Inhalt

ArbG Nürnberg, Endurteil v. 26.01.2022 – 13 Ca 2381/21
Titel:

Elternzeit, Arbeitsvertrag, Arbeitnehmer, Teilzeit, Arbeitgeber, Wirksamkeit, Streitwertfestsetzung, Anspruch, Arbeitsplatz, Frist, Brand, Widerklage, Rechtsweg, Umsetzung, sachlicher Grund, Wegfall des Arbeitsplatzes, unternehmerische Entscheidung

Schlagworte:
Elternzeit, Arbeitsvertrag, Arbeitnehmer, Teilzeit, Arbeitgeber, Wirksamkeit, Streitwertfestsetzung, Anspruch, Arbeitsplatz, Frist, Brand, Widerklage, Rechtsweg, Umsetzung, sachlicher Grund, Wegfall des Arbeitsplatzes, unternehmerische Entscheidung
Rechtsmittelinstanz:
LArbG Nürnberg, Urteil vom 15.11.2022 – 7 Sa 103/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 44224

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 29.04.2021 nicht aufgelöst worden ist.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.
4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
5. Der Streitwert wird auf 36.050,94 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 29. April 2021, um einen Entschädigungsanspruch und um einen hilfsweisen widerklagend erhobenen Zahlungsantrag.
2
Die 41-jährige, verheiratete, drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Klägerin ist nach einer Vorbeschäftigung von 2004-2006 seit dem 24.10.2011 bei der Beklagten in der Abteilung Global Newsroom in Vollzeit, zuletzt mit einem Bruttomonatsgehalt von 6.008,49 € beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag der bayerischen Schuhfabrik e.V. M. Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie und der Entgelttarifvertrag zwischen der IG BCE und dem Bundesverband der Schuh- und Lederwarenindustrie Anwendung.
3
Die Abteilung Global Newsroom ist für die strategische Marken-, Kategorien- und Produktdarstellung zuständig. Sie verantwortet die Brand Digital Publishing-Strategie und stellt eine einheitliche globale Umsetzung sicher.
4
Im Jahr 2013 nahm die Klägerin neun Monate Elternzeit. Nach Rückkehr aus der Elternzeit am 28. März 2014 wurde der Klägerin eine Stelle mit neuer Stellenbeschreibung als Produktmanagerin BU interaktiv zugewiesen. Zuvor hatte man ihr eine Stelle als Teamassistentin angeboten. Da die Klägerin hierfür überqualifiziert war, verlängerte die Klägerin im Einvernehmen mit der Beklagten ihre Elternzeit um zwei Monate. Ab 1. Oktober 2014 erfolgte eine Beschäftigung als Manager Social Media in der Abteilung Digital.
5
Nach Geburt eines weiteren Kindes ging die Klägerin im Jahr 2015 erneut in Elternzeit und kehrte 2016 zurück. Sie wurde in einer neuen Abteilung als Manager Social Strategy & Community eingesetzt. Die Beklagte fragte mindestens drei mal nach, mit welcher Stundenzahl die Klägerin auf ihren Arbeitsplatz zurückkehren wolle und ob sie nicht doch weiter Elternzeit nehmen wolle. Erst danach teilte man der Klägerin mit, wie und in welcher Abteilung sie beschäftigt werde.
6
Die Klägerin hatte stets fristgerecht ihre Elternzeit angemeldet.
7
2017 war die Klägerin daran beteiligt, einen Nachfolger für sich zu finden, da ihre bisherige Position weggefallen war.
8
Im Februar 2020 wurde der Klägerin von zwei Personalleitern mitgeteilt, dass ihre Position als Manager Social Strategy & Community im Rahmen einer Unternehmensumstrukturierung nicht mehr benötigt werde. Die Klägerin befand sich seit 20. Februar 2020 im Rahmen eines Employee Integration Process in der Phase der aktiven Platzierung. Diese Phase bezweckt von internen Umstrukturierungen betroffenen Mitarbeitenden freie und geeignete Positionen zu vermitteln. Die Beklagte identifizierte Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin als Manager Communication in der Abteilung Specialist Sports, die der Klägerin am 2.3.2020 angeboten wurde, aber anderweitig besetzt wurde. Die Beklagte identifizierte zudem Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten als Manager Social Media in der Abteilung Originals, die ebenfalls anderweitig besetzt wurde, und als Manager Digital Marketing in der Abteilung Badge of Sports, die ab 1. März 2021 anderweitig besetzt wurde. Im Jahr 2020 lud die Beklagte die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch für eine Stelle als Social Media Manager Originals ein.
9
Zwischen April und August 2020 war die Klägerin an Long-Covid erkrankt. In dieser Zeit angesetzte Personalentwicklungsgespräche sagte die Klägerin ab oder antwortete nicht. Am 3. Juli 2020 verlangte die Klägerin weitere Eliernzeit mit Teilzeit vom 1. September 2020 bis 15.1.2021. Am 4. August 2020 erfuhr die Klägerin, dass ihr Antrag nicht bearbeitet worden war. In den Tagen danach teilte man der Klägerin mit, dass man einen neuen Arbeitsvertrag für sie erstellen müsse. Drei Tage vor Beginn der Teilzeit in Elternzeit erhielt die Klägerin einen neuen Arbeitsvertragsentwurf über 30 Stunden Teilzeit für zwölf Monate, obwohl sie nur für vier Monate beantragt hatte, und mit einem Gehalt, das nicht dem Anteil der vorherigen Vergütung für Vollzeit entsprach. Der Teilzeitvertrag wurde nicht unterzeichnet.
10
Im August 2020 wandte sich die Klägerin an die Beklagten und forderte eine Höherstufung aufgrund ihrer Beschäftigungszeit, woraufhin rückwirkend ab 1. Juni 2020 die Höherstufung vorgenommen wurde.
11
Treffen zur Personalentwicklung der Klägerin am 26. November 2020 und am 26. Januar 2021 wurden von der Klägerin nicht wahrgenommen.
12
Am 7. Dezember 2020 verlangte die Klägerin weitere Elternzeit mit Teilzeit für den Zeitraum 25.1.2021 bis 27.3.2021 für ein weiteres Kind. Die Klägerin wurde in dieser Zeit nicht beschäftigt.
13
Mit Schreiben vom 29. April 2021, zugegangen am selben Tag, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Juli 2021.
14
Mit Schreiben vom 30. Juni 2021 machte die Klägerin Anspruch auf Entschädigung dem Grunde nach gegenüber der Beklagten geltend. Der Anspruch wurde mit E-Mail der Beklagten vom 8. Juli 2021 abgelehnt.
15
Die Klägerin vertritt die Auffassung, die ordentliche Kündigung sei nicht gerechtfertigt. Sie habe Anspruch auf Entschädigung, da sie nach Rückkehr aus ihren Elternzeiten stets die Erfahrung habe machen müssen, dass ausgerechnet ihre Stelle umstrukturiert worden war. Männlichen Kollegen in vergleichbarer Situation sei es nicht so ergangen. Nach Rückkehr aus ihrer Elternzeit hätten 605 Tage ihrer Beschäftigungszeit gefehlt, was den in Anspruch genommenen Elternzeiten für die beiden älteren Kinder entsprochen habe. Diese Zeiten seien nicht berücksichtigt worden. Ein sachlicher Grund hierfür sei nicht erkennbar. Die Klägerin sei wegen ihrer Mutterschaft mittelbar benachteiligt, da sie ungünstiger behandelt worden sei als vergleichbare Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die keine Elternzeit oder nur kürzere Elternzeit genommen hätten. Der Klägerin stehe daher ein Entschädigungsanspruch von drei Bruttomonatsgehältern zu.
16
Die Klägerin beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Parteien durch die Kündigung vom 29. April 2021 nicht aufgelöst ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.025,47 € nebst Zinsen hieraus in Höhe vor 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
17
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hilfsweise, für den Fall der Abweisung des Beendigungsschutzantrages widerklagend:
Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 128.279,87 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
18
Die Beklagte ist der Ansicht, die ordentliche Kündigung vom 29. April 2021 beende das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2021. Sie trägt vor, Anfang 2020 sei es zu einer Umstrukturierung gekommen und damit zum vollständigen Wegfall des Arbeitsplatzes der Klägerin. Das interne Brand Leadership Project sei 2014 begonnen worden und habe bei der Beklagten zu mehrfachen Umstrukturierungsmaßnahmen geführt. Die unternehmensinterne Umstrukturierung sei innerhalb der Abteilung Global Newsroom zum 1.6.2020 umgesetzt worden. Vor der Umstrukturierung habe innerhalb des Bereichs Brand Communications der Trend bestanden, dass jede Kreationsabteilung zusätzlich zu den globalen markenübergreifenden Storys noch eigene Storys geplant und umgesetzt habe. Zur Vermeidung von Doppelarbeit seien die Verantwortungsbereiche des Storytellings klar definiert worden. Die Beklagte habe versucht, das Arbeitsverhältnis aufrecht zu erhalten und der Klägerin verschiedene Arbeitsplätze innerhalb der Beklagten angeboten, die die Klägerin nicht angenommen habe. Die Kündigung im April 2021 sei unausweichlich gewesen. Die Klägerin habe zuletzt die Stelle als Content Creator innegehabt. Im Februar 2020 sei mit der Implementierung der neuen Organisationsstruktur begonnen und zum 1. Juni 2020 vollständig eingeführt worden. Im Bereich Brand Communictions seien drei Vollzeitstellen entfallen, darunter auch die Position der Klägerin. Die noch vereinzelt verbliebenen Kommunikationskonzepte seien an konkrete Mitarbeiter gebunden und würden von anderen Mitarbeitern betreut und verantwortet werden. Die Klägerin habe kein eigenes Kommunikationskonzept. Der Arbeitsplatz sei durch die klare Verteilung der Storys und deren Reduzierung von 349 im Jahr 2019 auf 221 im Jahr 2021 markenweit und in den einzelnen Geschäftsbereichen von 99 Storys im Jahr auf 26 weggefallen. Die Klägerin habe im Rahmen eines Employee Integration Project nicht mitgewirkt. Sie sei seit 10. August 2020 nicht dazu bereit gewesen, der Beklagten einen aktuellen Lebenslauf zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte bestreitet, dass Männer oder Personen, die keine oder geringere Elternzeit genommen hätten, nicht von Umstrukturierungen betroffen gewesen seien. Die hilfsweise Widerklage betreffe die Minusstunden, die bei der Klägerin auf deren Arbeitskonto in Höhe von insgesamt 4390,6 Stunden bestünden.
19
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der Güteverhandlung vom 7.06.2021 sowie der Kammerverhandlung vom 26.01.2021 Bezug genommen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Entscheidungsgründe

20
Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Die ordentliche Kündigung vom 26. April 2021 hat das Arbeitsverhältnis nicht beendet. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Entschädigung. Die hilfsweise Widerklage fiel mangels Eintritt der innerprozessualen Bedingung nicht zur Entscheidung an.
I.
21
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) b) ArbGG eröffnet. Die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Nürnberg ergibt sich aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 12, 17 ZPO.
II.
22
Die Kündigung vom 29. April 2021 hat das Arbeitsverhältnis nicht zum 31. Juli 2021 beendet.
23
1. Die ordentliche Kündigung vom 29. April 2021 gilt nicht nach § 7 Halbs. 1 KSchG als rechtswirksam. Die Klägerin hat gegen die Kündigung vom 29. April 2021 mit Klageschrift vom 20. Mai 2021, beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangen am selben Tag, fristgerecht Klage erhoben, § 4 Satz 1 KSchG.
24
2. Die Kündigung ist nicht i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und damit sozial ungerechtfertigt.
25
i. Dringende betriebliche Erfordernisse i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-) Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (BAG vom 20. November 2014 – 2 AZR 512/13 –, Rn. 14).
26
ii. Ein dringendes „betriebliches“ Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr gefordert ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Dabei kommt es de lege lata nicht darauf an, ob die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zugrunde liegende unternehmerische (Organisations-)Entscheidung ihrerseits – etwa aus wirtschaftlichen Gründen – „dringend“ war oder die Existenz des Unternehmens auch ohne sie nicht gefährdet gewesen wäre (BAG 20. Juni 2013 – 2 AZR 379/12 – Rn. 20, BAGE 145, 265). In diesem Sinne ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft odar Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei die Vermutung, dass sie aus sachlichen – nicht zuletzt wirtschaftlichen – Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 20. November 2014 – 2 AZR 512/13 –, Rn. 15).
27
iii. Nach diesen Grundsätzen ist die streitgegenständliche Kündigung nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Die Beklagte hat schon keine Unternehmerentscheidung vorgetragen, aus der sich der Wegfall des Arbeitsplatzes der Klägerin ergäbe. Der pauschale Vortrag, die Verantwortungsbereiche des Storytellings seien klar definiert worden und hätten zu einer Reduzierung der Anzahl der Storys geführt, lässt nicht erkennen, wer welche Entscheidung getroffen haben will. Der Vortrag, zum 1. Juni 2020 sei die neue Organisationsstruktur vollständig eingeführt worden, ist ebenfalls unsubstantiiert. So wird weder vorgetragen, wie die Organisation vor der nicht substantiiert vorgetragenen Unternehmerentscheidung ausgesehen hat, noch welche Veränderungen vorgenommen worden sein sollen. Alleine der Vortrag, dass durch organisatorische Veränderungen des Projekts BL 3 drei Vollzeitstellen im Bereich von Brand Communications entfallen, reicht nicht aus, den Wegfall des Arbeitsplatzes der Klägerin substantiiert darzulegen. Es ist nicht im Ansatz erkennbar, welche Veränderung zu einem Wegfall des Arbeitsplatzes der Klägerin geführt haben soll. Die Beklagte trägt zudem selbst vor, dass es vielfältige anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gegeben habe und diese zum Teil der Klägerin angeboten worden seien. Damit war nach dem eigenen Vortrag der Beklagten eine Weiterbeschäftigung der Klägerin möglich. Auch eine vor Ausspruch der Kündigung erfolgte Ablehnung des Änderungsangebots durch die Klägerin entband die Beklagte nicht von ihrer Verpflichtung, der Klägerin die geänderten Arbeitsbedingungen in Form einer Änderungskündigung anzubieten, anstatt eine Beendigungskündigung auszusprechen (vgl. BAG 21. April 2005 – 2 AZR 132/04 –, BAGE 114, 243-257, Rn. 34). Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auch darauf, die Klägerin habe es versäumt, einen aktualisierten Lebenslauf vorzulegen. Die Klägerin durfte davon ausgehen, dass die Beklagte selbst nachvollziehen kann, welche Positionen die Klägerin bei der Beklagten im Laufe ihrer Beschäftigungszeit besetzt hatte. Die Beklagte wäre also auch für den Fall, dass ein substantiierter Vortrag zu einer unternehmerischen Entscheidung, deren Umsetzung und dem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin vorläge, verpflichtet gewesen, der Klägerin auch nach Ablehnung eines Angebots eine Änderungskündigung mit einem Vertragsangebot auszusprechen (vgl. BAG 21. April 2005 – 2 AZR 132/04 –, BAGE 114, 243-257, Rn. 30).
28
3. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.
29
a. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist zwar eröffnet. Die Klägerin ist als Arbeitnehmerin Beschäftigte i.S.d. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG).
30
b. Die Klägerin hat den Entschädigungsanspruch jedoch nicht fristgerecht geltend gemacht. Nach § 15 Abs. 4 AGG muss ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich gemacht werden. Die Frist beginnt vorliegend zu dem Zeitpunkt, in dem die Klägerin von der Benachteiligung Kenntnis erlangt hat. Die Klägerin beruft sich auf Benachteiligung dadurch, dass ihr nach Rückkehr aus den jeweiligen Elternzeiten stets ihre vorherige Stelle nicht mehr angeboten worden war. Die letzte Elternzeit der Klägerin endete am 27. März 2021. Die Frist nach § 15 Abs. 4 AGG endete daher mit Ablauf des 27. Mai 2021. Eine Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs erfolgte erst mit Schreiben vom 30. Juni 2021.
31
4. Die Widerklage fiel nicht zur Entscheidung an, da die innerprozessuale Bedingung, die Abweisung des klägerischen Kündigungsschutzantrags, nicht eingetreten ist.
III.
32
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
33
2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG bzw. § 3 ff ZPO. Für den Feststellungsantrag waren drei Monatsgehälter der Klägerin zugrunde zu legen, für den Entschädigungsantrag der geforderte Betrag.
34
3. Gründe gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG, die Berufung gesondert zuzulassen, liegen nicht vor. Die Statthaftigkeit der Berufung nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes bzw. in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 64 Abs. 2 Buchstabe b), c) bleibt hiervon unberührt.