Titel:
Fahreignungszweifel nach Fahrt mit E-Scooter unter der Wirkung von Cannabis
Normenketten:
GG Art. 80 Abs. 1 S. 2
StVG § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. y
FeV § 3, § 11 Abs. 8, § 14 Abs. 1 S. 3, § 73 Abs. 2
FeV Anl. Nr. 9.2.2
BayVwVfG Art. 3 Abs. 3, Art. 37 Abs. 1
Leitsätze:
1. §§ 11 ff. FeV bilden die Rechtsgrundlage für die Berechtigung der Fahrerlaubnisbehörde, bei dem Inhaber oder früheren Inhaber einer Fahrerlaubnis, der ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug unter erheblichem Alkohol- oder Drogeneinfluss geführt hat, unter den Voraussetzungen der entsprechenden einschlägigen Norm ein medizinisch-psychologisches Gutachten nicht nur zur Überprüfung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, sondern auch zur Prüfung der Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen anzuordnen. (vgl. VGH München BeckRS 2011, 55178 mwN). (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr zuletzt BVerwG BeckRS 2019, 20067). (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3. Fraglich, ob die im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des § 3 Abs. 1 FeV geltende Verordnungsermächtigung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. y StVG in der bis 27.7.2021 geltenden Fassung für die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG genügt hat, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden bzw. sich zumindest mithilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen müssen. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Untersagung, Fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge, Gelegentlicher Cannabiskonsum, Medizinischpsychologisches Gutachten, Nichtvorlage des Gutachtens, Verhältnismäßigkeit, Verfassungsmäßigkeit, Cannabiskonsum, E-Scooter, Trennungsgebot
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 15.03.2023 – 11 CS 23.59
Fundstelle:
BeckRS 2022, 44954
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Beklagten, in dem ihm das Führen fahrerlaubnisfreier (Kraft-)Fahrzeuge untersagt wurde.
2
Die Polizeiinspektion … teilte dem Landratsamt unter dem 17. März 2022 mit, dass der Antragsteller am 3. März 2022 gegen § 29 BtMG (Cannabis einschließlich Zubereitung) verstoßen habe. Bei einer allgemeinen polizeilichen Personenkontrolle habe der Antragsteller einen Grinder mit Marihuanaanhaftungen sowie ein Glas mit einer geringen Menge Marihuana (Nettogewicht 0,72 g) in ein angrenzendes Gebüsch geworfen. Bei der Durchsuchung habe außerdem ein Filtertip sichergestellt werden können. Das Ermittlungsverfahren wurde wegen geringer Schuld gemäß § 45 Abs. 1 JGG eingestellt.
3
Am 29. Oktober 2021 geriet der Antragsteller gegen 18:20 Uhr bei einer Fahrt mit einem E-Scooter in … in eine allgemeine, drogenspezifische Verkehrskontrolle, bei der er aufgrund einer polizeilich angeordneten Urinprobe positiv auf Cannabinoide (THC) getestet wurde. Infolgedessen ordnete die Verkehrspolizeiinspektion … die Durchführung einer ärztlichen Blutentnahme an. Im Rahmen der chemisch-toxikologischen Analyse des Instituts für Rechtsmedizin der …Universität … vom 10. Januar 2022 wurden folgende Werte ermittelt:
Tetrahydrocannabinol (THC): 2,5 ng/ml
THC-Carbonsäure (THC-COOH): 33 ng/ml
4
Mit Schreiben der Verkehrspolizeiinspektion … vom 14. März 2022 wurde dem Landratsamt dieser Sachverhalt mitgeteilt. Der Antragsteller habe bei der Kontrolle angegeben, regelmäßig Marihuana zu konsumieren und zuletzt vor zwei Tagen zwei Joints geraucht zu haben.
5
Am 5. Mai 2022 erging ein Bußgeldbescheid (Az.: …) gegen den Antragsteller wegen eines Verstoßes nach § 24a StVG, in dem u.a. ein Fahrverbot von einem Monat verhängt wurde.
6
Unter dem 10. Mai 2022 teilte das Landratsamt dem Antragsteller mit, dass es aufgrund dieser Mitteilung beabsichtige, den Antragsteller zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern, um zu klären, ob er auch künftig ein Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss führen werde. Dabei wurde dem Antragsteller eine Frist zur Äußerung bis zum 24. Mai 2022 eingeräumt.
7
Mit Schreiben vom 23. Mai 2022 zeigte sich der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers an und wies auf den einmaligen Konsum von Cannabis durch seinen Mandanten hin. Weder läge bei diesem ein gelegentlicher noch ein regelmäßiger Konsum vor, sodass Auswirkungen auf die Fahreignung und ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nicht zu befürchten seien. Es sei nur eine geringe Menge von THC festgestellt worden und der Antragsteller habe nur einen E-Scooter geführt. Zudem erfolgte der Hinweis auf die Einlegung eines Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid des Bayerischen Polizeiverwaltungsamtes vom 5. Mai 2022 (Az. …), der wegen des Fahrens des E-Scooters unter Cannabiseinfluss erlassen wurde.
8
Der Antragsteller wurde mit Schreiben des Landratsamts vom 4. August 2022, zugestellt am 8. August 2022, zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bis spätestens zum 4. November 2022 aufgefordert. Der Gutachter habe zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:
- Kann Herr … trotz der Hinweise auf gelegentlichen Cannabiskonsum sowie der bekannten Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss
- ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1 (FE-Klassen B, AM und L)
- ein fahrerlaubnisfreies Kraftfahrzeug und/oder
- ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug
- Ist insbesondere nicht zu erwarten, dass er zukünftig
- ein fahrerlaubnisfreies Kraftfahrzeug und/oder
- ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug
unter dem Einfluss von Cannabis oder dessen Nebenwirkungen führen wird (Fähigkeit zum Trennen von Konsum und Verkehrsteilnahme)?
9
Bei der Ermessensentscheidung werde berücksichtigt, dass von Betäubungsmittelkonsumenten erhebliche Gefahren für den Straßenverkehr ausgingen. Cannabiskonsum im Speziellen beeinträchtige Fähigkeiten, die zum Führen eines Fahrzeuges notwendig seien. Auch wenn beim Antragsteller aufgrund des THC-Wertes nicht zwingend von einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Konsum und Fahrt ausgegangen werden könne, so erscheine es aus Gründen der Verkehrssicherheit und zur Vermeidung künftiger Fahrten unter Cannabiseinfluss erforderlich, durch ein Fahreignungsgutachten zu klären, ob der Antragsteller auch zukünftig unter Cannabiseinfluss fahre. Zur Abklärung des Trennvermögens sei deshalb eine medizinisch-psychologische Untersuchung notwendig. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass das Landratsamt im Falle der nicht fristgerechten Vorlage des Gutachtens auf die Nichteignung des Antragstellers schließen kann. Der Antragsteller wurde außerdem darauf aufmerksam gemacht, die Unterlagen, welche an die Untersuchungsstelle übersandt werden, in den Diensträumen der Führerscheinstelle einsehen zu können.
10
Unter dem 31. Oktober 2022 teilte der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers dem Landratsamt mit, dass an der vorgetragenen Rechts- und Tatsachenauffassung festgehalten werde. Es sei weder dargelegt noch nachgewiesen worden, dass ein gelegentlicher Konsum von Cannabis vorliege, der die Beibringungsaufforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens begründe. Der einmalige Konsum von Cannabis rechtfertige nicht die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung. Es werde bereits jetzt in Abrede gestellt, dass gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten seitens des Antragstellers die Aussage getätigt worden sei, dass er in der Vergangenheit abermals Cannabis konsumiert habe. Selbst wenn zwei selbständige Konsumvorgänge vorliegen sollten, so bedürfe es außerdem eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen den Konsumhandlungen. Zu berücksichtigen sei auch, dass es sich bei einem E-Scooter um ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug handle. Abschließend werde angemerkt, dass der Antragsteller seit dem 30. September 2022 seinen ersten Wohnsitz nach … verlegt habe; eine entsprechende Ummeldung sei bereits vereinbart worden. Deshalb sei das Landratsamt fortan nicht mehr zuständig.
11
Am 7. November 2022 übersandte der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers dem Landratsamt eine amtliche Meldebestätigung, aus der sich ergibt, dass dieser zum 1. Oktober 2022 nach … gezogen ist.
12
Die Fahrerlaubnisbehörde des Landkreises … erteilte dem Landratsamt mit E-Mail vom 10. November 2022 die Zustimmung zur Weiterführung des Verfahrens.
13
Der Antragsteller wurde mit Schreiben des Landratsamts vom 10. November 2022 zu der beabsichtigten Fahrerlaubnisentziehung auf Grundlage des § 11 Abs. 8 FeV und der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier (Kraft-)Fahrzeuge angehört, wobei ihm eine Frist zur Äußerung bis zum 18. November 2022 gesetzt wurde.
14
Mit Bescheid des Landratsamts vom 24. November 2022, zugestellt am 29. November 2022, wurde dem Antragsteller das Führen von fahrerlaubnisfreien (Kraft-)Fahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr generell untersagt (Ziffer 1). Der Bescheid werde in Ziffer 1 für sofort vollziehbar erklärt (Ziffer 2). Für den Fall der Nichtbeachtung der unter der Ziffer 1 angeordneten Untersagung nach Bekanntgabe dieses Bescheides werde ein Zwangsgeld in Höhe von 300,00 EUR zur Zahlung fällig (Ziffer 3). Es werde angeordnet, dass der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen hat (Ziffer 4). Für den Bescheid werde eine Gebühr in Höhe von 100,00 EUR festgesetzt (Ziffer 5).
15
Zur Begründung der Ziffer 1 wird ausgeführt, das Landratsamt dürfe gemäß § 11 Abs. 8 FeV wegen der Nichtvorlage des geforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens von der Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Fahrzeugen ausgehen. Ein Entschließungsermessen im Hinblick auf die Untersagung auf Grundlage des § 3 Abs. 1 FeV käme dem Landratsamt nicht zu. Das Auswahlermessen sei ordnungsgemäß unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgeübt worden. Das besondere Gefährdungspotential, das durch unerwartete Reaktionen oder unkontrolliertes Fahrverhalten von dem Fahrzeugführer ausgehen könne, rechtfertige die umfassende Untersagung. Die Interessen der Straßenverkehrsteilnehmer, die von Betäubungsmittelkonsumenten im Straßenverkehr drohenden Gefahren einzudämmen, wögen schwerer als das Interesse des Antragstellers, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen.
16
Aufgrund dieser Gefahren werde der Sofortvollzug der Ziffer 1 in Ziffer 2 angeordnet. Wegen der Nichtvorlage des geforderten Gutachtens müsse befürchtet werden, dass der Antragsteller zum Führen von Fahrzeugen nicht geeignet sei und ohne die Anordnung weitere Fahrten unter Betäubungsmitteleinfluss unternehme. Den Belangen der Sicherheit des Straßenverkehrs müsse der Vorrang vor den Interessen des Antragstellers eingeräumt werden.
17
Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 eigne sich von allen in Betracht kommenden Zwangsmitteln am besten, um den angestrebten Zweck erreichen zu können. Die Höhe des Zwangsgeldes sei aufgrund der drohenden Gefahren bei Nichtbeachtung der Untersagungsverfügung auch angemessen.
18
Es folgt die Begründung der Kostenentscheidung.
19
Mit am 1. Dezember beim Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangenen Schriftsatz ließ der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten beantragen,
- 1.
-
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Untersagungsverfügung des Antragsgegners mit Bescheid vom 24.11.2022, zugestellt am 29.11.2022, wiederherzustellen und
- 2.
-
die aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Androhung der Festsetzung eines Zwangsgeldes anzuordnen.
20
Unter dem 2. Dezember 2022, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tage, ließ der Kläger Klage gegen den Untersagungsbescheid des Landratsamts erheben mit dem Antrag,
den Bescheid des Beklagten vom 24. November 2022, Aktenzeichen …, zugestellt am 29. November 2022, über die Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien (Kraft-)Fahrzeugen aufzuheben.
21
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei dem Vorfall am 29. Oktober 2021 um einen einmaligen Fehltritt des Antragstellers gehandelt habe und dieser nicht gelegentlich Cannabis konsumiere. Die nachgewiesenen THC-Werte rechtfertigten nicht den Rückschluss darauf, dass der Antragsteller mehr als einmal Cannabis konsumiert habe. Die Aussage, er würde regelmäßig Marihuana konsumieren und habe zuletzt zwei Joints vor zwei Tagen geraucht, habe der Antragsteller gegenüber den Polizeibeamten nicht getätigt. Es bestehe der Verdacht einer Verwechslung. Nach der polizeilichen Aufforderung zur Abgabe einer Urinprobe habe der Antragsteller lediglich angegeben, einmalig Cannabis konsumiert zu haben. Dem Antragsteller könne deshalb nur ein einmaliger Konsum vorgehalten werden. Auch wenn unterstellt würde, dass seitens des Antragstellers das Rauchen zweier Joints zwei Tage vor der Kontrolle zugegeben worden sei, so stelle dies nur einen Konsumakt und nicht zwei selbständige Konsumakte dar. Das Landratsamt sei deshalb nicht befugt gewesen, ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu fordern. Der Untersagungsbescheid auf der Grundlage der Nichtvorlage des Gutachtens sei deshalb rechtswidrig. Zudem sei der Bescheid ermessensfehlerhaft ergangen, da die Untersagung weder das mildeste Mittel darstelle noch angemessen sei. Die Untersagung sei nicht auf eine spezielle Fahrzeugkategorie eingrenzbar. Außerdem habe der Antragsteller keine Möglichkeit, die Untersagung einer Beendigung zuzuführen, da es hierfür keiner besonderen Zulassung bedürfe.
22
Unter dem 12. Dezember 2022 beantragte der Beklagte, den Antrag abzulehnen.
23
Es wurde im Wesentlichen die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids wiederholt. Zusätzlich wies das Landratsamt darauf hin, dass sich die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier (Kraft-)Fahrzeuge nur auf den öffentlichen Straßenverkehr erstrecke und der Antragsteller deshalb weiterhin berechtigt sei, solche Fahrzeuge auf Privatgrund zu führen. Eine zeitliche Eingrenzung habe nicht erfolgen können, da nicht bekannt sei, wann der Antragsteller wieder im Sinne des Fahrerlaubnisrechts geeignet sei. Eine Beendigung der Untersagung erfolge jedoch dann, wenn der Antragsteller ein für ihn positives medizinisch-psychologisches Gutachten vorlege. Im Übrigen werde auf den Polizeibericht vom 14. März 2022, die Anordnung zur Vorlage des Gutachtens vom 4. August 2022 und das Schreiben des Landratsamtes vom 10. November 2022 verwiesen.
24
Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2022 führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, die Untersagungsverfügung sei unverhältnismäßig und unbestimmt. Dem Bescheid sei nicht zu entnehmen, auf welche Fahrzeuge sich die Untersagung erstrecke. Abschließend dürfe unterstellt werden, dass dem Antragsteller, wäre der Cannabiskonsum beim Führen eines Kraftfahrzeuges festgestellt worden, gewiss nur die Fahrerlaubnis entzogen und nicht gleichzeitig auch das Führen von fahrerlaubnisfreien (Kraft-)Fahrzeugen untersagt worden wäre, woraus folge, dass Personen, die eines der letztgenannten Fahrzeuge bewegten, härter bestraft würden.
25
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
26
1. Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg und ist abzulehnen.
27
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen. Das Gericht prüft im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind.
28
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der vorliegende Antrag keinen Erfolg. Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. November 2022 hat bei summarischer Prüfung keine Aussicht auf Erfolg hat, da der Bescheid rechtmäßig ist.
29
a. Der Bescheid ist insbesondere nicht wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit des Landratsamts … infolge des Umzuges des Antragstellers in den Zuständigkeitsbereich der Fahrerlaubnisbehörde des Landkreises … rechtswidrig. Zwar hatte der Antragsteller im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung seinen Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich der Fahrerlaubnisbehörde des Landkreises …, weshalb das Landratsamt … gemäß § 73 Abs. 2 Satz 1 Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) bei dem Erlass der Untersagungsverfügung bezüglich des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge nach § 3 Abs. 1 FeV nicht mehr örtlich zuständig war. Darauf, ob in dieser Konstellation Art. 46 BayVwVfG eingreift, kommt es nicht entscheidungserheblich an, da schon kein Verstoß gegen Vorschriften der örtlichen Zuständigkeit im Sinne eines Verfahrensfehlers vorliegt. Die örtliche Zuständigkeit des Landratsamts … ergibt sich vorliegend zwar nicht aus § 73 Abs. 2 Satz 2 FeV, wonach Anträge mit Zustimmung der örtlich zuständigen Behörde von einer gleichgeordneten Behörde behandelt und erledigt werden können, da sich diese Vorschrift ausschließlich auf Antragsverfahren, nicht jedoch auf Verwaltungsakte im Rahmen der klassischen Eingriffsverwaltung nach Zuständigkeitswechsel durch Wohnsitzverlagerung bezieht. Eine Abweichung von der grundsätzlich gemäß § 73 Abs. 2 Satz 1 FeV bestehenden örtlichen Zuständigkeit der Wohnsitzbehörde war aber gemäß Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG gerechtfertigt. Ändern sich im Lauf des Verwaltungsverfahrens die die Zuständigkeit begründenden Umstände, kann nach dieser Vorschrift die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Behörde zustimmt. Die Fahrerlaubnisbehörde des Landkreises … hat vorliegend schriftlich ihre Zustimmung zur Verfahrensbeendigung durch das Landratsamt … erklärt. Dass es dies irrig unter Verweis auf § 73 Abs. 2 Satz 2 FeV getan hat, ist unschädlich, weil aus der Erklärung jedenfalls eindeutig hervorgeht, dass sie damit einverstanden war, dass das Landratsamt … als bisher zuständige Behörde das Verfahren zunächst weiterführt und beendet (vgl. BayVGH, B.v. 20.2.2007 – 11 CS 06.2029 – juris Rn. 19). Dies diente der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens. Dem Erfordernis der Wahrung der Interessen der Beteiligten ist – wie im vorliegenden Fall – genügt, wenn die Geltendmachung ihrer Rechte durch die Fortführung des Verfahrens bei der ursprünglich zuständigen Behörde nicht wesentlich erschwert wird (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, Rn. 50 zu der insoweit wortgleichen bundesrechtlichen Vorschrift des § 3 VwVfG). Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG ist auch auf den vorliegenden Fall anwendbar. Insbesondere wird er nicht durch § 73 Abs. 2 Satz 2 FeV verdrängt. Beide Bestimmungen haben vielmehr unterschiedliche Regelungsbereiche und sind deshalb nebeneinander anwendbar. Das Abweichen von der örtlichen Zuständigkeit war folglich aufgrund der schriftlichen Erklärung der Fahrerlaubnisbehörde des Landkreises … vom 10. November 2022 legitimiert.
30
b. Gegen Ziffer 1 des Bescheides, in der die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier (Kraft-)Fahrzeuge angeordnet wurde, bestehen nach summarischer Prüfung keine Rechtmäßigkeitsbedenken.
31
aa. Die Untersagung ist nicht bereits mangels Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) rechtswidrig. Danach muss der Entscheidungsinhalt so gefasst sein, dass der Adressat ohne weiteres erkennen kann, was genau von ihm gefordert wird bzw. was in der ihn betreffenden Angelegenheit geregelt worden ist. Entgegen des anwaltlichen Vorbringens des Antragstellers, es sei unklar, welche Fahrzeuge von der Untersagungsverfügung erfasst werden, muss festgehalten werden, dass sich die Untersagung auf sämtliche fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge erstreckt. Ausgenommen sind insofern die nach § 24 Abs. 1 StVO genannten besonderen Fortbewegungsmittel, die dem Fußgängerverkehr zuzuordnen sind, darunter Schiebe- und Greifreifenrollstühle, Rodelschlitten, Kinderwagen, Roller, Kinderfahrräder, Inline-Skates, Rollschuhe und ähnliche nicht motorbetriebene Fortbewegungsmittel (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 3 FeV Rn. 10). Somit steht hinreichend bestimmt fest, welche Fahrzeuge der Antragsteller führen darf und welche nicht.
32
bb. Die Untersagung ist auch materiell rechtmäßig. Aufgrund der feststehenden Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen durfte diesem das Führen solcher Fahrzeuge untersagt werden.
33
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen oder Tieren zu untersagen, wenn sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet dafür erweist. Gemäß der Verordnungsbegründung zu § 3 FeV gilt diese Vorschrift für Personen, die kein fahrerlaubnispflichtiges Kraftfahrzeug führen, sondern in anderer Weise am Straßenverkehr teilnehmen, z.B. für Fahrrad- und Mofafahrer und Lenker von Fuhrwerken (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 237; BayVGH, B.v. 31.1.2020 – 11 ZB 19.2322 – juris Rn. 14; U.v. 17.1.2020 – 11 B 19.1274 – juris Rn. 23; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 3 FeV Rn. 10). Zur Fahrzeugkategorie der fahrerlaubnisfreien Fahrzeuge zählen auch Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne von § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr (Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung – eKFV), also beispielsweise Elektroroller (sogenannte E-Scooter).
34
Nach summarischer Prüfung ergeben sich keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier (Kraft-)Fahrzeuge. Der Antragsteller erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 FeV. Ungeachtet dessen, dass über eine Anfechtungsklage zu entscheiden ist, ist der für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebliche Zeitpunkt hier der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – juris Rn. 10 ff.; BayVGH, U.v. 17.1.2020 – 11 B 19.1274 – juris Rn. 18 ff. jeweils m.w.N.), denn bei der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt. Der Antragsteller besitzt auch im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung nicht die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge.
35
1) Die Nichteignung des Klägers ergibt sich vorliegend aus § 3 Abs. 2 i. V. m. § 11 Abs. 8 FeV, da er das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht vorgelegt hat. Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Führer eines Fahrzeugs oder Tieres zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 2 FeV). Bringt ein Fahrerlaubnisbewerber gemäß § 11 Abs. 8 FeV ein behördlich angeordnetes Fahreignungsgutachten – wie geschehen – nicht bzw. nicht fristgerecht bei, darf die Fahrerlaubnisbehörde zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt ihrer Entscheidung über die Erteilung der Fahrerlaubnis darauf schließen, dass dem Betroffenen die Fahreignung fehlt. Der Schluss auf die Nichteignung des Betroffenen im Falle grundloser Nichtbeibringung des Gutachtens ist gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV aber nur dann zulässig, wenn die Anordnung zur Gutachtensbeibringung rechtmäßig war, wenn also die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung erfüllt sind und die Anordnung auch im Übrigen den Anforderungen des § 11 FeV entspricht. Voraussetzung ist, dass die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig erfolgt ist (vgl. zur Konstellation der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge auf Grundlage von § 11 Abs. 8 FeV, BayVGH, B.v. 31.1.2020 – 11 ZB 19.2322 – juris Rn. 14, st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20/15 – juris Rn. 19). Die Gutachtensanordnung muss weiter hinreichend bestimmt und aus sich heraus verständlich sein. Der Betroffene muss der Gutachtensaufforderung entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Fahreignung zu rechtfertigen vermag. Weiterhin ist gemäß § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV erforderlich, dass der Betroffene nachweislich auf die Folgen der Nichteignungsvermutung des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV hingewiesen wurde. Die Frist muss so bemessen sein, dass dem Betroffenen die Gutachtensbeibringung möglich und zumutbar ist (BVerwG, U.v. 9.6.2005 – 3 C 25.04 – DAR 2005, 581; BayVGH, B.v. 17.4.2019 – 11 CS 19.24 – juris Rn. 18).
36
a) Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt eine Fahreignung bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis nur vor, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass eine Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes vorliegt. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn eine gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bilden die Vorschriften der §§ 11 ff. FeV die Rechtsgrundlage für die Berechtigung der Fahrerlaubnisbehörde, bei dem Inhaber oder früheren Inhaber einer Fahrerlaubnis, der ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug unter erheblichem Alkohol- oder Drogeneinfluss geführt hat, unter den Voraussetzungen der entsprechenden einschlägigen Norm ein medizinisch-psychologisches Gutachten nicht nur zur Überprüfung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, sondern auch zur Prüfung der Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen anzuordnen (vgl. BayVGH, B.v. 28.12.2010 – 11 CS 10.2095 – juris Rn. 13 m.w.N). Die Vorschriften dürfen jedoch ihrem Wortlaut sowie Sinn und Zweck nach nicht nur auf das Führen von Kraftfahrzeugen bezogen sein (vgl. BayVGH, U.v. 17.1.2020 – 11 B 19.1274 – juris Rn. 28). Diesbezüglich ist zu konstatieren, dass sich die Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV auch ihrem Sinn und Zweck nach auf die Konstellation der Überprüfung der Eignung im Hinblick auf das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge Anwendung findet. Die Vorschrift stellt ganz allgemein auf die „gelegentliche Einnahme von Cannabis“ und auf „weitere Tatsachen“ ab, die Zweifel an der „Eignung“ begründen und bezieht sich damit ihrem Sinngehalt nach nicht ausschließlich auf die Eignung zum Führen von fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen.
37
Auf Grundlage des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV durfte das Landratsamt vom Antragsteller ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Fahreignung fordern, da die Voraussetzungen der Vorschrift, konkret ein gelegentlicher Cannabiskonsum des Antragstellers sowie das Bestehen weiterer Zweifel an der die Eignung begründenden Tatsachen, vorliegen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers durfte das Landratsamt davon ausgehen, dass der Antragsteller zumindest gelegentlich Cannabis konsumiert oder konsumiert hat. Auch die Kammer hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nach summarischer Prüfung keinen Zweifel am gelegentlichen Cannabiskonsum des Antragstellers.
38
Gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (ständige Rechtsprechung, zuletzt BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17 – juris Rn. 14). Insofern unterscheidet sich der gelegentliche Konsum vom fahrerlaubnisrechtlich nicht relevanten einmaligen Konsum von Cannabis.
39
aa) Bei der Wertung, dass der Antragsteller mehr als einmal und damit gelegentlich Cannabis konsumiert hat, handelt es sich um einen Akt der Beweiswürdigung. Zwar ist die Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums ein Tatbestandsmerkmal, für das die Fahrerlaubnisbehörde die materielle Beweislast trägt, mit der Folge, dass eine etwaige Nichterweislichkeit zu ihren Lasten geht. Allerdings liegt ein einmaliger Konsum nur dann vor, wenn der Betreffende entweder erstmals im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis zu sich genommen hat oder frühere Konsumakte derart weit zurückliegen, dass daran nicht mehr angeknüpft werden kann und er aus besonderen Umständen heraus einmalig Cannabis eingenommen hat (BayVGH, B.v. 23.3.2021 – 11 CS 20.2643 – juris Rn. 23; B.v. 25.6.2020 – 11 CS 20.791 – juris Rn. 23). Dies plausibel darzulegen, obliegt dem Betroffenen. Die bloße Behauptung eines einmaligen Konsums ist nicht ausreichend (vgl. BayVGH, B.v. 29.3.2017 – 11 CS 17.368 – juris Rn. 15).
40
bb) Vor dem Hintergrund des äußerst seltenen Falles, dass ein mit den Wirkungen der Droge noch völlig unerfahrener Erstkonsument nach dem Konsum ein Kraftfahrzeug führt und dann auch noch von der Polizei kontrolliert wird, ist im Rahmen der Beweiswürdigung nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich die Annahme gerechtfertigt, dass ohne substantiierte und plausible Darlegung des Gegenteils nicht von einem einmaligen Konsum ausgegangen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 1.7.2022 – 11 CS 22.860 – juris Rn. 15; B.v. 7.3.2022 – 11 CS 22.362 – juris Rn. 15; B.v. 12.11.2021 – 11 CS 21.2536 – juris Rn. 14 f.), da es sich bei dem Vortrag des einmaligen Konsums vielfach um eine bloße Schutzbehauptung handelt. Erst wenn substantiierte Darlegungen erfolgen, die für einen einmaligen Konsum sprechen, ist ihre Glaubhaftigkeit unter Würdigung sämtlicher Fallumstände zu prüfen (BayVGH, B.v. 29.3.2017 – 11 CS 17.368 – juris Rn. 14).
41
cc) Ob der gegenüber den Polizeibeamten bei der Verkehrskontrolle am 29. Oktober 2021 geäußerte Konsum zweier Joints zwei Tage vor der Kontrolle im Sinne zweier selbständiger Konsumvorgänge verstanden werden kann, so wie es die Rechtsprechung des BVerwG als Voraussetzung für einen gelegentlichen Cannabiskonsum vorsieht, kann vorliegend dahinstehen, auch wenn vieles dafürspricht, dass das Rauchen von zwei Joints bei einer Gelegenheit nicht in zwei situativ voneinander zu trennende Vorgänge im Sinne der Definition geteilt werden kann (vgl. so auch Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 3. Aufl. 2018, S. 320). Zum einen kann der Aussage des Antragstellers nicht entnommen werden, ob es sich tatsächlich um einen Konsum der zwei Joints bei einer Gelegenheit gehandelt hat und zum anderen käme es auf diese Frage, selbst wenn unterstellt würde, dass die Joints im zeitlichen Zusammenhang im Rahmen einer Gelegenheit geraucht wurden, nicht entscheidungserheblich an, da bereits aufgrund weiterer Anhaltspunkte von einem gelegentlichen Cannabiskonsum des Antragstellers ausgegangen werden kann.
42
Denn der gegenüber den kontrollierenden Polizeibeamten angegebene Cannabiskonsum zwei Tage vor der Verkehrskontrolle kann den in der am 29. Oktober 2021 um 18:55 Uhr entnommenen Blutprobe festgestellten THC-Wert von 2,5 ng/ml nicht erklären. Der psychoaktive Wirkstoff THC wird bei inhalativem Konsum von Cannabis sehr schnell vom Blut resorbiert und ist nach einem Einzelkonsum nur sechs bis zwölf Stunden im Blut nachweisbar (Schubert/Dittmann/Brenner-Hartmann, Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, Kapitel 8, S. 247). Bei der überwiegenden Zahl der Cannabiskonsumenten sind bereits nach sechs Stunden nur noch THC-Werte zwischen 1 und 2 ng/ml festzustellen. Lediglich bei häufigem Cannabiskonsum kann ggf. selbst 24 bis 48 Stunden nach dem letzten Konsum noch eine positive THC-Konzentration im Serum nachgewiesen werden (Schubert/Dittmann/Brenner-Hartmann, Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, Kapitel 8, S. 247). Diese Erkenntnisse über das Abbauverhalten von THC ermöglichen nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die Beurteilung, ob ein für einen bestimmten Zeitraum eingeräumter Konsum von Cannabis für die Konzentration ursächlich gewesen sein kann, die in einer später gewonnenen Blutprobe vorhanden war (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2021 – 11 CS 20.2643 – juris Rn. 26; B.v. 24.9.2020 – 11 CS 20.1234 – juris Rn. 22; B.v. 3.1.2017 – 11 CS 16.2401 -juris Rn. 13 ff. m.w.N.; U.v. 10.4.2018 – 11 BV 18.259 – juris Rn. 24). Hiervon ausgehend kann der beim Antragsteller am 29. Oktober 2021 festgestellte THC-Wert nicht auf den angegebenen Konsum zwei Tage vor der Kontrolle, mithin am 27. Oktober 2021 und damit ca. 48 Stunden früher, zurückgeführt werden. Vielmehr muss er, um einen solchen Wert zu erreichen, entweder am Tag der Fahrt unter Cannabiseinfluss nochmals oder aber häufig Cannabis konsumiert haben.
43
Sofern vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vorgetragen wird, die Aussage, der Antragsteller habe zwei Tage zuvor bereits zwei Joints geraucht, sei so nicht getätigt worden, so hält die Kammer diesen Vortrag angesichts des polizeilichen Berichts des PHM … und des POM … vom 29. Oktober um 19 Uhr für unplausibel. Vielmehr wird diese Aussage des Antragstellers gegenüber den Polizeibeamten im Rahmen der Kontrolle am 29. Oktober 2022 nach erfolgter Belehrung durch die Äußerung, er konsumiere regelmäßig Marihuana, gestützt. Von einer substantiierten Darlegung des Gegenteils kann unter diesen Umständen nicht ausgegangen werden.
44
dd) Nur ergänzend wird deshalb festgehalten, dass auch der beim Antragsteller am 29. Oktober 2021 festgestellte THC-COOH Wert von 33 ng/ml zumindest Indizwirkung im Hinblick auf einen gelegentlichen Cannabiskonsum des Antragstellers entfaltet. Während der Hauptwirkstoff THC in Abhängigkeit von Aufnahmemenge und Konsumform nach einer Einzeldosis nur ca. sechs bis zwölf Stunden im Serum nachweisbar ist, kann die nicht psychoaktive THC-Carbonsäure (THC-COOH) über einen deutlich längeren Zeitraum detektiert werden. Bei regelmäßigem Konsum kommt es zu einer Kumulation der THC-COOH und damit zu einem Anstieg der messbaren Konzentrationen (Schubert/Dittmann/Brenner-Hartmann, Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, Kapitel 8, S. 246). So vertritt das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in ständiger Rechtsprechung, dass bei einem Verkehrsteilnehmer, der unter verkehrsrechtlich relevantem Cannabiseinfluss ein Fahrzeug führt, ab einem THC-COOH Wert von 10 ng/ml Serum von gelegentlichem Cannabiskonsum auszugehen ist, wenn der Betroffene nicht substantiiert und glaubhaft darlegt, er habe erstmals Cannabis eingenommen (OVG RhPf, B.v. 1.3.2018 – 10 B 10008/18 – juris LS; vgl. auch OVG Berlin-Bbg, B.v. 24.5.2006 – OVG 1 S 14.06 – juris Rn. 8, welches bei Konzentrationen zwischen 5 ng/ml und 75 ng/ml einen gelegentlichen Cannabiskonsum annimmt).
45
ee) Auch der Umstand, dass die Polizei beim Antragsteller am 3. März 2022 Cannabis sichergestellt hat, kann neben den bereits erörterten Indizien als zusätzliches Indiz für einen gelegentlichen Cannabiskonsum im summarischen Verfahren gewertet werden.
46
ff) Mit der Fahrt vom 29. Oktober 2021 hat der Antragsteller auch gegen das Trennungsgebot der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen, was Zweifel an seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen begründet (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2021 – 11 CS 20.2643 – juris Rn. 33; U.v. 25.4.2017 – 11 BV 17.33 – juris Rn. 23; Pause-Münch in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., Stand 23.5.2022, § 14 FeV Rn. 42). Gemäß dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der …-Universität … vom 10. Januar 2022 hat er mit einer Konzentration von 2,5 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) im Blut am Straßenverkehr teilgenommen. Somit hat er den maßgeblichen Risikogrenzwert von 1,0 ng/ml THC überschritten, weshalb eine durch den Drogeneinfluss bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen war, was nach Auffassung der aktuellen Rechtsprechung alleine maßgeblich ist (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 8.18 – juris Rn. 18; BayVGH, B.v. 12.11.2021 – 11 CS 21.2536 – juris Rn. 17; vgl. auch Pause-Münch in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., Stand 23.5.2022, § 14 FeV Rn. 42). Dabei wurde von der Rechtsprechung auch berücksichtigt, dass die Grenzwertkommission von 2015 erst ab einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml von der gesicherten Annahme eines erst kürzlich erfolgten Konsums ausgeht, bei dem der Betroffene mit einer Leistungsbeeinträchtigung rechnen muss (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 8/18 – juris LS).
47
b) Das Landratsamt hat das ihm gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Ausgehend vom Wortlaut „kann“ stellt § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV eine Ermessensvorschrift dar (vgl. auch BayVGH, B.v. 26.5.2021 – 11 CS 21.730 – juris Rn. 31; BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14/17 – juris Rn. 45). Es bestehen keine Anhaltspunkte für Ermessensfehler, § 114 Satz 1 VwGO. So wurde seitens des Landratsamtes berücksichtigt, dass von Betäubungsmittelkonsumenten erhebliche Gefahren für den Straßenverkehr ausgehen. Aus Gründen der Verkehrssicherheit und zur Vermeidung künftiger Fahrten unter Cannabiseinfluss hielt es das Landratsamt für erforderlich, durch ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten zu klären, ob der Antragsteller auch zukünftig unter Cannabiseinfluss fährt und ob er in der Lage ist, den Konsum und die Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen.
48
c) Die Beibringungsaufforderung vom 4. August 2022 entspricht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV. Das Landratsamt ist den sich aus § 11 Abs. 6 Satz 2 und 4 FeV ergebenden Informationspflichten korrekt nachgekommen. Es hat dem Antragsteller in seinem Schreiben vom 4. August 2022 ausführlich die Gründe dargelegt, welche die Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers stützen. Dabei bezieht sich das Landratsamt auf die polizeiliche Verkehrskontrolle am 29. Oktober 2022 und erläutert, weshalb es aufgrund dieser bekannt gewordenen Tatsachen beim Antragsteller das Vorliegen eines gelegentlichen Cannabiskonsums vermutet, der Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers begründet. Auch Hinweise darauf, dass der Antragsteller die Kosten der Begutachtung zu tragen hat und das Recht hat, die zu übersendenden Unterlagen einzusehen (§ 11 Abs. 6 Satz 2 FeV) sowie ein Hinweis über die Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV (§ 11 Abs. 8 Satz 2 FeV) sind in der Beibringungsanordnung enthalten.
49
Die Fragestellung an den Begutachter wurde hinreichend konkret und bestimmt gestellt (§ 11 Abs. 6 Satz 1 FeV). So bezieht sich die erste Frage nach der Fahreignung trotz der Anhaltspunkte für einen gelegentlichen Cannabiskonsum auf den medizinischen Teil der Begutachtung und die zweite Frage nach dem Trennungsvermögen des Antragstellers auf den psychologischen Teil der Begutachtung. Die Fragen werden von den Beurteilungskriterien der Fahreignungsbegutachtung der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie (DGVP) und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) auch so vorgesehen (vgl. Schubert/Dittmann/Brenner-Hartmann, Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 63).
50
Die Fristsetzung zur Beibringung des medizinischen Gutachtens war angemessen im Sinne von § 2 Abs. 8 StVG und § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV. Sie war insbesondere so bemessen, dass es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände möglich und zumutbar war, das Gutachten fristgerecht vorzulegen. Die Frist muss lediglich so bemessen sein, dass eine Gutachterstelle zur Erstellung eines Gutachtens über die aktuelle Fahreignung tatsächlich in der Lage ist (vgl. so auch VG Würzburg, B.v. 8.5.2017 – W 6 S 17.413 – juris Rn. 29). Mit Schreiben vom 4. August 2022, zugestellt am 8. August 2022, wurde der Antragsteller aufgefordert, bis zum 4. November 2022 ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen. Diesem standen folglich fast drei Monate zur Verfügung, seine Fahreignung entsprechend der Gutachtensbeibringungsaufforderung begutachten zu lassen.
51
d) Nachdem der Antragsteller das ordnungsgemäß geforderte Gutachten nicht innerhalb der angemessenen Frist beigebracht hat, war die Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 8 FeV gehalten, aus der Nichtvorlage auf die Nichteignung zu schließen. Ein Ermessen wird der Behörde bei dieser Entscheidung nicht eingeräumt.
52
2) Nach summarischer Prüfung ergeben sich auch keine Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge, auch wenn festgestellt wird, dass die Mobilität des Antragstellers aufgrund der umfassenden Untersagungsverfügung bezüglich des Führens von Fahrzeugen in einem größeren Ausmaß tangiert wird. Die Untersagungsverfügung zielt darauf ab, die Teilnahme des Antragstellers am öffentlichen Straßenverkehr mit sämtlichen fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen zu unterbinden, da bei diesem aufgrund des gelegentlichen Cannabiskonsums Anhaltspunkte für eine fehlende Eignung zum Führen derartiger Fahrzeuge bestehen, die bisher nicht durch Vorlage eines für den Antragsteller positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens widerlegt wurden. Die Maßnahme verfolgt den legitimen Zweck der Sicherstellung der Sicherheit des Straßenverkehrs unter Ausschluss zum Führen von Fahrzeugen nicht geeigneter Personen und ist hierfür auch geeignet. Die Untersagung ist auch erforderlich, da für den umfassenden Schutz der öffentlichen Sicherheit im Straßenverkehr vor Straßenverkehrsteilnehmern, die nicht geeignet sind zum Führen von Fahrzeugen bzw. bei denen erhebliche Anhaltspunkte für die Nichteignung aufgrund eines Betäubungsmittelkonsums bestehen, keine gleich geeigneten Mittel ersichtlich sind. Zwar käme eine Beschränkung der Untersagung nur auf Kraftfahrzeuge in Betracht, diese wäre aber im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs nicht gleich geeignet. Denn die Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss von Rauschmitteln – mit jedem Fahrzeug – bedeutet eine Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs (vgl. BayVGH, B.v. 28.12.2010 – 11 CS 10.2095 – juris Rn. 14, der darauf hinweist, dass deshalb auch § 316 StGB nicht nur die Trunkenheitsfahrt mit einem Kraftfahrzeug unter Strafe stellt). Wenn kein Gutachten beigebracht wird, das auch dazu dient, zu klären, ob Anknüpfungspunkte bestehen, dass eine Beschränkung oder die Anordnung von Auflagen ausreichend sein könnten, bleibt der Fahrerlaubnisbehörde schlichtweg keine andere Möglichkeit, als zum Ausschluss der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen ohne Einschränkung zu untersagen (BayVGH, B.v. 25.4.2022 – 11 CS 21.2988 – ZfSch 2022, 413, 415). Auch bestehen vorliegend keine Zweifel an der Angemessenheit der umfassenden Untersagungsverfügung. Dabei ist insbesondere das gewichtige Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitende Auftrag des Staates zum Schutz der Verkehrsteilnehmer vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben zu beachten (vgl. BayVGH, B.v. 11.3.2015 – 11 CS 15.82 – juris Rn. 19). Das persönliche Mobilitätsinteresse des Antragstellers muss dahinter zurücktreten. Die vom Antragsteller angeführten Umstände bezüglich der Notwendigkeit der Nutzung fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge im Alltag können zu keiner anderen Entscheidung führen. Insofern ist auch von einer ordnungsgemäßen Ausübung des Auswahlermessens auszugehen, bei der insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen ist (vgl. Begemann in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand: 1.12.2021, FeV, § 3 Rn. 46).
53
3) Die Rechtmäßigkeit des § 3 FeV, insbesondere die Verfassungsmäßigkeit von dessen Rechtsgrundlage in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. y StVG wurde im vorliegenden Verfahren nicht gerügt. Insofern ist jedoch fraglich, ob die im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des § 3 Abs. 1 FeV geltende Verordnungsermächtigung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. y StVG in der bis 27. Juli 2021 geltenden Fassung für die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) genügt hat, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden bzw. sich zumindest mithilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen müssen. Jene Frage hat sich auch durch die Neufassung des § 6 StVG durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3091) nicht erledigt, denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung, ob die Verordnung auf einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage beruht, ist der Zeitpunkt ihres Erlasses (vgl. Uhle in BeckOK Grundgesetz, 53. Edition, Stand 15.11.2022, Art. 80 Rn. 29; BVerwG, U.v. 23.11.2005 – 8 C 14/04 – juris Rn. 12). Verfassungsrechtliche Bedenken an § 3 Abs. 1 FeV als der Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung sowie an deren Ermächtigungsgrundlage bleiben grundsätzlich einem Hauptsacheverfahren vorbehalten, denn im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist angesichts der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG Zurückhaltung geboten.
54
Die Kammer geht jedoch – auch weiterhin wie in ihrer bisherigen Rechtsprechung – jedenfalls im Rahmen einer summarischen Prüfung im Eilrechtsschutz von der Rechtmäßigkeit der Regelungen des § 3 FeV im Hinblick auf die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge aus. Zwar wurden an der Rechtmäßigkeit des § 3 FeV teilweise in der jüngeren Rechtsprechung Zweifel geäußert (z.B. BayVGH, B.v. 8.6.2021 – 11 CS 21.968 – juris Rn. 15; B.v. 20.1.2022 – 11 CS 21.2856 – juris Rn. 14 ff.; U.v. 17.01.2020 – 11 B 19.1274 – juris Rn. 22ff.; BVerwG, U.v. 04.12.2020 – 3 C 5.20 – juris, Rn. 32 ff). Jedoch ist keine gerichtliche Entscheidung ersichtlich, die – über die Äußerung bloßer Zweifel hinaus – eine Rechtswidrigkeit des § 3 FeV positiv feststellt oder von einer solchen ausgeht. Die Kammer sieht daher derzeit keinen Anlass, ihre bisherige Rechtsprechung zu dieser Frage aufzugeben (vgl. hierzu VG Gelsenkirchen, B.v. 23.09.2021 – 7 L 901/21 – juris, mit sehr ausführlicher Begründung für die Annahme der Rechtmäßigkeit des § 3 FeV).
55
Gleiches gilt für die Frage, ob die pauschale Verweisung in § 3 Abs. 2 FeV auf die für Fahrerlaubnisbewerber oder -inhaber geltenden Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV hinsichtlich der Klärung von Eignungszweifeln angesichts des im Vergleich dazu geringeren Gefährdungspotenzials fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge dem Verhältnismäßigkeitsgebot gerecht wird (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2022 – 11 CS 21.2988 – juris Rn. 21 ff.; BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 B 5.20 – DV 2021, 109). Auch die Klärung dieser Frage erfolgt im Hauptsacheverfahren.
56
cc. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffer 1 in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides genügt auch den (formalen) Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 1 VwGO. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs reicht es bei einer Fahrerlaubnisentziehung aus, die für den Fall typische Interessenlage aufzuzeigen; die Darlegung besonderer zusätzlicher Gründe für die Erforderlichkeit der sofortigen Vollziehung ist nicht geboten (so z.B. BayVGH, B.v. 24.8.2010 – 11 CS 10.1139 – juris Rn. 29; B.v. 25.5.2010 – 11 CS 10.227 – juris Rn. 12; VGH BW, B.v. 24.1.2012 – 10 S 3175/11 – juris Rn. 4). Die Behörde kann sich bei der Abwägung zwischen den Beteiligteninteressen im Wesentlichen auf die Prüfung beschränken, ob nicht ausnahmsweise in Ansehung der besonderen Umstände des Falles die sofortige Vollziehung weniger dringlich als im Normalfall ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2008 – 11 CS 08.1890 – juris Rn. 18). Dies gilt auch für die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2022 – 11 CS 21.2988 – ZfSch 2022, 413, 415 f.). Denn es liegt in der Regel auf der Hand, dass die Teilnahme eines für ungeeignet erachteten Fahrzeugführers am Straßenverkehr zu erheblichen Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer führt, und dass ein solcher Fahrzeugführer zur Vermeidung der von ihm ausgehenden akuten Gefahr durch die Anordnung des Sofortvollzugs des Untersagungsbescheids schnellstmöglich von der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen ist. Deshalb sind in solchen Fällen an den Inhalt der Begründung ebenfalls keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Das Landratsamt hat ordnungsgemäß begründet, weshalb die Belange der öffentlichen Sicherheit des Straßenverkehrs die privaten Interessen des Antragstellers, bis zu einer bestandskräftigten Entscheidung von einer Untersagung von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen verschont zu bleiben, überwiegen. So stellte der Antragsgegner zu Recht auf die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs ab. Aufgrund der nicht fristgerechten Vorlage des geforderten medizinischen Gutachtens musste das Landratsamt von der Ungeeignetheit des Antragstellers ausgehen, weshalb bei seiner weiteren Teilnahme am Straßenverkehr als Führer eines Fahrzeuges eine nicht hinnehmbare Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer zu befürchten ist. Auch bei der vom Verwaltungsgericht vorzunehmenden eigenständigen Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der getroffenen Feststellung des Antragsgegners. Auch hier ist auf das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und auf den aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitenden Auftrag des Staates zum Schutz der Verkehrsteilnehmer vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben hinzuweisen (vgl. BayVGH, B.v. 11.3.2015 – 11 CS 15.82 – juris Rn. 19).
57
Auch eine durch die aufgeworfenen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 3 Abs. 1 FeV und der Verhältnismäßigkeit des § 3 Abs. 2 FeV bedingte reine Interessenabwägung, die aus den offenen Erfolgsaussichten der Klage im Hinblick auf die im Hauptsacheverfahren zu klärenden Fragen folgt, führt deshalb zum Ergebnis, dass die vom Antragsteller begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Untersagung, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, abzulehnen ist. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs überwiegt das Interesse des Antragstellers. Das Fahren fahrerlaubnisfreien Fahrzeuges unter Cannabiseinfluss infolge des Verstoßes gegen das Trennungsgebot bei gelegentlichem Konsum ist mit der Gefahr schwerer Unfälle für den Antragsteller selbst, aber auch für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer verbunden, etwa mit Blick auf unerwartete Reaktionen oder unkontrolliertes Fahrverhalten auf der Fahrbahn (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2022 – 11 CS 21.2988 – ZfSch 2022, 413, 415, 416; B.v. 20.1.2022 – 11 CS 21.2856 – juris Rn 17).
58
c. Gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziff. 3 des Bescheids, die auf der Grundlage der Art. 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 Nr. 3, 29, 30, 31, 36 Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) erging, bestehen nach summarischer Prüfung keine grundlegenden rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgelder wurden insbesondere unter pflichtgemäßer Ermessensausübung festgesetzt. Dem öffentlichen Interesse an der Sicherstellung der Sicherheit des Straßenverkehrs wurde gegenüber dem Interesse des Antragtellers, von einer Zwangsmittelandrohung verschont zu bleiben, Vorrang eingeräumt. Der Höhe nach bewegt sich die Androhung im Bereich des Rahmens, den Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG vorgibt (15 bis höchstens 50.000 EUR).
59
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt.
60
3. Die Höhe des Streitwertes richtet sich nach § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 46.14 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).