Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 22.12.2022 – W 9 E 22.1785
Titel:

Presserechtlicher Auskunftsanspruch im Eilrechtsschutzverfahren

Normenketten:
BayPrG Art. 4
GG Art. 5 Abs. 1 S. 2
VwGO § 123
Leitsätze:
1. Der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geltend gemachte Auskunftsanspruch nach Art. 4 BayPrG ist zwar auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Bei einer Eilentscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch ist aber die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. So ist Eilrechtsschutz zu gewähren, wenn ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung vorliegen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Auskunftsverlangen nach Art. 4 Abs. 1 S. 1 BayPrG muss sich auf einen bestimmten Tatsachenkomplex beziehen. Die Darlegung des Tatsachenkomplexes beinhaltet auch vorzubringen, weshalb man entsprechende Informationen erhalten möchte. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Presserechtlicher Auskunftsanspruch, Vorwegnahme der Hauptsache, Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs, Pressefreiheit, Auskunftsanspruch, Rechtsschutzbedürfnis, Tatsachenkomplex
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 28.02.2023 – 7 CE 23.27
Fundstelle:
BeckRS 2022, 44694

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
1. Die Antragstellerin ist Reporterin der Tageszeitung „M* …-P* …“. Der Schwerpunkt ihrer journalistischen Tätigkeit liegt dabei auf Umweltthemen. Zuletzt berichtete die Antragstellerin vermehrt über den trockenen Sommer in Unterfranken und dessen Folgen. Sie macht gegenüber dem Landratsamt Bad Kissingen (im Folgenden: Landratsamt) einen presserechtlichen Auskunftsanspruch geltend.
2
Mit E-Mail vom 19. Oktober 2022 forderte die Antragstellerin das Landratsamt unter Fristsetzung bis zum 11. November 2022 auf, folgende Fragen zu beantworten:
„1. Wer entnimmt innerhalb Ihres Zuständigkeitsbereiches wo Wasser? (Firmen, Gemeinden, Winzer, Privatleute, Bewässerungsverbände etc.)
2. Welche Entnahmemengen wurden diesen Entnehmern in den vergangenen Jahren bewilligt?
3. Zu welchem Zweck wird Wasser aus dem Main und anderen Gewässern entnommen? (Bewässerung von Weinbergen, Produktion, Kühlung etc.)
4. An welche Bedingungen ist die Entnahme geknüpft? (Alarmplan Main, zeitliche Eingrenzung, etwa von Oktober bis Mai)“
3
Eine Exel-Tabelle zum Ausfüllen wurde beigelegt.
4
Mit E-Mail vom 11. November 2022 übersandte das Landratsamt die angeforderte Liste ausgefüllt an die Antragstellerin zurück. Die Spalte „Entnehmer“ wurde dabei mit dem Vermerk „Datenschutz“ versehen. Bei der Spalte „Zweck“ wurde an einigen Stellen „Sonstiges“ angegeben.
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Mit Schreiben vom 16. November 2022 forderte die Antragstellerin das Landratsamt nochmals auf, auch Angaben zur Identität bzw. zum Namen des jeweiligen Entnehmers und zum Zweck der jeweiligen Entnahme zu machen. Zur Begründung wurde dargelegt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Auskunftserteilung gem. Art. 4 Abs. 1 BayPrG vorlägen. Insbesondere stelle der pauschale Verweis auf „Datenschutz“ keinen Auskunftsverweigerungsgrund dar.
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Mit E-Mail vom 17. November 2022 versendete das Landratsamt eine aktualisierte Liste zurück, in der nun die Spalte „Entnehmer“ kategorisiert wurde nach der Art des Entnehmers (Privatperson, Landwirt, Firma, Verein, Gemeinde, Staat). Zudem wurde bei allen Entnehmern ein Zweck angegeben.
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2. Mit Schriftsatz vom 18. November 2022, bei Gericht eingegangen am selben Tag, ließ die Antragstellerin beantragen,
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin unter Angabe der jeweiligen Namen bzw. Firmen der in den am 11. und am 16. November 2022 an die Antragstellerin übermittelten Listen anonymisiert angebenen Entnehmenden von Wasser öffentlicher Gewässer Auskunft darüber zu erteilen, wer innerhalb des Zuständigkeitsbereiches des Antragsgegners Wasser aus öffentlichen Gewässern entnimmt.
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Begründet wird der Antrag im Wesentlichen damit, dass die Verweigerung der Auskunftserteilung durch den Antragsgegner den sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 4 Abs. 1 BayPrG ergebenden Informationsanspruch der Antragstellerin verletze. Insbesondere könne der Antragsgegner den Auskunftsgegenstand nicht im Hinblick auf die Zulässigkeit späterer Veröffentlichungen durch die Antragstellerin eigenmächtig einschränken. Die Presse habe vor jeder Veröffentlichung selbstständig, das heißt in eigener Verantwortung und im Bewusstsein dieser besonderen Verantwortung gemäß zu prüfen, ob die von ihr ermittelten Informationen veröffentlicht werden oder nicht. Es sei überdies nicht die Sache des Antragsgegners, festzulegen bzw. darüber zu befinden, an welchen regionalpolitischen Themen die lokale Bevölkerung ein öffentliches Interesse haben dürfe und ausweislich der bereits erfolgten Berichterstattung habe. Auch die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des Art. 4 Abs. 2 BayPrG seien nicht gegeben. Insbesondere liege kein überwiegendes privates Interesse vor. Überwiegende Interessen des Antragsgegners bzw. betroffener Entnehmender vor einer Identifizierung seien nicht ersichtlich. Der bloße und pauschale Verweis auf „Datenschutz“ sei nicht ausreichend. Das Bestehen der DSGVO sei per se kein Auskunftsverweigerungsgrund. Es sei nicht einmal vorgetragen, welche konkreten privaten Interessen der jeweiligen Entnehmer verletzt sein sollten und das öffentliche Interesse gegebenenfalls überwiegen könnten. Insoweit sei mit der begehrten, bloßen Angabe des Namens bzw. der Identität auch noch keine Offenbarung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses o.ä. berührt, das etwaige (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechte verletzen könne. Auch sei ein Anordnungsgrund gegeben. Die begehrte Auskunft sei für eine zeitnahe aktuelle sachlich fundierte und kritische journalistische Beurteilung bzw. Darstellung der Wasserentnahme aus öffentlichen Gewässern in Unterfranken unerlässlich. Die Öffentlichkeit habe ein Interesse daran, zu erfahren, wer Wasser aus öffentlichen Gewässern innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Antragsgegners entnehme. Zwar liege mit dem Auskunftsbegehren eine Vorwegnahme der Hauptsache vor. Die Durchsetzung des Informationsanspruchs im Rahmen eines regelmäßig mindestens mehrere Monate dauernden Hauptsacheverfahrens wäre aber aufgrund der dann mangelnden Aktualität der Berichterstattung nicht möglich.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 9. Dezember 2022 ließ die Antragstellerin ausführen, es komme nicht darauf an, dass der Antragsgegner Klimawandel und Dürre nur für „allgemeine Themen“ halte. Außerdem betreffe das konkrete Auskunftsverlangen und die Berichterstattung sehr wohl auch den Landkreis Bad Kissingen, was beigefügte Artikel bewiesen. Es müsse – auch für Bad Kissingen – geklärt werden, wer konkret im jeweiligen Landkreis in Unterfranken Wasser-Entnahmerechte besitze und für welche Interessen (Abbau von Bodenschätzen, Kühlwasser, Weinbau etc.) Wasser verwendet werde. Nicht relevant sei, ob die Entnehmer im Rahmen ihrer Anträge gegenüber der Wasserschutzbehörde eine Zustimmung zur Weitergabe ihrer Daten erteilt hätten bzw. die Entnehmer bezüglich der teils vor Jahren erteilten Genehmigungen zur Wasserentnahme nicht damit rechnen müssten, dass ihre Identität der Antragstellerin mitgeteilt werde. Denn wären die Behörden durch den Abschluss vertraglicher Verpflichtungen selbst in der Lage, Verschwiegenheitspflichten nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG zu begründen, bestünde die Gefahr der Aushöhlung des presserechtlichen Auskunftsanspruches und die Adressaten der Regelung könnten über diese disponieren. Durch die Erteilung der begehrten Auskunft würden auch keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter oder das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb berührt werden, da es sich bei der nicht privaten Entnahme von Wasser weder um Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten oder Bezugsquellen oder ähnliches handele, mit dessen Wissen darüber die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig beeinflusst werden könnte. Da die Entnahme von Wasser aus öffentlichen Gewässern durch Dritte – selbst für „Privatpersonen“ – nicht privater Natur sei, sondern von Bedeutung für die Gesellschaft, sei bezüglich des Auskunftsbegehrens allenfalls die Sozialsphäre der Entnehmer betroffen. Datenschutzrechtliche Belange seien auch nicht verletzt worden, da für die Antragstellerin insoweit das Medienprivileg bei der Datenverarbeitung zu journalistischen Zwecken aus Art. 38 BayDSG bzw. Art. 23 MStV einschlägig sei.
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3. Mit Schriftsatz vom 22. November 2022, eingegangen bei Gericht am selben Tag, beantragte der Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
11
Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass kein Anordnungsanspruch bestehe. Dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des jeweiligen Entnahmeberechtigten sei gegenüber dem presserechtlichen Informationsbegehren der Vorrang zu gewähren. Die Themen Klimawandel und Dürre mit der Folge von zunehmend mehr austrocknenden Gewässern seien allgemeine Themen, die weltweit und damit auch in Unterfranken von Bedeutung seien. Für den Landkreis Bad Kissingen verbleibe es daher bei der pauschalen Anfrage, wer innerhalb des Zuständigkeitsbereichs wo Wasser entnehme. Diese Frage könne so an jede Wasserrechtsbehörde in Deutschland gerichtet werden. Es handele sich hierbei nicht um einen konkreten Lebenssachverhalt, für dessen journalistische Beurteilung die konkreten Namen der Entnehmer erforderlich seien. Es sei nicht ersichtlich, welches öffentliche Interesse über die erfolgte Kategorisierung der Entnehmer hinaus bestehen solle. Für eine auch kritische journalistische Beurteilung der allgemeinen Entnahmesituation im Landkreis Bad Kissingen sei die vorgenommene Kategorisierung daher ausreichend. Außerdem hätten die Entnehmer im Rahmen der Bearbeitung ihrer Anträge gegenüber der Wasserrechtsbehörde keine Zustimmung zur Weitergabe ihrer Daten abgegeben oder seien auf eine solche Möglichkeit hingewiesen worden.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 15. Dezember 2022 führte das Landratsamt weiter aus, dass selbstverständlich seitens des Antragsgegners keine Festlegung, an welchen regionalpolitischen Themen die lokale Bevölkerung ein öffentliches Interesse haben dürfe, erfolge. Tatsächlich sei auch das öffentliche Interesse im juristischen Sinne und damit der Auskunftsanspruch an sich gar nicht in Frage gestellt worden. Lediglich hinsichtlich des Detaillierungsgrads der gewünschten Auskunft sei seitens des Antragsgegners im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Interessen dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Vorrang eingeräumt worden.
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4. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
14
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
15
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nach § 123 Abs. 5 VwGO statthaft. In der Hauptsache wäre bei dem begehrten Auskunftsverlangen bzgl. der jeweiligen Namen bzw. Firmen, die innerhalb des Zuständigkeitsbereiches des Antragsgegners Wasser aus öffentlichen Gewässern entnehmen, eine allgemeine Leistungsklage statthaft.
16
Auch steht der Antragstellerin ein Rechtsschutzbedürfnis zu. Die Erteilung der begehrten Auskunft stellt zwar tatsächlich eine Vorwegnahme der Hauptsache dar, die grundsätzlich dem Wesen und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens widerspricht. Bei einer Eilentscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch ist hierbei aber die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen (BVerfG, B.v. 8.9.2014 – 1 BvR 23/14 – juris Rn. 26 m.w.N.). Aufgrund der verfassungsrechtlichen Wertungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine gewisse Aktualitätseinbuße von der Presse regelmäßig hinzunehmen sei und eine Ausnahme „allenfalls“ dann vorliege, wenn Vorgänge in Rede stünden, die unabweisbar einer sofortigen, keinen Aufschub duldenden journalistischen Aufklärung bedürften, etwa wenn manifeste Hinweise auf aktuelle schwere Rechtsbrüche staatlicher Stellen vorlägen oder ein unmittelbares staatliches Handeln zur Abwehr von Gemeinwohlgefahren dringend gefordert sein könnte (BVerfG, B.v. 8.9.2014 – 1 BvR 23/14 – juris Rn. 28). Die Aufgabe der Presse ist vornehmlich die Information der Bevölkerung als Grundlage der öffentlichen Meinungsbildung. In den Grenzen des Rechts entscheidet sie selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet. (BVerfG, B.v. 14.9.2015 – 1 BvR 857/15, GRUR 2016, 313, Rn. 16). Unter das Selbstbestimmungsrecht in zeitlicher Hinsicht fällt auch die Freiheit der Presse, zu entscheiden, ob eine Berichterstattung zeitnah erfolgen soll. So genügt es, wenn Eilrechtsschutz gewährt wird, wo ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung vorliegen. Hinsichtlich der Aktualität einer Berichterstattung dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden (BVerfG, B.v. 8.9.2014 – 1 BvR 23/14 – juris Rn. 29 f.).
17
In Bezug auf die begehrten Auskünfte und die darauf aufbauende beabsichtigte Berichterstattung der Antragstellerin besteht ein gesteigertes öffentliches Interesse sowie ein starker Gegenwartsbezug an einer Berichterstattung. Das Thema Trockenheit und der damit verbundene und befürchtete Wassermangel betrifft die gesamte Bevölkerung.
18
Auch im Übrigen ist der Antrag zulässig.
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Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO liegen nicht vor. Die Antragstellerin hat bereits einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
20
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei muss die Antragstellerin eine Gefährdung eines eigenen Individualinteresses (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines Rechtes oder rechtlich geschützten Interesses (Anordnungsanspruch) geltend und die zur Begründung erforderlichen Tatsachen glaubhaft machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
21
Das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs wurde weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Ein solcher Anspruch würde sich aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG ergeben. Danach hat die Presse gegenüber Behörden ein Recht auf Auskunft. Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG darf diese Auskunft nur verweigert werden, soweit auf Grund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht. Die Verschwiegenheitspflichten folgen dabei nicht nur aus (generellen) „Geheimhaltungsvorschriften“, sondern können sich auch aus den Grenzen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs ergeben, wenn durch die Beantwortung einer Anfrage Grundrechte Dritter, etwa das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besonderer Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, berührt werden. Widerstreitende Grundrechtspositionen sind sodann in einen angemessenen Ausgleich zu bringen und es ist abzuwägen, ob dem verfassungsrechtlich aufgrund der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gewährleisteten Informationsinteresse der Antragstellerin oder dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Geheimhaltungsinteresse der Betroffenen der Vorzug zu geben ist (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2012 – 7 CE 12.370 – juris Rn. 13).
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Die Antragstellerin ist hier zwar als Reporterin der Tageszeitung „M* …-P* …“ eine Vertreterin der Presse gem. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG und somit aktivlegitimiert. Weiterhin handelt es sich beim Landratsamt auch um eine Behörde im Sinne der presserechtlichen Regelung und damit um eine auskunftsverpflichtete Stelle.
23
Die Antragstellerin legt jedoch nicht dar und macht nicht glaubhaft, warum sie nach der bereits erteilten Auskunft hinsichtlich der Kategorisierung der einzelnen Entnehmer zusätzlich noch die konkreten Namen bzw. Firmen der Entnehmer erhalten möchte. Das Auskunftsverlangen muss sich auf einen bestimmten Tatsachenkomplex beziehen. Hinsichtlich eines solchen Komplexes besteht Anspruch auf Mitteilung von Fakten (vgl. Löffler, Presserecht, § 4 LPG Informationsanspruch Rn. 85, beck-online). Die Darlegung des Tatsachenkomplexes beinhaltet dabei auch vorzubringen, weshalb man entsprechende Informationen erhalten möchte. Nur so ist es dem Antragsgegner sowie später dem Gericht möglich, festzustellen ob ein Auskunftsanspruch besteht und die angeforderte Auskunft erteilt werden kann. Eine solche Darlegung folgte seitens der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren nicht. Vielmehr stellte die Antragstellerin in ihrer ersten Anfrage vom 19. November 2022 bei der ersten Frage „Wer entnimmt innerhalb Ihres Zuständigkeitsbereiches wo Wasser?“ selbst noch lediglich auf Kategorien ab, indem sie Beispiele in Klammern setzte wie Firmen, Gemeinden, Winzer, Privatleute, Bewässerungsverbände etc. Erst in der zweiten Anfrage wurde die Frage dahingehend konkretisiert, dass nach der Identität bzw. der Namen der jeweiligen Entnehmern gefragt wurde. Nachdem die Antragstellerin bereits Auskunft über die Entnehmer in Form einer Kategorisierung erhalten hat und somit bereits Auskunft nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG erteilt wurde, hätte diese nach Auffassung des Gerichts nun detaillierter darlegen müssen, weshalb sie einen weitergehenden Anspruch geltend machen möchte. Als Begründung wurde hierzu jedoch lediglich im Schriftsatz vom 9. Dezember 2022 ausgeführt: „Auch der Werkleiter der FWF, von Nordbayerns größtem Wasserversorger, H* … L* …r, fordert in einem von der Antragstellerin geführten Interview den „Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung“ vor allen anderen Nutzungen wie beispielsweise vor Rohstoffabbau, Landwirtschaft, Weinbau, Industrie und Gewerbe (…). Dafür muss zunächst – auch für Bad Kissingen – geklärt werden, wer konkret im jeweiligen Landkreis in Unterfranken Wasser-Entnahmerechte besitzt und für welche Interessen (Abbau von Bodenschätzen, Kühlwasser, Weinbau etc.) Wasser verwendet wird.“ Auch dieses Vorbringen begründet jedoch nicht, dass zusätzlich zu einer Kategorisierung der Entnehmer auch die konkreten Namen und Firmen der Entnehmer genannt werden müssen.
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Bei der Frage nach der Begründung für das Auskunftsverlangen hinsichtlich konkreter Namen und Firmen handelt es sich auch nicht um eine Bewertung des Informationsinteresses. Eine solche käme zwar in der Tat nicht in Betracht (vgl. VG Köln, U.v. 15.2.2022 – 6 K 3228/19 – juris Rn. 47). Vielmehr soll hierdurch lediglich das öffentliche Interesse dargelegt werden. Dies erfolgte nicht. Der Anordnungsanspruch nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG wurde somit nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 52 Abs. 1, Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Die Kammer hat dabei den Auffangstreitwert zugrunde gelegt und im Hinblick auf die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache keine Halbierung des Betrags vorgenommen.