Titel:
Flexibilitätszuschlag für Biogasanlagenbetreiber bei Unterschreitung der Bemessungsgrundlage
Normenkette:
EEG § 1 Abs. 1, Abs. 2, § 3 Nr. 2, Nr. Nr. 31, Nr. 36, Nr. 44, § 19, § 21 Abs. 2, § 44b, § 50, § 50a Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, § 50b, § 52 Abs. 3 Nr. 1, § 57 Abs. 1
Leitsatz:
Hat der Betreiber einer Biogasanlage im Kalenderjahr weniger als den in § 44 B I EEG (2017) bestimmten Anteil – 50% der installierten Leistung – als Strommenge eingespeist, aber für die eingespeiste Menge einen Anspruch auf die Marktprämie nach § 19 EEG (2017), so hat er auch einen Anspruch aus § 50 a II EEG (2017) auf einen Flexibilitätszuschlag, einen Anteil von 50% muss er nicht erreichen. Hat die Verteilnetzbetreiberin den Flexibilitätszuschlag ausbezahlt, kann sie ihn von der Übertragungsnetzbetreiberin gem. § 57 I EEG (2017) erstattet verlangen. (Rn. 22 – 60)
Schlagworte:
Biogasanlage, Flexibilitätszuschlag, erzeugte Strommenge, Unterschreitung, Bemessungsleistung, Mengenbegrenzung, Anlagenbetreiber, Netzbetreiber, Einspeisung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 44488
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 37.077,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.05.2021 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 37.077,04 € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die Berechtigung eines Flexibilitätszuschlags für eine Biogasanlage nach §§ 50,50a EEG (alle Vorschriften des EEG, soweit nachfolgend nicht anders bezeichnet, in der vor 01.01.2021 und nach 01.01.2017 geltenden Fassung des EEG 2017 für die Jahre 2019 und 2020, der entscheidungsmaßgebliche § 50a Abs. 2 EEG blieb aber im Wortlaut unverändert).
(2) Der Anspruch auf den Flexibilitätszuschlag besteht nur, wenn der Anlagenbetreiber für den in § 44b Absatz 1 bestimmten Anteil der in einem Kalenderjahr erzeugten Strommenge einen Anspruch nach § 19 Absatz 1 in Verbindung mit § 39, § 42 oder § 43 in Anspruch nimmt und dieser Anspruch nicht nach § 52 verringert ist.
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Die Klägerin betreibt ein Stromverteilnetz, die Beklagte ist die vorgelagerte Übertragungsnetzbetreiberin im Sinne von § 57 Abs. 1 EEG. In das Netz der Klägerin speist eine Biogasanlage der … (Betreiberin), in Betrieb gegangen am 13.06.2019 und registriert im Marktstammdatenregister am 14.10.2019.
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Die Anlage besteht aus drei Einheiten, insgesamt 762 KW Bemessungsleistung, verteilt auf zwei Blockheizkraftwerke mit je 356 KW und einer Organic-Rankine-CycleAnlage von 50 KW. Die Bundesnetzagentur hat bei einem Zuschlagswert von 14,73 Cent pro Kilowattstunde für diese Leistung als anzulegendem Wert den Förderzuschlag erteilt. Die UTS speiste im Jahr 2020 eine Strommenge von 2.538.082 kWh und im Jahr 2019 eine Strommenge von 1.311.000 kWh in das Verteilnetz der Klägerin ein. Dies entspricht einer Bemessungsleistung von 288,94 kW (2020) bzw. 270 kW (2019).
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Marktprämie nach § 19 Abs. 1 in Verbindung mit § 39 EEG ist von der Klägerin auf Grundlage von 100% des von der Betreiberin erzeugten Stroms (aber im einzelnen begrenzt auf 50% der Bemessungsleistung gemäß § 44 b Abs. 1 EEG) für die Jahre 2019 und 2020 an die Betreiberin bezahlt und ihr von der Beklagten nach § 57 Abs. 1 EEG erstattet worden und damit außer Streit.
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Die Klägerin hat der Betreiberin darüber hinaus für 2019 6579,04 € und 2020 30.480 € Flexibilitätszuschlag ausgezahlt.
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Der Jahreswert 2020 errechnet sich aus 762 kW mal 40 € pro Kilowatt; für 2019 zeitanteilig weniger.
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Der Betrag für 2019 ist offen. Die Beklagte hat am 28.01.2021 den Betrag für 2020 von 30.480 € gutgeschrieben (Anlage B1), allerdings nur unter Vorbehalt; sie hat den Betrag zum 29.09.2021 zurückgefordert. Bereits am 21.05.2021 hatte sie erklärt, nicht zu leisten (Anlage K4).
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Die Klägerin sieht die Flexibilitätsprämie als Ausgleich dafür, dass der Betreiber die in § 44b Abs. 1 EEG enthaltene Mengenbegrenzung (50% der Bemessungsleistung) nicht überschreitet, sondern seine Kapazität nur in geringerem Umfang nutzt (um die Stromerzeugung zeitlich zu verschieben).
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Dementsprechend hält sie es nicht für erforderlich, dass der Betreiber tatsächlich mehr als 50% der Bemessungsleistung (§ 44b Abs. 1 EEG) Strom produziert hat.
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Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 37.077,04 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.05.2021 zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt
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Sie sieht den Sinn der Flexibilitätsprämie nicht darin, dass die Erzeugungsleistung des Generators dauerhaft nur zu einem Bruchteil ausgenutzt wird, sondern darin, dass der Generator zu bestimmten Zeiten mit voller Auslastung läuft und in anderen Zeitpunkten (wenn andere erneuerbare Energien ausreichend zur Verfügung stehen) gar nicht. Nur dies entspreche der Intention des Gesetzgebers. Eine teleologische Auslegung von § 44 b Abs. 1 EEG ergebe damit, dass die Flexibilitätsprämie nur zu zahlen sei, wenn der Betreiber wenigstens 50% der installierten Leistung über das Jahr hinaus ausnutzt und einspeist.
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Das Gericht hat keinen Beweis erhoben. Auf den Akteninhalt wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet. Die Klägerin hat aus § 57 EEG 2017 i.V.m. §§ 50, 50a EEG 2017 einen Anspruch auf Zahlung von 37.077,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.05.2021 gegen die Beklagte.
1. Die Beklagte ist eine vorgelagerte Übertragungsnetzbetreiberin i.S.v. § 57 Abs. 1, § 3 Nr. 44 EEG 2017. Die Klägerin ist eine (Verteilungs-)Netzbetreiberin i.S.v. § 57 Abs. 1, § 3 Nr. 36 EEG 2017. Die Klägerin hat an eine Anlagenbetreiberin i.S.v. § 3 Nr. 2 EEG 2017 gem. §§ 50, 50a EEG 2017 als Flexibilitätszuschlag 37.077,04 EUR gezahlt.
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2. Die Zahlung war auch rechtmäßig, da die UTS gegen die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung eines Flexibilitätszuschlags nach §§ 50, 50a EEG 2017 hatte. Die Voraussetzungen der §§ 50, 50a EEG 2017 lagen vor:
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a) Gem. § 50 EEG 2017 besteht ein Anspruch der UTS als Anlagenbetreiberin gegen die Klägerin als Netzbetreiberin für die Bereitstellung installierter Leistung nach Maßgabe des § 50a EEG 2017, da für den in der Anlage erzeugte Strom dem Grunde nach auch ein Anspruch auf Zahlung nach § 19 EEG 2017 besteht.
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b) Gem. § 50a Abs. 1 EEG 2017 besteht der Anspruch für die Bereitstellung flexibler installierter Leistung in Höhe von 40 EUR pro Kilowatt installierter Leistung und Jahr als Flexibilitätszuschlag, da die UTS eine Biogasanlage betreibt, deren Wert der installierten Leistung (§ 3 Nr. 31 EEG 2017) mit 762 kW mehr als 100 kW entspricht (Nr. 1) und der anzulegende Wert durch Ausschreibung ermittelt worden ist (Nr. 2).
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Für die von der UTS installierte Leistung von insgesamt 762 kW sind das 30.480 EUR (762 kW * 40 EUR/kW) pro Jahr, sodass der Anspruch für das Jahr 2020 in Höhe dieses Betrags besteht. Da die Anlage erst am 13.06.2019 in Betrieb gegangen ist und erst am 14.10.2019 im Marktstammdatenregister registriert wurde, reduziert sich der Betrag für das Jahr 2019 auf 6.597,04 EUR (bis zur Inbetriebnahme anteilig und im Zeitraum zwischen Inbetriebnahme und Registrierung um 20% gem. § 52 Abs. 3 Nr. 1 EEG 2017).
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c) Gem. § 50a Abs. 2 EEG 2017 besteht der Anspruch des Anlagenbetreibers auf Zahlung des Flexibilitätszuschlags jedoch nur, wenn der Anlagenbetreiber für den in § 44b Abs. 1 EEG 2017 bestimmten Anteil (50 Prozent des Wertes der installierten Leistung) der in einem Kalenderjahr erzeugten Strommenge einen Anspruch nach § 19 Abs. 1 i.V.m. § 39, § 42 oder § 43 EEG 2017 in Anspruch nimmt und dieser Anspruch nicht nach § 52 EEG 2017 verringert ist. Auch diese Voraussetzung ist gegeben:
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aa) Nach der Auffassung der Beklagten soll § 50a Abs. 2 EEG 2017 wie folgt gelesen werden: „Der Anspruch (…) besteht nur, wenn der Anlagenbetreiber für den [gesamten] in § 44b Absatz 1 bestimmten Anteil der in einem Kalenderjahr erzeugten Strommenge einen Anspruch nach (…) in Anspruch nimmt (…).“ Die Norm wäre dann derart auszulegen, dass tatsächlich für den in § 44b Abs. 1 EEG bestimmten Anteil der in einem Kalenderjahr erzeugten Strommenge – also für 50% des Wertes der installierten Leistung – ein Anspruch nach § 19 EEG 2017 bestehen muss, welcher auch in Anspruch genommen werden muss. Gem. § 19 Abs. 1 EEG 2017 besteht ein Anspruch lediglich für in diesen Anlagen erzeugten Strom, sodass durch die Anlagen der UTS 50% des Wertes der installierten Leistung tatsächlich hätte erzeugt werden müssen, damit dieser Wert auch in Anspruch genommen werden kann.
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Die UTS hat mit einer Einspeisung von 288,94 kW im Jahr 2020 bzw. 270 kW im Jahr 2019 den Wert von 50% des Wertes der installierten Leistung, welcher bei 362 kW liegt, jedoch nicht erreicht. Nach dieser Auslegung bestand ein Anspruch auf Zahlung des Flexibilitätszuschlags daher nicht.
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bb) Nach der Auffassung der Klägerin soll § 50a Abs. 2 EEG 2017 auch so gelesen werden: „Der Anspruch (…) besteht nur, wenn der Anlagenbetreiber für den [gesamten] (…) Anteil der in einem Kalenderjahr erzeugten Strommenge[, für den nach § 44b Absatz 1 ein Anspruch besteht,] einen Anspruch nach (…) in Anspruch nimmt (…).“ Die Norm wäre dann derart auszulegen, dass maßgeblich ist, dass für den Anteil, für den ein Anspruch auf Zahlung einer Marktprämie nach § 19 EEG 2017 verlangt werden kann, – dies ist aufgrund von § 44b Abs. 1 EEG 2017 maximal 50% der installierten Leistung – ein Anspruch auch vollumfänglich geltend gemacht wurde. Ob dabei 50% des Wertes der installierten Leistung erreicht wurde oder nicht, ist nach diesem Verständnis irrelevant.
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Da die UTS die Klägerin für den insgesamt eingespeisten Strom, sprich für den gesamten Betrag, für den sie einen Anspruch auf die Marktprämie nach § 19 EEG 2017 geltend machen konnte, in Anspruch genommen hat, ist nach dieser Auffassung die Voraussetzung erfüllt und ein Anspruch auf Zahlung des Flexibiltätszuschlags besteht.
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cc) Eine Gesamtwürdigung der einzelnen im Rahmen der Gesetzesauslegung zu beachtenden Aspekte führt zu dem Ergebnis, dass § 50a Abs. 2 EEG 2017 im Sinn der Klägerauffassung auszulegen ist.
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Dies ergibt sich insbesondere aus systematischen sowie teleologischen Gründen, die auch durch die Gesetzeshistorie verstärkt werden:
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Der Wortlaut von § 50a Abs. 2 EEG 2017 lässt beide Auslegungsmöglichkeiten zu.
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Einerseits hätte der Gesetzgeber in § 50a Abs. 2 EEG 2017, wenn er der Klägerauffassung ist, auch bloß voraussetzen können, dass der Anlagenbetreiber einen Anspruch nach § 19 Abs. 1 EEG 2017 in Anspruch genommen haben muss.
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Auch spricht § 50a Abs. 2 EEG 2017 von dem in § 44b Abs. 1 EEG 2017 „bestimmten Anteil der in einem Kalenderjahr erzeugten Strommenge“. Dieser gesamte Ausdruck ist es, der in § 44b Abs. 1 EEG 2017 durch „eine Bemessungsleistung der Anlage von 50 Prozent des Wertes der installierten Anlage“ substituiert wird. Es liegt daher vom Wortlaut etwas näher, dass es nicht bloß auf den nach § 44b Abs. 1 EEG 2017 konkret förderfähigen Anteil (maximal 50%) ankommt, sondern dass tatsächlich der Wert von 50% der installierten Leistung in Anspruch genommen – und dafür erzeugt – werden muss.
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Andererseits ist jedoch nicht auszuschließen, dass der Zusatz „für den in § 44b Abs. 1 bestimmten Anteil der in einem Kalenderjahr erzeugten Strommenge“ – wie nach Klägerauffassung – lediglich klarstellende Funktion haben soll, „dass bei einer Überschreitung der Bemessungsleistung von 50% für die darüber hinausgehende Menge kein Anspruch auf Förderung geltend gemacht werden muss (was auch unmöglich wäre) und vor allem, dass eine prozentuale Inanspruchnahme der Förderung nach § 21 Abs. 2 EEG 2017 nicht ausreicht, weil dann nicht für den gesamten förderfähigen Stromanteil der Förderanspruch geltend gemacht werden würde” (Klageschriftsatz, S. 8).
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Auch kann der Bezug auf § 44b EEG 2017 eine weitere Klarstellung bezwecken: nämlich, dass der Anlagenbetreiber den über nach § 44b EEG 2017 förderfähigen Anteil in Höhe von 50% nicht daran gehindert sein soll, die darüber hinausgehenden Strommengen weiter zu vermarkten (Frenz u.a. EEG/Henning/von Bredow, 5. Aufl., § 50a Rn. 6; a.A. Salje EEG/Salje, 8. Aufl., § 50a Rn. 15, welcher eine weitere Vermarktung als der bezweckten Flexibilität entgegenstehend erachtet und damit ablehnt). Welche genaue Klarstellung zutreffend ist, bedarf für die vorliegende Streitfrage keiner Entscheidung, da die streitgegenständliche Anlage keinen über die 50% der installierten Leistung hinausgehenden Strom erzeugt hat. Festzuhalten ist jedenfalls, dass sich der Bezug auf § 44b Abs. 1 EEG 2017 nicht nur als konstitutives Merkmal, sondern auch als bloß deklaratorische Bezugnahme erklären lässt.
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Ein systematischer Vergleich zeigt, dass der Gesetzgeber bei der Flexibilitätsprämie in § 50b i.V.m. Anlage I, 1. lit. b EEG 2017 eine Mindestbemessungsleistung als Voraussetzung kodifiziert hat. Dass er in § 50a Abs. 2 EEG 2017 eine solche Regelung nicht explizit getroffen hat, spricht gegen die Beklagtenauffassung, die die Erfüllung einer solchen Mindestbemessungsleistung voraussetzt. Dies wird dadurch verstärkt, dass der Flexibilitätszuschlag nur einen Paragrafen vor der Flexibilitätsprämie kodifiziert wurde, sodass neben der sachlichen Nähe auch eine Nähe aufgrund der systematischen Stellung besteht. Auch, dass der Flexibilitätszuschlag als alternatives Instrument zur Flexibilitätsprämie eingeführt wurde (Salje EEG/Salje, 8. Aufl., § 50a Rn. 1), spricht dafür, dass der Gesetzgeber die andere Formulierung bewusst gewählt hat und somit gerade keine Mindestbemessungsleistung in § 50a Abs. 2 EEG 2017 voraussetzt.
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Für die Klägerauffassung spricht weiterhin ein Vergleich der in der Flexibilitätsprämie gewählten Höhe der Mindestbemessungsleistung. Die Flexibilitätsprämie nach § 50b i.V.m. Anlage I, 1. lit. b EEG 2017 setzt lediglich eine Mindestbemessungsleistung des 0,2fachen der installierten Leistung voraus. Wäre mit dem Alternativinstrument des Flexibilitätszuschlags eine Mindestbemessungsleistung gewollt gewesen, würde diese entweder in etwa der gleichen Höhe bestehen oder aber die Wahl einer mit dem 0,5fachen deutlich höheren Mindestbemessungsleistung begründet gewesen. Da die Begründungen des Gesetzesentwurfs zum EEG 2017 auf dieses Kriterium jedoch nicht eingehen, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber durch die andere Formulierung keine Mindestbemessungsleistung im Rahmen des Flexibilitätszuschlags regeln wollte.
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Die Gesetzeshistorie bestärkt die Auffassung der Klägerseite, indem der Fokus des EEG in Bezug auf Biogasanlagen vor allem auf die Gewährleistung eines flexiblen Betriebs gerichtet ist. Es ergeben sich insbesondere drei Anknüpfungspunkte, die für die Auslegung relevant sind:
(3a) Anpassung des nach § 44b Abs. 1 EEG förderfähigen Anteils von 50% (2017) auf 45% (2021)
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Die Verringerung des förderfähigen Anteils auf 45% widerspricht auf den ersten Blick dem Gesetzeszweck des EEG. Gem. § 1 Abs. 2 EEG (2017/2021) ist das Ziel, den Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch bis 2030 auf 65% zu erhöhen.
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Dies spricht prima facie gegen die Klägerauffassung. Mit dieser wäre durch die Anpassung des förderfähigen Anteils von 50% auf 45% der Rückschluss zu ziehen, dass nunmehr auch gewollt wird, dass Biogasanlagen maximal diesen Anteil erzeugen sollen. Dieser Rückschluss steht dem Gesetzeszweck – letztlich dem Ausbau erneuerbarer Energien – auf den ersten Blick entgegen.
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Nach der Beklagtenauffassung wäre nunmehr Voraussetzung für einen Anspruch auf den Flexibilitätszuschlag, dass Strom in Höhe von mindestens 45% der installierten Leistung auch tatsächlich erzeugt wird. Auch die damit verbundene Abmilderung der Anspruchsvoraussetzung würde vor dem Gesetzeszweck des EEG wenig Sinn ergeben.
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Zu berücksichtigen ist aber, dass nicht nur Biogasanlagen Quelle für erneuerbare Energien sind. Vielmehr sind Biogasanlagen lediglich als Ausgleich insbesondere für Wind- und Photovoltaikanlagen, welche in der Abwesenheit von Solarenergie gerade keinen Strom produzieren können (Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR): Flexibilisierung von Biogasanlagen (Stand: 04.12.2022) https://www.fnr.de/fileadmin/allgemein/pdf/broschueren/Broschuere_Flexibilisierung_Biogas_Web.pdf S. 6, 11, 17, Stand: 04.12.2022). Für die angestrebte Energiewende ist die Flexibilisierung von Biogasanlagen wichtig, denn nur solche Anlagen sind nachhaltig, die Biogasstrom nicht gleichzeitig mit Wind und Sonne erzeugen.
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Daher haben bereits mehr als die Hälfte der Anlagenbetreiber in Deutschland Flexibilisierungsangebote (Flexibibitätsprämie) in Anspruch genommen und ihre bestehenden Anlagen um Biogasspeicher, zusätzliche Blockheizkraftwerke und Stromspeicher ergänzt (Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR): Flexibilisierung von Biogasanlagen (Stand: 04.12.2022) https://www.fnr.de/fileadmin/allgemein/pdf/broschueren/Broschuere_Flexibilisierung_Biogas_Web.pdf S. 14, 56, Stand: 04.12.2022), sodass die Anpassung auf 45% der installierten Leistung einer insgesamten Steigerung des aus Biogasanlagen erzeugten Stroms nicht entgegensteht.
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Die Gesetzesmaterialien begründen die Anpassung des förderfähigen Anteils mit einer damit verbundenen „Erhöhung der Flexibilitätsanforderungen für Biogasanlagen” (BT-Drs. 19/23482, S. 121, BR-Drs. 559/20, S. 133). Aus dieser Entwicklung isoliert betrachtet lässt sich daher weder für die Kläger- noch für die Beklagtenauffassung ein stichhaltiges Argument ziehen. Eine gewollte Erhöhung der Flexibilitätsanforderungen lässt zwar keinen eindeutigen Rückschluss darauf zu, ob der förderfähige Betrag minimal oder maximal erreicht werden muss, damit der Anspruch auf den Flexibilitätszuschlag nicht nach § 50a Abs. 2 EEG ausgeschlossen ist. Bereits hier wird aber indiziert, dass das Hauptaugenmerk eher auf der flexiblen Gestaltung des Betriebs von Biogasanlagen liegt und nicht auf einer gewissen Mindesterzeugung.
(3b) Einführung § 50 Abs. 3 EEG
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Weiterhin könnte die Einführung von § 50 Abs. 3 EEG 2021 einen ergiebigen Anhaltspunkt für die Auslegung von § 50a Abs. 2 EEG 2017/2021 bieten. Gem. § 50 Abs. 3 Nr. 1 EEG 2021 besteht der Zahlungsanspruch nach § 50 i.V.m. §§ 50a, 50b EEG 2021 nur, wenn in der Anlage in dem jeweiligen Kalenderjahr in mindestens 4.000 Viertelstunden eine Strommenge erzeugt wird, die mindestens 85% der installierten Leistung der Anlage entspricht.
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Die Einführung wird wie folgt begründet: „Mit der Einführung von § 50 Absatz 3 EEG 2021 werden die Anforderungen an den bedarfsorientierten Betrieb nicht nur – wie im Gesetzesentwurf des EEG 2021 vorgeschlagen – für Bestandsanlagen gelten, die erstmalig die Flexibilitätsprämie in Anspruch nehmen, sondern auch auf Anlagen erstreckt, die den Flexibilitätszuschlag erstmals in Anspruch nehmen wollen. Diese Erweiterung kann zu einer flexibleren Fahrweise und damit besseren Marktintegration von Biogasanlagen führen.” (BT-Drs. 19/25326, S. 21).
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Da die Einführung von § 50 Abs. 3 EEG 2021 insgesamt erst durch Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie erfolgte, BT-Drs. 19/25302, S. 92, erschließt sich der Zusatz „nicht nur – wie im Gesetzentwurf des EEG 2021 vorgeschlagen -” nicht. Dieser Zusatz lässt vermuten, dass die eingeführten Kriterien zunächst nur für die Flexibilitätsprämie gelten sollten. Diese Vermutung lässt sich jedenfalls durch die veröffentlichten Gesetzesmaterialien nicht bestätigen. Sie fügt sich aber schlüssig in die bereits unter systematischen Gesichtspunkten angeführten Erwägungen ein, dass aus den bereits im EEG 2017 geltenden explizit angeführten Mindestanforderungen in § 50b EEG der Umkehrschluss gezogen werden kann, dass die Formulierung in § 50a Abs. 2 EEG 2017 keine solche Mindestanforderung enthält.
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Auch die Gesetzesmaterialien deuten somit darauf hin, dass der Gesetzgeber im EEG 2017 wohl davon ausgegangen ist, dass ökonomische Anreize ausreichen, dass sich Biogasanlagenbetreiber marktgerecht (im Sinne der Flexibilität) verhalten und auch eine gewisse Mindestmenge an Strom produzieren wird, ohne dass es Anspruchsvoraussetzung für den Erhalt des Flexibilitätszuschlags ist. Die Einführung von § 50 Abs. 3 EEG spricht dafür, dass erst hierdurch quantitative Anforderungen als Voraussetzung des Anspruchs gesetzt werden.
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Bereits in systematischer Hinsicht wurde angeführt, dass die Voraussetzung, dass Strom in Höhe von 50% der installierten Leistung auch tatsächlich erzeugt werden muss, um den Flexibilitätszuschlag zu erhalten, in Widerspruch zu den deutlich geringeren Voraussetzungen für Erhalt der Flexibilitätsprämie stehen würde.
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Auch dieses Argument lässt sich durch die Einführung von § 50a Abs. 3 EEG 2021 bestärken. Nach § 50a Abs. 3 Nr. 1 EEG 2021 müssen die Anlagen nunmehr im Kalenderjahr mindestens für 4.000 Viertelstunden eine Auslastung in Höhe von 85% erreichen. Da ein Jahr (Schaltjahre ausgenommen) insgesamt 35.040 Viertelstunden hat (365 Tage x 24 Stunden x 4 Viertelstunden), würde bereits eine 100%-Auslastung in 4.000 Viertelstunden lediglich 11,41% des Wertes der installierten Leistung erreichen. Nach der Mindestvoraussetzung würde sogar eine 85%-Auslastung genügen, welche dann lediglich einen Anteil von 9,70% erreicht.
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Diese Berechnung fügt sich stimmig in die Argumentation einer Vergleichbarkeit mit den Mindestvoraussetzungen für einen Anspruch auf die Flexibilitätsprämie aus § 50b EEG 2017 ein. Denn die ab EEG 2021 geltenden Mindestvoraussetzungen liegen deutlich näher an den nach § 50b EEG 2017 zu erreichenden 20% (Abweichung von ca. 10%); während die Annahme einer zu erzeugenden Leistung von 50% des Wertes der installierten Leistung als Mindestvoraussetzung im EEG 2017 (Beklagtenauffassung) zu einer größeren Abweichung führt (ca. 30%).
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Außerdem wäre ein plötzlicher Abfall der Mindestvoraussetzung von 50% auf 9,70% enorm. Es wäre zu erwarten gewesen, dass hierfür eine Begründung erfolgt wäre.
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Zwar kann zugunsten der Beklagtenauffassung argumentiert werden, dass mit der Einführung von § 50 Abs. 3 EEG 2021 kein Entfallen der Voraussetzung, dass der Wert von 50% des Wertes der installierten Leistung erreicht werden muss, verbunden ist. Durch die Einführung von § 50 Abs. 3 EEG 2021 könnte lediglich eine zusätzliche Voraussetzung geschaffen worden sein, die letztlich Einfluss darauf haben wird, wie sich der insgesamt erreichte Anteil zusammensetzt. Hierdurch wird sichergestellt, dass eine Anlage nicht ganzjährig zu 50% betrieben wird (dies wäre gerade nicht im Sinne der Flexibilität); nicht jedoch ausgeschlossen, dass insgesamt ein Anteil von 50% erreicht wird.
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Auch hier lässt sich jedoch erkennen, dass die Entwicklung des EEG vor allem eine Erhöhung der Flexibilität bezweckt. Dies scheint dem Gesetzgeber wichtiger zu sein, als eine gewisse Strommenge in der Gesamtheit zwingend zu produzieren.
(3c) Begründung zu § 52 EEG-E 2014
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Dass dieser Fokus nicht erst seit dem EEG 2021 besteht, sondern in der Historie der Regelung des Flexibilitätszuschlags ebenfalls bestand, lässt sich anhand der Begründung zu § 52 EEG-E 2014 erkennen. § 52 EEG-E 2014 ist dann letztlich in § 53 EEG 2014 in Kraft getreten, welcher die erste Vorgängernorm zu § 50a EEG 2017 ist und in § 50a EEG 2016 bis auf redaktionelle Anpassungen unverändert übernommen wurde (BT-Drs. 18/8832, S. 234).
52
Ein Teil der Begründung in den Gesetzesmaterialien lautet nämlich:
„Absatz 2 verweist für den Anspruch nach Absatz 1 einschränkend auf die Regelung des § 45 Absatz 1 EEG 2014. Die Begrenzung der finanziell förderfähigen Bemessungsleistung nach § 45 Absatz 1 EEG 2014 auf maximal 50 Prozent der installierten Leistung stellt sicher, dass alle neu zu errichtenden Biogasanlagen bei der Stromerzeugung aus Biogas flexibel verfügbare Erzeugungskapazitäten für eine am Bedarf orientierte Stromerzeugung bereitstellen.” (BT-Drs. 18/1304, S.148).
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Der Zweck der Regelung bietet keine tragfähige Grundlage für die Beklagtenauffassung.
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Der Zweck des EEG liegt darin, eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu erreichen, die den Klima- und Umweltschutz berücksichtigt (vgl. § 1 Abs. 1 EEG).
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Die Beklagtenseite trägt daher vor, dass zur Erreichung einer nachhaltigen Energieversorgung gerade auch die Zunahme einer Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gehört, wozu auch die in Biogasanlagen produzierten Strommengen zählen. Durch die Formulierung des übergeordneten Zwecks in § 1 EEG sollen alle nachfolgenden Normen bei Bedarf so ausgelegt werden, dass das bezweckte Ziel am ehesten erreicht werden kann (vgl. Müller/Oschmann, in: Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, § 1 Rn. 4 m. w. N. zur Vorgängerregelung des § 1 EEG 2012, auf welche auch der Beklagtenschriftsatz auf S. 5 verweist).
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Die Klägerin ist hingegen der Auffassung, dass die getroffenen Regelungen dazu dienen sollen, eine nachfrageorientierte Fahrweise bei Biogasanlagen zu gewährleisten (BT-DrS 18/1304 S. 142 f.). Mit dem Flexibilitätszuschlag sollen demnach gerade flexibel gefahrene Anlagen belohnt werden. Biogasanlagen spielen eine entscheidende Rolle, den Einsatz fossile Energieträger zu reduzieren und durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Sie können schwankende Stromeinspeisung von Sonnen- und Windenergie (sog. „Dunkelflaute”) ausgleichen und die Versorgungssicherheit weiterhin sicherstellen. Da Biogasanlagen jedoch traditionell für kontinuierliche Stromeinspeisung konzipiert sind, wird die Flexibilisierung der Anlagen mit der Flexibilitätsprämie und Direktvermarktung gefördert (Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR): Flexibilisierung von Biogasanlagen (Stand: 04.12.2022), https://www.fnr.de/fileadmin/allgemein/pdf/broschueren/Broschuere_Flexibilisierung_Biogas_Web.pdf S. 6). Die Flexibilisierung veranschaulicht: Nach der Flexibilisierung erzeugt eine Biogasanlage Biogas, das zum einen in einem Biogasspeicher zwischengespeichert werden kann und Biogas, das in Blockheizkraftwerken bedarfsgerechten Strom und Wärme erzeugt, wobei auch hier wiederum die Wärme durch einen Wärmespeicher gespeichert werden kann. Da im Vordergrund vor allem die Flexibilität der Anlagen durch nachgerüstete Zwischenspeicher steht, erscheint es widersprüchlich, eine Mindestmenge an erzeugten Strom zu fordern, um den Flexibilitätszuschlag zu erhalten.
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Zudem hat der Gesetzgeber bei dem Flexibilitätszuschlag, anders als bei der Flexibilitätsprämie, gerade keine Mindestbemessungsleistung vorgegeben, sodass dies dafür spricht, dass der Flexibilitätszuschlag an keine Mindestvoraussetzungen in Form einer Nutzung der Anlage in einem Kalenderjahr von mindestens 50% der möglichen Stromerzeugung gekoppelt ist.
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§ 44b Abs. 1 EEG 2017 soll den Anspruch auf finanzielle Förderung für neue Biomasseanlagen auf die Hälfte der in einem Kalenderjahr mit der elektrischen Leistung der Anlage theoretisch erzeugbaren Strommenge begrenzen (BT-Drs. 18/1304, S. 142). Es sollen daher nur noch solche Anlagen förderfähig sein, die ihre Stromerzeugung aus Biogas an den Bedürfnissen des Strommarktes ausrichten können und ihre Stromerzeugung insbesondere in Stunden hoher Strompreise verlagern können (BT-Drs. 18/1304, S. 142). Die hierfür erforderliche flexible Stromerzeugungskapazität soll dadurch sichergestellt werden, dass ein Förderanspruch nur noch bis zur Hälfte der theoretisch möglichen Bemessungsleistung besteht (BT-Drs. 18/1304, S. 142). Dies wird gerade dadurch untermauert, dass dies der Fahrweise fast aller Anlagen in Deutschland entspricht, da über die Höchstbemessungsleistung produzierter Strom nicht vergütet wird und deshalb für die Anlagenbetreiber unwirtschaftlich wäre. Da laut Begründung in den Gesetzesmaterialien die Gewährung des Flexibilitätszuschlags insbesondere einen kostendeckenden Betrieb von Biogasanlagen ermöglichen soll (BT-Drs. 18/1304, S.148), spricht dies für die Klägerauffassung.
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Zwar liegt der übergeordnete Zweck des EEG in der Erreichung einer nachhaltigen Energieversorgung und der hierfür wiederum erforderlichen Zunahme einer Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Ein solcher nachhaltiger Aufbau wird unter anderem dadurch angestrebt, dass nach § 44b Abs. 1 EEG 2017 50% des erzeugten Stroms mit einer Marktprämie förderfähig war. Zwar bedeutet dies nicht, dass eine darüber hinausgehende Förderung verhindert werden soll. Denn langfristig soll die Stromerzeugung durch Biogasanlagen als ein Instrument erneuerbarer Energien über die Schwelle von 50% an Erzeugungsmengen hinausgehen und schließlich sogar ohne gesetzliche (Mengen-)Förderung und vielmehr gegen Zahlung der allgemeinen Marktpreise für Strom angeboten werden, um zur Deckung des allgemeinen Strombedarfs beizutragen. Dass der Gesetzgeber Anreize für ein dauerhaftes Brachliegenlassen schafft, überzeugt nicht (Beklagtenschriftsatz S. 6). Langfristig könnte dies dafür sprechen, die Betreiber von EEG-Anlagen im Rahmen des Möglichen wie die Betreiber konventioneller Anlagen zu behandeln, die keine gesetzliche Förderung erhalten und die in ihren Anlagen erzeugten Strommengen freihändig am Markt veräußern müssen (Beklagtenschriftsatz S. 6).
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Allerdings lässt diese langfristig gewollte Entwicklung keinen eindeutigen Rückschluss darauf zu, dass der Gesetzgeber des EEG 2017 eine Mindesterzeugung in Höhe von 50% des Wertes der installierten Leistung vorgesehen hat. Vielmehr zeigt die Gesetzesentwicklung im EEG 2021 – etwa durch Einführung von § 50 Abs. 3 EEG 2021 – auf, dass für den Betrieb von Biogasanlagen vor allem Anreize für eine flexible Gestaltung gesetzt werden und nicht für eine gewisse Mindestmenge an zu erzeugenden Strom.
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4. Weiter besteht ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Verzugszinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.05.2021 auf den Betrag von 37.077,04 EUR gegen die Beklagte gem. § 288 Abs. 1, 2, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB.
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a) Die Beklagte befindet sich gem. § 286 Abs. 1, 2 Nr. 3 BGB i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB seit dem 22.05.2021 in Verzug, da das Schreiben vom 21.05.2021 eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der nach § 57 i.V.m. §§ 50, 50a EEG 2017 geschuldeten Leistung darstellt.
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Eine Zahlung unter dem Vorbehalt, dass die Forderung zu Recht besteht, hat keine Erfüllungswirkung nach § 362 BGB (MüKo-BGB/Fetzer, § 362 Rn. 8). Die im Februar erfolgte Zahlung von 37.077,04 EUR unter Vorbehalt hat die Fälligkeit der Forderung nicht entfallen lassen, sondern stellt eine erste Weigerung einer (unbedingten) Erfüllung dar.
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Da die Forderung (noch) fällig war und das Schreiben vom 21.05.2021 unmissverständlich zu verstehen gibt, dass aufgrund anderer Rechtsauffassung eine Erstattung im Wege der nächsten (End-)Abrechnung nicht erfolgt, ist Verzug ab dem 22.05.2021 eingetreten. Da das Schreiben eine ernsthafte und nunmehr endgültige Erfüllungsverweigerung darstellt, die den geäußerten Vorbehalt nun bestätigt, war eine Mahnung gem. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich. Bereits mit der Erklärung, die Leistung definitiv nicht erbringen zu wollen, treten ohne weiteres die Verzugsfolgen ein (MüKo-BGB/Ernst, § 323 Rn. 101). Dass dies in der nächsten Abrechnung entsprechend behandelt wird und erst zu diesem Zeitpunkt zu einem faktischen Übergang der wirtschaftlichen Zuordnung kommt, ist irrelevant, da § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB lediglich auf die Erklärung abstellt.
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b) Die Forderung in Höhe von 37.077,04 EUR ist gem. § 288 Abs. 1, 2 BGB mit einem Zinssatz von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen, weil es sich um eine Entgeltforderung handelt und weder die Klägerin noch die Beklagte Verbraucherin ist. Der Begriff der Entgeltforderung setzt zwar eine gewisse Gegenleistung voraus, ist aber aufgrund des unionsrechtlichen Hintergrunds der Gesetzgebung weit zu verstehen (BGH NJW 2010, 1872, 1873 m.w.N.). Insbesondere ist es keine Voraussetzung, dass ein gegenseitiger Vertrag vorliegt und dass die etwaige Entgeltforderung im Gegenseitigkeitsverhältnis steht (MüKo-BGB/Ernst, § 286 Rn. 98 m.w.N.).
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Auch gesetzliche Ausgleichsansprüche können Entgeltcharakter haben; dies gilt jedenfalls für Rückgriffsnormen zum Ausgleich zwischen Übertragungsnetzbetreiber und Netzbetreiber (vgl. LG Bayreuth, 32 O 123/10; bestätigend OLG Bamberg, 8 U 3/11 – dass in den genannten Urteilen eine andere Veräußerungsform zugrunde lag, vermag nichts an der Vergleichbarkeit in Hinblick auf den Entgeltcharakter der Ausgleichsforderung zu ändern).
5. Nebenentscheidungen: §§ 3, 91, 709 ZPO.