Inhalt

VG Regensburg, Urteil v. 18.05.2022 – RO 1 K 20.1652
Titel:

Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz für Reservistendienst Leistenden

Normenketten:
USG § 3, § 6, § 7, § 25
SGB IV § 14
EStG § 10d Abs. 2 S. 1
GG Art. 3
Leitsatz:
Grund der Zuerkennung von Verdienstausfallentschädigung bzw. Leistungen zur Einkommenssicherung ist nicht der sie auslösende Einkommensverlust als solcher, sondern die Notwendigkeit, die Befriedigung eines anzuerkennenden, bisher aus den Einkünften des Wehrpflichtigen gedeckten Lebensbedarfs, der infolge wehrdienstbedingter Einkommenseinbußen nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr hinreichend gedeckt werden kann, auch während der Zeit des Wehrdienstes sicherzustellen; wehrdienstbedingte Einkommensverluste sind deshalb für die Zuteilung und Bemessung der Verdienstausfallentschädigung nicht als solche und nicht schlechthin, sondern nur insoweit erheblich, als in ihnen der Verlust der den anerkannten Lebensbedarf des Wehrpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen sichernden materiellen Lebensgrundlage zutage tritt. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Reservistendienst, Verdienstausfallersatz, Leistungen zur Unterhaltssicherung, Verdienstausfall, Arbeitgeberbescheinigung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 12.04.2023 – 6 ZB 22.1587
Fundstelle:
BeckRS 2022, 46803

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz.
2
Unter dem 27. Februar 2020, beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr eingegangen am 2. März 2020, stellte der Kläger einen Antrag auf Leistungen für Reservistendienst Leistende nach den §§ 6 bis 11 Unterhaltssicherungsgesetz (USG). Der Kläger leistete ausweislich des Antrags seinen Reservistendienst in der 4./Panzergrenadierbataillon 908 in A. vom 8. September 2019 bis zum 20. September 2019. Er mache deswegen einen Verdienstausfall aus einem Arbeitsverhältnis geltend und beantrage Leistungen an Nichtselbständige nach § 6 Abs. 1 und 2 USG. Angemerkt werde, dass sich der Nettoverlust abweichend von der Arbeitgeberbescheinigung, wie in der Anlage dargestellt sei, errechne. Er beantrage daher den von ihm errechneten Ausfall. Dem Antrag war eine Arbeitgeberbescheinigung der I. GmbH beigefügt, die für den Übungszeitraum vom 8. September bis 20. September 2019 einen Verdienstausfall von 869,65 EUR netto, einen Verdienstausfall von 1784,80 EUR brutto und einen Verdienstausfall hinsichtlich des Weihnachts-/Urlaubsgeldes i.H.v. 149,73 EUR (Einmalbezug) ausweist. Dem Antrag legte der Kläger eine Erläuterung bei, wieso sich ein tatsächlich höherer Nettoverlust ergebe. Dieser zusätzliche Verlust wirke sich erst bei der Abgabe der Steuererklärung aus und werde daher vom Arbeitgeber nicht berücksichtigt, welcher lediglich auf Monatsbasis rechne. Bei der Jahressteuer werde jedoch auch dem Umstand, dass die Übung keinen vollen Kalendermonat gedauert habe und es daher fälschlicherweise zu einer deutlichen Reduzierung des Steuersatzes auf das Restgehalt dieses Monats komme, Rechnung getragen. Am Jahresende müsse diese Ersparnis aber wieder gezahlt werden. Weiterer Faktor sei, dass die Steuern, die auf den Bruttoausfall zu zahlen wären dem Steuersatz entsprächen, wenn er das Gehalt dieses Monats über das ganze Jahr hinweg verdient hätte. Da dem aber nicht so sei, komme es bei der Jahressteuer zu einem niedrigeren Steuersatz, der aber bei dem Nettoverlust nicht mehr berücksichtigt worden sei. Das niedrigere Jahreseinkommen ergebe sich dadurch, dass er lediglich sechs Monate gearbeitet habe und zudem noch ein Verlustvortrag vorhanden sei. Der Kläger stellt eine Berechnung des tatsächlichen Nettoverlustes dar, auf die Bezug genommen wird. Gemäß dieser Berechnung betrage der tatsächliche Nettoverlust 1512,57 EUR.
3
Mit Bescheid vom 3. Juni 2020 teilte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt) mit, dass der Antrag des Klägers auf Leistungen nach § 6 Abs. 1 USG a.F. teilweise abgelehnt werde. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Berechnung des Verdienstausfallersatzes nach § 6 Abs. 1 USG a.F. unter Zugrundelegung von Bezugsgrößen, die vom formularmäßig bescheinigten Verdienstausfall abwichen. Nach dieser Vorschrift werde Arbeitnehmern, die Reservistendienst leisteten, der Verdienstausfall in Höhe des um die gesetzlichen Abzüge verminderten Arbeitsentgelts ersetzt. Die Leistung nach § 6 Abs. 1 USG a.F. diene somit der Sicherung des Nettoeinkommens, welches ohne den Reservistendienst erzielt worden wäre. Der Nachweis über den Umfang des Verdienstausfalls werde ausschließlich durch die Arbeitgeberbescheinigung geführt. Könne eine Einbuße dementsprechend nicht nachgewiesen werden, so habe der Antragsteller keinen Anspruch auf einen Ausgleich. Eine Berücksichtigung anderer Unterlagen oder von manuell erstellten fiktiven Berechnungen komme nicht in Betracht. Sein Leistungsantrag nach § 6 Abs. 1 USG a.F. sei daher teilweise abzulehnen gewesen. Im Hinblick auf den von seiner Arbeitgeberin bescheinigten Netto-Verdienstausfall in Höhe von insg. 869,65 EUR erfolge eine Leistungsgewährung zum Aufbereitungsmonat Juli 2020.
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Mit Schreiben vom 21. Juni 2020, beim Bundesamt eingegangen am 23. Juni 2020, legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 3. Juni 2020 ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes vorgetragen: Es handle sich nicht um eine „fiktive Berechnung“, sondern um eine korrekte und konkrete Berechnung des tatsächlichen realen Verlusts, den er im Jahr 2019 aufgrund der Übung im September erlitten habe. Das bedeute, ohne das Leisten des Reservistendienstes hätte er in jedem Fall das genannte Einkommen erzielt. Dieser Verlust könne auch nachgewiesen werden und zwar mithilfe der Jahreslohnsteuerbescheinigung und der Steuerbescheide 2019 und 2018. Das Amt sei gegebenenfalls verpflichtet, die entsprechenden Nachweise anzufordern. Es sei ihm keine Rechtsgrundlage bekannt, die besage, dass der Nachweis des Verdienstausfalls ausschließlich durch die Arbeitgeberbescheinigung geführt werde. Das Weihnachtsgeld sei überhaupt nicht berücksichtigt worden, obwohl der Arbeitgeber durch seinen Pfeil mit Anmerkung offenbar anzeigen habe wollen, dass das „Netto“ hier mindestens gleich dem „Brutto“ sei. Das Weihnachtsgeld sei aufgrund der Fehltage gemindert worden.
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Mit Bescheid vom 25. Juni 2020 wurden dem Kläger Leistungen zur Einkommenssicherung gemäß der §§ 6 – 9 USG in Höhe von 869,65 EUR bewilligt. Dem Antrag war ein Berechnungsblatt über Leistungen zur Einkommenssicherung nach den §§ 6 – 9 USG beigefügt, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Das Berechnungsblatt weist ein eingebüßtes Arbeitsentgelt laut Arbeitgeberbescheinigung von 869,65 EUR (netto) aus.
6
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2020, dem Kläger zugegangen am 23. Juli 2020, wurde der Bewilligungsbescheid vom 25. Juni 2020 aufgehoben. Es wurden für den Zeitraum vom 8. September 2019 bis zum 20. September 2019 Leistungen an Nichtselbständige gemäß § 6 USG a.F. in Höhe von insgesamt 947,67 EUR bewilligt. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß § 6 Abs. 1 USG a.F. werde Arbeitnehmern, die Reservistendienst leisten, der Verdienstausfall in Höhe des um die gesetzlichen Abzüge verminderten Arbeitsentgeltes ersetzt. Die Leistung nach § 6 USG a.F. diene somit der Sicherung des Nettoeinkommens, welches ohne den Reservistendienst erzielt worden wäre. Der Nachweis über den Umfang des Verdienstausfalls werde durch die Arbeitgeberbescheinigung geführt. Zunächst sei festzustellen, dass das dem Kläger entgehende Weihnachtsgeld, welches betragsmäßig nur als Bruttowert angegeben worden sei, bei der Bewilligung der Leistung nach § 6 USG a.F. keine Berücksichtigung gefunden habe. Der Begriff des Arbeitsentgelts ergebe sich aus der Legaldefinition des § 14 Sozialgesetzbuch – Viertes Buch (SGB IV). Nach dessen Abs. 1 „sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden“. Zum erstattungsfähigen Arbeitsentgelt i.S.d. Vorschrift zähle daher auch das anteilig eingebüßte Weihnachtsgeld. Auf Nachfrage habe der Arbeitgeber des Klägers mitgeteilt, dass der vormals lediglich in brutto angegebene Wert von 149,73 EUR einem Wert von 78,02 EUR unter Berücksichtigung der steuerlichen Abzüge entspreche. Der Bewilligungsbescheid vom 25. Juni 2020 habe insoweit nicht den gesetzlichen Vorgaben des USG entsprochen und sei daher zurückzunehmen, § 48 VwVfG. Unter Berücksichtigung des dem Kläger anteilig entgangenen Weihnachtsgeldes würden hiermit Leistungen nach § 6 USG a.F. bewilligt und die Höhe für den Zeitraum seines Reservistendienstes auf insgesamt 947,67 EUR (869,65 EUR + 78,02 EUR) festgesetzt. Darüber hinausgehende Ansprüche bestünden indes nicht. Nach § 6 USG a.F. könne ein Verdienstausfall nur dann ersetzt werden, wenn dieser den Betroffenen auch tatsächlich und nachvollziehbar wehrdienstbedingt entgangen sei. Gerade dies sei aber bezüglich der durch den Kläger mit begleitendem Schreiben mitgeteilten eigenen steuerlichen Berechnungen nicht der Fall. Insbesondere verbiete sich die Berücksichtigung des von ihm angeführten Verlustvortrags in Höhe von 12.368,00 EUR, dessen Feststellung allein durch das zuständige Finanzamt erfolge, § 10 d Abs. 4 Satz 3 EStG. Ein Verlustabzug könne steuerlich als Sonderausgaben abgezogen werden und so durch Verteilung das zu versteuernde Einkommen auf der Ebene der Versteuerung beeinflussen. So ermögliche § 10 d EStG eine Durchbrechung des Prinzips der Abschnittsbesteuerung. Die Vorschrift solle verhindern, dass Verluste, die durch jährlich schwankende Einkünfte entstünden, steuerlich unberücksichtigt blieben. Die Feststellung erfolge zum Jahresende der Verlustentstehung. Mit steuerlichen Abzügen i.S.d. § 6 USG a.F. seien jedoch allein die durch den Arbeitgeber einzubehaltenden und an das Finanzamt abzuführenden Steuern gemeint. Ein anderes Verständnis wäre auch nicht mit der Systematik des § 6 USG a.F. zu vereinbaren. Daher könne keine Berücksichtigung von hypothetischen Abzügen bei der Ermittlung der Höhe des Verdienstausfallersatzes stattfinden. Zu erstattende Beträge müssten zum Zeitpunkt der Erstattung eindeutig beziffert sein, wobei sich die Erstattung fiktiver Einkünfte verbiete. Richtig sei ferner zwar, dass in § 6 USG a.F. nicht ausdrücklich geregelt sei, dass bezüglich der Höhe des wehrdienstbedingt entgehenden Arbeitsentgeltes ausschließlich die Arbeitgeberbescheinigung heranzuziehen sei, jedoch obliege es dem Bundesamt, sofern gesetzliche Vorgaben fehlten, das Verwaltungsverfahren angemessen, einfach, zügig und zweckmäßig zu gestalten. Diesen Anforderungen genüge die Verwendung der Arbeitgeberbescheinigung. Allein dem Arbeitgeber lägen sämtliche Informationen zur Berechnung der Höhe des entgehenden Arbeitsentgeltes vor. Die Auskunftspflicht des Arbeitgebers sei in § 26 Abs. 2 USG a.F. geregelt. Auch nach Überprüfung der mitgeteilten Werte durch den klägerischen Arbeitgeber habe dieser mitgeteilt, dass die Berechnung nicht zu beanstanden sei. Anhaltspunkte hieran zu zweifeln, seien nicht ersichtlich. Bei anderer Auffassung werde der Kläger gebeten, sich an seine Arbeitgeberin zu wenden. Der Kläger habe daher keinen Anspruch auf weitergehende Leistungen an Nichtselbständige nach § 6 Abs. 1 USG a.F.. Der Ablehnungsbescheid vom 3. Juli 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Vorschriften seien diesbezüglich abschließend und eindeutig, ein Ermessensspielraum bestehe nicht.
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Mit Schreiben vom 24. August 2020 ließ der Kläger Klage erheben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Der von der Arbeitgeberbescheinigung abweichende Verdienstausfall ergebe sich daraus, dass es für den Monat der Übung zu einer deutlichen Reduzierung des Steuersatzes gekommen sei. Daher sei es zwar zunächst zu einem höheren Auszahlungsbetrag gekommen, der jedoch zu einer Steuernachzahlung am Jahresende führe. Ferner führe auch der Umstand, dass der Kläger sein Gehalt im laufenden Jahr nur für sechs Monate bezogen habe und darüber hinaus ein Verlustvortrag aus dem Vorjahr zu berücksichtigen sei, dazu, dass der tatsächliche Verdienstausfall von dem, seitens des Arbeitgebers, bescheinigten Verdienstausfalls abweiche. Wie der Kläger ferner zutreffend ausgeführt habe, lasse sich der tatsächliche Verdienstausfall exakt berechnen. Nach der seitens des Klägers vorgelegten Berechnung betrage der Verdienstausfall tatsächlich insgesamt 1512,57 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2020 seien dem Kläger Leistungen in Höhe von insgesamt 947,67 EUR bewilligt worden. Die zulässige Klage sei begründet, da der Kläger einen Anspruch auf Ersatz eines Verdienstausfalls in Höhe von insgesamt 1512,57 EUR gegen die Beklagte habe. Es dürfte unstreitig sein, dass sich der tatsächliche Verdienstausfall des Klägers auf den geltend gemachten Betrag belaufe. Hierfür habe der Kläger eine vollumfängliche nachvollziehbare Berechnung vorgelegt. Aus dem Wortlaut des § 6 USG a.F. i.V.m. § 14 SGB IV ergebe sich zweifelsfrei, dass für die Berechnung der Leistungen zur Unterhaltssicherung der tatsächliche Verdienstausfall unter Berücksichtigung sämtlicher, auf das Arbeitsentgelt zu leistenden Steuern und sonstigen Abgaben maßgeblich sei. Insbesondere komme es nicht darauf an, ob die Steuern erst nach Abgabe der Jahressteuererklärung und Erlass eines entsprechenden Steuerbescheides zu entrichten seien oder ob der Steuerabzug bereits im Rahmen der Gehaltsabrechnung berücksichtigt worden sei. Dementsprechend sei auch die von Beklagtenseite vertretene Rechtsauffassung, dass alleine die vorgelegte Arbeitgeberbescheinigung maßgeblich sei, abwegig. Den tatsächlichen Netto-Verdienstausfall könne der Arbeitgeber in Fällen wie dem vorliegenden gar nicht beziffern. Diese Auffassung widerspreche folglich sowohl dem Wortlaut des § 6 USG a.F. als auch dem Zweck der Regelung. Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass der Zweck des § 6 USG a.F. darin bestehe, dass der Reservistendienst Leistende durch die Teilnahme an einer Übung keinerlei finanzielle Einbußen im Vergleich zu dem im Zeitraum der Übung hypothetisch erzielten Einkommen erleide. Dieser Zweck könne nicht erreicht werden, wenn Steuern auf das Einkommen bzw. die erhaltenen Leistungen, die erst nach Erlass eines entsprechenden Jahressteuerbescheids zu entrichten seien, nicht berücksichtigt würden. Als Anlage legte der Kläger einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2018 und einen Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für 2019 vor, auf die Bezug genommen wird.
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Mit Schreiben vom 20. November 2020 ergänzte der Kläger: Die Berechnungen des Klägers seien nachvollziehbar. Die Tatsache, dass der Kläger im Jahr 2019 tatsächlich einen weit höheren Einkommensausfall infolge des Reservistendienstes gehabt habe, ergebe sich aus dem Vergleich der Steuerberechnung auf Basis der tatsächlich im Jahr 2019 erzielten Einkünfte, einschließlich der tatsächlich gewährten Förderung mit einer Steuerberechnung auf Basis des Einkommens, welches der Kläger erzielt hätte, wenn er keinen Reservistendienst abgeleistet hätte. Die Steuerberechnungen seien direkt über die Plattform Elster erstellt worden und dürften daher über Zweifel an der Systematik erhaben sein. Auf die Unterscheidung zwischen Lohn- und Einkommensteuer komme es vorliegend nicht an. Die vom Kläger genannten Faktoren würden beim Lohnsteuerjahresausgleich berücksichtigt werden, wirkten sich also sehr wohl auch auf die Lohnsteuer aus. Die Einkommensteuer werde vom Überbegriff „gesetzliche Abzüge“ erfasst. Bei dem beantragten Betrag handle es sich um entgangenes Arbeitsentgelt und nicht um entgangene sonstige Einkünfte. Die Beklagte verkenne die Natur und Funktion der Leistungen nach § 6 USG. Dem Arbeitnehmer seien sämtliche entstandene Verluste zu ersetzen. Dabei zitierte die Beklagte selbst den entscheidenden Satz aus der Begründung: „[Die Vorschrift] dient der Sicherung des Nettoerwerbseinkommens, dass ohne den Reservistendienst erzielt worden wäre“. Ohne Zweifel bestehe die Intention hier darin, sämtliche einkommensbestimmende Faktoren zu berücksichtigen, auch solche, die sich erst nach der jeweiligen Monatsabrechnung auf das Nettoeinkommen des Reservistendienst Leistenden auswirkten. Der verwendete Konjunktiv lasse zudem darauf schließen, dass auch der Gesetzgeber hier mit einer fiktiven Berechnung dessen, was ohne RDL gewesen wäre, vergleiche. Die Beklagte stelle korrekt fest, dass der Arbeitgeber ohne den Reservistendienst zunächst nur 947,67 EUR mehr auf das Konto des Klägers überwiesen hätte. Eine Korrektur dieses Betrages wäre jedoch im Rahmen der Steuerfestsetzung erfolgt. Genau dieser Umstand werde von der Beklagten verkannt. Die Arbeitgeberbescheinigung sei im vorliegenden Fall nicht ausreichend gewesen, um den konkret entstandenen Verdienstausfall zu beziffern. Dies folge schon daraus, dass dem Arbeitgeber die konkreten Verhältnisse nicht vollständig bekannt seien und er den Verdienstausfall folglich nicht vollständig beziffern könne. Er könne lediglich das entgangene Brutto exakt beziffern, welches dann der Berechnung zugrunde zu legen sei. Die von der Beklagten praktizierte Auslegung des § 6 USG sei mit § 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, da diese zwangsläufig zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte führe. Um eine von der zeitlichen Verteilung des Reservistendienstes auf Kalendermonate unabhängige Berechnung der Erstattung zu gewährleisten, sei es erforderlich, dass stets der gleiche Steuersatz maßgeblich sei. Dies sei der normale Jahresdurchschnittssteuersatz der jeweiligen Person. Von dieser Vorgehensweise habe der Kläger bei der Berechnung seines Verdienstausfalles Gebrauch gemacht. Die Rechtsauffassung der Beklagten sei also weder mit der Zielsetzung des § 6 USG noch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Dem Schreiben wurde die elektronische Lohnsteuerbescheinigung für 2019, auf der der Kläger individuelle Berechnungen vorgenommen hat, eine Berechnung über die Einkommensteuer für 2019 unter Berücksichtigung der gewährten Unterhaltssicherungsleistungen und eine Berechnung über die Einkommensteuer für 2019, wenn der Kläger keinen Reservistendienst abgeleistet hätte, beigefügt. Auf den Inhalt der Anlagen wird Bezug genommen.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 6. März 2021 trug der Kläger vor, dass er bereit sei, an Eides statt zu versichern, dass die Berechnungen auf Basis seiner tatsächlichen Einkünfte und unter Berücksichtigung sämtlicher für die Veranlagung zur Einkommensteuer relevanter Faktoren erstellt worden seien.
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Unter dem 13. Mai 2022 wurde ausgeführt, dass die vom Kläger angestellten Berechnungen durch den nunmehr vorgelegten Steuerbescheid zweifelsfrei unter Beweis gestellt seien. Die Beklagte bringe Einwände gegen die Verwendung des Jahresdurchschnittssteuersatzes zur exakten Verlustberechnung vor, da dieser erst mit dem Steuerbescheid feststehe. Dabei lasse sich dieser am Jahresende sehr leicht prognostizieren, wenn sämtliche Einkünfte und Merkmale bekannt seien. Wenn dies wie im Falle des Klägers durch die Bescheinigung des Arbeitgebers hinreichend belegt werde, stehe der Heranziehung nichts im Wege. Selbst vor Jahresende könnte die Berechnung erfolgen, wenn der Arbeitgeber das voraussichtliche Jahresgehalt bescheinige. Korrekt sei, dass der Steuerbescheid geändert werden müsse, wenn sich die Erstattung im Nachhinein ändere. Auf die vorgeschlagene Weise könnte die Erstattung jedoch bereits vor der Steuererklärung korrekt erfolgen (unter Berücksichtigung, dass die Erstattung auch zu einem Progressionsvorbehalt führe). Gegen den Einwand der Beklagten spreche auch die Natur des Lohnsteuerjahresausgleichs. Denn hier würden sehr wohl Verwerfungen bei der Lohnsteuer der einzelnen Monate direkt am Jahresende ausgeglichen, ohne dass ein Steuerbescheid bzw. -erklärung vorliege. Auch wenn dem Arbeitgeber selbstverständlich keine Daten über Verlustvorträge, vorige Beschäftigungen im jeweiligen Kalenderjahr, o.Ä. vorlägen, zeige dies deutlich, dass eine Berechnung mit Jahressteuersatz unkompliziert durchgeführt werden könne und vom Gesetzgeber erwünscht sei. Ein Lohnsteuerjahresausgleich würde den real erlittenen Ausfall bereits erhöhen. Somit könne man genau genommen diesen zusätzlichen Ausfall im Monat Dezember auflisten, denn schließlich werde dort weniger Nettomonatslohn überwiesen. Dies wäre dann von der Beklagten ebenso zu erstatten, wie der Ausfall beim Weihnachtsgeld im November. Hier stelle sich dann die Frage, wie das Amt mit Ausfällen im Dezember verfahren würde, die mit dem Reservistendienst eigentlich nichts zu tun hätten, aber dadurch vorläufig entstünden, dass in bestimmten Fällen allein aufgrund des Dienstes kein Jahresausgleich mehr durchgeführt werden könne. Dies stelle eine weitere Schwachstelle dieser Berechnungsweise dar. Natürlich wirkten sich auch Absetzungen auf die Steuerlast und den Steuersatz aus. Jedoch könnten diese hierdurch nur weiter gesenkt werden, was den tatsächlichen Nettoausfall weiter erhöhen würde. Dies würde der Kläger jedoch hinnehmen, da es nicht zweckmäßig wäre, die Absetzungen vor Erhalt des Steuerbescheids zu schätzen und der Unterschied zu gering wäre. Diese Sorge, dass sich der Verwaltungsaufwand erhöhe, sei unbegründet, da mit dem richtigen Wissen und den entsprechenden Nachweisen/Erklärungen die Berechnung (ohne Vorlage oder Änderung des Steuerbescheids) schnell und korrekt erfolgen könne. Hinzu komme, dass der Verdienstausfall eine Leistung sei, die nur auf Antrag gewährt werde. Es stehe dem Antragsteller somit frei, in welcher Höhe und auf welcher Berechnungsgrundlage bzw. mit welchen Nachweisen er den Verdienstausfall beantrage. Es sei nicht damit zu rechnen, dass die exakte Berechnung von vielen Antragstellern in Anspruch genommen werde, da es in den meisten Fällen in der Tat keinen nennenswerten Unterschied gebe. In den allermeisten Fällen könnte das Amt also verfahren wie bisher. Auf die Frage, ob durch die Einhaltung der Gesetze eventuell ein höherer Verwaltungsaufwand entstehe, dürfe es nicht ankommen. Im Vordergrund stehe die wortlautgetreue Auslegung des USG. Die Auffassung der Beklagten sei nicht vertretbar. Der Dienstleistende hätte zwar zunächst sein übliches Gehalt zur Verfügung, erleide die Verluste aber letztendlich dennoch. Dementsprechend hätte die Zahlung eher den Charakter einer Leihe, als den einer echten, dauerhaften Erstattung der Verluste. Sinn des USG könne es nicht sein, Reservisten aufgrund ihres Einsatzes zu „bestrafen“, indem ein Teil der Verluste einfach nicht ausgeglichen werde. Selbst die Prämie für Reservistendienste, die eigentlich als zusätzlicher Anreiz gedacht sei, könne den Verlust in dieser Höhe nicht wettmachen. Wenn die Erstattung ausschließlich auf Monatsbasis erfolgen solle, würde und müsste dies explizit im Gesetz stehen. Es heiße jedoch nur, dass der gesamte Ausfall erstattet werde. Ebenso sei kein expliziter Zeitpunkt festgeschrieben, auf den beim Ausgleich der Bilanz der Reservisten abgestellt werden solle. Dies könne nur bedeuten, dass auch Verluste, die sich erst zum Jahresende auf die Bilanz auswirkten, noch auszugleichen seien. Auch die Auffassung der Beklagten, dass nur der „im Zeitraum der Wehrübung“ eintretende Verlust von Arbeitseinkommen gemeint sei, sei nicht vertretbar. Denn erstens entbehre die Aussage jedweder Grundlage im Gesetz, wo von einem solchen Zeitraum keine Rede sei. Zweitens hätte die Beklagte auch den Verlust beim Weihnachtsgeld, der auf November datiert sei, nicht auszahlen dürfen. Weiterhin liege die Ursache, also die Übung an sich, immer in diesem Zeitraum, lediglich die Wirkung trete später ein. Auch die alte Fassung des USG untermauere die Argumentation des Klägers. Denn es heiße auch hier in Absatz 2 „nach Abzug der Steuern vom Einkommen“, also kein Abstellen auf eine bestimmte Steuerart oder einen Zeitraum. Lediglich beim Brutto werde auf den Zeitraum hingewiesen, dazu zählten der monatliche Lohn und das Weihnachtsgeld. Steuern seien beim Brutto natürlich nicht von Bedeutung, seien hier also auch nachträglich nicht ausgeschlossen. Zum anderen scheine Absatz 3 genau eine Heranziehung des Jahreslohns zu beabsichtigen. Der Verweis auf das Arbeitsplatzschutzgesetz in Absatz 2 diene lediglich dazu, die Art der Freistellung zu referenzieren. Die Verwendung des Monatssteuersatzes sei nicht belastbar oder aussagekräftig. Dies könne nämlich sowohl in die positive als auch negative Richtung drastisch von der Realität abweichen, zum Teil auch nach Belieben des Steuerpflichtigen. Als Beispiele seien zu nennen: unterjährige Änderung der Steuerklasse, des Gehaltes oder ein Antrag auf Reduzierung des Lohnsteuersatzes aufgrund größerer Anschaffungen sowie die nicht ganzjährige Erwerbstätigkeit. Die Beklagte bleibe eine Erklärung schuldige, wieso die nachträgliche finanzielle Unterscheidung der beiden Arbeitnehmer aus dem bereits angeführten beispielhaften Vergleich keine Ungleichbehandlung darstelle. Hier handle es sich je nach Einkommen um einen kleinen bis großen dreistelligen Eurobetrag, was weder geringfügig noch hinnehmbar sei. Die Ungleichbehandlung liege herbei im Übrigen sehr wohl bei der Leistungsberechnung und nicht bei der Besteuerung, da bereits im Voraus bekannt sei, dass diese Nachzahlung durchgeführt werde und werden müsse. Vielmehr diene die Nachzahlung eben genau dem Ausgleich von Ungleichbehandlungen in der Monatssteuer. Sie könne jedoch naturgemäß die Ungleichbehandlung bei der USG-Leistung nicht korrigieren, dies müsse durch die Bundeswehr geschehen. Auch könne es nicht in der Natur der Leistung liegen, dass diese nicht richtig berechnet werde. Im Steuerbescheid des Klägers werde klar ersichtlich, dass er auf das entgangene Brutto von 1933,53 Euro keine Steuern gezahlt hätte, da es immer noch unter dem Grundfreibetrag gelegen hätte. Es ergebe sich ein Nettoverdienstausfall von 1557,57 Euro aufgrund des Reservistendienstes. Genau diese Berechnung habe bereits ohne Steuerbescheid angestellt werden können. Da der Kläger nachträglich in seiner Steuererklärung noch weitere Beträge absetzen habe können, wäre dies tatsächlich sogar mehr als ursprünglich berechnet. Der Kläger legte den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 in Kopie und eine Kopie des Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Einkommenssteuer zum 31. Dezember 2019 vor, der einen verbleibenden Verlustvortrag von 0 Euro ausweist.
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Der Kläger beantragte zunächst,
die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 26.06.2020 (S. 49 f. d. Akte) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2020 (S. 75 d. Akte), Leistungen zur Unterhaltssicherung i.H.v. 1.512,57 Euro für den Zeitraum vom 08.09.2019 bis 20.09.2019 zu bewilligen.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
1.
Der Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 3. Juni 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juli 2020 wird insoweit aufgehoben als die damit bewilligte Leistung hinter dem Antrag des Klägers vom 27. Februar 2020 auf Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz in Höhe von insgesamt 1512,57 EUR zurückbleibt.
2.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz in Höhe von weiteren 564,90 EUR für einen Reservistendienst im Zeitraum vom 8. September 2019 bis zum 20. September 2019 zu bewilligen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Klage sei unbegründet, der Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juli 2020 sei rechtmäßig. In seinen Rechten werde der Kläger jedoch nicht verletzt. Zunächst sei festzuhalten, dass der Verdienstausfall, den der Kläger in der Anlage zu seinem Antrag vom 17. Oktober 2019 ausgerechnet habe, keinesfalls unstrittig sei. Die Berechnung entbehre jedweder systematischen Grundlage und sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger verkenne zunächst die Natur und Funktion der Leistungen nach § 6 USG. Leistungen nach den §§ 6 – 9 USG dienten ausweislich der Überschrift des Abschnitts 1 der „Sicherung des Einkommens“ von Reservistendienst Leistenden (RDL) für die Zeit der Dienstleistung. Hierfür sehe das USG drei unterschiedliche Leistungen vor, die Mindestleistung nach § 9 USG, Leistungen an Selbständige nach § 7 USG und Leistungen an Nichtselbständige nach § 6 USG. Nichtselbstständigen werde nach § 6 USG „das um die gesetzlichen Abzüge geminderte Arbeitsentgelt ersetzt“. Diese Leistung sei steuerfrei, unterliege aber gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 lit. h) EStG dem Progressionsvorbehalt. Die Gesetzesbegründung zu § 6 USG anlässlich der Neufassung im Jahr 2015 führe dazu aus, dass die Vorschrift an § 13 des bisher geltenden Unterhaltssicherungsgesetzes angelehnt sei. Sie diene der Sicherung des Nettoerwerbseinkommens der Reservistendienst Leistenden, dass ohne den Reservistendienst erzielt worden wäre. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes solle zukünftig ausschließlich der Nachteil, der dem Reservistendienst Leistenden durch die Einberufung entstehe, ausgeglichen werden. Sofern Reservistendienst Leistende kein Arbeitsentgelt einbüßen würden, weil sie am Wochenende oder anderen arbeitsfreien Tagen Reservistendienst leisteten, bestehe auch kein Anspruch auf Ausgleich. Ersetzt würden durch § 6 USG also das entgangene Nettoentgelt für die Dauer der Wehrübung. Grundlage für die Gewährung der Leistungen nach § 6 USG sei daher zwangsläufig eine Bescheinigung des Arbeitgebers über den entgangenen Nettoverdienst. Die Beklagte könne dies nicht beziffern, denn sie kenne die individuellen Steuermerkmale des Antragstellers nicht. Für den Arbeitgeber sei es aber ein leichtes, zu ermitteln, welcher Nettolohn eigentlich bezahlt worden wäre, welcher tatsächlich gezahlt worden sei und die Differenz entsprechend zu bescheinigen. § 26 Abs. 3 USG begründe daher eine Mitwirkungs- und Auskunftspflicht des Arbeitgebers, deren Verletzung nach § 30 USG eine Ordnungswidrigkeit darstelle. Nach der Bescheinigung des Arbeitgebers seien dem Kläger für die Dauer der Wehrübung aber insgesamt nur 947,67 EUR Nettoverdienst entgangen. Diese seien ihm durch die Beklagte auch ersetzt worden. Weitere Ansprüche des Klägers bestünden nicht, denn der Zweck des § 6 USG sei es eben nicht jedwede finanzielle Einbuße zu ersetzen, schon gar nicht ein hypothetisches Einkommen, wie der Kläger hier meine. Dies ergebe sich tatsächlich zweifelsfrei aus § 6 Abs. 1 USG: Ersetzt werde „der Verdienstausfall in Höhe des um die gesetzlichen Abzüge verminderten Arbeitsentgelts“. Wobei sich aus § 14 SGB IV ergebe, was Arbeitsentgelt sei, nämlich „alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.“ Diese seien dann um die gesetzlichen Abzüge, also die hierauf (!) zu leistenden Steuern und gesetzlichen Abgaben, zu mindern. Dies seien neben den Abgaben zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, die Lohnsteuer, der Solidaritätszuschlag sowie im Fall des Klägers die Kirchensteuer. Dass diese durch den Arbeitgeber des Klägers falsch berechnet worden wären, sei nicht erkennbar. Der Kläger behaupte das auch nicht. Der Kläger meine vielmehr, dass sich aus anderen Faktoren bei seiner Einkommensbesteuerung (Verlustvortrag, bloß sechsmonatige Beschäftigung im Bezugszeitraum usw.) ein höheres Nettoeinkommen ergebe. Das sei aber nicht der Fall. Ohne seinen Reservistendienst hätte der Kläger von seinem Arbeitgeber für den Monat September 2019 auch nur 947,67 EUR mehr ausgezahlt bekommen. Der Kläger verwechsle insoweit die Lohnsteuer mit der Einkommensteuer. Vom Arbeitslohn abgezogen werde die Lohnsteuer, geregelt in den §§ 38 ff. EStG. Im Wege der Lohnsteuer werde der Teil der Einkommensteuer erhoben, der auf die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit entfalle. Die weiteren Faktoren, die der Kläger anführe, wirkten sich aber auf die Einkommensteuer aus, die das zuständige Finanzamt erst mit der Einkommensteuerveranlagung festsetze. Dabei werde dann auch die einbehaltene Lohnsteuer angerechnet. Dasselbe gelte für den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer. Die Einkommensteuer beziehe sich dabei auf alle Einkommensarten nach § 2 Abs. 1 EStG. Die vom Kläger angeführten Faktoren wirkten sich dementsprechend nicht auf das Nettoentgelt aus dem Arbeitszeugnis aus, sondern ausschließlich auf seine Steuerlast in Bezug auf sein gesamtes Einkommen im Bezugszeitraum 2019. Sofern sich dort irgendwelche Verwerfungen ergeben würden, folgten sie nicht aus dem Reservistendienst. Es sei auch nicht Aufgabe der Unterhaltssicherungsgesetze, irgendwelche Verwerfungen auszugleichen, die bei der Einkommensteuerfestsetzung eintreten würden. Im Ergebnis sei dem Kläger also sein für die Zeit der Wehrübung entstandener Verdienstausfall entsprechend den gesetzlichen Vorschriften vollumfänglich erstattet worden. Da darüberhinausgehende Ansprüche nicht bestünden (nicht bestehen könnten), sei die Klage abzuweisen.
15
Unter den 22. Dezember 2020 wurde weiter vorgetragen, dass die vom Kläger nunmehr überreichten Vergleichsberechnungen lediglich dahingehend nachvollziehbar seien, dass sie zu dem vom Kläger geschilderten Ergebnis führten. Grundlage der Berechnung sei zum einen die Steuerbescheinigung eines Arbeitgebers des Klägers für die Zeit vom 1. Juli 2019 bis zum 31. Dezember 2019 sowie daneben handschriftlich durch den Kläger notierte Beträge. Dies lasse sich schon aus sich heraus nicht überprüfen, ganz abgesehen davon, dass damit rein gar nichts darüber ausgesagt sei, auf welcher Grundlage und vor allem in welcher Höhe der Kläger dann zur Einkommensteuer veranlagt werde. Denn dafür seien alle möglichen Faktoren aus dem Erhebungszeitraum ausschlaggebend, nicht nur Einkünfte aus dem Arbeitsverhältnis, in dem der Kläger während seiner Wehrübung beschäftigt gewesen sei. Diese könnten auch weit nach Ende einer Wehrübung noch entstehen. Eine Berechnung der Unterhaltssicherungsleistung nach dem individuellen Jahresdurchschnittssteuersatz sei schon nicht praktikabel, denn der Durchschnittssteuersatz für das Jahr sei bei Ableistung einer Wehrübung noch gar nicht bekannt. Er ergebe sich aus den genannten Gründen erst aus dem Einkommensteuerbescheid. Wenn man also unterstelle, dass der Kläger Recht habe, wäre es der Beklagten nie möglich, während einer Wehrübung tatsächlich die nach Ansicht des Klägers richtige Leistung zu zahlen. Zahlungen könnten vielmehr nur unter Vorbehalt geleistet werden und müssten dann nach Vorlage des Steuerbescheides nachberechnet werden. Es könne unter Umständen erst Jahre später der Fall sein. Bescheide müssten angefordert werden, es käme zu Nachzahlungen oder zu aufwändigen Rückforderungsverfahren. Bei der Vielzahl von Reservistendiensten sei dies schlicht nicht machbar. Davon abgesehen führe jedwede nachträgliche Veränderung der USG-Leistung wiederum zu einer Veränderung in der steuerlichen Progression und einer Änderung des Steuersatzes. Dies wiederum habe erneut Auswirkungen auf die USG-Leistung usw. Im Ergebnis käme es also zu ständigen Nach- und Neuberechnungen. Die Auffassung des Klägers finde auch keine Grundlage im Gesetz. § 6 Abs. 1 USG meine den im Zeitraum der Wehrübung eintretenden Verlust von Arbeitseinkommen und nicht etwa den Verlust von irgendwelchen Einkommen nach erfolgter Veranlagung zur Einkommensteuer. Für die Nettoberechnung werde entsprechend auf § 14 SGB IV verwiesen und gerade nicht auf den Durchschnittssteuersatz des einzelnen RDL. Dies sei auch nicht die fehlgeleitete Auffassung der Beklagten, sondern entspreche der jahrzehntelangen Übung in der Unterhaltssicherung. Die vor Neuordnung des USG im Jahre 2015 geltende Regelung (§ 13 USG a.F.) habe sogar Bezug auf das Arbeitsplatzschutzgesetz genommen und habe nur den Verdienstausfall, der aufgrund des Ruhens des Arbeitsverhältnisses eingetreten sei, ersetzt. Zwar sei dieser ausdrückliche Verweis nicht mehr in der Norm enthalten, die Regelung solle aber in ihrem grundlegenden Inhalt erhalten bleiben. Die Auffassung des Klägers entspreche daher auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Dieser habe nämlich die bereits vor 2015 bestehende Regelung beibehalten wollen. Die Reform des Unterhaltssicherungsgesetzes habe insbesondere auch die Verwaltungsvereinfachung zum Ziel gehabt. Die Leistungsvoraussetzungen seien vereinfacht worden und zum Beispiel der Verlust von Erwerbsersatzeinkommen dem vom Arbeitseinkommen gleichgestellt worden. Ein Vorgehen, wie es sich der Kläger vorstelle, würde das Ziel der Vereinfachung konterkarieren. Es liege auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, denn der Zweck, dass dem RDL schlicht das ersetzt werde, was ihm während des Wehrdienstes entgehe, werde bei jedem RDL gleichermaßen erreicht. Dabei sei es möglich, dass sich die Leistung am Jahresende steuerlich unterschiedlich auswirke. Tatsächlich führten unterschiedliche Daten einer Wehrübung auch bei gleicher Dauer zu einer unterschiedlichen Gehaltszahlung durch den Arbeitgeber und daher zu unterschiedlichen Lohnsteuerabzügen und so zu unterschiedlich hohen Leistungen nach § 6 USG. Bei der Steuererhebung wirke sich die Höhe der mit der Lohnsteuer erfolgten Vorauszahlung dann ebenso aus wie die Höhe der Leistungen nach § 6 USG, die im Rahmen der Progression berücksichtigt werden würden. Dies führe entsprechend zu unterschiedlichen Ergebnissen. Diese Ungleichbehandlung erfolge aber nicht bei der Leistungsberechnung, sondern bei der Besteuerung. Sie liege zudem in der Natur der Leistung begründet, die eben als Lohnersatzleistungen ausgestaltet sei und steuerlich entsprechend behandelt werde. Die Problematik bestehe daher genauso bei Bezug von Arbeitslosengeld, Elterngeld oder aktuell: Verdienstausfall nach § 56 IfSG. Sie bestehe immer dann, wenn im Steuerjahr teilweise Arbeitsentgelt und teilweise steuerfreie Leistungen bezogen worden seien, die dem Progressionsvorbehalt unterlägen. Sie sei dabei aber marginal und durch den Steuerpflichtigen hinzunehmen.
16
Unter dem 19. April 2021 trug die Beklagte vor, dass völlig unabhängig von irgendwelchen Versicherungen des Klägers seine Berechnungen immer hypothetisch seien. Der Kläger behaupte nämlich, die Finanzbehörden würden sein Einkommen in einer bestimmten Höhe besteuern, ohne dass feststehe, ob dies tatsächlich der Fall sein werde. Der Sinn und Zweck des USG liege in der Sicherung des Unterhalts der Reservistendienst Leistenden für die Dauer der Wehrübung, nicht im Ausgleich jedweder Einkommenseinbußen. Das Bundesverwaltungsgericht habe dies bereits 1974 folgendermaßen formuliert: „Die Verdienstausfallentschädigung im Sinne des § 13 Abs. 1 USG ist keine Entschädigung für die infolge des Wehrdienstes entfallenen Einkünfte des Wehrpflichtigen. Sie wird vielmehr ebenso wie die übrigen Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz als Leistung zur Unterhaltssicherung gewährt […] Grund der Zuerkennung von Verdienstausfallentschädigung ist hiernach nicht der sie auslösende Einkommensverlust als solcher, sondern die Notwendigkeit, die Befriedigung eines anzuerkennenden, bisher aus den Einkünften des Wehrpflichtigen gedeckten Lebensbedarfs, der infolge wehrdienstbedingter Einkommenseinbußen nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr hinreichend gedeckt werden kann, auch während der Zeit des Wehrdienstes sicherzustellen. Wehrdienstbedingte Einkommensverluste sind deshalb […] nicht als solche und nicht schlechthin, sondern nur insoweit erheblich, als in ihnen der Verlust der den anerkannten Lebensbedarf des Wehrpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen sichernden materiellen Lebensgrundlage zutage tritt“ (BVerwG, U.v. 28.11.1974 – VIII C 90.73 – juris 12). Dies gelte auch nach der Neufassung des USG im Jahr 2015 (vgl. VG Ansbach, U.v. 30.11.2016 – AN 11 K 16.01487 – juris). Schließlich handle es sich auch nicht um den Verlust von Arbeitsentgelt. Steuervorteile seien kein Erwerbseinkommen, Steuernachteile seien kein Einkommensverlust.
17
Die Beteiligten wurden mit gerichtlichem Schreiben vom 4. April 2022 zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 101 Abs. 2 VwGO und einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 84 VwGO gehört. Der Kläger erklärte sich mit Schreiben vom 21. April 2022 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil nicht einverstanden.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2022 Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Entscheidungsgründe

19
Die zulässige Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen.
20
1. Die als Verpflichtungsklage statthafte Klage ist zulässig.
21
Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg ist gem. § 52 Nr. 4 Satz 1 Alt. 2 VwGO örtlich zuständig. Da der Kläger als Reservist keinen dienstlichen Wohnort i.S.v. § 52 Nr. 4 Satz 1 Alt. 1 VwGO, § 15 Abs. 1 Satz 2 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) hat, ist der Privatwohnsitz des Klägers in R. maßgeblich (VG München, B.v. 30.10.2013 – M 15 K 13.3351, BeckRS 2013, 198876 Rn. 1).
22
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz für einen Reservistendienst im Zeitraum vom 8. September 2019 bis zum 20. September 2019 unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Bescheide. Vorliegend ist diejenige Fassung des Unterhaltssicherungsgesetzes anzuwenden, die zur Zeit der Wehrübung im September 2019 in Kraft war, sodass das Gesetz über die Leistungen an Reservistendienst Leistende und zur Sicherung des Unterhalts der Angehörigen von freiwilligen Wehrdienst Leistenden (Unterhaltssicherungsgesetz – USG) vom 29. Juni 2015 (BGBl. I S. 1061, 1062), FNA 53-8 zuletzt geändert durch Art. 21 Bundeswehr-Einsatzbereitschaftsstärkungsgesetz vom 4. August 2019 (BGBl. I. S. 1147) anzuwenden ist (BVerwG, U.v. 14.8.1992 – 8 C 64.91, BeckRS 1992, 31239988; BVerwG, U.v. 12.12.1979 – 8 C 28.78, BeckRS 1979, 31285743; VG Augsburg, U.v. 25.1.2000 – Au 1 K 94.1583, BeckRS 2000, 18414 Rn. 33).
23
Die durch den Kläger geltend gemachten Leistungen der Unterhaltssicherung an Nichtselbständige nach § 6 USG können nicht als Zahlungsanspruch im Wege einer Leistungsklage, sondern nur als Anspruch auf Erlass eines die Leistung gewährenden Verwaltungsaktes, mithin im Wege der Verpflichtungsklage geltend gemacht werden. Dies folgt aus § 25 USG, dem in hinreichender Weise durch Auslegung zu entnehmen ist, dass der Gewährung von Leistungen nach dem USG eine behördliche Entscheidung vorauszugehen hat. Dem Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem USG folgt ein Verwaltungsverfahren, welches die Feststellung der Leistung mit Regelungswirkung beinhaltet (VG Magdeburg, U.v. 15.12.2020 – 8 A 118/20, BeckRS 2020, 40479 Rn. 23 ff.).
24
Der im Verhältnis zum klägerischen Antrag vom 25. September 2020 geänderte Antrag in der mündlichen Verhandlung stellt keine Klageänderung, sondern lediglich die Klarstellung des Klagebegehrens dar und wäre vom Gericht auch unter Beachtung des erkennbaren Klageziels im Wege der Auslegung heranzuziehen gewesen, § 88 VwGO. Der Kläger erhob unter dem 24. August 2020 Klage gegen den Bescheid über die Ablehnung von Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz vom 3. Juni 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juli 2020. Unter dem 25. September 2020 stellte der Kläger dann den Antrag, die Beklagte zur Bewilligung unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Juni 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides zu verurteilen. Erkennbar handelt es sich dabei um ein Versehen, da der Bescheid gegen den Widerspruch eingelegt wurde, derjenige vom 3. Juni 2020 ist, den der Kläger auch in seiner Klageschrift vom 24. August 2020 zunächst richtig bezeichnete und mit Klageerhebung anhängig machte. Eine Veränderung des Streitgegenstandes erfolgte mithin nicht.
25
Das Begehren des Klägers ist dabei auf Bewilligung der mit Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 3. Juni 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2020 nicht erstatteten Differenz von 564,90 Euro zu den ursprünglich beantragten 1512,57 Euro gerichtet. Insbesondere sollen die Bescheide nur insoweit aufgehoben werden, als sie hinter dem klägerischen Antrag auf Unterhaltssicherungsleistungen vom 27. Februar 2020 zurückbleiben, denn die Bescheide enthalten jeweils auch eine Begünstigung in Höhe der durch Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2020 bereits bewilligten Leistungen in Höhe von 947,67 Euro. Hieraus folgt, dass das Klageziel der Verpflichtungsklage des Klägers nicht zugleich die vollständige Aufhebung der teilweise begünstigenden Bescheide ist, da der Kläger jedenfalls die bereits gewährten Leistungen behalten will, § 88 VwGO (VG Augsburg, U.v. 25.1.2000 – Au 1 K 94.1583, BeckRS 2000, 18414 Rn. 33).
26
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz in Höhe von weiteren 564,90 Euro. Die teilweise Ablehnung der beantragten Leistungen war rechtmäßig, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
27
Der Kläger beantragte unter dem 27. Februar 2020 Leistungen nach dem USG aufgrund eines Verdienstausfalles aus einem Arbeitsverhältnis. Abweichend von der vorgelegten Lohnsteuerbescheinigung, die nach einer Korrektur im Widerspruchsverfahren abschließend 869,64 Euro Netto-Verdienstausfall und 78,02 Euro Netto-Verlust hinsichtlich des Weihnachts-/Urlaubsgeldes auswies, beantragte der Kläger Leistungen in Höhe von insgesamt 1.512,57 Euro. Der – den in der Arbeitgeberbescheinigung ausgewiesenen Verlust – übersteigende Teil basiere auf den Umständen, dass die Wehrübung keinen vollen Kalendermonat gedauert habe, der Kläger im Jahr 2019 kein volles Kalenderjahr gearbeitet habe und er einen hohen Verlustvortrag geltend machen könne. Diese Umstände würden bei Abgabe der Einkommenssteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2019 zu einer Veränderung des Steuersatzes führen, wodurch sich der tatsächliche Nettoverlust für den Zeitraum der Wehrübung (nachträglich) zugunsten des Klägers verändere.
28
Damit beantragt der Kläger Leistungen nach § 6 Abs. 1 USG aufgrund eines Verdienstausfalles aus einem Arbeitsverhältnis. § 6 USG in der hier einschlägigen Fassung lautet:
„§ 6 Leistungen an Nichtselbständige
(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Reservistendienst leisten, wird der Verdienstausfall in Höhe des um die gesetzlichen Abzüge verminderten Arbeitsentgelts (§ 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch) ersetzt.
(2) Reservistendienst Leistenden, die infolge der Dienstleistung Entgeltersatzleistungen einbüßen, wird die Einbuße ersetzt.
…“
29
Damit wird Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Reservistendienst leisten, gemäß § 6 Abs. 1 USG der Verdienstausfall in Höhe des um die gesetzlichen Abzüge verminderten Arbeitsentgeltes (§ 14 SGB IV) ersetzt.
30
Nach der genannten Vorschrift steht dem Kläger lediglich ein Anspruch auf die durch die Beklagte bewilligte Verdienstausfallentschädigung in Höhe von 947,67 Euro zu. Demgegenüber kann der Kläger eine darüber hinausgehende Leistung in Höhe von 564,90 Euro nicht beanspruchen.
31
2.1 Das folgt zum einen aus dem Zweck des Unterhaltssicherungsgesetzes.
32
Anders als der Kläger meint, ist Sinn und Zweck des Unterhaltssicherungsgesetzes nicht die (volle) Entschädigung für den infolge des Wehrdienstes erlittenen Verdienstausfall des Wehrpflichtigen. Die Entschädigung ist eine Leistung zur Unterhalts- und Einkommenssicherung und dient als solche der Sicherung des Lebensbedarfs des Wehrpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen. Grund der Zuerkennung von Verdienstausfallentschädigung bzw. Leistungen zur Einkommenssicherung ist hiernach nicht der sie auslösende Einkommensverlust als solcher, sondern die Notwendigkeit, die Befriedigung eines anzuerkennenden, bisher aus den Einkünften des Wehrpflichtigen gedeckten Lebensbedarfs, der infolge wehrdienstbedingter Einkommenseinbußen nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr hinreichend gedeckt werden kann, auch während der Zeit des Wehrdienstes sicherzustellen. Wehrdienstbedingte Einkommensverluste sind deshalb für die Zuteilung und Bemessung der Verdienstausfallentschädigung nicht als solche und nicht schlechthin, sondern nur insoweit erheblich, als in ihnen der Verlust der den anerkannten Lebensbedarf des Wehrpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen sichernden materiellen Lebensgrundlage zutage tritt. Das Gesetz hat damit dem Grundsatz der Unterhaltssicherung den Vorrang vor dem Gedanken des Ausgleichs von Einkommensverlusten als solchen gegeben (BVerwG, U.v. 28.11.1974 – VIII C 90.73 – juris Rn. 12; BVerfG, B.v. 11.12.1973 – 2 BvL 47/71 – juris Rn. 9; VG Ansbach, U.v. 30.11.2016 – AN 11 K 16.01487 – juris Rn. 20). Damit dient das Unterhaltssicherungsgesetz vorrangig dazu, sicherzustellen, dass der Reservistendienst Leistende seinen Unterhalt weiter bestreiten kann. Der Ausgleich sämtlicher Einkommensverluste ist damit nicht vordringlicher Gesetzeszweck.
33
Die zum Teil noch zu älteren Fassungen des Unterhaltssicherungsgesetzes ergangenen Urteile bzw. Beschlüsse beanspruchen nach wie vor Geltung. Nach der Gesetzesbegründung zur hier einschlägigen Fassung war wesentlicher Grund für die konstitutive Gesetzesänderung die wesentliche Vereinfachung des Verfahrens, die Übertragung der Zuständigkeit auf das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr und die bessere Verständlichkeit des Gesetzes. Unverändertes Ziel des Gesetzes ist es, den „Lebensbedarf der freiwilligen Wehrdienst Leistenden und ihrer Familien zu sichern. Anspruchsberechtigte im Sinne dieses Gesetzes sollen nicht auf Grund des freiwilligen Wehrdienstes Anträge auf Sozialleistungen stellen müssen“ (BT-Drs. 18/4632 S. 25 f.). Dabei wurde § 6 USG an die Vorschrift des bis zur Gesetzesänderung 2015 geltenden § 13 des Unterhaltssicherungsgesetzes angelehnt (BT-Drs. 18/4632 S. 29), der lautete:
„§ 13 Verdienstausfallentschädigung
(1) Wehrpflichtige, die infolge des Wehrdienstes Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder Lohnersatzleistungen einbüßen, erhalten eine Verdienstausfallentschädigung nach Absatz 2 oder 3.
(2) 1Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz während des Wehrdienstes ruht, wird das entfallende Arbeitsentgelt ersetzt. 2Als Arbeitsentgelt im Sinne des Satzes 1 gilt das Bruttoarbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer für die Zeit des Wehrdienstes im Fall eines Erholungsurlaubs zugestanden hätte, nach Abzug der Steuern vom Einkommen und der Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozial- und Arbeitslosenversicherung; zum Arbeitsentgelt gehören nicht besondere Zuwendungen, die mit Rücksicht auf den Erholungsurlaub gewährt werden.
…“.
34
Es begegnet im Hinblick auf den Gesetzeszweck keinen durchgreifenden Bedenken, als Berechnungsgrundlage (allein) die Arbeitgeberbescheinigung heranzuziehen. Das Anknüpfen an die Verdienstbescheinigung des Arbeitgebers dient dem gesetzgeberischen Ziel, ein praktikables Verwaltungsverfahren zu erreichen. Es zielt auf die Ermöglichung schneller Entscheidungen und Auszahlungen in Verfolgung des Zwecks der Sicherung des Unterhalts der Berechtigten ab und liegt somit auch im Interesse der Wehrdienst Leistenden. Bereits zur Vorgängerversion des § 6 USG – dem § 13 USG (s.o.) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 2008 (BGBl. I S. 1774) FNA 53-3, zuletzt geändert durch Art. 1 und Art. 5 Abs. 2 Gesetz zur Neuregelung der Unterhaltssicherung sowie zur Änderung soldatenrechtlicher Vorschriften vom 29. Juni 2015 (BGBl. I S. 1061) – enthielten die Hinweise des Bundesministeriums der Verteidigung die Vorgabe, dass der Nachweis durch die Arbeitgeberbescheinigung geführt werde, wobei deren Richtigkeit zu unterstellen sei, außer es bestünde Anlass zu Zweifeln (Eichler/Oestreicher/Decker, USG, Teil 2A, Rn. 13.2). Dass der Arbeitgeberin des Klägers Fehler bei der Berechnung unterlaufen sind, hat der Kläger nicht vorgetragen. Die Höhe des Anspruchs auf Verdienstausfallentschädigung berechne sich nach dem Hinweis Nr. 13.24 nach dem, was dem Wehrdienst Leistenden für die Zeit des Wehrdienstes im Falle eines Erholungsurlaubes zugestanden hätte, sodass der Arbeitgeber vom Brutto die Steuern vom Einkommen, den Solidaritätszuschlag und die Beiträge zu Sozialversicherung abzuziehen hat (Eichler/Oestreicher/Decker, USG, Teil 2A, Rn. 13.24). Die Formulierung „nach Abzug der Steuern vom Einkommen“ i.S.d. § 13 Abs. 2 Satz 2 USG beinhaltet dabei, dass bei der Bemessung des Arbeitsentgelts vom Bruttolohn der Steuerbetrag abzuziehen ist, der tatsächlich durch den Arbeitgeber im Zeitraum des Wehrdienstes bzw. der Wehrübung für den Fall, dass in dieser Zeit Erholungsurlaub des Arbeitnehmers bestanden hätte, einbehalten worden wäre. Mit „Steuern“ i.S. des § 13 Abs. 2 Satz 2 USG sind allein die durch den Arbeitgeber einzubehaltenden und an das Finanzamt abzuführenden Steuerbeträge gemeint. Es besteht kein Anspruch darauf, dass ein nach Ablauf der Wehrpflichtzeit erfolgter Lohnsteuerjahresausgleich in die Bemessungsgrundlage des § 13 Abs. 2 USG einbezogen wird. Mit „Steuern vom Einkommen“ wird gerade nicht auf die endgültige Steuerschuld nach Durchführung des Lohnsteuerjahresausgleichs abgestellt (VG Arnsberg, U.v. 6.7.1994 – 3 K 768/92 – Eichler/Oestreicher/Decker, USG, Teil 7, Nr. 713 S. 494 ff.). Es ist nicht ersichtlich, dass diese Auslegung nicht auch auf § 6 USG übertragen werden könnte. Zum einen ist § 6 USG in der hier einschlägigen Fassung laut der Gesetzesbegründung an § 13 USG a.F. angelehnt. Zum anderen lag der Gesetzesänderung von 2015 kein anderer Gesetzeszweck zugrunde, sondern vordringlich die Verfahrensvereinfachung. Gerade diesem Zweck würde es aber widersprechen, wenn Faktoren, die sich nicht im Zeitraum der Wehrübung, sondern erst nach Abgabe der Einkommenssteuererklärung auf den Netto-Verdienst auswirkten, Berücksichtigung fänden.
35
2.2 Für diese Sichtweise spricht auch die Systematik des Unterhaltssicherungsgesetzes.
36
Die gesamte Systematik des Unterhaltssicherungsgesetzes ist auf eine zügige und unkomplizierte Sicherung des Unterhaltes ausgerichtet und entspricht so dem vorrangigen Gesetzeszweck, den Unterhalt der Reservistendienst Leistenden zu sichern.
37
Dies ergibt sich zunächst aus der kurzen Antragsfrist gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 USG. Sämtliche Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz werden gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 USG nur auf Antrag gewährt. Dabei endet das Antragsrecht mit Ablauf des sechsten Monats nach Beendigung des geleisteten Reservistendienstes oder freiwilligen Wehrdienstes, § 25 Abs. 2 Satz 1 USG. Ein Einkommenssteuerbescheid kann frühestens im Frühjahr des Jahres vorgelegt werden, welches auf das Jahr der Wehrübung folgt, da die Abgabe der Steuererklärung erst mit Ende des Veranlagungszeitraums (Jahresende) möglich ist und auch die Veranlagung durch das Finanzamt Zeit in Anspruch nimmt. Eine sofortige Berücksichtigung des Einkommenssteuerbescheides ist somit in der Regel nicht möglich. Wäre der Einkommenssteuerbescheid zu berücksichtigen, so könnten die Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz nur vorläufig festgesetzt werden, da letztlich die korrekte Höhe der Leistungen erst nach Veranlagung zur Einkommenssteuer feststünde. Es käme dann regelmäßig nach Erlass des Einkommenssteuerbescheides zu Korrekturen der ergangenen Bescheide, mit denen entweder Leistungen zusätzlich bewilligt, aber auch zurückgefordert werden müssten. Diese veränderten Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz könnten unter Umständen wiederum zu einer Änderung des Steuerbescheides gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Abgabenordnung (AO) führen, da die Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz zwar steuerfrei gem. § 3 Nr. 48 Einkommensteuergesetz (EStG) – in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung – sind, aber dennoch dem Progressionsvorbehalt unterliegen und somit Einfluss auf den maßgeblichen Steuersatz nehmen können. Eine etwaige Änderung des Steuersatzes könnte dann wiederum zu einer Änderung der Leistungen nach dem USG führen. Dieser so entstehende (mehrmalige) Änderungsbedarf würde zu einer hohen Belastung der Verwaltung führen und stünde somit dem Ziel einer zügigen und unkomplizierten Bewilligung entgegen. Auch eine vom Kläger vorgetragene Berechnung des „richtigen“ Verdienstausfalles durch Heranziehung der durch den Arbeitgeber bescheinigten Einkünfte und Merkmale vor Erlass des Steuerbescheides würde letztlich eine Überprüfung nach Erlass des Steuerbescheides nicht entbehrlich machen. Es widerspräche der Wirtschaftlichkeit Überzahlungen bei den Reservistendienst Leistenden zu belassen. Dass auch die vom Kläger vorgeschlagene Berechnungsweise – vor Erlass des Steuerbescheides auf Basis jährlicher Betrachtung und unter Einbeziehung aller bis dahin vorhandenen Steuermerkmale – nicht in allen Fällen ein korrektes Ergebnis liefern würde, zeigt schon allein die prognostische Berechnung des Klägers, der zunächst 1512,57 Euro berechnete, später jedoch – nach Erlass des Steuerbescheides – 1557,57 Euro ansetzte, da sich noch weitere Abzüge ergeben haben.
38
Damit einher gehen auch die Auskunfts- und Mitteilungspflichten der Arbeitgeber gem. § 26 Abs. 3 USG, sowie die diesbezügliche Bußgeldvorschrift gem. § 30 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 USG. Der Arbeitgeber wird danach verpflichtet, Auskünfte über Art und Dauer der Beschäftigung, der Arbeitsstätte und Höhe des Arbeitsentgelts der Leistungsempfänger zu erteilen. Ein Zuwiderhandeln stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Diese Pflichten des Arbeitgebers sprechen dafür, dass bei der Berechnung der Leistungen an Nichtselbständige gem. § 6 USG maßgeblich auf die Daten abgestellt wird, die dem Arbeitgeber vorliegen und die dieser zur Berechnung des Netto-Verdienstes verwendet. Eine darüber hinausgehende Erforschungspflicht, auch bezüglich einkommenssteuerrechtlicher Daten ist dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr nicht auferlegt. Die Auskunftspflicht der Finanzbehörden gem. § 26 Abs. 5 USG korrespondiert dabei mit § 7 USG und den Leistungen an Selbständige, da für diese Leistungen der letzte Einkommenssteuerbescheid maßgeblich ist, § 7 Abs. 1 USG.
39
Auch ein Vergleich mit § 7 USG spricht gegen die Sichtweise des Klägers. Reservistendienst Leistende, die selbständig tätig sind, erhalten für die ihnen dienstbedingt entgehenden Einkünfte für jeden Tag der Dienstleistung eine Entschädigung in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Summe der sich aus dem letzten Einkommenssteuerbescheid ergebenden Einkünfte. Damit kennt das Unterhaltssicherungsgesetz die Möglichkeit der Berücksichtigung des Einkommenssteuerbescheides. Allerdings wird bei den Leistungen an Selbständige lediglich der letzte Einkommenssteuerbescheid zugrunde gelegt und nicht der Steuerbescheid des Jahres der Wehrübung. Mit „letzter“ Einkommenssteuerbescheid ist dabei nicht der des Vorjahres gemeint, sondern der letzte ergangene und damit aktuell vorhandene Einkommenssteuerbescheid (Eichler/Oestreicher/Decker, USG, Teil 2B, § 7 Rn. 21; BVerwG, U.v. 3.9.1970 – VIII C 57.70, BeckRS 1970, 30443005). Auch dieser Umstand zielt damit auf eine Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung ab. Die Behörden sind diesbezüglich auch nur an bestimmte Angaben im jeweils letzten Einkommenssteuerbescheid gebunden, ohne dass umfassende eigene Ermittlungen oder eine nähere Auswertung des Gesamtinhalts des Steuerbescheides von der Behörde vorgenommen werden müssen (OVG NW, U.v. 26.11.2007 – 1 A 730/06, BeckRS 2008, 31134 Rn. 22 f.). Des Weiteren hätte eine ausdrücklich positive Regelung, dass auch nachträgliche Veränderungen des Nettoverdienstes durch Veranlagung zur Einkommenssteuer zu berücksichtigen sind, nahe gelegen. In einer noch früheren Fassung des § 13 USG (Stand: 1991) wurde zur Ermittlung der Verdienstausfallentschädigung auf § 10 USG verwiesen. Dieser statuierte als Bemessungsgrundlage den monatlichen Durchschnitt des Nettoeinkommens des Wehrpflichtigen. Hinsichtlich dieser Fassungen war überwiegend anerkannt, dass eine Berücksichtigung eines nachträglichen Lohnsteuerjahresausgleichs nicht erfolgte, sodass eine ausdrücklich positive Regelung nahe gelegen hätte, um eine dahingehend geänderte Handhabung deutlich zu machen (VG Arnsberg, U.v. 6.7.1994 – 3 K 768/92 – Eichler/Oestreicher/Decker, USG, Teil 7, Nr. 713 S. 494, 498). Eine solche ist unterblieben. § 6 Abs. 1 USG hingegen, in der hier einschlägigen Fassung, verweist zur Berechnung des Arbeitsentgelts auf § 14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). § 14 Abs. 1 SGB IV wiederum definiert Arbeitsentgelt als „alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung […]“. Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung, § 14 Abs. 2 SGB IV. Arbeitsentgelt i.S.d. § 14 SGB IV ist demnach das Bruttoarbeitsentgelt. Dazu gehören außer dem Nettoarbeitsentgelt die hierauf entfallenden „Lohn- und Kirchensteuern sowie die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung“ (Zieglmeier in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2021, § 14 Rn. 64; BSG, U.v. 25.8.2004 – B 12 KR 36/03 R, NZA 2005, 98; Riediger/Schilling in Wabnitz/Janovsky/Schmitt, Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 5. Auflage 2020, Kapitel 20 Rn 70 ff.). Angesichts der jahrzehntelangen Verwaltungspraxis und der vielzähligen Gesetzesänderungen kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber, sofern eine Berücksichtigung des Jahresdurchschnittssteuersatzes bzw. des Einkommenssteuerbescheides gewollt gewesen wäre, dies in einer der Gesetzesänderungen ausdrücklich statuiert hätte. Eine Überdehnung des Wortlautes des § 6 USG durch die Praxis der Beklagten ist daher nicht ersichtlich.
40
Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen ist jedenfalls der vom Kläger vorgebrachte Verlustvortrag nicht berücksichtigungsfähig. Ein Verlustvortrag wird durch negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrages nicht ausgeglichen werden, gebildet. Er führt zur Minderung des Gesamtbetrags der Einkünfte in den folgenden Veranlagungszeiträumen, § 10 d Abs. 2 Satz 1 EStG. Somit sind bereits die Bildung des Verlustes, aber auch seine Auswirkungen völlig losgelöst vom Ableisten des Wehrdienstes. Der Verlust kann sich aus jeglicher Einkunftsart – mit Ausnahme von Verlusten aus Kapitalvermögen, die nur mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden dürfen, § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG – ergeben und somit auch aus Einkünften für die keine Unterhaltssicherungsleistung gewährt wird. Gleiches gilt für die Auswirkungen eines Verlustvortrages. Ein Verlustvortrag mindert den Gesamtbetrag der Einkünfte gem. § 10 d Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 3 EStG. Der Gesamtbetrag der Einkünfte setzt sich aber aus allen Einkunftsarten zusammen. Damit wird die Steuerlast insgesamt vermindert und nicht nur bezogen auf die Einkunftsart, für die Leistungen (z.B. auch aus selbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung) nach dem Unterhaltssicherungsgesetz beantragt bzw. gewährt werden können. Nach § 6 Abs. 1 USG können aber nur Steuern abgezogen werden, die allein auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfallen. Die Steuern aus anderen steuerpflichtigen Tätigkeiten müssen außer Betracht bleiben (Eichler/Oestreicher/Decker, USG, Teil 2B, § 6 Rn. 14). Diese Umstände, die sich auch bei anderen steuerlich relevanten Kriterien ergeben (z.B. Altersentlastungsbetrag, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, § 2 Abs. 3 und 4 EstG), sprechen zudem gegen eine Betrachtung des gesamtes Jahres des Reservistendienstes und für eine vorrangige Betrachtung lediglich des Zeitraums der Wehrübung.
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2.3 Dem Kläger steht auch kein Ausgleichsanspruch aufgrund einer offenbar nicht beabsichtigten Härte im Einzelfall gem. § 3 USG zu. Unabhängig von der Frage, ob der Kläger vorliegend mit einer solchen „Härte“ konfrontiert ist, scheitert ein Anspruch auf Härteausgleich bereits am Tatbestandsmerkmal der nicht beabsichtigten Härte.
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Das Gesetzesmerkmal „offenbar nicht beabsichtigte Härte“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Der Behörde steht insoweit kein Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative zu. § 3 USG ist dabei als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Von einer offenbar nicht beabsichtigten Härte kann nur bei Vorliegen eines atypischen Sachverhalts ausgegangen werden, bei dem sich feststellen lässt, dass der Gesetzgeber diesen nicht im Blick hatte und die Verweigerung einer Leistung vor dem Hintergrund der Zielrichtung des Gesetzes, den Unterhalt der leistungsberechtigten Person und ihrer Angehörigen sicherzustellen, als (sozial) unbillig erschiene. Eine offenbar nicht beabsichtigte Härte besteht daher nur dann, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß dessen hinausgehen, was regelmäßig mit der Versagung von Unterhaltssicherungsleistungen verbunden und vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden ist (Eichler/Oestreicher/Decker, USG, Teil 2B, § 3 Rn. 6 u. 10; BVerwG, U.v. 3.9.1980 – 8 C 39.79, BeckRS 1980, 30443047; OVG NW, U.v. 15.9.2005 – 1 A 2682/03, BeckRS 2005, 30175 Rn. 43; BT-Drs. 18/4632 S. 29). Wie oben dargestellt, läuft die hier durch das Bundesamt erstattete Höhe und teilweise Ablehnung einer Verdienstausfallentschädigung dem Gesetzeszweck nicht zuwider.
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2.4 Die Berechnungsweise des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr stellt auch keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar. Fraglich ist bereits, ob eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt. Die Berechnung von Leistungen nach § 6 USG erfolgt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem aktiven Arbeitsverhältnis stehen und einen Verdienstausfall erleiden, gleich. Das gilt auch für das vom Kläger angeführte Beispiel zweier Reservistendienst Leistender, die zu unterschiedlichen Zeiten (volles Kalendermonat vs. ein halbes Kalendermonat) ihren Reservistendienst leisten. Beiden Reservistendienst Leistenden wird der Betrag ersetzt, den der Arbeitgeber in seiner Arbeitgeberbescheinigung ausweist und somit dasjenige, was sie für den Zeitraum der Wehrübung von ihrem Arbeitgeber zusätzlich ausbezahlt bekommen hätten. Es erfolgt somit keine Ungleichbehandlung einzelner Arbeitnehmer, die Reservistendienst leisten, sondern lediglich eine Ungleichbehandlung hinsichtlich der unterschiedlichen steuerrechtlich relevanten Merkmale, die sich auf das gesamte Jahr der Wehrübung nach Veranlagung zur Einkommenssteuer auswirken. Jedenfalls aber wäre eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt, da sie verhältnismäßig wäre und dafür ein sachlicher Grund bestünde. Das außer Acht lassen von Faktoren, die sich erst nach Abgabe der Einkommenssteuererklärung auswirken, ermöglicht der Behörde eine möglichst rasche und unkomplizierte Entscheidung. Die damit in gewissem Maße einhergehende Pauschalierung dient dabei vor allem der Verwaltungspraktikabilität und -beschleunigung, welche wiederum dem Zweck der Unterhaltssicherung unmittelbar zugutekommt. Zudem dient diese Bemessungsgrundlage der Rechtssicherheit, da sämtliche Anspruchsberechtigte gleich behandelt werden.
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Aufgrund der vorstehenden Ausführung kommt es vorliegend auf die vom Kläger vorgelegten Unterlagen und die Nachvollziehbarkeit bzw. Richtigkeit der angestellten Berechnungen nicht an, da eine Berücksichtigung der vom Kläger vorgetragenen Faktoren im Rahmen des § 6 USG unterbleiben durfte.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO
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4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO i.V.m. 708 ff. ZPO.