Titel:
vorläufiger Rechtsschutz, Versammlung in der Innenstadt, Anordnung einer alternativen Route für einen Demonstrationszug
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
BayVersG Art. 15 Abs. 1
Schlagworte:
vorläufiger Rechtsschutz, Versammlung in der Innenstadt, Anordnung einer alternativen Route für einen Demonstrationszug
Fundstelle:
BeckRS 2022, 46965
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen eine versammlungsrechtliche Anordnung in Form eines von seiner Anzeige abweichend festgesetzten Streckenverlaufs eines geplanten Demonstrationszuges.
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Der Antragsteller zeigte am 16. November 2022 einen Demonstrationszug mit Kundgebung(en) für den 13. Dezember 2022 von 18:30 Uhr bis 22:00 Uhr an mit folgender Route: „Königsplatz – Bgm.-Fischer- Straße – Moritzplatz – Maximilianstraße – Karolinenstraße – Karlstraße – Ludwigstraße – Grottenau – Volkhartstraße – Frölichstraße – Viktoriastraße – Bahnhofstraße – Königsplatz“. Dabei ist eine Kundgebung am Ort „Frölichstraße 2“, beginnend um 19:30 Uhr und endend um 19:40 Uhr, geplant. Thema der Veranstaltung lautet „Demonstration gegen Polizeiwillkür und die verstärkte Polizeipräsenz in der * Innenstadt“. Es wird von ungefähr 100 Teilnehmern ausgegangen.
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Die Kriminalpolizeiinspektion * teilte in einer Stellungnahme vom 24. November 2022 der Antragsgegnerin ihre Erkenntnisse mit. Das Versammlungsdatum sei von den Organisatoren gezielt ausgewählt worden. So stünden die Zahlen „1, 3, 1 und 2“ für den Zahlen-Buchstabencode „A.C.A.B.“ (Akronym für „All cops are bastards“), der u.a. von der linksextremen Szene regelmäßig in Bezug auf die Polizei verwendet werde. Zum Antragsteller sei u.a. polizeilich bekannt, dass dieser eigenem Bekunden nach der „Anarchistischen Pogo Partei Deutschlands“ (APPD) angehöre. Er und weitere Personen seien am 6. Mai 2022 auf dem Weg zu einem Parteitag einer Kontrolle unterzogen worden, da sich im Zug mehrere Fahrgäste über das Verhalten der Gruppe beschwert hätten. Spätestens seit dem 21. November 2022 werde durch die linksextreme Gruppe „Offenes Antifaschistisches Treffen *“ (OAT) für die Demonstration am 13. Dezember 2022 mobilisiert. Besagte Gruppierung trete im Internet als Organisator besagter Demonstration auf und habe bereits eine Internetseite eingerichtet, die sich speziell mit der o.g. Demonstration beschäftige. Die Internetseite enthalte erneut das Akronym „acab“. Die Internetseite sei überschrieben mit: „1312 Demonstration“ – „Wer schützt uns vor dieser Polizei?“. Darunter sei eine Grafik zu sehen, welche einen brennenden Pkw mit der Aufschrift „Police“ zeige. Daneben stehe „Unsere Solidarität ist stärker als euer Schlagstock!“. Die Gruppe OAT habe sich laut eigenem Bekunden Anfang des Jahres 2021 gegründet und sei als Organisator einer Demonstration am 19. Februar 2021 zum Thema „Jahrestag des Anschlags in Hanau“ erstmals polizeilich in Erscheinung getreten. Besagte Demonstration habe ebenfalls an der Polizeiinspektion * vorbeigeführt. Eine Zwischenkundgebung unmittelbar vor der Einfahrt der Polizeiinspektion sei von der Versammlungsleitung zuvor verboten worden. Entgegen dieser Entscheidung habe der Versammlungszug für mehrere Minuten die Ein- und Ausfahrt der Polizeiinspektion * blockiert, es sei eine Rede gehalten worden und einige Versammlungsteilnehmer hätten u.a. „A.C.A.B.“ skandiert. Versammlungsleiter sei Herr X. gewesen, der weiterhin als Führungs- und Leitfigur des OAT gelte. Einem Instagram-Beitrag des Accounts der APPD * sei zu entnehmen, dass sich Mitglieder dieser Partei an der Demonstration vom 19. Februar 2021 beteiligt hätten. Darüber hinaus folge der Instagram-Account des Herrn X. besagter Partei. Von einer Bekanntschaft zwischen dem Antragsteller und Herrn X. sei daher auszugehen. Gegen Herrn X. seien bei der zuständigen Staatsanwaltschaft mehrere Ermittlungsverfahren anhängig, darunter der bereits angeführte Verstoß gegen das Bayerische Versammlungsgesetz. Herr X. sei zuletzt vor zwei Tagen anlässlich einer nicht angemeldeten Demonstration am *platz in * in strafrechtlich relevanter Weise polizeilich in Erscheinung getreten. Die streitgegenständliche Versammlung des Antragstellers wende sich in beleidigender und bedrohender Weise gegen die Polizei in *. Bereits das gewählte Datum, aber auch die veröffentlichte Grafik würden diese Zielrichtung verdeutlichen. Als Organisator dieser Versammlung trete die linksextreme Gruppierung OAT auf, welche sich bereits in der Vergangenheit gegen Auflagen und Beschränkungen der Versammlungsbehörde hinweggesetzt und in einem konkreten Fall die Ein- und Ausfahrt der Polizeiinspektion * blockiert habe. Die APPD * habe sich an der besagten Demonstration beteiligt. Der Antragsteller sei bislang nicht als Versammlungsleiter bekannt. Aufgrund der Verbindungen zwischen OAT/ Herrn X. und der APPD bestehe der konkrete Verdacht, dass der Antragsteller durch das OAT gezielt als Anmelder ausgewählt worden sei, da er als unbelastet gelte. In der Gesamtschau sei davon auszugehen, dass eine Versammlungsroute über die *straße erneut zu einer Blockade der Polizeiinspektion * und dem Rufen von Parolen mit bedrohenden und beleidigenden Inhalten führen werde.
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Bei Kooperationsgesprächen am 28. November 2022 und 29. November 2022 wurde dem Antragsteller im Wesentlichen erläutert, dass aufgrund der bei der Versammlung am 19. Februar 2021 gemachten Erfahrungen die *straße – auch u.a., wie vom Antragsteller vorgeschlagen, bei einer Durchführung des Demonstrationszuges gemäß der angezeigten Strecke ohne eine Zwischenkundgebung in der *straße * oder einer Streckenführung u.a. über die *straße – als Teil der Streckenführung nicht in Aussicht gestellt werden könne.
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Mit E-Mail vom 29. November 2022 übersandte die Polizeiinspektion * der Antragsgegnerin eine Lichtbildtafel zur Sachbeschädigung mittels „Graffitis“ am Sichtschutzzaun der Baustelle zum Neubau der Polizeiinspektion * in der *-Straße. Den Lichtbildern lassen sich u.a. die Schriftzüge „Überall Polizei – nirgendwo Gerechtigkeit“, „ACAB“ und „13.12. 18.00 Demo * ACAB“ entnehmen.
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Mit Bescheid vom 30. November 2022 bestätigte die Antragsgegnerin die angezeigte Versammlung und traf diverse Anordnungen. In Ziffer 2.2.1 des Bescheids wurde abweichend von der Anzeige folgender örtlicher Verlauf der Versammlung angeordnet: „Königsplatz, Bgm.-Fischer- Straße, Moritzplatz, Maximilianstraße, Karolinenstraße, Karlstraße, Ludwigstraße, Grottenau, Am Alten Einlaß, Prinzregentenstraße, Viktoriastraße, Bahnhofstraße, Königsplatz“.
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Die Anordnung der alternativen Streckenführung stütze sich auf Art. 15 Abs. 1 BayVersG. Es sei eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gegeben. Der Gefahrenprognose liege eine Stellungnahme der Kriminalpolizeiinspektion * zugrunde. Die Stellungnahme habe die Antragsgegnerin eigenständig geprüft und sich zu eigen gemacht. Für Personen der linksextremen Szene sei die ablehnende Haltung gegenüber der Polizei charakteristisch. Wie das angezeigte Thema der Versammlung am 13. Dezember 2022 verlauten lasse, richte sich die geplante Versammlung gegen den Polizeiapparat, insbesondere gegen die Polizei, die in * ihren Dienst verrichte. Nicht nur das bewusst gewählte Datum („13.12.“ als Akronym für „A.C.A.B.“) spreche für diese Haltung, auch der öffentliche Aufruf der linksextremen Gruppe OAT lasse darauf schließen. Hieraus lasse sich ableiten, dass nicht nur die in der * ansässige Polizeidienststelle * abgelehnt werde. So sei der Baustellenzaun des künftigen Dienstgebäudes der Polizeiinspektion * in der *-Straße durch die Schriftzüge „Überall Polizei – nirgendwo Gerechtigkeit“, „ACAB“ und „13.12. 18.00 Demo * ACAB“ beschädigt worden. Der Ausspruch „Überall Polizei – nirgendwo Gerechtigkeit“ stehe in direktem Zusammenhang zum Versammlungsthema. Auch die weiteren Schriftzüge ließen Rückschlüsse auf die Versammlung zu. Auch dem Staat als Ganzes bzw. der Polizei werde eine ablehnende Haltung entgegengebracht. Der Staat bzw. die Polizei würden als gewalttätig und gewaltbereit dargestellt. Dem Aufruf des OAT sei zu entnehmen, dass die Gruppierung nicht vor Gewalt zurückschrecke. Auch würden konkrete Verhaltensweisen des OAT aus der Vergangenheit dies stützen. Das OAT sei im Rahmen der Versammlung zum Thema „Jahrestag des Anschlags in Hanau“ am 19. Februar 2021 als Organisator aufgetreten. Hier sei eine Blockadeaktion der Ein- und Ausfahrt der Polizeiinspektion * angewandt worden. Eine zuvor getätigte Untersagung der Zwischenkundgebung an besagter Örtlichkeit sei ignoriert worden. Somit sei von einem wahrscheinlichen Nichtbefolgen behördlicher Anordnungen auszugehen. Da das OAT bereits bei der Versammlung am 19. Februar 2021 als Organisator aufgetreten sei, sei für die Versammlung am 13. Dezember 2022 mit demselben Teilnehmerkreis zu rechnen. Es sei beabsichtigt, vom gleichen Teilnehmerkreis auf der gleichen (Teil-)Strecke eine Versammlung durchzuführen. Bei Teilnehmenden aus dem linken Spektrum sei erfahrungsgemäß zu erwarten, dass sich Personengruppen aus der Versammlung lösen und eine Blockadeaktion durchführen würden.
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Zwar gehöre der Antragsteller nicht dem OAT an, allerdings bestünden konkrete Beweise, die die Verbundenheit der APPD * und des OAT belegen würden. Neben der Tatsache, dass die Gruppe OAT im Internet als Organisator auftrete und zur Teilnahme an der Versammlung aufrufe, zeige der Instagram-Beitrag vom 20. Februar 2021 die Teilnahme der APPD * an der durch das OAT organisierten Versammlung am 19. Februar 2021. Der Versammlungsleiter der Versammlung vom 18. Februar 2022 zum Thema „Hanau war kein Einzelfall – Gedenken heißt kämpfen!“ habe des Weiteren in seinem Antrag gegenüber dem Verwaltungsgericht Augsburg angegeben, dass gerade in einer eher kleinen Stadt wie * davon auszugehen sei, dass alle Menschen aus dem gleichen politischen Spektrum miteinander persönlich bekannt seien. Der Antragsteller habe weiterhin gegenüber der Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt bestritten, dass Blockaden oder weitere Aktionen nicht beabsichtigt seien. Hieraus lasse sich ausreichend konkret schließen, dass der Antragsteller als Angehöriger der APPD und somit der linken Szene, als auch der zu erwartende Teilnehmerkreis nicht vor Blockaden oder ähnlichen, die Ablehnung der Polizei zum Ausdruck bringenden Aktionen, zurückschrecken (werden).
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Es bestehe eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit des Eintritts konkreter Gefahren für die Bestand- und Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen. Die Einsatzbereitschaft der Polizei und das Freihalten der Ein- und Ausfahrt der Polizeidienststelle seien gefährdet. Bei verzögertem Eintreffen der Polizei am Einsatzort könnten konkrete Gefahren für Leib, Leben, Eigentum, Freiheit und weitere wichtige Rechtsgüter unbeteiligter Dritter bestehen. Da es sich insbesondere bei den Rechtsgütern Leben und Gesundheit um überragend wichtige Rechtsgüter handele, sei bereits eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadens ausreichend.
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Die Beschränkung sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erlassen worden. Die örtliche Verlegung sei verhältnismäßig. Die Anordnung sei geeignet und erforderlich. Mildere, gleichermaßen effiziente Mittel seien nicht ersichtlich. Mit der örtlichen Verlegung sei weiterhin ein Ortsbezug zur Innenstadt gegeben. Außerdem werde die Versammlung für die gesamte Dauer von der Polizei (v.a. von Polizisten der Polizeiinspektion *) begleitet, wodurch diese als Adressaten der Meinungskundgabe unmittelbar von dessen Inhalt Kenntnis nehmen könnten. Polizeiliche Maßnahmen vor Ort würden kein gleich geeignetes milderes Mittel darstellen, da die konkreten Gefahren bei einem Passieren des Polizeigebäudes nicht (rechtzeitig) durch die Polizei unterbunden werden könnten. Auch bei einem Passieren über die *straße oder die *straße sei nicht auszuschließen, dass sich Teilnehmende aufgrund der unmittelbaren Nähe absondern und die Zu- und Abfahrt in der *straße blockieren würden. Die Untersagung der Zwischenkundgebung in der *straße * sei kein milderes Mittel. Es sei wie die Erfahrungen in der Vergangenheit belegen würden, mit einer Nichtbeachtung von behördlichen Anordnungen zu rechnen. Die beschränkende Verfügung sei auch angemessen.
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Dagegen ließ der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtschutzes beantragen,
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die aufschiebende Wirkung der noch zu erhebenden Klage gegen die Auflage 2.2.1 des Bescheids Az. * der Antragsgegnerin vom 30. November 2022 anzuordnen.
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Die angeordnete abweichende Streckenführung verhindere das Vorübergehen am Polizeipräsidium *. Dem Antrag sei stattzugeben, die Erfolgsaussichten seien vorliegend gegeben, da bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher sei, als ein Misserfolg. Die Entscheidung der Antragsgegnerin sei ermessensfehlerhaft und nicht verhältnismäßig gewesen, da ein milderes Mittel vorhanden sei. Die Antragsgegnerin habe ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Eine angeordnete abweichende Route stelle einen erheblichen Eingriff in das Versammlungsrecht dar. Die Versammlung habe das Thema gegen die Polizeiwillkür und die verstärkte Polizeipräsenz in der * Innenstadt. Folglich sei eine Route entsprechend vorübergehend an der Polizeistation * der Versammlung zu gestatten. Es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zu dem Versammlungsthema. Die Route sei bewusst so gewählt, dass der Demonstrationszug über diese Polizeiwache führen solle, da genau gegen die verstärkte Präsenz in der Innenstadt, welche von diesem Polizeipräsidium ausgeübt werde, demonstriert werde. Da die Route ein wichtiger Bestandteil dieser Meinungs- und Willensbildung sei, und diese das Thema unterstreiche, sei es nicht verhältnismäßig eine andere Route anzuordnen. Die öffentliche Sicherheit und Ordnung sei nicht in Gefahr, da die Demonstration friedlich und lediglich für die Meinungsäußerung erfolgen solle.
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Die Antragsgegnerin ziehe veraltete Informationen innerhalb der Stellungnahme der KPIZ zurate. Diese mache sie sich wie im Bescheid niedergelegt zu eigen. Dies führe allein schon zu einer ermessensfehlerhaften Ausübung, da die Antragsgegnerin selbst eine Entscheidung und Einschätzung zu treffen, und sich nicht die der Polizei zu eigen zu machen habe. Insbesondere da hier gegen die Polizei mittelbar demonstriert werde. Die Einschätzung der KPIZ sei zudem nicht übertragbar, es würden Sachverhalte der Vergangenheit einfach übertragen. Zudem werde aus Instagram-Accounts und Überschneidungen bei den Führungs- und Leitfiguren geschlussfolgert, dass eine Verbindung von APPD und des OAT bestehen und, dass deswegen nun wieder eine Personeneinheit zu einer Blockade der Polizeistation führen solle. Der Instagram-Account des OAT folge aber fast allen des politischen linken Spektrums, nicht nur der APPD. Das OAT bewerbe die Versammlung, trete aber entgegen der Annahme der KPIZ nicht als Organisator auf. Zumindest sei dies nicht ersichtlich auf besagter Internetseite. Der Organisator sei der Antragsteller und richtigerweise stelle die KPIZ auch fest, dass der Antragsteller gerade nicht dem OAT angehöre. Der Antragsteller solle in einer Bekanntschaft zum damaligen Versammlungsleiter stehen. Selbst wenn, könne dies nicht per se dazu führen, dass die Versammlung in dieser Weise beschränkt werde. Bekanntschaften würden nicht automatisch zu potentiellen Gefahrenlagen wie Blockaden führen. Der Antragsteller sei nicht Teil der damaligen Blockade-Demonstration gewesen. Ebenso wenig könne aus einem Telefonat mit dem Antragsteller geschlossen werden, dass es zu Blockaden komme, nur weil dieser das nicht vehement bestritten habe. Überdies könne kein Versammlungsleiter für alle Versammlungsteilnehmer garantieren, dass diese sich versammlungskonform verhalten würden. Selbst wenn die Einschätzung übertragbar wäre und hier eins zu eins herangezogen werden könnte, könnte das Ordnungsamt mit der Polizei entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen, um eine etwaige Blockade zu verhindern.
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Dem wiederholten Heranziehen einer Hanau-Demonstration aus dem Jahre 2021 müsse irgendwann Einhalt geboten werden. Dieser Argumentation könne nicht jahrelang gefolgt werden. Dann hätte z.B. eine am 11. Juli 2021 gegen das neue PAG stattfindende Demonstration auch nicht am Polizeipräsidium * vorbeiführen dürfen. Es sei dort zu keiner Blockade gekommen. Es habe bestimmt auch hier Überschneidungen innerhalb der Versammlungsteilnehmer gegeben. Dies werde hier nicht in die Abwägung hineinbezogen. Auch deshalb sei eine ermessensfehlerhafte Entscheidung gegeben. Die Antragsgegnerin dürfe ihrer Abwägung nicht nur die Stellungnahme der KPIZ zugrunde legen. Zusätzlich handele es sich um ein völlig anderes Demonstrationsthema als bei der Demonstration zum Thema Hanau mit Blockade. Es gebe nicht unbedingt Überschneidungen im Personenkreis. Dagegen spreche der Zeitfaktor.
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Als milderes Mittel sei die Möglichkeit gegeben, den Streckenverlauf wie beantragt stattzugeben, aber eine Zwischenkundgebung zu untersagen, wie von dem Antragsteller vorgeschlagen. Zudem könnten das Gebäude und die Zufahrten hinreichend gesichert werden, um einer etwaigen Blockade zu entgehen. Für die kurze Zeit, bei der der Demonstrationszug an der Polizeistation vorbeiziehe, könne entsprechende Unterstützung der anderen Polizeidienststellen angefordert werden.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Antrag sei unbegründet. Zur Begründung wurde im Wesentlichen das Vorbringen im streitgegenständlichen Bescheid wiederholt und vertieft. Ergänzend wurde u.a. vorgebracht, dass die Antragsgegnerin ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe. Dass sich die Versammlungsbehörde Informationen der Polizei zu eigen mache, sei nicht zu beanstanden. Im Weiteren sei es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin in ihre Erwägungen auch die Vorkommnisse im Rahmen der Versammlung zum Thema „Jahrestag des Anschlags in Hanau“ am 19. Februar 2021 miteinbeziehe. Mildere, gleich effektive Mittel seien nicht ersichtlich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte verwiesen.
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Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
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1. Da die von dem Antragsteller noch zu erhebende Klage aufgrund Art. 25 des Bayerischen Versammlungsgesetzes (BayVersG) keine aufschiebende Wirkung hat, ist sein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthaft.
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2. Die von der Anzeige abweichende alternative Wegstrecke in Ziffer 2.2.1 des streitgegenständlichen Bescheids erweist sich nach summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn die Klage kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung hat. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung eine originäre Interessenabwägung auf der Grundlage der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage darüber zu treffen, ob die Interessen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, oder diejenigen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, überwiegen. Dabei sind die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren wesentlich zu berücksichtigen, soweit diese im Rahmen der hier nur gebotenen und möglichen summarischen Prüfung bereits beurteilt werden können. Nach allgemeiner Meinung besteht an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer voraussichtlich aussichtslosen Klage kein überwiegendes Interesse. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 89 ff. m.w.N.). Auch die Bedeutung des verfassungsrechtlichen Schutzes der Versammlungsfreiheit durch Art. 8 des Grundgesetzes (GG) ist in diesem Rahmen zu berücksichtigen.
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a) Rechtsgrundlage der Festsetzung einer alternativen Streckenführung ist Art. 15 Abs. 1 BayVersG. Danach kann die zuständige Behörde eine Versammlung beschränken oder verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Das in Art. 8 Abs. 1 GG gewährleistete Grundrecht der Versammlungsfreiheit schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke der gemeinschaftlichen, auf Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammenzukommen (vgl. BVerfG, B.v. 30.8.2020 – 1 BvQ 94/20 – juris Rn. 14 m.w.N.; B. v. 14.10.2001 – 1 BvR 1190/90 u.a. – juris Rn. 39 ff.). Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend. In ihrer idealtypischen Ausformung sind Demonstrationen die gemeinsame körperliche Sichtbarmachung von Überzeugungen, bei der die Teilnehmer in der Gemeinschaft mit anderen eine Vergewisserung dieser Überzeugungen erfahren und andererseits nach außen – schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und die Wahl des Ortes – im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen. Damit die Bürger selbst entscheiden können, wann, wo und unter welchen Modalitäten sie ihr Anliegen am wirksamsten zur Geltung bringen können, gewährleistet Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern umfasst zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über die Durchführung der Versammlung als Aufzug, die Auswahl des Ortes und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten der Versammlung (stRspr, vgl. etwa BVerfG, B.v. 20.12.2012 – 1 BvR 2794/10 – juris Rn. 16). Hierbei ist dem Grundrechtsträger das Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung gewährleistet (vgl. BVerfG, B.v. 14.05.1985 – 1 BvR 233/81 u.a. – juris Rn. 61). Soweit Beschränkungen verfügt werden, ist dies nach Art. 8 Abs. 2 GG für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes möglich, allerdings nur zum Schutz gleichwertiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit (zuletzt etwa BVerfG, B.v. 21.11.2020 – 1 BvQ 135/20 – juris Rn. 6; B.v. 30.8.2020 – 1 BvQ 94/20 – juris Rn. 14 m.w.N). Derartige Beschränkungen sind im Lichte der grundlegenden Bedeutung von Art. 8 Abs. 1 GG auszulegen. Rechtsgüterkollisionen ist im Rahmen versammlungsrechtlicher Verfügungen durch Auflagen oder Modifikationen der Durchführung der Versammlung Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, B.v. 24.10.2001 − 1 BvR 1190/90 − BVerfGE 104, 92 – juris Rn. 54, 63). Insoweit gilt die Regel, dass kollektive Meinungsäußerungen in Form einer Versammlung umso schutzwürdiger sind, je mehr es sich bei ihnen um einen Beitrag zum Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt (stRspr, vgl. BVerfG, U.v. 11.11.1986 – 1 BvR 713/83 – BVerfGE 73, 206 – juris Rn. 102). Nur soweit eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegt, kann von dem Veranstalter nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG verlangt werden, dass er den geplanten Ablauf seiner Versammlung ändert, oder kann eine Versammlung gänzlich untersagt werden (vgl. BVerfG, B.v. 30.8.2020 – 1 BvQ 94/20 – juris Rn. 14 m.w.N.; SächsOVG, B.v. 11.12.2020 – 6 B 432/20 – juris Rn. 11; B.v. 13.3.2021 – 6 B 96/21 – juris Rn. 6). Mit dem Merkmal der unmittelbaren Gefährdung ist ein hoher Gefahrenmaßstab angesprochen, den nicht schlechterdings jede zu erwartende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit erreicht.
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Der Schutz der „öffentlichen Sicherheit“ im Sinne von Art. 15 Abs. 1 BayVersG umfasst neben den individualen Rechtsgütern Dritter, der Integrität der Rechtsordnung auch die Bestand- und Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen. Dazu zählt auch die Einsatzbereitschaft der Polizei und das Freihalten der Ein- bzw. Ausfahrt, um in Notfällen schnellstmöglich Hilfe leisten zu können. Kollidiert die Versammlungsfreiheit mit dem Schutz anderer Rechtsgüter, ist eine Abwägung der betroffenen Positionen zur Herstellung praktischer Konkordanz erforderlich. Wichtige Abwägungselemente sind dabei unter anderem die Dauer und Intensität der Aktion, deren vorherige Bekanntgabe, Ausweichmöglichkeiten, die Dringlichkeit der blockierten Tätigkeit Dritter, aber auch der Sachbezug zwischen den beeinträchtigten Dritten und dem Protestgegenstand. Stehen die äußere Gestaltung und die durch sie ausgelösten Behinderungen in einem Zusammenhang mit dem Versammlungsthema oder betrifft das Anliegen auch die von der Demonstration nachteilig Betroffenen, kann die Beeinträchtigung ihrer Freiheitsrechte unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände möglicherweise eher sozial erträglich und dann in größerem Maße hinzunehmen sein, als wenn dies nicht der Fall ist. Demgemäß ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, ob und wie weit die Wahl des Versammlungsortes und die konkrete Ausgestaltung der Versammlung sowie die von ihr betroffenen Personen einen Bezug zum Versammlungsthema haben (BayVGH, B.v. 13.11.2020 – 10 CS 20.2655 – juris Rn. 22; VGH Hessen, B.v. 30.10.2020 – 2 B 2655/20 – juris Rn. 5 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 24.10.2001 − 1 BvR 1190/90 − BVerfGE 104, 92 – juris Rn. 64).
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b) Gemessen an diesen verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben erweist sich in Würdigung aller Gesamtumstände des Einzelfalls die Änderung der Versammlungsroute voraussichtlich als angemessener Eingriff in die Versammlungsfreiheit des Antragstellers bzw. der Versammlungsteilnehmer. Etwaige Ermessensfehler sind, zumal bei summarischer Prüfung, ebenso wenig wie eine Unverhältnismäßigkeit der angeordneten abweichenden Streckenführung ersichtlich. Es wird entsprechend Bezug auf die detaillierte Begründung im streitgegenständlichen Bescheid genommen sowie lediglich ergänzend ausgeführt (vgl. §§ 122 Abs. 2, 117 Abs. 5 (analog) VwGO):
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Die Antragsgegnerin hat die Änderung der Route auf eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gegründet. Es sei davon auszugehen, dass es zu Blockadeaktionen vor der Polizeiinspektion komme und dadurch die ungehinderte Einsatz- und Funktionsfähigkeit der Polizei nicht mehr gewährleistet sei.
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Eine hinreichend substantiierte Gefahrenprognose setzt voraus, dass diese auf nachweisbaren Tatsachen, Sachverhalten oder sonstigen Erkenntnissen beruht und sich bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergibt. Es gelten insoweit strenge Anforderungen. Bloße Vermutungen ohne das Vorliegen hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkte genügen nicht (vgl. BayVGH, B.v. 5.8.2011 – 10 CS 11.1839 – juris Rn. 10).
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Nach diesen Grundsätzen begegnet die (Gefahren-)Prognose der Antragsgegnerin, die der Änderung der Route zugrunde liegt, bei summarischer Prüfung keinen Bedenken.
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Versammlungsthema „Demonstration gegen Polizeiwillkür und die verstärkte Polizeipräsenz in der * Innenstadt“ zur Polizeiinspektion * keinen spezifischen Nexus i.e.S., d.h. etwa auf der Grundlage von hinreichend konkreten lokalen Begebenheiten bzw. Vorfällen aufweist – anders als z.B. eine Demonstration, die sich mit ihrem Versammlungsthema spezifisch auf einen Vorfall von (vermeintlicher) Polizeiwillkür bzw. -gewalt durch Polizisten der betreffenden Polizeidienststelle bezieht. Es sind somit keine konkreten Gesichtspunkte erkennbar, wieso der Demonstrationszug ausgerechnet unmittelbar an der Polizeiinspektion * vorbeilaufen müsste. Soweit das Versammlungsthema (pauschal) auf eine „verstärkte Polizeipräsenz in der * Innenstadt“ abhebt, wird der Versammlungszweck durch die geänderte Streckenführung in der * Innenstadt nicht vereitelt, da sich das Versammlungsthema erkennbar auf die gesamte Innenstadt und nicht lediglich auf eine Präsenz am Ort der Dienststelle in der *straße bezieht. Ein (ganz) konkreter lokaler Bezug zur Polizeidienststelle * ist ohne Weiteres nicht erkennbar. Im Vordergrund der Versammlung steht bereits semantisch eine „Demonstration gegen Polizeiwillkür“.
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Zudem ist die Einschätzung nicht zu beanstanden, dass es hinreichend wahrscheinlich zu erwarten steht, dass es – wie im Jahre 2021 – zu Störungen kommen wird. Am 19. Februar 2021 hat zum Thema „Jahrestag des Anschlags in Hanau“ von einem hinreichend vergleichbaren Veranstaltungskreis auf derselben (Teil-)Strecke bereits eine Demonstration stattgefunden. Obschon damals in den vorangegangenen Kooperationsgesprächen die ursprünglich geplante Zwischenkundgebung vor der Polizeiinspektion auf einen alternativen Standort verschoben worden ist, kam es entgegen der Absprachen zu einem Stopp des Zuges genau auf Höhe der Ausfahrt auf der Fahrbahn vor der Polizeiinspektion. Eine Ein- und Ausfahrt war aufgrund der physischen Barrieren von ca. 30 bis 50 Teilnehmern der Versammlung in diesem Bereich nicht mehr möglich. Zudem hat sich der restliche Zug über die Kreuzung *straße bis in die *straße aufgestaut (vgl. dazu VG Augsburg, B.v. 18.2.2022 – Au 8 E 22.390 – Rn. 23, n.v.).
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Aufgrund der Vorerfahrungen aus dem Jahre 2021 begegnet es keinen Bedenken, wenn die Antragsgegnerin davon ausgeht, dass es wieder zu einer Blockade der Polizeiinspektion kommt. Selbst wenn es sich damals nicht um eine geplante Blockade gehandelt hat bzw. nunmehr handeln würde, ist alleine durch das wieder zu erwartende Aufstauen der Versammlungsteilnehmer von einer Gefährdung der Einsatzfähigkeit der Polizeiinspektion auszugehen (vgl. VG Augsburg, B.v. 18.2.2022 – Au 8 E 22.390 – Rn. 24, n.v.).
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Auch der vom Antragsteller vorgeschlagene Kompromiss einer Streckenführung u.a. über die *straße bzw. ein Verzicht auf eine Zwischenkundgebung in der *straße * ist nicht geeignet, die Gefahrensituation abzuwenden. Die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass es allein aufgrund der räumlichen Nähe des Verlaufs bei einem Passieren der *straße oder der *straße bzw. *straße an der Ecke zur *straße und damit zur Ausfahrt der Polizeiinspektion, nicht auszuschließen ist, dass es Demonstrationsteilnehmern gelingt, diese Zufahrt zu blockieren, ist nicht zu beanstanden.
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Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass der Antragsteller nicht selbst (Teil bzw.) Veranstalter der Demonstration 2021 gewesen ist. Es begegnet keinen Bedenken, dass die Antragsgegnerin ihrer (Gefahren-)Prognose die polizeiliche Stellungnahme vom 24. November 2022 zugrunde legt, wenn und weil – wie im Bescheid festgehalten – die Antragsgegnerin diese auch eigenständig geprüft hat und sich zu eigen macht. Die Heranziehung von Erkenntnissen zu der Versammlung vom 19. Februar 2021 ist nicht zu beanstanden. Es handelt sich um einen lediglich kurz zurückliegenden Zeitpunkt. Zudem ist nicht ersichtlich, dass es eine zeitliche Grenze gäbe, jedenfalls sofern die zugrundeliegenden Erkenntnisse eine Prognose noch (inhaltlich) tragen. Inhaltlich vermögen die spezifischen Erkenntnisse die (Gefahren-)Prognose der Antragsgegnerin vorliegend zu stützen. Dies schließt eine ggf. andere Bewertung der Gefahrenlage von anderen – auch thematisch der Rolle der Polizei verhafteten – Demonstrationen (z.B. je nach zu erwartenden Teilnehmerkreis etc.) nicht aus. Angesichts des in einem gewissen Kontext um die (vermeintliche) Rolle der Polizei stehenden Themas der Versammlung von 2021 („Jahrestag des Anschlags in Hanau“) mit der streitgegenständlichen Versammlung am 13. Dezember 2022, aber insbesondere wegen des zu erwartenden Teilnehmerkreises aus dem gleichen politischen Spektrum ist die tatsachenbasierte sowie schlüssig und nachvollziehbar dargelegte Prognose, dass es zu gleichen Verstößen kommen wird, plausibel. Auch insoweit wird auf die ausführliche Begründung im Bescheid vom 30. November 2022 Bezug genommen (vgl. §§ 122 Abs. 2, 117 Abs. 5 (analog) VwGO). Die Annahme eines zu erwartenden Teilnehmerkreises aus dem gleichen politischen Spektrum – und damit auch die (Gefahren-)Prognose – finden darin Halt, dass im Allgemeinen in einer eher kleinen Stadt wie * und auch im Besonderen aufgrund der jeweiligen Umstände (u.a. Antragsteller als Angehöriger der APPD *; Organisation der Versammlung am 19. Februar 2021 durch das OAT bzw. Versammlungsleiter als Angehöriger des OAT; Teilnahme von Mitgliedern der APPD * an dieser Versammlung; jedenfalls Aufruf des OAT mittels eigens eingerichteter Internetseite zur streitgegenständlichen Versammlung am 13. Dezember 2022; „Auftreten“ des OAT auf ihrer Homepage; Verbindungen (bzw. Nähe) u.a. auf Instagram zwischen dem Antragsteller und dem Versammlungsleiter der Demonstration vom 19. Februar 2021 bzw. den jeweiligen Organisationen (APPD * und OAT), denen diese angehören) insoweit enge personelle Verbindungen bzw. Überschneidungen bestehen. Auch die – ungeachtet von welcher Person – begangenen Sachbeschädigungen am Sichtschutzzaun der Baustelle zum Neubau der Polizeiinspektion * im Vorfeld bzw. im Kontext zur streitgegenständlichen Demonstration am 13. Dezember 2022 stützen die von der Antragsgegnerin angestellte (Gefahren-)Prognose.
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Nach allem ist es in hohem Maße wahrscheinlich, dass es zu weiteren Blockadeaktionen bei der Polizeiinspektion kommen wird.
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Insofern ist es auch im Hinblick auf mildere Mittel nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die Route entsprechend abgeändert hat. Für den übrigen Verlauf verbleibt es bei demselben Verlauf, den der Antragsteller angezeigt hat. Durch den Verlauf des Demonstrationszugs durch die gesamte Innenstadt von Augsburg ist es in ausreichendem Maße möglich, das Versammlungsthema einer breiten Öffentlichkeit und auch den begleitenden Polizeibeamten gegenüber kund zu tun. Die bloße Untersagung der angezeigten Zwischenkundgebung in der *straße ist kein milderes Mittel. Die Antragsgegnerin geht in ihrer (Gefahren-)Prognose voraussichtlich zutreffend davon aus, dass die Erfahrungen der Vergangenheit hinreichend wahrscheinlich erwarten lassen, dass (bei dem zu erwartenden Teilnehmerkreis) mit einer Nichtbeachtung von behördlichen Anordnungen zu rechnen ist. Dessen ungeachtet ist davon auszugehen, dass sich auch bei einem bloßen Passieren der *straße die Störung einer ungehinderten Einsatz- und Funktionsfähigkeit der Polizei nicht (rechtzeitig) unterbinden lässt, zumal es Versammlungsteilnehmern aufgrund der unmittelbaren Nähe ohne Weiteres möglich bleibt, sich abzusondern und die Zu- und Abfahrt der Polizeiinspektion zu blockieren. Dies gilt ebenso bzw. selbst bei entsprechenden polizeilichen (Sicherungs-)Maßnahmen vor Ort.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG. Da die Entscheidung die Hauptsache im Wesentlichen vorwegnimmt, sieht das Gericht keinen Anlass, den Streitwert gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu mindern (vgl. BayVGH, B.v. 26.3.2021 – 10 CS 21.903 – juris Rn. 31).