Inhalt

LG Aschaffenburg, Endurteil v. 10.06.2022 – 23 O 197/21
Titel:

Keine sittenwidrige Schädigung des Erwerbers eines Opel-Diesel-Fahrzeugs (hier: Opel Insignia 2.0 CDTI)

Normenketten:
BGB § 823 Abs. 2, § 826
VO (EG) Nr. 715/2007 Art. 5 Abs. 2
RL 2007/46/EG Art. 12, Art. 18
EG-FGV § 4, § 6, § 27 Abs. 1
Leitsätze:
1. Vgl. zu Diesel-Fahrzeugen von Opel: OLG München BeckRS 2021, 52557; BeckRS 2021, 52562; BeckRS 2022, 29314; OLG Bamberg BeckRS 2021, 52538; BeckRS 2022, 19980; BeckRS 2023, 3040; BeckRS 2023, 3006; OLG Schleswig BeckRS 2022, 8917; OLG Frankfurt BeckRS 2022, 10556; OLG Koblenz BeckRS 2022, 10605; OLG Köln BeckRS 2022, 12858; OLG Nürnberg BeckRS 2022, 29322; LG Landshut BeckRS 2021, 53844; BeckRS 2022, 20735; BeckRS 2022, 22852; LG Memmingen BeckRS 2022, 12853; LG Nürnberg-Fürth BeckRS 2022, 29316; BeckRS 2022, 29310; LG Kempten BeckRS 2022, 29315. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Prüfung der Zulässigkeit der Klage hat nicht zwingend Vorrang vor der Begründetheit, so dass (zumindest hier) offen bleiben kann, ob der klägerische Feststellungsantrag bereits unzulässig ist, weil der Kläger dasselbe Ziel mit einer – vorrangigen – Leistungsklage erreichen könnte. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei Abschalteinrichtungen, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeiten wie auf dem Prüfstand, kann ohne konkrete Anhaltspunkte nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass der Fahrzeughersteller bzw. die für diesen handelnden Verantwortlichen in dem Bewusstsein agiert haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, Opel, unzulässige Abschalteinrichtung, sittenwidrig, KBA, Thermofenster, Drehzahl, Außendruck, OBD-System, prüfstandsbezogen
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Bamberg, Beschluss vom 24.08.2022 – 3 U 161/22
OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 18.01.2023 – 3 U 161/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 43886

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klagepartei begehrt von der Beklagten Schadensersatz insbesondere wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung bzw. deliktischem Handeln im Zusammenhang mit dem Erwerb eines PKWs mit Dieselantrieb.
2
Mit Kaufvertrag vom 27.10.2015 erwarb der Kläger bei der …GmbH & Co. KG, …, einen Opel Insignia 2.0 CDTI, Sports Tourer, Automatik, 125 kW, FIN …, als Neuwagen zu einem Kaufpreis von 34.843,75 €. In dem Fahrzeug, Baujahr 2015, Erstzulassung 15.9.2015, ist ein von der Beklagten hergestellter Dieselmotor mit der EURONorm 6 verbaut.
3
Nachdem im Zuge des „Diesel-Skandals“ auch die Motoren der Beklagten in der Presse diskutiert wurden, entwickelte die Beklagte ein Software-Update für den hiesigen Motor. Mit Bescheid vom 21.2.2017 erteilte das Kraftfahrtbundesamt (“KBA“) nach Überprüfung die Freigabe des Software-Updates für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp.
4
Der Kläger nahm an dem freiwilligen Software-Update teil.
5
Für noch nicht mit dem Software-Update nachgerüstete Fahrzeug ordnete das KBA am 17.10.2018 einen verpflichtenden Rückruf diesbezüglich an. Dieser wurde von der Beklagten angegriffen und ist noch nicht bestandskräftig.
6
Die Klagepartei trägt im Wesentlichen vor, dass im streitgegenständlichen Motor, eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei. Das Emissionskontrollsystem werde in Abhängigkeit von Umgebungstemperatur, Umgebungsluftdruck und Motorendrehzahl in seiner Wirkungsweise verringert, wobei die Abschalteinrichtung letztlich einer Prüfstandserkennung entspreche. Hinsichtlich der Steuerung in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur verfüge das Fahrzeug konkret über ein sogenanntes „Thermofenster“, welches so gestaltet sei, dass die Funktionsweise der Abgasreinigung in einem mittleren Temperaturbereich zu hundert Prozent arbeite. Bei niedrigeren oder höheren Temperaturen fahre die Abgasreinigung auf Grundlage des Thermofensters herunter.
7
Die Beklagte habe die Typengenehmigungsbehörden, insbesondere das Kraftfahrtbundesamt (“KBA“) auch insofern getäuscht.
8
Zudem sei das On-Bord-Diagnose-System (“OBD-System“) manipuliert.
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Daher habe der Kläger einen Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 826 BGB und anderen Anspruchsgrundlagen, da auf Seiten der Beklagten die zuständigen Mitarbeiter und auch Vorstände Kenntnis von den Umständen hatten und somit vorsätzlich handelten.
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Die Klagepartei beantragt,
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu bezahlen für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeuges Opl Insignia 2.0 CDTI, Sports Tourer, Automatik, Innovation, 125 KW, FIN …durch die Beklagtenpartei resultieren.
Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Antrag zu Ziffer 1. für unzulässig hält, wird beantragt,
1.1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 34.843,75 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.9.2021 zu bezahlen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs sowie abzüglich einer von der Beklagten darzulegenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeuges.
1.2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagepartei Schadensersatz zu bezahlen für weitere Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagte in dem streitgegenständlichen Fahrzeug zum einen
- unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut hat und hierdurch die Emissionswerte auf dem Rollenprüfstand reduziert werden und zum anderen
- ein nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes On-Board-Diagnosesystem einsetzt. 1.3 Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.
2. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.489,48 € freizustellen.
11
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
12
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, in dem streitgegenständlichen Fahrzeug werde gerade keine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet, das Fahrzeug sei mithin nicht manipuliert.
13
Die Modulation der Abgasrückführungsrate (“AGR-Raten“) in Abhängigkeit von Temperatur, Drehzahl und Außendruck sei technisch geboten. Die Beklagte sei auch davon überzeugt gewesen, dass der Motor den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe. Insbesondere sei der streitgegenständliche Motor nicht prüfstandsbezogen programmiert, mithin arbeite er im realen Fahrbetrieb genau wie auf dem Prüfstand. Eine Täuschung des KBA liege nicht vor. Die Beklagte habe stattdessen gegenüber dem KBA das temperaturabhängige Verhalten des Emissionskontrollsystems offengelegt.
14
Auch liege keine Täuschung oder ein sittenwidriges Verhalten durch die Beklagte vor, so dass der Klagepartei keinerlei Schadensersatzansprüche zu stünden.
15
Der gestellte Festellungsantrag sei bereits unzulässig.
16
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 06.05.2021 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.
17
Es kann letztlich offen bleiben, ob der klägerische Feststellungsantrag bereits unzulässig ist, weil der Kläger dasselbe Ziel mit einer – vorrangigen – Leistungsklage erreichen könnte. Die Beklagte hat hierfür beachtliche Argumente vorgebracht; zuletzt hat auch der Bundesgerichtshof in diese Richtung bei einer ähnlichen, aber auch nicht identischen, Konstellation entschieden (BGH, VIa. Zivilsenat, Urteil vom 02.05.2022 – VIa ZR 122/21, BeckRS 2022, 11335). Allerdings hat auch der Kläger nachvollziehbare für ein Feststellungsinteresse sprechende Argumente in der hiesigen Konstellation vorgebracht (vgl. Schriftsatz vom 03.12.2021, Bl. 409 ff. d.A.). Die Prüfung der Zulässigkeit der Klage hat nicht zwingend Vorrang vor der Begründetheit (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., vor § 253 Rn. 10 m.w.N.)
II.
18
Die Klage ist in jedem Fall insgesamt unbegründet
19
1. Der geltend gemachte Anspruch aus Delikt gem. §§ 826, 31 BGB besteht nicht.
20
a) Im Hinblick auf die behauptete unzulässige Abschalteinrichtung des sog. „Thermofensters“ sind die Tatbestandsvoraussetzungen der sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB sind nicht hinreichend vorgetragen.
21
aa) Das Verhalten der für den Hersteller eines Kraftfahrzeugs handelnden Person kann nicht bereits deshalb als sittenwidrig eingestuft werden, weil er einen Fahrzeugtyp aufgrund einer getroffenen unternehmerischen Entscheidung mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems ausgestattet und in den Verkehr gebracht hat. Dies gilt auch dann, wenn mit der Entwicklung bei dem Einsatz dieser Steuerung eine Kostensenkung und die Erzielung von Gewinn angestrebt wird. Der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit ist stattdessen nur dann gegeben, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Person als besonders verwerflich erscheinen lassen (BGH, Beschluss vom 19.1.2021 – VI ZR 433/19 – juris).
22
bb) Bei Abschalteinrichtungen, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeiten wie auf dem Prüfstand, kann ohne konkrete Anhaltspunkte nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass der Fahrzeughersteller bzw. die für diesen handelnden Verantwortlichen in dem Bewusstsein agiert haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden; dies gilt jedenfalls so lange, wie Gerichtspunkte des Motor- bzw. Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden können (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 30.7.2019, Az. 10 U 134/19; OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 8.3.2021, Az. 3 U 246/20). Zu der Erforderlichkeit des Motorschutzes führt die Beklagte in der Klageerwiderung (vgl. S. 7 ff.) substantiiert aus. Hierbei ist auch in Rechnung zu stellen, dass Kriterien, aus denen sich eine aus Bauteilschutzgesichtspunkten zulässige Abschaltvorrichtung ergibt, nicht eindeutig bestimmt und in Rechtsprechung wie Literatur umstritten sind (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 19.7.2019, Az. 5 U 1670/18).
23
cc) Deshalb kommt ein sittenwidriges Handeln der Beklagten vorliegend nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass sie vorsätzlich und in einer besonders verwerflichen Art und Weise eine rechtliche Grauzone ausgenutzt haben könnte (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 13.11.2019, Az. 13 U 274/18; OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 8.3.2021, Az. 3 U 246/20).
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Insoweit kann der Kläger sich nicht mit Erfolg auf die hinsichtlich des von der V1. AG entwickelten Motors Typ E189 ergangene Rechtsprechung (grundlegend insoweit BGH, Urteil vom 25.5.2020, Az. VI ZR 252/19) beziehen. Der Einbau einer zum Zwecke der Erkennung der Prüfstandsituation entwickelten Software, die ausschließlich in diesen Fällen das Emissionsverhalten des Fahrzeugs verändert, stellt sich deutlich anders dar als das hiesige temperaturabhängige Abgasrückführungssystem, welches vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise wie auf dem Prüfstand arbeitet. Mithin kann jedenfalls nicht von vorneherein ausgeschlossen werden, dass die verantwortlichen Organe der Beklagten von einer – möglicherweise – letztlich unzutreffenden, jedoch noch vertretbaren und auch von den in den diversen Prüfungsverfahren involvierten staatlichen Stellen geteilten Gesetzesauslegung und Gesetzesanwendung ausgegangen sind (vgl. OLG München, Beschluss vom 10.2.2022, Az. 3 U 7524/19; OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 8.3.2021, Az. 3 U 246/20).
25
dd) Ausreichende Anhaltspunkte für eine bewusste Verletzung der Vorschrift des Artikel 5 Abs. 2 VO (EG 715/2007) kann das Gericht dem klägerischen Vortrag jedenfalls nicht entnehmen. Insbesondere ist eine Täuschung des KBA über eine etwaige unzulässige Abschalteinrichtung nicht substantiiert vorgetragen.
26
Die Beklagte hat stattdessen substantiiert vorgetragen, das KBA über die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung informiert zu haben. Die Beklagte konnte weiter darlegen unter Vorlage eines entsprechenden Freigabebescheids (Anlage AOG-11), dass nach Durchführung des angebotenen und vom Kläger in Anspruch genommenen Software-Updates gerade keine unzulässige Abschalteinrichtung gemäß Auffassung des KBA bei dem streitgegenständlichen Motor gesehen werden kann. Das die Beklagte auf Anfragen des KBA nicht oder nicht ausreichend reagiert habe, ist nicht konkret vorgetragen (vgl. insofern auch OLG Schleswig, Beschluss vom 14.04.2022 – 7 U 190/21, BeckRS 2022, 8917, sowie OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 10.08.2021 – 28 U 76/21, BeckRS 2021, 51040, jeweils für ein annähernd identisches Fahrzeug).
27
ee) Ausdrücklich bestätigt hat in jüngster Rechtsprechung zudem der Bundesgerichtshof die hiesige Rechtsansicht, die der deutlichst überwiegenden, fast durchgehenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte entspricht (vgl. die Auflistung der Beklagtenseite auf S. 15 ff. der Klagerwiderung).
28
Mit Beschluss vom 29.9.2021, Az. VII ZR 126/21, hat der Bundesgerichtshof in einer nach Auffassung des Gerichts letztlich vergleichbaren Konstellation entschieden. Jedenfalls die Erwägungen dieses Bundesgerichtshofurteils können – auch wenn ein anderer Hersteller betroffen ist – übertragen werden. Dort hat der BGH unter anderem festgehalten, dass auch ein verpflichtender Rückruf – der in der hiesigen Konstellation nicht einmal vorliegt – noch nicht eine unzulässige Abschalteinrichtung indiziert (Rn 14). Weiter nimmt der Bundesgerichtshof auch darauf Bezug, dass von einer zweifelhaften Rechtslage auszugehen sei (Rn 22 ff.).
29
Insbesondere stellt der Bundesgerichtshof erneut darauf ab, dass ein maßgebliches Kriterium für die Sittenwidrigkeit in Konstellationen wie dieser die Prüfstandsbezogenheit einer Abschalteinrichtung ist (Rand-Nr. 15 ff.). Insofern hält der Bundesgerichtshof fest, dass auch bei einer unzulässigen Abschalteinrichtung eine Sittenwidrigkeit nur dann indiziert ist, wenn eine solche prüfstandsbezogen ist. In anderen Konstellationen sei dann zwar es weiter möglich, die Sittenwidrigkeit darzulegen (Rn 18 ff.). Es müssten dann jedoch weitere Umstände dargelegt werden, die dafür sprächen.
30
Solche Anhaltspunkte hat der Kläger vorliegend nicht ausreichend dargetan.
31
Unter Berufung auf diese Rechtsprechung haben auch das OLG Schleswig (Beschluss vom 14.04.2022 – 7 U 190/21, BeckRS 2022, 8917) und das OLG Hamm (Hinweisbeschluss vom 10.08.2021 – 28 U 76/21, BeckRS 2021, 51040) einen Schadensersatzanspruch in diesem Zusammenhang verneint in Entscheidungen, die annähernd identische Fahrzeuge betrafen. Zudem hat das OLG Bamberg in zwei Entscheidungen, die die hiesige Beklagte betrafen, Schadensersatzansprüche abgelehnt (Beschlüsse vom 05.10.2021, Az. 4 U 229/21, und vom 20.04.2021, Az. 5 U 57/21, von Beklagtenseite vorgelegt als Anlage AOG-14 und 15).
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b) Insofern der Kläger sich darauf stützt, unzulässige Abschalteinrichtungen lägen auch im Hinblick auf Reduktion der Abgasrückführung in Abhängigkeit von der Drehzahl und dem Außendruck vor, so ist die Beklagtenseite diesem Vorbringen in der Klageerwiderung substantiiert auf den Seiten 13 ff. entgegengetreteten und hat den Sachverhalt dort technisch erläutert. Diesem substantiierten Vorbringen ist die Klagepartei nicht mehr entgegengetreten.
33
Ein Schadensersatzanspruch scheidet letztlich jedenfalls schon deshalb aus, da – entsprechend den oben dargelegten Grundsätzen – keine Differenzierung der Abgasrückführung danach erfolgt, ob eine Prüfstandssituation oder ein nomaler Fahrbetrieb vorliegt; dies wird schon gar nicht behauptet. Insofern müssten erneut jedenfalls zusätzliche Gesichtspunkte dargelegt werden, die das Verhalten der handelnden Personen als besondere verwerflich erschienen ließen. Dies ist nicht erfolgt (vgl. auch betreffend die hiesige Beklagte OLG Bamberg, Beschluss vom 20.04.2021, Az. 5 U 57/21, von der Beklagtenseite vorgelegt als Anlage AOG-15).
34
c) Auch die beanstandete Programmierung des OBD-Systems kann nicht zu einem Schadensersatzanspruch führen. Hinsichtlich der behaupteten Manipulation des OBD kann letztlich offenbleiben, welche Anforderungen an das OBD zu stellen sind. Der Kläger trägt insofern lediglich eine zusätzliche Manipulation vor, die die von ihm als sittenwidrig dargestellten behaupteten und unzulässigen Abschalteinrichtungen verdecken sollte und mithin auch ein zusätzliches Indiz für die Sittenwidrigkeit darstellen sollte. Nachdem jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Sittenwidrigkeit dieser Steuerungsfunktionen – wie dargelegt – vorliegen, kann es auf das Diagnosesystem nicht mehr erheblich ankommen. d)
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Mithin liegt eine ausreichende Darlegung einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht vor.
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2. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG scheidet ebenfalls aus. Das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liegt offensichtlich nicht im Aufgabenbereich des Art. 5 VO 715/2007/EG (BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20 – Rn. 12, juris). Dasselbe gilt für die Art. 12, 18 der RL 2007/46/EG (vgl. NJW 2020, 1962, Rn. 76 f.).
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3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch aus §§ 823 Abs. i.V.m. §§ 4, 6, 27 Abs. 1 EG-FGV zu, da es sich bei §§ 4, 6, 27 Abs. 1 EG-FGV jedenfalls nicht um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handelt. Insofern wird auf die Entscheidung des BGH vom 25.05.2020, Az.: VI 252/19, Rn 76 (NJW 2020, 1962) Bezug genommen, der sich das Gericht anschließt.
III.
38
Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
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Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO.
40
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.