Titel:
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, Haltungsuntersagung, Abgabe- und Nachweisverpflichtung, zwischenzeitliche Regelungen zur Haltung und Anordnungsvorbehalt für einen bestimmten Hund, konkrete Gefahr (bejaht), Verhältnismäßigkeit (bejaht), Zwangsgeldandrohungen
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 3
LStVG Art. 8
VwZVG Art. 31, 36
Schlagworte:
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, Haltungsuntersagung, Abgabe- und Nachweisverpflichtung, zwischenzeitliche Regelungen zur Haltung und Anordnungsvorbehalt für einen bestimmten Hund, konkrete Gefahr (bejaht), Verhältnismäßigkeit (bejaht), Zwangsgeldandrohungen
Fundstelle:
BeckRS 2022, 46961
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller, wohnhaft in M., S. Weg (einem Gemeindeteil der Antragsgegnerin), wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes u.a. gegen die ihm gegenüber verfügte Haltungsuntersagung für seinen Hund „S.“ samt Abgabeverpflichtung und Verpflichtung eines Nachweises darüber.
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Der Antragsteller ist Halter des Hütehundes „S.“, Wurf, Rasse Kovac, Fellfarbe weiß, Geschlecht männlich.
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Zwischen dem 27. Oktober 2021 und dem 13. Dezember 2021 wandten sich Nachbarn des Antragstellers bzw. Bewohner von M. bezüglich des Hundes „S.“ an die Antragsgegnerin. Im Wesentlichen wurde ausgeführt: Der Hund entwische immer wieder aus dem Anwesen des Antragstellers und laufe frei herum (u.a. 28. Oktober 2021, 12. Dezember 2021). Einer Frau sei der Hund in das Fahrrad gesprungen. Ein Bewohner von M. sei von dem Hund angesprungen und einige Meter von diesem verfolgt worden. Eine Nachbarin des Antragstellers sei in ihrem Garten von dem Hund überrascht und angesprungen worden. Am 27. Oktober 2021 sei ein Schulkind auf dem Weg zur Bushaltestelle von dem Hund angebellt und angesprungen worden. Am selben Tag sei die Zeitungsausträgerin von dem freilaufenden Hund beim Austragen der Zeitungen in das Hosenbein „gezwickt“ worden. Am 9. Dezember 2021 sei der Hund auf ein Kind zu gerannt und habe es angebellt. Eine Spaziergängerin in M. habe der Hund am selben Tag angebellt und bedroht.
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Mit Schreiben vom 4. November 2021 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller u.a. dazu auf, unverzüglich durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass sein Hund auf dem Halteranwesen sicher verwahrt wird und der Hund außerhalb seines Anwesens im Innerortsbereich nur in Begleitung ausgeführt werden darf.
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Am 26. November 2021 begutachtete der Diensthundeführer der zuständigen Polizeidienststelle den Hund an der Wohnanschrift des Antragstellers. Dem Bericht ist im Wesentlichen zu entnehmen: Der Antragsteller habe auf den Sachverhalt angesprochen angegeben, dass alles richtig sei. Er habe darauf reagiert und Vorkehrungen getroffen bzw. werde solche noch treffen. Dem Hund sei es laut Antragsteller dann nicht mehr möglich, das Grundstück zu verlassen. Der Bericht schließt u.a. mit der Einschätzung des Diensthundeführers, dass der Antragsteller den Eindruck mache, als wäre er mit dem Hund total überfordert.
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Jene Ereignisse nahm die Antragsgegnerin (nach erfolgter Anhörung) zum Anlass, mit bestandskräftigem Bescheid vom 15. Dezember 2021 gegenüber dem Antragsteller Anordnungen gemäß Art. 18 Abs. 2 LStVG zu treffen. Der Antragsteller wurde verpflichtet durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass sein Hund „S.“ auf dem Halteranwesen ausbruchsicher untergebracht ist und das Halteranwesen nicht eigenständig verlassen kann (Ziffer 1.1). Geeignete Maßnahmen wurden in Ziffer 1.1.1 des Bescheids beispielhaft aufgeführt und in Ziffer 1.1.2 des Bescheids bestimmt, dass es in der Verantwortung des Antragstellers liege, welche Maßnahme er zur ausbruchsicheren Unterbringung seines Hundes ergreifen wolle. Für die Verwirklichung geeigneter Maßnahmen i.S.v. Ziffer 1.1.1 des Bescheids wurde dem Antragsteller eine Frist bis spätestens 18. Januar 2022 eingeräumt (Ziffer 1.1.3). Bis zur Fertigstellung der Maßnahmen dürfe sich der Hund nicht frei auf dem Anwesen bewegen (Ziffer 1.1.4). Dem Antragsteller wurde untersagt, seinen Hund frei herumlaufen zu lassen. Nach Verwirklichung der Maßnahmen i.S.v. Ziffer 1.1.1 des Bescheids gelte die Untersagung ausschließlich außerhalb seines Grundstücks (Ziffer 1.2). Der Hund dürfe nur mit einer reißfesten, höchstens 1,5 m langen Leine mit schlupfsicheren Halsband ausgeführt werden. Dies gelte sowohl innerorts als auch im Außenortsbereich, da der Hund nicht zuverlässig auf Zuruf reagiere (Ziffer 1.2.1). Die Verpflichtungen nach Ziffer 1.1 und 1.2.1 des Bescheids seien sofort zu erfüllen. (Ziffer 1.2.2). Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheides wurde angeordnet (Ziffer 2). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1.1 des Bescheids ab einem Monat nach Zustellung des Bescheids wurde ein Zwangsgeld i.H.v. 150,00 EUR (Ziffer 3.1) und für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1.2 des Bescheids ab dem dritten Tag nach Zustellung des Bescheids ein solches i.H.v. 150,00 EUR (Ziffer 3.2) angedroht. Ferner enthielt Ziffer 4 des Bescheids eine Kostenentscheidung.
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Auf die Begründung des Bescheids wird verwiesen.
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Per E-Mail vom wohl 9. Januar 2022 wandten sich Nachbarn des Antragstellers erneut an die Antragsgegnerin. Im Wesentlichen wurde vorgebracht: Am 8. Januar 2022 habe Herr …, wohnhaft in M., gegen 17:30 Uhr Schnee auf dem Gehsteig geräumt, während der Mann der sich an die Antragsgegnerin wendenden Nachbarn gegenüber bei ihrem Haus gewesen sei. Der Hund des Antragstellers sei währenddessen total aggressiv im Grundstück des Antragstellers auf- und abgelaufen und habe Herrn … heftig angebellt. Der Hund habe es aus irgendeinem Grund geschafft dem Grundstück zu entweichen und Herrn … von hinten aufgelauert, der sich nur mit seiner „Schneeschaufel“ habe wehren können und sich in seiner Garage eingeschlossen habe, was nach einem Aktenvermerk in der Behördenakte der Antragsgegnerin Herr … am 12. Januar 2022 telefonisch bestätigte. Es entstehe der Eindruck, dass die Umzäunung des Grundstücks des Antragstellers nicht die Lösung des Problems sei. Selbst im Grundstück, wenn der Antragsteller den Hund an der Leine habe und das Gartentor öffne, entwische der Hund. Nach dem Vorfall am 8. Januar 2022 sei der Hund ein paar Häuser weiter durch die angrenzende Siedlung gestreunt. Es habe (kurz vor Weihnachten) weitere Vorfälle gegeben, die nur von Zeugen bzw. Nachbarn bekannt seien bzw. bei denen sie selbst nicht zugegen gewesen seien. Der Hund sei z.B. wieder bei der Nachbarin (Frau …) im Garten „umhergeschlichen“. Bei einem anderen Vorfall sei eine Pferdebesitzerin involviert, als der Hund des Antragstellers das Grundstück verlassen habe und zu der Pferdebesitzerin mit ihrem Pferd und ihren Hunden bellend gerannt sei. Die Pferdebesitzerin habe sich zwischen die Tiere gestellt und Schlimmeres verhindert. Bei einem anderen Vorfall sei der Hund des Antragstellers „ausgebüchst“ und zu einem anderen Hundebesitzer aus M. mit seinem Hund gerannt. Die beiden Hunde hätten sich ineinander verbissen, sodass der Hund des Antragstellers geblutet habe.
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Mit Bescheid vom 13. Januar 2022 stellte die Antragsgegnerin dem Antragsgegner gegenüber ein Zwangsgeld i.H.v. 150,00 EUR fällig, da der Hund am 8. Januar 2022 gegen 18 Uhr frei in M. umhergelaufen sei und der Antragsteller damit gegen Ziffer 1.2 des Bescheids vom 15. Dezember 2021 verstoßen habe.
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Zugleich wurde für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1.2 des Bescheids vom 15. Dezember 2021 ein erneutes Zwangsgeld i.H.v. 300,00 EUR angedroht.
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Ferner wurde beim zuständigen Landratsamt am 13. Januar 2022 wegen Verstoßes gegen eine Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG darum gebeten, gegenüber dem Antragsteller ein Bußgeldverfahren einzuleiten.
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Zwischen dem 11. Februar 2022 und 15. Februar 2022 teilten diverse Nachbarn des Antragstellers bzw. Bewohner von M. der Antragsgegnerin per E-Mail oder telefonisch mit, dass der Hund des Antragstellers im Januar 2022 durch eine kurz offenstehende Haustür in ein anderes Wohnhaus gelangt sei respektive am 10. Februar 2022 und am 11. Februar 2022 frei in M. umhergelaufen bzw. durch den Ort/ andere Grundstücke gestreunt sei.
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Mit Bescheid vom 16. Februar 2022 stellte die Antragsgegnerin dem Antragsgegner gegenüber ein Zwangsgeld i.H.v. 300,00 EUR fällig, da der Hund am 10. Februar 2022 gegen 10:50 Uhr und am 11. Februar 2022 gegen 10:15 Uhr erneut frei in M. umhergelaufen sei und der Antragsteller damit erneut gegen Ziffer 1.2 des Bescheids vom 15. Dezember 2021 verstoßen habe.
14
Ferner wurde beim zuständigen Landratsamt am 16. Februar 2022 wegen Verstoßes gegen eine Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG erneut darum gebeten, gegenüber dem Antragsteller ein weiteres Bußgeldverfahren einzuleiten.
15
Am 24. Februar 2022 erfolgte ein weiterer Ortstermin mit dem Diensthundeführer der zuständigen Polizeidienststelle an der Wohnanschrift des Antragstellers, bei dem die Frau des Antragstellers zugegen war. Dem Vermerk in der Behördenakte der Antragsgegnerin lässt sich entnehmen: „Lücken festgestellt“; „Hund nicht unter Kontrolle“.
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Am 7. November 2022 wandten sich Nachbarn des Antragstellers bzw. Bewohner von M. per E-Mail erneut an die Antragsgegnerin und berichteten u.a., dass der Hund in den letzten beiden Wochen wieder mindestens drei Mal ausgerissen sei. Der Hund habe vom Antragsteller wieder eingefangen werden müssen. Am Morgen des 5. November 2022 sei der Hund durch die Siedlung in M. gelaufen, habe wild gebellt und sei auf anderen Grundstücken gestreunt. Der Antragsteller sei mit seinem Auto herumgefahren, er habe seinen Hund wohl (zunächst) nicht gesehen bzw. gefunden. Der Hund sei auch auf einem Grundstück in M. gewesen, sei hinter einem Holzstoß hervorgekommen und habe den Sohn der Grundstücksbewohnerin angebellt. Dieser habe sich ziemlich erschrocken. Dann sei der Antragsteller gekommen und habe den Hund wieder eingefangen.
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Nach erfolgter Anhörung untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 10. November 2022, dem Antragsteller zugestellt am 12. November 2022, nach Ablauf eines Monats ab Zustellung des Bescheides unbefristet die Haltung des Hundes „S.“ (Ziffer 1.1). Dem Antragsteller wurde aufgegeben, den Hund bis spätestens einen Monat ab Zustellung an zuverlässige und geeignete Halter abzugeben (Ziffer 1.2), dem Ordnungsamt der Antragsgegnerin bis spätestens einen Monat nach Zustellung des Bescheides einen Nachweis – was näher ausgeführt wurde – vorzulegen (Ziffer 1.3). Ferner wurde verfügt, dass bis zur Abgabe des Hundes der Halter sicherzustellen habe, dass der Hund das Grundstück nicht eigenständig verlasse und nur angeleint ausgeführt werde. Die Anordnungen des Bescheides vom 15. Dezember 2021 würden unverändert gelten (Ziffer 1.4). Der Erlass weiterer Anordnungen bleibe ausdrücklich vorbehalten (Ziffer 1.5). Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheides wurde angeordnet (Ziffer 2). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1.2 des Bescheids wurde ein Zwangsgeld i.H.v. 500,00 EUR (Ziffer 3.1), für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1.3 des Bescheids ein solches i.H.v. 100,00 EUR (Ziffer 3.2) und für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1.4 des Bescheids ein solches i.H.v. 350,00 EUR (Ziffer 3.3) angedroht. Ferner enthielt der Bescheid eine Kostenfestsetzung (Ziffer 4).
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass Rechtsgrundlage Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG sei. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Regelung lägen in Bezug auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr (Gefahren für Leben und Gesundheit) unzweifelhaft vor. Bei der Haltung des Hundes durch den Antragsteller sei es wiederholt zu Gefahrensituationen bzw. Beeinträchtigungen gekommen. Das bisherige Verhalten des Antragstellers lasse unmissverständlich erkennen, dass er zur Haltung des Hundes nicht in der Lage sei. Beim Besuch des Diensthundeführers der zuständigen Polizeidienststelle am 26. November 2021 habe der Antragsteller auf den Diensthundeführer den Eindruck gemacht, dass er mit diesem Hund total überfordert sei. Bei einem weiteren Termin vor Ort am 24. Februar 2022 sei die Ehefrau des Antragstellers angetroffen worden. Auch sie habe den Eindruck gemacht, dass sie den Hund nicht bändigen bzw. kontrollieren könne. Bei diesen Besuchen seien nochmals konkrete Vorschläge gemacht worden, wie eine ausbruchsichere Unterbringung sicherzustellen sei. Offensichtlich seien diese Maßnahmen nicht oder nicht ausreichend umgesetzt (worden). Der Antragsteller verfüge nicht über die notwendigen Kenntnisse, einen Hund dieser Rasse und Größe zu halten. Die Vielzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen, das Verhalten des Hundehalters hierbei und die Äußerungen des Antragstellers ließen den Schluss zu, dass der Antragsteller nicht willens bzw. nicht in der Lage sei, den Hund in einer Weise zu halten, durch die Gefährdungen Dritter zuverlässig ausgeschlossen werden könnten. Die Untersagung der Hundehaltung sei verhältnismäßig, da der Hundehalter sich dauerhaft und hartnäckig weigere, der bestehenden sicherheitsrechtlichen Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nachzukommen. Da die bisherigen Zwangsgelder erfolglos gewesen seien, stünde kein milderes Mittel zur Verfügung. Es sei anzunehmen, dass weitere Zwangsgelder nicht zur Einhaltung der Verpflichtungen führen würden. Die Haltungsuntersagung stelle eine rechtlich und tatsächlich mögliche sowie geeignete Maßnahme dar, um die Gefährdung durch den freilaufenden Hund zu beenden. Die Untersagung sei unter Berücksichtigung der Sachlage und Abwägung der Interessen angemessen. Es sei nicht hinzunehmen, dass die Anwohner eines ganzen Ortes durch die fortgesetzte Missachtung der öffentlichen Interessen weiterhin der Gefährdung durch den freilaufenden Hund ausgesetzt seien. Die Abgabe des Hundes innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheides sei möglich. Der Antragsteller sei als Halter Zustandsstörer (Art. 9 Abs. 2 Satz 1 LStVG).
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Die sofortige Vollziehung sei im öffentlichen Interesse gem. Art. 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet worden. Bei der Abwägung der Interessen der Öffentlichkeit an einem sofortigen Schutz von Personen von den von der Hundehaltung ausgehenden konkreten Gefahren mit dem Interesse des betroffenen Hundehalters an einer weiteren uneingeschränkten Haltung des Hundes bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheides müsse den Interessen der Bevölkerung eindeutig Vorrang eingeräumt werden. Nachdem durch den Hund aufgrund der vorliegenden Beschwerden bereits Sicherheitsstörungen verursacht worden seien, und weitere Sicherheitsstörungen bei unveränderter Hundehaltung nicht ausgeschlossen werden könnten, sei es erforderlich, dass die angeordneten Maßnahmen sofort wirksam würden. Der hohe Stellenwert der körperlichen Unversehrtheit von Menschen rechtfertige das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der in Ziffer 1 des Bescheids getroffenen Anordnungen.
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Die Zwangsgeldandrohungen würden sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG stützen.
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Die Kostenentscheidung stütze sich auf Art. 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 5, 6, 10, 11, 15 KG i.V.m. Tarif-Nummer 2.II.1/1 KVz.
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Auf die Begründung des Bescheids wird im Einzelnen verwiesen.
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Hiergegen ließ der Antragsteller am 12. Dezember 2022 Klage mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids vom 10. November 2022 erheben (Au 8 K 22.2372). Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist noch nicht ergangen. Gleichzeitig begehrt er vorläufigen Rechtsschutz und ließ beantragen,
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die Vollziehung des Bescheids der Antragsgegnerin vom 10. November 2022, Zeichen, auszusetzen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der angeordnete Sofortvollzug der Anordnungen nach Ziffer 1 mangels bestehendem öffentlichen Interesse auszusetzen sei. Der Antrag sei begründet, da die Festsetzungen des Bescheids im konkreten Fall „nutzlos“ bzw. „nicht notwendig“ seien.
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Es mangele an einer konkreten Gefahr i.S.d. Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG, die vom Hund ausgehe. Richtig sei, dass es in der Vergangenheit zu „Beschwerden“ bezüglich des Hundes gekommen sei. Die Gründe im Bescheid würden aber keine konkrete, sondern allenfalls eine abstrakte Gefahrenlage durch den Hund belegen. Der Antragsteller hätte den Hund der Rasse Kovac – insoweit eine Beschreibung aus „Wikipedia“ wiedergebend – erst einige Monate vor Erlass des Bescheides vom Dezember 2021 erworben und sei damals noch nicht geübt im Umgang mit dieser Hunderasse gewesen. Der Antragsteller habe ein 1.850 m² großes Gartengrundstück, das er mit einem Zaun versehen habe, auf dem der Hund bis zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses laufen habe können. Mangels ausreichender Erfahrung mit dieser Art Hunderasse und auch aufgrund des jungen Alters des Hundes (*) sei es leider vorgekommen, dass der Hund dem Antragsteller öfters „ausgebüchst“ gewesen sei und es zu den im Bescheid genannten Vorfällen gekommen sein möge. Dies sei daran gelegen, dass die frühere Gartentüre und der frühere Zaun nicht ausreichend gesichert gewesen seien. Zwischenzeitlich habe der Antragsteller die Gartenfläche auf circa 600 m² reduziert und mit einem separaten 2 m hohen Zaun versehen. Zudem sei dieser neue „Hundegarten“ nicht mehr direkt an öffentliche Flächen angebunden, sondern es sei mittlerweile eine hundesichere Schleuse zum angrenzenden Garten errichtet worden. Der Hund habe somit keine Möglichkeit mehr „auszubüchsen“. Im Übrigen bestehe im angrenzenden Gartenteil die Gartentüre zur Straße hinaus, d.h. es bestehe eine doppelte Absicherung. Zwischen dem 12. Dezember 2021 bis zum 5. November 2022 sei es zu keinen „Auffälligkeiten“ mehr gekommen, da der Antragsteller die vorangegangenen Bescheide umgesetzt habe. Am 5. November 2022 sei der Hund einmalig „ausgebüchst“ als der Paketbote den Garten betreten habe. Diese Möglichkeit sei mittlerweile ausgeschlossen.
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Es werde auf die aktuell ergangene Entscheidung des VG Augsburg (Au 8 S 22.2145) verwiesen, wonach eine Hundehaltung nach st. Rspr. nur zu untersagen sei, sofern der Hundehalter sich hartnäckig weigere einer sicherheitsrechtlichen Anordnung nachzukommen. Eine Haltungsuntersagung sei vor dem Hintergrund des Art. 14 GG der Ausnahmefall. Hier habe der Antragsteller die erforderlichen Maßnahmen ergriffen bzw. es sei mit einer Fertigstellung binnen 2 bis 3 Tagen zu rechnen. Der Sofortvollzug sei aufgrund dieser Sachverhalts-/ Rechtslage nicht verhältnismäßig.
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Eine kompetente, von erfahrenen Fachleuten erstellte Gefahrenabschätzung sei unterlassen worden. V.a. seien der konkrete Charakter des Hundes näher zu beurteilen und die Ursachen genauer anzuschauen. Es wäre zu klären, ob das „Ausbüchsen“, „Bellen“ und „Anspringen“ ein nicht veränderbares Wesensmerkmal bzw. nicht verhinderbar sei und im Übrigen, ob davon wirklich eine Gefahr i.S.d. LStVG ausgehe.
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Die Antragsgegnerin hat unter Vorlage der Behördenakte keinen Antrag gestellt.
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Eine konkrete Gefahr sei zu bejahen. Bereits am 4. November 2021 sei der Antragsteller erstmalig aufgefordert worden, seinen Hund sicher auf dem Grundstück zu verwahren. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen, weshalb mit Bescheid vom 15. Dezember 2021 eine Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG getroffen worden sei. Gegen diese Anordnung sei mehrfach verstoßen worden. Zudem sei das Halteranwesen zweimal von einem Diensthundeführer begutachtet worden. Dabei habe der Antragsteller stets versichert, die Maßnahmen so umzusetzen, dass ein Ausbruch des Hundes unmöglich sei. Diese Zusicherungen habe der Antragsteller erneut gemacht, als er am 21. November 2022 bei der Antragsgegnerin vorgesprochen habe. Entgegen der Antragsbegründung, dass die geforderten Maßnahmen bereits umgesetzt worden seien, habe der Antragsteller in diesem Gespräch die geplanten Maßnahmen erläutert. Er habe erneut zugesichert, dass in den nächsten Tagen das Grundstück ausbruchsicher gemacht werden würde. Aufgrund der Vielzahl der Versprechungen des Antragstellers und der nicht bzw. nicht ausreichend getroffenen Maßnahmen müsse davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller auch künftig die geforderten Maßnahmen zur ausbruchsicheren Unterbringung seines Hundes nicht umsetzen werde und mit Verletzungen des Rechtsgutes Gesundheit gerechnet werden müsse.
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Zudem sei zu beachten, dass die Anordnungen nicht aufgrund einer konkreten Gefahr, sondern aufgrund von Störungen getroffen worden seien. Es handele sich um aktenkundig gewordene Zwischenfälle. Diese würden sich von Beginn der Haltung an ereignen. Es sei zutreffend, dass von Mitte Dezember 2021 bis Mitte Oktober 2022 keine Zwischenfälle mehr gemeldet worden seien. Ob dies glücklichen Umständen geschuldet sei, der Hund nicht gesehen oder das Ausbrechen nicht gemeldet worden sei, könne nicht beurteilt werden. Fakt sei, dass es nicht die Folge von getroffenen Maßnahmen sei. Entgegen der Behauptung, der Hund sei am 5. November einmalig ausgebrochen, sei im Ordnungsamt von mehreren Beobachtungen seit Mitte Oktober berichtet worden. Selbst nach der Anordnung vom 10. November 2022 und der persönlichen Vorsprache des Antragstellers am 21. November 2022 sei der Hund am 22. November 2022 nachweislich (Fotos) erneut durch die Siedlung gestreunt. Das dadurch fällig gewordene erneute Zwangsgeld werde noch angefordert.
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Ferner zeige sich der Antragsteller nicht einsichtig. Er argumentiere meist, dass die Zwischenfälle der Rasse des Hundes geschuldet seien. Bereits beim ersten Besuch des Diensthundeführers habe er angegeben, dass es ihm nicht möglich sei, mit dem Hund spazieren zu gehen, da der Hund mehr oder weniger bestimmen würde, was geschehe. In dem letzten Gespräch habe er ausgeführt, dass er seinen Hund nicht zurückrufen könne, wenn dieser „ausbüchst“, da diese Rasse so nicht trainiert werden könne. Er würde im Falle eines Ausbruchs den Hund mit dem Auto suchen, aus dem Fenster rufen und ihn so animieren, dem Auto zu folgen. Der Antragsteller habe eingeräumt, dass dies nicht funktioniere, wenn der Hund abgelenkt werden würde.
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Soweit nach dem Antragsteller zu klären sei, ob das „Ausbüchsen“, „Bellen“ und „Anspringen“ ein nicht veränderbares Wesensmerkmal bzw. nicht verhinderbar sei und ob davon wirklich eine Gefahr i.S.d. LStVG ausgehe, sei anzumerken, dass die Gefährlichkeit eines Hundes nicht bereits feststehen müsse. Es reiche, wenn es aufgrund erkennbarer Tatsachen objektiv möglich erscheine, dass sich ohne die Anordnung der abzuwehrende Schaden realisieren könne. Ferner sei eine konkrete Gefahr für die Gesundheit von Menschen bereits regelmäßig gegeben, wenn große und kräftige Hunde in bewohnten Gebieten frei umherlaufen würden oder nicht ausbruchsicher untergebracht seien. Es sei unerheblich, ob es sich um eine gesteigerte Aggressivität eines Hundes oder hundetypisches oder auch spielerisches Verhalten handele. Selbst wenn das „Ausbüchsen“, „Bellen“ oder „Anspringen“ ein Wesensmerkmal der Hunderasse sei, liege es erst recht in der Verantwortung des Halters zu verhindern, dass dadurch eine Gefahr oder gar Störung der öffentlichen Sicherheit entstehe. Sollte bei der Rasse eine Kontrolle unmöglich sein, so sei es fraglich, ob die Haltung eines solchen Hundes im Wohngebiet überhaupt geduldet werden könne.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
35
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz bleibt ohne Erfolg.
36
Abgestellt auf die nähere Antragsbegründung geht das Gericht nach Maßgabe der §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO in Auslegung des Rechtsschutzbegehrens davon aus, dass der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz im Wege des § 80 Abs. 5 VwGO erstrebt. Der insoweit zu verstehende Antrag des anwaltlich vertretenen Antragstellers wurde dagegen nicht auf einzelne Ziffern des Bescheids vom 10. November 2022 beschränkt.
37
Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung seiner erhobenen Klage anzuordnen bzw. wiederherzustellen, ist zulässig, allerdings unbegründet.
38
Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durch das Verwaltungsgericht vorzunehmende eigenständige Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem öffentlichen Vollzugsinteresse fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dürften sich die Ziffern 1, 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids als rechtmäßig erweisen und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gründe, gleichwohl im Interesse des Antragstellers die aufschiebende Wirkung seiner erhobenen Klage anzuordnen bzw. wiederherzustellen, sind nicht ersichtlich.
39
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO niedergelegten Kriterien zu treffen. Es hat zu prüfen, ob das Vollzugsinteresse so gewichtig ist, dass der Verwaltungsakt sofort vollzogen werden darf, oder ob das gegenläufige Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (bzw. seines Widerspruchs) überwiegt. Wesentliches Element im Rahmen der insoweit gebotenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Erweist sich der Rechtsbehelf als offensichtlich Erfolg versprechend, so wird das Interesse des Antragstellers an einer Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage stärker zu gewichten sein, als das gegenläufige Interesse des Antragsgegners. Umgekehrt wird eine Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage grundsätzlich nicht in Frage kommen, wenn sich der Rechtsbehelf als offensichtlich aussichtslos darstellt. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht eindeutig zu beurteilen, sondern nur tendenziell abschätzbar, so darf dies bei der Gewichtung der widerstreitenden Interessen – dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers einerseits und dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners andererseits – nicht außer Acht gelassen werden. Lassen sich nach summarischer Überprüfung noch keine Aussagen über die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs machen, ist also der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. zum Ganzen BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – NVwZ 2009, 581; BVerwG, B.v. 11.11.2020 – 7 VR 5.20 u.a. – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 – BayVBl. 1988, 369; Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO, § 80 Rn. 65 ff. m.w.N.).
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Soweit die Behörde die sofortige Vollziehung ausdrücklich gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat, d.h. die aufschiebende Wirkung der Klage nicht bereits kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob sich bereits die Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell rechtswidrig erweist, insbesondere ob sich die behördliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung als im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO als nicht ausreichend erweist; ist dies der Fall, hat das Gericht ohne weitere Sachprüfung die Vollziehungsanordnung aufzuheben (vgl. dazu Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 54 ff., 98).
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1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtmäßig, insbesondere sind die sich aus § 80 Abs. 3 VwGO ergebenden Begründungserfordernisse gewahrt. An die Begründung sind keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen (Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 43 ff.). Die vorliegende Begründung genügt den Anforderungen nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Sie setzt sich hinreichend mit den Besonderheiten des Einzelfalls unter Berücksichtigung der typischen Interessen bei einer sicherheitsrechtlichen Haltungsuntersagung für einen bestimmten Hund und einer damit verbundenen Abgabe- und Nachweisverpflichtung etc. auseinander. Sie berücksichtigt insbesondere auch die Gesamtumstände des Einzelfalls und verfolgt das Ziel einer effektiven Gefahrenabwehr unter Abwägung u.a. des Rechtsguts der körperlichen Unversehrtheit. Die Antragsgegnerin hat zutreffend die widerstreitenden Interessen erkannt und ihrer konkreten Abwägung und Prüfung zugrunde gelegt. Sie hat auch zu erkennen gegeben, weswegen sie eine Anordnung des Sofortvollzugs des Verwaltungsakts für geboten erachtet. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, ist für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit des Sofortvollzugs unerheblich. Sonstige Gründe, die die Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell rechtswidrig erscheinen lassen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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2. Die gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass die Ziffern 1, 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids voraussichtlich keinen rechtlichen Bedenken begegnen. Die dem Antragsteller gegenüber verfügte unbefristete Haltungsuntersagung für seinen Hund „S.“ sowie die hierauf bezogenen weiteren Anordnungen bzw. Zwangsgeldandrohungen sind voraussichtlich rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es wird entsprechend Bezug auf die ausführliche Begründung im streitgegenständlichen Bescheid genommen sowie lediglich ergänzend ausgeführt (§§ 122 Abs. 2, 117 Abs. 5 (analog) VwGO):
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a) Die in Ziffer 1.1 des Bescheids dem Antragsteller gegenüber verfügte unbefristete Haltungsuntersagung für seinen Hund „S.“ ist voraussichtlich rechtmäßig.
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aa) Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG. Nach dieser Regelung können die Sicherheitsbehörden, soweit eine solche gesetzliche Ermächtigung nicht in Vorschriften dieses Gesetzes oder in anderen Rechtsvorschriften enthalten ist, zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen nur treffen, um Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen.
45
Ungeachtet der Begründung im streitgegenständlichen Bescheid unterliegt die von der Antragsgegnerin getroffene Einschätzung hinsichtlich der Gefahrenprognose in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2005 – 24 BV 04.2755 – juris Rn. 22). Die Kammer geht in dem vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes davon aus, dass die von Nachbarn bzw. Bewohnern von M. nachvollziehbar geschilderten und z.T. durch den Antragsteller ausdrücklich bestätigten Vorfälle tatsächlich so stattgefunden haben, und nicht aus der „Luft gegriffen“ oder von Belastungseifer getragen wären (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes ist die von der Antragsgegnerin getroffene Gefahrenprognose gerichtlich nicht zu beanstanden.
47
Es ist bereits davon auszugehen, dass von großen Hunden – wie dem Hund „S.“ der Rasse Kovac –, die auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr frei umherlaufen oder durch eine nicht ausbruchsichere Unterbringung dieser Hunde in der Regel eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgeht (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 13.11.2018 – 10 CS 18.1780 – juris Rn. 10; B.v. 11.2.2015 – 10 ZB 14.2299 – juris Rn. 5; U.v. 9.11.2010 – 10 BV 06.3053 – juris Rn. 25; U.v. 15.3.2005 – 24 BV 04.2755 – juris). Der Hund „S.“ wurde in der Vergangenheit vielfach herrenlos streunend in M. respektive auf Grundstücken von Nachbarn des Antragstellers oder Bewohnern von M. beobachtet (vgl. u.a. (wohl) Oktober 2021, 27. Oktober 2021, 28. Oktober 2021; 9. Dezember 2021; 12. Dezember 2021; 8. Januar 2022; Januar 2022; 10. Februar 2022; 11. Februar 2022; 5. November 2022; 22. November 2022; 10. Dezember 2022). Zu Begegnungssituationen mit einem ungewollten Kontakt kam es im Oktober 2021, als der Hund einer Nachbarin in das Fahrrad gesprungen ist, einen weiteren Bewohner von M. angesprungen hat bzw. einige Meter hinterhergerannt und gefolgt ist sowie eine andere Nachbarin in deren Garten angesprungen hat. Weitere Vorfälle ereigneten sich am 27. Oktober 2021, als der Hund ein Kind auf dem Weg Richtung Bushaltestelle angesprungen und angebellt bzw. am selben Tag die Zeitungsausträgerin in das Hosenbein „gezwickt“ hat. Ebenso zu bedrohlichen Situationen kam es u.a. am 9. Dezember 2021, 8. Januar 2022 und 5. November 2022, als der Hund außerhalb des Haltergrundstücks Nachbarn bzw. Bewohner von M. „gestellt“ und angebellt hat. Bei dem Vorfall am 8. Januar 2022 wusste sich der Betroffene nur mit seiner Schneeschaufel zu wehren und hat sich in seiner Garage (zum Schutz vor dem Hund) eingeschlossen. Diese Vorfälle belegen das vom Hund des Antragstellers ausgehende Gefahrenpotenzial. Es steht zum aktuellen Sach- und Streitstand fest, dass der Hund des Antragstellers Menschen angegangen hat bzw. sich der Hund nach den Angaben der Betroffenen bzw. nach den vom Antragsteller z.T. selbst eingeräumten Vorfällen gefahrdrohend gezeigt hat, ohne dass der Antragsteller hiergegen eingeschritten wäre. Dabei ist es irrelevant, ob es sich um ein hundetypisches und artgerechtes Verhalten oder ein außergewöhnlich aggressives Verhalten des Hundes gehandelt hat/ handelt. Auch Ersteres kann eine konkrete Gefahr für andere Menschen verursachen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 5.1.2016 – 10 CS 15.2369 – juris Rn. 25). Gefahrenverschärfend wirkt sich das Verhalten des Antragstellers selbst aus. Zunächst räumt er selbst sinngemäß seine Überforderung zu Beginn der Haltung des Hundes „S.“ ein. Bestätigt wird dies durch nachvollziehbare Schilderungen des Polizeidiensthundeführers bzw. durch die Beobachtungen von Nachbarn beim Einfangen des entlaufenen Hundes. Dem Antragsteller fehlt es aber auch weiterhin an einem (realistischen) Problembewusstsein bzw. an Einsichtsfähigkeit. Er bagatellisiert die aktenkundigen Vorfälle, wenn er darauf verweist, dass es zwischen dem 12. Dezember 2021 sowie dem 5. November 2022 zu keinen (weiteren) „Auffälligkeiten“ gekommen und am 5. November 2022 der Hund einmalig „ausgebüchst“ sei, als der Paketbote den Garten betreten habe. Ferner erweckt der Antragsteller den Eindruck, dass er die aktenkundig gewordenen Vorfälle eher auf die Rasse seines Hundes abwälze als eigene Versäumnisse zu reflektieren. Die am 26. November 2021 dem Polizeidiensthundeführer gegenüber geäußerte Einschätzung des Antragstellers, dass es seinem Hund durch Vorkehrungen nicht mehr möglich sein werde, das Grundstück zu verlassen, lässt zwar (bei Wahrunterstellung) ein Bemühen erkennen, erhärtet allerdings jedenfalls Zweifel an einem (realistischen) Problembewusstsein, insbesondere zur gebotenen ausbruchsicheren Haltung seines Hundes. Dafür spricht zudem, dass auch jüngst noch ein „Ausbüchsen“ des Hundes sowohl am 22. November 2022 als auch am 10. Dezember 2022 aktenkundig wurde (vgl. Bl. 43- 45 der Behördenakte).
48
Hiervon ausgehend ist die von der Antragsgegnerin angestellte Gefahrenprognose, dass es bei der vorliegenden Halter-Hund-Konstellation hinreichend wahrscheinlich zu erwarten steht, dass es zu einer Verletzung der höchstrangigen Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit von Menschen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) kommen wird, gerichtlich nicht zu beanstanden.
49
Die Gefahrenprognose wird nicht insoweit in Zweifel gezogen, als der Antragsteller im Wesentlichen vorbringt, dass er (nunmehr) sein 1.850 m² großes Gartengrundstück mit einem Zaun, die Gartenfläche des Hundes auf circa 600 m² reduziert und mit einem separaten 2 m hohen Zaun versehen habe, der neue „Hundegarten“ nicht mehr direkt an öffentliche Flächen angebunden sei und er mittlerweile eine hundesichere Schleuse zum angrenzenden Garten errichtet habe, sodass der Hund keine Möglichkeit mehr habe „auszubüchsen“. Diese Maßnahmen sind vom Antragsteller lediglich behauptet. Er hat, insbesondere im Vergleich zur bereits vorherigen Ankündigung gegenüber dem Polizeidiensthundeführer vom 26. November 2021, dass es seinem Hund nach näher avisierten Vorkehrungen nicht mehr möglich sein werde, das Grundstück zu verlassen (vgl. Bl. 6 der Behördenakte), nicht substantiiert dargetan, weshalb nun tatsächlich ein „Ausbüchsen“ seines Hundes hinreichend wahrscheinlich ausgeschlossen wäre. Es ist nicht von einem Wegfall der konkreten Gefahr auszugehen. Hiervon kann allenfalls dann ausgegangen werden, wenn über den bloßen Zeitablauf ohne weitere Zwischenfälle hinaus hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, aus denen sich der sichere Schluss ziehen lässt, dass von dem betreffenden Hund inzwischen keine Gefahr mehr ausgeht (vgl. mit etwas anderer Akzentuierung BayVGH, B.v. 12.2.2020 – 10 ZB 19.2474 – juris Rn. 7). Es fehlt bereits an tatsächlichen Anhaltspunkten, die das Gericht nachzuprüfen vermag. Selbst bei einer Wahrunterstellung der (behaupteten) fertiggestellten Vorkehrungen vermag zum gegenwärtigen Sach- und Streitstand jedenfalls nicht der sichere Schluss daraus gezogen zu werden, dass von dem Hund inzwischen keine Gefahr mehr ausgehe. Die Anforderungen an den Wahrscheinlichkeitsmaßstab sind im Hinblick auf die höchstrangigen Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit von Menschen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) zudem gering. Ein substantielles gefahrenabwehrrechtliches Restrisiko muss nicht hingenommen werden.
50
Es ist nach alledem gerade nicht erkennbar, dass es sich um eine nur entfernt liegende Möglichkeit handelt, dass der Hund „S.“ dem Haltergrundstück (weiterhin) entweichen kann. Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass der Antragsteller den Ankündigungen in der Vergangenheit, seinen Hund ausbruchsicher unterzubringen, nicht (bzw. nicht hinreichend) nachgekommen ist. Beim Ortstermin am 26. November 2021 hat der Antragsteller gegenüber dem Polizeidiensthundeführer angegeben, dass es dem Hund durch die von ihm avisierten Vorkehrungen nicht mehr möglich sein werde, das Grundstück zu verlassen (vgl. Bl. 6 der Behördenakte). Diverse Vorfälle sind in der Folge dennoch aktenkundig geworden. Dem Aktenvermerk über den weiteren Ortstermin am 24. Februar 2022 lässt sich entnehmen, dass „Lücken festgestellt“ wurden (vgl. Bl. 37 der Behördenakte). Mit Schriftsatz vom 25. November 2022 ließ der Antragsteller im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorgetragen, dass sein Hund (nun) keine Möglichkeit mehr habe „auszubüchsen“, er die erforderlichen Maßnahmen ergriffen habe bzw. mit Fertigstellung binnen zwei bis drei Tagen zu rechnen sei. Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2022 im Rahmen des Hauptsacheverfahrens (Au 8 K 22.2372) ließ der Antragsteller vortragen, dass (erst) „heute“ alle erforderlichen Sicherungsmaßnahmen endgültig fertiggestellt seien. Es bestehen jedenfalls Zweifel zwischen (tatsächlich) umgesetzten und avisierten/ behaupteten Vorkehrungen bzw. daran, ob der Antragsteller auch zuverlässig in der Lage ist, den ihm bestandskräftig aufgegebenen sicherheitsbehördlichen Anordnungen nachzukommen. Diese Zweifel kann er nicht ausräumen. Nicht zuletzt ist dem Antragsteller sein Hund noch am 22. November 2022 und 10. Dezember 2022 entwichen (vgl. Bl. 43 -45 der Behördenakte).
51
bb) Der Antragsteller ist richtiger Adressat der Anordnung nach Art. 9 Abs. 2 LStVG.
52
cc) Gerichtlich nach § 114 Satz 1 VwGO überprüfbare Ermessensfehler sind, zumal bei summarischer Prüfung, nicht ersichtlich. Die nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG getroffene Haltungsuntersagung für den Hund „S.“ ist angesichts der Gesamtumstände des Einzelfalls ermessensgerecht und steht im Einklang mit den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus Art. 8 Abs. 1 LStVG.
53
Von einer umfassenden Untersagung der Hundehaltung ist die (bloße) Untersagung der Haltung eines bestimmten Hundes zu unterscheiden (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2018 – 10 ZB 18.103 – juris Rn. 8; B.v. 6.3.2015 – 10 ZB 14.2166 – juris Rn. 8; VG Würzburg, B.v. 11.12.2018 – W 9 S 18.1522 – juris; vgl. auch BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: Juli 2022, Art. 18 LStVG Rn. 196; Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand: Oktober 2019, Art. 18 Rn. 80 f.). Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ist insbesondere zu prüfen, ob nicht mildere, aber gleich geeignete Mittel in Erwägung zu ziehen sind. Die Missachtung einer getroffenen behördlichen Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG reicht für sich genommen noch nicht aus, um eine Haltungsuntersagung zu rechtfertigen. Vielmehr hat die Behörde vor Erlass einer solchen grundsätzlich erst die Zwangsmittel zur Durchsetzung von für geeignet befundenen, bereits getroffenen Maßnahmen einzusetzen. Nur bei schwersten Verletzungen, die ein Hund verursacht hat, kann eine sofortige Untersagung der Haltung und Abgabe des Hundes geboten sein, wenn bereits der einmalige Vorfall ein derartiges Gefahrenpotential des Hundes bzw. ein derartiges Risiko weiterer schwerer Verletzungen seitens des Hundes belegt, dass diese Gefahren mit den zur Verfügung stehenden milderen Mitteln des Leinen- und Maulkorbzwangs respektive der ausbruchsicheren Verwahrung nicht zuverlässig beizukommen ist (vgl. zum Ganzen VG Würzburg a.a.O.).
54
Nach diesen Maßgaben ist die angeordnete Haltungsuntersagung gerichtlich nicht zu beanstanden: Die Antragsgegnerin hat erfolglos Zwangsmittel zur Durchsetzung der mit Bescheid vom 15. Dezember 2021 verfügten Anordnungen zur Haltung des Hundes eingesetzt. Die Antragsgegnerin hat nach dem erstmals fällig gestellten Zwangsgeld erneut ein (erhöhtes) Zwangsgeld angedroht, welches dem Antragsteller letztlich wiederum fällig gestellt wurde. Zudem wurde die Haltungsuntersagung entsprechend der der Gefahrenprognose zugrundeliegenden Halter-Hund-Konstellation lediglich auf die Haltung des auffällig gewordenen Hundes „S.“ beschränkt bzw. darauf gestützt, dass der Antragsteller mit dessen Haltung überfordert ist. Weitere konkretisierte Anordnungen zur Haltung des Hundes erscheinen damit vor dem Hintergrund der bereits mit Bescheid vom 15. Dezember 2021 bestandskräftig getroffenen Regelungen nicht als mildere, gleich wirksame Mittel. Auch wenn hinsichtlich Ziffer 1.1 des Bescheids vom 15. Dezember 2021 bisher keine Zwangsgelder fällig gestellt wurden, geht die Kammer davon aus, dass es nach der Gefahrenprognose im Hinblick auf die Halter-Hund-Konstellation darauf bzw. auf die Frage der ausbruchsicheren Unterbringung nicht entscheidend ankommt und demnach auch insoweit keine milderen Mittel gemäß Art. 18 Abs. 2 LStVG in Betracht kommen. Der Antragsteller selbst hat angegeben, dass er nun alle erforderlichen Vorkehrungen fertiggestellt hat. Damit ist – wie bereits dargelegt (vgl. oben Rn. 50) – eine konkrete Gefahr gleichwohl nicht ausgeschlossen.
55
Selbst wenn man die Anforderungen an eine umfassende („generelle“) Untersagung der Hundehaltung (vgl. BayVGH, B.v. 20.8.2021 – 10 CS 21.2097 – juris Rn. 19 f.; B.v. 30.1.2018 – 10 CS 17.2335 – juris Rn. 15 ff.) dem vorliegenden Fall zugrunde legen wollte, wären diese erfüllt. Die Kammer geht davon aus, dass der Antragsteller trotz der zweifach erfolgten Zwangsgeldfälligstellungen (weiterhin) nicht zuverlässig in der Lage ist, die für seinen Hund bestandskräftigen sicherheitsbehördlichen Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG zu beachten respektive diesen nachzukommen. Jedenfalls kann der Antragsteller die daran bestehenden erheblichen Zweifel zum gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht ausräumen (vgl. oben Rn. 46 ff.).
56
b) Demzufolge erweisen sich bei summarischer Prüfung auch die Ziffern 1.2, 1.3, 1.4 und 1.5 des streitgegenständlichen Bescheides hinsichtlich der Abgabe- und Nachweisverpflichtung, der zwischenzeitlich getroffenen Regelungen zur Haltung sowie des formulierten Anordnungsvorbehalts voraussichtlich als rechtmäßig. Wird die Haltung eines Hundes untersagt, ist zugleich auch nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG dessen Abgabe innerhalb einer bestimmten Frist anzuordnen. Die Sicherheitsbehörde kann verfügen, dass der Halter die betreffenden Hunde an eine geeignete Person oder z.B. ein Tierheim übergeben muss. Die Behörde kann auch die Vorlage eines Nachweises der Abgabe fordern (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 18 Rn. 82 m.w.N). Auch die gesetzte Frist erscheint angemessen. Die in Ziffer 1.4 des Bescheids normierten Regelungen zur zwischenzeitlichen weiteren Haltung dürften zwar auf Art. 18 Abs. 2 LStVG zu stützen sein, die Angabe von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG als Rechtsgrundlage ist aber unschädlich, da ein Austausch der Rechtsgrundlagen vorliegend jedenfalls möglich ist (vgl. allgemein etwa BVerwG, B.v. 29.7.2019 – 2 B 19.18 – juris; vgl. auch BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Art. 18 LStVG Rn. 177). Der in Ziffer 1.5 des Bescheids formulierte Anordnungsvorbehalt, der in der Sache auf (erforderliche) Haltungsauflagen für eine Übergangszeit hinweist, ist ebenso nicht zu beanstanden. Gesonderte Bedenken hinsichtlich der Annexregelungen in Ziffern 1.2, 1.3, 1.4 und 1.5 sind schließlich weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.
57
c) Die in Ziffer 3 des Bescheids enthaltenen Zwangsgeldandrohungen begegnen voraussichtlich keinen rechtlichen Bedenken. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 Abs. 1 und Abs. 5 VwZVG und sind jeweils als geeignetes und gleichzeitig mildestes Mittel rechtlich nicht zu beanstanden. Die Höhe der Zwangsgeldandrohung(en) steht mit Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG in Einklang. Fehler bei der Ermessensausübung sind nicht ersichtlich. Gesonderte Bedenken sind weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.
58
Gleiches gilt für die in Ziffer 4 des Bescheids getroffene Kostenfestsetzung. Sie beruht auf Art. 1 Abs. 1 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 5, 6, 10 KG i.V.m. Tarif-Nr. 2.II.1/1 der Anlage zu § 1 KVz. Als zu den verfügten sicherheitsrechtlichen Anordnungen ergangene Nebenentscheidung teilt die Kostenfestsetzung das rechtliche Schicksal der Sachentscheidung(en).
59
3. Im Übrigen würde auch unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage bei einer reinen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnungen das Interesse des Antragstellers überwiegen. Der Antragsteller hat weder (hinreichend) substantiiert Gründe vorgetragen noch sind solche erkennbar, aufgrund derer die Abwägung zugunsten seiner rein privaten Interessen ausfallen müsste. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Haltung seines Hundes „S.“ für ihn (etwa beruflich) existenziell wäre. Es ist nicht dargetan und auch sonst nicht erkennbar, welchen schwerwiegenden tierschutzrechtlichen Interessen nicht auch durch einen neuen (geeigneten) Halter hinreichend Rechnung getragen werden könnte. Der nicht unerhebliche, jedoch nicht irreversible (vgl. Art. 8 Abs. 3 LStVG), Eingriff in die von Art. 14 GG geschützte Eigentumsfreiheit wiegt – zumal nur auf einen konkreten Hund, d.h. nicht generell auf eine Hundehaltung als solche bezogen – nicht so schwer, dass dieser das den Anordnungen zugrundeliegende öffentliche Interesse, namentlich einem von der Halter-Hund-Konstellation ausgehenden Gefahrenpotential (vgl. oben Rn. 46 ff.) für höchstrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) effektiv zu begegnen, vorliegend überwiegen könnte. Diesem gewichtigen öffentlichen Interesse gegenüber hat das rein private Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung der Vollziehung vorliegend weniger Gewicht. Hierbei sind die Häufung und die zeitliche Abfolge an sicherheitsrechtlich relevanten Vorfällen einzustellen. Zahlreiche mildere Maßnahmen und Ansprachen in der Vergangenheit haben – wie bereits ausgeführt – keine nachhaltige Besserung bewirkt. Es bestehen jedenfalls erhebliche Zweifel an einem (realistischen) Problembewusstsein respektive an einer hinreichenden Einsichtsfähigkeit des Antragstellers (vgl. oben Rn. 47).
60
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wurde der Streitwert halbiert (Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs).