Titel:
Aufgezehrter "kleiner" Schadensersatzanspruch gegen Audi wegen des entwickelten, hergestellten und eingebauten 3,0-Liter-Motors (hier: Audi Q7 3.0 TDI, V6)
Normenketten:
BGB § 826
ZPO § 522 Abs. 2
Leitsätze:
1. Vgl. zu 3,0 Liter-Motoren von Audi mit unterschiedlichen Ergebnissen auch: BGH BeckRS 2021, 37683; BeckRS 2022, 21374; OLG Nürnberg BeckRS 2023, 5896; OLG München BeckRS 2022, 36080 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1); OLG Bamberg BeckRS 2022, 28703 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1) sowie OLG Brandenburg BeckRS 2021, 52227 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1). (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein - bei einem vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug (möglicherweise) - dem Grunde nach gegebener kleiner Schadensersatzanspruch kann der Höhe nach vollständig aufgezehrt werden. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Anspruch des Käufers eines vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs auf "kleinen" Schadensersatz besteht nicht, wenn die Summe aus Nutzungsentschädigung und geschätztem Restwert den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags in einem Maße übersteigt, dass der vom Käufer geltend gemachte Minderwert hierdurch vollständig aufgezehrt wird. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, 3,0-Liter-Motor, Audi, sittenwidrig, unzulässige Abschalteinrichtung, Verjährung, "kleiner" Schadensersatz, Vorteilsausgleichung, Minderwert, Restwert
Vorinstanzen:
OLG München, Hinweisbeschluss vom 27.10.2022 – 24 U 5871/22
LG Memmingen, Endurteil vom 05.09.2022 – 25 O 2108/21
Fundstelle:
BeckRS 2022, 43580
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Memmingen vom 05.09.2022, Az. 25 O 2108/21, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil ist ebenso wie das in Nr. 1 genannte Urteil des Landgerichts Memmingen ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.750,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 05.09.2022, Az. 25 O 2108/21, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung auch aus sonstigen Gründen nicht geboten ist.
2
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Memmingen vom 05.09.2022 (…) sowie auf den Abschnitt I des Hinweises des Senats vom 27.10.2022 …) Bezug genommen.
3
Zur Begründung der Zurückweisung der Berufung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie auf den Abschnitt II des Hinweises des Senats vom 27.10.2022 Bezug genommen.
4
Die Ausführungen des Klägers in der Gegenerklärung vom 17.11.2022 (…) zum Senatshinweis vom 27.10.2022 sind nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen als im Hinweisbeschluss dargelegt.
5
1. Wie dem vom Umfang her überschaubaren Hinweis unschwer zu entnehmen ist, hat der Senat darin die Auffassung vertreten, dass auch für den Fall, dass der – dem Grunde nach als gegeben erachtete – Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB nicht verjährt ist, der (seit dem Schriftsatz vom 14.06.2022, … allein geltend gemachte) kleine Schadensersatzanspruch der Höhe nach vollständig aufgezehrt ist, obwohl der Senat seinen Ausführungen den vom Kläger geltend gemachten Minderwert in Höhe von 25 % des Kaufpreises (= 4.750,00 €) zugrunde gelegt hat. Auf diese Problematik gehen die ersten 18 Seiten der Gegenerklärung vom 17.11.2022, die sich in sattsam bekannten Textbausteinen erschöpfen, mit keiner Silbe ein. Da diese Ausführungen mit den Hinweisen des Senats zur entscheidungserheblichen Problematik des vorliegenden Falles nichts zu tun haben, erübrigen sich jegliche Ausführungen dazu.
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2. Nur im letzten Abschnitt VII der Gegenerklärung (Seiten 19 bis 22, …) bemüßigt sich der Kläger, etwas zur Frage des kleinen Schadensersatzes auszuführen. Dabei endet seine Diskussion der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch mit dessen Urteil vom 06.07.2021 (VI ZR 40/20 – juris), in dem der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, dass ein vom „Dieselskandal“ betroffener Autokäufer statt des großen auch den kleinen Schadensersatz geltend machen kann. Damit bringt der Kläger aber keinen neuen Aspekt ins Verfahren ein, denn dieselbe Aussage findet sich – unter Berufung auf eben dieses Urteil des Bundesgerichtshofs – bereits im Hinweis des Senats (Seiten 2 f. zu Nr. 2 Buchst. a, …). Die Problematik besteht hier jedoch darin, dass dieser dem Grunde nach gegebene kleine Schadensersatzanspruch der Höhe nach (wie hier) vollständig aufgezehrt werden kann, wie sich aus den – im Hinweis des Senats dargelegten – Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 24.01.2022 (Via ZR 100/21 – juris) ergibt. Da der Kläger es nicht für nötig erachtet, dieses Urteil auch nur zu erwähnen, sieht auch der Senat keinen Anlass, seine diesbezüglichen Ausführungen im Hinweis vom 27.10.2022 zu ergänzen.
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3. Die Anregung des Klägers, das hiesige Verfahren mit Blick auf die beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängige Rechtssache C-100/21 auszusetzen, geht schließlich ebenfalls ins Leere. Ein solches Vorgehen wäre allenfalls in Fällen diskutabel, in denen ein Schadensersatzanspruch bereits dem Grunde nach verneint wird. So liegt der hiesige Fall jedoch, wie ausgeführt, nicht. Hier geht es vielmehr darum, dass der Kläger (durch den Gebrauch des Autos und den ihm im Falle der Geltendmachung des kleinen Schadensersatzes verbleibenden Restwert des Fahrzeugs) mehr Vorteile durch den Erwerb des streitgegenständlichen Autos erlangt hat, als er durch den – zu seinen Gunsten unterstellten – Minderwert des Fahrzeugs in Höhe von 25 % des Kaufpreises an Einbußen erlitten hat.
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1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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2. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
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3. Der Streitwert wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.