Inhalt

Vergabekammer München, Beschluss v. 10.10.2022 – 3194.Z3-3_01-22-40
Titel:

Antragsbefugnis für Nachprüfungsantrag bei Vergabeverfahren

Normenkette:
GWB § 97 Abs. 6, § 134, § 160 Abs. 2
Leitsätze:
1. Einem Bieter, der auf einem wirtschaftlich aussichtslosen Rang liegt, fehlt die Antragsbefugnis, wenn er selbst mit begründeten Einwendungen gegen den Zuschlagsprätendenten nicht erreichen wird, dass er selbst eine aussichtsreiche Chance auf den Zuschlag erhielte. (Rn. 29 – 30)
2. Ein Bieter, der auf einem wirtschaftlich aussichtlosen Rang liegt, muss substantiiert vortragen und begründen, warum es möglich erscheint, dass die Angebote der vor ihm platzierten Bieter allesamt auszuschließen sind, um antragsbefugt zu sein. Rein pauschale Vermutungen und Vorwürfe ohne substantiierte und konkrete Begründungen gegen die besserplatzierten Bieter sind hierfür nicht ausreichend. (Rn. 31)
1. Die Vergabekammer ist keine Fachaufsichtsbehörde, die allgemein die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Handelns der Vergabestelle überprüft; vielmehr ist sie eine Nachprüfungsinstanz, die ausschließlich prüft, ob die Rechte aus § 97 GWB auf eine transparente und nichtdiskriminierende Chance auf den Zuschlag im Vergabeverfahren verletzt worden sind. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Selbst wenn man von einer Verletzung der Informationspflicht des § 134 Abs. 1 GWB ausgehen würde, müsste ein weiteres vergaberechtswidriges Fehlverhalten der Vergabestelle hinzutreten, welches zu einer Rechtsverletzung des Bieters geführt hätte, um im Nachprüfungsverfahren Erfolg zu haben. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antragsbefugnis, Nachprüfungsantrag, Vergabeverfahren, Vergabekammer, Angebot, Bieter, Zuschlag, Erledigung, Vergaberechtsverstoß, Informationspflicht
Rechtsmittelinstanz:
BayObLG, Beschluss vom 20.01.2023 – Verg 14/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 43984

Tenor

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen desAntragsgegners und der Beigeladenen.
3. Für das Verfahren wird eine Gebühr in Höhe von2.080,00 EUR festgesetzt. Auslagen sind nicht angefallen.
4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsgegner und die Beigeladene war jeweils notwendig.

Gründe

I.
1
Mit Auftragsbekanntmachung vom 10.06.2022 und Berichtigung vom 05.07.2022 veröffentlichte der Antragsgegner eine Ausschreibung über Bewachungsdienstleistungen. Als einziges Zuschlagskriterium war der Preis genannt. Die Antragstellerin reichte am 08.07.2022 fristgerecht ein Angebot ein.
2
Mit Schreiben vom 26.07.2022 informierte der Antragsgegner unter anderem auch die Antragstellerin gemäß § 134 GWB, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werden könne, da das Angebot der Beigeladenen wirtschaftlicher gewesen sei, d.h. der Angebotspreis der Beigeladenen sei niedriger gewesen. Ferner teilte der Antragsgegner mit, dass das Angebot der Antragstellerin derzeit – ohne die Berücksichtigung von Angebotsausschlüssen anderer Bieter – auf Platz 15 liege.
3
Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 03.08.2022 die Zuschlagsentscheidung und das Informationsschreiben vom 26.07.2022.
4
Eine Rügeerwiderung erfolgte am 04.08.2022 durch den Antragsgegner, der die Rüge der Antragstellerin vollumfänglich zurückwies.
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Nachdem den Rügen der Antragstellerin nicht abgeholfen wurde, stellte die Antragstellerin mit Schreiben vom 05.08.2022 einen Nachprüfungsantrag gem. § 160 Abs. 1 GWB.
6
Die Antragstellerinträgt vor, dass der Nachprüfungsantrag zulässig und begründet sei. Das Informationsschreiben gemäß § 134 GWB sei fehlerhaft gewesen und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten, insbesondere enthalte das Informationsschreiben uneindeutige und unklare Formulierungen. Die Formulierung, dass die Antragstellerin „ohne die Berücksichtigung von Angebotsausschlüssen anderer Bieter“ den fünfzehnten Platz belege, lasse die Möglichkeit offen, dass die Antragstellerin mit Ausschluss anderer Bieter eine reelle Zuschlagschance habe.
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Weiter trägt die Antragstellerin vor, dass sie bereits äußert knapp kalkuliert habe. Es sei zwangsläufig davon auszugehen, dass das Angebot der Beigeladenen und auch weitere Wettbewerbsangebote die Vergabeunterlagen abändernde Angebote darstellten, die von der Wertung hätten ausgeschlossen werden müssen, da diese nicht wie gefordert, den Lohntarifvertrag Nr. 36 für Sicherheitsdienstleistungen in Bayern vom 09.03.2021 sondern den hessischen Lohntarifvertrag in ihrer Angebotskalkulation zugrunde gelegt haben. Bei den Angeboten der besser platzierten Bieter handele es sich um ungewöhnlich niedrige Angebote. Der Antragsgegner hätte dem nachgehen müssen und eine Preisaufklärung durchführen müssen.
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Die Antragstellerin beantragt
1. Die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß den §§ 160 ff. GWB.
2. Die Gewährung von Akteneinsicht in die Vergabeakten der Antragsgegnerin gem. § 165 Abs. 1 GWB.
3. Festzustellen, dass die Antragstellerin durch das Verhalten der Antragsgegnerin in dem Vergabeverfahren „Bewachungsdienstleistungen …“, veröffentlich im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften durch Bekanntmachung Nr. … mit Berichtigung Nr. …, in Ihren Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB verletzt wird.
4. Geeignete Maßnahmen zu treffen, um die von der Vergabekammer festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen, insbesondere, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die geltend gemachten Verstöße gegen die Bestimmungen des Vergaberechts zu beseitigen und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer das Vergabeverfahren fortzuführen.
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hilfsweise zu 4.:
5. Für den Fall der Erledigung des Nachprüfungsverfahrens durch Aufhebung oder in sonstiger Weise festzustellen, dass eine Rechtsverletzung vorgelegen hat.
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sowie im Weiteren:
6. Festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Antragstellerin erforderlich gewesen ist.
7. Festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Antragsgegnerin nicht erforderlich gewesen ist.
8. Der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
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Der Antragsgegnerbeantragt
1. Der Nachprüfungsantrag wird verworfen, hilfsweise zurückgewiesen.
2. Dem Antragsgegner gemäß § 169 Abs. 2 GWB zu gestatten, im Vergabeverfahren, Überwachungsdienstleistungen …, den Zuschlag zu erteilen.
3. Der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners aufzuerlegen.
4. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird für nicht notwendig erklärt.
5. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners für erforderlich zu erklären.
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Zur Begründung trägt der Antragsgegner vor, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin bereits unzulässig sei. Auf Grund der aussichtslosen Platzierung des Angebots der Antragstellerin könne diese keinen Schaden geltend machen.
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Ferner sei auch das Informationsschreiben gemäß § 134 GWB ordnungsgemäß gewesen und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Selbst wenn die Formulierung des Schreibens nicht eindeutig und klar gewesen sein sollte, entstehe der Antragstellerin dadurch kein Schaden. Auch seien etwaige Unklarheiten spätestens durch die ausführliche Rügeerwiderung geheilt worden. Das Informationsschreiben hätte aber ohnehin die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt und die Antragstellerin habe klar erkennen können, dass mindestens ein günstigeres und damit wirtschaftlicheres Angebot als ihr eigenes vorgelegen habe. Ein Rechtsanspruch auf Mitteilung der Platzierung in der Bieterreihenfolge bestehe nicht und sei der Antragstellerin hier nur aus Kulanz mitgeteilt worden.
14
Das Angebot der Beigeladenen sei ordnungsgemäß überprüft worden, Anhaltspunkte für einen Angebotsausschluss seien nicht ersichtlich. Insbesondere eine Preisaufklärung nach § 60 VgV sei nicht erforderlich gewesen, da die Aufgreifschwelle nicht erreicht gewesen sei und die rechnerische Überprüfung keine Unstimmigkeiten, auch nicht in Hinblick auf den einschlägigen Lohntarifvertrag, ergeben habe.
15
Des Weiteren weist der Antragsgegner noch daraufhin, dass eine Angebotsprüfung des Angebots der Antragstellerin, die auf Grund des abgeschlagenen Platzes der Antragstellerin erst im Zusammenhang mit dem Nachprüfungsantrag erfolgt sei, ergeben habe, dass das Angebot der Antragstellerin möglicherweise gemäß § 57 Abs. 1 VgV ausgeschlossen werden müsse.
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Mit Beiladungsbeschluss vom 24.08.2022 wurde die Beigeladene beigeladen und beantragt
1. Der Nachprüfungsantrag wird verworfen, hilfsweise zurückgewiesen.
2. Die Gebühren der Vergabekammer sowie die zur zweckmäßigen Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen trägt die Antragstellerin.
3. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen wird für notwendig erklärt.
4. Akteneinsicht gemäß § 165 Abs. 1 GWB.
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Zur Begründung trägt die Beigeladene vor, dass der Antragstellerin bereits die Antragsbefugnis fehle, weshalb der Nachprüfungsantrag unzulässig sei. Auf Grund der schlechten Platzierung könne die Antragstellerin keinen Schaden geltend machen. Ferner sei das Informationsschreiben gemäß § 134 GWB ordnungsgemäß erfolgt und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.
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Weiter trägt die Beigeladene vor, dass ihr Angebot ordnungsgemäß sei. Insbesondere habe sie bei der Kalkulation den einschlägigen Lohntarifvertrag beachtet. Ausschlussgründe für das Angebot der Beigeladenen seien nicht gegeben. Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag auch unbegründet, da das Informationsschreiben ordnungsgemäß gewesen und die Angebotswertung fehlerfrei erfolgt sei. Insgesamt scheitere die Antragstellerin jedoch bereits daran, dass die geltend gemachten Vergaberechtsverstöße keine Auswirkungen auf die Auftragschancen der Antragstellerin hätten und die Antragstellerin damit keinen drohenden Schaden geltend machen könne.
19
Mit Schreiben vom 08.09.2022 teilte die Vergabekammer Südbayern mit, dass sie nach derzeitiger Rechtsauffassung davon ausgehe, dass die Antragstellerin als zwölftplatzierte bereits keine Antragsbefugnis habe. Der Nachprüfungsantrag sei damit unzulässig. Daran ändere auch das Vorbringen der Antragstellerin nichts, die anderen Bieter hätten nicht ordnungsgemäß kalkuliert und insbesondere den geltenden Lohntarifvertrag nicht berücksichtigt. Auch das Vorbringen der Antragstellerin, dass Informationsschreiben gemäß § 134 GWB sei fehlerhaft gewesen sei unerheblich. Da es der Antragstellerin möglich gewesen sei, rechtzeitig einen Nachprüfungsantrag zu stellen, fehle es auch hier an einer Rechtsverletzung.
20
Mit einem weiteren rechtlichen Hinweis vom 28.09.2022 teilte die Vergabekammer Südbayern mit, dass sie den Antrag des Antragsgegners auf vorzeitige Zuschlagsgestattung gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 GWB für wenig aussichtsreich halte. Der vorzeitigen Zuschlagsgestattung könne allenfalls in ganz außergewöhnlichen Situationen stattgegeben werden, mögliche Interimsmaßnahmen hätten regelmäßig Vorrang. Daraufhin hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 30.09.2022 den Antrag nach § 169 Abs. 2 GWB zurückgenommen.
21
Der ehrenamtliche Beisitzerhat die Entscheidung über die Beiladung, den Umfang der Akteneinsicht sowie im Falle einer Verfahrenseinstellung auf die Vorsitzende und die hauptamtliche Beisitzerin übertragen.
22
Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.
II.
23
Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.
24
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 GWB i. V. m. §§ 1 und 2 BayNpV.
25
Gegenstand der Vergabe ist ein Dienstleistungsauftrag i. S. d. § 103 Abs. 4 GWB. Der Antragsgegnerist Auftraggeber gemäß §§ 98, 99 Nr. 1 GWB. Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den gemäß § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert in Höhe von 214.000 Euro erheblich.
26
Eine Ausnahmebestimmung der §§ 107 – 109 GWB liegt nicht vor.
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1. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig, da es an der Antragsbefugnis der Antragstellerin mangelt.
28
Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Die Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB erfordert, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt, § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB. Ein Antragsteller muss diejenigen Umstände aufzeigen, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. An diese Voraussetzungen sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags, wenn der Bieter ein ernstzunehmendes Angebot abgegeben hat und schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 – 2 BvR 2248/04).
29
Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 – X ZB 14/06). Von dieser Regelvermutung gibt es jedoch eine Ausnahme. Ein Bieter, der auf einem wirtschaftlich aussichtslosen Rang liegt, hat keine Antragsbefugnis, weil er selbst mit begründeten Einwendungen gegen den Zuschlagsprätendenten nicht erreichen wird, dass er selbst eine aussichtsreiche Chance auf den Zuschlag erhielte. Die Vergabekammer ist keine Fachaufsichtsbehörde, die allgemein die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Handelns der Vergabestelle überprüft. Sie ist eine Nachprüfungsinstanz, die ausschließlich prüft, ob die Rechte der Antragstellerin aus § 97 GWB auf eine transparente und nichtdiskriminierende Chance auf den Zuschlag im Vergabeverfahren verletzt worden sind. Es ist absolut unwahrscheinlich, dass nur ein Bieter die Vergabeunterlagen richtig verstanden hat, nur ein Bieter ordnungsgemäß kalkuliert hat. Das wird insbesondere für die Bieter angenommen, die nicht auf den ersten drei Rängen landen. Einem solchen Bieter fehlt daher an der Antragsbefugnis (vgl. VK Lüneburg, Beschluss vom 30.11.2020 – VgK-44/2020).
30
Die Antragstellerin liegt im Verfahren auf der Rangstelle 12 von 18 eingereichten Angeboten. Der Antragsgegner hatte eine umfassende Eignungsprüfung für die Bieter der Rangstellen 1 bis 5 durchgeführt und diese im Vergabevermerk dokumentiert. Im Rahmen dessen hatte er im Verlauf der Angebotsprüfung drei Bieter aus unterschiedlichen Gründen nach § 57 Abs. 1 VgV von der Wertung ausgeschlossen. Infolgedessen wurde die Bieterrangfolge verändert und die Antragstellerin lag nunmehr auf Rang 12 anstelle der vorigen Platzierung auf Rang 15. Beide Ränge stellen indes aussichtslose abgeschlagene und weit hinten liegende Platzierungen im Verfahren dar, aufgrund derer die Antragstellerin keinerlei Chancen auf den Erhalt des Zuschlags hat, da sie selbst mit begründeten Einwendungen gegen den Zuschlagsprätendenten keine aussichtsreiche Chance auf den Zuschlag erhielte. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ist zu verneinen.
31
Daran ändert auch das Vorbringen der Antragstellerin nichts, die übrigen Bieter, welche einen günstigeren Preis als sie selbst angeboten haben, hätten nicht ordnungsgemäß kalkuliert und würden insbesondere den zu berücksichtigenden Lohntarifvertrag Nr. 36 für Sicherheitsdienstleistungen in Bayern vom 09.03.2021 bei ihrer Preisgestaltung nicht berücksichtigen. Die Antragstellerin erhebt diese Vorwürfe ohne jegliche weitere Begründung ausschließlich mit der Vermutung, dass die Beigeladene mit Firmensitz in Hessen mit dem dortigen Tarifvertrag kalkuliert hätte. Dieses Vorbringen erfüllt bereits nicht die Anforderungen an eine substantiierte Rüge, da der Antragsgegner damit keine weiteren Anhaltspunkte an die Hand erhält als erneut eine – bereits durchgeführte – Überprüfung der angegebenen Preise auf die Übereinstimmung mit den Tarifverträgen zu wiederholen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2011, – Verg 58/10; OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.11.2012, Verg W 10/12).
32
Soweit die Antragstellerin moniert, das Informationsschreiben nach § 134 GWB sei unzureichend, kann sie hierdurch ebenfalls nicht in ihren Rechten verletzt sein, da sie fristgerecht einen Nachprüfungsantrag gestellt hat. Mit der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens hat die Antragstellerin den Zweck der Vorschrift des § 134 Abs. 1 GWB, nämlich die Gewährleistung eines effektiven Primärrechtsschutzes für erfolglose Bieter, bereits erreicht. Die Vorschrift hat darüber hinaus keinen eigenständigen vergaberechtlichen Selbstzweck auf den sich die Antragstellerin berufen könnte. Vielmehr wurden ihre diesbezüglichen rechtlich schutzwürdigen Interessen durch die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens bereits gewahrt. Selbst wenn man von einer Verletzung der Informationspflicht des § 134 Abs. 1 GWB ausgehen würde, müsste daher ein weiteres vergaberechtswidriges Fehlverhalten des Antragsgegners hinzutreten, welches zu einer Rechtsverletzung der Antragstellerin geführt hätte, um im Nachprüfungsverfahren Erfolg zu haben. Daran fehlt es im vorliegenden Fall bereits wegen der fehlenden Antragsbefugnis der Antragstellerin.
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2. Kosten des Verfahrens
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Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs. 3 S. 1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies ist vorliegenddie Antragstellerin.
35
Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden kann.
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Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Aus Gründen der Billigkeit vermindert sich die Gebühr auf 2.080,00 Euro, da keine mündliche Verhandlung erfolgt ist.
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Von der Antragstellerinwurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraftverrechnet.
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Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners beruht auf § 182 Abs. 4 S. 1 GWB.
39
Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen beruht auf § 182 Abs. 4 S. 2 GWB. Danach sind Aufwendungen der Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn die Vergabekammer sie als billig erachtet. Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit jedenfalls voraus, dass die Beigeladene sich mit demselben Rechtsschutzziel wie der obsiegende Verfahrensbeteiligte aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Brandenburg, Beschluss vom 09.02.2010 – Verg W 10/09). Die Beigeladenehat sich durch schriftsätzlichen Vortrag und die Stellung von Anträgen aktiv am Verfahren beteiligt. Hierdurch hat sie das gegenständliche Verfahren wesentlich gefördert und ein Kostenrisiko auf sich genommen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.06.2014, VII-Verg 12/03).