Inhalt

VG München, Urteil v. 03.11.2022 – M 11 K 20.1406
Titel:

Erfolglose Klage auf Verlängerung einer Baugenehmigung für einen Bungalowanbau

Normenketten:
BauGB § 34 Abs. 3a
BayBO Art. 69 Abs. 2
Leitsätze:
1. Als „nähere Umgebung“ im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Maßgebend für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung ist die von außen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes im Verhältnis zu seiner Umgebungsbebauung. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verlängerung einer Baugenehmigung, Erweiterung eines Bungalows, Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung (verneint), Klageverfahren, Bauplanungsrecht, Erweiterungsbau, Maß der baul. Nutzung, Innenbereich, Einfügen, Gebäudekomplex, Bungalowsiedlung, bodenrechtliche Spannungen
Fundstelle:
BeckRS 2022, 45861

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Verlängerung einer ihm im Jahre 2013 erteilten Baugenehmigung für einen Anbau an seinen Bungalow auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … (Vorhabengrundstück).
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Das klägerische Anwesen ist Teil einer aus insgesamt 15 Wohneinheiten bestehenden Bungalowsiedlung nördlich der …-Straße in … Bei dem Bungalow des Klägers handelt es sich um den mittleren Teil eines ebenerdigen Bungalow-Ensembles bestehend aus drei aneinandergebauten Bungalows auf den Fl.Nrn. …, … und … (Häuser 20, 22 und 24), welche von Nordwesten über eine von der …-Straße abzweigende Stichstraße (Fl.Nr. …) erschlossen werden. Auf der dem Vorhabengrundstück gegenüberliegenden nordwestlichen Seite der Stichstraße steigt das Gelände nach Nordwesten deutlich an. Weitere zwölf Bungaloweinheiten (Häuser 26 – 48) sind dort terrassenförmig übereinander versetzt in den Hang gebaut. Ein Bebauungsplan besteht für das Gebiet nicht.
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Mit Bescheid vom 13. August 2013 erteilte das Landratsamt … (im Folgenden: Landratsamt) dem Kläger eine Baugenehmigung für einen Anbau an den bestehenden Bungalow, welche mit Bescheid vom 5. Oktober 2017 verlängert wurde. Die damals genehmigte Eingabeplanung (Stand 26. April 2013) sieht einen Erweiterungsanbau auf der gartenseitigen Südseite des bestehenden Bungalows vor, durch den sich dessen Grundfläche von 209,85 qm (mit Eingangsüberdachung, ohne Vordächer) auf 322,13 qm vergrößern würde.
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Unter dem 14. August 2019 beantragte der Kläger fristgerecht eine erneute Verlängerung der Baugenehmigung aus dem Jahre 2013. Die Stadt … erteilte hierzu im Rahmen der laufenden Verwaltung das gemeindliche Einvernehmen.
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Nach vorheriger Anhörung des Klägers lehnte das Landratsamt den Verlängerungsantrag mit Bescheid vom 17. März 2020 ab. Im Rahmen der technischen Prüfung habe sich herausgestellt, dass das Vorhaben nach nunmehr vertretener Rechtsauffassung nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht mehr genehmigungsfähig sei. Geplant sei ein Anbau an den bestehenden Bungalowkomplex. Der gegenständliche Bungalow sei der mittlere Teil des Ensembles, welches aus drei zusammengebauten Teilen auf den Fl.Nrn. …, … und … bestehe. Das Vorhaben füge sich nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die nähere Umgebung ein, insbesondere hinsichtlich seiner Grundfläche sei kein vergleichbares Gebäude im prägenden Umgriff vorhanden. Aufgrund der zusammenhängenden Bauweise sei das Ensemble der Gebäude im Rahmen der Einfügensprüfung zwingend als ein Gebäude zu betrachten, so wie dies auch bei normalen Reihenhäusern der Fall sei. Grundstücksgrenzen seien in derartigen Fällen, in denen Gebäude mit der jeweiligen Hauptnutzung und nicht etwa mit Nebenanlagen zusammengebaut seien, unbeachtlich. Das Bungalow-Ensemble weise insgesamt eine Grundfläche von ca. 680 qm auf. Als Vergleichsobjekt könne auch die Schule mit 841 qm auf der Fl.Nr. … nicht in Betracht gezogen werden, da diese für eine gänzlich andere Art der Nutzung genehmigt sei. Weitere Vergleichsfälle seien nicht ersichtlich. Die umliegende Bebauung weise eine Grundfläche von max. 280 qm auf (Fl.Nr …). Das Ensemble stelle somit einen Ausreißer in der Umgebung dar, der sich bereits begrifflich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge und automatisch gewisse bodenrechtlich relevante Spannungen hervorrufe. Das Ensemble stelle in der Umgebung im Rahmen von Wohnnutzung hinsichtlich seiner flächenmäßigen Ausdehnung bereits in seiner Bestandsform das Größte in der näheren Umgebung dar. Es bilde damit selbst den oberen Rahmen des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung. Der Baukörper füge sich in der geplanten Form der Erweiterung nicht in die nähere Umgebung nach § 34 BauGB ein und würde die bereits vorhandenen bodenrechtlichen Spannungen erneut erhöhen. Das Landratsamt gehe davon aus, dass die ursprüngliche Genehmigung und die bereits erteilte Verlängerung rechtswidrig gewesen seien, sodass an der darin zugrunde gelegten Rechtsauffassung nicht mehr festgehalten werden dürfe. Der Bescheid wurde am 18. März 2020 zur Post gegeben.
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Der Kläger ließ durch seinen damaligen Bevollmächtigten am 31. März 2020 Klage erheben und beantragen,
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1. den Bescheid des Beklagten vom 17. März 2020 den Vollzug der Bayerischen Bauordnung betreffend hinsichtlich der Verlängerung einer Baugenehmigung betreffend Fl.Nr. …, Gemarkung und Stadt …, aufzuheben und
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2. den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger gegenüber die Verlängerung der Baugenehmigung vom 13. August 2013, zuletzt verlängert mit Bescheid vom 5. Oktober 2017, den Um-/Anbau an bestehendem Bungalow betreffend, zu genehmigen;
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3. hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.
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Zur Begründung der Klage führte der Kläger mit Schriftsatz vom 3. Juli 2020 zunächst aus, dass sein Anwesen mit einer reinen Wohnfläche von 128 qm Bestandteil einer einheitlich gestalteten Bungalowsiedlung entlang der im Besitz der Eigentümer befindlichen Privat straße sei. Er schilderte die Vorgeschichte und wies insbesondere darauf hin, dass er bereits im Jahr 2008 bei der Stadt … die Erstellung eines Bebauungsplans für die Bungalowsiedlung beantragt habe. Der Bauausschuss habe daraufhin beschlossen den Bebauungsplan Nr. … fortzusetzen und entschieden, dass der Charakter der Bungalowsiedlung zugunsten eines uniformen Erscheinungsbildes nicht verändert werden dürfe. Den Häusern 20, 22 und 24 sei das Recht auf Erweiterungsmöglichkeiten eingeräumt worden. Das Haus 24 sei auf Grundlage dieses Beschlusses bereits erweitert worden. In rechtlicher Hinsicht trug der Kläger im Wesentlichen vor, dass die Auslegung des § 34 BauGB seitens des Landratsamts sachlich und inhaltlich unzutreffend sei. Das Landratsamt habe seine Entscheidung u.a. damit begründet, dass es außer der Villa der M. Schule kein Vergleichsobjekt gebe. Es sei jedoch fraglich, eine Wohnimmobilie in einem reinen Wohngebiet in eine Schule umzuwidmen, die Immobilie massiv zu erweitern und dann nicht als Bezugspunkt anzuerkennen. Die Nutzung sei unwesentlich. Zudem habe das Landratsamt bei seiner ablehnenden Entscheidung lediglich ein Kriterium, nämlich die Grundfläche, aufgegriffen und dies auf Basis der Annahme, dass die drei Immobilien zu einem Komplex zusammengefügt seien. Das Anbauvorhaben müsse aber in den Gesamtkontext der weiteren entscheidenden Faktoren zur Definition der Größe eines Gebäudes nach § 34 BauGB gestellt werden. So liege die Grundflächenzahl bei dem Vorhaben z.B. nur bei 0,38 und sei damit extrem niedrig. Darüber hinaus sei § 34 Abs. 3a Ziff.1b BauGB zu beachten. Auch die Annahme nur eines Baukörpers sei unzutreffend. Die drei Bungalows (Häuser 20, 22 und 24) seien als eigenständige Baukörper auf drei separaten Flurnummern errichtet worden und grenzten, wenn überhaupt, überwiegend über Nebengebäude bzw. gemeinsame Dachüberstände aneinander. Der Vergleich mit normalen Reihenhäusern seitens des Landratsamts sei daher schon faktisch unzutreffend. Die Immobilie des Klägers grenze nahezu ausschließlich über die Garage an das Nachbarhaus 24. Der Baukörper des Hauses 22 grenze überhaupt nicht an das Haus 20, lediglich ein gemeinsamer Dachüberstand verbinde beide Immobilien, wobei dieser wiederum nahezu ausschließlich an die Garage des Hauses 20 angrenze. Abgesehen davon setze sich die Bungalowsiedlung aus 15 Elementen zusammen, die sämtlich in identischem Baustil errichtet worden seien und eine eigene Privat straße besäßen. Damit dürfe diese Siedlung als eigenständiges, individuelles Siedlungsobjekt betrachtet werden. Selbst wenn man eine zusammenhängende Bebauung der 3 Bungalows unterstelle und die sonstigen Kriterien des § 34 BauGB ausblende, gebe es entgegen der Behauptung des Landratsamts diverse Vergleichsobjekte hinsichtlich der Gesamtgröße. Neben der M. Schule (Flurnummer …) gebe es in unmittelbarer Umgebung mehrere, vom Kläger näher bezeichnete Gebäudekomplexe von tatsächlich aneinander gebauten Einzelimmobilien, die eine ähnliche bzw. noch wesentlich größere Bebauungsstruktur aufweisen würden. Die Aussage des Landratsamts, dass es sich beim Baukörper des Klägers um einen Ausreißer in der Umgebung handle, sei unzutreffend. Der Baukörper des Bungalows sei in der unmittelbaren Umgebung vielmehr das einzig prägende Element mit 15 stilmäßig gleich gestalteten Wohneinheiten in der näheren Umgebung. Im gesamten Umkreis gebe es ansonsten ausnahmslos völlig unabhängig voneinander gestaltete Individualhäuser mit unterschiedlichster Baustruktur. Den am dominantesten auftretenden Bautypus als Ausreißer zu definieren, sei schlichtweg abwegig. Unzutreffend sei schließlich, dass der Anbau zu städtebaulichen Spannungen führe oder diese erhöhe. Es gehe schließlich nur um die Erweiterung eines Bungalows um 110 qm. Die Ablehnung des Landratsamts bleibe damit in sämtlichen Punkten unbegründet und reduziere sich auf den pauschal wiederholenden Bezug auf § 34 BauGB. Die im Bescheid zitierten Urteile beträfen andere Fallkonstellationen.
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Das Landratsamt erwiderte mit Schriftsatz vom 28. August 2020 auf die Klage. Es beantragt für den Beklagten,
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die Klage abzuweisen.
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Die zulässige Klage sei unbegründet. Ergänzend zu den Ausführungen des Bescheids wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass ein Ausschluss der M. Schule als Vergleichsobjekt insbesondere wegen des Maßes der baulichen Nutzung erfolgt sei. Es handele sich um einen städtebaulichen Ausreißer. Die ablehnende Entscheidung sei entgegen des Klägervortrags nicht aufgrund nur eines Prüfungsparameters erfolgt, sondern vielmehr, wie ausdrücklich formuliert, „insbesondere“ aufgrund der zu großen Grundfläche des Vorhabens. Im Rahmen der Prüfung sei eine Gesamtschau aller Prüfparameter (Wandhöhe, Firsthöhe, Grundfläche und Geschossigkeit) vorgenommen worden. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Grundfläche des Vorhabens das einzige Kriterium gewesen sei, welches in der näheren prägenden Umgebung kein Beispiel gefunden habe. Da jedoch im Rahmen der Einfügensprüfung alle Parameter kumulativ in einem Vergleichsobjekt vorhanden sein müssten, habe im Wesentlichen die zu hohe Grundfläche Erwähnung im Bescheid gefunden. Die Grundflächenzahl sei demgegenüber unbeachtlich. Die angeführten Vergleichsfälle habe das Landratsamt geprüft. Die Prüfung habe jedoch ergeben, dass die Einbeziehung in die prägende Umgebung zu verneinen gewesen sei. Zudem habe eine überschlägige Grundflächenberechnung ergeben, dass die Gebäude keine vergleichbare Grundfläche aufweisen würden. Das Landratsamt definiere ggf. das am dominantesten auftretende Gebäude als Ausreißer, sofern dies kein Vorbild in der Umgebung finde. Der zitierten Rechtsprechung sei der Rechtsgedanke entnommen worden, dass das größte Gebäude nicht nochmals mit der Begründung erweitert werden dürfe, es gebe in der Umgebung keine prägende Vergleichsbebauung und das zu erweiternde Gebäude präge sich somit selbst. Im Übrigen sei zu bemerken, dass es sich vorliegend nicht um eine geringfügige Erweiterung, sondern vielmehr eine massive Erweiterung der Grundfläche und ca. 110 qm handelte. Bei der Umsetzung der Erweiterung würde die Grundfläche des Ensembles nicht unerheblich und die Grundfläche der klägerischen Wohneinheit nahezu um 100% vergrößert werden. Eine derartige Erweiterung werde auch im Hinblick auf § 34 Abs. 3a BauGB als städtebaulich nicht vertretbar bewertet. Die Argumentation des Klägers, wonach die Bungalows allenfalls über Nebengebäude zusammengebaut seien, überzeuge nicht. Die Gebäude seien derart „verschachtelt“, dass rein äußerlich nicht der Eindruck des klassischen Falls eines Zusammenbaus von abgrenzbaren Nebengebäuden entstehe. Vielmehr seien die Gebäudeteile, welche keine Hauptnutzung erfahren würden, derart in das Ensemble integriert, dass die Wirkung nur eines Gebäudes gegeben sei. Bei zusammengebauten Gebäuden seien stets deren jeweilige Grundflächen gemeinsam zu betrachten.
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Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2020 vertiefte der Kläger sein Vorbringen. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass sich in Sichtweite zum Bungalow des Klägers einige herrschaftliche Villen von außergewöhnlicher Größe und Dimension befänden.
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Mit Schreiben vom 12. Oktober 2020 teilte das Landratsamt ergänzend mit, dass das Vorhaben, selbst wenn man dieses als freistehenden Bungalow beurteilen würde, wegen des fehlenden Einfügens in Bezug auf die Grundfläche nicht genehmigungsfähig sei.
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Die Kammer hat am 3. November 2022 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und anschließend die mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der beim Augenschein getroffenen Feststellungen und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Augenscheins- und Sitzungsniederschrift verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
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1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Verlängerung der Baugenehmigung und auch nicht darauf, dass der Beklagte – wie hilfsweise beantragt – erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über seinen Antrag entscheidet. Die Ablehnung des Verlängerungsantrags ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
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1.1 Ein Anspruch auf Verlängerung einer Baugenehmigung nach Art. 69 Abs. 2 BayBO besteht unter denselben Voraussetzungen, die auch bei der erstmaligen Erteilung einer Baugenehmigung von der Behörde zu überprüfen sind. Die Verlängerung einer Baugenehmigung ist in der Sache nichts anderes als deren Neuerteilung, wenn auch unter erleichterten Verfahrensbedingungen (vgl. Decker in Busse/Kraus, Stand Aug. 2022, BayBO Art. 69, Rn. 75 ff.). Die Baugenehmigungsbehörde hat daher zu prüfen, ob das Vorhaben zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Verlängerungsantrag den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht, ohne an die im Genehmigungsbescheid vertretene Rechtsansicht gebunden zu sein. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Bauwerbers darauf, die Genehmigung werde verlängert, besteht nicht; der Bauwerber trägt vielmehr das Risiko der Änderung nicht nur der Sach- und Rechtslage, sondern auch der Rechtsansicht oder Verwaltungspraxis der Baugenehmigungsbehörde (vgl. Decker in Busse/Kraus, a.a.O., Rn. 97 m.w.N. zur Rspr.).
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1.2 Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 BauGB, weil der Vorhabenstandort im unbeplanten Innenbereich liegt. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils zulässig, wenn es sich hinsichtlich der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, da sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht in die maßgebliche nähere Umgebung einfügt.
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1.2.1 Als „nähere Umgebung“ im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, U.v. 26.5.1978 – IV C 9.77 – juris Rn. 33; B.v. 20.8.1988 – 4 B 79/98 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 15.2.2017 – 1 CS 16.2396 – juris Rn. 3). Wie weit diese gegenseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2014 – 4 B 38/13 – juris Rn. 7). Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der Merkmale des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gesondert zu ermitteln, weil die wechselseitige Prägung unterschiedlich weit reichen kann (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.1997 – 4 B 172/97 – juris Rn. 5; BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn. 19). Bei einem inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben gelten als Bereich gegenseitiger Prägung hinsichtlich der Nutzungsart in der Regel das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.1998 – 2 B 96.2819 – juris). Die Grenzen der prägenden Bebauung sind jedoch nicht schematisch, sondern stets nach der jeweiligen städtebaulichen Situation zu bestimmen (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 – 4 B 74.03 – juris Rn. 2). Bei den Kriterien des Nutzungsmaßes und überbaubaren Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2014 – 4 B 38.13 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 16.12.2009 – 1 CS 09.1774 – juris Rn. 21 m.w.N.; U.v. 12.12.2013 – 2 B 13.1995 – juris Rn.15; B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 13), weil die Prägung, die von der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksfläche maßgeblichen Stellung der Gebäude auf den Grundstücken ausgeht, im Allgemeinen deutlich weniger weit reicht, als die Wirkungen der Art der baulichen Nutzung. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass nur wenige – unter Umständen sogar nur zwei – Grundstücke den maßgeblichen Rahmen bilden (vgl. etwa BayVGH, B.v. 19.12.2006 – 1 ZB 05.1371 – juris Rn. 20).
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Daran gemessen ist hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung die Bungalow-Bebauung westlich und östlich entlang der Wegefläche … als grundsätzlich maßgebliche nähere Umgebung anzusehen. Auch der Kläger hat insoweit zu Recht betont, dass es sich um eine einheitlich gestaltete Bungalowsiedlung handelt. Zwar unterscheiden sich die terrassenförmig in den Hang gesetzten Bungalows auf der Westseite der Stichstraße in ihrer Anordnung und der Größe der Einheiten von dem Bungalow-Ensemble auf den Fl.Nrn. …, … und … Die Bungalow-Bebauung weist jedoch gegenüber der umliegenden Bebauung erkennbar eine andere Baustruktur auf. Mangels Entscheidungserheblichkeit kann dahinstehen, ob daneben auch die (nord-) östlich angrenzende, aufgelockerte Bebauung auf der langgestreckten Fl.Nr. … in die Betrachtung einzubeziehen ist. Weder dort noch auf den weiter östlich angrenzenden Grundstücken finden sich etwaige Bezugsfälle. Die von dem Kläger angeführten, weiter nordöstlich der Bungalowsiedlung gelegenen Referenzobjekte „Am …“ (Fl.Nrn. …, … und …) hat das Landratsamt zu Recht nicht in die Prüfung einbezogen, da diese weder räumlich noch sonst einen Bezug zu der maßgeblichen Bungalow-Siedlung aufweisen, geschweige denn in einer wechselseitig prägenden Wirkung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung mit dem Vorhabengrundstück stehen. Gleiches gilt für die Bebauung entlang der (nord-)westlich der Bungalowsiedlung verlaufenden …Straße. Die Anwesen auf den Fl.Nrn. … und … (…Straße 46 und 48) stehen bereits aufgrund der topographischen Gegebenheiten mit der nach Nordwesten deutlich ansteigenden Hanglage mit der Bungalowsiedlung in keinem erkennbaren Zusammenhang. Eine Blickbeziehung besteht zu diesen Anwesen ebenso wenig wie zu den seitens des Klägers geltend gemachten Bezugsfällen auf den Fl.Nrn. … und … bis … (Anwesen …-Straße 42 a – c und 44). Zu Recht hat das Landratsamt insofern auch auf die großen Grünflächen auf den Fl.Nrn. … und … verwiesen, welche westlich der Bungalowsiedlung gelegen sind und aufgrund ihrer räumlichen Ausdehnung in der umliegenden Bebauung eine deutliche Zäsur bilden. Offenbleiben kann letztlich auch, ob die Bebauung auf der dem Vorhabenstandort gegenüberliegenden Südseite der …-Straße trotz ihrer unterschiedlichen, eher inhomogenen Baustruktur mit teils größeren villenartigen Anwesen, teils aber auch kleinteiliger Doppelhausbebauung zur maßgeblichen näheren Umgebung zu zählen ist. Auf der Südseite der …-Straße reicht die prägende Wirkung zum Vorhabengrundstück in westlicher Richtung jedenfalls nicht über das dem Abzweig der Stichstraße (Fl.Nr. …) gegenüberliegende Anwesen …-Straße 27 (Fl.Nr. …) und in östlicher Richtung nur bis zum Anwesen …-Straße 17 hinaus. Selbst bei Einbeziehung der weiter östlich liegenden Gebäude bis zu dem von Klägerseite als Referenzobjekt benannten Anwesen …-Straße 11 führt dies zu keiner anderen Entscheidung, da dieses Anwesen mit seiner Grundfläche von ca. 100 qm (vgl. Lageplan, Bl. … d.BA) kein taugliches Referenzobjekt für das klägerische Vorhaben darstellt. Die weiter westlich auf der Südseite der …-Straße liegende und vom Kläger als Vergleichsobjekt herangezogene M. Schule auf der Fl.Nr. … ist demgegenüber schon räumlich zu weit entfernt, als dass sie hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung mit dem Vorhabengrundstück in einer wechselseitig prägenden Beziehung stehen könnte. Auf die zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob es sich bei dem Schulgebäude hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung um einen sog. Ausreißer handeln könnte, kommt es damit nicht entscheidungserheblich an.
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1.2.2 Das Vorhaben fügt sich nicht in die Eigenart der so bestimmten näheren Umgebung ein.
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Maßgebend für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung ist die von außen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes im Verhältnis zu seiner Umgebungsbebauung. Für die Beurteilung der Eigenart der näheren Umgebung ist insofern alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 – 4 C 18.92 – juris Rn. 7, U.v. 16.6.2009 – 4 B 50.08 – juris Rn. 6, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 13). Vorrangig ist auf diejenigen Maßkriterien abzustellen, in denen die prägende Wirkung besonders zum Ausdruck kommt. Das sind – bei kumulierender Betrachtung – vor allem die (absolute) Grundfläche, die Anzahl der Geschosse und die Höhe des Gebäudes, bei offener Bauweise zudem das Verhältnis der Bebauung zur umgebenden Freifläche (ständige Rspr., vgl. etwa BVerwG, U.v. 23.3.1994 – 4 C 18.92 – juris Rn. 7; B.v. 14.3.2013 – 4 B 49.12 – juris Rn. 5; B.v. 3.4.2014 – 4 B 12.14 – juris Rn. 3; U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 17; BayVGH, U.v. 12.12.2013 – 2 B 13.1995 – juris Rn. 18; B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 13). Die Übereinstimmung von Vorhaben und Referenzobjekten nur in einem Maßfaktor genügt nicht, weil sie dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension insgesamt kein Vorbild in der näheren Umgebung haben (grundlegend: BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 14 f; BayVGH, B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 15 ZB 17.985 – juris Rn. 11 spricht vom Verbot des „Rosinenpickens“). Eine Berücksichtigung von anderen Maßfaktoren ist damit zwar nicht generell ausgeschlossen. Die relativen Maßfaktoren der BauNVO – wie Grundflächen- und Geschoßflächenzahl – werden allerdings vielfach nur eine untergeordnete Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, weil sie in der Örtlichkeit häufig kaum ablesbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 – 4 C 18.32 – juris Rn. 7, 12; B.v. 14.3.2013 – 4 B 49.12 – juris Rn. 5; B.v. 3.4.2014 – 4 B 12.14 – juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 12.12.2013 – 2 B 13.1995 – juris Rn. 17).
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Daran gemessen fügt sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, weil es den Rahmen der maßstabsbildenden Umgebung mit der geplanten Grundfläche deutlich überschreitet und seine Zulassung bodenrechtliche Spannungen hervorrufen würde.
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Auch wenn es sich bei dem streitgegenständlichen Bungalow-Ensemble nicht um ein klassisch aneinandergebautes Reihenhaus handeln mag, spricht nach dem äußeren Eindruck und der Art und Weise, wie die drei Hauptbaukörper unter Integration ihrer Nebengebäude zu dem vereinheitlicht wirkenden Bungalow-Ensemble zusammengefügt sind (vgl. auch Lichtbilder Bl. … der Gerichtsakte), einiges dafür, dieses Ensemble bereits im derzeitigen Bestand als einheitliches Ganzes bzw. einen Gesamtbaukörper zu betrachten. Rein äußerlich ist kaum erkennbar, ob die Gebäude lediglich mit solchen Gebäudeteilen aneinandergrenzen, welche der Nebennutzung dienen, oder auch mit ihren Hauptnutzungen. Die Dachgestaltung erscheint einheitlich und nach den vorgelegten Plänen grenzt das klägerische Anwesens zumindest mit einem Teil der südlich der Garage liegenden Wohnräume (Badezimmer und Diele, vgl. Grundrisse Bl. … und … der Gerichtsakte) an die Hauptnutzung des östlich benachbarten Anwesens Nr. 24. Ähnliches gilt für das westlich benachbarte Anwesen Nr. 20, dessen Wohnräume ebenfalls grenzständig zur gemeinsamen Grundstücksgrenze mit dem klägerischen Anwesen errichtet wurden. Rein äußerlich schließt das klägerische Anwesen dabei „lückenlos“ an das westlich benachbarte Anwesen Nr. 20 an. Der Umstand, dass innerhalb des klägerischen Anwesens entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit dem Anwesen Nr. 20 ein aus der Eingabeplanung ersichtlicher, hinter einer Tür liegender Durchgangsbereich verläuft, ist für Außenstehende nicht erkennbar. Dessen ungeachtet sollen die im Zuge des klägerischen Vorhabens geplanten Wohnräume (Sauna und Arbeitszimmer) grenzständig zum Anwesen Nr. 20 errichtet werden, sodass jedenfalls für die Bewertung des geplanten Vorhabens aufgrund der dann sowohl zum Haus 20 als auch zum Haus 24 unmittelbar aneinandergrenzenden Hauptnutzungen von einem Gesamtbaukörper auszugehen ist.
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Vorliegend finden sich, wie die in der Behördenakte enthaltenen Lagepläne mit Grundrissangaben (Bl. 28 f. d.BA VLB-2019-53-11) zeigen und der Augenschein bestätigt hat, in der maßgeblichen näheren Umgebung kein Baukörper, der bei Gesamtwürdigung aller Maßfaktoren – einschließlich der Grundfläche – mit dem streitgegenständlichen Vorhaben vergleichbar wäre. Wie ausgeführt, verbietet sich eine Kombination der Maximalfaktoren dergestalt, dass sich das Vorhaben zur Rahmenfestlegung an mehreren Gebäuden gleichzeitig orientiert, sodass die einzelnen Maximalfaktoren herangezogen und diese Einzelwerte dann kombiniert werden. Dementsprechend ist eine Bezugnahme auf die für sich betrachtet größtmögliche Grundfläche, die höchste Wand- und Firsthöhe von jeweils verschiedenen Gebäuden unzulässig. Vielmehr kann das Vorhaben nur an bereits vorhandenen Gebäuden mit vergleichbarer oder größerer Kubatur gemessen werden. Die Kubatur eines solchen Gebäudes bildet dann – in einer Gesamtschau all seiner Faktoren – den maximal zulässigen Rahmen. Diese Maßstäbe hat auch das Landratsamt seiner Prüfung erkennbar zugrunde gelegt. Es kam ausgehend hiervon zu der zutreffenden Annahme, dass sich in der maßgeblichen näheren Umgebung keine Referenzobjekte mit einer dem Vorhaben vergleichbar großen Grundfläche finden.
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Die von Klägerseite genannten Bezugsobjekte, insbesondere auch die M. Schule auf der Fl.Nr. …, befinden sich ganz überwiegend bereits nicht in der hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung maßgeblichen näheren Umgebung (s.o.) und weisen im Übrigen deutlich kleinere Grundflächen als die sich für das Bungalow-Ensemble ergebene Grundfläche (ca. 680 qm) auf. Selbst bei einer isolierten Betrachtung des klägerischen Anwesens dürfte sich das Vorhaben mit der künftigen (Einzel-) Grundfläche von rd. 322 qm (mit Eingangsüberdachung, ohne Vordächer) nicht in die maßgebliche nähere Umgebung einfügen, worauf das Landratsamt mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2020 hingewiesen hat. Der nach den Grundflächenberechnungen des Landratsamts hinsichtlich der Grundfläche nächstgrößte Baukörper der näheren Umgebung – die Bungalow-Reihe auf der Fl.Nr. … – liegt mit einer Grundfläche von 280 qm selbst bei isolierter Betrachtung des Vorhabens deutlich unterhalb der begehrten Grundfläche; Gleiches dürfte für das Anwesen …-Str. 27 gelten.
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Soweit die Kammer in der mündlichen Verhandlung erwogen hat, ob bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung zumindest in gewissem Umfang eine „Kompensation“ einzelner Maßfaktoren dahingehend möglich sein könnte, dass etwa eine höhere Geschossigkeit eines Bezugsobjekts, welches eine geringere Grundfläche aufweist (es geht dabei nicht um das Heranziehen verschiedener Bezugsobjekte), ein Überschreiten der Grundfläche durch den Bungalow in gewissen Umfang „kompensieren“ könnte, ist darauf zu verweisen, dass dies nur in Betracht kommt, wenn die Rahmenüberschreitung in diesem Maßfaktor unwesentlich wäre (vgl. auch BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7/15 – juris Rn. 21, wonach eine exakte Einhaltung des Rahmens ohnehin nicht notwendig ist). Eine „Kompensation“ der vorliegend begehrten, ganz massiven Grundflächenerweiterung um 112 qm durch die geringe Geschossigkeit des Bungalow(-Ensembles) scheidet damit aus.
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1.2.3 Zwar kann sich ausnahmsweise auch ein Vorhaben, das sich nicht in jeder Hinsicht bzw. nicht wesentlich innerhalb des Rahmens hält, gleichwohl in seine nähere Umgebung einfügen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 17 und 21; grundlegend: U.v. 26.5.1978 – IV C 9.77 – juris). Ein solches Einfügen trotz der Rahmenüberschreitung kann vorliegend jedoch nicht bejaht werden, weil eine Zulassung des Vorhabens beachtliche bodenrechtliche Spannungen auslösen würde. Den Eigentümern der unmittelbar östlich bzw. westlich benachbarten Anwesen (…-Straße 20 und 24) könnten ähnliche Erweiterungsvorhaben in ihren Gartenbereichen kaum verwehrt werden; dass es dort ggf. schon Erweiterungen gegeben hat, steht dem angesichts der weiterhin vorhandenen Freiflächen nicht entgegen. Darüber hinaus könnte das Vorhaben auch als Bezugsfall für Erweiterungsvorhaben der in den Hang gebauten Bungalows auf den Fl.Nrn. …, … und … herangezogen werden. Letztlich kommt dem Vorhaben eine Vorbildwirkung für die gesamte Bungalowsiedlung zu, deren bestehendes einheitliches Erscheinungsbild mit großen Gartenflächen durch Erweiterungsbauten zerstört werden würde.
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Das streitgegenständliche Vorhaben fügt sich daher hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die nähere Umgebung ein.
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1.2.4 Entgegen der klägerischen Ansicht ist vorliegend schließlich auch für eine Ausnahme nach § 34 Abs. 3a BauGB kein Raum.
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Danach kann im Einzelfall von dem Erfordernis des Einfügens nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB abgewichen werden, wenn die Abweichung einem bestimmten, dort aufgezählten Vorhaben dient und unter anderem städtebaulich vertretbar ist. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Unabhängig davon, dass die Abweichung in das Ermessen der Behörde gestellt ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zulassung des Vorhabens hier städtebaulich vertretbar ist. Durch die Begrenzung der Möglichkeit auf den Einzelfall wird deutlich, dass es sich um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift handelt. Daher kann eine Abweichung nicht zugelassen werden, wenn das Vorhaben angesichts seiner Vorbildwirkung die planungsrechtlich relevante Umstrukturierung eines Gebiets einleiten würde. Eine Heranziehung des § 34 Abs. 3a BauGB zur Genehmigung eines nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift unzulässigen Vorhabens scheidet daher aus, wenn erkennbar ist, dass eine vergleichbare Abweichungslage noch wiederholt auftreten könnte. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Vorhaben angesichts seiner Vorbildwirkung die planungsrechtlich relevante Umstrukturierung eines Gebiets einleiten würde. Die Möglichkeit nach § 34 Abs. 3a BauGB ist kein Mittel dafür, die städtebauliche Situation in einem nicht beplanten Baugebiet umzustrukturieren (vgl. OVG NRW, U.v. 11.7.2017 – 2 A 471/15 – juris; VG Köln, U.v. 14.9.2017 – 8 K 2916/15 – juris; VG Gelsenkirchen, U.v. 30.6.2022 – 5 K 3882/18 – juris). Wie bereits ausgeführt, käme es in der Bungalowsiedlung nördlich der …-Straße mit der Zulassung des Vorhabens zu einem ganz beachtlichen Erweiterungsbau, der zum Vorbild für weitere ähnliche Vorhaben werden würde und das bislang sehr einheitliche Erscheinungsbild dieser Bungalow-Siedlung nachhaltig verändern könnte.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.