Inhalt

OLG München, Endurteil v. 31.01.2022 – 17 U 6087/21
Titel:

Gesetzlichkeitsfiktion bei Fernabsatzvertrag auch bei veränderter Verwendung des Belehrungsmusters 

Normenketten:
BGB § 312g Abs. 1, § 355 Abs. 2, § 356 Abs. 3 S. 1
EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2 Anl. 1
Verbraucherrechte-RL Art. 6 Abs. 4 S. 2
Leitsätze:
1. Bei einem Fernabsatzvertrag genügt eine Widerrufsbelehrung, nach der die Widerrufsfrist 14 Tage ab dem Tag des Vertragsschlusses zu laufen beginnt, inhaltlich nicht den in § 356 Abs. 3 S. 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB geregelten Anforderungen, wenn im konkreten Fall aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers der Vertrag zu zwei verschiedenen Zeitpunkten geschlossen sein kann. (Rn. 17 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Einem danach wirksamen Widerruf steht jedoch die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB entgegen, wenn der Text der Widerrufsinformation die Muster-Widerrufsbelehrung der Anl. 1 zwar nicht wörtlich, aber inhaltlich richtig wiedergibt (Abweichung von BGH BeckRS 2021, 34202). (Rn. 29 – 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fernabsatzvertrag, Maklervertrag, Gesetzlichkeitsfiktion, Muster-Widerrufsbelehrung, Fristbeginn, zeitlich unklarer Vertragsschluss, wortgetreu, RL 2011/83/EU
Vorinstanz:
LG München I, Urteil vom 21.07.2021 – 24 O 14214/20
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 01.12.2022 – I ZR 28/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 44993

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 21.07.2021, Az. 24 O 14214/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieses Urteil sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird zugelassen, soweit es um den Anspruch der Kläger hinsichtlich der begehrten Rückzahlung der Maklerprovision in Höhe von € 17.778,60 dem Grunde nach geht.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf € 17.778,60 festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der Kläger vom 13.02.2020 (Anlage K 4) betreffend einen Maklervertrag (Anlage K 1 + B 5 – B 6) mit der Beklagten vom April 2019 und die damit gegebenenfalls verbundene Rückzahlungspflicht des gezahlten Maklerhonorars in Höhe von € 17.778,60 brutto (Anlage K 3).
2
Hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf das klageabweisende Endurteil des LG München I vom 21.07.2021 (Bl. 32/38 d. A.) mit folgender Ergänzung verwiesen.
3
Die Klage der Kläger vom 27.10.2020 wurde der Beklagten am 03.12.2020 zugestellt.
4
Das LG München I hat mit Endurteil vom 21.07.2021 die Klage abgewiesen.
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Die Kläger beantragen jetzt unter Abänderung des vorgenannten Urteils:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Mitgläubiger einen Betrag in Höhe von 17.778,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.03.2020 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Kläger als Mitgläubiger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der … Rechtsanwälte, … in Höhe von 1.597,46 € freizustellen.
6
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
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Hinsichtlich des Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
8
Die zulässige Berufung (§§ 511, 517, 520 ZPO), hat keinen Erfolg, die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückzahlung der Maklerprovision in Höhe von € 17.778,60 (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB):
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Auf den Rechtsstreit ist das im April 2019 geltende Zivilrecht anzuwenden (Art. 229 § 53, § 57 Abs. 2, § 60 EGBGB, die beiden letzten Vorschriften jeweils in der ab 01.01.2022 geltenden Fassung).
1. Vorbemerkungen:
10
a) Vertragsschluss unter alleiniger Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, Abschluss des vermittelten Immobilienvertrages durch die Kläger, Erbringung der Leistung durch die Beklagte und Zahlung durch die Kläger wegen erbrachter Maklerleistungen in Höhe von € 17.778,60 brutto sind zwischen den Parteien unstrittig. Es geht allein darum, ob die Widerrufsfrist bei Widerruf der Kläger per E-Mail am 13.02.2020 abgelaufen war oder nicht, und ob der Widerruf der Kläger vom 13.02.2020 (Anlage K 5) deshalb (un) wirksam war.
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b) Die den Klägern zu übermittelnden Informationspflichten ergeben sich aus Art. 246a §§ 1 Abs. 1 bis Abs. 3 EGBGB. Soweit einzelne Informationspflichten abgesehen von denjenigen des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB nicht ausreichend übermittelt worden sein sollten, schadet dies dem Anlauf der Widerrufsfrist nicht (vgl. Grüneberg-Grüneberg, 81. Auflage, § 312d BGB Randziffer 4).
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2. Der Vortrag der Kläger, dass den am 23.04.2019 als PDF-Datei übersandten Unterlagen die Muster-Widerrufsbelehrung, insbesondere auch die Anlage B 3, nicht beigefügt gewesen sein soll, befremdet den Senat. Ausweislich des Protokolls zur mündlichen Verhandlung vor dem LG München I am 21.07.2021, dort Seite 2 (= Bl. 29 d. A.) erklärte der Kläger zu 1) dort wörtlich, „dass der E-Mail vom 23.04.2019 tatsächlich die Verbraucherinformationen gemäß Anlage B 3, dort Seiten 1 und 2, beigefügt waren sowie die Anlage B 6.“
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Abgesehen davon, dass der diesbezügliche klägerische Vortrag in der Berufungsbegründung bedenklich ist, handelt es sich um (bereits erstinstanzlich bestrittenen) neuen Vortrag in der Berufungsinstanz (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO), wobei nicht ersichtlich ist, inwiefern dieser nicht bereits in der ersten Instanz hätte gehalten werden können (sofern er überhaupt wahr ist).
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Legt man aber die Erklärung des Klägers zu 1) in der mündlichen Verhandlung am 21.07.2021 vor dem LG München I zugrunde, dann haben die Kläger in angemessener Frist auch das Musterformular zum Widerruf auf einem anderen dauerhaften Datenträger als Papier (in Form eines PDF-Dokuments) übermittelt bekommen, was ausreichend ist, und wovon der Senat auch überzeugt ist, da nicht ersichtlich ist, inwiefern der Kläger zu 1) diesbezüglich im Termin am 21.07.2021 vor dem Landgericht München I zu seinen eigenen Ungunsten die Unwahrheit gesagt haben sollte, als er insoweit den Vortrag der Beklagten bestätigte.
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Es kann daher hier dahinstehen, ob der hier relevante Vertrag erst am 23.04.2019 zustande gekommen ist oder bereits vorher: Denn die notwendigen Vertragsinformationen sind den Klägern bereits mit Bekanntgabe und Benutzung des Links aufgrund der E-Mail vom 18.04.2019 bekannt gegeben worden (Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB). Auf dauerhaftem Datenträger mussten sich die Vertragsinformationen zu diesem Zeitpunkt noch nicht befinden (§ 312f Abs. 2 Satz 2 BGB im Gegenschluss; vgl. Grüneberg-Grüneberg, 81. Auflage, § 312f Randziffer 3), da deren Übermittlung auf dauerhaftem Datenträger mit E-Mail vom 23.04.2019 erfolgte (Anlagen K 1 + B 3 + B 5 + B 6), was ausreichend war (Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB).
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3. Dass die Beklagte neben ihrer eigenen E-Mail-Adresse auch diejenige der … im Rahmen der Widerrufsinformation beigefügt hat, schadet nicht (vgl. Grüneberg-Grüneberg, 81. Auflage, Art. 246 EGBGB, Randziffer 13 i.V.m. Art. 246a § 1 EGBGB, Randziffer 9).
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4. Falsch ist weiterhin der Vortrag der Kläger, dass vorliegend kein schriftlicher Maklervertrag geschlossen worden sei. Noch in der Berufungsbegründung vom 26.10.2021 tragen die Kläger selbst auf Seite 7 (= Bl. 59 d. A.), unten, vor: „Richtig ist, dass die Kläger das dreiseitige Formular der Anlage B 6 mit ihrer Unterschrift versahen und an die … zurücksandten.“ Dabei bleibt allerdings unklar, ob die Kläger das unterschriebene Formular per Post oder als Anlage per E-Mail zurücksandten, worauf es aber letztlich nicht ankommt.
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Denn allein aufgrund dieses Verhaltens ist die Widerrufsinformation der Beklagten (zunächst isoliert betrachtet) unzureichend im Hinblick auf den Ablauf des konkreten Sachverhalts:
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a) Der Bundesgerichtshof hat für den Fall eines Haustürgeschäfts bei vor dem 01.01.2002 geltender Rechtslage zur Eindeutigkeit des Anlaufs der Widerrufsfrist ausgeführt: Der mit dem Widerrufsrecht nach § 1 Abs. 1 HWiG bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG). Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, sein Widerrufsrecht auszuüben. Er ist deshalb auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren. Nach diesen Maßstäben ist die den Klägern erteilte Widerrufsbelehrung unwirksam. Der verständige Kunde, auf dessen Sichtweise es für die Auslegung der Belehrung ankommt, kann den Beginn der Widerrufsfrist anhand der Belehrung nicht ermitteln. Denn nach dieser Belehrung beginnt die Frist entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 HWiG nicht mit Aushändigung der Belehrung, sondern erst dann, wenn die unterschriebene Ausfertigung des Darlehensvertrages der Beklagten zugegangen ist. Wann dies der Fall ist, entzieht sich der Kenntnis des Darlehensnehmers, der über interne Abläufe bei der Kreditgeberin nicht informiert ist (BGH, Urteil vom 24.03.2009, XI ZR 456/07, WM 2009, 1028, 1029f., Randziffer 14).
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b) Im hier vorliegenden Fall ist der Anlauf der Frist aus zwei Gründen unklar:
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Zunächst ist nicht klar, wann der Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist. Vordergründig scheint dies in dem Moment geschehen zu sein, in dem die Klägerin zu 2) (am 18.04.2019) den von der Beklagten übersandten Link aktiviert hat. Dies wäre auch noch ohne Weiteres für einen durchschnittlichen Verbraucher als juristischer Laie erkennbar gewesen.
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Dann verlangte die Beklagte jedoch (am 23.04.2019) die Unterschrift unter eine entsprechende Vereinbarung (Anlage K 1; s.a. Anlage B 6), die die Kläger nach eigenem Vortrag in der Berufung zurücksandten. Es ist völlig offen, wann die Beklagte diese Erklärung erreichte bzw. erreichen würde.
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Aus der Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers kam damit ohne Weiteres auch ein Vertragsschluss erst am 23.04.2019 bzw. bei Zugang der unterschriebenen Erklärung vom 23.04.2019 (Anlage K 1) in Betracht. Beide denkbaren Ereignisse würden jedoch zu unterschiedlichen Widerrufsfristenden führen. Wann die Widerrufsfrist anlaufen sollte, wird in der Widerrufsinformation (entsprechend der Anlage 1 zum EGBGB) mit Abschluss des Vertrages erklärt. Aber genau dieser Zeitpunkt (und damit auch der Fristablauf) bleibt nach den Erklärungen der Beklagten unklar.
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Da abstrakt nicht bekannt ist, wann die Kläger die Erklärung (Anlage K 1) zurückschicken würden und auch das Übermittlungsmedium nicht vorgegeben ist (E-Mail, Telefax oder per Post), bleibt offen für den Fall, wenn auf den Zugang der Erklärung vom 23.04.2019 bei der Beklagten abzustellen sein sollte, wann dies der Fall ist (insbesondere im Fall der Übersendung per Post, aber auch bei Übersendung durch E-Mail oder Telefax, weil unklar ist, ob am gleichen Tag bei der Beklagten noch die Kenntnisnahme zu erwarten war).
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c) Auf § 356 Abs. 4 Satz 1 und § 357 Abs. 8 Satz 1 BGB kann sich die Beklagte nicht erfolgreich berufen:
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Das entsprechende Verlangen auf der zweiten Seite unten der Anlage B 6 verhilft der Einwendung der Beklagten nicht zum Erfolg. Denknotwendig können die Kläger ihr Einverständnis/Verlangen nach sofortiger Leistung erst zeitlich nach Kenntnisnahme der Anlage B 6 erklären. In diesem Moment der Kenntnisnahme hatte die Beklagte aber ihre Leistung einschließlich Bekanntgabe des Eigentümers des Objektes bereits vollständig erbracht (vgl. Anlage B 6, Seite 1). Aus dem Wortlaut der § 356 Abs. 4 Satz 1 und § 357 Abs. 8 Satz 1 BGB ergibt sich jedoch, dass dieses Verlangen vor Beginn der Leistungserbringung durch den Unternehmer, hier also durch die Beklagte, erklärt werden muss.
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5. Auch nach § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB war das Widerrufsrecht nicht erloschen. Selbst wenn man von einem Vertragsschluss am 18.04.2019 ausgeht, lag der Widerruf mit E-Mail vom 28.02.2020 (Anlage K 4) innerhalb der Frist von 1 Jahr und 14 Tagen seit Vertragsschluss.
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6. Damit wäre der Widerruf der Kläger grundsätzlich wirksam, die Kläger könnten € 17.778,60 bezahlte Maklerprovision nebst 5%-Prozentpunkte Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit 26.03.2020 verlangen, da die Fristsetzung von 14 Tagen in der E-Mail der Kläger vom 13.02.2020 (Anlage K 4) als verzugsbegründend wirksam, und die Frist jedenfalls mit dem 25.03.2020 abgelaufen war.
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7. Dem wirksamen Widerruf der Kläger steht jedoch nach der Auffassung des Senats die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB entgegen:
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a) Die Widerrufsinformation (vorgelegt mit Anlagen B 3 und B 6) entspricht nicht vollständig der Anlage 1 zum EGBGB. Am Ende des zweiten Satzes müsste es „Vertragsabschlusses“ statt „Vertragsschlusses“ heißen. Der Satz zur Adressierung des Widerrufes (mit zwei möglichen Widerrufsadressaten) ist in der Anlage 1 zum EGBGB überhaupt nicht vorgesehen.
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b) Legt man die Rechtsprechung des 11. Zivilsenates des BGH zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der vor dem 11.06.2010 geltenden Fassung bzw. der Nachfolgevorschrift Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB zugrunde (vgl. soweit ersichtlich zuletzt BGH, Urteil vom 26.10.2021, XI ZR 608/20, WM 2021, 2248, 2249, Randziffern 11f.) wäre die Gesetzlichkeitsfiktion nicht gegeben. Die oben wiedergegebenen Abweichungen wären ausreichend, um diese zu verneinen.
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c) Diese Rechtsprechung hält der Senat für die Vorschrift des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB so für nicht anwendbar:
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In Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB heißt es, dass die Widerrufsinformation der Anlage 1 zum EGBGB entsprechen müsse (§ 14 Abs. 1 BGB-InfoV a. F. geht, wohl noch enger, von Verwendung des Musters aus).
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In Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB ist (in Übereinstimmung mit der deutschen Übersetzung des Art. 6 Abs. 4 Satz 2 der RL 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der RL 93/13/EWG des Rates und der RL 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der RL 85/577/EWG des Rates und der RL 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates; künftig: RLEU 83/11) die Rede davon, das Muster zutreffend ausgefüllt in Textform zu übermitteln. Schon vom Wortlaut ist dies bei weitem nicht so einschränkend auszulegen wie das Wort „entsprechen“ (oder gar Verwendung des Musters).
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Nach Ansicht des Senats verfälschen die beiden oben beschriebenen Abweichungen von Anlage 1 EGBGB den Text der Widerrufsinformation nicht, geben den Text also (inhaltlich) richtig wieder und sind daher zutreffend ausgefüllt, weshalb die Gesetzlichkeitsfiktion verhindert, dass die Widerrufsinformation im vorliegenden Fall unwirksam ist.
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8. Keinesfalls verlangen könn(t) en die Kläger die Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (§ 257 BGB): Es fehlt an jeglichem Vortrag, wann der Klägervertreter beauftragt wurde (vor Verzugseintritt?) und welchen konkreten Auftrag (bereits einschließlich Klageerhebung?) er seitens der Kläger hatte, als er die Beklagte mit Schreiben vom 11.03.2020 (vgl. Anlage K 5) erneut mahnte.
III.
37
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
38
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen und dieses Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
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Da, soweit ersichtlich, bisher nicht höchstrichterlich entschieden ist, welche Anforderungen an die Gesetzlichkeitsfiktion nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB zu stellen sind, war für die Frage des Anspruchs dem Grunde nach (insoweit ist die Beschränkung der Zulassung zulässig: vgl. BGH, Urteil vom 20.07.2021, VI ZR 575/20, ZIP 2021, 1922, 1923, Randziffer 14) wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).