Titel:
keine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Irak)
Normenketten:
AsylG § 3, § 4, § 30 Abs. 1, Abs. 2, § 36 Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
Leitsatz:
Die Verfolgungshandlungen, denen die sunnitische Bevölkerungsgruppe wegen ihrer bloßen sunnitischen Religionszugehörigkeit im Irak ausgesetzt ist, weisen nicht die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte auf. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Irak, Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz als offensichtlich unbegründet rechtswidrig, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (verneint), Subsidiärer Schutz (verneint), Abschiebungsverbote (verneint), Flüchtlingseigenschaft, subsidiärer Schutz, Sunniten
Fundstelle:
BeckRS 2022, 46177
Tenor
I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 7. Juli 2022 (Gz.: ...) wird insoweit aufgehoben, als der Asylantrag des Klägers in den Nummern 1 und 3 des Bescheids als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde und dem Kläger in Nr. 5 des Bescheids eine einwöchige Ausreisefrist gesetzt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu ¾ und die Beklagte zu ¼. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Gewährung subsidiären Schutzes bzw. hilfsweise die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten in den Irak bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat.
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Der am ... in ... (Ir.) geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volkszugehörigkeit und muslimischem Glauben.
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Seinen Angaben zufolge reiste der Kläger am 24. November 2021 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er unter dem 20. Januar 2022 Asylerstantrag stellte. Eine Beschränkung des Asylantrags gem. § 13 Abs. 2 Asylgesetz (AsylG) auf die Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) erfolgt im Verfahren nicht.
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Die persönliche Anhörung des Klägers beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) erfolgte am 13. Mai 2022. Hierbei trug der Kläger zu seinen Asylgründen im Wesentlichen vor, aus wirtschaftlichen Gründen bzw. um einer allgemeinen Notlage zu entfliehen, nach Deutschland gekommen zu sein. Zuletzt habe er mit seiner Großfamilie im Dorf ... im Bereich ... in der Provinz ... in einem selbstgebauten Zelt gelebt. Die Familie habe bereits im Jahr 2014 nach Europa fliehen wollen, habe sich dies jedoch finanziell nicht leisten können. 2021 habe sich der Kläger mit seinem älteren Bruder dazu entschieden, alleine nach Deutschland zu gehen, um von dort aus die Familie finanziell zu unterstützen. Er und sein Bruder hätten im Irak die gesamte Familie durch Gelegenheitsjobs auf dem Bau und in der Landwirtschaft unterstützt. Die wirtschaftliche Lage sei schlecht gewesen. Sein Bruder habe sein Auto verkauft, um die Reise des Klägers über Belarus nach Deutschland zu finanzieren. Nennenswerte Erkrankungen lägen bei ihm nicht vor. Für den weiteren Vortrag des Klägers wird auf die über die persönliche Anhörung vom Bundesamt gefertigte Niederschrift verwiesen.
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Mit Bescheid des Bundesamts vom 7. Juli 2022 (Gz.: ...) wurden die Anträge des Klägers auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Nrn. 1. und 2. des Bescheids). Nr. 3. des Bescheids lehnt den weitergehenden Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes ebenfalls als offensichtlich unbegründet ab. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) liegen nicht vor (Nr. 4.). In Nr. 5. wird der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde dem Kläger die Abschiebung in den Irak bzw. einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht. Die Vollziehung der Abschiebungsandrohung und der Lauf der Ausreisefrist wurden bis zum Ablauf der einwöchigen Klagefrist und im Falle einer fristgerechten Stellung eines Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage bis zur Bekanntgabe der Ablehnung des Eilantrags durch das Verwaltungsgericht ausgesetzt. Nr. 6. ordnet das Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristet es auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung.
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Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Bundesamt aus, dass beim Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorlägen. Der Asylantrag des Klägers sei als offensichtlich unbegründet abzulehnen, da sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen im Bundesgebiet aufhalte (§ 30 Abs. 2 AsylG). Der Kläger verwirkliche keinen der Verfolgungsgründe aus § 3b AsylG. Auch die Voraussetzungen für die Gewährung des subsidiären Schutzes lägen nicht vor. Abschiebungsverbote seien ebenfalls nicht gegeben. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) erfüllen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen im Irak führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderung an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Individuelle gefahrerhöhende Umstände seien für den Kläger nicht zu erkennen. Auch die Verletzung anderer Menschenrechte oder Grundfreiheiten der EMRK komme nicht in Betracht. Es drohe dem Kläger auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führe. Der Kläger habe außer gelegentlichen Rücken- und Atembeschwerden keinerlei Erkrankungen vorgetragen. Bis zu seiner Ausreise habe er zusammen mit seinem Bruder sich und die Großfamilie ernährt. Die Abschiebungsandrohung sei gem. § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot werde gem. § 11 Abs. 1 AufenthG angeordnet und nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Die Befristung sei vorliegend angemessen. Anhaltspunkte für eine kürzere Fristfestsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange, sei weder vorgetragen noch erkennbar. Der Kläger verfüge im Bundesgebiet über keine wesentlichen Bindungen, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen gewesen seien.
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Auf den weiteren Inhalt des Bescheids des Bundesamts vom 7. Juli 2022 wird ergänzend verwiesen.
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Der Kläger hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 16. Juli 2022 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt,
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1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 7. Juli 2022 wird aufgehoben.
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2. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
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3. hilfsweise, dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen,
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4. hilfshilfsweise, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bis 7 AufenthG festzustellen.
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Zur Begründung wurde auf die vom Bundesamt durchgeführte Anhörung des Klägers vom 13. Mai 2022 verwiesen. Eine weitergehende Begründung der Klage erfolgte nicht.
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Das Bundesamt ist für die Beklagte der Klage mit Schriftsatz vom 20. Juli 2022 entgegengetreten und beantragt,
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Zur Begründung wurde auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
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Ein vom Kläger ebenfalls angestrengtes Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes (Az.: Au 9 S 22.30768) wurde mit Gerichtsbeschluss vom 20. Juli 2022 abgelehnt. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird verwiesen.
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Mit weiterem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. Juli 2022 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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Am 6. Oktober 2022 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung, in der der Kläger informatorisch angehört wurde, wird auf das hierüber gefertigte Protokoll verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2022 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Die Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2022 form- und fristgerecht geladen worden.
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1. Die zulässige Klage hat nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang Erfolg. Soweit die Anträge des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) im streitgegenständlichen Bescheid als offensichtlich unbegründet (§ 30 AsylG) abgelehnt wurden, erweist sich der Bescheid im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) als rechtswidrig und war in diesem Umfang aufzuheben. Im Übrigen war die Klage abzuweisen, da der Kläger keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes besitzt und zu seinen Gunsten auch keine nationalen Abschiebungsverbote i.S.d. § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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2. Die Einschätzung des Bundesamtes, der Antrag des Klägers auf Gewährung internationalen Schutzes sei insbesondere nach der gesetzlichen Bestimmung des § 30 Abs. 2 AsylG offensichtlich unbegründet, ist rechtswidrig.
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Zunächst besteht für den Kläger in der hierzu entscheidenden Konstellation hinsichtlich der Anfechtung der Offensichtlichkeitsentscheidung des Bundesamts ein Rechtschutzbedürfnis. Ein Rechtschutzbedürfnis ergibt sich hier jedenfalls daraus, dass der Klage bei der Antragsablehnung als offensichtlich unbegründet keine aufschiebende Wirkung zukommt und der Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung vorliegend mit Gerichtsbeschluss vom 20. Juli 2022 (Az.: Au 9 S 22.30768) abgelehnt wurde. Bei sonstiger einfacher Ablehnung des Asylantrags i.S.v. § 38 Abs. 1 AsylG würde die Klage jedoch aufschiebende Wirkung entfallen; auch würde die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage (nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens) betragen, während bei offensichtlicher Unbegründetheit dem Ausländer lediglich eine Ausreisefrist von einer Woche aufzuerlegen ist.
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Die Anfechtungsklage, betreffend das Offensichtlichkeitsurteils, ist auch begründet. Die Voraussetzung des § 30 Abs. 1 und 2 AsylG sind vorliegend nicht erfüllt. Danach ist ein Antrag dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Dies ist anzunehmen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Bundesamtes vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und sich bei einem solchen Sachverhalt die Ablehnung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – juris). Es muss sich aufdrängen, dass weder die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigten, noch für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, noch die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes gegeben sind.
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So liegt der Fall hier jedenfalls mit Blick auf die Angaben des Klägers im gerichtlichen Klageverfahren nicht. Maßgeblicher Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage ist auch hinsichtlich der Beurteilung der Offensichtlichkeitsentscheidung der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, (§ 30 i.V.m. 77 Abs. 1 AsylG) (VG Freiburg (Breisgau), B.v. 9.9.2003 – A 1 K 11256/03 – juris Rn. 4). Der Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, insbesondere in Bezug auf die geltend gemachten religiös bedingten Spannungen im Nordirak, ist nicht – wie es das Gesetz in richtlinienkonformer Auslegung gebietet – etwa ohne jeglichen Belang und von vornherein ungeeignet, im Fall des Klägers die Zuerkennung internationalen Schutzes zu tragen. Auch hat der Kläger nicht ausschließlich auf wirtschaftliche Gründe für seine Ausreise aus dem Irak verwiesen. Es drängt sich für das Gericht jedenfalls nicht auf, dass im Fall des Klägers die Voraussetzung für Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und für die Gewährung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Auf die nachfolgenden Ausführungen wird insoweit verwiesen.
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3. Die Klage hat jedoch im weitergehenden Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes für den Kläger keinen Erfolg. Insoweit erweist sich der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamts vom 7. Juli 2022 im Ergebnis als rechtmäßig und nicht geeignet, den Kläger in seinen Rechten zu verletzen. Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG).
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4. Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 ff. AsylG.
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Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).
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Die Tatsache, dass der Ausländer bereits verfolgt oder von Verfolgung unmittelbar bedroht war, ist dabei ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, wenn nicht stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass er neuerlich von derartiger Verfolgung bedroht ist. Hat der Asylbewerber seine Heimat jedoch unverfolgt verlassen, kann sein Asylantrag nur Erfolg haben, wenn ihm auf Grund von Nachfluchttatbeständen eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dabei ist es Sache des Ausländers, die Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Dabei genügt für diesen Tatsachenvortrag auf Grund der typischerweise schwierigen Beweislage in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
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Wer bereits Verfolgung erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei der Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus (vgl. BVerfG, B.v. 12.2.2008 – 2 BvR 2141/06 – juris Rn. 20; VG Köln, U.v. 26.2.2014 – 23 K 5187/11.A – juris Rn. 26).
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In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben ist dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen. Der Kläger ist kein Flüchtling i.S.v. § 3 AsylG.
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Eine begründete Furcht des Klägers vor Verfolgung wegen seiner Zugehörigkeit zur muslimisch-sunnitischen Religion kann das erkennende Gericht nicht feststellen.
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Dem Kläger ist zunächst nicht in Folge der allgemeinen Lage für Sunniten die Flüchtlingseigenschaft einzuräumen (vgl. § 3 b Abs. 1 Nr. 1 AsylG). Es trifft zwar zu, dass Sunniten immer wieder wegen ihrer Glaubensrichtung stigmatisiert werden (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 25.10.2021, S. 11, 17). Die dokumentierten Vorfälle von Übergriffen gegenüber Sunniten (insbesondere durch schiitische Milizen) weiten sich aber im Irak nicht derart aus, dass daraus für jeden sunnitischen Araber die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht (vgl. VG Berlin, U. v. 17.11.2021 – 25 K 634.17 A –, juris), vielmehr bleibt es bei „vereinzelten“ Vorfällen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 25.10.2021, S. 17). Der Umfang der Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter, die alleine an die sunnitische Religionszugehörigkeit anknüpfen, rechtfertigt insbesondere in Relation zu der Größe dieser Gruppe nicht die Annahme einer alle Mitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung. Ein flächendeckendes Vorgehen gegen arabische Sunniten – welche 17 bis 22 Prozent der irakischen Bevölkerung ausmachen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 25.10.2021, S. 8) – ist nicht erkennbar (vgl. BayVGH, B. v. 29.4.2020 – 5 ZB 20.30994 –, juris, Rn. 3ff.). Die Verfolgungshandlungen, denen die sunnitische Bevölkerungsgruppe – alleine wegen der sunnitischen Religionszugehörigkeit – im Irak ausgesetzt ist, weisen mithin die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte nicht auf (vgl. NdsOVG, B. v. 5.11.2020 – 9 LA 107/20 –, juris, Rn. 9 ff.).
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Auch vermag das Gericht keine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit für den Kläger aus individuellen Gründen erkennen. Der Vortrag des Klägers beschränkt sich im Wesentlichen auch im gerichtlichen Verfahren auf die Darstellung allgemeiner religiöser Spannungen im Nordirak an der Grenze zur Türkei und zu Syrien. Eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung hat der Kläger hingegen nicht geltend gemacht. Überdies ist der Kläger insoweit darauf zu verweisen, eine innerstaatliche Fluchtalternative i.S.d. § 3e AsylG für sich in Anspruch zu nehmen. Es ist nicht ersichtlich, warum es für den Kläger als volljährigen, erwerbsfähigen Mann ohne familiäre Bindungen nicht möglich wäre, an einem anderen Ort innerhalb der Region Kurdistan (RKI) bzw. einer anderen irakischen Großstadt wie beispielsweise Erbil oder Bagdad Zuflucht zu finden. Eine individuelle Verfolgung des Klägers anknüpfend an ein asylrelevantes Merkmal i.S.d. §§ 3, 3b AsylG ist für das Gericht nicht zu erkennen, sodass der Kläger Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ergebnis als einfach unbegründet abzulehnen ist.
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5. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung eines subsidiären Schutzstatus i.S.v. § 4 AsylG. Ein solcher kommt insbesondere nicht im Hinblick auf die schlechte humanitäre Lage des Klägers bei einer Rückkehr in seine Herkunftsregion in Betracht. Insoweit fehlt es jedenfalls an einer Zurechnung der den Kläger drohenden Gefahren zu einem Verfolgungsakteur i.S.v. § 4 Abs. 3 Satz 1 i.S.v. 3 c AsylG.
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Für eine mögliche Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte und hat der Kläger auch nichts dargetan (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG).
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Des Weiteren begründet die allgemeine humanitäre Situation im Irak nicht die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Es fehlt vorliegend bereits an dem erforderlichen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur, von dem insoweit eine zielgerichtete unmenschliche oder erniedrigende Behandlung ausgehen müsste. Für die Zuerkennung subsidiären Schutzes infolge einer allgemein schlechten humanitären Lage bedarf es einer direkten oder indirekten Aktion eines staatlichen oder nichtstaatlichen Akteurs i.S.d. § 3c i.V.m. § 4 Abs. 3 AsylG – die ein auf die bewirkten Effekte gerichtetes Handeln oder gar Absicht jenseits nicht intendierter Nebenfolgen erfordert –, auf deren Basis der (nicht-)staatliche Akteur die unmenschliche Lebenssituation im Sinne einer Zurechenbarkeit zu verantworten hat (vgl. BVerwG, U. v. 20.5.2020 – 1 C 11.19 –, juris, Rn. 13 m.w.N.). Die im Irak vorherrschende insgesamt schwierige humanitäre Lage wird durch die langanhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen, die Sicherheitslage, die fragliche Staatlichkeit, die innerstaatlichen Territorialkonflikte, die fortbestehenden konfessionellen bzw. ethnischen Auseinandersetzungen, die weiterhin unbefriedigende wirtschaftliche Entwicklung und die herrschenden Umweltbedingungen beeinflusst und bestimmt. Es ist aber nicht festzustellen, dass einem der in Betracht kommenden staatlichen oder nichtstaatlichen Akteure im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung ein solcher Beitrag hieran anzulasten wäre, der nach den dargestellten Maßstäben zur Zurechenbarkeit im Rahmen der Gewährung subsidiären Schutzes führte. Es liegt fern, dass die die humanitäre Situation bestimmenden Umstände von einem solchen Akteur gezielt herbeigeführt worden wären bzw. aufrechterhalten würden.
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Es ist ferner auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger eine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG). Dabei kann die Qualifizierung der fortbestehenden Auseinandersetzungen im Irak als ein solcher Konflikt dahinstehen, da jedenfalls keine beachtliche Schadenswahrscheinlichkeit für die Kläger besteht. Gefahrerhöhende Umstände sind für den Kläger nicht ersichtlich. Das quantifizierbare Risiko, allein durch die Anwesenheit im Nordirak Opfer eines Konflikts zu werden, ist daher so gering, dass nicht von einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgegangen werden kann. Auch eine wertende Gesamtbetrachtung der aktuellen Situation unter umfassender Berücksichtigung der weiteren, die Situation des Iraks bzw. der betroffenen Region kennzeichnenden Umstände, rechtfertigt keine abweichende Einschätzung im Vergleich zu dieser quantitativen Ermittlung des Tötungs- oder Verletzungsrisikos (vgl. zu diesen Kriterien EuGH, U. v. 10.6.2021 – C-901/19 –, juris, Rn. 43.).
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6. Abschiebungsverbote bestehen ebenfalls nicht.
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Gründe für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht erkennbar. Danach darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) – EMRK – ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Eine Verletzung des Art. 3 EMRK kommt in besonderen Ausnahmefällen auch bei „nichtstaatlichen“ Gefahren aufgrund prekärer Lebensbedingungen in Betracht, bei denen ein „verfolgungsmächtiger Akteur“ (§ 3c AsylG) fehlt, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend“ mit Blick auf die allgemeine wirtschaftliche Situation und die Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung sind (BVerwG, U. v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 –, juris, Rn. 12). Das für Art. 3 EMRK erforderliche „Mindestmaß an Schwere“ (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 –, juris, Rn. 13) kann erreicht sein, wenn die Personen ihren existentiellen Lebensunterhalt nicht sichern können, kein Obdach finden oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhalten. Die Unmöglichkeit der Sicherung des Lebensunterhalts kann auf der Verhinderung eines Zugangs zum Arbeitsmarkt oder auf dem Fehlen staatlicher Unterstützungsleistungen beruhen (vgl. BVerwG, B. v. 8.8.2018 – 1 B 25.18 –, juris, Rn.11). In seiner jüngeren Rechtsprechung stellt der Gerichtshof der Europäischen Union darauf ab, ob sich die betroffene Person „unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not“ befindet, „die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre“ (EuGH, U. v. 19.3.2019 – C-297/17 –, juris, Rn. 90). Im Ergebnis kommt es auf eine Würdigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls an (EGMR, U. v. 5.11.2019 – 32218/17-, NVwZ 2020, 538 Rn. 40; BVerwG, B. v. 8.8.2018 – 1 B 25.18 –, juris, Rn. 11), wobei neben der Bewertung der tatsächlichen Lage in der Heimatregion des Rückkehrers zahlreiche weitere Faktoren zu berücksichtigen sind, etwa dessen Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Gesundheitszustand, Familienanschluss und mögliche beziehungsweise zu erwartende Unterstützungsleistungen.
42
Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger in extreme materielle Not geraten könnte. Die Versorgungslage im Irak ist grundsätzlich angespannt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 25.10.2021, S. 24). Die Erkenntnismittel beschreiben einen deutlichen Hilfsbedarf, aber keine flächendeckende Extremsituation in dem Sinne, dass die Menschen ihre elementarsten Bedürfnisse nicht mehr befriedigen könnten. Dies gilt bereits unabhängig von dem Lebensmittelsubventionsprogramm des irakischen Staates für Familien mit geringem Einkommen und den internationalen Unterstützungsleistungen an Rückkehrer (vgl. hierzu VG Berlin, U. v. 13.1.2022 – 29 K 120.17 A –, UA S. 10 f.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 25.10.2021, S. 25). Obwohl die Sicherheitslage im Irak prekär ist, liegt keine allgemeine Situation einer solchen extremen allgemeinen Gewalt vor, die es rechtfertigt, Rückkehrern generell Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 5 AufenthG i.S.v. Art. 3 EMRK zu gewähren (vgl. NdsOVG, U.v. 24.9.2019 – 9 LB 136/19 – juris Rn. 128 ff). Der Kläger hat eine solche Situation ebenfalls nicht geltend gemacht, zumal sich seine sämtlichen übrigen Familienangehörigen noch im Nordirak aufhalten. Ein außergewöhnlicher Fall, in dem die humanitären Gründe gegen eine Abschiebung „zwingend“ sind, liegen hier nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass der volljährige und erwerbsfähige Kläger, der über einen 12-jährigen Schulbesuch verfügt, bei einer Rückkehr in den Irak, wo sich sein übriger Familienverbund noch aufhält, nicht in der Lage sein sollte, seine elementaren Bedürfnisse trotz der im Allgemeinen schwierigen Bedingungen sicherstellen könnte.
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Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenso nicht feststellbar. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Dieser Vorschrift setzt eine individuelle und konkrete zielstaatsbezogene Gefahr voraus (BVerwG, U.v. 25.11.1997 – 9 C 58.96 – juris Rn. 3 ff.). Die befürchtete Verschlechterung muss zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führen, also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besondere Intensität erwarten lassen (vgl. BVerwG, B.v. 24.5.2006 – 1 B 118.05 – juris Rn. 4). Solange diese Grenzen nicht überschritten sind, ist es wiederrum unerheblich, sofern die medizinische Versorgung im Zielstaat nicht mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG).
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Anhand dieser Maßstäbe lässt sich aus dem klägerischen Vortrag nicht auf ein Abschiebungsverbot schließen.
45
Hinsichtlich des Klägers ist bereits in keiner Weise dargetan worden oder erkennbar, inwiefern die erstmaligen in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Erkrankungen – Beschwerden beim Atmen und ein Augenleiden beim Lesen und Schreiben – lebensbedrohlich oder schwerwiegend i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG sind oder sich im Falle einer Rückkehr in den Irak wesentlich verschlechtern würden. Auch sind die vom Kläger geschilderten Beschwerden bislang nicht durch ärztliche Atteste belegt worden.
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Damit liegen im Ergebnis keine Gründe vor, welche die hilfsweise beantragte Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Irak rechtfertigen.
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7. Nach den Ausführungen unter 2. steht weiter fest, dass Nr. 5. des Bescheids des Bundesamts aufzuheben ist, soweit dem Kläger, gestützt auf § 36 Abs. 1 AsylG eine nur einwöchige Ausreisefrist gesetzt worden ist. Im Übrigen bestehen gegen die auf § 34 AsylG i.S.m. § 59 AufenthG gestützte Abschiebungsandrohung jedoch keine Bedenken. Eine untrennbare Verknüpfung zwischen der Fristsetzung für die Ausreisepflicht und der Abschiebungsandrohung besteht grundsätzlich nicht. Wird die zusammen mit einer Abschiebungsandrohung verfügte Ausreisefrist als rechtswidrig aufgehoben, so ist die verbleibende Abschiebungsandrohung zwar unvollständig, behält aber gleichwohl ihren eigenen Regelungsgehalt, sodass die Abschiebungsandrohung selbst nicht rechtswidrig und dementsprechend auch nicht aufgehoben werden muss. Die Abschiebung kann in diesen Fällen lediglich nicht vollzogen werden, bevor die Behörde erneut eine Frist gesetzt und diese abgelaufen ist (vgl. BVerwG, U.v. 3.4.2001 – 9 C 22/00 – juris).
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8. Nach allem war der Klage teilweise stattzugeben und die Klage im Übrigen abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die getroffene Kostentscheidung trägt dabei dem unterschiedlichen Gewicht des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten Rechnung. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.