Titel:
zu Beschluss 22-33
Normenketten:
VgV § 3
§ 17 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A
Leitsätze:
1. Gemäß § 17 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A kann eine Ausschreibung aufgehoben werden, wenn „andere schwerwiegende Gründe“ bestehen. Ein derartiger schwerwiegender Grund kann vorliegen, wenn selbst das niedrigste wertungsfähige Angebot höher liegt als die verfügbaren Mittel.
2. Ein schwerwiegender Grund ist nicht gegeben, wenn der Auftraggeber den Finanzbedarf zu gering bemessen hat. Zudem darf der Aufhebungsgrund dem Auftraggeber nicht zurechenbar bzw. dessen Vorliegen vom Auftraggeber selbst zu verantworten sein.
3. 3.Steht fest, dass die Kostenschätzung mit den Marktpreisen aufgrund deren extremer Entwicklung u.a. wegen des Ukraine-Kriegs nicht konform war, ist eine Aktualisierung der Kostenschätzung nicht deshalb entbehrlich, weil Stoffpreisgleitklauseln in die Vergabeunterlagen aufgenommen wurden, die die stoffgebundenen Preissteigerungen abfedern sollten, wenn diese lediglich Preissteigerungen erfassen, die sich zwischen Submissionstermin und Abrechnungszeitpunkt ergeben, nicht jedoch solche, die vor Angebotsabgabe eingetreten sind.
Schlagwort:
zu Beschluss 22-33
Fundstelle:
BeckRS 2022, 45103
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die Aufhebung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens rechtswidrig war und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt hat. Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte. Ihre zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen tragen die Parteien jeweils selbst.
3. Für das Verfahren wird eine Gebühr in Höhe …,00 EUR festgesetzt. Auslagen sind nicht angefallen.
Gründe
1
Mit Auftragsbekanntmachung vom21.04.2022, veröffentlicht im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am 26.04.2022 unter Nr. 2022/S …, schrieb die Antragsgegnerin einen Bauauftrag über das Gewerk „Sanitär ohne Dämmung“ für den Ersatzneubau der M… Klinik H… im Wege eines offenen Verfahrens aus. Zuschlagskriterium war gemäß Abschnitt II.2.5) der Bekanntmachung der Preis. Die Antragstellerin reichte als einzige Bieterin innerhalb der auf den24.05.2022, 10:00 Uhr, festgesetzten Angebotsfrist ein Angebot ein. Ihre Angebotssumme belief sich auf 20.242.729,60 Euro (netto).
2
Mit Auftragsbekanntmachung vom 02.02.2022 hatte die Antragsgegnerin das Gewerk „Sanitär ohne Dämmung“ für den Ersatzneubau der M… Klinik H… bereits zuvor ausgeschrieben. An diesem Verfahren hatte sich die Antragstellerin ebenfalls mit einem Angebot beteiligt. Mit Schreiben vom 30.03.2022 hatte die Antragsgegnerin das Vergabeverfahren jedoch aufgehoben und als Grund angegeben, dass kein wirtschaftlich vertretbares Ergebnis erzielt worden sei.
3
Mit Schreiben vom 20.06.2022 gab die Antragsgegnerin auch die Aufhebung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens bekannt. Zur Begründung führte sie aus:
„Das Ergebnis des einzigen Erstangebots wird vom Bauherren als wirtschaftlich nicht vertretbar angesehen. Aus wirtschaftlichen Gründen müssen die Vergabeunterlagen wesentlich geändert werden. Das Verfahren wird daher aufgehoben nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 EU VOB/A#
Zudem wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass beabsichtigt sei, ein neues offenes Verfahren durchzuführen, da der Beschaffungsbedarf weiterhin bestehe.
4
Mit Schreiben vom 23.06.2022 beanstandete die Antragstellerin die Verfahrensaufhebung als vergaberechtswidrig. Es werde bestritten, dass das Angebot der Antragstellerin wirtschaftlich nicht vertretbar ist und dass eine aktuelle und richtige Kostenschätzung vorliegt, in der insbesondere die jüngsten extremen Preissteigerungen berücksichtigt worden sind. Eine Verfahrensaufhebung wegen deutlicher Überschreitung des vertretbar geschätzten Auftragswerts sei nur rechtmäßig, wenn der Auftraggeber eine umfassende Interessensabwägung vorgenommen hat, bei der insbesondere zu berücksichtigen sei, dass einerseits dem öffentlichen Auftraggeber nicht das Risiko einer deutlich überhöhten Preisbildung zugewiesen werden kann und die Aufhebung andererseits kein Instrument zur Korrektur der in den Ausschreibungen erzielten Submissionsergebnisse sein darf. Letzteres sei hier der Fall, da für denselben Bedarf das erste eingeleitete Vergabeverfahren dieser Baumaßnahme bereits mit Schreiben vom 30.03.2022 ebenfalls mit der Begründung aufgehoben worden sei, es wäre kein wirtschaftlich vertretbares Ergebnis erzielt worden. Das zweite Vergabeverfahren hätte aber keine substanziellen Änderungen beinhaltet, sodass es nicht möglich gewesen sei, aufgrund technischer Bedingungen des Gebäudebedarfs wirtschaftlichere Ergebnisse durch Änderungen der Vergabeunterlagen zu erzielen. Die Begründung sei somit vorgeschobenen und diene allein der Korrektur des erzielten Submissionsergebnisses. Bekanntermaßen ergebe sich derzeit eine einkaufsseitige Ausnahmesituation, wonach von Herstellern und Großhandel in den ausgeschriebenen Bereichen nur noch tagesaktuelle Preise ohne Preisbindung aufgerufen würden. Durch Verschiebung der Ausschreibung in einen späteren Zeitpunkt sei zu erwarten, dass sich die Preise im Einkauf lediglich noch weiter erhöhen. Hieran würde auch eine Aufteilung in Unterlose nichts ändern. All dies habe die Vergabestelle bei der Aufhebungsentscheidung nicht berücksichtigt, sodass Ermessensfehler vorlägen.
5
Mit Schreiben vom 24.06.2022 antwortete die Antragsgegnerin der Antragstellerin, dass ihrer Rüge nicht abgeholfen werde. Es liege ein schwerwiegender Grund für die Aufhebung des Vergabeverfahrens nach § 17 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A vor. Zudem müssten die Vergabeunterlagen grundlegend geändert werden, weshalb auch ein Aufhebungsgrund nach § 17 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A zu bejahen sei. Die Aufhebung sei durch die Vergabestelle weder verschuldet oder willkürlich herbeigeführt worden noch liege eine ermessensfehlerhafte Entscheidung vor. Das Angebot der Antragstellerin liege erheblich über der Schätzung des Auftragswerts und dem zur Verfügung stehenden Budget. Das Maß der Überschreitung betrage beinahe 90%. Dieser Berechnung liege eine sorgfältige Kostenschätzung durch die Planer der Antragsgegnerin zu Grunde. Der geschätzte Auftragswert entspreche den Marktverhältnissen und bilde aktuelle Erfahrungswerte aus anderen vergleichbaren Vergaben ab. Aufgrund der signifikanten Überschreitung der Kostenschätzung habe sich die Antragsgegnerin im Rahmen der Interessenabwägung dazu entscheiden müssen, nochmals aufzuheben.
6
Entgegen der Darstellung der Antragstellerin seien die Vergabeunterlagen bereits nach der ersten Aufhebung grundlegend geändert worden. Unter Berücksichtigung des Krieges in der Ukraine und der daraus resultierenden Marktsituation sei bei der zweiten Ausschreibung des Gewerks eine Stoffpreisgleitklausel gemäß Formblatt 225 des VHB Bayern in die Vergabeunterlagen mit aufgenommen worden, um das Preisrisiko zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zu verteilen. Zudem sei das Leistungsverzeichnis aus Zeitgründen um wesentliche Teile reduziert worden. In der nunmehr erforderlichen Neuausschreibung müsse das Leistungsverzeichnis zudem aus wirtschaftlichen Gründen in drei Teile gegliedert werden, da nur so ausreichend Wettbewerb geschaffen werden könne. Die Marktanalyse zeige, dass so ein größerer Bieterkreis angesprochen und damit ein wirtschaftliches Ergebnis erzielt werden könne.
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Nachdem der Rüge der Antragstellerin nicht abgeholfen wurde, stellte diese mit Schreiben vom 08.07.2022 einen Nachprüfungsantrag gem. § 160 Abs. 1 GWB.
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Die Antragstellerin legt dar, dass der Aufhebung keine vertretbare Kostenschätzung zugrunde gelegen habe. Aufgrund der Coronakrise und des Ukrainekriegs sei es seit Ende Februar 2022 zu erheblich gestiegenen Materialkosten sowie zu einer inflationsbedingten Lohnpreissteigerung gekommen. Die Preissteigerungen seien so extrem und andauernd, dass Hersteller und Großhandel lediglich tagesaktuelle Preise ohne Preisbindung anböten. In ihrer Rügeantwort habe die Antragsgegnerin darauf verwiesen, eine Stoffpreisgleitklausel in die Vergabeunterlagen aufgenommen zu haben. Dies habe jedoch keinen Einfluss darauf, dass auch die Kostenschätzung an die zum Zeitpunkt der Bekanntgabe vorherrschende Situation angepasst werden müsse. Die Antragsgegnerin habe dem Verfahren jedoch ihre ursprüngliche Kostenschätzung zugrunde gelegt. Das Angebot der Antragstellerin sei dagegen wettbewerbsorientiert und knapp kalkuliert gewesen mit üblichen Aufschlägen und habe die Materialpreis- und Lohnerhöhungen seit der ersten Ausschreibung abgebildet.
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Die Aufhebung der Ausschreibung sei grundlos erfolgt und damit rechtswidrig. Die Aufhebung einer Ausschreibung wegen deutlicher Überschreitung des vertretbar geschätzten Auftragswerts setze eine umfassende Interessensabwägung des Auftraggebers voraus, bei der insbesondere zu berücksichtigen sei, dass einerseits dem öffentlichen Auftraggeber nicht das Risiko einer deutlich überhöhten Preisbildung zugewiesen werden kann und die Aufhebung andererseits kein Instrument zur Korrektur der in den Ausschreibungen erzielten Submissionsergebnisse sein darf. Letzteres sei hier der Fall, da für denselben Bedarf das erste eingeleitete Vergabeverfahren dieser Baumaßnahme bereits mit Schreiben vom 30.03.2022 ebenfalls mit der Begründung aufgehoben worden sei, es wäre kein wirtschaftlich vertretbares Ergebnis erzielt worden. Das zweite Vergabeverfahren hätte aber keine substanziellen Änderungen beinhaltet, sodass es nicht möglich gewesen sei, aufgrund technischer Bedingungen des Gebäudebedarfs wirtschaftlichere Ergebnisse durch Änderungen der Vergabeunterlagen zu erzielen. Die Begründung sei somit vorgeschobenen und diene allein der Korrektur des erzielten Submissionsergebnisses. Zudem sei derzeit zu erwarten, dass sich durch eine Verschiebung der Ausschreibung in einen späteren Zeitpunkt die Preise im Einkauf noch weiter erhöhen.
10
Nach Aussage der Antragsgegnerin werde sie das Leistungsverzeichnis in drei Teile unterteilen. Es sei auch bereits eine erneute Ausschreibung aufgeteilt auf drei Lose erfolgt, an der sich die Antragstellerin erneut beteiligen werde.
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Sollte die Vergabekammer zu dem Ergebnis kommen, dass die Aufhebung zwar grundlos erfolgte, jedoch nicht rückgängig gemacht werden muss, habe die Antragstellerin ein Interesse daran, dass der Vergabeverstoß der Antragstellerin festgestellt wird, um einen Schadensersatzanspruch gemäß § 181 GWB geltend machen zu können.
12
Die Antragstellerin beantragt
1. der Antragsgegnerin aufzugeben, das Vergabeverfahren mit der Vergabenummer KH: … bezüglich des Bauvorhabens Klinik H… Ersatzneubau M… Gewerk Sanitär ohne Dämmung nicht aufzuheben;
2. der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten gemäß § 165 Abs. 1 GWB zu gewähren;
3. festzustellen, dass Vergaberechtsverstöße vorliegen;
4. anzuordnen, geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Vergaberechtsverstöße einzuleiten;
5. festzustellen, dass die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendiger Aufwendungen des Antragstellers trägt;
6. festzustellen, dass es für die Antragstellerin notwendig war, einen Verfahrensbevollmächtigten hinzuzuziehen.
13
Die Antragsgegnerin beantragt
I. Die Anträge der Antragstellerin,
- das Vergabeverfahren mit der Vergabenummer KH: … bezüglich des Bauvorhabens Klinik H… Ersatzneubau M… Gewerk Sanitär ohne Dämmung „nicht aufzuheben“ (gemeint wohl: die Aufhebung rückgängig zu machen), und/oder
- geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Vergabeverstöße einzuleiten, werden zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin.
III. Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin notwendig war.
14
Die Antragsgegnerin führt aus, dass die Antragstellerin bereits im aufgehobenen ersten Vergabeverfahren einzige Bieterin gewesen sei. Trotz Einführung einer Stoffpreisgleitklausel habe das Angebot der Antragstellerin im streitgegenständlichen Vergabeverfahren mehr als 10% über ihrem zehn Wochen zuvor im ersten Vergabeverfahren abgegebenen Angebot gelegen. Insoweit habe die Antragsgegnerin festgestellt, dass die Leistung zur Erzielung eines größeren Wettbewerbs in Fachlose aufgeteilt werden sollte, und dies entsprechend umgesetzt. Die Antragsgegnerin habe dementsprechend drei offene Verfahren veröffentlicht, an denen sich die Antragstellerin ausweislich der Ausführungen in ihrem Nachprüfungsantrag beteiligen will. Die Antragstellerin habe sich gegen die Neuvergabe nicht zur Wehr gesetzt, insbesondere diese Vergaben auch nicht gerügt. Ausweislich ihrer Ausführungen im Nachprüfungsantrag erkenne die Antragstellerin auch an, dass die Aufteilung des Gesamtauftrags in die gebildeten Fachlose zu einer wirtschaftlicheren Beschaffung führen kann. Dass hierdurch möglicherweise nicht das Preisniveau der Kostenschätzung erreicht werden könne, deren Nichtkonformität mit den Marktpreisen aufgrund deren extremer Entwicklung zuzugestehen sei, spiele dabei keine Rolle.
15
Der Nachprüfungsantrag sei bereits unzulässig. Der Antragstellerin mangele es am Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerin verhalte sich widersprüchlich, wenn sie einerseits einen Antrag auf Aufhebung der Aufhebung stelle, andererseits aber erkläre, sich an den drei Fachlosvergaben beteiligen zu wollen. Ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aufhebung sei von der Antragstellerin nicht gestellt worden. Für einen solchen fehle ihr auch das Feststellungsinteresse, weil allein für eine derartige Feststellung ein Vergabenachprüfungsverfahren nicht eingeleitet werden müsse. § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB sei nicht anwendbar, wenn die Aufhebung bereits vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens stattgefunden habe und letztlich nur ein isolierter Feststellungsantrag verfolgt werde.
16
Der Nachprüfungsantrag sei aber auch unbegründet. Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit und Privatautonomie könne ein Auftraggeber von einem Vergabeverfahren unabhängig davon Abstand nehmen, ob ein Aufhebungsgrund im Sinne des § 17 EU VOB/A vorliege. Ausnahmen bestünden nach der Rechtsprechung, wenn die Aufhebung der Ausschreibung aufgrund Fehlens eines sachlich gerechtfertigten Grundes willkürlich ist oder wenn die Aufhebung bei fortbestehender Beschaffungsabsicht nur zum Schein und tatsächlich zu dem Zweck erfolgt, einen Bieter gezielt zu diskriminieren. Dies sei vorliegend nicht der Fall.
17
Mit Schreiben vom 01.09.2022 erteilte die Vergabekammer den Beteiligten den rechtlichen Hinweis, dass der Nachprüfungsantrag nach ihrer vorläufigen Einschätzung im Hauptantrag unbegründet, im hilfsweise gestellten Feststellungsantrag, der sich aus den Ausführungen auf Seite 6 des Nachprüfungsantrags ergebe, jedoch begründet sei. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
18
Mit Schreiben vom 22.09.2022 führte die Antragsgegnerin aus, dass die drei Fachlosvergaben zwischenzeitlich vergeben worden seien. Die Aufteilung in Fachlose habe zu einem Gesamtpreis geführt, der knapp 5.000.000,- Euro (netto) unter dem Angebotspreis der Antragstellerin im streitgegenständlichen Verfahren liege. Ergänzend wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass sich die Antragstellerin vorliegend zu keinem Zeitpunkt substantiiert gegen die Aufhebung gewendet habe. Sie habe insbesondere nicht vorgetragen, aus welchem Grund die Aufhebung sachwidrig gewesen sein soll. Da der Hauptantrag insoweit unzulässig sei, sei der Hilfsantrag nicht anders zu beurteilen, als sei dieser isoliert gestellt worden.
19
Mit Schreiben vom 29.09.2022 erwiderte die Antragstellerin, dass sie sich mit ihrem Nachprüfungsantrag sowohl gegen die Sach- als auch Rechtswidrigkeit der Aufhebung gewendet habe. Dies sei unter anderem den Ausführungen auf Seite 6 des Nachprüfungsantrags zu entnehmen, dass die erneute Aufhebung aus wirtschaftlichen Gründen aufgrund des Umstandes, wonach die Gesamtbaumaßnahme Ersatzneubau weitergeführt werde, nicht zu vertreten sei.
20
Mit jeweiligen Schreiben vom 22.11.2022 erklärten die Parteien auf Nachfrage der Vergabekammer ihr Einverständnis mit einer Entscheidung nach Lage der Akten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 166 Abs. 1 Satz 3 GWB.
21
Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.
22
Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.
23
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 GWB i. V. m. §§ 1 und 2 BayNpV.
24
Gegenstand der Vergabe ist ein Bauauftrag i. S. d. § 103 Abs. 3GWB. Die Antragsgegnerinist Auftraggeber gemäß §§ 98, 99 Nr. 2 GWB. Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den gemäß § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert.
25
Eine Ausnahmebestimmung der §§ 107 – 109 GWB liegt nicht vor.
26
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
27
Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es sein Interesse am Auftrag, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt.
28
Die Antragstellerinhat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebots nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Die Antragstellerinhat eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB insbesondere dadurch geltend gemacht, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens grundlos erfolgte. Mit ihrem Hauptantrag verfolgt die Antragstellerin das Ziel, die Aufhebung des Vergabeverfahrens rückgängig zu machen. Sie ist der Auffassung, dass die Verfahrensaufhebung allein der Korrektur des erzielten Submissionsergebnisses diente. Die Antragstellerin begründet ihre Auffassung damit, dass bereits das erste Vergabeverfahren aus wirtschaftlichen Gründen aufgehoben wurde und mangels substantieller Änderung der Vergabeunterlagen die Erzielung wirtschaftlicherer Ergebnisse nicht zu erwarten war. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin liegt damit eine hinreichende Begründung ihres Hauptantrags vor. Dass die Antragstellerin den Hauptantrag – wie die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung suggeriert – nur „pro forma“ erhoben hat, um eine Zuständigkeit der Vergabenachprüfungsinstanzen zu begründen, ist nach Ansicht der Vergabekammer angesichts des damit einhergehenden Kostenrisikos fernliegend.
29
Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht auch keine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1GWB entgegen, da die Antragstellerin erst mit Schreiben vom 20.06.2022 über die Verfahrensaufhebung informiert wurde, diese jedoch bereits am 23.06.2022 und damit innerhalb der Frist von 10 Tagen als vergaberechtswidrig beanstandete. Dass die Antragstellerin die von der Antragsgegnerin zwischenzeitlich eingeleiteten drei Fachlosvergaben über die ausgeschriebenen Leistungen nicht separat beanstandete, führt zu keiner anderen Beurteilung. Ob und inwieweit die Antragstellerin in den Fachlosvergaben einer möglicherweise bestehenden Rügeobliegenheit nachgekommen ist, ist für das hier streitgegenständliche Vergabeverfahren nicht relevant.
30
Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin erachtet die Vergabekammer das Verhalten der Antragstellerin auch nicht als widersprüchlich, da sie mit ihrer Beteiligung an den Fachlosvergaben ihre Chancen auf die Auftragserteilung der ausgeschriebenen Leistungen vergrößert. Dies unterstreicht damit lediglich ihr Interesse am Auftrag. Letztlich hat die Zuschlagserteilung in den drei Fachlosvergaben auch keine unmittelbare Auswirkung auf die Erfolgsaussichten des gestellten Hauptantrags. Sollte sich herausstellen, dass dieser in der Sache Erfolg hat, führt dies im Ergebnis zur Aufhebung der Verfahrensaufhebung. Da die Nachprüfungsinstanzen keine Ermessensentscheidung für den Auftraggeber treffen können, hat es für die Erfolgsaussichten des Hauptantrags keine Relevanz, ob mit dem Wegfall des Bedarfs ein weiterer Grund hervortritt, der möglicherweise geeignet ist, eine Aufhebung zu rechtfertigen (vgl. VK Südbayern, Beschluss vom 28.10.2019 – Z3-3-3194-1-32-09/19).
31
2. Der Nachprüfungsantrag ist im Hauptantrag unbegründet, im Hilfsantrag jedoch begründet.
32
2.1. Der auf die Aufhebung der Verfahrensaufhebung gerichtete Hauptantrag der Antragstellerin ist unbegründet, da die Aufhebung wirksam ist.
33
Bei der rechtlichen Überprüfung der Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist zwischen der Wirksamkeit und der Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung des öffentlichen Auftraggebers zu unterscheiden. Ein öffentlicher Auftraggeber kann von den Nachprüfungsinstanzen gegen seinen Willen grundsätzlich nicht verpflichtet werden, auf der Grundlage einer begonnenen Ausschreibung einen Auftrag zu erteilen, deren Ergebnis er als unwirtschaftlich erachtet (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 30.9.2021 – 17 Verg 5/21). Dies ist Folge der Vertragsfreiheit, die auch für im Wege öffentlicher Ausschreibungen vergebene Aufträge gilt. Notwendige Voraussetzung für eine Aufhebung einer Ausschreibung ist deshalb nur, dass der öffentliche Auftraggeber für seine Aufhebungsentscheidung einen sachlichen Grund hat, so dass eine Diskriminierung einzelner Bieter ausgeschlossen und seine Entscheidung nicht willkürlich ist oder nur zum Schein erfolgt (VK Südbayern, Beschluss vom 06.09.2018 – Z3-3-3194-1-24-07/18; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.01.2015 – VII Verg 29/14). Eine Ausnahme von dem fehlenden Kontrahierungszwang gilt somit insbesondere dann, wenn es sich um eine missbräuchliche Scheinaufhebung handelt, die seitens des Auftraggebers gezielt zur Diskriminierung eines Bieters eingesetzt wird, um bei unverändertem Vergabewillen einem anderen, bevorzugtem Bieter den Auftrag zu erteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 18.02.2003 – X ZB 43/02).
34
Eine missbräuchliche Scheinaufhebung kann die Vergabekammer vorliegend nicht erkennen. Die Antragsgegnerin macht geltend, dass das Angebot der Antragstellerin erheblich über der Auftragswertschätzung und beinahe 90% über dem zur Verfügung stehenden Budget liege. Dass das Angebot der Antragstellerin die preisliche Erwartung der Antragsgegnerin deutlich übertrifft, kann die Vergabekammer der Vergabeakte, insbesondere dem bepreisten Leistungsverzeichnis sowie dem Schreiben des beauftragten Fachplaners vom 22.07.2022, in welchem unter anderem auf die Methode der Kostenschätzung eingegangen wird, entnehmen.
35
Auf die Frage, ob die Kostenschätzung der Antragsgegnerin auf zutreffender Grundlage und nach anerkannten Methoden erstellt und die Preisvorstellung realistisch war, kommt es bei der Bewertung der Wirksamkeit einer Aufhebung nicht an (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 30.9.2021 – 17 Verg 5/21). Maßgeblich ist vielmehr allein, dass der öffentliche Auftraggeber tatsächlich mit Kosten in dieser Höhe plante. Davon ist die Vergabekammer nach Sichtung der Vergabeakte überzeugt.
36
Gegen eine gezielte Diskriminierung der Antragstellerin durch die Verfahrensaufhebung spricht ferner, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin bereits mit der Aufhebungsmitteilung vom 20.06.2022 mitteilte, dass die Leistungen nach Änderung der Vergabeunterlagen erneut in einem offenen Verfahren ausgeschrieben würden. Dieses Vorgehen hat die Antragsgegnerin im Rahmen ihres schriftsätzlichen Vorbringens bekräftigt und erläutert, dass sie sich durch die Losaufteilung des Auftrags einen größeren Wettbewerb und wirtschaftlichere Preise erwarte. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme einer in diskriminierender Absicht vorgenommenen Scheinaufhebung fernliegend (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 30.09.2021 – 17 Verg 5/21; BGH, Beschluss vom 20.03.2014 – X ZB 18/13).
37
2.2. Der hilfsweise gestellte Antrag auf Feststellung, dass die Antragstellerin durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens in ihren Rechten verletzt ist, ist zulässig und begründet.
38
2.2.1. Wie sich aus den Ausführungen auf Seite 6 des Nachprüfungsantrags ergibt, begehrt die Antragstellerin hilfsweise die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aufhebung, falls die nach Ansicht der Antragstellerin grundlos erfolgte Aufhebung gleichwohl als wirksam zur erachten ist. Ein solcher Antrag ist analog § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB zulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 20.03.2014 – X ZB 18/13).
39
Lediglich ein isoliert auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Verfahrensaufhebung gerichteter Nachprüfungsantrag wäre unzulässig (vgl. OLG München, Beschluss vom 30.01.2020 – Verg 28/19; OLG Celle, Beschluss vom 19.03.2019 – 13 Verg 1/19). Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin richtet sich jedoch primär gegen die Verfahrensaufhebung als solche. Dieser Antrag ist nach den in Abschnitt 1 genannten Erwägungen auch zulässig, so dass es auf die von der Antragsgegnerin thematisierte Rechtsfrage, ob im Falle eines hilfsweise gestellten Feststellungsantrags analog § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB ein unzulässiger Hauptantrag einem nicht gestellten Hauptantrag gleichzusetzen ist, nicht ankommt.
40
2.2.2. Ein Feststellungsantrag nach § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB (analog) setzt nach allgemeiner Auffassung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Feststellungsinteresse voraus (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.07.2012 – Verg 8/12; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.06.2013, VII – Verg 55/12; OLG Koblenz, Beschluss vom 04.02.2009 – 1 Verg 4/08). Das Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes nach vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition der Antragstellerin in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung ihrer Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern. Das Feststellungsinteresse kann sich somit insbesondere aus der nicht auszuschließenden Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs des Bieters gegen den öffentlichen Auftraggeber im Falle des Vorliegens eines Vergaberechtsverstoßes ergeben, es sei denn ein Schadensersatzanspruch ist offensichtlich nicht gegeben und eine auf seine Durchsetzung gerichtete Klage aussichtslos (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.08.2019 – Verg 9/19).
41
Die Antragstellerin hat geltend gemacht, dass sie ein Interesse an der Feststellung eines Vergaberechtsverstoßes durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens hat, um gegenüber der Antragsgegnerin einen Schadensersatzanspruch gem. § 181 GWB geltend machen zu können. Ein solcher ist nicht offensichtlich aussichtslos. Beispielsweise sind bereits die Personalkosten für die Angebotserstellung nach der jüngeren Rechtsprechung des BGH auch ohne konkreten Nachweis des Bieters, dass er seine Mitarbeiter anderweitig hätte einsetzen können und dadurch Einnahmen erwirtschaftet hätte, die ihm entgangen sind, ersatzfähig, da die eingesetzte Arbeitskraft typischerweise einen Marktwert hat und bei wertender Betrachtung vom Schadensersatz nicht auszugrenzen ist (BGH, Urteil vom 08.12.2020 – XIII ZR 19/19).
42
2.2.3. Der Feststellungsantrag ist auch begründet.
43
Gemäß § 17 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A kann eine Ausschreibung aufgehoben werden, wenn „andere schwerwiegende Gründe“ bestehen. Ein derartiger schwerwiegender Grund kann vorliegen, wenn selbst das niedrigste wertungsfähige Angebot höher liegt als die verfügbaren Mittel. Dabei ist jedoch von Bedeutung, worin die Ursache für das Auseinanderklaffen des Preises des wirtschaftlichsten Angebots und der möglichen Finanzierung zu suchen ist. Ein schwerwiegender Grund ist nämlich nicht gegeben, wenn der Auftraggeber den Finanzbedarf zu gering bemessen hat (OLG Gelle, Beschluss vom 13.01.2011 – 13 Verg 15/10). Zudem darf der Aufhebungsgrund dem Auftraggeber nicht zurechenbar bzw. dessen Vorliegen vom Auftraggeber selbst zu verantworten sein (VK Südbayern, Beschluss vom 11.11.2019 – Z3-3-3194-1-27-07/19; OLG München, Beschluss vom 04.04.2013 – Verg 4/13).
44
Die Antragsgegnerin hat in ihrer Antragserwiderung die Nichtkonformität der Kostenschätzung mit den Marktpreisen aufgrund deren extremer Entwicklung bereits zugestanden. Der Vergabeakte ist zu entnehmen, dass die Erwartung bestand, dass die stoffgebundenen Preissteigerungen aus der Ukraine-Krise über die Anwendung der Stoffpreisgleitklausel abgefedert würden. Eine Aktualisierung der Kostenschätzung, welche auf Angeboten aus Verfahren mit vergleichbarer Budgetierung im 3./4.Quartal 2021 basierte, sei aus diesem Grund unterblieben. Dieser Ansatz ist jedoch nach Auffassung der Vergabekammer verfehlt, da die einbezogene Stoffpreisgleitklausel gem. Formblatt 225 des VHB Bayern lediglich Preissteigerungen erfasst, die sich zwischen Submissionstermin und Abrechnungszeitpunkt ergeben, nicht jedoch solche, die vor Angebotsabgabe eingetreten sind. Gerade wegen der bereits seit längerem bestehenden und spätestens mit Beginn des Ukraine-Krieges noch einmal verschärften starken Kostensteigerung bei bestimmten Baustoffen wäre eine Aktualisierung der Kostenschätzung oder jedenfalls die Einbeziehung hinreichender Risikozuschläge vor der zweiten Ausschreibung erforderlich gewesen.
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Hinzu kommt, dass ausweislich des in der Vergabeakte befindlichen Schreibens des beauftragten Fachplaners vom 22.07.2022 unterschiedliche Erfahrungen in Bezug auf die Ausschreibungsergebnisse in großen und mittleren Projekten bestanden. Teils sei es aufgrund der aktuellen Lage zu erheblichen Preissteigerungen gekommen. In Projekten mit regem Wettbewerb und der eingeführten Stoffpreisgleitklausel sei aber auch ein annähernder Gleichstand der angebotenen Preise festgestellt worden. Aufgrund der Tatsache, dass bereits die erste Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis hervorbrachte, musste es sich der Antragsgegnerin bereits vor der zweiten Ausschreibung aufdrängen, dass die gewählte Ausgestaltung des streitgegenständlichen Auftrags nicht das nötige Interesse im Wettbewerb weckte, um stabile Preise erwarten zu lassen. Dass die Antragsgegnerin ihre damalige Entscheidung durch eine Aufteilung des Auftrags in drei Fachlose revidierte, um so einen größeren Bieterkreis anzusprechen, ist verständlich. Gleichwohl rechtfertigt es dieser Umstand, der vergleichbar mit der fehlerhaften Ausgestaltung von Vergabeunterlagen allein dem Verantwortungsbereich des Auftraggebers zuzuschreiben ist, nicht, eine sanktionslose Aufhebung des Vergabeverfahrens anzuerkennen.
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3. Kosten des Verfahrens
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Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs. 3 S. 1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies ist vorliegendhinsichtlich des Hauptantrags die Antragstellerin, hinsichtlich des Hilfsantrags die Antragsgegnerin. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass der Gegenstandswert eines auf Verpflichtung des Antragsgegners zu einem bestimmten Verhalten im Vergabeverfahren gerichteten Antrags und der Gegenstandswert eines auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Antragsgegners im Vergabeverfahren gerichteten Antrags identisch sind (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 27.02.2014 – 2 Verg 5/13). Insoweit erscheint eine Kostenaufhebung, d. h. eine Zuweisung der Kostenlast je zur Hälfte, angebracht (vgl. OLG München, Beschluss vom 29.09.2009 – Verg 12/09; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2021 – Verg 3/21).
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Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden kann.
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Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Aus Gründen der Billigkeit (keine mündliche Verhandlung, keine Beiladung) vermindertsich die Gebühr auf …,00 Euro.
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Von der Antragstellerinwurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraftverrechnet.
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Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Parteien beruht auf § 182 Abs. 4 S. 1 GWB. Aus der Kostenaufhebung ergibt sich, dass jeder Beteiligte seine Aufwendungen selbst zu tragen hat und eine Erstattung nicht stattfindet (OLG Naumburg, Beschluss vom 23.12.2014 – 2 Verg 5/14).