Titel:
Erweiterte Gewerbesteuerkürzung, Gewerblich geprägte Personengesellschaft, Gewerbliche Leistung, Erweiterte Kürzung, Kommanditistenstellung, Tätigkeit von Arbeitnehmern, Planungsleistungen, Betriebsprüfungsbericht, Formwechsel, Pflichtverletzung, Gewerbliche Tätigkeit, persönlich haftender Gesellschafter, Elektronisches Dokument, Beratungspflichtverletzung, Mitverschulden, Honorarvereinbarung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Jahresabschluß, Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, Hinweispflicht
Schlagworte:
Beratungspflichtverletzung, Schadensersatz, erweiterte Gewerbesteuerkürzung, kürzungsschädliche Leistungen, Mitverschulden, Anwaltskosten, Entscheidungserheblichkeit
Rechtsmittelinstanz:
OLG München vom -- – 15 U 3791/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 45451
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 6.717.004,30 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Pflichten als steuerliche Beraterin und Wirtschaftsprüferin im Zusammenhang mit der Problematik erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG betreffend den Erhebungszeitraum 2005 bis 2008 geltend.
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Die Klägerin, die bis 04.02.2005 als firmierte (Anlage K 21), ist die Muttergesellschaft der Gruppe. Die Unternehmen dieser Gruppe sind Gesellschaften, die entweder Immobilien halten und verwalten oder originär gewerblich tätig bzw. gewerblich geprägt sind.
3
Die Beklagte, die bis 2004 als firmierte, ist eine Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, die die Klägerin und andere Gesellschaften seit mehreren Jahrzehnten berät, u. a. war die Beklagte mit der Erstellung der Jahresabschlüsse und der Steuererklärungen – auch der Gewerbesteuererklärung der Klägerin – beauftragt. Die Beklagte wurde dabei im maßgeblichen Zeitraum auf Basis der als Anlage B 1 vorgelegten Honorarvereinbarung vom 01.07.2003 tätig, in der auf die Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer verwiesen wird, die dieser Vereinbarung wiederum als Anlage 8 beigefügt waren.
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Die Klägerin hatte jedenfalls bis einschließlich 2000 die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zugebilligt bekommen, was für sie von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung war. Nach einer durchgeführten Betriebsprüfung versagte das Finanzamt der Klägerin die für die Jahre 2005 bis 2007 beantragte Kürzung, u.a. mit der Begründung, die Klägerin habe in dieser Zeit eine Mitunternehmerstellung innegehabt.
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Im Zusammenhang damit standen Umstrukturierungen, die die Gruppe ab 2004 vorgenommen hatte. Unter anderem wurden die gewerblich geprägten Tochtergesellschaften der Klägerin, und im März 2004 zu GmbH & Co. KG's umgewandelt und die Klägerin wurde im Rahmen dieser Umwandlung jeweils zur Kommanditistin der neuen KG's (vergleiche hierzu die als Anlagen K 2 bis K 4 vorgelegten notariellen Urkunden vom 03.03.2004).
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Ebenfalls am 03.03.2004 wurde die gewerblich geprägte in eine GmbH & Co. KG umgewandelt. Kommanditistin dieser neuen GmbH & Co. KG wurde zunächst nicht die Klägerin (damals noch), sondern die damalige (vgl. auch Anlage K 20, vorletzter Absatz). Im Rahmen einer Verschmelzung dieser auf die Klägerin und Anwachsung mit Wirkung zum 01.01.2005 wurde die Klägerin dann auch Kommanditistin der.
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Da man als Kommanditist einer originär gewerblich tätigen oder auch nur gewerblich geprägten GmbH & Co. KG eine kürzungsschädliche originäre gewerbliche Tätigkeit ausübt, erfüllte die Klägerin in den streitgegenständlichen Jahren 2005 bis 2008, in denen sie Kommanditistin der genannten GmbH & Co. KG's war, die Voraussetzungen für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht.
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Für das Jahr 2008 wurde kein Kürzungsantrag gestellt.
9
Die Klägerin trägt vor, sie habe durch ihren Kommanditisten der Beklagten mündlich den Auftrag erteilt, die Klägerin in Bezug auf die Rechtsformwechsel zu beraten. Die Beklagte habe der Klägerin die Formwechsel empfohlen. Die Beratung sei entweder am 9.01., 13.01., 16.01., 20.01. oder spätestens am 27.01.2004 erfolgt, wie sich aus den als Anlage B 2 vorgelegten Time Sheets und dem Schreiben der Klägerin vom 27.01.2004 an den die Formwechsel beurkundenden Notar ergebe (Anlage K 20). Mit der Formulierung „unser Steuerberater“ in diesem Schreiben sei die Beklagte gemeint. Der andere Steuerberater der Klägerin, Herr, habe die Klägerin nur in Bezug auf das Projekt beraten, nicht im streitgegenständlichen Zusammenhang.
10
Die Umwandlung der GmbH's in Personengesellschaften und die weiteren Umstrukturierungsmaßnahmen habe man auf Anraten der Beklagten vorgenommen, um letztlich – nach 5 Jahren – Grundstücke grunderwerbsteuerfrei auf die Muttergesellschaft übertragen zu können. Die für die Klägerin fatale gewerbesteuerliche Auswirkung habe die Beklagte nicht erkannt, jedenfalls habe sie auf die Kürzungsschädlichkeit des Rechtsformwechsels nicht hingewiesen.
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Die Klägerin legt in diesem Zusammenhang ein Schreiben der Beklagten vom 25.09.2013 an ihren Berufshaftpflichtversicherer vor, in dem es u.a. heißt:
„Wie Ihnen Herr bereits in seiner Stellungnahme vom 08.08.2012 mitgeteilt hatte, wurden im Rahmen der Jahresabschlussbesprechungen für das Jahr 2003 bei der neben vielen anderen Themen diverse Beteiligungen der Gesellschaft besprochen.
Im Rahmen dieser Besprechung wurde die Möglichkeit diskutiert, diese Grundstücke auf die Muttergesellschaft zu übertragen, ohne dass dabei Grunderwerbsteuer entsteht. Im Rahmen dieser Diskussion wurde ein Weg aufgezeigt, der darin bestand, die GmbH's in Personengesellschaften umzuwandeln, um dann nach einem Zeitraum von fünf Jahren durch Verschmelzung oder Anwachsung die Grundstücke auf die Muttergesellschaft grunderwerbsteuerfrei zu übertragen. Eine Beleuchtung des Themas im Hinblick auf die gewerbesteuerliche Auswirkung erfolgte im Rahmen dieser Besprechung nicht. Aufgrund der Komplexität der steuerlichen Sachverhalte in der Unternehmensgruppe wurde in den darauf folgenden Jahren die Problematik der Auswirkungen einer Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft auf die erweiterte Kürzung im Sinne des § 9 Nr. 1, Satz 2 GewStG nicht mehr erkannt.
Inwieweit hier ein Mitverschulden der Anspruchsteller besteht, wird noch zu prüfen sein. Ebenso wird die Schadenshöhe unter Berücksichtigung von etwaigen Vorteilsanrechnungen noch abschließend festzustellen sein…“
12
Wegen des übrigen Wortlauts dieses Schreibens wird auf die Anlage K 1verwiesen.
13
Die Klägerin führt aus, die Beklagte räume in diesem Schreiben einen Beratungsfehler ein. Es handele sich hierbei um ein außergerichtliches Geständnis, das im hiesigen Prozess zu einer Umkehr der Beweislast führe. Die Beklagte müsse nun also beweisen, dass dieses Geständnis falsch war. Für den darin eingeräumten Beratungsfehler hafte die Beklagte auch ohne konkrete Beauftragung. Im Rahmen des Mandatsverhältnisses habe nämlich eine allgemeine Warn- und Hinweispflicht der Beklagten bestanden.
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Hierzu trägt die Klägerin vor, die Beklagte kenne das Unternehmen der Klägerin in- und auswendig, werde tagesaktuell über alle anstehenden und umgesetzten Maßnahmen informiert und kenne die Unternehmensstruktur der Gruppe aus dem Effeff. Die Klägerin habe niemals Strukturmaßnahmen veranlasst, ohne diese vorher mit der Beklagten abzustimmen. Die Beklagte habe lange vor Beurkundung der Formwechsel von diesen Maßnahmen Kenntnis gehabt. Aufgrund ihrer Kenntnis von der gesellschaftsrechtlichen Struktur der Gruppe, der Bedeutung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung und des geplanten Formwechsels hätten bei der Beklagten alle Alarmglocken schrillen und sie hätte die Klägerin vor dieser Fehlentscheidung warnen müssen. Ferner habe sich nach BGH, Urteil vom 21.10.2021 (Anlage K 32) eine Warn- und Hinweispflicht aufgrund des erteilten Auftrags zur Anfertigung der Gewerbesteuererklärungen und zur Stellung eines Antrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ergeben.
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Die Klägerin führt aus, die Beklagte habe spätestens durch Übergabe der Daten für den vor dem 21.06.2005 erstellten Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2004, in dem die aktuellen Beteiligungen der Klägerin und damit auch die Beteiligungen an den 4 maßgeblichen GmbH & Co. KGs aufgeführt waren, Kenntnis davon gehabt, dass die Klägerin gewerbliche Einkünfte aus mitunternehmerischen Beteiligungen erzielte. In diesem Zusammenhang wird auch auf die von der Klägerin vorgelegten Prüfberichte zum Jahresabschluss 2003 (Anlage K 31) und 2006 (K 33) Bezug genommen.
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Die Klägerin behauptet, bei pflichtgemäßer Beratung hätte man auf Klägerseite die Umstrukturierungsmaßnahmen nicht vorgenommen, zumindest hätte man umgehend die Voraussetzungen für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung wiederhergestellt (z.B. durch einen Formwechsel zurück zu GmbHs, Veräußerung der Tochtergesellschaften gepaart mit einer Umstellung des Wirtschaftsjahres auf den 30.06./01.7.). Der Beratungsfehler habe dazu geführt, dass die Klägerin für die Jahre 2005 bis 2008 insgesamt 4.091.378,30 € Gewerbesteuer und 2.625.626,00 € Zinsen habe zahlen müssen. Wegen weiterer Einzelheiten hierzu wird auf die Seiten 10 ff der Klageschrift und die als Anlagen K 5 bis K 7 vorgelegten bestandskräftigen Gewerbesteuerbescheide der Landeshauptstadt, der Stadt und der Stadt, jeweils vom Dezember 2019 verwiesen.
17
Die Klägerin behauptet, bei Inanspruchnahme der Kürzungsmöglichkeit hätte sie überhaupt keine Gewerbesteuer und damit auch keine Zinsen zahlen müssen. Anrechenbare Vorteile habe die Klägerin keine gehabt. Ihr Schaden betrage daher 6.717.004,30 €. Ferner müsse die Beklagte ihr vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 54.927,50 € ersetzen.
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Die Klägerin beantragt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 6.717.004,30 € zu bezahlen, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
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II. Ferner wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 54.927,50 € zu erstatten, zuzüglich Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit.
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Die Beklagte beantragt,
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Sie trägt vor, im Zusammenhang mit dem Formwechsel der GmbHs,, sowie der habe sie weder einen Prüfungsauftrag gehabt noch die Klägerin tatsächlich beraten noch eine Empfehlung abgegeben. Bei einer erfolgten Beratung hätte die Beklagte – wie stets – ein schriftliches Beratungsergebnis niedergelegt und überdies eine gesonderte Rechnung gemäß Ziffer II 4 der Honorarvereinbarung gestellt. Etwas Gegenteiliges ergebe sich weder aus den Time Sheets noch aus dem als Anlage K 20 vorgelegten Schreiben der Klägerin an den Notar. Den Vertrag bezüglich der habe die Beklagte nicht geprüft. Zum Zeitpunkt des Schreibens an den Notar sei die Klägerin aber auch noch durch den ehemaligen Richter am Bundesfinanzhof steuerlich beraten worden, was sich auch aus den Zeiteinträgen in der als Anlage B 2 vorgelegten Zeiterfassung der Beklagten ergebe.
22
Die im Schreiben der Beklagten vom 25.09.2013 erwähnten abstrakten Erörterungen seien während einer Pause der Jahresabschlussbesprechung für 2003 am 20./21.4.2004 erfolgt und zwar ohne konkrete Fallgestaltung, ohne Bezug auf die Klägerin und konkrete Tochtergesellschaften und ohne Kenntnis der Beklagten von den – bereits im März 2004 vollzogenen – Formwechseln der, der, der und der in eine GmbH & Co. KG. Die Formwechsel und die daraus resultierende Beteiligung der Klägerin an den gewerblich geprägten Personengesellschaften habe die Beklagte frühestens bei Erstellung des Jahresabschlusses für das Jahr 2004 am 21.06.2005 erkennen können. Zu diesem Zeitpunkt wäre auch die von der Klägerin angesprochene Umstellung des Wirtschaftsjahres bis zum 30.06.2005 nicht mehr möglich gewesen.
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Beraten habe die Beklagte die Klägerin lediglich im Zusammenhang mit der Ende 2004 erfolgten Verschmelzung und Anwachsung. Das sei in den Time Sheets mit „Konsolidierung Firmenkreis“ bezeichnet. Diese Beratung sei jedoch erst nach den Formwechseln erfolgt und die Beklagte habe dabei keine Beratungspflichten verletzt, insbesondere habe sich die aus der Verschmelzung und Anwachsung resultierende Kommanditistenstellung der Klägerin bei der gewerbesteuerrechtlich nicht mehr ausgewirkt, da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt längst Kommandistin der, und gewesen sei.
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Die Voraussetzungen für eine Pflichtverletzung außerhalb eines bestehenden Beratungsauftrags lägen nicht vor. Zwar obliege dem Steuerberater im Falle eines eingeschränkten Mandats die allgemeine Pflicht, den Mandanten vor außerhalb seines Auftrags liegenden Fehlentscheidungen zu warnen, allerdings nur, wenn sie ihm bekannt oder für einen durchschnittlichen Berater auf den ersten Blick ersichtlich sind. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.
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Die Klägerin habe den von der Beklagten bestrittenen Schaden schon nicht schlüssig dargelegt. Hierfür sei ein Gesamtvermögensvergleich mit Gegenüberstellung der Situation aufgrund der Pflichtverletzung und der Situation bei pflichtgemäßem Verhalten des Beraters erforderlich, wobei eine umfassende steuerliche und wirtschaftliche Betrachtung gemacht werden müsse. Die Darlegungs- und Beweislast für Entstehung und Umfang des Schadens liege bei der Klägerin.
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Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden sei außerdem nicht kausal durch die der Beklagten vorgeworfene Pflichtverletzung verursacht worden. Die Voraussetzungen der Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung hätten im gesamten Zeitraum von 2001 bis 2008 (ausgenommen das Jahr 2002) und damit auch im streitgegenständlichen Zeitraum ohnehin nicht vorgelegen, da die Klägerin in dieser Zeit ohne Kenntnis der Beklagten durch ihre Arbeitnehmer kürzungsschädliche Tätigkeiten erbracht habe. Es werde insoweit der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens erhoben. So sei der Klägerin die für die Jahre 2005 bis 2007 beantragte erweiterte Kürzung bereits deswegen versagt worden, weil die Klägerin durch ihre Arbeitnehmer und in dieser Zeit kürzungsschädliche Bauträger- und Bauplanungsleistungen erbracht habe und die Klägerin deshalb als originär gewerblich tätig eingestuft wurde. Die Beklagte verweist insoweit auf die Teilziffern 12, 18 und 19 der Anlage 1 zum Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts München für den Zeitraum 2005 bis 2008 (Anlage B 3), wo es u.a. heißt:
„ 12 gewerbesteuerliche Kürzung für Grundbesitz:
Die gew.st.liche erweiterte Kürzung ist aufgrund der Beteiligungen an gewerblich geprägten Personengesellschaften (), sowie aufgrund der originär gewerblichen Tätigkeit (s.Tz. 18 und 19) zu versagen. …
achtzehn… Die beschäftigte keine Arbeitnehmer. Nach übereinstimmender Auffassung der Betriebsprüfung und des Steuerpflichtigen ist der Ertrag daher bei den Gesellschaften des Konzernkreises zu erfassen, bei denen die mit dem Vorgang beschäftigten Arbeitnehmer tatsächlich angestellt waren. Laut den vorgelegten Unterlagen wurden die Planungsleistungen somit zu 70% von der erbracht, und zu 30% von der. Die ist aufgrund dieser erbrachten Leistungen originär gewerblich tätig. …
neunzehn… Die beschäftigt erst seit August 2008 Arbeitnehmer. Nach übereinstimmender Auffassung der Betriebsprüfung und des Steuerpflichtigen ist der Ertrag daher teilweise bei den Gesellschaften des Konzernkreises zu erfassen, bei denen die mit dem Vorgang beschäftigten Arbeitnehmer ebenfalls angestellt waren. Dies betrifft in 2007 sämtliche Erlöse i.H.v. 439.500 €, in 2008 einen Teilbetrag i.H.v.360T€. Laut den vorgelegten Unterlagen wurden diese umzugliedernden Planungsleistungen zu 70% von der erbracht, und zu 30% von der. Die ist aufgrund dieser erbrachten Leistungen originär gewerblich tätig. …“
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Wegen des weiteren Wortlauts des Betriebsprüfungsberichts wird auf die Anlage B 3 Bezug genommen.
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Über den Umstand, dass die Erbringung dieser Bauträger- und Bauplanungsleistungen kürzungsschädlich ist, habe die Klägerin keine Aufklärung gebraucht. Dies sei ihr bekannt gewesen. Allein aus diesem Grund habe die Klägerin diese Leistungen nicht selbst, sondern über die sowie die abgerechnet. Einen anderen Grund, weshalb die Abrechnung dieser Leistungen nicht über die Klägerin selbst erfolgt ist, habe die Klägerin nicht benennen können. Der Umstand, dass dies von der Finanzverwaltung aufgedeckt und beanstandet wurde, sei der Beklagten nicht anzulasten. Die Klägerin habe die Beklagte über die Erbringung der kürzungsschädlichen Tätigkeiten nicht unterrichtet. Diesen Umstand habe die Beklagte auch nicht erkennen können oder müssen, insbesondere habe sie nicht aus dem Personalaufwand der Klägerin darauf schließen können, dass dieses Personal gewerbliche und nicht lediglich vermögensverwaltende Tätigkeiten erbracht habe. Es sei aus Sicht der Beklagten plausibel gewesen, dass eine so große Gesellschaft wie die Klägerin einen größeren Personalbestand hat, da bei dem großen Immobilienbestand der Klägerin auch in diesem Umfang – nicht kürzungsschädliche – Leistungen von Arbeitnehmern für die Klägerin selbst plausibel gewesen seien.
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Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, es habe der Beklagten im Zuge der Erstellung der Jahresabschlüsse der sowie der auffallen müssen, dass diese Gesellschaften die von ihnen in Rechnung gestellten Leistungen mangels eigener Arbeitnehmer nicht erbracht haben konnten, zumal diese beiden Gesellschaften gegenüber der Beklagten eine sog. Vollständigkeitserklärung abgegeben hätten. Selbst wenn die Beklagte dies erkannt hätte oder erkennen hätte können, hätte dies keinesfalls den Schluss zugelassen, dass die Klägerin diese kürzungsschädlichen Tätigkeiten erbracht hatte.
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Im Jahr 2008 seien die Voraussetzungen einer erweiterten Gewerbesteuerkürzung zudem wegen des Verkaufs von im Vermögen der Klägerin gehaltenen Hotelimmobilien und aufgrund von im Jahr 2008 entstandener Verluste nicht erfüllt gewesen. Ein Kürzungsantrag für 2008 sei daher in Absprache mit der Klägerin nicht gestellt worden.
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Schließlich wendet die Beklagte ein, die Klägerin müsse sich auf den behaupteten Schaden einen Vorteil von 50 bis 60 Mio € anrechnen lassen. Hierzu trägt sie vor, dass die Klägerin wegen des unstreitig am 22.12.2006 erfolgten Beitritts des Herrn als persönlich haftender Gesellschafter bei der Klägerin eigentlich (wegen Entfallens der gewerblichen Prägung, Betriebsaufgabe und dann erforderlicher Aufdeckung stiller Reserven) Steuern in Höhe von 50 bis 60 Mio € hätte zahlen müssen. Dies sei nur deshalb nicht nötig gewesen, weil die Klägerin zu diesem Zeitpunkt an gewerblich geprägten KG's beteiligt war. Durch den Formwechsel sei also die steuerliche Entprägung der Klägerin im Zeitpunkt des Gesellschaftsbeitritts des Herrn vermieden worden. Der Beitritt des Herrn sei ohne Beratung durch die Beklagte und ohne vorherige Kenntnis der Beklagten erfolgt. Im Zusammenhang mit der Aufnahme einer natürlichen Person als persönlich haftenden Gesellschafter habe die Beklagte lediglich die originär gewerblich tätige beraten, bei der die Gefahr einer steuerlichen Entprägung nicht bestanden habe.
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Zuletzt beruft die Beklagte sich auf Mitverschulden der Klägerin wegen Verletzung von Informationspflichten in Bezug auf den Formwechsel der GmbH's und auf eine in § 9 II der AGBs enthaltene Haftungsbeschränkung auf 4 Mio bei Fahrlässigkeit.
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Die Klägerin hält dem wiederum entgegen, der Verkauf von Immobilien sei nicht kürzungsschädlich. Die Klägerin habe auch nach Veräußerung der Hotelimmobilien noch eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt und hätte deshalb ohne die Pflichtverletzungen der Beklagten die erweiterte Gewerbesteuerkürzung in Anspruch nehmen.
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Auch die weiteren Umstände, die zu einer Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung geführt haben, seien letztlich auf Beratungsfehler der Beklagten zurückzuführen. Hierzu führt die Klägerin folgendes aus:
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Die Beklagte habe auch im Zusammenhang mit dem Sachverhaltskomplex kürzungsschädliche Planungsleistungen Beratungspflichten verletzt.
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Da die Beklagte gewusst habe, dass die Klägerin in erheblichem Umfang Arbeitnehmer beschäftigte, hätte sie die Klägerin auf das mit dieser „potentiell kürzungsschädlichen Ressource“ verbundene Risiko hinweisen und Wege zur Vermeidung dieses Risikos aufzeigen müssen (z.B. Gründung einer Personalservice-Tochtergesellschaft und Auslagerung von kürzungsschädlichen Tätigkeiten auf diese separate Gesellschaft). Insofern gelte der gleiche Maßstab wie im Urteil des BGH vom 21.10.2021, Az. IX ZR 9/21. Im Rahmen der Beratung zur Verschmelzung/ Anwachsung hätte die Beklagte die Anstellungsverträge der prüfen müssen. Dann hätte sie festgestellt, dass die Klägerin nach der erweiterten Anwachsung Arbeitnehmer – wie Herrn – beschäftigen würde, deren Verträge die Tätigkeit für verbundene Unternehmen sogar ausdrücklich vorsahen. Wegen weiterer Einzelheiten hierzu wird auf die Seiten 4 ff des Schriftsatzes vom 08.04.2022 (Bl. 152 ff d.A.) verwiesen.
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Der Vorstand der Komplementärin der Klägerin, Herr, habe in der mündlichen Verhandlung lediglich erklärt, es sei bekannt gewesen, dass die Klägerin keine gewerblichen Leistungen erbringen durfte. Tatsächlich sei ihm jedoch nicht bekannt gewesen, dass eine Tätigkeit von Arbeitnehmern der Klägerin für mit ihr verbundene Unternehmen als gewerbliche Tätigkeit qualifiziert werden könnte, die die erweiterte Gewerbesteuerkürzung ausschließen würde.
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Nach der Betriebsprüfung habe die Beklagte der Klägerin empfohlen, die Bauträger- und Planungsleistungen, die ursprünglich über die und die abgerechnet worden waren und laut Betriebsprüfung dort nicht abgerechnet werden konnten, auf die Klägerin und die „umzuverteilen“. Die Zuordnung der Einkünfte bei der Klägerin sei fehlerhaft gewesen. Man habe dies nur gemacht, weil damals schon festgestanden habe, dass die Klägerin wegen der Formumwandlung ohnehin keine Gewerbesteuerkürzung bekommt. Wegen weiterer Einzelheiten hierzu wird auf die Seiten 18 ff der Replik vom 21.07.2021 (Bl. 73 ff d.A.) Bezug genommen.
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Die Voraussetzungen einer Vorteilsanrechnung lägen nicht vor. Hierzu führt die Klägerin aus, ein etwaiger, durch den Beitritt einer natürlichen Person als persönlich haftender Gesellschafter aus der Betriebsaufgabeproblematik resultierender Schaden hätte ebenfalls auf einer Pflichtverletzung der Beklagten beruht. Folge der Aufdeckung stiller Reserven wäre zwar eine hohe Steuerbelastung der Klägerin gewesen. Allerdings hätte der Klägerin in gleicher Höhe ein Regressanspruch zugestanden. Die Beklagte habe es nämlich auch versäumt, vor dem Beitritt des Herrn als persönlich haftender Gesellschafter der Klägerin auf die steuerlichen Folgen hinzuweisen. Sie habe jedenfalls die vor dem Beitritt einer natürlichen Person als Gesellschafter beraten und diesen Beitritt ausdrücklich empfohlen, um dadurch einer Pflicht zur Veröffentlichung des Jahresabschlusses zu entgehen. Bei ordnungsgemäßer Beratung durch die Beklagte hätte keine Gesellschaft der eine natürliche Person als Gesellschafter aufgenommen. Jedenfalls habe die Beklagte ausweislich des von ihr am 24.07.2007 erstellten Berichts über die Prüfung des Jahresabschlusses für 2006 spätestens zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von dem Beitritt des Herrn gehabt. Dennoch sei sie immer noch davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei der Klägerin vorgelegen hätten. Bei entsprechendem Hinweis der Beklagten hätte Herr wieder ausscheiden können, sodass spätestens ab dem 01.07.2007 die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung wieder hätten geschaffen werden können. Eine Vorteilsanrechung sei für die Klägerin jedenfalls unzumutbar und würde zu einer unbilligen Entlastung der Beklagten führen.
40
Zu § 9 II der AGBs führt die Klägerin aus, die AGB's seien nicht wirksam einbezogen, die Klausel sei unwirksam und die Haftungsbegrenzung beziehe sich jeweils separat auf den Schaden im jeweiligen Erhebungszeitraum.
41
Am 09.03.2022 haben sich beide Parteien mit Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Mit Beschluss vom selben Tag (Bl. 135/136 d.A.) wurde Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet und Schriftsatzfrist bis zum 08.04.2022 bestimmt.
42
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die gerichtlichen Beschlüsse und Verfügungen und das Sitzungsprotokoll vom 09.03.2022 (Bl. 131/ 136 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
43
Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet.
44
Die Klägerin kann aus keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt von der Beklagten Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 6.717.004.30 € verlangen. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Beratungspflichtverletzung scheitert jedenfalls daran, dass der von der Klägerin behauptete Schaden auch bei rechtmäßigem Verhalten der Beklagten entstanden wäre.
45
I. Die Beklagte hat aus Sicht der Kammer gegenüber der Klägerin eine Beratungspflicht dadurch verletzt, dass sie die Klägerin im Zuge der unstreitig beauftragten und im Jahr 2004 durchgeführten Beratung zur Verschmelzung/Anwachsung nicht darauf hingewiesen hat, welche gewerbesteuerrechtliche Auswirkung es hat, dass die Klägerin aufgrund der Verschmelzung/Anwachsung Kommanditistin der gewerblich geprägten wurde. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
46
Der Beratungsauftrag zur Verschmelzung/Anwachsung begründete für die Beklagte auch die Pflicht, die Klägerin zu den sich daraus ergebenden Konsequenzen und Rechtsfolgen zu beraten. Daraus resultierte für die Beklagte wiederum die Pflicht, sich darüber zu informieren, welche Firmenbeteiligungen diejenige Firma hat, die auf die Klägerin verschmolzen werden soll. Hätte die Beklagte das getan, hätte sie gewusst, dass die, die auf die Klägerin verschmolzen werden soll, zum Zeitpunkt der Verschmelzung Kommanditistin der war. Die Verschmelzung erfolgte nämlich unstreitig erst zum 01.01.2005, während die am 03.03.2004 erfolgte Umwandlung der in die (nebst „Kommanditistin:“) am 24.03.2004 – also gut 9 Monate vorher – im Handelsregister eingetragen wurde.
47
Daher hätte die Beklagte, die unstreitig auch mit Erstellung der Gewerbesteuererklärungen der Klägerin und jedenfalls für die streitgegenständlichen Jahre 2005 bis 2007 zugleich mit Beantragung einer erweiterten Gewerbesteuerkürzung beauftragt war, die Klägerin im Rahmen der Beratung über die Anwachsung/Verschmelzung darauf hinweisen müssen, dass die im Zuge der Verschmelzung erworbene Kommanditistenstellung bei der die Voraussetzungen der Gewerbesteuerkürzung entfallen lässt. Dieser Hinweis wäre insbesondere deshalb erforderlich gewesen, weil die Beklagte nach eigenem Bekunden von der Umwandlung der, und in KGs und damit von der dortigen Kommanditistenstellung der Klägerin zum Zeitpunkt der Anwachsung/Verschmelzung noch nichts wusste und deshalb nach dem Kenntnisstand der Beklagten einzig und allein die oben geschilderte Rechtsfolge der Verschmelzung/Anwachsung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG entgegengestanden hätte.
48
Ob die Beklagte darüber hinaus im Zusammenhang mit der unstreitig im März 2003 erfolgten Umwandlung der GmbHs in Personengesellschaften oder außerhalb eines konkreten Auftrags weitere Beratungspflichtverletzungen begangen hat, kann letztlich dahinstehen, zumal die Klägerin lediglich Schadensersatzansprüche für die Zeit ab dem Jahr 2005 geltend macht.
49
II. Da die Kommanditistenstellung der Klägerin bei einer gewerblich geprägten KG einer erweiterten Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG entgegenstand, war die Pflichtverletzung der Beklagten an sich kausal für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden. Die Beklagte muss der Klägerin den behaupteten Schaden für die Jahre 2005 bis einschließlich 2008 jedoch nicht ersetzen, weil die Klägerin die Voraussetzungen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung auch im Übrigen nicht erfüllte und der Schaden daher auch bei einem rechtmäßigen Verhalten der Beklagten eingetreten wäre.
50
1. Auch wenn das Verhalten eines Schädigers an sich kausal für einen Schaden geworden ist, kann der Schädiger sich damit verteidigen, dass dieser Schaden vom Schutzzweck der Norm nicht erfasst ist, weil er auch bei rechtmäßigem Verhalten des Schädigers eingetreten wäre (Grüneberg, BGB, 81. Auflage, 2022, Vorb v § 249, Rn. 64 ff).
51
2. Dies ist im vorliegenden Fall gegeben, denn die Klägerin wäre auch ohne eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten nicht in den Genuss einer erweiterten Gewerbesteuerkürzung gekommen, weil sie in den Jahren 2005 bis 2008 wegen kürzungsschädlicher Leistungen ihrer Arbeitnehmer auch im Übrigen die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht erfüllte.
52
Selbst wenn die Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen hätte, dass die Beteiligung an gewerblich geprägten Personengesellschaften einer Gewerbesteuerkürzung entgegensteht und selbst wenn die Klägerin diese Beteiligungen aufgrund einer pflichtgemäßen Beratung von Haus aus vermieden oder zumindest nachträglich wieder aufgegeben hätte, hätte die Klägerin die Voraussetzungen für die Gewerbesteuerkürzung nicht erfüllt.
53
a. Die zumindest auch von Arbeitnehmern der Klägerin erbrachten Planungsleistungen haben dazu geführt, dass der Klägerin wegen originär gewerblicher Tätigkeit die für die Jahre 2005 bis 2007 beantragte erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG versagt wurde und dass eine solche Gewerbesteuerkürzung auch für das Jahr 2008 versagt worden wäre, wenn für 2008 ein Antrag nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gestellt worden wäre.
54
Zwar wurden diese Planungsleistungen zunächst nicht über die Klägerin, sondern über andere Firmen aus der Firmengruppe – und – abgerechnet und der Ertrag somit bei diesen anderen Firmen erfasst. Dies wurde jedoch im Rahmen der Betriebsprüfung aufgedeckt mit der Folge, dass das Finanzamt die für 2005 bis 2007 beantragte gewerbesteuerliche erweiterte Kürzung auch aus diesem Grund versagte.
55
Dies ist den Teilziffern 12, 18 und 19 der Anlage 1 zum Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts (Anlage B 3) zu entnehmen.
56
Dass in diesem Prüfungsbericht nur zur Versagung der Kürzung für die Jahre 2005 bis 2007 Ausführungen gemacht werden, ergibt sich daraus, dass unstreitig für 2008 eine Gewerbesteuerkürzung nicht beantragt worden war. Somit waren Ausführungen zur Versagung der Kürzung in Bezug auf das Jahr 2008 nicht veranlasst. Aus Teilziffer 19 ist jedoch zu entnehmen, dass kürzungsschädliche Planungsleistungen auch im Jahr 2008 von Arbeitnehmern der Klägerin erbracht und über die abgerechnet wurden.
57
Weshalb es fehlerhaft gewesen sein soll, dass die Einkünfte, die jedenfalls zum Teil aus Leistungen von Arbeitnehmern der Klägerin resultierten, ausweislich des Betriebsprüfungsberichts letztlich zum Teil auch der Klägerin zugeordnet wurden, erschließt sich der Kammer auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin auf den Seiten 18 ff der Replik nicht, insbesondere kommt es für die hier in Rede stehende Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung letztlich nicht darauf an, in welchem Umfang die vom Finanzamt als kürzungsschädlich qualifizierten Planungsleistungen durch Arbeitnehmer der Klägerin erbracht wurden, sondern darauf, dass überhaupt durch die Arbeitnehmer der Klägerin derartige Leistungen erbracht wurden. Dies hat die Klägerin nicht, jedenfalls nicht ausreichend substantiiert, bestritten.
58
b. Eine Pflichtverletzung der Beklagten im Hinblick auf die kürzungsschädlichen Planungsleistungen ist weder ersichtlich noch ausreichend dargetan.
59
aa. Dass die Klägerin die Beklagte über die von ihren Arbeitnehmern für andere erbrachten Planungsleistungen informiert hat, trägt die Klägerin – jedenfalls nicht substantiiert – vor.
60
bb. Der Beklagten kann auch nicht vorgeworfen werden, dass sie dies nicht erkannt hat.
61
Aus dem Personalbestand der Klägerin, der der Beklagten aufgrund der für die Klägerin erstellten Jahresabschlüsse unstreitig bekannt war, konnte die Beklagte nicht darauf schließen, dass die Arbeitnehmer der Klägerin kürzungsschädliche Leistungen für andere erbringen, denn bei dem großen Immobilienbestand der Klägerin war es durchaus plausibel, dass die Arbeitnehmer der Klägerin lediglich Leistungen für die Klägerin selbst und damit lediglich nicht kürzungsschädliche Leistungen erbringen.
62
Selbst wenn der Beklagten bei Erstellung der Jahresabschlüsse für die Firmen und hätte auffallen können, dass diese Firmen mangels eigener Arbeitnehmer die von ihnen in Rechnung gestellten Leistungen nicht erbracht haben konnten, so hätte die Beklagte doch keinesfalls erkennen können, dass ausgerechnet die Klägerin diese Leistungen erbracht hatte.
63
cc. Die Beklagte hatte auch keine Verpflichtung, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass die Arbeitnehmer der Klägerin keine – kürzungsschädlichen – Leistungen für andere Unternehmen erbringen dürfen.
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Zwar hat der Bundesgerichtshof in der von der Klägerin zitierten Entscheidung vom 21.10.2021 (Az IX ZR 9/21), bei der die Einspeisung von Strom aus einer Photovoltaikanlage gegen Entgelt in das öffentliche Netz einer erweiterten Gewerbesteuerkürzung entgegenstand, ausgeführt, der dortige Steuerberater hätte die dortige Klägerin nach Aufnahme der Beratungstätigkeit danach fragen müssen, ob sie aus der Photovoltaikanlage Einnahmen erzielt und ihr empfehlen müssen, keine Einspeisungen in das öffentliche Netz mehr vorzunehmen.
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Dieser Fall ist aber aus Sicht der Kammer mit dem hiesigen Sachverhalt nicht vergleichbar. Dabei kann dahinstehen, ob die bei der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmer eine mit der Photovoltaikanlage vergleichbare „potentiell kürzungsschädliche Ressource“ darstellen und deshalb grundsätzlich eine entsprechende Nachfrage- und Hinweispflicht auch im vorliegenden Fall in Betracht käme.
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Selbst wenn man eine solche Pflicht grundsätzlich bejahen würde, hatte die Beklagte aufgrund der vorliegenden Umstände des Einzelfalles keinerlei Veranlassung dazu, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass eine erweiterte Gewerbesteuerkürzung nur dann möglich ist, wenn die Arbeitnehmer der Klägerin lediglich Leistungen für die Klägerin selbst erbringen und dass gewerbliche Leistungen für andere Unternehmen kürzungsschädlich sind.
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Dies wusste die Klägerin nämlich nach Überzeugung der Kammer selbst sehr genau. Diese Überzeugung hat die Kammer aus folgenden Umständen gewonnen:
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Herr aus dem Vorstand der Klägerin hat auf Frage der Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2022 ausweislich des Protokolls erklärt, es sei bei der Klägerin bekannt gewesen, dass sie durch ihre Arbeitnehmer keine gewerblichen Leistungen erbringen durfte, weil andernfalls eine Kürzung der Gewerbesteuer nicht mehr möglich gewesen wäre (Protokoll vom 09.03.2022, Seite 4 unten, Bl. 134 d.A.).
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Soweit der Klägervertreter anschließend in der mündlichen Verhandlung ausweislich des Protokolls erklärt hat, Herr habe nur gesagt, es sei bekannt gewesen, dass die Klägerin keine gewerblichen Leistungen erbringen durfte (Protokoll Seite 5 oben), macht dies in der Sache keinen Unterschied, denn durch wen sonst als durch ihre Arbeitnehmer hätte die Klägerin gewerbliche Leistungen erbringen sollen.
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Soweit der Klägervertreter später im Schriftsatz vom 08.04.2022 auf Seite 2 (Bl. 150 d.A.) hierzu ausführt, es sei Herrn nicht bekannt gewesen, dass eine Tätigkeit von Arbeitnehmern der Klägerin für mit ihr verbundene Unternehmen als gewerbliche Tätigkeit qualifiziert werden könnte, die die erweiterte Gewerbesteuerkürzung ausschließen könnte, findet dies bereits im Verhandlungsprotokoll keine Stütze.
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Vor allem aber kommt hinzu, dass weder Herr in der mündlichen Verhandlung noch die Klägerin in ihren Schriftsätzen auf die von der Vorsitzenden gestellte Frage, aus welchem Grund die von der Klägerin durch ihre Arbeitnehmer erbrachten Planungsleistungen nicht durch die Klägerin selbst, sondern über andere Gesellschaften abgerechnet wurden (Seite 4 des Protokolls vom 09.03.2022), auch nur irgendeinen sonstigen plausiblen Grund angeben konnten. Damit bleibt nur der auf der Hand liegende Grund, dass bei der Klägerin die Kürzungsschädlichkeit dieser Leistungen bekannt war und man sich durch die Abrechnung dieser Leistungen über andere Konzerngesellschaften die Vorteile der erweiterten Gewerbesteuerkürzung erhalten wollte. Wie das Finanzamt festgestellt hat, war dies so nicht zulässig.
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III. Ob die Beklagte auch in Bezug auf das Jahr 2008 mit der Stellung eines Antrags nach § 9 Nr. 1 Satz 3 GewStG beauftragt war und ob die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung im Jahr 2008 auch aus weiteren Gründen (Verkauf von Hotelimmobilien, Verluste) nicht vorlagen, ist nicht mehr entscheidungserheblich.
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IV. Da die Beklagte für den Schaden schon dem Grunde nach nicht einzustehen hat, konnten die weiteren Einwendungen der Beklagten (Vorteilsanrechnung, Mitverschulden, Haftungsbeschränkung gemäß § 9 II der AGBs) dahinstehen.
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V. Da der Klägerin schon der als Hauptforderung geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zusteht, kann sie auch die als Nebenforderung geltend gemachten außergerichtlichen Anwaltskosten nicht ersetzt verlangen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
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Der nach Ablauf der gemäß § 128 II 2 ZPO gesetzten Frist eingegangene Schriftsatz der Klägerin vom 27.04.2022 lag dem Gericht bei der Entscheidung vor. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht veranlasst.