Inhalt

ArbG Bamberg, Schlussurteil v. 11.05.2022 – 2 Ca 942/20
Titel:

Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO bei einer Verletzung der Auskunftspflicht nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO

Normenketten:
DS-GVO Art. 4 Nr. 7, Art. 15 Abs. 1, Abs. 3, Art. 82 Abs. 1
BGB § 241 Abs. 2, § 253 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Leitsatz:
Der Rechtsanspruch auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO erfordert über eine Verletzung der DS-GVO hinaus nicht zusätzlich, dass die verletzte Person einen (weiteren) von ihr erlittenen immateriellen Schaden darlegt. Sie muss also keine "Konsequenz oder Folge der Rechtsverletzung von zumindest einigem Gewicht" darlegen (unter Hinweis auf BAG BeckRS 2021, 29622 Rn. 33; Anschluss an LAG Berlin-Brandenburg BeckRS 2021, 47685; LAG Niedersachsen BeckRS 2021, 32008 Rn. 196; LAG Hamm BeckRS 2021, 21866). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
immaterieller Schadensersatz, Auskunftspflicht, Datenauskunftspflicht, Datenauskunft, personenbezogene Daten, Mobbing
Rechtsmittelinstanz:
LArbG Nürnberg, Urteil vom 25.01.2023 – 4 Sa 201/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 45171

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.000,-- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.12.2020 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 60%, die Beklagte 40%.
4. Der Streitwert des Schlussurteils wird festgesetzt auf 19.900,-- €.
5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten zuletzt noch über Ansprüche der Klägerin auf Datenauskunft gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO, auf Zurverfügungstellung einer Kopie der von der Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO, auf immateriellen Schadensersatz gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen Verletzung der Datenauskunftspflicht und über Schadensersatzansprüche wegen Mobbings.
2
Die Klägerin war bei der Beklagten vom 10.03.2014 bis 30.07.2020 beschäftigt. Für den Zeitraum vom 28.10.2018 bis 12.08.2020 wurde der Klägerin Elternzeit bewilligt. Ab 04.05.2020 kehrte sie in Teilzeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Wochenstunden zu 2.100 € brutto auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 20.02.2020 (Bl. 70 ff. d. A.) zurück. In § 2 des Arbeitsvertrages vom 20.02.2020 ist in Absatz 1 geregelt, dass die Klägerin als kaufmännische Angestellte beschäftigt wird und verpflichtet ist, auch andere zumutbare Arbeiten zu verrichten, wenn dies aus betrieblichen oder in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden Gründen geboten erscheint.
3
Vor ihrer Elternzeit/Rückkehr in Teilzeit war die Klägerin ausweislich des Zwischenzeugnisses vom 20.07.2018 (vgl. Anlage 6, Bl. 45 ff. d. A.) eingesetzt für: Aufmaßprüfung, Aufmaßerstellung, Rechnungs- und Gutschriftenerstellung, Vollständigkeitsprüfung von Auftragsunterlagen, Beantragung von verkehrsrechtlichen Anordnungen und Einweisungen bei Gemeinden, Landratsämtern, Netzanbietern und Straßenträgern, Bearbeitung von Unbedenklichkeitserklärungen für Asphaltaufbruch, Bauschutt und Erdaushub an die zuständigen Abfallentsorger, Unterstützung der Bauleiter beim Projektmanagement, Materialbuchungen Bayernwerk, Bestandskontrollen der Baustromzähler und Wochenplanung der Kolonnen bzw. tägliche Überwachung bei Abweichung.
4
Im April 2020 kam es auf Initiative der Beklagten zu Gesprächen über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses. Die Beklagte übersandte der Klägerin mit E-Mail vom 23.04.2020 einen Aufhebungsvertragsentwurf (wegen des Inhalts des Aufhebungsvertragsentwurfs wird auf Bl. 21 d.A. genommen). Die Klägerin lehnte den angebotenen Aufhebungsvertrag ab.
5
Mit E-Mail vom 27.04.2020 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass diese im Mai in der Zeit vom 04.05.2020 bis 29.05.2020 ihren alten Urlaub nehmen und am 02.06.2020 ihre Arbeit in Scheßlitz aufnehmen solle.
6
Am 03.05.2020 erschien die Klägerin im Betrieb der Beklagten und wurde von ihren Vorgesetzten wieder nach Hause „in den Urlaub“ geschickt.
7
Am 02.06.2020 nahm die Klägerin ihre Arbeit wieder auf und wurde ab diesem Zeitpunkt mit Telefondienst beschäftigt. Ab 18.06.2020 war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt.
8
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12.06.2020 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten Datenauskunft gemäß Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO geltend (wegen des Inhalts des Schreibens vom 12.06.2020 wird auf die Anlage 3, Bl. 17/18 d. A., Bezug genommen). Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten antwortete mit Schreiben vom 17.06.2020 (Anlage 4, Bl. 19 d. A.) Folgendes:
„Sehr geehrte Frau K2. B2.
Ich komme zurück auf Ihr Schreiben vom 12.06.2020.
Mit Ihrem Auskunftsverlangen beeindrucken Sie niemanden.
Bitte klagen Sie den Anspruch ein, wenn Ihre Mandantin meint, das Arbeitsverhältnis auf diese Weise fortsetzen zu müssen.“
9
Mit Schreiben vom 26.06.2020 erklärte die Klägerin die Eigenkündigung zum 30.07.2020.
10
Mit Klage vom 26.11.2020, am gleichen Tag beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 01.12.2020 zugestellt, macht die Klägerin Datenauskunft gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO geltend sowie Anspruch auf Zurverfügungstellung einer Kopie ihrer von der Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten im Sinne des Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Sie begehrt außerdem gemäß § 82 DSGVO ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000 €, weil die Beklagte der Verpflichtung zur Datenauskunft nicht nachgekommen sei. Die Beklagte habe trotz der eindeutigen Aufforderung im Schreiben vom 12.06.2020 bis zuletzt keine auch nur ansatzweise vollständige Auskunft im Sinne des Art. 15 DSGVO gegeben. Bis zuletzt habe die Beklagte unter anderem kein Wort zur Dauer der Speicherung der personenbezogenen Daten, zum Beschwerderecht, zur Datenherkunft und zu den Datenempfängern gegeben. Auch sei der Klägerin bis zuletzt keine Kopie im Sinne des Art. 15 Abs. 3 DSGVO zur Verfügung gestellt worden. Die Klägerin habe daher auch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz. Insoweit müsse berücksichtigt werden, dass sämtliche Verletzungshandlungen seitens der Beklagten vorsätzlich erfolgt seien (vgl. Art. 83 Abs. 2 b DSGVO).
11
Die Klägerin macht außerdem ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 14.400 € wegen Mobbings geltend.
12
Hierzu trägt sie vor, dass sie in einem persönlichen Gespräch am 11.02.2020 mit dem Geschäftsführer, Herrn Dr. H., sowie ihrem Vorgesetzten, Herrn B3., mitgeteilt habe, dass sie im Juni Urlaub benötigen würde, damit ihre Tochter im Kindergarten eingewöhnt werden könne. Im Gespräch am 11.02.2020 habe die Klägerin dem Geschäftsführer und ihrem Vorgesetzten auch mitgeteilt, dass sie dringend auf ihren Lohn angewiesen sei, weil sie ein 20 Monate altes Kind zu versorgen habe. Am 20.04.2020 hätte der Geschäftsführer der Beklagten aus „heiterem Himmel“ während eines Telefonats mit der Klägerin mit der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses gedroht und der Klägerin mitgeteilt, dass sie sich kurzfristig eine neue Arbeit suchen müsse. Auf Nachfrage der Klägerin habe der Geschäftsführer mitgeteilt, dass die Beklagte eine Abfindung in Höhe von zwei bis drei Bruttomonatsgehältern anbieten würde, wenn das Arbeitsverhältnis sofort beendet würde. Trotz dieses Umstandes sei der Klägerin mit E-Mail vom 23.04.2020 ein Aufhebungsvertrag zugesandt worden, in dem keinerlei Abfindung mehr vorgesehen gewesen sei. Nach Zusendung des Aufhebungsvertrages habe die Klägerin beim Geschäftsführer angerufen und diesem mitgeteilt, dass sie den Aufhebungsvertrag nicht unterschreiben könne, da sie Bedenken wegen einer Sperre beim Arbeitsamt habe und dies aufgrund ihrer, der Beklagten bekannten finanziellen Situation nicht riskieren könne. Der Geschäftsführer habe der Klägerin daraufhin mitgeteilt, dass der Aufhebungsvertrag so in Ordnung sei, sie sich aber noch einmal melden könne, falls es Probleme beim Arbeitsamt geben sollte. Auch der Aufhebungsvertrag habe wegen der Formulierung in Ziffer 6 („Zur Aufrechterhaltung ungekürzter Ansprüche auf Arbeitslosengeld ist Arbeitnehmer verpflichtet, sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit persönlich als arbeitssuchend zu melden“) den Eindruck erweckt, dass keine Kürzung des Arbeitslosengeldes mit ihm einhergehen würde. Die Klägerin habe sich daraufhin anwaltlich beraten lassen. Ihre Prozessbevollmächtigten hätten Kontakt zum Geschäftsführer aufgenommen und telefonisch über Konditionen einer einvernehmlichen Lösung verhandelt. Auf Seiten der Klägerin sei der Eindruck entstanden, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist und Zahlung einer Abfindung entsprechend § 1a KSchG erfolgen würde. Vor diesem Hintergrund sei die EMail vom 27.04.2020 für die Klägerin völlig überraschend gekommen, zumal sie am 11.02.2020 mitgeteilt habe, im Juni Urlaub zu benötigen. Am 03.05.2020 sei sie von ihrem Vorgesetzten Herrn B3. in sehr scharfem Tonfall mit den Worten begrüßt worden: „Was machst du denn jetzt da?“ Herr B3. habe ihr vorgeworfen, dass die Klägerin direkt „zum Anwalt gelaufen sei“. Als die Klägerin Anfang Juni wieder zur Arbeit erschienen sei, sei sie wortkarg und mürrisch begrüßt und von dem Vorgesetzten Herrn B3. sowie den Kollegen Herrn L2. und Frau P. nahezu völlig ignoriert worden. Sie sei angewiesen worden, Telefondienst zu machen, was bedeutet habe, dass sie die allermeiste Zeit des Tages untätig habe absitzen müssen, da nur sehr wenige Anrufe von kurzer Dauer entgegenzunehmen gewesen seien. So hätte die Klägerin am 02. und 03.06.2020 während ihrer Arbeitszeit von 08:00 Uhr bis 13:00 Uhr jeweils maximal 23 Anrufe im Umfang von maximal drei bis vier Minuten zu tätigen gehabt. Auch am 04. und 05.06.2020 hätte die Klägerin jeweils nur maximal 15 bis 20 Anrufe zu tätigen gehabt. Den Rest der Arbeitszeit hätte die Klägerin absitzen müssen. Die Einteilung zum Telefondienst habe in keinster Weise ihrer vertragsgemäßen Beschäftigung entsprochen. Sie sei von Kollegen darauf angesprochen worden, die sich wunderten, weshalb die Klägerin, die zuvor ein so vielfältiges Aufgabengebiet innegehabt hätte, nun nichts mehr Anderes habe tun dürfen, als jeden Tag einige wenige Telefonate von kurzer Dauer zu führen. Die Klägerin habe sich extrem erniedrigt und gedemütigt gefühlt. Sie habe unter Übelkeit, Kopfschmerzen, einer unregelmäßigen Periode und Schlaflosigkeit gelitten. Diese Beschwerden seien im Laufe der Zeit immer schlimmer geworden, ebenso wie die nervliche Belastung. Auch die Beziehung der Klägerin habe gelitten. Aufgrund der anhaltenden Schlaflosigkeit seien der Klägerin durch ihren Hausarzt Schlaftabletten verschrieben worden. Aufgrund ihrer anhaltenden psychischen Probleme habe sie eine Psychotherapeutin in Anspruch genommen, die bei ihr eine mittelschwere Depression diagnostiziert habe. Durch die geschilderten Vorkommnisse im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten sei die Klägerin immer noch auf psychologische Hilfe durch ihre Psychotherapeutin angewiesen, um ihre Ängste und Sorgen wieder in den Griff zu bekommen. Die Beklagte habe die Klägerin gemobbt und haftet daher auf Schmerzensgeld. Insbesondere der Entzug von Arbeitsaufgaben („Kaltstellen“), das Drohen mit einer unrechtmäßigen Kündigung und der Ausschluss von der innerbetrieblichen Kommunikation würden typische Fälle darstellen, in denen die Rechtsprechung vorliegend von Mobbing und die daraus resultierenden Ansprüche auf Schadensersatz bejahe. Da die Lebensqualität der Klägerin erheblich beeinträchtigt worden sei und der Mobbingsachverhalt zu einer dauerhaften Erkrankung geführt habe, erscheine als Schmerzensgeld der Antrag eines halben Jahresgehaltes in Höhe von 14.400,- € in jedem Fall als erforderlich und gerechtfertigt.
13
Die Klägerin beantragt zuletzt noch:
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die von ihr verarbeiteten und in oder nicht in der Personalakte der Klägerin gespeicherten personenbezogenen Daten zu erteilen im Hinblick auf
- die Zwecke der Datenverarbeitung,
- die Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer,
- das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der die Klägerin betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchsrechts gegen diese Verarbeitung,
- das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde,
- die Herkunft personenbezogener Daten betreffend der Klägerin, die nicht bei der Klägerin direkt erhoben wurden,
- sämtliche Empfänger, gegenüber denen personenbezogene Daten der Klägerin offengelegt wurden oder gegenüber denen dies noch beabsichtigt ist sowie aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik einer etwaigen automatisierten Entscheidungsfindung,
- geeignete Garantien gemäß Art. 46 DSGVO bei personenbezogenen Daten der Klägerin, die ins Ausland übermittelt wurden oder werden.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin eine Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand der von ihr vorgenommenen Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen.
3. Die Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin eine Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand der von ihr vorgenommenen Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen.
4. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 5.000,00 € nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
5. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 14.400,00 € nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
14
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
15
Die Beklagte trägt vor, sie speichere und verarbeite Daten der Klägerin auf Basis der Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 b DSGVO. Die Verarbeitung und Übermittlung der Daten erfolge für die Lohn-, Gehalts-, Entgeltverrechnung und Einhaltung von Aufzeichnungs-, Auskunfts- und Meldepflichten, soweit dies aufgrund von Gesetzen oder arbeitsvertraglicher Verpflichtungen jeweils erforderlich sei, einschließlich automationsunterstützt erstellter und archivierter Textdokumente in diesen Angelegenheiten. Ohne diese Daten könne die Beklagte den Vertrag mit dem Arbeitnehmer nicht abschließen bzw. durchführen. Dies gelte auch für alle freiwilligen Sozialleistungen sowie für externe Bildungs- und Weiterbildungsangebote. Eine Übermittlung der im jeweiligen Einzelfall relevanten Daten erfolge auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen bzw. vertraglicher Vereinbarung an die Sozialversicherungsträger (einschließlich Betriebskrankenkassen), an das Finanzamt, an Kunden und Interessenten des Auftraggebers, an Rechtsvertreter, an Gerichte, an Gläubiger der betroffenen Person, an mit der Auszahlung an die betroffene Person oder an Dritte befasste Banken, vom Arbeitnehmer angegebene Gewerkschaft, Mitversicherte, Versicherungsanstalten im Rahmen einer bestehenden Gruppen- oder Einzelversicherung und an Steuerberater. Der Klägerin sei im Hinblick auf die Auskunftspflicht kein Schaden entstanden. Sie lege selbst schon keinen Schaden dar. Ansprüche aus der DSGVO seien ebenso wenig wie das allgemeine Schadensersatzrecht dafür geeignet, den Antragsteller zu bereichern. Es sei ein Schadensausgleichsrecht. Ohne einen Schaden gäbe es auch keinen Anspruch.
16
Die Beklagte trägt weiter vor, die Klägerin sei nicht gemobbt worden. Es sei richtig, dass der Klägerin die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses angeboten worden sei und dass die Klägerin den ersten Aufhebungsvertrag abgelehnt habe. Die Parteien hätten über die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses verhandelt, was nichts mit einer Drohung zu tun habe. Die Klägerin habe eine Abfindung gefordert und die Beklagte im Gegenzug die Verkürzung der Kündigungsfrist. Noch mit Schreiben vom 04.05.2020 hätten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten der Klägerin mitgeteilt, dass noch immer Bereitschaft über die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehe. Die Anordnung des Erholungsurlaubs für den Zeitraum vom 04.05.2020 bis 29.05.2020 sei berechtigt gewesen. Es habe sich um 19 Tage offenen Resturlaub aus dem Jahr 2018 gehandelt. Die Anordnung des Erholungsurlaubs ist daher wegen des ausgerufenen Katastrophenfalls erfolgt. Die Klägerin sei am 03.05.2020 entgegen der Anordnung des Urlaubs zur Arbeit erschienen, weshalb der Vorgesetzte der Klägerin überrascht gewesen sei. Scharf sei sein Tonfall sicher nicht gewesen. Die Übernahme des Telefondienstes sei vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt gewesen. Für die Anzahl und Dauer der Telefongespräche könne die Beklagte nichts. Die angegebene Anzahl und Dauer werde bestritten. Die von der Klägerin vorgebrachten gesundheitlichen Folgen bestreite die Beklagte mit Nichtwissen.
17
Wegen des weitergehenden Sachvortrags der Parteien wird auf die wechselseitig eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Bezug genommen wird auch auf die Sitzungsprotokolle vom 11.01.2021 (Bl. 75 ff. d. A.), vom 04.08.2021 (Bl. 121/122 d. A.) und vom 06.08.2021 (Bl. 221 ff. d. A.). Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
18
In dem Rechtsstreit wurde am 06.08.2021 ein inzwischen rechtskräftiges Teilurteil verkündet, wonach die Beklagte verurteilt wurde, an die Klägerin als Urlaubsabgeltung 6.189,22 € zu bezahlen (wegen des Teilurteils wird auf die Bl. 130 ff. d. A. Bezug genommen).

Entscheidungsgründe

19
Die Klage ist in Höhe von 4.000 € begründet, soweit die Klägerin wegen der Verletzung der Datenauskunftspflicht durch die Beklagte gemäß Art. 82 Abs. 1 iVm. Art. 15 DSGVO immateriellen Schadensersatz fordert. Im Übrigen war die Klage abzuweisen. Die auf Datenauskunft und Zurverfügungstellung einer Datenkopie gerichteten Klageanträge sind nicht hinreichend bestimmt und daher unzulässig. Hinsichtlich des geltend gemachten Entschädigungsanspruchs wegen Mobbing ist die Klage unbegründet.
I.
20
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gem. Art. 82 Abs. 1 iVm. Art. 15 DSGVO einen Anspruch auf Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes iHv. 4.000 €. Insoweit ist der darauf bezogene Klageantrag begründet. Soweit die Klägerin insoweit einen höheren Betrag fordert, war die Klage abzuweisen.
21
a. Die Beklagte hat als Verantwortliche iSd. Art. 4 Nr. 7 DSGVO ihre Pflichten im Zusammenhang dem Auskunftsersuchen der Klägerin vom 12.06.2020 nach Art. 15 Abs. 1 und 3 DS-GVO (in erheblicher Weise) verletzt.
22
aa) Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO besteht auch in einem Arbeitsrechtsverhältnis. Die allgemeinen Bestimmungen der DS-GVO enthalten eine Vollregelung, auch zum Beschäftigtendatenschutz (vgl. etwa LAG Niedersachsen vom 22.10.2021 – 16 Sa 761/20, BeckRS 2021, 32008 Rn. 163; LAG Baden-Württemberg vom 20.12.2018 – 17 Sa 11/18 –, NZA-RR 2019, 242 Rn. 172). Nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO hat die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen iSd. Art. 4 Nr. 7 DSGVO eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf bestimmte, Art. 15 Abs. 1 Buchst a – h DSGVO näher aufgezählte Informationen. Nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO ist der Verantwortliche verpflichtet, der betroffenen Person eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung stellen.
23
bb) Die Klägerin hat mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12.06.2020 ein solches, ausdrücklich auf Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO gestütztes Auskunftsbegehren gegenüber der Beklagten geltend gemacht und die Auskunft damit iSd. Art. 15 Abs. 1 S. 1 DS- GVO „verlangt“. Dabei musste das Auskunftsbegehren der Klägerin nicht den prozessualen Anforderungen an einen bestimmten Klageantrag iSd. § 253 Abs. 2 ZPO genügen, um die Pflicht der Beklagten zur Auskunftserteilung auszulösen. Insoweit ist zwischen dem materiellen Anspruch auf Auskunftserteilung, der gem. Art. 15 Abs. 1 S. 1 DS-GVO auf bloßes „Verlangen“ entsteht und seiner prozessualen, vollstreckungsfähigen Durchsetzung zu unterscheiden (vgl. auch Burger, öAT 2021, 221, 224; ferner BAG vom 16.12.2021 – 2 AZR 235/21, NJW 2022, 960, Rn. 26 ff). Die Beklagte, die als Verantwortliche iSd. Art. 4 Nr. 7 DSGVO unzweifelhaft personenbezogene Daten der Klägerin verarbeitet hat, hat auf das Auskunftsverlangen der Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 17.06.2020 auch nicht eine etwaige Unbestimmtheit des Verlangens beanstandet, sondern ohne Angabe von Gründen jegliche Auskunft verweigert unter Hinweis darauf, dass die Klägerin den Anspruch einklagen müsse.
24
cc) Durch diese Auskunftspflichtverletzung hat die Klägerin einen immateriellen Schaden iSd. Art. 82 Abs. 1 DS-GVO erlitten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das BAG davon ausgeht, dass der Rechtsanspruch auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO über eine solche Verletzung der DS-GVO hinaus nicht zusätzlich erfordert, dass die verletzte Person einen (weiteren) von ihr erlittenen immateriellen Schaden darlegt. Sie muss also keine „Konsequenz oder Folge der Rechtsverletzung von zumindest einigem Gewicht“ darlegen. Nach Auffassung des BAG führt demnach bereits die Verletzung der DS-GVO selbst zu einem auszugleichenden immateriellen Schaden (vgl. BAG vom 26.08.2021 – 8 AZR 253/20 [A], NZA 2021, 1713, Rn. 33; in diesem Sinne unter Hinweis auf den Erwägungsgrund 146 S. 3 zur DSGVO auch die mittlerweile herrschende LAGRechtsprechung, vgl. etwa LAG Berlin-Brandenburg vom 18.11.2021 – 10 Sa 443/21, BeckRS 2021, 47685 Rn. 42; LAG Niedersachsen vom 22.10.2021 – 16 Sa 761/20, BeckRS 2021, 32008 Rn. 196; LAG Hamm vom 11.05.2021 – 6 Sa 1260/20, NZA-RR 2021, 517). Aber selbst wenn man das Erreichen einer Erheblichkeitsschwelle bei Verstößen gegen Regelungen der DSGVO für den Entschädigungsanspruch fordert, wäre diese vorliegend überschritten. Die Klägerin weist zu Recht daraufhin, dass die Beklagte auf ihr Auskunftsbegehren hin die Auskunft vollständig und vorsätzlich verweigert hat. Die Beklagte hat im Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 17.06.2020 ohne Angabe von Gründen (und damit willkürlich) überhaupt keine Auskunft erteilt und mit Nachdruck zu erkennen gegeben, ihre sich aus Art. 15 DSGVO ergebende Auskunftspflicht freiwillig nicht erfüllen zu wollen, in dem sie betont hat, dass die Klägerin den Anspruch schon gerichtlich durchsetzen („einklagen“) müsse. Dies stellt eine besonders schwerwiegende Rechtsverletzung dar, die geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, dass die – rechtskundig beratene – Beklagte nicht gewillt ist, ihren datenschutzrechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin nachzukommen.
25
b. Zum Ausgleich dieses immateriellen Schadens hält die Kammer einen Betrag iHv. 4.000 € für geboten und angemessen.
26
(1) In Anlehnung an Art. 83 Abs. 2 DS-GVO sind bei der Festsetzung der Entschädigungshöhe Art, Schwere, Dauer des Verstoßes, Grad des Verschuldens, Maßnahmen zur Minderung des den betroffenen Personen entstandenen Schadens, frühere einschlägige Verstöße sowie die Kategorien der betroffenen personenbezogenen Daten zu berücksichtigen (vgl. ArbG Düsseldorf vom 05.03.2020 – 9 Ca 6557/18, BeckRS 2020, 11910). Zu berücksichtigen ist außerdem, dass nach dem Erwägungsgrund 146 (Satz 6) zur DSGVO die betroffene Person einen vollständigen und wirksamen Schadensersatz für den erlittenen Schaden erhalten soll. Verstöße müssen effektiv sanktioniert werden. Schadenersatz bei Datenschutzverstößen sollen eine abschreckende Wirkung haben, um der Datenschutzgrundverordnung zum Durchbruch zu verhelfen (effet utile; vgl. etwa LAG Niedersachsen vom 22.10.2021 – 16 Sa 761/20, BeckRS 2021, 32008 Rn. 199.).
27
(2) Dies zu Grunde gelegt, hält die Kammer einen Betrag iHv. 4.000 € für geboten und angemessen. Dabei war für die Kammer insbesondere ausschlaggebend, dass die Beklagte die Auskunftspflicht – wie unter I 1 a. cc) der Entscheidungsgründe bereits ausgeführt – im Schreiben vom 17.06.2020 in schwerwiegender Weise – nämlich vorsätzlich, nachdrücklich und willkürlich – verletzt hat, vor der Klageerhebung überhaupt keine Auskunft erteilt hat und dass sie erst im Schriftsatz vom 05.01.2021, dh. mehr als ein halbes Jahr nach dem Auskunftsbegehren der Klägerin vom 12.06.2020 erstmals ansatzweise Auskünfte erteilt hat. Allerdings waren auch diese erkennbar unzureichend, weil sie allgemeiner Natur ohne konkreten Bezug gerade auf die Klägerin waren und z.B. keine konkreten Angaben zur Dauer der Speicherung der personenbezogenen Daten, zum Beschwerderecht, zur Datenherkunft und zu den Datenempfängern enthalten haben. Auch hat die Beklagte der Klägerin entgegen Art. 15 Abs. 3 DS -GVO bis zuletzt keine Kopie der von ihr verarbeiteten personenbezogenen Daten zur Verfügung gestellt.
28
2. Die auf Datenauskunft und Zurverfügungstellung einer Datenkopie gerichteten Klageanträge sind nicht hinreichend bestimmt und daher unzulässig.
29
a. Ein Klageantrag ist hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch durch Bezifferung oder gegenständliche Beschreibung so konkret bezeichnet, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 Abs. 1 ZPO) klar abgegrenzt ist, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 Abs. 1 ZPO) erkennbar sind, das Risiko des eventuell teilweisen Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abgewälzt und eine etwaige Zwangsvollstreckung nicht mit einer Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren belastet wird. Es genügt nicht, sich auf gesetzliche Vorschriften zu berufen, die den erhobenen Anspruch vorsehen, vielmehr müssen die sich aus den Normen ergebenden Konsequenzen im Einzelfall von der klagenden Partei bei der Formulierung ihres Klageantrags berücksichtigt werden (vgl. BAG vom 16.12.2021 – 2 AZR 235/21, NJW 2022, 960 Rn. 21).
30
b. Danach ist ein auf Datenauskunft iSd. Art. 15 Abs. 1 DS-GVO gerichteter Antrag mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig, wenn er – wie vorliegend – lediglich den Gesetzestext des Art. 15 DS-GVO wiedergibt und/oder der Antrag durch Aufnahme eines Speicherorts („nicht in der Personalakte der Klägerin gespeichert“) verunklart wird (vgl. BAG aaO, Rn.22 und 23). Jedenfalls dann, wenn die beklagte Partei im Laufe des Rechtsstreits – wie vorliegend im Schriftsatz vom 05.01.2021 – (wenn auch unzureichend) Auskünfte erteilt hat, sind diese beim Klageantrag zu berücksichtigen und dieser entsprechend im Hinblick auf das verbleibende Begehren zu konkretisieren (vgl. BAG aaO, Rn. 28). Dies ist vorliegend unterblieben.
31
c. Mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig ist auch ein auf Zurverfügungstellung einer Datenkopie gerichteter Klageantrag, der – wie vorliegend – lediglich den Gesetzeswortlaut des Art. 15 Abs. 3 S. 1 DS-GVO wiederholt. Die bloße Wiederholung des Wortlauts von des Art. 15 Abs. 3 S. 1 lässt nicht erkennen, von welchen personenbezogenen Daten eine Kopie verlangt wird. Eine daraufhin ergehende Verurteilung wäre nicht vollstreckbar. Die personenbezogenen Daten sind nicht in einer Weise bezeichnet, dass im Vollstreckungsverfahren unzweifelhaft wäre, worauf sich die Verurteilung zur Überlassung einer Kopie konkret bezöge und damit, wann mit einer Überlassung von in diese Kategorie fallenden Daten der Anspruch erfüllt wäre. Damit würde der Streit der Parteien in vermeidbarer Weise in die Vollstreckung verlagert werden (vgl. BAG aaO., Rn. 33).
32
3. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz wegen Mobbings gem. § 253 Abs. 2 BGB iVm. § 280 Abs. 1 iVm § 241 Abs. 2 BGB bzw. iVm. § 823 Abs. 1 BGB.
33
a. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, ihn vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, zu schützen und ihn keinem Verhalten auszusetzen, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. In diesem Zusammenhang ist der Arbeitgeber insbesondere zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15, BeckRS 2016, 113588 Rn. 31) .
34
b. Ein Schadensersatzanspruch wegen „Mobbings“ kann aber auch als deliktischer Anspruch insbesondere aus § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 831 BGB folgen. Dabei verbietet § 823 Abs. 1 BGB nicht nur eine widerrechtliche Verletzung der in dieser Bestimmung ausdrücklich aufgeführten, besonders geschützten Rechtsgüter, ua. der Gesundheit. Auch das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist als „sonstiges Recht“ iSv. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt. Auch seine widerrechtliche Verletzung kann demnach Schadensersatzansprüche auslösen. Allerdings ist zu beachten, dass die Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wegen seiner Eigenart als Rahmenrecht nicht absolut festliegt, sondern grundsätzlich erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden muss. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist deshalb nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. BAG aaO Rn. 33).
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c. Ein vertraglicher oder deliktischer Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Ersatz immaterieller Schäden bzw. Entschädigung wegen „Mobbings“ ist nicht bereits dann gegeben, wenn es im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zu Konflikten und Meinungsverschiedenheiten oder auch nicht gerechtfertigten Maßnahmen des Arbeitgebers (zB Abmahnung, Versetzung, Kündigung) kommt. Erforderlich sind vielmehr Verhaltensweisen des Arbeitgebers oder seiner Repräsentanten, welche die Grenze zum rechts- bzw. sozialadäquaten Verhalten überschreiten und bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (vgl. BAG aaO, Rn. 36 f.).
36
d. Danach sind die von der Klägerin beanstandeten Verhaltensweisen der Beklagten (noch) nicht als Mobbing zu qualifizieren.
37
aa) Das Bekunden des Trennungswillens durch den Arbeitgeber und das Angebot eines Aufhebungsvertrages, der – ggf. auch entgegen der ursprünglichen Ankündigung – keine Abfindung vorsieht, überschreiten die Grenze zum rechts- bzw. sozialadäquaten Verhalten nicht, zumal es der Klägerin freistand, das Angebot abzulehnen (was sie auch tat). Das gilt auch im Hinblick darauf, dass der angebotene Aufhebungsvertrag ggf. sozialversicherungsrechtliche Nachteile beim Arbeitslosengeldbezug zur Folge gehabt hätte. Solche fallen grundsätzlich in die Risikosphäre des Beschäftigten. Die Klägerin trägt in diesem Zusammenhang überdies selbst vor, dass ihr der Geschäftsführer der Beklagten angeboten habe, dass sie sich noch einmal melden könne, falls es Probleme beim Arbeitsamt geben sollte. Soweit die Klägerin den Hinweis unter Ziffer 6 des angebotenen Aufhebungsvertrags beanstandet, war die Beklagte gem. § 2 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB III sogar verpflichtet, diesen Hinweis zu erteilen (vgl. auch § 38 Abs. 1 SGB III).
38
bb) Soweit die Klägerin die „Urlaubsanordnung“ im Mai beanstandet, ist ihr zuzugeben, dass diese entgegen § 7 Abs. 1 BUrlG die von der Klägerin geäußerten Urlaubswünsche ggf. zu Unrecht nicht berücksichtigt hat. Zuzugeben ist der Klägerin auch, dass der ausschließliche Einsatz im Telefondienst vom Direktionsrecht der Beklagten nicht gedeckt und damit rechtswidrig war. Wie bereits unter I 3 c der Entscheidungsgründe ausgeführt, liegt Mobbing aber nicht schon dann vor, wenn es zu nicht gerechtfertigten Maßnahmen des Arbeitgebers kommt, sondern erforderlich sind vielmehr Verhaltensweisen des Arbeitgebers oder seiner Repräsentanten, welche die Grenze zum rechts- bzw. sozialadäquaten Verhalten überschreiten und bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Eine solche Grenzüberschreitung ergibt sich aus dem Sachvorbringen der Klägerin (noch) nicht. Bei der anzustellenden Gesamtwürdigung war auch die relativ kurze Gesamtdauer der Maßnahmen zu berücksichtigen. Der von der Klägerin beanstandete Zeitraum dauerte vom 20.04. 2020 bis 30.07.2020, wobei sie bis 02.05.2020 in Elternzeit war und sie vom 03.05.2020 bis 29.05.2020 wegen des angeordneten Urlaubs sowie ab 18.06.2020 krankheitsbedingt nicht im Betrieb der Beklagten anwesend war.
II.
39
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Im Rahmen der einheitlichen Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit rechtskräftigem Teilurteil vom 06.08.2021 zur Zahlung von 6.189,22 € verurteilt wurde.
III.
40
Im Rahmen des Schlussurteils wurde über geltend gemachte Ansprüche in Höhe von
19.900 € entschieden, so dass der Streitwert des Schlussurteils in dieser Höhe festzusetzen war.
IV.
41
Es bestand kein gesetzlich begründeter Anlass, die Berufung gesondert zuzulassen. Sie ist jedoch für beide Parteien nach Maßgabe des § 64 Abs. 2 Buchst b ArbGG statthaft.