Titel:
Eilverfahren, Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Zensus 2022, Gebäude- und Wohnungszählung, Verpflichtung zur Auskunft, kein Auskunftspflichtiger (ehemaliger Betreuer)
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
BStatG § 15 Abs. 1
ZensG 2022 § 23 Abs. 1 S. 1
ZensG 2022 § 24
ZensVorbG 2022 § 12
Schlagworte:
Eilverfahren, Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Zensus 2022, Gebäude- und Wohnungszählung, Verpflichtung zur Auskunft, kein Auskunftspflichtiger (ehemaliger Betreuer)
Fundstelle:
BeckRS 2022, 43961
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Bayerischen Landesamts für Statistik vom 12. Oktober 2022 wird angeordnet.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Verpflichtung zur Auskunftserteilung im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung des Zensus 2022.
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Mit Bescheid vom 12. Oktober 2022 verpflichtete das Bayerische Landesamt für Statistik den Antragsteller die Erhebungsunterlagen zur Gebäude- und Wohnungszählung des Zensus 2022 für das Objekt S* … 28, … A* …, vollständig und wahrheitsgemäß zu übermitteln (Nr. 1), indem er entweder den Papier-Fragebogen ausfüllt oder die Angaben per Online-Meldung übermittelt (Nr. 2). Für den Fall, dass der Antragsteller der in den Ziffern 1 und 2 festgelegten Auskunftsverpflichtung nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids vollständig oder ordnungsgemäß nachkommt, wurde ein Zwangsgeld i.H.v. 300,00 EUR angedroht (Nr. 3). Für den Bescheid wurden keine Kosten erhoben (Nr. 4). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller sei für das genannte Objekt als auskunftspflichtige Person im Sinne des § 24 Abs. 1 ZensG 2022 ermittelt worden und sei deshalb im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung zur Auskunft gesetzlich verpflichtet. Die abgefragten Merkmale seien in § 10 Abs. 1 und Abs. 2 ZensG 2022 festgelegt, die Auskünfte seien gemäß § 15 Abs. 5 BStatG wahrheitsgemäß, vollständig und rechtzeitig zu erteilen. Die Androhung von Zwangsgeld stütze sich auf Art. 29 ff. VwZVG und sei erforderlich, da der Antragsteller mehrmaligen Aufforderungen zur Auskunftserteilung nicht nachgekommen sei. Die Kostenfreiheit ergebe sich aus Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 KG.
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Hiergegen erhob der Antragsteller am 16. Oktober 2022 Klage (Az.: W 6 K 22.1517), über die noch nicht entschieden ist, und beantragte zugleich im zugrundeliegenden Eilverfahren,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
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Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen vorgebracht, der Antragsteller sei weder Eigentümer, Verwalter oder verfügungs- oder nutzungsberechtigte Person des Objekts S* … 28 in A* … Er sei lediglich bis zum 21. April 2021 gesetzlicher Betreuer des damaligen Eigentümers gewesen, welcher zwischenzeitlich verstorben sei. Der Antragsteller habe keinerlei Bezug zum Objekt und gehöre daher nicht zum auskunftsverpflichteten Personenkreis. Der Zugang von angeblichen Aufforderungen zur Auskunftserteilung im Vorfeld werde bestritten.
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Der Antragsgegner, vertreten durch das Bayerische Landesamt für Statistik, beantragte,
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Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei bereits im Rahmen der Vorbefragung im September 2021 Auskunft vom Antragsteller angefordert worden, jedoch sei hierauf kein Eingang verzeichnet worden und der Antragsteller habe keine Korrektur der hinterlegten Daten und der damit in Zusammenhang stehenden Eigentumsverhältnisse vorgenommen. Aufgrund der sich aus den hinterlegten Daten ergebenden Auskunftspflicht sei der Antragsteller mit Erstanschreiben vom 20. Mai 2022 zur Auskunft in der Haupterhebung mit Fristsetzung zum 6. Juni 2022 aufgefordert worden. Auch bei Nicht-Aktualität bestehe für die ermittelten Personen Auskunftspflicht, insbesondere zu Namen und Kontaktdaten von neuen Eigentümern, § 24 Abs. 3 ZensG 2022. Aufgrund ausbleibender Meldung erging am 23. Juni 2022 das Erinnerungsschreiben, indem der Antragsteller erneut unter Fristsetzung zur Auskunftserteilung aufgefordert worden sei. Beide Schreiben hätten den Hinweis auf die Auskunftspflicht auch bei Nicht-Eigentum des Gebäudes enthalten. Nachdem die Auskünfte nicht erteilt worden seien, habe der Antragsgegner letztlich den Heranziehungsbescheid mit Androhung eines Zwangsgeldes erlassen. Der Bescheid sei offensichtlich rechtmäßig, denn der Antragsteller sei gemäß §§ 23, 24 Abs. 3 ZensG 2022 i.V.m. § 15 BStatG verpflichtet, die Auskunft im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung zu erteilen, da er gemäß §§ 23, 24, 9 f. ZensG 2022 i.V.m. § 12 ZensVorbG 2022 auf Basis der von der Grundsteuerstelle A* … übermittelten Registerdaten als auskunftspflichtige Person für das Objekt S* … 28 in A* … ermittelt worden sei. Für den Antragsgegner sei nicht nachvollziehbar, ob die übermittelten Daten Fehler aufweisen oder veraltete Datensätze seien. Soweit der Antragsteller geltend mache, er sei weder Eigentümer noch Verwalter noch verfügungs- oder nutzungsberechtigt, folge seine Auskunftspflicht aus §§ 23, 24 Abs. 3 ZensG 2022 i.V.m. § 15 BStatG: Der Antragteller habe die Namen und Anschriften der Erwerber mitzuteilen; verfüge er nicht über die nötigen Informationen, habe er eine Person nach § 24 Abs. 1 ZensG 2022 zu benennen, welche die Auskünfte erteilen könne, § 24 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2022. Der Antragsteller habe versäumt, bereits im Rahmen der Vorbefragung, der sog. Berichtskreisklärung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BStatG, die geforderten Auskünfte zu erteilen, obwohl er hierzu gemäß §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BStatG, Art. 24 Abs. 1 bzw. Abs. 3 ZensG 2022 i.V.m. § 15 BStatG verpflichtet gewesen wäre. Ein besonderer Ausnahmefall, welcher die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen würde, liege nicht vor. Gemäß § 15 Abs. 7 BStatG bestehe bereits ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse, die Gebäude- und Wohnungszählung des Zensus 2022 sei auf möglichst vollständige Angaben angewiesen, welche nur zeitnah als Entscheidungshilfe wertvoll seien. So seien die Daten der Befragten bei der Gebäude- und Wohnungszählung nur bis Ende Dezember 2022 verwertbar, ein späterer Zufluss in die statistische Verwertung sei ausgeschlossen. Kernpunkt von statistischen Erhebungen sei die zeitnahe Bereitstellung, welche eine termingenaue Abgabe voraussetze.
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Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte verwiesen.
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Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft, da die erhobene Anfechtungsklage weder hinsichtlich der Auskunftsverpflichtung (vgl. § 15 Abs. 7 BStatG) noch der Androhung des Zwangsgeldes (vgl. Art. 21a VwZVG) aufschiebende Wirkung entfaltet.
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Der Antrag ist auch begründet, denn der angefochtene Bescheid vom 12. Oktober 2022 erweist sich nach vorläufiger summarischer Prüfung als voraussichtlich rechtswidrig, sodass ein besonderes öffentliches Interesse an dessen Vollziehung nicht besteht. Der Antragsteller ist für die Auskünfte über das Objekt S* … 28, … A* … im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung des Zensus 2022 nicht auskunftspflichtig.
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1. Gemäß § 1 Abs. 1, § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung des Zensus im Jahr 2022 (Zensusgesetz 2022 – ZensG 2022) führen die statistischen Ämter der Länder eine Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) mit Stand vom 15. Mai 2022 (Zensusstichtag) als Bundesstatistik mit den Erhebungsmerkmalen des § 10 Abs. 1 ZensG 2022 durch. Für die Erhebungen besteht Auskunftspflicht, § 23 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2022 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz – BStatG). Der Kreis der auskunftspflichtigen Personen und Stellen für die Gebäude- und Wohnungszählung ist in § 24 ZensG 2022 festgelegt. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2022 sind für die Erhebungen im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung nach § 9 ZensG 2022 die Eigentümer, Verwalter sowie sonstige Verfügungs- und Nutzungsberechtigte der Gebäude oder Wohnungen auskunftspflichtig. Die Auskunftspflichtigen für die Gebäude- und Wohnungszählung wurden im Rahmen der Vorbereitung des Zensus 2022 gemäß § 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Vorbereitung eines registergestützten Zensus einschließlich einer Gebäude- und Wohnungszählung 2022 (Zensusvorbereitungsgesetz 2022 – ZensVorbG 2022) ermittelt. Demnach wurde zu jeder Anschrift des Anschriftenbestandes nach § 4 ZensVorbG 2022 als Datenbestand zu den Auskunftspflichtigen für die Gebäude- und Wohnungszählung u.a. der Name und die Anschrift des Eigentümers, Verwalters oder sonstigen Verfügungsberechtigten der Gebäude und Wohnungen gespeichert, § 7 ZensVorbG 2022. Gehört eine nach § 12 Abs. 1 ZensVorbG ermittelte auskunftspflichtige Person auf Grund eines zum Zensusstichtag bei den für die Datenübermittlung zuständigen Stellen noch nicht nachvollzogenen Eigentümerwechsels nicht mehr zum Kreis der Auskunftspflichtigen nach § 24 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2022, hat sie dem zuständigen statistischen Amt die Namen und Anschriften der Erwerber mitzuteilen (§ 24 Abs. 3 Satz 1 ZensG 2022); verfügt die zur Auskunft herangezogene Person nicht über die nötigen Informationen, hat sie eine Person nach § 24 Abs. 1 ZensG 2022 zu benennen, die die Auskünfte erteilen kann, § 24 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2022.
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Nachdem der Antragsteller unbestritten zu keinem Zeitpunkt Eigentümer, Verwalter oder sonst Verfügungs- oder Nutzungsberechtigter des Objekts S* … 28, … A* … gewesen ist, war er zu keinem Zeitpunkt auskunftspflichtig gemäß § 24 Abs. 1, Abs. 3 ZensG 2022, sodass ihn auch nicht die Auskunftspflicht des § 23 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2022 treffen kann. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung mit Bescheid vom 12. Oktober 2022 (Ziffern 1 und 2) erweist sich demnach als rechtswidrig.
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2. Soweit der Antragsgegner darauf abstellt, der Antragsteller sei gemäß § 24 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2022 (zumindest) verpflichtet, eine Person nach § 24 Abs. 1 ZensG 2022 zu benennen, welche die geforderten Auskünfte erteilen könne, geht dies fehl. Diese Auffassung hätte zur Folge, dass mit § 24 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2022 entgegen der maßgeblichen Vorschriften des ZensVorbG 2022 eine eigenständige und ggf. mit Verwaltungszwang durchsetzbare Auskunftspflicht einer beliebigen Person, die unter Umständen nichts mit dem der Gebäude- und Wohnungszählung unterliegenden Objekt zu tun hat, begründet würde. Überdies würde eine solche Lesart den § 24 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2022 aus dem Sachzusammenhang des § 24 Abs. 3 Satz 1 ZensG 2022 reißen.
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Die Regelung des § 24 Abs. 3 ZensG 2022 dient der Vermeidung von Datenlücken, die sich daraus ergeben können, dass zwischen der Datenerhebung bzw. -übermittlung im Rahmen der Vorbereitung und der Abfrage im Zensus 2022 eine ehemals auskunftspflichtige Person – d.h. ein Eigentümer, Verwalter oder sonstiger Verfügungs- oder Nutzungsberechtigter – aufgrund von Veränderungen der Eigentums- oder sonstigen Nutzungsverhältnisse bei der Erhebung der Gebäude- und Wohnungszählung nicht mehr auskunftspflichtig ist. Folglich hat die ehemals auskunftspflichtige Person gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 ZensG 2022 in diesen Fällen die Namen und Anschriften der Erwerber mitzuteilen. Nachdem der ehemalige Eigentümer, Verwalter oder sonst Verfügungs- und Nutzungsberechtigter volle Kenntnis davon haben dürfte, wer im Falle des Eigentumsübergangs der neue Eigentümer ist, ist es denklogisch, dass eine Verpflichtung zur Mitteilung des Erwerbers besteht. Nachdem aber gerade ein Hausverwalter oder ein sonstiger Nutzungs- oder Verfügungsbefugter nicht zwingend Kenntnis des Namens und der Anschrift des neuen Eigentümers haben muss, normiert § 24 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2022 für diese Fälle zumindest die Verpflichtung, eine Person zu benennen, die nach § 24 Abs. 1 ZensG 2022 die entsprechenden Auskünfte erteilen kann – z.B. die neue Hausverwaltung. Folglich kann es sich bei der zur Auskunft herangezogenen Person i.S.v. § 24 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2022 nur um eine ehemals auskunftsverpflichtete Person i.S.d. § 24 Abs. 3 Satz 1 ZensG 2022 handeln. Diese Leseart folgt nicht nur aus dem systematischen Zusammenhang, sondern auch aus der Zusammenschau mit § 12 Abs. 1, § 7 ZensVorbG 2022. Die Eigenschaft als Auskunftspflichtiger knüpft demnach stets an eine rechtliche Beziehung zum Objekt als Eigentümer, Erbbauberechtigter, Verwalter oder sonstiger Verfügungsberechtigter der Wohnung oder des Gebäudes. Die Regelungen des § 12 Abs. 1, § 7 ZensVorbG 2022 finden dadurch Niederschlag, dass § 24 Abs. 3 Satz 1 ZensG 2022 ausschließlich von einem „Eigentümerwechsel“ spricht. Die vom Antragsgegner postulierte Anwendung würde dazu führen, dass ansonsten beliebige Personen „auf gut Glück“ auch ohne jeglichen Bezug zu den in Frage stehenden Objekten zur Auskunftserteilung über Umstände – nämlich die Benennung von Personen nach § 24 Abs. 1 ZensG 2022 – aufgefordert werden könnten, die ihnen weder bekannt noch sonst zugänglich sind und ihnen damit die Auskunft nicht möglich ist. Es kann vom Gesetzgeber jedoch nicht vorgesehen sein, dass potentielle Adressaten zu etwas ihnen Unmöglichem verpflichtet werden können sollen.
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Auch der Verweis des Antragsgegners auf § 23, § 24 ZensG 2022 i.V.m. § 15 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 BStatG ändert nichts daran, dass der Antragsteller nicht auskunftsverpflichtet ist, da dies in der verfahrensgegenständlichen Situation nichts anderes als einen Rückgriff auf die allgemeine Regelung des § 15 Abs. 1 BStatG bedeuten würde und so zur Umgehung der im ZensG 2022 normierten Auskunftspflichten führen würde. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BStatG besteht für die entsprechenden Angaben Auskunftspflicht, soweit für die Bundesstatistik eine Auskunftspflicht festgelegt ist. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BStatG hat die eine Bundesstatistik anordnende Rechtsvorschrift festzulegen, ob und in welchem Umfang die Erhebung mit oder ohne Auskunftspflicht erfolgen soll; für den Fall, dass eine Auskunftspflicht festgelegt ist, sind alle natürlichen und juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts, Personenvereinigungen, Behörden des Bundes und der Länder sowie Gemeinden und Gemeindeverbände zur Beantwortung der ordnungsgemäß gestellten Fragen verpflichtet, § 15 Abs. 1 Satz 2 BStatG. Dieser genannte Kreis der Auskunftspflichtigen ist offenkundig allumfassend, jedoch kann aus dieser generalisierten Bestimmung keine konkrete Auskunftspflicht für den Zensus 2022 abgeleitet werden. Denn § 15 Abs. 1 Satz 1 BStatG bestimmt zuvorderst, dass die jeweilige Bundesstatistik für das Bestehen der Auskunftspflicht den Umfang festlegen muss. Denknotwendig besteht eine Auskunftspflicht nicht nur aus dem sachlichen Anwendungsbereich (das „Ob“ und das „Was“), sondern muss auch den persönlichen Anwendungsbereich (das „Wer“) festlegen. Hieraus ergibt sich folglich, dass nicht nur eine Auskunftspflicht in der entsprechenden Rechtsvorschrift (hier: ZensG 2022) festgelegt sein muss (hier: § 23 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2022), sondern auch, wer für welche Angaben auskunftsverpflichtet sein soll. Dementsprechend differenzieren § 24, § 25 und § 26 ZensG 2022 den jeweiligen Kreis der Auskunftspflichtigen für die Gebäude- und Wohnungsbefragung bzw. die Haushaltsbefragungen bzw. die Erhebungen an Anschriften mit Sonderbereichen. Demnach sind in Umsetzung der § 6 Abs. 1, § 15 Abs. 1 BStatG für die Durchführung des Zensus 2022 das Bestehen der Auskunftspflicht und deren Umfang sowie der Kreis der Auskunftspflichtigen abschließend im Zensusgesetz 2022 geregelt, sodass aus den allgemeinen Regelungen des Bundesstatistikgesetzes keine Auffangtatbestände abgeleitet werden können. Eine andere Sichtweise würde dazu führen, dass in Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 2 BStatG die zuständigen Behörden beliebige Personen zur Auskunftserteilung heranziehen könnten, was einen unverhältnismäßigen Eingriff bedeuten würde. Inwieweit für die Vorbefragungen zur Vorbereitung des Zensus 2022 ggf. Auskunftspflichten für einen erweiterten Adressatenkreis aus § 23 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2022 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BStatG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BStatG gelten könnten, ist für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich und bedarf keiner Erörterung.
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Der zugrundeliegende Sachverhalt gebiete keine andere Sichtweise und würde zu absurden Ergebnissen führen. Der Antragsteller war zu keinem Zeitpunkt Eigentümer, Verwalter oder in sonstiger Weise verfügungs- oder nutzungsberechtigte Person des verfahrensgegenständlichen Objekts S* … 28 in A* … und hat somit weder die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1, § 7 ZensVorbG 2022 noch des § 23 Abs. 1, § 24 Abs. 1 ZensG jemals erfüllt. Dass sein Name und seine Anschrift dennoch dem Antragsgegner zur Durchführung des Zensus 2022 in diesem Zusammenhang übermittelt worden sind, ohne im Rahmen des Vorverfahrens – gerade auch wegen des von Antragsgegnerseite monierten fehlenden Rücklaufs – erneut nachgeprüft worden zu sein, stellt sich damit bereits als fehlerhaft dar. Der Antragsteller teilte im vorliegenden Verfahren mit, dass er lediglich bis zum 21. April 2021 der gesetzliche Betreuer des damaligen Eigentümers gewesen ist, welcher zwischenzeitlich verstorben ist. Ungeachtet der Frage, welche Aufgabenkreise die damalige Betreuung umfasste und ob dem Antragsteller in diesem Zusammenhang überhaupt Auskunftserteilung möglich gewesen wäre, wurde der Antragsteller jedenfalls mit dem Ende der Betreuung am 21. April 2021 im Verhältnis zum damaligen Eigentümer so gestellt wie ein beliebiger Dritter und hatte diese Stellung damit bereits im Rahmen der Vorbefragung im September 2021 inne. Es ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht dargelegt, wie der Antragsteller nach dem Ende der Betreuung wissen können sollte, was mit dem betreffenden Objekt S* … 28 in A* … geschehen ist, insbesondere wer nach dem Tod des ehemaligen Betreuten neuer Eigentümer oder sonst Verfügungs- oder Nutzungsberechtigter geworden sein soll. Ihn nunmehr, gut 1,5 Jahr nach dem Ende der Betreuung und nach dem Tod des Betreuten unter Verweis auf § 24 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2022 als einen außenstehenden Dritten zwangsgeldbewehrt zu verpflichten, Personen zu benennen, die Auskunftspflichtige i.S.v. § 24 Abs. 1 ZensG 2022 sind, übersteigt dessen rechtliche und tatsächliche Möglichkeiten. Ungeachtet der Tatsache, dass der Antragsteller kein Auskunftspflichtiger i.S.v. § 24 Abs. 1, Abs. 3 ZensG ist, wird er im Bescheid vom 12. Oktober 2022 in den Ziffern 1 und 2 damit zu etwas Unmöglichem verpflichtet, was ebenfalls zu seiner Rechtswidrigkeit führt.
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3. Ob und inwieweit der Antragsteller bereits im Rahmen der Vorbefragung im September 2021 ggf. verpflichtet gewesen wäre, die Angaben zu berichtigen, kann vorliegend dahinstehen, da es für die Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Bescheides nicht darauf ankommt. Im Übrigen bestreitet der Antragsteller den Zugang von vorangegangenen Schreiben zur Auskunftserteilung, deren Zugang der Antragsgegner auch nicht nachweisen kann. Da dem Gericht lediglich eine Behördenakte mit Musterunterlagen vorgelegt wurde, kann der Versand von Schreiben oder deren Zugang durch das Gericht für den vorliegenden Einzelfall ebenfalls nicht nachvollzogen werden.
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Nachdem die Grundverpflichtung rechtwidrig ist und den Antragsteller zu etwas Unmöglichem verpflichtet, erweist sich auch die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheides vom 12. Oktober 2022 als rechtswidrig.
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Daher war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Das Gericht beziffert das Interesse des Antragstellers an der Abwendung der Auskunftspflicht mit dem Auffangstreitwert i.H.v. 5.000,00 EUR, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren war.