Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 10.11.2022 – W 5 K 21.1118
Titel:

Baueinstellung - Einfriedung im Außenbereich

Normenketten:
BayBO Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 lit. a, lit. b, Art. 75 Abs. 1 S. 1
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 1 Nr. 5
BV Art. 141 Abs. 3
Leitsätze:
1. Als Voraussetzung für eine Baueinstellungsverfügung (Art. 75 Abs. 1 S. 1 BayBO) genügen objektive konkrete Anhaltspunkte, die es wahrscheinlich machen, dass ein dem öffentlichen Baurecht widersprechender Zustand geschaffen wird, nicht dagegen auch die tatsächliche Bestätigung dieser Vermutung. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach Art. 55 Abs. 1 BayBO sind nicht nur bauliche Anlagen, sondern überhaupt Anlagen genehmigungspflichtig. Einfriedungen sind also selbst dann grundsätzlich baugenehmigungspflichtig, wenn sie nur aus Pflanzen bestehen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das der Bauaufsichtsbehörde nach Art. 75 Abs. 1 S. 1 BayBO eingeräumte Ermessen ist insoweit ein intendiertes, als ein öffentliches Interesse daran besteht, die Fortführung unzulässiger Bauarbeiten zu verhindern, sofern nicht besondere Gründe vorliegen, die eine andere Entscheidung als die Baueinstellung rechtfertigen. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
4. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB können nur solche Vorhaben privilegiert sein, die über eine individuelle und die Allgemeinheit ausschließende Nutzung des Außenbereichs hinausgehen. Am Merkmal des Sollens iSv § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB fehlt es jedenfalls immer dann, wenn gegenüber dem allgemeinen Bedürfnis nach Erholung in der freien Natur, dem der Außenbereich dient, individuelle Freizeitwünsche bevorzugt werden sollen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anfechtungsklage, Baueinstellung, Einfriedung im Außenbereich, Tierhaltung, (Benjes-)Hecke, unzulässige Sperre, Anlage, intendiertes Ermessen, private Tierhaltung, Zugang zur freien Natur
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 24.01.2024 – 9 ZB 23.501
Fundstelle:
BeckRS 2022, 44361

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen eine mit der Androhung unmittelbaren Zwangs verbundene Baueinstellungsverfügung.
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1. Bei einer am 28. Juni 2021 durchgeführten Baukontrolle stellte das Landratsamt M.-Sp. fest, dass der Kläger durch einen Mitarbeiter der Fa. S... entlang der auf dem Grundstück Fl.Nr. …3 der Gemarkung … … … (Baugrundstück) vorhandenen Einzäunung Tannenbäume anliefern und ablegen ließ. Der Kläger wurde vom Landratsamt M.-Sp. am 28. Juni 2021 telefonisch über die Baukontrolle informiert; er erklärte hierzu im Wesentlichen, dass er die Fa. S... beauftragt habe, Totholz auf sein Grundstück zu bringen und Benjeshecken zu errichten.
3
Die Bauarbeiten wurden vor Ort mündlich gegenüber der Fa. S... eingestellt, weitere Anlieferungen wurden daraufhin gestoppt. Der Inhaber der Fa. S... erklärte, dass er den Auftrag für das Abladen der Tannenbäume vom Kläger persönlich erhalten habe. Zum Umfang der Ablagerungen wird auf den Baukontrollbericht des Landratsamts M.-Sp. vom 29. Juni 2021 und auf die beigefügten Lichtbildaufnahmen verwiesen.
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Am 29. Juni 2021 erklärte der Kläger telefonisch gegenüber dem Landratsamt, dass er die Arbeiten weiterführen lassen werde, außer man könne bei einem persönlichen Gespräch eine Einigung finden. Das Landratsamt M.-Sp. erwiderte, dass eine Baueinstellung gegenüber der Fa. S... ausgesprochen worden sei und dass eine Baueinstellung auch ihm gegenüber mit diesem Telefonat mündlich verfügt sei. Der Bitte des Klägers um einen Gesprächstermin kam das Landratsamt M.-Sp. nicht nach.
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2. Mit Bescheid vom 26. Juli 2021, dem Kläger ausweislich Postzustellungsurkunde zugestellt am 27. Juli 2021, stellte das Landratsamt M.-Sp. das Ablagern bzw. Anhäufen von gefällten Bäumen, Baumstämmen, Astkronen, Ästen und Baumwurzeln an die bestehende Einfriedung, die aus Pfosten und den daran befestigten Stahlgittermatten und Maschendrahtzaun bestehe, auf dem Grundstück Fl.Nr. …3 der Gemarkung … … … ein. Die am 29. Juni 2021 fernmündlich verfügte Einstellung der Bauarbeiten werde bestätigt (Ziffer 1). Für den Fall der Nichtbeachtung der Baueinstellung wurde unmittelbarer Zwang angedroht (Ziffer 2). Bezüglich der Ziffer 1 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziffer 3).
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Zur Begründung der auf Art. 75 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 BayBO gestützten Baueinstellung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass für das Vorhaben keine Baugenehmigung erteilt worden sei und auch kein entsprechender Bauantrag vorliege. Bei der bestehenden Einfriedung handele es sich um eine bauliche Anlage, die durch das angelieferte Holz verändert werde. Die Bauarbeiten seien tatsächlich begonnen und noch nicht abgeschlossen worden. Selbst wenn man bei der Einfriedung nicht von einer baulichen Anlage ausgehen würde, so dürften auch Einfriedungen aus Pflanzen (z.B. Hecken) grundsätzlich nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig sein. Das Vorhaben sei nicht nach Art. 57 BayBO verfahrensfrei. Insbesondere sei Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a BayBO wegen der Außenbereichslage nicht einschlägig. Auch Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO scheide aus, da der Kläger keinen landwirtschaftlichen Betrieb führe. Eine Genehmigungsfreistellung komme wegen der Außenbereichslage ebenfalls nicht in Betracht. Allein aufgrund der formellen Illegalität könnten die Bauarbeiten eingestellt werden. Die Anordnung sei auch ermessensgerecht. Das Landratsamt könne die Aufgaben als Bauaufsichtsbehörde nur dann erfüllen, wenn sichergestellt sei, dass genehmigungspflichtige Bauvorhaben erst nach Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit dem öffentlichen Recht begonnen bzw. fortgesetzt würden. Das Entschließungsermessen sei insoweit eingeschränkt. Das Handeln des Landratsamts sei opportun. Eine Duldung könne Signalwirkung für weitere ähnliche Anlagen haben, die ebenfalls ohne Genehmigung errichtet oder genutzt und dem Sinn und Zweck des Baurechts zuwiderlaufen würden. Die angeordnete Maßnahme sei auch verhältnismäßig. Das öffentliche Interesse an der Durchsetzung rechtmäßiger Zustände bzw. der Schutz der Rechtsordnung wiege schwerer als das Interesse des Bauherrn an der Beibehaltung bzw. dem Erhalt nicht genehmigter Anlagen. Auch die Stellung eines Bauantrags würde nicht zur Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände führen, weil das Vorhaben auch materiell-rechtlich unzulässig sei. Es handele sich bei dem Vorhaben um die Änderung einer Einfriedung zum Zweck der Tierhaltung im Außenbereich. Eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB scheide aus, weil weder die Tierhaltung noch die Einfriedung einem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB komme ebenfalls nicht in Betracht. Das Anliegen des Klägers, seinen nach eigenen Angaben ein Drittel des Gemeindegebiets umfassenden Grundbesitz zu arrondieren, einzufrieden und den von ihm und Dritten gehaltenen Tieren als Auslauf zur Verfügung zu stellen, werde von diesem Privilegierungstatbestand nicht erfasst. Das Vorhaben des Klägers weise zwar eine im Außenbereich erfüllbare, aber unter den gegebenen Umständen unzulässige Funktion auf. In dieser Funktion sei es rechtlich nicht zu billigen, also nicht i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB „gesollt“. Selbst bei Annahme einer Privilegierung sei das Vorhaben wegen entgegenstehender öffentlicher Belange i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht genehmigungsfähig. Die Untere Naturschutzbehörde stimme dem Vorhaben nicht zu, da es mit § 3 der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet Spessart nicht vereinbar sei. Zudem widersprächen die Einfriedungen den Grundsätzen der Bayerischen Verfassung, die den Zugang zur freien Natur und die Erholung in der freien Natur gewährleisten sollten (Art. 141 Abs. 3 BV). Bei Annahme eines nicht privilegierten, sonstigen Vorhabens i.S.v. § 35 Abs. 2 BauGB trete daneben noch eine Beeinträchtigung der Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB hinzu, da die Einfriedung und die Nutzung den Darstellungen des Flächennutzungsplans („Flächen für Landwirtschaft“) widersprächen. Der Kläger sei als Handlungs- und Zustandsstörer richtiger Maßnahmeadressat. Eine Anhörung vor Erlass der Anordnung sei gem. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG entbehrlich gewesen.
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Die Androhung unmittelbaren Zwangs richte sich nach Art. 18, 19 Abs. 1 Nr. 3, 29, 34 und 36 VwZVG. Die Anordnung unmittelbaren Zwangs sei insbesondere verhältnismäßig. Die Androhung eines Zwangsgeldes als grundsätzlich milderes Regelzwangsmittel lasse keinen zweckentsprechenden und rechtzeitigen Erfolg erwarten. Eine Ersatzvornahme scheide aufgrund der Verpflichtung zu einer nicht vertretbaren Handlung als Verwaltungszwangsmittel aus.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheids liege im überwiegenden, über das allgemeine Vollzugsinteresse hinausgehenden, öffentlichen Interesse i.S.d. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
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3. Mit Schriftsatz vom 19. August 2021, bei Gericht per Telefax eingegangen am 23. August 2021, erhob der Kläger Klage, sinngemäß mit dem Antrag,
den Bescheid des Landratsamts M.-Sp. vom 26. Juli 2021 aufzuheben.
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Der Klägerbevollmächtigte führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Es liege kein Fall des Art. 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 BayBO vor, der die ausgesprochene Anordnung rechtfertige. Bei den vom Kläger abgelagerten Baumstämmen, gefällten Bäumen, Astkronen, Ästen und Baumwurzeln handele es sich nicht um eine bauliche Anlage, sondern um eine schützenswerte Benjeshecke. Die Tothölzer füllten lediglich auf einer Strecke von ca. 60 m Lücken innerhalb der seit Jahrzehnten vorhandenen Benjeshecke auf. Die Hecke diene der Schaffung eines Biotops und beherberge Tier- und Pflanzenarten, die es außerhalb der Liegenschaft des Klägers nicht mehr gebe. Der Kläger habe keine Arbeiten an einem Bauwerk oder Grundstück vorgenommen. Selbst wenn man zu dem Ergebnis kommen würde, es handele sich um ein Bauwerk, handele es sich nicht um eine Einfriedung im bauordnungsrechtlichen Sinne. Eine dafür erforderliche gebäudegleiche Wirkung gehe von der lebenden Hecke nicht aus. Der Kläger habe die Hecke nicht errichtet, um sein Grundstück nach außen gegen unbefugtes Betreten oder unerwünschte Einsicht zu sichern. Die an der Benjeshecke befindlichen Metallteile könnten problemlos jederzeit entfernt werden. Die Maßnahme sei jedenfalls unverhältnismäßig. Die Abwägung müsse gegen das öffentliche Abrissinteresse und zugunsten des Lebens- und Verfassungsgutes Tierschutz ausfallen. Der Bebauungsplan von …D. sei unwirksam und es stehe nicht fest, wo Innen- und Außenbereich voneinander abzugrenzen seien.
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4. Das Landratsamt M.-Sp. beantragte ohne weitere Ausführungen,
die Klage abzuweisen.
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5. Mit Beschluss vom 28. Oktober 2021 lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg den Antrag des Klägers nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage ab (W 5 S 21.1119). Auf die Gründe der Entscheidung wird Bezug genommen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof verwarf mit Beschluss vom 21. Dezember 2021 (9 CS 21.3006) die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2021 eingelegte Beschwerde des Klägers als unzulässig.
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6. In der mündlichen Verhandlung am 22. September 2022 räumte das Gericht den Beteiligten eine Schriftsatzfrist bis zum 24. Oktober 2022 ein. Die Beteiligten erklärten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne weitere mündliche Verhandlung. Zum weiteren Ablauf wird auf das Protokoll Bezug genommen.
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7. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Die Akten zu den Verfahren W 5 K 09.869, W 5 K 20.1113 und W 5 S 21.1119 wurden beigezogen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Baueinstellungsbescheid des Landratsamts M.-Sp. vom 26. Juli 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Über die Klage konnte im Einverständnis mit den Beteiligten, welches in der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2022 klar, eindeutig und vorbehaltslos erklärt wurde, ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO). Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerseite meint, das Gericht müsse das ihm zustehende Ermessen dahingehend ausüben, wieder in eine mündliche Verhandlung einzutreten (Schriftsatz des Bevollmächtigten … vom 23. Oktober 2022) bzw. dass die Klägerseite ihren erklärten Verzicht auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung (Schriftsatz des Bevollmächtigten … vom 24. Oktober 2022) widerrufen hat.
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Der von Klägerseite erklärte Verzicht auf mündliche Verhandlung gem. § 101 Abs. 2 VwGO ist eine auf die nächste Entscheidung des Gerichts bezogene, grundsätzlich unwiderrufliche Prozesshandlung (vgl. BVerwG, B.v. 15.5.2014 – 9 B 57.13 – juris Rn. 20; B.v. 8.7.2008 – 8 B 29.08 – juris Rn. 6). Ob ein Widerruf ausnahmsweise bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage gem. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO zulässig ist, hat das Bundesverwaltungsgericht offengelassen (BVerwG, B.v. 19.5.2015 – 3 B 7.15 – juris Rn. 4; vgl. auch BayVGH, U.v. 13.10.2015 – 22 A 14.40037 – juris Rn. 15). Dieser Frage braucht hier jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden. Seit der mündlichen Verhandlung am 22. September 2022, in der das Einverständnis gem. § 101 Abs. 2 VwGO von der Klägerseite erklärt worden ist, ist keine wesentliche Änderung der Prozesslage, die von der Verzichtserklärung nicht erfasst wird, eingetreten. Das Gericht hat den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung eine Schriftsatzfrist bis zum 24. Oktober 2022 allein deshalb eingeräumt, um ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, sich noch zur Stellungnahme der Fachkraft für Naturschutz vom 20. September 2022 zu äußern. Durch die Einreichung insoweit nachgelassener Schriftsätze konnte die Klägerseite keine wesentliche Änderung der Prozesslage herbeiführen, die sie gegebenenfalls zu einem Widerruf ihres Einverständnisses berechtigen könnte, da das Einverständnis des Klägers in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gewährung einer Schriftsatzfrist erklärt wurde (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 3). Eine wesentliche Änderung der Prozesslage folgt auch nicht aus der Bezugnahme des Klägerbevollmächtigten … im Schriftsatz vom 24. Oktober 2022 auf drei Bauantragsverfahren des Klägers („Errichtung eines Tierheimes mit Verwaltung (Allgemeinräume) und Wohnung für Verwalter“; „Teilw. Abriss eines Wohnhauses mit Stallung und Wiederaufbau auf massivem Untergeschoss“; „Teilweiser Abriss einer Holzscheune und Wiederaufbau des massiven Teiles als Stallung“) sowie aus den diesbezüglich auszugsweise eingereichten Bauantragsunterlagen. Ein relevanter Zusammenhang zwischen der Baueinstellungsverfügung und den bezeichneten Bauvorhaben ist klägerseits nämlich nicht in hinreichender Weise aufgezeigt worden. Insbesondere sind in den von Klägerseite vorgelegten Unterlagen (vgl. Schreiben des Architekten M. vom 28.9.2022 nebst Anlagen) die von der Baueinstellungsverfügung umfassten Einfriedungsanlagen überhaupt nicht dargestellt. Es ist schließlich nicht zu ersehen, dass der von den Beteiligten erklärte Verzicht auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verbraucht sein könnte (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 101 Rn. 9). Insbesondere war der Verzicht auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung in eindeutiger Weise für die anstehende, abschließende Entscheidung über die Verwaltungsstreitsache erklärt worden.
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Soweit die Klägerseite einwendet, das Gericht dürfe nicht ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, ohne über die in den Schriftsätzen der Klägerseite vom 23. und 24. Oktober 2022 und vom 8. November 2022 enthaltenen Anträge, eine Beweisaufnahme in Form eines gerichtlichen Augenscheintermins oder in Form von Zeugenvernehmungen durchzuführen, zu entscheiden, ist dem nicht zu folgen. Zwar gebietet es der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, auch im Falle einer vorangegangenen Verzichtserklärung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO einen neuen Beweisantrag entsprechend einem in der mündlichen Verhandlung gem. § 86 Abs. 2 VwGO gestellten Beweisantrag zu behandeln und ihn vor der Sachentscheidung zu bescheiden. Anders verhält es sich jedoch, wenn der Beweisantrag vor oder gleichzeitig mit dem Verzicht auf mündliche Verhandlung gestellt worden ist, sowie bei einem Beweisantrag in einem – wie hier – nachgelassenen Schriftsatz, der nur Anlass geben kann, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, wenn sich aus ihm die Notwendigkeit weiterer Aufklärung des Sachverhalts ergibt (BVerwG, B.v. 10.10.2013 – 1 B 15.13 – juris Rn. 6 ff.). Die Kammer erkennt hier jedoch auch unter Berücksichtigung der in den Schriftsätzen der Klägerseite vom 23. und 24. Oktober 2022 und vom 8. November 2022 enthaltenen Ausführungen und Anträge keinen Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten, da es keine Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung sieht und sich die Streitsache aus Sicht der Kammer vielmehr als entscheidungsreif darstellt. Insbesondere ist der von Klägerseite wiederholt angeregte gerichtliche Augenschein aus Sicht der Kammer nicht (zwingend) veranlasst, da durch genügend Karten- und Bildmaterial sowie durch in den Akten enthaltene Beschreibungen ein ausreichender Eindruck von der Örtlichkeit vermittelt wird (vgl. Schübel-Pfister in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 86 Rn. 83).
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Entsprechend konnte das Gericht ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden.
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2. Gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Baueinstellungsverfügung ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Denn bei einer Baueinstellung handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, 148. EL November 2022, Art. 75 Rn. 137 m.w.N. zur Rechtsprechung).
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Die Vorschrift des Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist ein Instrument präventiver Bauaufsicht. Im Interesse der Effektivität sollen Bauarbeiten, die nach den konkreten Umständen des Einzelfalls auf ein Vorhaben gerichtet sind, das wahrscheinlich mit dem formellen und/oder materiellen Baurecht nicht vereinbar ist, bereits in der Entstehung unterbunden werden. Als Voraussetzung für eine Baueinstellungsverfügung genügen deshalb objektive konkrete Anhaltspunkte, die es wahrscheinlich machen, dass ein dem öffentlichen Baurecht widersprechender Zustand geschaffen wird, nicht dagegen auch die tatsächliche Bestätigung dieser Vermutung (Decker in: Busse/Kraus, BayBO 148. EL November 2022, Art. 75 Rn. 48; Weber in: Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 5. Aufl. 2022, Art. 75 Rn. 5; BayVGH, U.v. 27.8.2002 – 26 B 00.2110 – juris).
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3. Die Anordnung erweist sich als formell rechtmäßig, insbesondere bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Anhörung des Klägers. Eine Anhörung ist vorliegend im Rahmen des Telefonats zwischen der Bauaufsichtsbehörde und dem Kläger am 29. Juni 2021 erfolgt. Die Anhörung kann grundsätzlich formfrei erfolgen, weshalb es der Zustellung eines förmlichen Anhörungsschreibens an den Kläger nicht bedurfte (VG Ansbach, U.v. 28.9.2021 – AN 15 K 20.02078 – juris m.w.N.). Abgesehen davon war eine vorherige Anhörung – wie regelmäßig (vgl. BayVGH, B.v. 21.7.2020 – 1 CS 20.1204 – juris Rn.11; B.v. 11.9.2017 – 1 ZB 16.2186 – juris Rn. 5) – nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG entbehrlich angesichts des der Baueinstellung innewohnenden öffentlichen Interesses daran, den illegalen Weiterbau und damit möglicherweise einen nicht mehr rückgängig zu machenden Verstoß gegen die Rechtsordnung zu verhindern (vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2020 – 1 CS 20.1979 – juris Rn. 8; Decker in: Busse/Kraus, BayBO, 148. EL September 2022, Art. 75 Rn. 25). Damit kann offenbleiben, ob im Übrigen von einer Heilung nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BayVwVfG auszugehen wäre.
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4. Die Baueinstellungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
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4.1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Baueinstellungsverfügung des Landratsamts M.-Sp. lagen im vorliegenden Fall vor.
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Die Anlage des Klägers ist formell illegal, da mit ihrer Errichtung ohne die erforderliche Baugenehmigung begonnen wurde. Die Anlage unterliegt der Baugenehmigungspflicht nach Art. 55 Abs. 1 BayBO. Danach bedürfen die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen der Baugenehmigung, soweit in Art. 56 bis 58, 72 und 73 BayBO nichts anderes bestimmt ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das gilt unabhängig davon, ob die auf dem Baugrundstück verlaufende Einfriedung des Klägers als Teil eines genehmigungspflichtigen Gesamtbauvorhabens, namentlich der Tierhaltung des Klägers, anzusehen ist oder ob es sich lediglich um ein Einzelvorhaben zur Arrondierung der in diesem Bereich gelegenen Grundstücke des Klägers handelt. Denn auch im letztgenannten Fall handelt es sich bei der Einfriedung, welche aus Pfosten und daran befestigten Stahlgittermatten bzw. Maschendraht besteht, um eine bauliche Anlage i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 und 4 BayBO, die um das angelieferte Totholz erweitert und damit geändert werden soll. Selbst bei isolierter Betrachtung der pflanzlichen Bestandteile der Benjeshecke würde nichts Anderes gelten. Einfriedungen können bauliche Anlagen (Art. 2 Abs. 1 BayBO) oder andere nicht-bauliche Anlagen wie Hecken oder sonstige geschlossene Anpflanzungen von Bäumen und Sträuchern sein. Nach Art. 55 Abs. 1 BayBO sind nicht nur bauliche Anlagen, sondern überhaupt Anlagen genehmigungspflichtig. Einfriedungen sind also selbst dann grundsätzlich baugenehmigungspflichtig, wenn sie nur aus Pflanzen bestehen (vgl. bereits VG Würzburg, U.v. 20.5.2010 – W 5 K 09.869 – n.v. m.w.N.).
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Die errichtete Anlage ist unter keinem denkbaren Aspekt verfahrensfrei i.S.v. Art. 57 BayBO. Zutreffend weist das Landratsamt M.-Sp. darauf hin, dass insbesondere die Regelung des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a BayBO zu Mauern und Einfriedungen mit einer Höhe bis zu 2 m schon deshalb nicht einschlägig sein kann, weil das Vorhaben – anders als die Regelung zudem voraussetzt – unstreitig im Außenbereich gelegen ist. Ebenso wenig kommt eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO in Betracht. Danach sind verfahrensfrei nur offene, sockellose Einfriedungen im Außenbereich, soweit sie der Hoffläche eines landwirtschaftlichen Betriebs, der Weidewirtschaft einschließlich der Haltung geeigneter Schalenwildarten für Zwecke der Landwirtschaft, dem Erwerbsgartenbau oder dem Schutz von Forstkulturen und Wildgehegen zu Jagdzwecken oder dem Schutz landwirtschaftlicher Kulturen vor Schalenwild sowie der berufsmäßigen Binnenfischerei dienen. Hier ist aufgrund der vorhandenen Zaunpfosten schon fraglich, ob von einer „sockellosen“ Einfriedung die Rede sein kann. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der Kläger einen landwirtschaftlichen Betrieb führt. Der Kläger hält zwar verschiedene Tiere, allerdings nicht zum Zwecke der Land- oder Weidewirtschaft; auch dient die Einfriedung keinem Wildgehege zu Jagdzwecken. Eine private Tierhaltung mit dem Ansinnen, das Tierwohl zu fördern, fällt nicht unter den Tatbestand des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO.
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Andere Vorschriften, aufgrund derer die Genehmigungspflicht entfallen könnte, sind nicht ersichtlich. Aufgrund der fehlenden Genehmigung erweist sich das Vorhaben als formell rechtswidrig.
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4.2. Die nach Maßgabe von § 114 Satz 1 VwGO der gerichtlichen Kontrolle unterliegende Ermessensausübung des Landratsamts M.-Sp. ist nicht zu beanstanden.
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Das der Bauaufsichtsbehörde nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO eingeräumte Ermessen ist insoweit ein intendiertes, als ein öffentliches Interesse daran besteht, die Fortführung unzulässiger Bauarbeiten zu verhindern, sofern nicht besondere Gründe vorliegen, die eine andere Entscheidung als die Baueinstellung rechtfertigen (vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2020 – 1 CS 20.1979 – juris Rn. 14; B.v. 2.8.2000 – 1 ZB 97.2669 – juris Rn. 5; Decker in: Busse/Kraus, BayBO, Art. 75 Rn. 83 f. m.w.N.). Denn es ist Sache des Klägers, vor Baubeginn etwa durch eine klare schriftliche Anfrage an die hierfür allein zuständige Bauaufsichtsbehörde die Unsicherheit darüber zu beseitigen, dass sein Vorhaben den formellen und materiellen Anforderungen des Baurechts entspricht, und es ist ihm zuzumuten, mit der Fortsetzung der Bauarbeiten abzuwarten, bis die baurechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens festgestellt ist (Decker in: Busse/Kraus, BayBO, Art. 75 Rn. 83 f.; vgl. BayVGH, B.v. 18.2.2000 – 2 ZS 00.458 – juris Rn. 6). Wirtschaftliche Nachteile, die mit der Baueinstellung verbunden sind, müssen in aller Regel hinter dem öffentlichen Interesse zurücktreten. An die Ermessensausübung und deren Begründung sind daher nur geringe Anforderungen zu stellen (vgl. Decker in: Busse/Kraus, BayBO, Art. 75 Rn. 83 f.).
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Solche besonderen Gründe, die eine andere Entscheidung als die Baueinstellung rechtfertigen könnten, sind nach summarischer Prüfung nicht ersichtlich. Die Bauaufsichtsbehörde hat – wie sich aus dem angegriffenen Bescheid ergibt – ihr Ermessen erkannt und ihr Einschreiten unter Ausdruck des vorhandenen Ermessensspielraums und unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen ausführlich begründet. Es bestehen nach summarischer Überprüfung keine Zweifel am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es liegt hier insbesondere kein Ausnahmefall vor, in dem trotz der Genehmigungsbedürftigkeit der Baumaßnahme von einer Baueinstellungsverfügung abzusehen ist, weil die Baumaßnahme entgegen den Darstellungen der Bauaufsichtsbehörde im Baueinstellungsbescheid offensichtlich genehmigungsfähig wäre (vgl. hierzu Decker in: Busse/Kraus, BayBO, Art. 75 Rn. 92). Die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens ist in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nämlich nicht offensichtlich, sondern es spricht vielmehr alles dafür, dass das im Außenbereich gelegene Vorhaben nicht als ein nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes, sondern als ein sonstiges Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 2 BauGB einzuordnen ist, welches öffentliche Belange i.S.v. § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt und deshalb nicht genehmigungsfähig ist. Im Einzelnen:
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Eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB scheidet aus, weil die Anlage in jeder vom Kläger beschriebenen Form und Zwecksetzung keinem landwirtschaftlichen Betrieb dient. Eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB scheidet aus, weil der Kläger vor Ort keinen gewerblichen Betrieb führt. Bei dem Vorhaben des Klägers handelt es sich auch nicht um die bauliche Erweiterung eines zulässiger Weise errichteten gewerblichen Betriebs im Sinne von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB.
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Auch die Voraussetzungen des Privilegierungstatbestandes des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB liegen nicht vor. Danach ist ein Vorhaben im Außenbereich privilegiert zulässig, wenn es unter anderem wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkungen auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll. Die Bestimmung stellt einen Auffangtatbestand für solche Vorhaben dar, die von den Nrn. 1 bis 3, 5 bis 8 nicht erfasst werden, nach den Grundsätzen städtebaulicher Ordnung sinnvoll aber nur im Außenbereich ausgeführt werden können, weil sie zur Erreichung des mit ihnen verfolgten Zwecks auf einen Standort außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile angewiesen sind. Die tatbestandliche Weite dieser Vorschrift ist durch erhöhte Anforderungen an die im Gesetz umschriebenen Privilegierungsvoraussetzungen auszugleichen. Nicht jegliche Betätigung, die sinnvoll im Außenbereich ausgeübt werden kann, ist dort auch mit einer entsprechenden baulichen Verfestigung bevorrechtigt zuzulassen. Nur so lässt sich das gesetzgeberische Ziel erreichen, den Außenbereich, der vornehmlich der Land- und Forstwirtschaft sowie der Erholung für die Allgemeinheit zur Verfügung stehen soll, vor einer unangemessenen Inanspruchnahme zu schützen und grundsätzlich von einer ihm wesensfremden Bebauung freizuhalten. Zur Bejahung der Tatbestandsvoraussetzungen bedarf es einer rechtlichen Wertung, ob das Vorhaben nach Lage der Dinge des jeweiligen Einzelfalls aus einem der in der Vorschrift genannten Gründe hier und so sachgerecht nur im Außenbereich untergebracht werden kann. Diese Wertung beinhaltet vor allem die Entscheidung, ob das Vorhaben überhaupt im Außenbereich ausgeführt werden soll. Davon kann noch keine Rede sein, wenn der mit einem Vorhaben verfolgte Zweck zwar billigenswert, ja möglicherweise sogar allgemein erwünscht, die damit verbundene bauliche Verfestigung jedoch als außenbereichsinadäquat zu qualifizieren ist. Aus der Tatsache, dass ein Vorhaben einem zulässigen und sinnvoll nur im Außenbereich zu verwirklichenden Zweck dient, folgt noch nicht, dass es nach Bauplanungsrecht bevorzugt im Außenbereich ausgeführt werden soll (BVerwG, U.v. 14.3.1979 – IV C 41.73 – juris). Nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB können nur solche Vorhaben privilegiert sein, die über eine individuelle und die Allgemeinheit ausschließende Nutzung des Außenbereichs hinausgehen. Anders ausgedrückt: Am Merkmal des Sollens i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB fehlt es jedenfalls immer dann, wenn gegenüber dem allgemeinen Bedürfnis nach Erholung in der freien Natur, dem der Außenbereich dient, individuelle Freizeitwünsche bevorzugt werden sollen (BVerwG, B.v. 10.2.2009 – 7 B 46.08 – juris).
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In Anwendung dieser Grundsätze fehlt es vorliegend nach der gebotenen summarischen Prüfung an den Privilegierungsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Das Ansinnen des Klägers, weite Teile des Gemeindegebiets von D. (wohl) zum Zwecke einer privaten Tierhaltung zu nutzen und die einzelnen Flächenareale durch Zäune und/oder Hecken voneinander abzugrenzen, stellt eine unangemessene und wesensfremde Inanspruchnahme des Außenbereichs dar. Denn das Vorhaben erscheint zwar vom Grundsatz mit Blick auf die Zielsetzung, dem Tierwohl Rechnung zu tragen, nicht von vornherein als unbillig und darüber hinaus als nur im Außenbereich realisierbar. Es läuft jedoch aufgrund der damit einhergehenden Nutzungsweise und baulichen Verfestigung der maßgeblichen Funktion des Außenbereichs – der naturgegebenen Erholungsfunktion – in besonders signifikanter Weise entgegen. Durch eine private Tierhaltung werden auf der betroffenen Fläche nämlich in erster Linie die individuellen Freizeitwünsche und Nutzungsinteressen des Klägers bedient, während die Allgemeinheit die weitläufige Außenbereichsfläche in ihrer naturgegebenen Form nicht mehr bzw. allenfalls unter erheblichen Einschränkungen betreten, in Anspruch nehmen und sich darin erholen kann. Dafür, dass an der beabsichtigten Haltung der Tiere ein gesetzlich untermauertes öffentliches Interesse am Artenschutz besteht (vgl. BVerwG, B.v. 10.4.1987 – 4 B 63.87 – juris), ist nichts ersichtlich. In dieser Funktion ist das Vorhaben rechtlich nicht zu billigen, also i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht „gesollt“. Erst recht gilt dies, wenn man von einer unspezifischen Einfriedungsmaßnahme – d.h. bei fehlender Absicht, die eingefriedete Fläche zum Zwecke einer Tierhaltung zu nutzen – ausgehen wollte (vgl. bereits VG Würzburg, U.v. 20.5.2010 – W 5 K 09.869 – n.v.).
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Das dementsprechend als sonstiges Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 2 BauGB zu qualifizierende Vorhaben ist unzulässig, weil es öffentliche Belange beeinträchtigt. Es widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplans, der für die betroffenen Außenbereichsgrundstücke landwirtschaftliche Flächen ausweist (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauBG). Zudem beeinträchtigt es den Erholungswert der betroffenen Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Schließlich macht es den in der Bayerischen Verfassung garantierten Zugang zur freien Natur und die Erholung in der freien Natur im betroffenen Bereich unmöglich (Art. 141 Abs. 3 BV). Im konkreten Fall ist die umfassende Einfriedung großer Außenbereichsflächen mit der Verfassungsgarantie des Art. 141 Abs. 3 BV nicht vereinbar (vgl. auch Art. 26 BayNatSchG). Alle Teile der freien Natur können grundsätzlich von jedermann unentgeltlich – auch auf Privatwegen – betreten werden (vgl. Art. 27 Abs. 1 BayNatSchG). Das Betretungsrecht der freien Natur kann vom Grundeigentümer nur unter den Voraussetzungen des Art. 33 BayNatSchG verweigert werden. Bei den Außenbereichseinfriedungen des Klägers handelt es sich jedoch nicht um zulässige Sperren im Sinne der vorgenannten Vorschrift. Sieht man Art. 141 Abs. 3 BV und die Vorgaben des BayNatSchG nicht als eigenständigen öffentlichen Belang i.S.v. § 35 Abs. 3 BauGB an, wäre jedenfalls eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) anzunehmen. Zu dieser natürlichen Eigenart gehört es, dass die Außenbereichslandschaft von Anlagen, die nicht der Natur der freien Landschaft entsprechen, frei bleibt. Auch Einfriedungen, soweit sie nicht, wie z.B. Weidezäune oder Zäune für Forstkulturen, einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen, sind der freien Natur wesensfremd. Der Außenbereich soll für die naturgegebene Bodennutzung freigehalten werden, die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Dies erfordert die Abwehr aller Anlagen, die der Landschaft wesensfremd sind oder die der Allgemeinheit Möglichkeiten der Erholung entziehen. Es ist hier ohne weiteres – insbesondere auch ohne Durchführung eines gerichtlichen Augenscheins – ersichtlich, dass die Einfriedung des großräumigen Grundstücksareals der Landschaft wesensfremd ist, darin als Fremdkörper erscheint und eine Parzellierung bewirkt, die einen Teil aus der freien Außenbereichslandschaft herausschneidet und ihn seiner natürlichen Funktion entzieht (vgl. zum Ganzen auch schon VG Würzburg, U.v. 20.5.2010 – W 5 K 09.869 – juris m.w.N.).
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Nach alldem scheidet eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit der errichteten Anlage aus. Damit ist – auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – eine andere Entscheidung als die Baueinstellung nicht gerechtfertigt.
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5. Weitere Bedenken an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Baueinstellung sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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6. Soweit sich die Klage gegen Ziffer 2 des Bescheids des Landratsamts M.-Sp. vom 26. Juli 2021 richtet, erweist sie sich ebenfalls als unbegründet. Die Androhung unmittelbaren Zwangs (Art. 34, 36 VwZVG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Das Landratsamt M.-Sp. hat insbesondere in nachvollziehbarer Weise begründet, dass als milderes Mittel gegenüber der Androhung unmittelbaren Zwangs eine Zwangsgeldandrohung (Art. 31, 36 VwZVG) nicht in Betracht kommt. Ein Zwangsgeld i.S.v. Art. 31 VwZVG lässt nach Aktenlage und dem sich daraus ergebenden, gegenwärtigen Sach- und Streitstand keinen Erfolg erwarten. Das Landratsamt hat – ohne dass der Kläger dem widersprochen hätte – ausgeführt, dass der Kläger in der Vergangenheit verschiedene Gebühren- und Kostenrechnungen nicht habe begleichen können oder wollen. Auch angedrohte Zwangsgelder hätten den Kläger nicht daran gehindert, weitere rechtswidrige Zustände zu schaffen bzw. zu verdichten. Hinzu kommt, dass die Stadt … … ausweislich ihrer Mitteilung vom 10. April 2019 (Bl. 112 f. des Behördenvorgangs 51-602, S-2005-377, Akte IV) ein Vollstreckungsersuchen des Landratsamts M.-Sp. nicht durch Zahlung erledigen konnte. Darin wurde näher ausgeführt, dass der Kläger sich hartnäckig seinen Zahlungspflichten entziehe. Sämtliche Zahlungsaufforderungen seien unbeachtet geblieben. Ein Pfändungsversuch sei fruchtlos geblieben, da pfändbare Habe nicht gefunden worden sei. Sämtliche Kontopfändungen in der Vergangenheit seien bislang erfolglos geblieben. Mietpfändungen führten ebenfalls nicht zum Erfolg. Aus der vom Kläger abgegebenen Vermögensauskunft ergäben sich keine erfolgversprechenden Vollstreckungsmöglichkeiten. In der Vergangenheit hätten lediglich dinglich gesicherte Forderungen im Rahmen von Zwangsversteigerungsverfahren realisiert werden können. All dem ist der Kläger im vorliegenden gerichtlichen Verfahren nicht substantiell entgegengetreten; zu seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit in Bezug auf ein angedrohtes Zwangsgeld hat er sich nicht geäußert. Es spricht daher nach gegenwärtigem Sach- und Rechtsstand alles dafür, dass die Androhung eines Zwangsgelds als Beugemittel fruchtlos geblieben wäre, so dass sie als milderes Mittel ausscheidet.
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Die Androhung einer Ersatzvornahme i.S.v. Art. 32 VwZVG scheidet als milderes Mittel ebenfalls aus, da in der dem Kläger aufgegebenen Baueinstellung keine Handlungspflicht zu erkennen ist, die auch ein anderer vornehmen kann (vertretbare Handlung).
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Weitere Gesichtspunkte, die zur Rechtswidrigkeit der angedrohten Zwangsmaßnahme führen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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7. Mithin war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.