Inhalt

ArbG Weiden, Beschluss v. 11.02.2022 – 3 Ca 1199/17
Titel:

Kostenfestsetzungsantrag – Einwendungen und Einreden gemäß § 11 Abs. 5 S. 1 RVG

Normenketten:
RVG § 11 Abs. 5 S. 1, Abs. 7
ZPO § 104
Leitsätze:
1. Es besteht für den Prozessbevollmächtigten keine Aufklärungspflicht gegenüber dem Mandanten hinsichtlich der entstehenden Gebühren. Im Vergütungsfestsetzungsverfahren sind deshalb entsprechende Einwendungen über eine  Aufklärungspflichtverletzung grundsätzlich unbeachtlich. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es genügt, dass die Partei im Vergütungsfestsetzungsverfahren außergebührenrechtliche Einwendungen oder Einreden erhebt. Der Kostenfestsetzungsantrag ist dann zurückzuweisen, ohne dass über die Begründetheit im Vergütungsfestsetzungsverfahren zu entscheiden ist. (Rn. 29 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vergütungsfestsetzungsverfahren, Schlussabrechnung, Gebührenrechnung des Prozessbevollmächtigten, Kostenschuldner, Einwendungen, Außerhalb des Gebührenrechts, Aufklärungspflicht
Rechtsmittelinstanz:
LArbG Nürnberg, Beschluss vom 25.01.2023 – 7 Ta 84/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 45098

Tenor

Der Vergütungsfestsetzungsantrag vom 17.12.2021 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe

1
Mit Schreiben vom 17.12.2021, eingegangen bei Gericht am selben Tag, wurde von Seiten der Prozessbevollmächtigen, Frau C., Vergütungsfestsetzung gegen die eigene Mandantschaft gemäß S. 1 1 RVG in Höhe von 870,49 € beantragt.
2
Mit Schreiben vom 03.01.2022, eingegangen bei Gericht am 04.01.2022, wendet der Kläger ein, dass ihm keine Mahnung von Seiten der Prozessbevollmächtigten zugestellt wurde, dass die Höhe der Abschlussrechnung nicht nachvollziehbar ist und dass in der Zwischenzeit auch vier Jahre vergangen sind.
3
Des Weiteren wendet der Kläger ein, dass mit der Prozessbevollmächtigten eine Abtretung vereinbart wurde und der Kläger vielleicht noch 150,00 € bis 200,00 € bezahlen soll.
4
Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.01.2022, eingegangen bei Gericht am selben Tag, wurde mitgeteilt, dass der Vergütungsfestsetzungsantrag nicht der Verjährung unterliegt.
5
Des Weiteren wurde mitgeteilt, dass zwischen der Prozessbevollmächtigten und dem Kläger eine Vereinbarung dahingehend getroffen wurde, dass die Anwaltsvergütung nach dem streitwertabhängigen RVG, also geltendes Recht, abgerechnet wird. Der Kläger hat bereits eine Kosten- und Vorschussrechnung vom 04.01.2018 aus einem vorläufigen Streitwert in Höhe von 30.000,00 € erhalten. Abfindungsansprüche des Klägers wurden an die Prozessbevollmächtigte abgetreten.
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Des Weiteren wurde in einem persönlichen Gespräch am 05.01.2018 vereinbart, dass eine Schlussabrechnung erfolgen wird.
7
Mit Schreiben vom 31.01.2018 wurde dem Kläger eine Schlussabrechnung übermittelt, nachdem der Streitwert mit Beschluss vom 22.01.2018 festgesetzt wurde.
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Weil keine Zahlung bei der Prozessbevollmächtigten einging, hat die Prozessbevollmächtigte den Kläger mit Schreiben vom 07.08.2018 und mit Schreiben vom 12.1 1.2020 angemahnt.
9
Mit Schreiben vom 07.02.2022, eingegangen bei Gericht per Fax am selben Tag, wurde von Seiten des Klägers mitgeteilt, dass der Kläger keine Mahnungen seiner Prozessbevollmächtigten erhalten hat.
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Weiterhin wurde der Einwand der Verjährung vorgetragen.
11
Gemäß G/Sch., 25. Auflage, S. 1 1 Rn. 178 und 180 RVG handelt es ich hierbei um eine nicht gebührenrechtliche Einwendung.
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Gegen diese Einwendung teilte die Prozessbevollmächtigte mit, dass die Verjährung gehemmt ist.
13
Auch diese Einwendung der Hemmung stellt eine nicht gebührenrechtliche Einwendung gemäß G/Sch., 25. Auflage, S. 1 1 Rn. 179 RVG dar.
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Weiterhin wurde mitgeteilt, dass erst mit Beschluss vom 22.01.2018 der Streitwert festgesetzt wurde. Gemäß S. 8 RVG wird die Verjährung der Vergütung gehemmt, solange das Verfahren anhängig ist. Die Hemmung endet, wenn das Verfahren rechtskräftig oder anderweitig beendet wird.
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Nach Durchsicht der Akte wurde festgestellt, dass das Verfahren mittels Vergleich gemäß S. 278 Absatz 6 ZPO mit Beschluss vom 22.01.2018 beendet wurde.
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Der Vergütungsfestsetzungsantrag vom 17.12.2021 ging bei Gericht am 17.12.2021 ein.
17
Gemäß G/Sch., 25. Auflage, S. 1 1 Rn. 183 und 184 RVG wird die Verjährung der Vergütung gemäß S. 1 1 Absatz 7 RVG durch den Eingang des Vergütungsfestsetzungsantrages gehemmt.
18
Aus diesem Grund stellt sich der Einwand der Verjährung anhand der Aktenlage als offensichtlich unbegründet und daher unbeachtlich dar.
19
Des Weiteren teilt der Kläger mit, dass er die Rechnungshöhe in Höhe von 870,49 € nicht nachvollziehen kann.
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In der Anlage des Vergütungsfestsetzungsantrages vom 17.12.2021 wurde dem Gericht die Kostenrechnung vom 31.01.2018 vorgelegt, welche an den Kläger verschickt wurde.
21
Die Kostenrechnung wurde an Herrn B., B-Stadt adressiert.
22
Auch die beiden Mahnungen wurden an die o. g. Adresse versandt.
23
Der Kläger hat in seinen beiden Stellungnahmen als Adresse Herrn B. A-Straße B-Stadt angegeben.
24
Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger erst im Rahmen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens Kenntnis von der Kostenrechnung in Höhe von 870,49 € hat.
25
Gemäß G./Sch., 25. Auflage, S. 1 1 Rn. 120 und 129 RVG sind allerdings Einwendungen grundsätzlich als unbeachtlich einzustufen, wenn es sich um Einwendungen handelt, die die Aufklärungspflichtverletzung betreffen. Es besteht für die Prozessbevollmächtigte keine Aufklärungspflicht hinsichtlich der Gebühren.
26
Weiterhin wurde dem Gericht mitgeteilt, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers ihm einen konkreten Kostenbereich (150,00 € bis 200,00 €) für die Abschlussrechnung genannt hat.
27
Gemäß G./Sch., 25. Auflage, S. 1 1 Rn. 176 RVG ist die Behauptung, es sei eine Vergütungsvereinbarung getroffen worden, eine nicht gebührenrechtliche Einwendung, die immer zu beachten ist. Die Behauptung alleine reicht dazu aus.
28
Im konkreten Fall wendet der Kläger ein, dass ihm von der Prozessbevollmächtigten mitgeteilt wurde, er habe nur noch einen Betrag in Höhe von 150,00 € bis 200,00 € zu bezahlen.
29
Gemäß G/Sch., 25. Auflage, S. 11 Rn. 1 1 1 RVG genügt es, dass der Kläger außergebührenrechtliche Einwendungen oder Einreden erhebt. Über die Begründetheit ist im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht zu entscheiden (LAG Nürnberg, 1 Ta 28/15, Beschluss vom 20.04.2015).
30
Aus diesem Grund wurde der Kostenfestsetzungsantrag gemäß S. 1 1 Absatz 5 RVG zurückgewiesen.