umzusetzen. Dies scheitere jedoch an dem Verbiss durch die langjährig zu hohe Rehwilddichte, den das Verbissgutachten im Hegering … ausweise. Durch Neuanpflanzung und fehlenden Unterwuchs entstünden ihm Gesamtkosten von 5.000 Euro, die in keinem Verhältnis zu den Jagdpachteinnahmen stünden. Die Ursache für den erhöhten Verbiss sehe er in erster Linie beim unangebrachten Jagdverhalten der Jagdpächter zu Lasten der Jagdgenossen, daneben in der Vermarktung von Wildbret als Lebensmittel. Der Kläger schlug vor, das Revier …, das aus drei Jagdbögen bestehe, in drei Jagdgenossenschaften umzuwandeln und verwies auf sein Angebotsschreiben vom 14. April 2021 an den Jagdvorstand Herrn … Daneben bat der Kläger darum, zu Treffen der Vorstandschaft künftig eingeladen zu werden.
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Mit Schriftsatz vom 14. Juli 2021 erhob der Kläger Klage zunächst mit dem Antrag auf Einsichtnahme in die Akte der Jagdgenossenschaft … sowie die Ausgabe von Kopien hierzu inklusive der Adressen und Grundeigentums-Angaben der Jagdgenossen in Hektar.
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Zur Begründung führte er aus, er versuche seit 20-25 Jahren einen klimafreundlichen Waldumbau auf der Teilfläche von ca. 30 Hektar, die in seinem Eigentum steht, umzusetzen. Dies scheitere bisher jedoch am Rehwildbestand, der dort deutlich zu hoch sei. In den Verbissgutachten des Hegerings … während dieser Zeit sei das Ergebnis „Verbiss zu hoch“. Eine Umzäunung des Bereichs sei nicht zielführend bei einer Fläche dieser Größe. Ihm sei bereits ein Schaden von ca. 50.000 bis 100.000 Euro entstanden. Die Problematik könne nur von den Jagdgenossen der Jagdgenossenschaft gelöst werden, denen er einen falschen Umgang mit der Situation vorwirft (z. B. Füttern von Schwarzwild durch Jagdpächter). Der Wildschaden für ein Revier mit 1.500 Hektar werde auf 1.000 Euro begrenzt, um ein Risiko für Jagdpächter zu vermeiden.
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Die Beklagte führte in ihrem Schreiben vom 23. August 2021 an das Gericht aus, dass am 1. Juni 2021 ein persönlicher Gesprächstermin zwischen dem Kläger und Herrn … stattgefunden habe. Seitens des Klägers sei vorgebracht worden, dass dieser die Einsichtnahme in das gesamte Jagdkataster des Gemeinschaftsreviers … fordere. Ein Nachweis über ein berechtigtes Interesse an jener Einsichtnahme im gewünschten Umfang sowie an der Erstellung von Kopien hieraus sei nicht dargelegt worden. Ein weiterer persönlicher Gesprächstermin in dem vom Kläger angesprochenen Waldgrundstück innerhalb des betroffenen Gemeinschaftsjagdreviers habe am 28. Juni 2021 stattgefunden, wobei dem Kläger Auszüge aus dem Jagdkataster der Flurstücke in dessen Eigentum übergeben worden seien.
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Mit Schreiben vom 13. September 2021 an das Gericht erklärte der Kläger, dass er gegen Punkt 7 nach der Tagesordnung der nichtöffentlichen Jahreshauptversammlung der Jagdgenossenschaft … am 27. August 2021, „Beratung und Verlängerung der Jagdpachtverträge GJR … 1, … 2 und … 3 für weitere 9 Jahre“, „Einspruch“ einlege und darum bitte, das Verfahren vorläufig ruhend zu stellen (vgl. auch Az. B 1 R 21.1197). Mit Schreiben vom 20. September 2021 führte er weiter aus, dass in der Jagdversammlung am 27. August 2021 trotz der Meldung von Wildschaden durch ihn mit Schreiben vom 28. April 2021 verkündet worden sei, es sei kein Wildschaden im betroffenen Gebiet gemeldet worden. Hinsichtlich des Nachweises über das berechtigte Interesse zur Einsichtnahme in das Jagdkataster bezog sich der Kläger auf den bereits dargestellten Wildverbiss in den in seinem Eigentum stehenden Waldgrundstücken, der beim Ortstermin am 28. Juni 2021 gezeigt worden sei und der auch weitere Jagdgenossen beschäftige. Daneben verwies er auf seinen Wunsch auf Anfertigung von Kopien auf eigene Kosten neben dem Recht auf Einsichtnahme in das gesamte Jagdkataster.
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Das Gericht erklärte den Beteiligten mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2021 seine vorläufige Rechtsauffassung und hörte in diesem Rahmen zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid an.
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Die Beklagte teilte daraufhin durch Herrn … als neuen Ersten Vorsitzenden der Jagdgenossenschaft … mit Schreiben vom 1. November 2021 an das Gericht mit, dass Einverständnis mit der Einsichtnahme durch den Kläger in das Jagdkataster der Jagdgenossenschaft bestehe. Das berechtigte Interesse des Klägers werde anerkannt.
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Mit gerichtlichem Schreiben vom 16. November 2021 wurde der Kläger daraufhin gebeten, das Verfahren für erledigt zu erklären oder sich zur weiteren Zulässigkeit der Klage zu äußern.
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Dazu teilte der Kläger mit Schreiben vom 20. November 2021 mit, das Zugeständnis durch die Beklagte entspreche nicht dem Umfang seines Begehrens, auch Einsicht in die „Akte“ der Jagdgenossenschaft zu nehmen sowie Kopien der Dokumente zu erstellen. Mit weiterem Schreiben vom 12. Dezember 2021 ergänzte der Kläger, er beantrage Einsicht in sämtliche Unterlagen der Jagdgenossenschaft … der letzten 20 Jahre, insbesondere
- Jagdkataster (Kauf der CD vom Vermessungsamt gegen Kostenerstattung),
- Abschusspläne und Abschussmeldungen,
- Protokolle mit Anwesenheitslisten der Jagdversammlungen mit Vollmachten,
- Abstimmungsergebnisse der nicht geheimen Wahlen einschließlich der Wahlzettel,
- Schriftverkehr der Jagdgenossenschaft,
zudem den Erhalt der genannten Unterlagen auch in digitaler Form.
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Hierzu äußerte sich die Beklagte mit Schreiben vom 19. Dezember 2021 dahingehend, dass für einen Jagdgenossen die Unterlagen der Jagdgenossenschaft grundsätzlich zur Einsichtnahme offen stünden. Diese sollte jedoch in der Stadtverwaltung in … stattfinden, damit ein leistungsfähiger Kopierer vorhanden sei und eine Beteiligung eines Vorstandsmitglieds erfolgen könne. Des Weiteren werde aufgrund des damit verbundenen zeitlichen Aufwands des Jagdvorstandes eine Begründung für den nun erweiterten Umfang der gewünschten Einsichtnahme gefordert. Mangels einer Weisungsgebundenheit des Jagdvorstands im Verhältnis zu den Jagdgenossen bestehe keine Bereitschaft, die CD-ROM des Jagdkatasters beim Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung anzufordern. Aus Sicht der Beklagten trete der Kläger außerdem als Einzelgänger auf. Andere Jagdgenossen würden eine derartige Einsichtnahme des Klägers in ihre Besitzstände eher ablehnen, womit seitens der Beklagten auch datenschutzrechtliche Bedenken an der Einsichtnahme im gewünschten Umfang bestehen. Es werde außerdem vermutet, der Kläger wolle gegen die im August 2021 abgehaltene Jahreshauptversammlung mit Jagdpachtverlängerung vorgehen. Der Kläger habe hier, da es sich um eine Pachtverlängerung handelte, kein Angebot abgeben können. Die Beklagte fügte zwei Schreiben an, in denen dem Kläger die Einsichtnahme in das Jagdkataster und „weitere Unterlagen der Jagdgenossenschaft“ angeboten wurde. Die Einsichtnahme in das Jagdkataster und die Versammlungsprotokolle sei unproblematisch, für die Einsicht in weitere Dokumente werde eine Begründung erwartet. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Verbissschäden wurde ein Vorort-Termin angeboten und mit weiterem Schreiben der Beklagten vom 29. Dezember 2021 an das Gericht auf den vorgegebenen Ablauf für die Regulierung von Wildschäden verwiesen.
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Mit Schreiben vom 28. Januar 2022 griff der Kläger unter Berufung auf § 9 Abs. 7 der Satzung der Jagdgenossenschaft … vom 25. Januar 1985 die Stellung des aktuellen Vorstandsmitglieds … an, da dieser ebenso wie sein Bruder Jagdpächter im betroffenen Gemeinschaftsrevier sei. Mit Schreiben vom 24. Februar 2022 forderte der Kläger das Gericht auf, zu prüfen, ob Herr … die Jagdgenossenschaft vertreten darf.
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Hierauf erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 17. Februar 2022, dass sich der genannte Paragraph auf Entscheidungen beziehe, die ihm selbst oder einem Angehörigen einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringen würden. Daher wirke er bei Angelegenheiten, die ihn selbst betreffen in der Versammlung oder in der Vorstandschaft nicht mit. Er habe bereits bei seiner Wahl im August 2021 auf diesen Umstand hingewiesen, wobei der Kläger zu diesem Zeitpunkt die Versammlung jedoch bereits verlassen habe. Auch habe er im Vorfeld der Versammlung bei der Unteren Jagdbehörde am Landratsamt nachgefragt, ob er als Revierinhaber auch das Amt des Jagdvorstands der Jagdgenossenschaft übernehmen könne, was von dort bejaht worden sei.
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Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Verbissschäden führte die Beklagte in diesem Schreiben aus, dass forstliche Gutachten und Sichtungen der Wälder des Klägers diesen Eindruck nicht bestätigen würden. Daneben halte sich der Kläger nicht an die Vorgaben zur Schadensregulierung. Von weiteren Jagdgenossen würden keine Verbissschäden geltend gemacht, vom Kläger schon seit über zehn Jahren.
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Mit weiterem Schreiben vom 14. April 2022 monierte der Kläger gegenüber dem Gericht, dass seitens der Beklagten nur bei zwei Forderungen Entgegenkommen signalisiert werde, Abschussplanung und Streckenlisten blieben ihm jedoch vorenthalten. Daneben beantrage er nun explizit, Herrn … als Jagdvorstand auf Erteilung der Zustimmung zur Aushändigung einer CD-ROM mit dem aktuellen Jagdkataster durch das Grundbuchamt … zu verurteilen, wobei der Kläger anfallende Kosten übernehme. Außerdem konkretisierte der Kläger, er habe aufgrund des Wildverbisses einen Anspruch auf eine künftig erhöhte Abschussplanung. Er habe angeboten, diverse Unterlagen einzuscannen und dazu am Sitz des Jagdvorstehers Einsicht zu nehmen; über die Stadt … wolle er dabei nicht vorgehen. Nach eigener Darstellung nahm der Kläger nicht an der nichtöffentlichen Jagdgenossenschaftsversammlung am 11. März 2022 teil.
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Nochmals mit Schreiben vom 3. April 2022 brachte die Beklagte ihre Bereitschaft zum Ausdruck, die Angelegenheit außergerichtlich zu regeln und dem Kläger in zwei Forderungen entgegenzukommen. Hinsichtlich des Vorwurfs des Verstoßes gegen § 9 Abs. 7 der Satzung der Jagdgenossenschaft … brachte die Beklagte hervor, dass die Existenz jenes Absatzes nahelege, dass auch Jagdpächter die Position des Jagdvorstehers einnehmen können. Die geforderte Einsichtnahme in das Jagdkataster sei auch bei der Stadt … in digitaler Form möglich, ein diesbezügliches Treffen werde weiterhin angeboten. Die über das Kataster hinausgehenden, vom Kläger angeforderten Unterlagen der Jagdgenossenschaft seien jedoch weitgehend nur in analoger Form vorhanden.
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Mit Schreiben vom 15. Mai 2022 erklärte die Beklagte, dass eine Einsichtnahme beim Jagdvorstand … zu Hause, wie vom Kläger gefordert, aufgrund von gegenwärtig stattfindenden Renovierungsarbeiten und aus Platzgründen aktuell nicht möglich sei. Es werde vorgeschlagen, die Einsichtnahme im Feuerwehrhaus … stattfinden zu lassen.
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Mit Vollmacht vom 25. Februar 2022 schaltete der Kläger Herrn Rechtsanwalt … ein, der jedoch mit Schreiben vom 22. Juli 2022 mitteilte, sein Mandat niedergelegt zu haben.
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Mit anwaltlichem Schreiben vom 13. Mai 2022 an das Gericht brachte der Kläger seine Bereitschaft, das Angebot der Beklagten zur Einsichtnahme in das Kataster – jedoch unter Anfertigung von Scans – anzunehmen, zum Ausdruck. Es bestünden jedoch Zweifel, ob es sich im Rahmen jenes Angebots nur um eine Einsichtnahme in das Liegenschaftskataster der Stadt … für die Gesamtgemarkung statt um das geforderte aktuelle Jagdkataster handle, da die Stadt … zur Führung des Jagdkatasters nicht berufen sei. Als Jagdvorstand sollten sich dieses sowie die weiteren geforderten Unterlagen bei diesem befinden. Sofern der Anfertigung von Scans nicht nachgekommen werden wolle, werde hilfsweise beantragt, den Jagdvorstand zu verpflichten, einer Herausgabe der entsprechenden digitalen Daten des Jagdkatasters beim Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung zuzustimmen.
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Hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Verbisschadens aufgrund zu geringer Abschusshöhen beabsichtige dieser zu ermitteln, ob in den letzten Jahren (2009 bis 2021) die Abschusszahlen im Turnus des Dreijahres-Abschussplans erhöht worden seien. Diese Daten seien bei der Beklagten vorhanden. Der Jagdgenosse habe einen Anspruch auf eine gesetzmäßige Erstellung der Abschusspläne und er wolle als Grundeigentümer erfahren, ob dem Auftrag aus Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 Bayerisches Waldgesetz (BayWaldG) „Wald vor Wild“ Genüge getan werde. Hieraus und aus Art. 32 Bayerisches Jagdgesetz (BayJG), wonach der Grundeigentümer als Mitglied der Jagdgenossenschaft Anspruch auf die Erstellung gesetzmäßiger Abschusspläne habe, leite der Kläger seinen materiell-rechtlichen Anspruch auf Einsicht in die Abschusspläne ab. Aus der dem Schreiben angefügten Übersicht der Ergebnisse des Forstlichen Gutachtens, Regierungsbezirk …, Landkreis …, Hegegemeinschaft …, Jahre 2009 bis 2021 für den Zeitraum 2006 bis 2021 im Zusammenspiel mit der gesetzlichen Regelung der Abschussplanung in Bayern ergebe sich für den Kläger der Anspruch auf diesbezügliche Auskunftserteilung. Im Übrigen berufe er sich auf Art. 1 Abs. 1 Umweltinformationsgesetz (UIG).
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Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 8. Juni 2022 erneut an das Gericht und brachte seine Ansicht zum Ausdruck, wonach bei dem Jagdvorsteher Einsicht zu nehmen sei; die Stadt … sei hierfür als Ort ungeeignet. Die Beklagte sei bereit, Einsicht in die Abschusspläne zu gewähren, wozu auch die Streckenlisten gehörten. Es werde um gerichtliche Entscheidung gebeten.
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Die Beklagte stellte mit Schreiben vom 17. Juni 2022 gegenüber dem Kläger richtig, dass das Jagd- und nicht nur das Liegenschaftskataster in elektronischer und gedruckter Form in der Ausgabe August 2021 zur Einsichtnahme mitgebracht werde. Die Abschusszahlen seien im Rahmen der Abschussplanung gemäß forstlicher Gutachten im Zeitraum 2010 bis 2021 deutlich erhöht worden. Die Abschusspläne könnten bei einem Einsichtnahme-Termin vorgelegt werden. Zum klägerischen Schreiben vom 8. Juni 2022 wies die Beklagte darauf hin, dass die Formulierung in der Satzung, das Jagdkataster liege beim Jagdvorstand offen, nicht bedeute, die Einsichtnahme müssen in dessen privaten Räumlichkeiten stattfinden, sondern dass dieser für die Offenlegung zu sorgen habe. Soweit die CD-ROM des Jagdkatasters vom Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung erworben werden solle, werde hierfür ein plausibler Grund benötigt. Die Bestellung eines Auszugs zu den Flächen des Klägers werde gegen Erstattung der Gebühr angeboten. Die Einsichtnahme des Katasters sei auch ohne Grund möglich, eine Herausgabe ohne einen solchen Grund aber problematisch aufgrund des Eingriffs in Rechte der Grundstückseigentümer.
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Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2022 wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch der Gerichtsakte mit dem Az. B 1 R 21.1197, und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
27
Die Klage ist teilweise zulässig. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie jedoch unbegründet.
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1. Mit seiner Klage mit Schriftsatz vom 14. Juli 2021 begehrt der Kläger Einsicht in die Akte der Jagdgenossenschaft … mit der Ausgabe von Kopien dazu, auch von den Adressen und Hektar-Angaben der Mitjagdgenossen. Der ursprüngliche Klageantrag ist als allgemeine Leistungsklage auf Einsichtnahme in das aktuelle Jagdkataster der Jagdgemeinschaft … sowie weitere, vorerst nicht näher konkretisierte Dokumente der Jagdgenossenschaft auszulegen. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2021 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2022 erfolgte eine Konkretisierung des Klageantrags durch den Kläger auf bestimmte Einzeldokumente der Jagdgenossenschaft aus einem Zeitraum der letzten 20 Jahre.
29
Teilweise fehlt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis für das klägerische Begehren, da bezüglich mehrerer klägerischer Teilforderungen in der mündlichen Verhandlung bereits die begehrte Einsichtnahme seitens der Beklagten zugesagt wurde. Der Kläger reagierte hierauf ungeachtet des entsprechenden richterlichen Hinweises in der mündlichen Verhandlung jedoch nicht mit einer Erledigungserklärung. Daneben machte der Kläger die gewünschte Einsichtnahme in sämtliche Pachtverträge der Jagdgenossenschaft erstmalig in der mündlichen Verhandlung geltend, womit die Jagdgenossenschaft zunächst nicht mit diesem Aspekt der Einsichtnahme befasst wurde.
30
In diesen Punkten fehlt der Klage mithin das Rechtsschutzbedürfnis, da hier die Inanspruchnahme des Gerichts nicht länger bzw. noch nicht erforderlich ist (vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2021 – 9 CE 21.853 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 8.4.2019 – 7 CE 19.343 – juris Rn. 14).
31
a) Hinsichtlich des Klageantrags auf Einsichtnahme in das Jagdkataster besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, da jene Einsichtnahme bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung in mehreren Schreiben sowie in der mündlichen Verhandlung seitens der Beklagten vollumfänglich zugesagt wurde. Auch die vom Kläger gewünschte Einsichtnahme in Form der temporären Zurverfügungstellung einer CD-ROM mit den entsprechenden Daten wurde durch den Jagdvorstand … im Rahmen der mündlichen Verhandlung zugesagt.
32
Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt, wenn die Jagdgenossenschaft die Möglichkeit zur Einsichtnahme in einer Weise konkretisiert, die als Erfüllung der berechtigten Auskunftsinteressen des Klägers bewertet werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 27.6.2013 – 3 C 20/12 – juris Rn. 8). Dies ist vorliegend der Fall. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Einsichtnahme in das Jagdkataster in der vom Kläger explizit gewünschten Form (insbesondere Kauf der genannten CD-ROM durch die Beklagte für den Kläger) besteht nicht (vgl. hierzu die Ausführungen unter 2. lit. b).
33
b) Auch zu der vom Kläger angestrebten Einsichtnahme in die Abschusspläne der letzten 20 Jahre erfolgte in der durchgeführten mündlichen Verhandlung eine Zusage durch die Beklagte, so dass hier ebenso wenig ein Rechtsschutzbedürfnis angenommen werden kann.
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c) Weiter wurde in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten zugesagt, die Streckenlisten der letzten 20 Jahre dem Kläger zur Kenntnis zu geben, soweit diese bei der Beklagten vorhanden sind. Die Streckenlisten befinden sich originär beim Landratsamt. Ebenfalls entfällt damit hierfür das Rechtsschutzbedürfnis.
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d) Daneben wurde in der mündlichen Verhandlung zugesichert, dem Kläger in die Verbissgutachten der Reviere … I, II und III der letzten 20 Jahre Einsicht zu gewähren, soweit diese bei der Beklagten vorhanden sind. Insoweit fehlt damit das Rechtsschutzbedürfnis.
36
e) Außerdem wurde in der mündlichen Verhandlung seitens der Beklagten zugesagt, die Versammlungsprotokolle der Jagdgenossenschaft der letzten 20 Jahre dem Kläger zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen, womit auch hier das Rechtsschutzbedürfnis entfällt.
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f) Soweit der Kläger die Zurverfügungstellung der Dokumente in digitaler Form fordert, wurde in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten zugesagt, die genannten Unterlagen dem Kläger digital zu übermitteln, soweit diese bei der Beklagten auch digital vorhanden sind. Unterlagen, welche bei dieser nur in Papierform vorhanden sind, werden danach dem Kläger zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt. Ort und Zeit der Einsichtnahme werden von der Beklagten bestimmt (vgl. VG Würzburg, U.v. 13.3.2020 – W 9 K 18.1165 – juris Rn. 20), womit sich der Kläger einverstanden erklärte. Insoweit ist ebenfalls kein Rechtsschutzbedürfnis anzunehmen.
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g) Bezüglich der in der mündlichen Verhandlung erstmals auf die Einsichtnahme in sämtliche Pachtverträge der Jagdgenossenschaft erweiterten Forderung des Klägers ist dieser zunächst auf die Jagdgenossenschaft selbst zu verweisen. Die Zulässigkeit verwaltungsgerichtlicher Rechtsbehelfe in der vorliegenden Leistungskonstellation, in der ein Handeln oder Unterlassen verlangt wird, hängt grundsätzlich davon ab, dass der Kläger das im gerichtlichen Verfahren geltend gemachte Begehren in einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren bei der zuständigen Behörde ohne Erfolg beantragt hat. Diese Zulässigkeitsvoraussetzung ergibt sich für die Verpflichtungsklage aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO („Antrag auf Vornahme“). Sie stellt neben dem Schutz der Gerichte vor unnötiger Inanspruchnahme eine Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gewaltenteilung dar, demzufolge es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden (BVerwG, B.v. 22.11.2021 – 6 VR 4/21 – NVwZ-RR 2022, 164 Rn. 8). Diese Grundsätze gelten für die allgemeine Leistungsklage entsprechend (BVerwG, U.v. 25.11.2020 – 6 C 7/19 – NJW 2021, 1610 Rn. 36). Damit kann für eine gerichtliche Rechtsverfolgung das als Sachurteilsvoraussetzung erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn die Behörde noch nicht mit dem Begehren befasst war (BVerwG, U.v. 28.6.2001 – 2 C 48/00 – NVwZ 2002, 97/99). Auch gegenüber der Jagdgenossenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. Art. 11 Abs. 1 Satz 1 BayJG) und öffentlichem Rechtsträger ist für die Geltendmachung und Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Ansprüche im Über- und Unterordnungsverhältnis der Erlass einer Leistungs- bzw. Feststellungsentscheidung als einfacherer Weg zu betrachten (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Vorb. § 40 Rn. 50).
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So liegt der Fall hier. Vor der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nach Aktenlage und Auskunft der Jagdgenossenschaft in der mündlichen Verhandlung keinen Antrag auf Einsicht in deren Unterlagen hinsichtlich der Pachtverträge gestellt. Es ist dem Kläger mithin zuzumuten, vor Beschreitung des Rechtswegs zunächst eine außergerichtliche Klärung bei der Beklagten herbeizuführen (VG Magdeburg, U.v. 20.10.2020 – 3 A 281/19 – juris Rn. 40). Infolgedessen fehlt hier das Rechtsschutzbedürfnis, da der öffentliche Rechtsträger die begehrte Entscheidung auch selbst treffen könnte, sofern er im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens mit der klägerischen Forderung konfrontiert worden wäre. Es ist insoweit nicht auszuschließen, dass der Kläger auch ohne gerichtlichen Rechtsschutz zu seinem Recht käme (vgl. auch VG Regensburg, B.v. 23.2.2016 – RN 4 E 16.185 – juris Rn. 19 im Eilrechtsschutz).
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2. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie jedoch unbegründet. Dem Kläger steht über den durch die Beklagte bereits zugesagten Umfang der Einsichtnahme hinaus kein Anspruch im begehrten Ausmaß zu.
41
a) Zwar steht dem Kläger grundsätzlich ein Anspruch auf Einsicht in das gesamte Jagdkataster der Beklagten nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.2003 – 6 B 45/03 – juris Rn. 12; BayVGH, U.v. 7.4.2003 – 7 B 02.168 – juris Rn. 20). Das Einsichtsrecht schließt die Möglichkeit, Kopien des Jagdkatasters auf seine Kosten zu fertigen, ein (vgl. VG Würzburg, U.v. 13.3.2020 – W 9 K 18.1165 – juris Rn. 15). Anspruchsgrundlage ist § 3 Abs. 2 Satz 4 der Satzung der Beklagten. Danach liegt das Jagdkataster für die Jagdgenossen und deren schriftlich bevollmächtigte Vertreter für ihren Grundbesitz zur Einsicht beim jeweiligen Jagdvorsteher offen. Die Regelung entspricht § 3 Abs. 2 Satz 4 der Mustersatzung (Anlage 1 zu § 5 Abs. 1 der Verordnung zur Ausführung des BayJG (AVBayJG)) und ist gemäß § 5 Abs. 1 AVBayJG (zu Art. 11 Abs. 2 Sätze 2 und 4 und Abs. 6 BayJG)*zwingender Bestandteil der Satzung einer Jagdgenossenschaft. Der Anspruch auf Einsicht in das gesamte Jagdkataster ist darüber hinaus auch ein Annex zu den mitgliedschaftlichen Rechten des Klägers als Jagdgenosse. Das Einsichtsrecht steht jedem Jagdgenossen jedoch nicht nur für seinen eigenen Grundbesitz, sondern hinsichtlich des Grundbesitzes aller Jagdgenossen zu (VG Würzburg, U.v. 13.3.2020 – W 9 K 18.1165 – juris Rn. 16). Diese Kenntnis ist erforderlich für die Feststellung, ob die ihm als Jagdgenossen zustehenden Ansprüche ordnungsgemäß erfüllt wurden. Aufgrund der gesetzlichen Zwangsmitgliedschaft der Jagdgenossen in der Jagdgenossenschaft (§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG)) ist es geboten, deren Mitwirkungsrechte im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften so effektiv wie möglich auszugestalten. Dem dient die weite Auslegung des Einsichtsrechts der Jagdgenossen in das Jagdkataster. Nur wenn jeder Jagdgenosse die Möglichkeit hat, sich über die Grundflächen der übrigen Jagdgenossen vor einer Beschlussfassung zu informieren, kann er sein Abstimmungsverhalten davon abhängig machen. Demgegenüber müssen etwaige berechtigte Interessen einzelner Jagdgenossen an der Nichtoffenlegung ihrer Grundflächen zurücktreten (VG Würzburg, U.v. 13.3.2020 – W 9 K 18.1165 – juris Rn. 18).
42
Aus dem umfassenden Einsichtsrecht in das Jagdkataster kann der Jagdgenosse auch das Recht ableiten, dass ihm bei der Einsichtnahme das Fertigen von Kopien gestattet wird. Die Art und Weise der Auskunft ergibt sich aus einer Interessenabwägung, die dem berechtigten Informationsbedürfnis ebenso Rechnung trägt wie dem Interesse der aktenführenden Stelle, nicht mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand belastet zu werden. Bei Ansprüchen gegen öffentlich-rechtliche Körperschaften, zu denen auch Jagdgenossenschaften gehören (§ 9 BJagdG, Art. 11 Abs. 1 Satz 1 BayJG), richtet sich diese Abwägung nach den Grundsätzen, die zu Art. 29 Abs. 3 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) für verwaltungsverfahrensrechtliche Sachverhalte entwickelt worden sind. Der Berechtigte hat grundsätzlich einen Anspruch auf Auszüge oder Überlassung von Kopien (VG Würzburg, U.v. 13.3.2020 – W 9 K 18.1165 – juris Rn. 19).
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Somit ist die Beklagte verpflichtet, ermessensfehlerfrei Zeit und Ort der Einsichtnahme zu bestimmen und dem Kläger die Anfertigung gewünschter Kopien auf seine Kosten zu ermöglichen (BVerwG, B.v. 27.6.2013 – 3 C 20/12 – juris Rn. 8). Dem kam die Beklagte vorliegend, wie unter 1. dargestellt, bereits nach. b) Ein darüber hinausgehender Anspruch des Klägers besteht nicht, da dahingehend kein materiell-rechtlicher Anspruch bzw. kein berechtigtes Interesse des Klägers vorgetragen wurde bzw. feststellbar ist.
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Im Vorfeld zur mündlichen Verhandlung sowie währenddessen wurde seitens der Beklagten die Einsichtnahme in nahezu alle gewünschten Einzeldokumente in weitgehend dem Klägerbegehren entsprechender Weise zugesagt, wobei einige Zusagen bereits über den rechtlich erforderlichen Rahmen der Einsichtnahme hinausgingen. Hinsichtlich der Erweiterung des Klageantrags auf sämtliche Dokumente der Jagdgenossenschaft aus dem Zeitraum der letzten 20 Jahre war jeweils seitens des Klägers darzulegen, welcher materiell-rechtliche Anspruch dem zu Grunde liegt und warum ein solcher Umfang des Auskunftsanspruchs erforderlich ist.
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aa) In zeitlicher Hinsicht ist zur Einsichtnahme zunächst auszuführen, dass ein Anspruch grundsätzlich ab dem Jahr besteht, in welchem der Kläger Mitglied der Jagdgenossenschaft war (vgl. OVG LSA U.v. 14.4.2011 – 2 L 118/09 – juris. Rn. 52). Vorliegend ist dies ausweislich der vom Kläger getätigten Aussage in der mündlichen Verhandlung seit 25 Jahren der Fall. Der geforderte zeitliche Umfang der Einsichtnahme von 20 Jahren ist damit prinzipiell gedeckt.
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bb) Soweit vom Kläger über die Einsichtnahme in das Jagdkataster hinaus von der Beklagten gefordert wurde, eine CD-ROM mit entsprechendem Inhalt vom Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung für den Kläger zu erwerben, ist kein dahingehender Anspruch feststellbar. Die Beklagte sagte zuletzt in der mündlichen Verhandlung zu, dem Kläger umfassende Einsichtnahme in das aktuelle Jagdkataster zu gewähren und hierfür dem Kläger die geforderte CD-ROM temporär zur Verfügung zu stellen. Ein Anspruch auf Übereignung einer CD-ROM besteht hingegen nicht, zumal die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vortrug, rechtlichen Beschränkungen seitens des Landesamtes hinsichtlich des käuflichen Erwerbs jener CD-ROM für Dritte zu unterliegen.
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cc) Hinsichtlich der Zurverfügungstellung der Streckenlisten sowie der Verbissgutachten der letzten 20 Jahre, soweit diese bei der Beklagten vorhanden sind, ergibt sich ebenfalls kein darüberhinausgehender Anspruch des Klägers. Angesichts des derart umfangreichen Zeitraums und der Tatsache, dass jene Dokumente – dem Verfahren zur Aufstellung der Abschusspläne unter Einbeziehung des Landratsamtes entsprechend – nicht vollumfänglich bei der Beklagten vorliegen, ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich, die die Beklagte verpflichten würde, diese nicht originär bei ihr aufzubewahrenden Schriftstücke für den Kläger zu besorgen. Der Kläger ist diesbezüglich auf eine Einsichtnahme beim Landratsamt zu verweisen. Auch die Satzung der Jagdgenossenschaft beinhaltet keine Aussagen zum Vorhalt der Streckenlisten bzw. Verbissgutachten beim Jagdvorstand. Insoweit erschließt sich für das Gericht nicht, aus welchem Grund eine lückenlose Dokumentation der Streckenlisten und Verbissgutachten der letzten 20 Jahre zusätzlich zur Einsichtnahme in alle Abschusspläne der letzten 20 Jahre zur Wahrnehmung der Rechte des Klägers als Jagdgenosse unerlässlich sein sollte.
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dd) Sofern der Kläger mit Schreiben vom 12. Dezember 2021 sein Klagebegehren auf Einsichtnahme in Abstimmungsergebnisse nicht geheimer Wahlen einschließlich der Wahlzettel konkretisierte, ist auf § 8 Abs. 2 Satz 3 der Satzung der Jagdgenossenschaft zur Beschlussfassung und Wahl hinzuweisen. Hiernach hat der Jagdvorstand die Unterlagen der schriftlichen Abstimmungen mindestens ein Jahr lang, im Fall der Beanstandung oder Anfechtung des Beschlusses für die Dauer des Verfahrens, aufzubewahren. Diese relativ kurze Dauer legt nahe, dass lediglich eine kurzfristige Aufbewahrung dieser Dokumente als zielführend betrachtet wird. Die Offenlegung der Abstimmungsergebnisse und Wahlzettel aus einem Zeitraum der letzten 20 Jahren ist mithin bereits von der Satzung nicht vorgesehen.
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Es muss auch entgegnet werden, dass der Kläger durchaus die Möglichkeit gehabt hätte, an jeder einzelnen Abstimmung im geforderten Zeitraum teilzunehmen, damit deren Ergebnisse direkt zu verfolgen und gegebenenfalls dagegen rechtlich vorzugehen. Nach eigener Aussage lag ihm die Teilnahme an jeder Abstimmung jedoch fern. Ein berechtigtes Interesse hinsichtlich der Einsichtnahme in die Abstimmungsergebnisse und Wahlzettel wurde seitens des Klägers nicht vorgetragen und ergibt sich auch nicht anderweitig. Des Weiteren müsste sich ein potentieller Fehler in der Abstimmung wesentlich auf das Abstimmungsergebnis durchschlagen. Bezogen auf die vom Kläger mehrfach in Bezug genommene Versammlung der Jagdgenossenschaft vom 27. August 2021 ergaben beispielsweise die Abstimmung zur Neuwahl der Vorstandschaft (TOP 8, Neuwahl des Vorstands, 79 bzw. 78 Stimmen) sowie zur Verlängerung der Jagdpachtverträge (TOP 7, Jagdpachtverträge, Jastimmen über 80, Neinstimmen unter 10) jedoch jeweils ein eindeutiges Abstimmungsergebnis, womit ein wesentliches Durchschlagen in diesem Fall ohnehin nicht erfolgen könnte.
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ee) Des Weiteren besteht kein Anspruch des Klägers auf Einsicht in sämtlichen Schriftverkehr der Jagdgenossenschaft der letzten 20 Jahre.
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Im Jagdrecht finden sich keine expliziten Regelungen zum Umfang von Einsichtsansprüchen. Nach ständiger Rechtsprechung werden für einen Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen die Grundsätze des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend herangezogen. So führt das OVG Sachsen-Anhalt mit Urteil vom 14. April 2011 (2 L 118/09 – juris Rn. 48) aus:
„Für den (eingetragenen) Verein enthalten zwar auch die Bestimmungen der §§ 21 ff. BGB keine Kontrollrechte, wie sie etwa § 716 Abs. 1 BGB den Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts einräumt. Danach kann ein Gesellschafter, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Übersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen. Aber auch für den (eingetragenen) Verein gilt, dass einem Vereinsmitglied kraft seines Mitgliedschaftsrechts (§ 38 BGB) ein Recht auf Einsicht in die Bücher und Urkunden des Vereins zusteht, wenn und soweit es ein berechtigtes Interesse darlegen kann, dem kein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse des Vereins oder berechtigte Belange der Vereinsmitglieder entgegenstehen (BGH, Hinweisb.v. 21.6.2010 – II ZR 219/09 – ZIP 2010, 2397, m. w. Nachw.)“.
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Ein Anspruch des Jagdgenossen auf Einsicht in die Unterlagen der Jagdgenossenschaft wird grundsätzlich anerkannt, sofern dies erforderlich ist, um die einer Person als Jagdgenosse gegenüber der Jagdgenossenschaft zustehenden Rechte bzw. Ansprüche sachgerecht geltend machen zu können. Nicht eigens in der Satzung geregelte Auskunftsansprüche folgen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen als Voraussetzung effektiver Rechtswahrung aus dem streitigen materiellen Recht, zu dem sie Annexe oder Nebenansprüche darstellen. Insofern bedarf es weder einer ausdrücklichen Regelung noch einer Analogie. Das gilt auch für die Jagdgenossenschaft, wenn ein Jagdgenosse gegen sie materiell-rechtliche Ansprüche aus dem Mitgliedschaftsverhältnis geltend macht. Sind diese Ansprüche nicht offensichtlich und eindeutig auszuschließen, schuldet die Jagdgenossenschaft dem Jagdgenossen die Offenlegung ihrer Bücher und sonstiger Unterlagen. Art und Umfang der Unterlagen, auf die sich dieser Auskunftsanspruch im Einzelnen erstreckt, hängen maßgeblich davon ab, welche Daten zur effektiven Überprüfung der jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen erforderlich sind (BVerwG, B.v. 27.6.2013 – 3 C 20/12 – juris Rn. 5).
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Es gibt jedoch keinen grundsätzlichen Anspruch auf umfassenden Einblick in sämtliche Unterlagen allein aufgrund der Stellung als Jagdgenosse. Ein Jagdgenosse hat ohne nähere Ausführungen keinen Anspruch auf Einsicht in eine unbestimmte und vom Inhalt unkonkrete „Jagdakte“ (VG Magdeburg, U.v. 20.10.2020 – 3 A 281/19 – juris Rn. 35; VG Würzburg, U.v. 13.3.2020 – W 9 K 18.1165 – juris Rn. 26). Bereits die Bezeichnung „Jagdakte“ bzw. „Schriftverkehr der Jagdgenossenschaft“ ohne Angabe dazu, worauf sich dieser beziehen soll, ist – anders als das „Jagdkataster“ – derart unbestimmt, dass deren Inhalt nicht verifiziert werden kann (vgl. VG Magdeburg, Urt.v. 20.10.2020 – 3 A 281/19 – juris Rn. 35). Der Kläger legte bisher keinen konkreten materiell-rechtlichen Anspruch aus dem Mitgliedschaftsverhältnis, zu dem dieser Auskunftsanspruch einen Annex darstellen könnte, hinreichend substantiiert dar. Er äußerte sich dahingehend, dass der Verbiss in den betroffenen Revieren zu hoch sei, stellte deshalb die Tauglichkeit der Abschusspläne in Frage und warf den Jagdpächtern falsches Jagdverhalten vor. Hieraus ergibt sich jedoch kein konkreter verfolgter Anspruch oder eine Angabe, warum ein derart umfassender Auskunftsanspruch zielführend wäre. Daneben genügt in der Regel die Einsichtnahme in das Jagdkataster für die Feststellung, ob die ihm als Jagdgenosse zustehenden Ansprüche ordnungsgemäß erfüllt wurden. Dies gilt umso mehr in Verbindung mit der zugesagten Einsichtnahme in weitere Dokumente der Jagdgenossenschaft.
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ff) Soweit die Einsichtnahme in digitaler Form bezüglich sämtlicher Dokumente gefordert wurde, besteht kein dahingehender Anspruch des Klägers. Seitens der Beklagten wurde zugesagt, dort in digitaler Form vorhandene Dokumente als solche dem Kläger zur Verfügung zu stellen. Der Kläger kann jedoch darüber hinaus nicht verlangen, dass die Beklagte dort in analoger Form vorhandene Dokumente einscannt, um diese dem Kläger digital zugänglich zu machen.
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Lediglich sofern die erforderlichen Informationen in einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert sind, kann zum Zwecke der Unterrichtung ein Ausdruck über die geforderten Informationen oder auch deren Übermittlung in elektronischer Form verlangt werden (BGH, B.v. 21.9.2009 – II ZR 264/08 – juris Rn. 9 zum Ausdruck; OVG LSA, U.v. 14.4.2011 – 2 L 118/09 – juris, Rn. 48 zum Verein sowie der elektronischen Übermittlung).
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3. Gemäß § 154 Abs. 1 VwGO trägt der Kläger als Unterliegender die Kosten des Verfahrens.
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4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 709 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.