Titel:
Kürzung des Ruhegehalts eines kommunalen Wahlbeamten im Ruhestand wegen Untreuehandlungen als Verwaltungsratsmitglied einer Sparkasse
Normenketten:
BeamtStG § 33 Abs. 1, § 34, § 42 Abs. 1, § 47
BayDG Art. 12, Art. 16, Art. 24
StGB § 266
Leitsätze:
1. Eine verspätete Einleitung eines Disziplinarverfahrens haftet diesem nicht als Mangel an, der einer Maßnahme entgegensteht, soweit sich dadurch nicht ein Maßnahmeverbot gem Art. 16 BayDG wegen Zeitablaufs ergibt. Ggf. handelt es sich hierbei aber um einen bei der Maßnahmebemessung zu berücksichtigenden Aspekt. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Sowohl die Begehung von innerdienstlichen Untreuehandlungen, auch soweit sie als Beilhilfe begangen worden sind, als auch innerdienstliche Verstöße gegen § 42 BeamtStG wiegen durchaus sehr schwer. Dabei eröffnet schon der Strafrahmen der Untreue durchaus einen disziplinarischen Orientierungsrahmen bis zur Höchstmaßnahme, auch unter Anwendung eines nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt sodann in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht. Dabei verbietet sich ein wie auch immer gearteter Schematismus. Hierbei bedarf es jeweils einer Betrachtung der Umstände des Einzelfalls. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
(Landes) Disziplinarrecht, Kommunaler Wahlbeamter im Ruhestand, Innerdienstliche Untreue als stellv. Landrat im Rahmen von luxuriösen Verwaltungsratsfahrten einer Sparkasse etc., Innerdienstliche Annahme von Geschenken und sonstigen Vorteilen, insb. im Rahmen einer ausgerichteten Geburtstagsfeier, Verzögerte Einleitung eines Disziplinarverfahrens sowie verzögerte Fortsetzung eines ausgesetzten Disziplinarverfahrens als Milderungsgrund, Kürzung des Ruhegehalts aufgrund Umstände des Einzelfalls, Maßnahmeverbot
Fundstelle:
BeckRS 2022, 47020
Tenor
I. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung des Ruhegehalts i.H.v. 1/10 für die Dauer von 2 Jahren und 8 Monaten erkannt.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
1
Gegenstand des Verfahrens ist eine Disziplinarklage auf Kürzung des Ruhegehalts des Beklagten als Kommunalen Wahlbeamten im Ruhestand infolge dienstpflichtwidrigen Handelns innerdienstlich in Funktion als stellv. Landrat im Rahmen seiner Tätigkeit als stellv. Vorsitzenden des Verwaltungsrats einer Kreissparkasse durch Verwaltungsratsfahrten und einer Kreistagsfahrt mit unangemessen hohen Leistungen bei der Hotelübernachtung, Essen- und Getränkeauswahl etc. in Begleitung der Ehefrau sowie Annahme einer Finanzierung einer Geburtstagsfeier zu seinem 70. Geburtstag sowie weiteren Geschenken als stellv. Verwaltungsratsvorsitzender durch den Vorstandsvorsitzenden.
2
1. Der am … 1940 geborene Beklagte war von 1981 bis zum 1. Mai 2008 Bürgermeister der Gemeinde … im Landkreis … Zuvor war er nach Bestehens des Ersten und Zweiten Juristischen Staatsexamens in den Jahren 1963 und 1967 als Staatsanwalt bzw. als Richter in der Bayerischen Justiz tätig. Im Rahmen seiner kommunalpolitischen Karriere und Mitgliedschaft im Kreistag von 1990 bis 2014 bekleidete er von 2008 bis zum 30. April 2014 das Amt als stellvertretender Landrat und war insoweit auch stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats der Kreissparkasse …- …, dem er zuvor schon als gewähltes Mitglied angehörte. Der verheiratete Ruhestandsbeamte und Vater dreier erwachsender Kinder erhält Ruhegehalt aus der Besoldungsgruppe A16.
3
Der Beklagte ist mit Ausnahme der ihm vorliegend zur Last gelegten Vorwürfe weder strafrechtlich noch disziplinarisch vorbelastet. Insoweit ist der Beklagte mit einem seit 28. November 2018 rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 2. November 2018 – Az. … … … … – wegen Untreue u.a. mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten belastet.
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2. Nach Übertragung der Disziplinarbefugnisse durch das Landratsamt … als Rechtsaufsichtsbehörde nach Art. 19 Abs. 4 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) i.V.m. §§ 1 Abs. 2, 5 Satz 1 DVKommBayDG mit Schreiben am 5. Juli 2018 an die Landesanwaltschaft B. – Disziplinarbehörde – (Landesanwaltschaft) leitete diese mit Verfügung vom 17. Juli 2018 ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten gemäß Art. 19 BayDG ein und gab dies dem Beklagten nach Art. 20 BayDG bekannt. Das Disziplinarverfahren wurde gleichzeitig mit Blick auf eine vom Landratsamt der Landesanwaltschaft vorgelegte Mitteilung in Strafsachen (MiStra) der Staatsanwaltschaft M. II vom 12. Juni 2018 über eine Anklageschrift gegen den Beklagten vom 23. Februar 2018 – Az. … … … – aufgrund des gegen den Beklagten betriebenen Strafverfahrens gemäß Art. 24 Abs. 1 BayDG ausgesetzt. Auf die Begründung der Aussetzungsverfügung wird gemäß Art. 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO Bezug genommen. Nach Rechtskraft des Strafbefehls vom 2. November 2018 gegen den Beklagten, von dem die Landesanwaltschaft durch MiStra vom 11. Oktober 2018 Kenntnis erlangte, wurde das Disziplinarverfahren zunächst noch nicht fortgesetzt, sondern im Februar 2019 die Strafakte angefordert und erst mit Verfügung vom 22. November 2021 das Disziplinarverfahren unter Ausdehnung und Konkretisierung der Vorwürfe fortgesetzt. Zur Begründung der verzögerten Fortführung hat die Landesanwaltschaft das fortdauernde Revisions-Strafverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse sowie den Verwaltungsratsvorsitzenden benannt. Nach einer Stellungnahme des Bevollmächtigten des Beklagten vom 8. April 2022 wurde das Ermittlungsergebnis durch die Landesanwaltschaft unter dem 27. Juni 2022 vermerkt. Dabei wurde das Disziplinarfahren unter anderem hinsichtlich einer Bürgermeisterfahrt nach Interlaken beschränkt, Art. 21 Abs. 2 BayDG, und der Beklagte von im Strafbefehl (noch) enthaltenen Vorwürfen der Vorteilsannahme freigestellt. Auf die abschließende Anhörung gemäß Art. 32 BayDG hin verzichtete der Beklagte durch seinen Bevollmächtigten auf eine weitere Stellungnahme.
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3. Am 8. August 2022 hat der Kläger durch die Landesanwaltschaft Disziplinarklage gegen den Beklagten mit dem Ziel der Kürzung der Dienstbezüge für die Dauer von 60 Monaten erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Disziplinarklage sowie Stellungnahmen vom 26. Oktober 2022 auf einen richterlichen Hinweis vom 14. Oktober 2022 hin Bezug genommen, Art. 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO. Mit Schriftsätzen vom 27. Oktober 2022 bzw. 3. November 2022 teilte die Landesanwaltschaft daraufhin mit,
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dass die Verhängung der Disziplinarmaßnahme der Kürzung des Ruhegehalts um 1/10 auf die Dauer von zwei Jahren und acht Monaten als noch angemessene Disziplinarmaßnahme angesehen werde,
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und einer Entscheidung durch Beschluss nach Art. 57 BayDG wurde insoweit zugestimmt werde.
8
Der Bevollmächtigte des Beklagte teilte am 8. November 2022 mit,
dass der Kürzung der Dienstbezüge in Höhe von 10% über einen Zeitraum von 2 Jahren und acht Monaten (32 Monate) aus prozessökonomischen Gründen zugestimmt werde.
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Im Disziplinarklageverfahren hat der Beklagte durch seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2022 insbesondere zum Aspekt einer verspäteten Einleitung sowie Fortsetzung des Disziplinarverfahrens und Vorliegen eines Maßnahmeverbots Stellung genommen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird verwiesen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Disziplinarklage, die zuvor zitierten Stellungnahmen auf den richterlichen Hinweis vom 14. Oktober 2022 hin, die Disziplinarakte der Landesanwaltschaft B. – LAB 6 DV …, die Personalakte des Beklagten sowie die beigezogene Strafakte der Staatsanwaltschaft M. II – … … … – sowie die beigezogenen Urteile des Landgerichts München II vom 8. April 2019 – … … … … … – und vom 18. Mai 2022 – … … … … … (2) – nach der BGH-Entscheidung vom 18. Mai 2021 – * … … – gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden, den Verwaltungsratsvorsitzenden u.a. Bezug genommen.
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Auf die Disziplinarklage des Klägers hin wird – den übereinstimmenden Anträgen folgend – auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung des Ruhegehalts des Kommunalen Wahlbeamten im Ruhestand gemäß Art. 12 BayDG für die Dauer von 2 Jahren und 8 Monaten um 1/10 erkannt.
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Über die Disziplinarklage kann nach Art. 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayDG aufgrund der Zustimmung der Beteiligten nach vorangegangenem richterlichen Hinweis ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss des Vorsitzenden der Disziplinarkammer, Art. 43 Abs. 2 BayDG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 2 VwGO, entschieden werden.
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1. Formelle Mängel des Disziplinarverfahrens i.S.v. Art. 53 Abs. 1 BayDG, die der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme entgegenstehen würden, bestehen nicht.
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a) Soweit der Bevollmächtigte des Beklagten eine verspätete Einleitung des Disziplinarverfahrens bemängelt, steht dies vorliegend einer Kürzung der Dienstbezüge nicht entgegen.
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Während die Landesanwaltschaft unverzüglich nach Übertragung der Disziplinarbefugnisse tätig geworden ist, hatte das Landratsamt … als Rechtsaufsichtsbehörde (vgl. Art. 18 Abs. 4 Satz 1 BayDG) allerdings die an sich bereits viel früher, nämlich jedenfalls seit dem Jahre 2015, gebotene Einleitung eines Disziplinarverfahrens jahrelang unterlassen. Zutreffend weist der Beklagtenbevollmächtigte darauf hin, dass Art. 19 Abs. 1 BayDG insoweit keinen Ermessensspielraum eröffnet, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht eines Dienstvergehens vorliegen.
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Eine verspätete Einleitung eines Disziplinarverfahrens haftet diesem jedoch nicht als Mangel an, der einer Maßnahme entgegensteht (vgl. BVerwG, B.v. 18.11.2008 – 2 B 63/08) – beck-online Rn. 15; BVerwG, U.v. 28.7.2010 – 2 A 4.09 – beck-online Rn. 102), soweit sich dadurch nicht ein Maßnahmeverbot gemäß Art. 16 BayDG wegen Zeitablaufs ergibt. Ggf. handelt es sich hierbei aber um einen bei der Maßnahmebemessung zu berücksichtigenden Aspekt (s.u.).
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Ein solches Maßnahmeverbot nach Art. 16 BayDG für die Kürzung der Dienstbezüge besteht vorliegend nicht. Die Vollendung des als Einheit zu betrachtenden Dienstvergehens erfolgte mit der Fahrt ins … im November 2013, da der Beklagte sich auch diesbezüglich dienstpflichtwidrig verhalten hat. Spätestens mit der Einvernahme als Beschuldigter im Strafverfahren am 27. Januar 2015 trat die Hemmungswirkung des Art. 16 Abs. 5 Satz 2 BayDG durch das Strafverfahren ein, somit vor Ablauf der Drei-Jahres-Frist nach Art. 16 Abs. 2 BayDG. Mit Einleitung des Disziplinarverfahrens am 17. Juli 2018 währenddessen begann diese Drei-Jahres-Frist gemäß Art. 16 Abs. 4 Nr. 1 BayDG von Neuem und nochmals mit der Ausdehnungsverfügung vom 22. November 2021 gemäß Art. 16 Abs. 4 Nr. 2 BayDG, so dass sie zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 8. August 2022 somit noch nicht abgelaufen war.
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b) Die späte Fortsetzung des Disziplinarverfahrens steht ebenso einer Kürzung der Dienstbezüge nicht entgegen.
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Dass das Disziplinarverfahren nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens gegen den Beklagten nicht unverzüglich – somit erst im November 2021 – fortgesetzt wurde, Art. 24 Abs. 2 BayDG eröffnet insoweit keinen Spielraum, stellt hingegen einen Verfahrensfehler dar. Dahinstehen kann, ob eine weitere Aussetzung des Verfahrens nach Art. 24 Abs. 3 BayDG möglich gewesen wäre, da eine solche nicht verfügt war und eine aktenkundige Ermessensausübung verlangt.
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Die verzögerte Fortsetzung des Verfahrens ließ jedoch – entgegen der Ausführungen des Bevollmächtigten des Beklagten – die Fortdauer der gesetzlich normierten Hemmungswirkung der Aussetzung gemäß Art. 16 Abs. 5 Satz 1 BayDG nicht entfallen. Hierbei besteht kein Raum, die Fortdauer der Hemmungswirkung an eine Recht- oder Zweckmäßigkeit einer Aussetzung zu knüpfen, sondern ist eine formale Betrachtungsweise schon aus Gründen einer rechtssicheren Rechtsanwendung geboten. Das Gericht folgt insoweit nicht der Argumentation des Bevollmächtigten des Beklagten. Der betroffene Beamte ist einer etwaigen rechts- oder zweckwidrigen Aussetzung auch nicht rechtsschutzlos ausgesetzt, da ihm die Möglichkeit einer entsprechend gerichtlichen Entscheidung nach Art. 60 Abs. 1 BayDG offensteht, bei dem eine gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit der Aussetzungsentscheidung der Disziplinarbehörde besteht. Folglich bewegen sich auch die beklagtenseitig zitierten Entscheidungen im Kontext von Verfahren nach Art. 60 BayDG/§ 62 BDG und die darin genannte Frist.
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Allerdings handelt es sich bei der verzögerten Fortsetzung des Disziplinarverfahrens um einen bei der Maßnahmebemessung zu berücksichtigenden Aspekt (s.u.).
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2. Dem dem Beklagten zur Last gelegten Dienstvergehen liegt nach der Disziplinarklage auf der Grundlage des rechtskräftigen Strafbefehls vom 11. Oktober 2018 – 1114 … … … … – (a)), der strafrechtlichen Ermittlungen ausweislich der Anklageschrift gegen den Beklagten vom 23. Februar 2018 (b)), und sowie der Feststellungen des Landgerichts München II in seinem Urteil vom 08. April 2019 – … … … … 31544/14 – und der diesbezüglichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft M. II (c)) folgender Sachverhalt zugrunde:
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a) „I. Unternehmensverhältnisse
Die Kreissparkasse …- … (KSK) ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in … Ihr Träger ist der Landkreis … Sie ist im Handelsregister des Amtsgerichts München unter HRA 75619 eingetragen. Ihr Geschäftsbezirk umfasst den Landkreis … Die für ihre Errichtung und ihren Betrieb maßgeblichen Vorschriften ergeben sich aus dem Bayerischen Sparkassengesetz (SpkG), der Bayerischen Sparkassenordnung (SpkO) und der eigenen Satzung der KSK vom 28.08.2007 (Satzung).
Vom 01.08.1991 bis zum 31.03.2012 war der anderweitig Verfolgte … Vorstandsvorsitzender der KSK. Ab dem 01.04.2012 war der anderweitig Verfolgte Dr. … Vorstandsvorsitzender der KSK.
Vorsitzender des Verwaltungsrats der KSK (Verwaltungsrat) ab 01.05.2008 und jedenfalls bis zum Ende der nachfolgend wiedergegebenen Tatzeiträume war der anderweitig Verfolgte und seinerzeitige Landrat des Landkreises … … … Stellvertretender Landrat und damit stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats ab 09.05.2008 waren Sie. Mitglieder des Verwaltungsrats im Zeitraum vom 01.07.2008 bis 27.07.2014 waren die anderweitig Verfolgten … …, … …, … …, … …, … … und … … Sie waren als stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats nach Art. 7 Abs. 2 SpkG Ehrenbeamter des Landkreises und nach Art. 53 KWBG entschädigungsberechtigt. Nach § 42 BeamtStG war es Ihnen untersagt, Belohnungen oder Geschenke anzunehmen.
Die KSK erzielte Bilanzgewinne im Jahr 2009 i.H.v. ca. EUR 1.399.000,00, im Jahr 2010 i.H.v. EUR 1.454.015,79, im Jahr 2011 i.H.v. EUR 1.368.685,82 und im Jahr 2012 i.H.v. EUR 509.451,13.
Der Kostenrahmen für laufende Personal-, Sach- und Werbeausgaben bei der KSK ist im sogenannten Handlungskostenvoranschlag festgelegt, der auf Vorschlag des Vorstands vom Verwaltungsrat gebilligt werden muss. Er sieht unter anderem eine Rubrik „Werbung“ und einen Dispositionsfonds vor, der vor allem Spenden beinhaltet.
Für das Jahr 2012 war im Handlungskostenvoranschlag für die Rubrik Werbung ein Gesamtaufwand von EUR 1.623.000 vorgesehen und zwar im Einzelnen wie folgt:
Steuerlich abziehbare Aufwendungen Für Werbegeschenke
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EUR 120.000,00
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Übrige steuerlich abziehbare Aufwendungen für Werbegeschenke
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EUR 100.000,00
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Steuerlich nicht abziehbare Aufwendungen für Werbegeschenke
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EUR 100.000,00
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Werbegeschenkspargutscheine
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EUR 3.000,00
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Sonstige Aufwendungen für Werbung, Verkaufsförderung, Öffentlichk. und Marktforschung
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EUR 1.300.000,00
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Der Dispositionsfonds für das Jahr 2012 umfasste ein Volumen von EUR 580.000, davon EUR 50.000 für die Untergruppe „Dispositionsfonds im engeren Sinn ohne Bewirtungskosten“, EUR 30.000 für die Untergruppe „Sonstige Bewirtungsaufwendungen betrieblicher Anlass“ und EUR 500.000 für die Untergruppe „Spenden“.
Für das Jahr 2011 betrug der Werbeetat ebenfalls EUR 1.623.000, der Dispositionsfonds hatte ein Volumen von EUR 880.000, davon EUR 50.000 für die Untergruppe „Dispositionsfonds im engeren Sinn ohne Bewirtungskosten“, EUR 30.000 für die Untergruppe „Sonstige Bewirtungsaufwendungen betrieblicher Anlass“ und EUR 800.000 für die Untergruppe „Spenden“.
Der Werbeetat für das Jahr 2010 betrug EUR 1.853.000, der Dispositionsfonds hatte ein Volumen von EUR 550.000. Der Werbeetat für das Jahr 2009 betrug EUR 999.000, der Dispositionsfonds hatte ein Volumen von EUR 600.000.
Die Ertragslage der KSK lag spätestens ab dem Jahr 2009 bis 2012 hinsichtlich aller dargestellter Komponenten (Betriebsergebnis vor und nach Bewertung, bereinigtes Jahresergebnis) jeweils deutlich unter den jeweiligen Werten der Vergleichsgruppe und des Verbandsdurchschnitts. Dabei verschlechterte sich die Ertragslage in den Jahren 2009 bis 2012 fortlaufend. Im Jahr 2011 war die KSK im Hinblick auf das Betriebsergebnis „bayerisches Schlusslicht“.

Ursächlich hierfür war in allen Jahren in erster Linie der auffällig hohe Sachaufwand, insbesondere auch im Hinblick auf Ausgaben für Werbung, „Sponsoring“ und ähnliches, der zum Teil deutlich über dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe lag. Die Auswirkung war eine in der Folge unterdurchschnittliche Eigenkapitalausstattung. Auf die erheblichen Aufwendungen für Sponsoring etc. wurde sowohl in den Prüfungsberichten für die Jahresabschlüsse als auch in den Schlussbesprechungen mit dem Verwaltungsrat wiederholt hingewiesen und die KSK zu einer kritischen Überprüfung ihres Geschäftsgebarens aufgefordert.
Diese Umstände waren allen Mitgliedern des Vorstands und des Verwaltungsrats bekannt. Ebenso war ihnen bewusst, dass sie aufgrund ihrer Stellung als Mitglieder des Vorstands oder des Verwaltungsrats der KSK verpflichtet waren, die Vermögensinteressen der KSK zu wahren.
Il. Einzelne Sachverhalte
1. Feier zu Ihrem 70. Geburtstag
Am 16.10.2010 fand eine Feier anlässlich Ihres 70. Geburtstags im Alpengasthof „… …“ in … statt. Zu der Veranstaltung lud, was auf den Einladungskarten – aber auch nur dort – erkennbar war, die KSK durch die anderweitig Verfolgten … … und … … ein. Von den 169 Personen, die an der Feier teilgenommen haben, waren 135 Personen Gäste und 34 weitere Personen Akteure (Gebirgsschützen und andere). Von den 135 Gästen waren 94 Ihre privaten Gäste. Die übrigen Gäste waren ehemalige und aktive Verwaltungsratsmitglieder und Mitglieder des Vorstands der KSK. Die Gästeliste wurde ausschließlich von Ihnen bestimmt, die KSK nahm darauf keinen Einfluss, demnach wurden nicht gezielt Kunden eingeladen. Die Geburtstagsfeier war seitens der Verantwortlichen in der KSK auch nicht als Kundenveranstaltung geplant, auf die Hinzufügung des Logos der Sparkasse auf den Einladungen wurde bewusst verzichtet. Im Zusammenhang mit der Geburtstagsfeier sind bei der KSK Kosten in Höhe von EUR 33.550,31 angefallen.
Im Einzelnen sind seitens der Kreissparkasse folgende Leistungen vergeben worden:
Blumenschmuck/ …
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EUR 15.233,19
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Einladungskarten/ …
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EUR 618,09
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Beleuchtung/ …
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EUR 2.362,15
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Stromanschluss …
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EUR 41,94
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Bewirtung Alpengasthof „…
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EUR 10.393,00
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Blumenstrauß …
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EUR 90,00
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Antwortkarten …
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EUR 285,60
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Einladungskarten …
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EUR 1.529,15
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Einlegeblätter …
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EUR 190,40
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Spende (Teppichboden/Podest)
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EUR 2.806,78
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Gesamtkosten
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EUR 33.550,31
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Bei der zuletzt genannten Position „Spende (Teppichboden/Podest)“ handelt es sich um die Anschaffung eines Teppichs für die Geburtstagsfeier, den die KSK auf Anweisung des anderweitig Verfolgten … später der Gemeinde … spendete.
Darüber hinaus versteuerte die KSK die o.g. Ausgaben mit Ausnahme der als Spende (Teppichboden/Podest) deklarierten, also im Umfang von EUR 30.743,53, mit dem für Zuwendungen an ein Mitglied des Verwaltungsrates anzusetzenden Einkommensteuersatz in Höhe von 63,1 Prozent nebst Solidaritätszuschlag von 5,5% und Kirchensteuer von 7,0%. Diese Steuern betrugen EUR 21.824,06. Insgesamt wandte die KSK für die Geburtstagsfeier daher EUR 55.374,37 auf. Dem stand kein unmittelbarer vermögensrelevanter Vorteil für die KSK gegenüber. Ein – auch nur mittelbarer – Vorteil für die KSK hat bei der Planung auch keine Rolle gespielt.
Die auf die vergebenen Leistungen folgenden Rechnungen wurden durch die KSK im Zeitraum vom 4.10.2010 bis 26.11.2010 beglichen. Die Verbuchung der Steuerlast erfolgte am 28.12.2010, ihre Begleichung Anfang Januar 2011, spätestens aber Anfang Februar 2011. Die Verbuchung der Steuer erfolgte über das Konto „Aufwandsentschädigungen für Verwaltungsräte“

Der anderweitig Verfolgte … gab die o.g. Leistungen entweder persönlich in Auftrag oder veranlasste sie zu nicht genau bekannten Zeitpunkten im oder um September 2010 durch entsprechende Anweisungen gegenüber Mitarbeitern der KSK, insbesondere gegenüber dem Zeugen … und der Zeugin …, welche die Aufträge dann erteilten. Einen Beschluss des Gesamtvorstands holte … dabei jeweils nicht ein. Die oben dargestellten Umstände kannte er, die der KSK entstehenden Kosten waren ihm bei Auftragsvergabe bekannt. Dass im Nachgang eine Versteuerung im oben dargestellten Umfang erfolgen würde, war ihm ebenfalls bekannt.
Mit Ihnen war die Feier vor Vergabe der Aufträge abgestimmt. Ihr Widerspruch hätte die Durchführung der Feier verhindert. Sie teilten Ihre Gästewünsche der bei der KSK für die Einladungen zuständigen Sachbearbeiterin, der Zeugin …, mit, die diese dann umsetzte. Auch Sie kannten die oben dargestellten äußeren Umstände; die entstandenen Kosten nahmen Sie dabei ebenso wie die später erfolgte Versteuerung jedenfalls billigend in Kauf.
Ihnen war bewusst, dass die Kostenübernahme die Pflichten des Vorstands verletzt. Ihnen und dem anderweitig Verfolgten … war insoweit die Regelung des § 12 SpkO jedenfalls sinngemäß bekannt, wonach Mitglieder des Verwaltungsrates nicht am Gewinn beteiligt werden und für ihre Tätigkeit (nur) eine angemessene Entschädigung erhalten. Dass nach ständiger Praxis über die angemessene Entschädigung der Verwaltungsrat entscheidet, war Ihnen ebenso bekannt wie der Umstand, dass die Entscheidung über die Entschädigung von Mitgliedern des Verwaltungsrats jedenfalls nicht dem Vorstand obliegen kann, den der Verwaltungsrat zu beaufsichtigen hat.
Die Kostenübernahme durch die KSK erfolgte durch den anderweitig Verfolgten … insbesondere zu dem Zweck, sich Ihr generelles Wohlwollen als stellvertretendem Vorsitzenden des Verwaltungsrats der KSK zu erkaufen sowie „allgemeine Klimapflege“ zu betreiben. Sie nahmen die Zuwendung in Form der Kostenübernahme an, um sich eigene Kosten zur Ausrichtung ihrer Geburtstagsfeier zu ersparen. Dabei war Ihnen bewusst, dass Sie als stellvertretender Landrat und stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats keine hochwertigen Geschenke von Ihrem Aufsichtsadressaten entgegennehmen durften.
Ihnen wie auch dem anderweitig Verfolgten … war bewusst, dass eine derartige erhebliche Zuwendung an Sie unzulässig war, insbesondere weil der Verwaltungsrat gemäß Art. 5 Abs. 3 SpkG das Aufsichtsorgan für den Vorstand ist, und weil der Vorsitzende des Verwaltungsrates, den Sie ggf. zu vertreten hatten, gemäß § 13 Abs. 6 SpkO der Dienstvorgesetzte der Vorstandsmitglieder ist.
2. Kreistagsfahrt nach … im Jahr 2011
Vom 01.10. bis 03.10.2011 fand eine „Kreistagsfahrt“ nach … statt. Bei der Gemeinde … handelt es sich um eine „Shoppingcity“ mit über 200 Läden und Restaurants nahe … Die Fahrt hatte reinen Freizeitcharakter, wobei insbesondere auch die Besichtigung des Benediktinerstifts …, ein Tagesausflug in die … und eine Stadtführung in … auf dem Programm standen. An der Fahrt nahmen 79 Personen teil, insbesondere 47 Mitglieder des Kreistages …, davon 33 in Begleitung der Ehepartner. Die Organisation der Reise oblag dem Landkreis, der grundsätzlich auch die Kosten i.H.v. insgesamt EUR 27.944,87 zu tragen hatte und auch die durch die mitreisenden Ehepartner entstandenen Kosten übernahm. Seitens der KSK erfolgte eine Zuwendung in Form eines „Zuschusses“ zur „Kreistagsfahrt“ in Höhe von EUR 20.000. Dieser Betrag wurde seitens der KSK zudem gemäß § 37b EStG versteuert, so dass die KSK insgesamt EUR 26.750 aufgewandt hat, denen kein unmittelbarer vermögensrele

vanter Vorteil für die KSK gegenüber stand. In der Folgezeit fand darüber hinaus auch noch eine Versteuerung als verdeckte Gewinnausschüttung mit EUR 3.760,02 Kapitalertragssteuer statt, so dass die KSK die Unterstützung der Kreistagsfahrt letztlich EUR 30.510,02 kostete, was die eigentlichen Gesamtkosten der Reise sogar überstieg.

Der anderweitig Verfolgte … lud die Mitglieder des Kreistages mit Schreiben vom 30.03.2011 zu dieser Fahrt ein, wobei die Ehegatten bzw. Partner „selbstverständlich“ ebenfalls eingeladen wurden. Ein Kostenbeitrag für die Mitfahrt der Ehepartner war lediglich in Höhe von 100 Euro vorgesehen.
Sie selbst waren aktiv in die Vorbereitung der Reise eingebunden, insbesondere nahmen Sie die Hotelreservierung vor und organisierten eine Führung und ein Mittagessen. Dabei wussten Sie, dass die Reise zu einem wesentlichen Teil durch die KSK finanziert wurde. Als Kreistagsmitglied nahmen Sie mit Ihrer Ehefrau an dem Ausflug teil.
Die anderweitig Verfolgten … und … stimmten bereits im Vorfeld der Reise ab, dass die KSK einen „Zuschuss“ in Höhe von EUR 20.000 gewährt. Dabei verzichtete der anderweitig Verfolgte … darauf, einen Beschluss des Gesamtvorstands einzuholen, obwohl ihm der fehlende Unternehmensbezug bewusst war.
Als der Leiter der Verwaltung des Landratsamtes, der Zeuge …, auf Anweisung des anderweitig Verfolgten … mit Schreiben vom 14.11.2011 um die Gewährung des Zuschusses in Höhe von EUR 20.000 bei in dem Schreiben angeführten Gesamtkosten von EUR 27.944,87 bat, genehmigte der anderweitig Verfolgte … die Zuwendung und wies die Auszahlung durch einen entsprechenden Vermerk an („H. …, b. erledigen.“).
Alle vorstehend dargestellten objektiven Umstände waren Ihnen und den anderweitig Verfolgten … und … bekannt. Ihnen war außerdem bewusst, dass die Kostenübernahme die Pflichten der beiden Vorgenannten als Vorstand bzw. Mitglied des Verwaltungsrats verletzt. Insoweit war Ihnen auch bekannt, dass nach § 21 Abs. 3 SpkO Zuwendungen an den Landkreis nur zur Erfüllung gemeinnütziger Zwecke möglich sind und dass die Finanzierung einer Kreistagsfahrt keinen gemeinnützigen Zweck darstellt. Wie Sie weiter wussten, war auch kein Unternehmensbezug vorhanden. Insbesondere hatte die Fahrt der Kreisräte in Begleitung von deren Ehepartnern reinen Freizeitcharakter. Darüber hinaus gehörte die Unterstützung der Kommunen ohne banktypische Instrumente gem. 1 Satz 1, 4 Abs. 2 SpkO nicht zu den Aufgaben der KSK.
3. Verwaltungsratsfahrt nach …
Vom 07.04. bis 09.04.2011 fand eine Reise des Verwaltungsrats der KSK nach … statt, an der alle Mitglieder des Verwaltungsrates (neben Ihnen die anderweitig Verfolgten …, …, …, …, …, … und …*), die amtierenden Mitglieder des Vorstands (* …, … …, …*) und wenige weitere Mitarbeiter der KSK teilnahmen. Hierfür entstanden der KSK Kosten in Höhe von EUR 46.683,05. Zu dieser Reise waren auch die Ehepartner eingeladen; dieser Umstand war sämtlichen Reiseteilnehmern bereits vor Reiseantritt bekannt. Der Großteil der Teilnehmer reiste auch in Begleitung der Ehepartner. Auch die Kosten hinsichtlich der Ehepartner wurden vollständig durch die KSK getragen.
Offiziell wurde die Reise als „Verwaltungsrat Inforeise“ bezeichnet. Ein Informationsprogramm mit Bezug zur Sparkasse fand jedoch nicht statt. Zwar wurde am 08.04.2011 für die Dauer von ca. fünf Stunden eine Verwaltungsratssitzung vor Ort abgehalten, im übrigen waren jedoch ausschließlich touristische Programmpunkte vorgesehen. Als Domizil wurde das Fünf-Sterne-Hotel … … gewählt. Die Vorstände und Verwaltungsräte erhielten zudem jeweils als Zimmerpräsente „Kochbücher …“ im Wert von 523,50 Euro und „Präsente … …“ im Wert von 601,56 Euro. Für die Ehepartner wurde während der Verwaltungsratssitzung ein „Damenprogramm“ veranstaltet. Weitere gemeinsame Programmpunkte waren insbesondere die Besichtigung von Schloss …, ein Ausflug in die … sowie die Besichtigung des Benediktinerstifts … Mit dem Aufwand in Höhe von EUR 46.683,05 ging kein unmittelbarer Vermögensvorteil für die KSK einher. Auch ein mittelbarer Vorteil für die KSK ist nicht erkennbar und wurde seitens der Verantwortlichen der KSK auch nicht ins Kalkül gezogen. Im Gesamtaufwand enthalten war eine Pauschalversteuerung nach § 37b EStG in Höhe von EUR 11.779,83.
Die Reise wurde vom anderweitig Verfolgten … in Abstimmung mit dem anderweitig Verfolgten … organisiert. Der erstgenannte plante insbesondere auch Details wie Zimmerpräsente, Menüfolge und Weinempfehlungen. Er unterzeichnete am 25.02.2011 die Auftragsbestätigung des Reiseveranstalters und genehmigte die Zahlung der ersten Abschlagszahlung. Die zweite Abschlagszahlung und die Schlussrate wurden jeweils durch Unterschrift des anderweitig Verfolgten … … genehmigt.
Dem anderweitig Verfolgten … war dabei bewusst, dass es für eine komplette Begleichung der Rechnung durch die KSK, insbesondere auch für die Partnerinnen der Teilnehmer, keinerlei rechtliche Grundlage gab und dass darüber hinaus der Aufwand mit Unterbringung im Fünf-Sterne-Hotel unangemessen war. Ihm war weiter bewusst, dass es auch keine rechtliche Grundlage dafür gab, den Mitgliedern des Verwaltungsrats und auch den übrigen Mitgliedern des Vorstands mit deren Ehegatten die Teilnahme an einer in erster Linie privat veranlassten Reise unentgeltlich zu „spendieren“. Die Kostenübernahme für den Ausflug durch die KSK erfolgte durch den anderweitig Verfolgten … insbesondere zu dem Zweck, sich das generelle Wohlwollen der Mitglieder des Verwaltungsrats der KSK zu erkaufen sowie „allgemeine Klimapflege“ zu betreiben.
Sie nahmen mit Ihrer Ehefrau an der Reise teil und nahmen die Reise und alle damit verbundenen Zuwendungen an. Dabei war Ihnen bewusst, dass Sie als stellvertretender Landrat und stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats keine hochwertigen Geschenke von Ihrem Aufsichtsadressaten entgegennehmen durften.

4. Verwaltungsratsfahrt ins … 2011
Vom 02. bis 04.12.2011 fand eine Reise des Verwaltungsrats der KSK ins … in Österreich statt, an der die anderweitig Verfolgten … und … … als Mitglieder des Vorstands, die Mitglieder des Verwaltungsrats …, …, …, …, …, … und … sowie Sie selbst teilnahmen. Ort der Veranstaltung war das SPA-Hotel J… in … in Österreich.
Die Organisation dieser Verwaltungsratsfahrt nahm der anderweitig Verfolgte … vor. Offizieller Anlass der Fahrt war, dass die Jahresabschlusssitzung des Verwaltungsrats der KSK im Hotel Jagdhof in … abgehalten wurde. Im übrigen waren jedoch ausschließlich touristische Programmpunkte vorgesehen.
Eingeladen waren auch die Ehepartner der Reiseteilnehmer, deren Kostenanteil ebenfalls die KSK übernahm, ohne dass von den Teilnehmern irgendein Eigenbeitrag verlangt worden wäre. Im Einladungsschreiben des anderweitig Verfolgten … vom 11.11.2011 wurden die Damen darüber hinaus zu einer kostenfreien Anwendung in der „Beautywelt“ des Hotels eingeladen. Dass auch die Ehepartner eingeladen waren, war sämtlichen Reiseteilnehmern bereits vor Reiseantritt bekannt. Mit Ausnahme des anderweitig Verfolgten … reisten alle oben genannten Teilnehmer, auch Sie, in Begleitung ihrer Ehepartner an.
Für die Reise entstanden insgesamt Kosten für die KSK in Höhe von EUR 42.089,38, welche komplett, auch hinsichtlich der Ehepartner, durch die KSK bezahlt wurden.
Auf Anweisung des anderweitig Verfolgten … wurde durch das Hotel für jedes Zimmer ein Geschenkkorb zusammengestellt. Für diese Geschenkkörbe fielen Gesamtkosten in Höhe von 3.250,00 Euro an. Ferner wurden durch die Ehepartnerinnen der Teilnehmer Behandlungen und Anwendungen in der „Beautywelt“ für insgesamt 797,00 Euro in Anspruch genommen.
Darüber hinaus wählte der anderweitig Verfolgte … als Getränke eine Auswahl hochwertigster Weine aus. Hierdurch entstanden alleine am Abend des 02.12.2011 Getränkekosten in Höhe von 3.292,30 Euro und am Abend des 03.12.2011 Getränkekosten in Höhe von 9.184,30 Euro für die anwesenden 25 Personen. Dabei kamen einige sehr hochwertige italienische Weine zum

Ausschank, wie ein „Masseto 1999“ zum Preis von 920,00 Euro pro Flasche, ein „Masseto 2002“ zum Preis von 610,00 Euro pro Flasche, ein „Capannelle“ in der 6-Liter-Magnum Flasche zum Preis von 1.298,00 Euro sowie ein „Sassicaia“ in der 6-Liter-Magnum Flasche zum Preis von 2.010,00 Euro, ferner zwei „Comtes de Champagne“ zum Preis von 860,00 Euro pro Flasche.
Insgesamt fielen Kosten für die Reise in Höhe von 31.468,70 Euro sowie Steuern in Höhe von 10.620,68 Euro (Versteuerung nach § 37b EStG) an. Dies entspricht einem Gesamtaufwand in Höhe von 42.089,38 Euro. Der anderweitig Verfolgte … veranlasste in der Folgezeit, dass die kompletten Kosten durch die KSK bezahlt wurden.
Hinsichtlich der Verbuchung dieser Kosten veranlasste er, dass seitens des Hotels Jagdhof … in der Rechnung vom 04.12.2011 neben einer Seminarpauschale in Höhe von 650,00 Euro eine weitere Seminarpauschale in Höhe von 9.100,00 Euro ausgewiesen wurde, ohne dass diese tatsächlich angefallen wäre. Vielmehr veranlasste der anderweitig Verfolgte … auf diese Weise, dass Getränkekosten in Höhe von 9.100,00 Euro seitens des Hotels Jagdhof als Seminarpauschale in der Rechnung ausgewiesen wurden, um hierdurch die tatsächliche Höhe der verursachten Getränkekosten zu verschleiern.
Mit dem Aufwand in Höhe von 42.089,38 Euro ging kein unmittelbarer Vermögensvorteil für die KSK einher. Auch ein mittelbarer Vorteil für die KSK ist nicht erkennbar und wurde seitens der Verantwortlichen der KSK auch nicht ins Kalkül gezogen.
Der anderweitig Verfolgten … holte entgegen der ihm bekannten Verpflichtung hinsichtlich der Bezahlung der Reise keinen Vorstandsbeschluss ein. Ihm war bewusst, dass es für eine komplette Begleichung der Rechnung durch die KSK, insbesondere auch für die Partnerinnen der Teilnehmer, keinerlei rechtliche Grundlage gab und dass darüber hinaus die Verursachung von Getränkekosten in Höhe von 12.476,60 Euro an zwei Abenden völlig unangemessen war. Dem anderweitig Verfolgten … war weiter bewusst, dass es auch keine rechtliche Grundlage dafür gab, den Mitgliedern des Verwaltungsrats und auch den übrigen Mitgliedern des Vorstands mit deren Ehegatten die Teilnahme an einer in erster Linie privat veranlassten Reise nebst einer völlig unangemessen teuren Bewirtung unentgeltlich zu „spendieren“. Die Kostenübernahme für den Ausflug durch die KSK erfolgte durch den anderweitig Verfolgten … insbesondere zu dem Zweck, sich das generelle Wohlwollen der Mitglieder des Verwaltungsrats der KSK zu erkaufen sowie „allgemeine Klimapflege“ zu betreiben.
Sie nahmen mit Ihrer Ehefrau an der Fahrt teil und nahmen die Reise und alle mit ihr verbundenen Zuwendungen an. Dabei war Ihnen bewusst, dass Sie als stellvertretender Landrat und stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats keine hochwertigen Geschenke von Ihrem Aufsichtsadressaten entgegennehmen durften. […]“
24
b) Der Beklagte nahm zudem im November 2013 an einer erneuten Reise des Verwaltungsrats der Kreissparkasse nach … im … teil.
„Im Zeitraum vom 22. November bis 24. November 2013 fand erneut eine Reise des Verwaltungsrates der KSK ins Spa-Hotel J… in … statt. Diese wurde vom anderweitig Verfolgten … … organisiert.
Offizieller Anlass der Fahrt war auch hier, dass eine Sitzung des Verwaltungsrats der KSK im Hotel Jagdhof in … abgehalten wurde. Im Übrigen waren jedoch ausschließlich touristische Programmpunkte vorgesehen.
An dieser Fahrt nahmen die anderweitig Verfolgten … … und … sowie der anderweitig Verfolgte GRAF als amtierende Mitglieder des Vorstandes sowie die anderweitig Verfolgten … und … und die Angeschuldigten …, …, …, …, … und … als Mitglieder des Verwaltungsrates teil.
Der anderweitig Verfolgte DR. … lud die Teilnehmer mit Schreiben vom 21. Oktober 2013 ein, wobei sämtliche Teilnehmer „selbstverständlich“ mit Begleitung eingeladen wurden, wobei für die Begleitperson jeweils lediglich ein Unkostenbeitrag in Höhe von 200,00 Euro erhoben wurde. Dieser Eigenanteil wurde jedoch in der Folgezeit an die Aktion „Leser helfen Lesern“ gespendet, so dass er letztlich nicht zur Deckung von Kosten im Zusammenhang mit der Reise verwendet werden konnte.
Die oben genannten Angeschuldigten nahmen allesamt mit den jeweiligen Partnerinnen an dem Verwaltungsratsausflug teil.
Die KSK übernahm die gesamten Kosten der Reise, auch für die mitreisenden Ehepartner, in Höhe von insgesamt 14.830,00 Euro. Weiterhin fielen insoweit auch Steuern in Höhe von 4.195,12 Euro an im Rahmen einer Pauschalversteuerung nach § 37b EStG, so dass sich die Gesamtkosten für die KSK auf 19.025,12 Euro beliefen.
Mit diesem Aufwand ging kein unmittelbarer Vermögensvorteil für die KSK einher. Auch ein mittelbarer Vorteil ist nicht erkennbar und wurde seitens der Angeschuldigten auch nicht ins Kalkül gezogen.
Hinsichtlich der Bewirtung wurden seitens des anderweitig Verfolgten … … zwar preisgünstigere Getränke ausgewählt als im Jahr 2012 durch den anderweitig Verfolgten …, gleichwohl fielen für die Bewirtung Kosten in Höhe von insgesamt 5.463,00 Euro an. Es wurden insbesondere am Abend des 23.11.2013 unter anderem ein „Riesling Singerriedel“ in der 3-Liter-Magnum Flasche zum Preis von 520,00 Euro, drei „Blaufränkisch Mariental“ zum Preis von 229,00 Euro pro Flasche und „Ruinart Brut“ zum Preis von 195,00 Euro pro Flasche ausgeschenkt.
Dem anderweitig Verfolgten … … war dabei auch bewusst, dass es für eine komplette Begleichung der Rechnung durch die KSK, insbesondere auch für die Partnerinnen der Teilnehmer, keinerlei rechtliche Grundlage gab. Ihm war weiter bewusst, dass es auch keine rechtliche Grundlage dafür gab, den Mitgliedern des Verwaltungsrates und auch den übrigen Mitgliedern des Vorstandes mit deren Ehegatten die Teilnahme an einer in erster Linie privat veranlassten Reise unentgeltlich zu „spendieren“. Die Kostenübernahme für den Ausflug durch die KSK erfolgte durch den anderweitig Verfolgten … … insbesondere zu dem Zweck, sich das generelle Wohlwollen der Mitglieder des Verwaltungsrats der KSK zu erkaufen sowie „Allgemeine Klimapflege“ zu betreiben.
Die Mitglieder des Verwaltungsrates waren im Vorfeld über den Ablauf der Gesamtveranstaltung informiert worden und billigten diese. Sie waren zudem allesamt auch mit ihren Ehegatten angereist. Zumindest diesen Kostenanteil hätten sie durch Ausschlagung der Einladung an die Ehepartner verhindern können. Sie unternahmen entgegen ihren ihnen bekannten Aufsichtspflichten nichts, um die Reise, insbesondere die Teilnahme der Ehepartner und die Übernahme von deren Kostenanteil durch die KSK zu verhindern. Stattdessen nahmen sie die Reise und alle mit ihr verbundenen Zuwendungen an. Dabei war ihnen auch bewusst, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats als Aufsichtsorgan keine hochwertigen Geschenke von ihrem Aufsichtsadressaten entgegennehmen durften.“
25
c) Der Beklagte nahm im Rahmen von Sitzungen des Verwaltungsrates der Kreissparkasse …- … und bei weiteren Gelegenheiten folgende Gegenstände in seiner Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender des Gremiums entgegen:
Jahr
|
Gegenstand/Geschenk
|
Wert in € (brutto)
|
2008
|
Champagnerkorb
|
161,84
|
2009
|
Geschenkkorb Geschenkkorb
Blumen Geschenkkorb
Geschenkkorb Telefon
Tuch mit Handdruck Weihnachtsgeschenk
Decke
|
39,75
34,00
58,00
89,24
125,46
47,45
35,70
246,33
842,91
|
2010
|
Champagnerkorb Flaschenhalter
Brotzeitbrett Korkenzieher
Regenschirm Knirps Hirschtuch
Käsebrett Käsebesteck
Besteck Hirschhorn Geschenkkorb Weihnachten
|
172,55
178,50
267,75
97,18
238,00
248,91
71,16
183,46
842,68
246,33
|
2011
|
Löffelset Lederetui
Lebensmittelpaket Blumen Geburtstag Ehefrau Rechnung Geburtstag Ehefrau Geschenkkorb Weihnachten
|
872,67
74,38
50,96
40,00
1.045,40
267,75
|
2012
|
Geschenkkorb “Blütenzeit“
|
49,98
|
26
3. Der vorstehende Sachverhalt steht zur Überzeugung des Gerichts – mit Ausnahme der tatsächlichen Feststellungen zur Vorteilsannahme im Rahmen der Finanzierung der Geburtstagsfeier und der Verwaltungsratsfahrten nach … und ins … – fest.
27
a) Soweit sich der Sachverhalt auf die Feier zum 70. Geburtstag des Beklagten, die Kreistagsfahrt nach … im Jahr 2011 und die Verwaltungsratsfahrten nach … sowie ins … 2011 bezieht, können aufgrund der Indizwirkung gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl gegen den Beklagten im Wesentlichen ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt werden.
28
Allerdings wurde der im Strafbefehl enthaltene Vorwurf der Vorteilsannahme mit den dazugehörenden tatsächlichen Feststellungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Finanzierung der Geburtstagsfeier, aber auch bei den Verwaltungsratsfahrten nach … und ins … nicht aufrecht gehalten. Insofern hat die Landesanwaltschaft den Beklagten bereits im Rahmen des Vermerks des Ermittlungsergebnisses und der abschließenden Anhörung gemäß Art. 32 BayDG freigestellt (Bl. 518 f. der Disziplinarakte). Auch das Gericht geht im Folgenden nicht davon aus, dass die Finanzierung der Geburtstagsfeier erfolgte, um sich das Wohlwollen des Beklagten zu erkaufen. Folglich wurde der Vorwurf der Vorteilsgewährung auch im weiteren strafgerichtlichen Verfahren gegen den Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse nicht aufrechtgehalten. Glaubhaft ist auch die Aussage des Beklagten, dass er sich durch die Finanzierung der Geburtstagsfeier keine eigenen Aufwendungen erspart habe, da er nicht vergleichbar seinen Geburtstag gefeiert hätte.
29
b) Hinsichtlich der Finanzierung der Geburtstagsfeier schließt sich das Gericht im Übrigen unter Würdigung der beklagtenseitigen Einlassungen in der Stellungnahme vom 8. April 2019 den nachstehenden Ausführungen der Landesanwaltschaft in der Disziplinarklage an:
30
„Der Beklagte hat in der Stellungnahme seines Bevollmächtigten vom 08.04.2022 eingeräumt, dass die Planungen für die Feier seines 70. Geburtstages mit seiner Billigung durch die Kreissparkasse …- … übernommen wurden. Soweit der Bevollmächtigte darlegt, der Beklagte sei mit einer kostenintensiven Gestaltung des Festes nicht einverstanden gewesen, kann zugunsten des Beklagten angenommen werden, dass er jedenfalls bei den Kosten für den Blumenschmuck (15.233,19 EUR) und für die Einladungskarten (2.623,- EUR) ohne Vorsatz gehandelt hat, da die Kosten außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit liegen und der Beklagte im Vorfeld nicht davon ausgehen musste, dass Blumenschmuck und Einladungskarten bereits rund die Hälfte der Gesamtkosten ausmachen. Jedenfalls billigend in Kauf genommen hat der Beklagte allerdings die Bewirtungskosten in Höhe von 10.393,- EUR (9.774,- EUR lt. Rechnung vom 16.10.10 zzgl. 619,- EUR Bewirtung Gebirgsschützen, vgl. Beiakte 1 – BMO XIV, Bl. 12 f.). Dass bei der Bewirtung von 135 Gästen Kosten in Höhe von 72,- EUR pro Person anfallen, ist nicht fernliegend und liegt in Ansehung der üblichen Kosten im Bewirtungsgewerbe für Menu und Getränke nicht außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit. Auch die zusätzlichen Kosten für die Bewirtung der Gebirgsschützen hat der Beklagte billigend in Kauf genommen.
Den Feststellungen steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte davon ausgegangen ist, die Ausrichtung und Finanzierung einer solchen Geburtstagsfeier sei angesichts der Feierlichkeiten zum 50. und 60. Geburtstag des ehemaligen Landrats sozial üblich und diene der Stärkung der regionalen Wirtschaft, denn ein solcher Irrtum wäre allenfalls im Rahmen von § 17 StGB beachtlich. Auch wenn – insoweit der Stellungnahme des Bevollmächtigten vom 08.04.2022 folgend – zugunsten des Beklagten angenommen wird, dass er die Gästeliste nicht ausschließlich selbst bestimmt hat, ergibt sich aus der vorliegenden Ermittlungsakte, dass er jedenfalls maßgeblichen Einfluss auf die Auswahl der Gäste hatte. Der Beklagte teilte am 05.10.2010 per E-Mail mit, welche Personen einzuladen sind, wobei neben Mitgliedern des Kreistages aktuelle und ehemalige Gemeinderäte, Freunde und die Familie seines Bruders berücksichtigt wurden (vgl. Beiakte 1 – BMO XIV, Bl. 42).“
31
c) Auch den Ausführungen der Landesanwaltschaft in der Disziplinarklage zur Kreistagsfahrt nach …, insbesondere zum Charakter der Fahrt, schließt sich das Gericht an und nimmt entsprechend auf die dortigen Ausführungen Bezug.
32
d) Der Sachverhalt bezüglich der Verwaltungsratsfahrten nach … und ins … 2011 steht zur Überzeugung des Gerichts auf der Grundlage der strafrechtlichen Ermittlungen fest. Der Beklagte hat die Teilnahme an den vorgenannten Fahrten und die zugrundeliegenden Sachverhalte in der Stellungnahme seines Bevollmächtigten vom 8. April 2022 im Wesentlichen eingeräumt.
33
e) Der Sachverhalt hinsichtlich der Verwaltungsratsfahrt ins … 2013 ergibt sich aus den beigezogenen Strafakten in der in der Anklageschrift zusammengefassten Form.
34
f) Bezüglich des zur Last gelegten Sachverhalts der Annahme von Geschenken steht dieser aufgrund der Feststellungen des Landgerichts München II in seinem Urteil vom 8. April 2019 – … … … … … –, sowie aufgrund der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft M. II fest. Die Einzelheiten ergeben sich aus Abschn. II.1.2. der Verfügung der Landesanwaltschaft vom 22. November 2022 (DA, Bl. 373 ff.). Der Beklagte hat den Erhalt der Geschenke in der Stellungnahme seines Bevollmächtigten nicht in Abrede gestellt.
35
5. Durch das ihm zur Last gelegte Verhalten hat der Beklagte ein einheitliches Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) begangen, da er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzte.
36
Zwar hat der Beklagte die ihm zur Last gelegten Handlungen zu einer Zeit begangen, als er nicht mehr Bürgermeister war. Als stellvertretender Landrat von 2008 bis 2014 war er jedoch Kommunaler Wahlbeamter i.S.v. Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 KWBG und unterlag insoweit dem Geltungsbereich des BayDG, vgl. Art. Abs. 1, Art. 2 BayDG. Auch wenn der Beklagte aus seiner Zeit als stellv. Landrat nun keine Ruhestandsbezüge bezieht, so können die zu dieser Zeit begangenen Dienstpflichtverletzungen dem Ruhestandsbeamten mit Folgen für die Ruhestandsbesoldung aus der Zeit als Bürgermeister dennoch zur Last gelegt werden.
37
a) Hinsichtlich der Finanzierung der Feier zum 70. Geburtstags des Beklagten schließt sich das Gericht den nachstehenden Ausführungen der Landesanwaltschaft an:
38
„1.1. Durch das unter Abschn. III.1. geschilderte Verhalten (Ziff. II.1. Feier zu Ihrem 70. Geburtstag) hat der Beklagte innerdienstlich gegen die unmittelbar aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Pflicht zur Beachtung der Gesetze nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verstoßen, denn insofern hat er sich wegen Beihilfe zur Untreue nach §§ 266 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
Wegen der Organisation und Finanzierung des 70. Geburtstags des Beklagten wurde der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse …- … rechtskräftig wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB verurteilt (LG München II, Urteil vom 08.04.2019 – … … … … … – Beiakte 3, Bl. 7584 ff.).
Zu dieser Untreuehandlung hat der Beklagte Hilfe durch Unterlassen geleistet, indem er sich mit der Feier anlässlich seines 70. Geburtstages einverstanden gezeigt und die Finanzierung der mit ihm abgesprochenen Aufträge durch die Kreissparkasse hingenommen hat. Sein Widerspruch hätte die Durchführung verhindert. Aufgrund seiner Stellung als stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats wäre er hierzu auch verpflichtet gewesen, denn es oblag ihm aufgrund seiner Stellung, die Vermögensinteresse der Sparkasse zu wahren, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 2 BaySpkG. Diese Pflicht bestand unabhängig davon, ob ein Vertretungsfall vorlag oder nicht. Dies war für die Untreuehandlung des Vorstandsvorsitzenden ein kausaler Tatbeitrag, der die Rechtsgutverletzung erst ermöglich hat.
Der Beklagte handelte vorsätzlich. Er nahm zwar auf die konkrete Ausgestaltung der Feier nur wenig Einfluss, bestimmte aber Art und Umfang der Feier durch Auswahl des Veranstaltungsortes und Bestimmung der einzuladenden Gäste mit. Sein Handeln war rechtswidrig und schuldhaft.
1.2. Indem der Beklagte die Finanzierung der Feier seines 70. Geburtstages hinnahm, hat er zudem gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken oder sonstigen Vorteilen aus § 42 Abs. 1 BeamtStG verstoßen. Danach dürfen Beamte keine Belohnungen, Geschenke oder sonstigen Vorteile für sich in Bezug auf ihr Amt annehmen. In Bezug auf das Amt ist ein Vorteil immer nur dann gewährt, wenn die zuwendende Person sich davon leiten lässt, dass Beamtinnen und Beamte ein bestimmtes Amt bekleiden, wobei zum Amt auch Nebenämter und die im Zusammenhang mit den dienstlichen Aufgaben stehenden Nebentätigkeiten zählen. Dem Bevollmächtigten des Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die Finanzierung der Geburtstagsfeier keinen unmittelbaren Bezug zum früheren Amt des Beklagten als erster Bürgermeister der Gemeinde … aufweist, es besteht aber ein Bezug zum Amt des Beklagten als stellvertretender Landrat des Landkreises …, welches er von 2008 bis 2014 innehatte. Nach Art. 7 Abs. 2 lit. b) BaySpkG i.V.m. Art. 32 Abs. 1 Satz 1 LKrO war der Beklagte in dieser Zeit kraft Gesetzes stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats der Kreissparkasse …- … Auch wenn der Beklagte nach Art. 6 Abs. 1 BaySpkG nicht als ordentliches Mitglied des Gremiums anzusehen ist, war er jedoch nach Art. 6 Abs. 3 BaySpkG berechtigt, an den Sitzungen des Verwaltungsrats mit beratender Stimme teilzunehmen. Die Finanzierung der Feier durch die Kreissparkasse erfolgte allein in Ansehung dieses Amtes, weshalb die Annahme dieses Vorteils einen Verstoß des Beklagten gegen § 42 Abs. 1 BeamtStG begründet.
Auch insoweit handelte der Beklagte zumindest bedingt vorsätzlich. Sein Handeln war rechtswidrig und schuldhaft.
1.3. Der Beklagte hat zudem gegen die Pflicht zur uneigennützigen Aufgabenwahrnehmung aus § 34 Satz 2 BeamtStG in der Fassung bis zum 06.07.2011 (a.F.) verstoßen.
1.4. Zugleich stellt dieses Verhalten einen Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten aus § 34 Satz 3 BeamtStG a.F. gegenüber dem Landkreis … dar.“
b) Auch die nachfolgende Einschätzung der Landesanwaltschaft in Bezug auf die Dienstpflichtwidrigkeit im Rahmen der Kreistagsfahrt nach … ist zutreffend:
„2.1. Durch Vorbereitung und Teilnahme an der Kreistagsfahrt nach …Steiermark hat sich der Beklagte innerdienstlich wegen Beihilfe zur Untreue nach §§ 266 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB strafbar gemacht und insoweit seine Pflicht zur Beachtung der Gesetze aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verletzt.
Wegen der Zusage eines Kostenbeitrages und der Zahlung eines Kostenzuschusses wurde der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse …- … rechtskräftig wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB verurteilt (LG München II, Urteil vom 08.04.2019 – … … … … … – Beiakte 3, Bl. 7581 ff.).
Zu dieser Untreuehandlung hat der Beklagte Hilfe geleistet, indem er die Hotelreservierungen vornahm und einzelne Programmpunkte organisierte.
Dem Beklagten war auch bewusst, dass die Kreissparkasse einen Kostenzuschuss leisten werde. Er handelte daher sowohl hinsichtlich seiner Beihilfehandlung als auch hinsichtlich der Haupttat vorsätzlich. Sein Verhalten war rechtswidrig und schuldhaft.
2.2. Die Teilnahme an der Kreistagsfahrt nach … stellt zudem unter Berücksichtigung der unter Abschn. IV.1.2. genannten Erwägungen einen Verstoß gegen
§ 42 Abs. 1 BeamtStG dar, denn insoweit hat der Beklagte in Bezug auf sein Amt als stellvertretender Landrat einen Vorteil angenommen.
2.3. Durch die Teilnahme an der von der Kreissparkasse maßgeblich finanzierten Fahrt des Kreistags hat der Beklagte zudem innerdienstlich gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten aus § 34 Satz 3 BeamtStG a.F. verstoßen.
2.4. Darüber hinaus hat der Beklagte durch die Mitnahme seiner Ehefrau ohne eine kostendeckende Kostenbeteiligung gegen die Pflicht zur uneigennützigen Aufgabenwahrnehmung aus § 34 Satz 2 BeamtStG a.F. verstoßen.“
39
c) Im Rahmen der Verwaltungsratsfahrten nach … und ins … im Jahre 2011 verstieß der Beklagte durch strafbare Untreuehandlungen innerdienstlich gegen seine Pflicht zur Beachtung der Gesetze nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB. Zudem handelte der Beklagte insoweit seiner Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG a.F. zu wider. Die Teilnahme an den Fahrten des Verwaltungsrats stellt zudem unter Berücksichtigung einen Verstoß gegen § 42 Abs. 1 BeamtStG dar. Darüber hinaus hat der Beklagte durch die Mitnahme seiner Ehefrau ohne eine kostendeckende Kostenbeteiligung gegen die Pflicht zur uneigennützigen Aufgabenwahrnehmung aus § 34 Satz 2 BeamtStG a.F. verstoßen.
40
Im Übrigen wird auf die nachstehend zitierten zutreffenden Ausführungen der Landesanwaltschaft Bezug genommen:
41
„Als stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats hatte der Beklagte eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Kreissparkasse aus Art. 5 Abs. 1 BaySpkG. Danach obliegt die Verwaltung der Sparkasse dem Verwaltungsrat, soweit nicht der Vorstand nach Art. 5 Abs. 2 BaySpkG selbständig entscheidet oder der Verwaltungsrat Zuständigkeiten auf den Vorstand überträgt. Die Vorbereitung und Durchführung von auswärtigen Verwaltungsratssitzungen gehört nicht zur laufenden Geschäftsführung und fällt damit in die Zuständigkeit des Verwaltungsrats. Die Mitglieder des Verwaltungsrats unterlagen dabei – auch außerhalb von Beschlussfassungen – der Verpflichtung, die Vermögensinteressen der Kreissparkasse im Rahmen der ihnen obliegenden Vermögensbetreuungspflicht zu wahren. Aus diesem Grund oblag auch dem Beklagten als Mitglied des Verwaltungsrats mit beratender Stimme eine entsprechende Vermögensbetreuungspflicht.
Diese Vermögensbetreuungspflicht hat der Beklagte durch Teilnahme an der Fahrt des Verwaltungsrats nach … und den beiden Reisen des Verwaltungsrats ins … 2011 und 2013 verletzt. Nach § 11 BaySpkO hat der Verwaltungsrat bei der Geschäftsführung die Grundsätze guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung einzuhalten. Nach § 12 Abs. 1 BaySpkO haben die Mitglieder des Verwaltungsrats die Belange der Sparkasse zu wahren und zu fördern und dabei die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu beachten. Um erhebliche Reiseausgaben zu rechtfertigen, muss die Verfolgung sachdienlicher Zwecke im Vordergrund der Reise stehen. Einzelne touristische Elemente sind dabei zwar zulässig, dürfen den Charakter der Reise aber nicht prägen. Die in Rede stehenden Reisen dienten jedoch vorwiegend nicht einem konkreten mit den Aufgaben des Verwaltungsrats zusammenhängenden Informationsbedürfnis.
Die Reise nach … entsprach nicht einem konkreten mit der Dienstaufgabe zusammenhängenden Informationsbedürfnis der Verwaltungsräte. Der einzige Programmpunkt, der annähernd der Vermittlung von Informationen diente, war der Besuch des Nationalrats in … Ein konkreter Bezug zur Sparkassentätigkeit und zu den Dienstaufgaben der Reiseteilnehmer bestand aber auch insoweit nicht. Sonstige sachliche Gründe für eine Fahrt nach … bestanden ebenfalls nicht. Die Sitzung des Verwaltungsrats fand nur am 08.04.2011 statt und dauerte inklusive Mittagspause nur fünf Stunden. Eine solche Sitzung hätte, wie auch sonst üblich ohne Weiteres am Sitz der Kreissparkasse in … stattfinden können. Ein sachlicher Grund lag auch nicht darin, eine Verbesserung des Arbeitsklimas zu erreichen oder Team-Building zu betreiben, denn im Reiseprogramm waren entweder touristische Ausflüge und exquisite Essen oder Zeit zur individuellen Verfügung vorgesehen. Die Auswahl des Reiseziels war zudem unter touristischen Gesichtspunkten erfolgt. Die Verwaltungsratssitzung war mit fünf Stunden von untergeordneter Bedeutung, weshalb die Reise insgesamt den Charakter einer Ausflugsfahrt hatte. Hinzu kam die Unterbringung in einem Luxushotel und die Mitnahme der Ehepartner, was den Charakter einer privaten Ausflugsfahrt verstärkte.
Eine solche Ausgestaltung widerspricht der Verpflichtung zu sorgsamem Wirtschaften, zumal die Kosten mit knapp 1.700,- EUR pro Teilnehmer deutlich über den üblichen Kosten lagen. Für die Kreissparkasse hatte diese Fahrt keinen Nutzen, weshalb ihr Interesse an einem sorgsamen Umgang mit ihrem Vermögen durch die Teilnahme im privaten Interesse des Beklagten verletzt worden ist.
Die Durchführung der Reise ins … 2011 war demgegenüber grundsätzlich zulässig. Die Kreissparkasse veranstaltete die Fahrt ins … als zweijährlich stattfindende Jahresabschlusssitzung, bei der die Arbeit des Verwaltungsrats im Vordergrund stand. Am Freitagabend fand ein Fachvortrag statt, an den sich eine Diskussion anschloss, der Samstag wurde ganztätig für eine Verwaltungsratssitzung genutzt. An- und Abreise erfolgten auf eigene Kosten der Teilnehmer.
Eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht stellt jedoch die Mitnahme der Ehepartner dar. Insofern bestand keine fachliche oder sachlich begründbare Veranlassung. Für sie war die Fahrt ins … eine rein private Ausflugsfahrt, weshalb die Übernahme ihrer Kosten nicht im Interesse der Sparkasse sein konnte. Gleiches gilt für die Zuwendung von Geschenkekörben, die an die Teilnehmer verteilt wurden.
Im Rahmen der Ausübung unternehmerischen Ermessens nicht mehr vertretbar war die Übernahme hoher Kosten für den Konsum von Getränken an zwei Abenden, wobei in erheblichem Umfang hochpreisige Weine konsumiert wurden.
Soweit der Beklagte die Kostenübernahme durch die Sparkasse diesbezüglich mitgetragen und seine Ehefrau mitgenommen hat, liegt ein Verstoß gegen die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht vor.
Gleiches gilt für die Jahresabschlussfahrt ins … im Jahr 2013.
Der Kreissparkasse ist auch ein Vermögensnachteil entstanden.
Für die Reise nach … entstanden Reisekosten in Höhe von 34.903,22 EUR zzgl. Steuern, wobei die Reiseleistungen ausschließlich den Reiseteilnehmern zugutekamen und für die Kreissparkasse letztlich wertlos waren. Insgesamt betrugen die Ausgaben insofern 46.683,06 EUR.
Für die Reise ins … 2011 fielen Kosten für die Kreissparkasse ohne Gegenwert in Höhe von 18.512,30 EUR an. Insofern stellt die Unterbringung der Ehepartner für 4.496,- EUR, die Inanspruchnahme von Hotelleistungen durch die mitreisenden Ehepartner für 797,- EUR, die Geschenkkörbe für 3.250,- EUR und der Getränkekonsum an zwei Abenden in Höhe von 9.969,30 EUR für die Kreissparkasse einen Vermögensnachteil dar.
Hinsichtlich der Reise ins … 2013 belaufen sich die Kosten für die Kreissparkasse ohne Gegenwert auf 4.996,30 EUR. Auch insofern stellen die Kosten für die Unterbringung von zwölf Ehepartnern für 4.097,- EUR (10 x 368,- EUR, 1 x 390,- EUR und 1 x 274,- EUR; vgl. Beiakte 1 – BMO XVI, Bl. 242) abzüglich des Eigenanteils in Höhe von jeweils 200,- EUR, mithin 1944,- EUR, sowie der Getränkekonsum am Abend des 23.11.2013 in Höhe von 3.052,30 EUR (Beiakte 1 – BMO, Bl. 242 ff.) für die Kreissparkasse einen Vermögensnachteil dar.
Der Beklagte handelte zumindest bedingt vorsätzlich. Das Handeln war rechts- und pflichtwidrig.“
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d) Auch die Teilnahme an der – im Verwaltungsrat beschlossenen – …fahrt im Jahre 2013 stellt sich als dienstpflichtwidrig dar. Die strafrechtliche Einstellung nach § 154 Abs. 1 StPO steht der disziplinarischen Ahndung insoweit nicht entgegen.
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Insoweit folgt das Gericht der Einschätzung der Strafbehörden nicht, die die Verwaltungsratsfahrten ins … 2011 und 2013 mit der konkreten Hotelunterbringung (anscheinend) für grundsätzlich zulässig erachteten (vgl. Bl. 324 im Urteil des Landgerichts München II vom 8. April 2019), erst die konkrete Ausgestaltung durch Mitnahme der Ehepartner, die hohen Getränkekosten und die Geschenkekörbe nicht mehr. Das Disziplinargericht sieht vorliegend vielmehr bereits die Fahrt an sich mit einer Hotelunterbringung in einem 5-Sterne Ressort für eine nur mehrstündige Verwaltungsratssitzung über ein Wochenende als unangemessen an. Die Hotelkosten überstiegen die üblichen Kosten für Tagungshotels erheblich. Für das Gericht stellt es sich als offensichtlich dar, dass ein derartiges 5-Sterne Spa-Hotel für eine Verwaltungsratssitzung unangemessen überteuert ist, erst recht vor dem Hintergrund des mehrtägigen Aufenthalts.
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Der gerichtlichen Einschätzung stehen gerade auch das Prüfer-Rundschreibens Nr. 43 aus dem Jahre 1999 und die aus dem Jahre 1993 stammenden Grundsätze zur Angemessenheit und Vertretbarkeit von Verwaltungsratsreisen, die im Rahmen des Strafverfahrens und auch im Strafurteil vom 8. April 2019 ausführlich behandelt wurden, nicht entgegen.
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Soweit teilweise argumentiert wird, im Jahre 2013 sei auf angemessene Kosten geachtet worden, wurden die Getränkeausgaben zwar erheblich reduziert, fand die Verwaltungsratsfahrt 2013 darüber hinaus wiederum in Begleitung der Ehepartner statt, wenngleich mit Eigenanteil von 200,- €, der jedoch gespendet wurde.
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Der Beklagte handelte somit auch bezüglich der Verwaltungsratsfahrt 2013 dienstpflichtwidrig i.S.v. § 33 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB, § 34 Satz 3 BeamtStG a.F..
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e) Durch die Annahme der genannten Geschenke hat Beklagte gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken oder sonstigen Vorteilen aus § 42 Abs. 1 BeamtStG verstoßen.
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Der Beklagte nahm die Geschenke, die bei Sitzungen des Verwaltungsrates und anderen Gelegenheiten durch den damaligen Vorsitzenden des Vorstands der Kreissparkasse verteilt wurden, in Bezug auf sein Amt als stellvertretender Landrat an. Dies gilt auch, soweit die Ehefrau des Beklagten geschenkmäßig bedacht wurde, z.B. anlässlich ihres Geburtstags. Der Beklagte handelte insoweit jedenfalls bedingt vorsätzlich. Sein Handeln war rechtswidrig und schuldhaft. Die Annahme der Geschenke stellt gleichzeitig einen Verstoß gegen die Pflicht zur uneigennützigen Aufgabenwahrnehmung aus § 34 Satz 2 BeamtStG a.F. sowie gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten aus § 34 Satz 3 BeamtStG a.F. dar.
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6. Unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens mit Würdigung der Umstände des Einzelfalls, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten des Beklagten als Gesichtspunkte der Maßnahmebemessung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG stellt die Kürzung des Ruhegehalts für die Dauer von 2 Jahren und 8 Monaten die angemessene Disziplinarmaßnahme dar. Der durchaus angesichts der Vorwürfe in Betracht kommenden Höchstmaßnahme stehen – insbesondere durch das beherrschende Verhalten des damaligen Vorstandsvorsitzenden – besondere Umstände des Einzelfalls sowie eine durch das Zeitmoment und die verzögerte Fortsetzung bedingte gebotene Milderung entgegen.
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a) Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist die Schwere des Dienstvergehens.
51
Sowohl die Begehung der innerdienstlichen Untreuehandlungen, auch soweit sie als Beilhilfe begangen wurden, als auch die innerdienstlichen Verstöße gegen § 42 BeamtStG wiegen durchaus sehr schwer. Dabei eröffnet schon der Strafrahmen der Untreue durchaus einen disziplinarischen Orientierungsrahmen bis zur Höchstmaßnahme (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 20), auch unter Anwendung eines nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen. Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt sodann in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (BVerwG, a.a.O. Rn. 17). Dabei verbietet sich ein wie auch immer gearteter Schematismus (BVerwG, a.a.O. m.w.N.). Hierbei bedarf es jeweils einer Betrachtung der Umstände des Einzelfalls.
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Die enorme Ansehensschädigung für das Sparkassenwesen und der erhebliche Vertrauensverlust in die Integrität der Verwaltung, die das jahrelange System des Sponsoringverhaltens und luxuriöser Verwaltungsratsfahrten der Kreissparkasse im Landkreis … mit sich gebracht hat, wiegen schwer, wenngleich der Beklagte hier nicht als Hauptakteur anzusehen ist.
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Allerdings hatte der Beklagte als stellvertretender Landrat eine herausgehobene Stellung im teilweisen Vergleich zu übrigen Verwaltungsratsmitgliedern. Dabei darf im Gegenzug seine überwiegend (nur) beratende Funktion im Verwaltungsrat nicht außer Acht bleiben, ebenso seine (bloße) Stellvertreterrolle mit Blick auf das Verhalten des damaligen Landrats im Zusammenhang mit dem Spenden- und Sponsoringverhalten der Kreissparkasse. Dem Beklagten mag insoweit im Wesentlichen eine Rolle als Mitläufer ohne wesentliche Einflussnahme zugekommen sein. Als langjährig erfahrener Bürgermeister und auch langjähriges Mitglied im Verwaltungsrat hätte er eine solche aber durchaus vornehmen können. Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass der Beklagte nicht nur jahrelange kommunalpolitische Erfahrung hatte, sondern über zwei juristische Staatsexamen und Berufserfahrung als Staatsanwalt und Richter verfügt.
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Der Beklagte hat auch durchaus nicht unwesentliche finanzielle Vorteile für sich und seine Ehefrau erhalten, so dass sein Verhalten einen zumindest teilweise eigennützigen Charakter hatte, auch wenn es dem Beklagten hierauf nicht angekommen sein mag. Gerade die Finanzierung der Geburtstagsfeier ist dem Beklagten in besonderer Weise persönlich zugutegekommen ebenso wie einzelne Geschenke. Dies wiegt sehr schwer und stellt, gerade auch bei der herausgehobenen Stellung als stellvertretender Landrat mit entsprechender Vorbildfunktion für eine ordnungsgemäße, uneigennützig funktionierende Verwaltung, einen enormen Ansehens- und Vertrauensschaden dar.
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Schwer wiegt auch die Vielzahl der dienstpflichtwidrigen Handlungen, wobei das Gericht wiederum nicht verkennt, dass sie Ausfluss des gesamten Systems des damaligen Vorstandsvorsitzenden gewesen sind. Dass die Verwaltungsratsfahrten, Geschenke und sonstiges Sponsoring bereits in der Vergangenheit üblich waren, so auch die Teilnahme der Partnerinnen der Verwaltungsratsmitglieder an den Verwaltungsratsfahrten, mildert die Schwere des Dienstvergehens kaum.
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Zu berücksichtigen ist hingegen das Versagen von Fach- und Rechtsaufsicht, wodurch das vom Vorstandsvorsitzenden betriebene System unbeanstandet über Jahre fortbestehen konnte. Diesbezüglich wird auf die umfangreichen Ausführungen in den Schriftsätzen und im Strafurteil des Landgerichts München II vom 8. April 2019 Bezug genommen.
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Vor allem aber lässt die Rolle des autoritär agierenden Vorstandsvorsitzenden und dessen Verhalten das Tatverhalten des Beklagten an dem doch erheblichen Schaden in milderen Licht erscheinen.
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Nicht unerwähnt darf jedoch bleiben, dass selbst als der Vorstandsvorsitzende nicht mehr im Amt war, noch eine weitere Fahrt ins … erfolgte, bei der die Kosten zwar erheblich verringert, aber immer noch eine unangemessene Hotelunterbringung und Mitnahme der Ehepartner erfolgte (s.o.). Die Gelegenheit, das System unverzüglich und mildernd zu Fall zu bringen, wurde somit nicht ausgeschöpft.
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In der Zusammenschau der Umstände des Einzelfalls folgt das Gericht insoweit der Einschätzung der Landesanwaltschaft, dass (gerade noch) nicht von einer Höchstmaßnahme angesichts der Schwere des Dienstvergehens auszugehen ist, sondern einer Kürzung im obersten Bereich.
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b) Im Rahmen der weiteren Maßnahmebemessung sind sodann weitere Aspekte mildernd einzustellen, die zu der verhängten Kürzung führen.
61
(1) Der Beklagte hat sich im Strafwie Disziplinarverfahren geständig und Reue gezeigt und durch seine Einlassungen zunächst zu einem „geräuschlosen“ Abschluss des Strafverfahrens und nun auch zu einer erheblichen Beschleunigung des disziplinarischen Verfahrensabschlusses beigetragen. Auch die Persönlichkeit und sein bisheriges unbeanstandetes berufliches Wirken sprechen für den Beklagten.
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(2) Durch die verfahrensmäßige Behandlung der Dienstpflichtverletzungen ist vorliegend eine Milderung vorzunehmen.
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Zwar führt die verspätete Einleitung des Disziplinarverfahrens erst im Jahre 2018 statt 2015 angesichts des bereits laufenden Strafverfahrens seit dem Jahre 2015 und eine daher nach Art. 24 Abs. 1 BayDG gebotene Aussetzung tatsächlich nicht kausal zu einem verzögerten Abschluss des Disziplinarverfahrens und damit nicht zu einer weiteren Milderung im Rahmen der Maßnahmebemessung.
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Die Verzögerung bei der Fortsetzung des Disziplinarverfahrens im November 2021 statt November 2018 fällt jedoch durchaus mildernd ins Gewicht. Wäre das Verfahren frühzeitiger fortgesetzt worden, hätte es angesichts der Einlassungen des Beklagten mitunter um einiges früher abgeschlossen werden können. Die dadurch entstandene zusätzliche Belastung des Beklagten ist somit im Rahmen des Umfangs der Kürzungsdauer zu berücksichtigen. Zwar hätte diesem die Möglichkeit eines Antrags auf Art. 60 BayDG offengestanden. Dass er hiervon keinen Gebrauch machte, lässt jedoch die Milderungsnotwendigkeit durch die eingetretene Verzögerung nicht entfallen. Keiner Betrachtung bedarf insoweit, ob für die Landesanwaltschaft hypothetisch ein weiterer Aussetzungsgrund gemäß Art. 24 Abs. 3 BayDG durch das noch anhängige Rechtsmittelverfahren des Vorstandsvorsitzenden sowie Verwaltungsratsvorsitzenden der Kreissparkasse bestanden hätte, da sie jedenfalls von einer diesbezüglichen Ermessensausübung – aktenkundig – nicht Gebrauch gemacht hat.
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In Übereinstimmung mit der Landesanwaltschaft B. sieht das Gericht daher eine Kürzungsdauer 2 Jahren und 8 Monaten als geeignet, aber auch i.S.v. Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDG zur Wahrung des Ansehens des Berufsbeamtentums zusätzlich zur strafrechtlichen Ahndung im Strafbefehlswege als erforderlich und unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und des Beitrags des Beklagten zu einem prozessökonomischen, beschleunigten Abschluss des Verfahrens angemessene Disziplinarmaßnahme an.
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Der Kürzungsbruchteil von 1/10 ergibt sich dabei in ständiger Rechtsprechung aus der Zugehörigkeit zur vierten Qualifikationsebene des Beklagten.
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7. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.
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Der rechtskräftige Beschluss steht nach Art. 57 Abs. 3 BayDG einem rechtskräftigen Urteil gleich.