Inhalt

VG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 09.11.2022 – B 8 K 22.390
Titel:

Subvention, entscheidungserheblicher Zeitpunkt ist, zumindest bei Massenverfahren, die letzte Behördenentscheidung

Normenkette:
Bayerische Eigenheimzulagen-Richtlinien – EHZR
Schlagworte:
Subvention, entscheidungserheblicher Zeitpunkt ist, zumindest bei Massenverfahren, die letzte Behördenentscheidung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 43501

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheits¬leistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreck¬baren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihr unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids eine Zuwendung nach der Bayerischen Eigenheimzulage zu bewilligen.
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1. Die Klägerin beantragte mit Formblattantrag vom 29.12.2020, übermittelt per E-Mail der … an den Beklagten, eine Förderung nach der Bayerischen Eigenheimzulage und gab dabei an, ein Kind zu haben, kindergeldberechtigt, verheiratet und Angestellte zu sein. Die Anzahl der Personen im Haushalt gab sie mit zwei an, davon ein kindergeldberechtigtes Kind. Das zu versteuernde Einkommens des vorvorletzten Jahres des Ehemannes werde nachgereicht. Zusammen mit dem Antrag wurden vorgelegt:
- ein Grundbuchauszug über ein Erbbaurecht im Grundbuch … mit einer bedingten Erbbaurechtsübertragungsvormerkung für die Klägerin nach der Bewilligung vom 30.09.2020, eingetragen am 23.11.2020,
- eine Meldebestätigung der Stadt* …v. 21.12.2020 über die Meldung der Klägerin in …(Einzug) am 18.12.2020,
- ihre elektronische Lohnsteuerbescheinigung für 2019 und
- die Angabe ihrer Steuer ID.
3
Ferner ist den Akten ein Ergebnis von POSTIDENT „Identifizierung erfolgreich“ durch Vorlage des Personalausweises in der Postfiliale für die Klägerin enthalten.
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Der Beklagte machte die Klägerin mit Schreiben vom 16.08.2021 darauf aufmerksam, dass der Kaufvertrag am 30.09.2020 geschlossen worden und laut der Meldebescheinigung der Bezug des zu fördernden Objekts am 18.12.2020 erfolgt sei. Zur weiteren Bearbeitung sei eine Begründung erforderlich, warum der Zeitraum zwischen Kaufvertrag und Bezug so kurz sei. Dazu wurde die Vorlage eines Nachweises zum Bezugszeitpunkt (z.B. Übergabeprotokoll, aussagekräftige Versorgungsbescheinigungen z.B. Strom, Gas etc.) erbeten. Weiterhin wurde das Fehlen von Einkommenssteuerbescheinigungen für die Jahr 2017 und 2018 sowie der Kindergeldfestsetzung bemängelt. Die Vorlage der genannten Unterlagen wurde bis 17.11.2021 erbeten. Blieben sie zum genannten Termin ohne Nachricht, werde der Antrag vom 29.12.2020 abgelehnt.
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Mit einem weiteren Schreiben vom 13.01.2022 an die Klägerin nahm der Beklagte auf sein Schreiben vom 16.08.2021 Bezug und erklärte, dass folgende Zuwendungsvoraussetzungen noch nicht erfüllt seien:
- Vorlage der Einkommenssteuerbescheide der Klägerin aus den Jahren 2017 und 2018 – Sofern der Ehemann mit im Förderobjekt wohne, werde auch eine Meldebescheinigung und seine Einkommenssteuerbescheide aus den Jahren 2017 und 2018 benötigt.
- Begründung, warum der Zeitraum zwischen Kaufvertrag und Bezug so kurz gewesen sei.
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Gehe bis zum 24.02.2022 keine Nachricht beim Beklagten ein, werde ihr Antrag vom 29.12.2020 abgelehnt.
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Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18.03.2022 den Förderantrag der Klägerin ab. Er wurde der Klägerin per einfacher Briefpost zugesandt.
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Zur Begründung ist ausgeführt, dass bis zum 24.02.2022 die angeforderten Unterlagen nicht eingegangen seien. Kosten wurden keine erhoben. Eine Unterschrift des Bescheides fehlt. Angegeben ist, dass dieser Bescheid elektronisch erstellt und ohne Unterschrift gültig sei.
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2. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14.04.2022, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, Klage. Sie beantragt zuletzt sinngemäß:
1. Der Bescheid der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt vom 18.03.2022, Antrags-Nr. …, wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, den von der Klägerin mit Antrag vom 29.12.2020 beantragten Zuschuss zum Bau oder Erwerb von Wohnraum zu eigenen Wohnzwecken (Eigenheimzulage) zu gewähren.
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Eine Begründung erfolge nach erfolgter Akteneinsicht.
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Mit Schreiben vom 16.05.2022 erklärte die Regierung von Oberfranken, Prozessvertretung, die Vertretung des Beklagten zu übernehmen und übermittelte den elektronisch geführten Verwaltungsvorgang als pdf-Akte.
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Letztere wurde dem Klägervertreter zur Akteneinsicht überlassen. Dieser legte mit Schriftsatz vom 05.07.2022 noch folgende Unterlagen vor:
- Einkommenssteuerbescheid für die Klägerin vom 04.02.2022 für das Jahr 2018 als Bild
- Kindergeldbescheid vom 30.09.2022 über insgesamt 408 EUR für zwei Kinder; drittes Kind sei nicht mehr kindergeldberechtigt
- Notarieller Kaufvertrag vom 30.09.2020 in Fotokopie
- Einnahmenüberschussrechnung für die Klägerin für das Kalenderjahr 2017 aus Land- und Forstwirtschaft
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Es wird vorgetragen, dass für den Veranlagungszeitraum 2017 kein Steuerbescheid vorliege, da die Klägerin und ihr Ehemann sich in diesem Jahr nicht veranlagt hätten. Übergeben werden könne nur die Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG für das Jahr 2017. Für den kurzen zeitlichen Abstand zwischen Kaufvertrag sei auszuführen, dass die frühere Wohnung große Baumängel und Schimmelbefall aufgewiesen habe, so dass ein weiteres Wohnen darin nicht zumutbar gewesen sei. Die Nachtspeicheröfen hätten ebenfalls nicht funktioniert. Da der Kaufvertrag bereits abgeschlossen gewesen sei, sei der Umzug mithilfe von Verwandten und Freunden sehr kurzfristig erfolgt.
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Im Übrigen sei die Klägerin nicht im Stande gewesen, innerhalb der ihr vom Beklagten gesetzten Frist die Unterlagen vorzulegen, weil der von ihr beauftragte Steuerberater die erforderlichen Unterlagen nicht zusammengestellt habe. Die Klägerin sei überhaupt erst nach dem Wechsel ihres Steuerberaters in der Lage gewesen, nunmehr erstmalig die Unterlagen beizubringen. Mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid bestehe Einverständnis (Schriftsatz vom 03.08.2022).
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Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 14.07.2022,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass die Klagebegründung nichts enthalte, was die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung des Beklagten in Frage stellen könnte. Die Klägerin habe mehr als genug Zeit besessen, die Unterlagen vorzulegen. Da sie dies nicht getan habe, sei der Ablehnungsbescheid rechtmäßig ergangen. Mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung oder durch Gerichtsbescheid erklärte er sich einverstanden.
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Das Gericht machte mit Schriftsatz vom 12.07.2022 auf gerichtliche Entscheidungen aufmerksam, wonach der Zeitpunkt der Behördenentscheidung maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung sein könnte. Werde diese Rechtsauffassung zugrunde gelegt, wäre allein auf die der Behörde zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung vorliegenden Unterlagen abzustellen.
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Mit Schriftsatz vom 29.09.2022 hörte das Gericht die Beteiligten zum Erlass eines Gerichtsbescheides an und gab Frist zur Stellungnahme innerhalb einer Woche.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.

Entscheidungsgründe

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1. Das Gericht kann gemäß § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden hierzu angehört.
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2. Die als Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO) zulässige Klage hat keinen Erfolg.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Förderung nach den Richtlinien für die Gewährung eines Zuschusses zum Bau oder Erwerb von Wohnraum zu eigenen Wohnzwecken (Bayerische Eigenheimzulagen-Richtlinien – EHZR), Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 07.08.2018, Az. 31-4740-7-2 (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Der streitgegenständliche, die Förderung ablehnende Bescheid des Beklagten vom 18.03.2022 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Er beruht rechtsfehlerfrei auf der zugrundliegenden Haushaltsordnung des Freistaates Bayern (BayHO) sowie EHZR Ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte Förderung ist aus Gründen des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht gegeben (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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2.1 Formale Mängel des streitgegenständlichen Bescheides sind nicht erkennbar.
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Der Beklagte ist gemäß Nr. 9.1 der EHZR für die Gewährung eines Zuschusses zum Bau oder Erwerb von Wohnraum zu eigenen Wohnzwecken zur Entscheidung über die beantragte Leistung zuständig.
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Der Antrag wurde rechtswirksam mittels E-Mail gestellt. Der Beklagte hatte im Sinne von Art. 3a Abs. 1 BayVwVfG den Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet, da er zum damaligen Zeitpunkt auf seiner Homepage seine E-Mail-Adresse angegeben hatte (vgl. https://web.archive.org/web/20211027234537/https://bayernlabo.de/eigenwohnraumfoerderung/eigenheimzulage/). Die Wahrung der Schriftform war nach der EHZR nicht erforderlich. Der Begriff „Elektronische Kommunikation“ in Art. 3a Abs. 1 BayVwVfG ist hier weit zu verstehen. Insbesondere sind hiervon unabhängig von Format und Kompatibilität sämtliche Formen elektronischer Kommunikation und elektronischer Dokumente und damit auch eine E-Mail umfasst (Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 3a Rn. 6 und 14).
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Eine fehlende Unterschrift des/der Behördenbeauftragten unter dem Bescheid macht diesen Bescheid gemäß Art. 37 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG nicht rechtswidrig.
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Die Klägerin ist vor dem Erlass des Ablehnungsbescheides gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört worden. Sie wurde zweimal mit jeweils ausreichender Frist zur Vorlage der Unterlagen aufgefordert und darauf hingewiesen, dass bei Nichtvorlage eine Ablehnung des Antrags folge.
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2.2 Auch inhaltlich ist der Bescheid nicht zu beanstanden.
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a. Bei Zuwendungen nach der EHZR handelt es sich um freiwillige Maßnahmen des Freistaates Bayern und damit rechtlich um eine Subvention im Sinne der Definition in Art. 23 der Haushaltsordnung des Freistaates Bayern (BayHO). Danach dürfen Ausgaben für Leistungen an Stellen außerhalb der Staatsverwaltung (Zuwendungen) nur veranschlagt werden, wenn der Staat an der Erfüllung durch solche Stellen ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendungen nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann.
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Sie setzt keine dedizierte gesetzliche Ermächtigung voraus, weil es sich bei der Gewährung beantragter Zuwendungen um eine reine Leistungsverwaltung ohne Eingriffe in Rechtspositionen Privater handelt. Gesetzesfrei gewährte Fördermittel haben ihre Legitimationsgrundlage in der jeweiligen Haushaltsordnung in Verbindung mit dem jeweils geltenden – als Gesetz beschlossenen – Haushaltsplan, in welchem Einzelplan, Kapitel und Titel die konkret bezeichneten Zuwendungen ausgewiesen sind. Im Übrigen ergeben sich Einzelheiten zum Antragsverfahren, den Bewilligungsvoraussetzungen, Finanzierungsarten und Höhe sowie Rückabwicklung der Förderung aus den Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO im Allgemeinen und den fachspezifischen Förderrichtlinien im Besonderen.
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Die Exekutive ist grundsätzlich frei, Regelungen über Zuwendungsempfänger, Zuwendungsobjekte, Zuwendungsverfahren und Zuwendungsumfang zu treffen (vgl. BVerwG, U.v. 26.04.1979 – 3 C 111/79 – in juris, NJW 1979, S. 2059; BVerwG U.v. 27.03.1982, BVerwGE 90, 112). Dies geschieht üblicherweise durch Richtlinien. Dabei handelt es sich nicht um nach außen wirkende und anspruchsbegründende Rechtsnormen, sondern um verwaltungsinterne Weisungen oder Verwaltungsvorschriften. Den Gerichten ist es verwehrt, die Bewilligungspraxis durch eine eigenständige Auslegung der jeweiligen Richtlinien selbst zu bestimmen. Sie haben vielmehr die Richtlinien als Willenserklärung des Richtliniengebers unter Berücksichtigung dessen wirklichen Willens und der tatsächlichen Handhabung (Bewilligungspraxis) auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerwG U.v. vom 19.09.2000, BVerwGE 112, 63/67; OVG Lüneburg U.v. vom 21.02.2006 – 10 LB 45/03 – Rn. 31, juris). Allerdings sind diese Richtlinien bindend für die Verwaltung und entfalten deshalb in Form der Selbstbindung Außenwirkung über den Gleichheitssatz nach Art. 3 des Grundgesetzes (GG) und das im Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Gebot des Vertrauensschutzes (vgl. BVerwG U.v. vom 08.04.1997, BVerwGE 104, 220/221). Der Antragsteller hat so (lediglich) Anspruch darauf, nach einem aufgestellten Verteilungsprogramm willkürfrei und im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes behandelt zu werden (vgl. (VG Augsburg U.v. 17.12.2012 – Au 3 K 12.1382 –, BeckRS 2013, 46525 Rn. 35, 36, beck-online).
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Hierbei hat sich die durch die Gerichte durchzuführende Überprüfung nur darauf zu beschränken, ob aufgrund der angewandten Vorschriften überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel zulässig ist, sie mit EU-Vorschriften im Einklang steht und ob eine Verletzung des Gleichheitssatzes vorliegt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, missachtet wurde und sich daraus ein Anspruch ergibt (BVerwG, U.v. 26.04.1979 – 3 C 111/79 a.a.O.).
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Letztlich reduziert sich daher die Überprüfungsmöglichkeit des Gerichtes auf die Frage, ob der Gleichheitssatz verletzt ist und der Klagepartei Fördermittel in einer Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – GG – verletzenden Weise vorenthalten worden.
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b. Ausgehend hiervon ist der streitgegenständliche Bescheid nicht zu beanstanden.
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Der Klägerin wurden keine Fördermittel in einer Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verletzenden Weise vorenthalten. Vielmehr entspricht es der üblichen Verwaltungspraxis des Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 28.10.2022), nach Ablauf einer gesetzten Frist zur Nachreichung von noch fehlenden Unterlagen einen Ablehnungsbescheid zu erlassen. Die Klägerin ließ vorliegend sogar zwei Fristen zur Nachreichung von Unterlagen verstreichen, ohne sich in irgendeiner Weise bei der Behörde bemerkbar zu machen. Anhaltspunkte für einen atypischen Ausnahmefall, der ein Absehen von dieser Vorgehensweise rechtfertigen könnte, sind weder ersichtlich, noch von der Klägerin vorgetragen worden.
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aa. Der Beklagte durfte seine ablehnende Entscheidung über die beantragte Förderung nach EHZR auf die Nicht-Vorlage der geforderten Unterlagen stützen, denn die vom Beklagten geforderten Unterlagen waren entscheidungserheblich.
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Nach Nr. 4.2 Satz 4 der EHZR erfolgt der Nachweis des maßgeblichen Haushaltseinkommens, das zu versteuernde Einkommen des zweiten und dritten Jahres vor Antragseingang (hier am 29.12.2020), anhand der Einkommensteuerbescheide von 2017 und 2018 des Finanzamtes. Aus diesem Grund ist die Forderung des Beklagten nach der Vorlage dieser Bescheide sowie die deshalb erfolgte Ablehnung des Antrags nicht zu beanstanden. Weil nach Nr. 9.2 EHZR die Antragstellung erst ab Bezug des Wohnraums zulässig gewesen ist, die Bayerische Eigenheimzulage aber bereits zum 31.12.2020 endete und danach keine Antragstellung mehr möglich war (https://bayernlabo.de/eigenwohnraumfoerderung/eigenheimzulage), ist auch die Forderung des Beklagten nach der Glaubhaftmachung des von der Klägerin genannten Einzugstermins am 18.12.2020 durch diverse Unterlagen wie z.B. Anmeldung bei Energieversorgungsunternehmen ebenfalls nicht zu beanstanden.
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bb. Die Klägerin hat auch nach der Vorlage von Unterlagen im gerichtlichen Verfahren keinen Anspruch auf Bewilligung der beantragten Zuwendung.
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Dabei ist für das Gericht entscheidungserheblicher Zeitpunkt in Zuwendungsverfahren für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, sondern der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung. Dem materiellen Recht folgend, das hier vor allem durch die Förderrichtlinien und deren Anwendung durch den Beklagten in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Bewilligungsbehörde abzustellen (BayVGH, B.v. 02.02.2022 – 6 C 21.2701 – juris Rn. 10; B.v. 18.05.2020 – 6 ZB 20.438 – juris m.w.N.; Brandt in: Brandt/Domgörgen, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 4. Aufl. 2018, c) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage, Rn. 119).
41
Zu diesem Zeitpunkt lagen dem Beklagten als zuständiger Bewilligungsbehörde die erforderlichen Unterlagen, die nach der EHZR erforderlich sind, nicht vor (s.o.), so dass ein neuer Tatsachenvortrag und die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren in aller Regel irrelevant sind, da die Zuwendungsvoraussetzungen allein aufgrund der bis zur behördlichen Entscheidung eingegangenen Unterlagen bewertet werden. Die von der Klägerin erstmalig im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen finden deshalb keine Berücksichtigung mehr. Der Klägerin erwächst daraus, selbst, wenn sämtliche Unterlagen nunmehr vorlägen, kein Zuwendungsanspruch mehr. Die Klage hat bereits deshalb keinen Erfolg.
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Folgende Erwägungen sind hierfür maßgeblich.
43
Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Antragstellers bzw. Antragstellerin, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen (VG München, U.v. 20.09.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 24 u. 26 ff.; VG Würzburg, Urteil vom 29.11.2021 – W 8 K 21.585 –, Rn. 38 – 41, juris; VG Würzburg, U.v. 26.07.2021 – W 8 K 20.2031 – juris Rn. 21; VG Weimar, U.v. 29.01.2021 – 8 K 795/20 We – juris Rn. 31; U.v. 17.09.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26). Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung des Antragstellers bzw. der Antragstellerin im Rahmen des Zuwendungsantrags, insbesondere von der Mitteilung und Substantiierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Es ist weiter nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Angaben der Klägerin auf ihre Substantiierung und Plausibilität hin geprüft und gegebenenfalls mangels ausreichender Darlegung, insbesondere durch Vorlage der erforderlichen Unterlagen, die begehrte Zuwendung ablehnt (VG München, U.v. 20.09.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 30 ff. m.w.N; VG Würzburg, U.v. 03.08.2020 – W 8 K 20.743 – juris Rn. 37). Ferner entspricht eine gewisse Verpflichtung zur Mitwirkung seitens des Antragstellers bzw. der Antragstellerin allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen, Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG (nach VG Würzburg, Urteil vom 29.11.2021 – W 8 K 21.585 –, Rn. 38 – 41, juris). Die Anforderung geeigneter Nachweise für die Anspruchsberechtigung nach der Richtlinie ist auch vor dem Hintergrund des Grundsatzes der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayHO) gerade im Bereich der Leistungsverwaltung sachgerecht und nicht zu beanstanden.
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Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen oder erkennbar war, kann und muss die Bewilligungsbehörde auch im Rahmen der konkreten Ermessensausübung nicht berücksichtigen, so dass ermessensrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden können (VG Weimar, U.v. 17.09.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 25/26 m.w.N.). Maßgeblich ist allein die geübte Verwaltungspraxis, wobei insbesondere bei Massenverfahren unter Umständen auch eine einmalige Nachfrage zur Plausibilisierung auf elektronischem Weg genügt. Denn bei Massenverfahren erfordert deren Bewältigung ein gewisses Maß an Standardisierung auf behördlicher Seite. Dabei ist weiterhin zu beachten, dass dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Effektivitäts- und Zügigkeitsgebot (Art. 10 Satz 2 BayVwVfG) bei der administrativen Bewältigung des erheblichen Förderantragsaufkommens besondere Bedeutung zukommt; dies gerade auch deswegen, um den Antragstellern bzw. Antragstellerinnen möglichst schnell Rechtssicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten ihrer Förderanträge und damit über die (Nicht-) Gewährung von Fördermitteln zu geben (VG München, U.v. 20.09.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 24 u. 26 ff. m.w.N.).
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Insbesondere liegt angesichts begrenzter finanzieller Ressourcen im haushaltsrechtlichen Rahmen (vgl. § 23 BayHO), über deren Bestand Bewilligungsbehörden für die Beurteilung des noch verfügbaren Finanzrahmens einen Überblick behalten müssen, eine belastbare und nicht nachträglich durch Vorlage neuer Dokumente veränderbare Feststellung eines Förderanspruches im besonderen Interesse einer Planungssicherheit im Haushaltsrecht.
46
Diese o.g. Erwägungen finden insbesondere im Rahmen von Massenverfahren Anwendung, in deren Rahmen gerade die rasche Klärung von Anspruchsvoraussetzungen im Vordergrund steht (vgl. dazu VG Würzburg, B.v. 13.07.2020 – W 8 E 20.815 – juris Rn. 28 f.). Nach dem Jahresbericht 2020 der BayernLabo (bayernlabo-jahresbericht-2020-es.pdf) wurden im Jahr 2020 24.404 (Vorjahr 10.351) Anträge für die Bayerische Eigenheimzulage mit einem Volumen von 244,0 Mio. Euro (Vorjahr 103,5 Mio. Euro) bearbeitet und gefördert (vgl. S. 13 a.a.O.), so dass Verfahren nach der EHZR als Massenverfahren zu bezeichnen sind.
47
In Anbetracht dessen ist die im Regelfall übliche Verwaltungspraxis des Beklagten (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 28.10.2022) nach dem Ablauf von gesetzten Terminen zur Nachreichung von zur Entscheidung unabdingbar notwendigen Unterlagen den Ablehnungsbescheid zu erlassen und zu versenden, weder zu beanstanden noch im gerichtlichen Verfahren zu korrigieren.
48
Anhaltspunkte für einen atypischen Ausnahmefall, der ein Absehen von dieser Vorgehensweise rechtfertigen könnte, sind nicht ersichtlich und wurden auch im gerichtlichen Verfahren von der Klägerin nicht vorgetragen.
49
c. Insbesondere greift der Einwand der Klägerin, ihr erster Steuerberater habe es versäumt, die Unterlagen vorzulegen, nicht durch. Vielmehr standen einige fehlenden Unterlagen, wie der Bescheid des Kindergeldes, der Klägerin selbst zur Verfügung: der vorgelegte Kindergeldbescheid ist an die Klägerin persönlich adressiert. Auch hätte nur sie selbst die erbetenen Auskünfte zum Zeitraum zwischen Kaufvertrag und Einzug geben und entsprechende Bestätigungen von Energieversorgern vorlegen können; der Steuerberater hätte dazu nur schwerlich etwas beitragen können. Auch der Einkommenssteuerbescheid vom 04.02.2022 lag noch vor Ablauf der vom Beklagten gesetzten Frist am 24.02.2022 und vor Erlass des ablehnenden Bescheids vom 18.03.2022 vor.
50
Zudem stand der Klägerin für das Beschaffen der noch fehlenden Unterlagen eine Zeitspanne von etwa Mitte August 2021 bis zum Erlass des Ablehnungsbescheides am 18.03.2022, damit etwa ein halbes Jahr zur Verfügung. Diese Zeitspanne erscheint ausreichend bemessen, sich um die Unterlagen zu kümmern oder dem Beklagten zumindest mitzuteilen, aus welchen Grund die Beschaffung bislang fehlgeschlagen ist, und eventuell eine Fristverlängerung zu beantragen. Aus diesen Gründen hat die Klägerin die fehlende Vorlage der genannten Unterlagen selbst zu verantworten.
51
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass auch ein Verschulden eines gewillkürten Vertreters als eigenes Verschulden der durch diesen im Verwaltungsverfahren vertretenen Klägerin anzusehen ist (vgl. sinngemäß § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). In dieser Regelung spiegelt sich der allgemeine Grundsatz wider, dass jeder, der sich am Rechtsverkehr beteiligt, für die Personen einzustehen hat, die erkennbar sein Vertrauen genießen (vgl. Eyermann/Hoppe, 16. Aufl. 2022, VwGO § 60 Rn. 11 unter Verweis auf BVerwG NVwZ 2000, 65;).
52
Letztendlich fehlen noch immer entscheidende Unterlagen.
53
So ersetzt auch die vorgelegte Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG für 2017 nicht den nach Nr. 4.2 Satz 4 EHZR zum Nachweis der Einkommensverhältnisse maßgeblichen Einkommensteuerbescheid. Vielmehr ermöglicht § 4 Abs. 3 EStG lediglich, dass Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen können. Diese Informationen benötigt die Finanzbehörde zur Ermittlung der zu versteuernden Einnahmen. Diese betriebliche Einnahmenüberschussrechnung sagt nichts über weiteres Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit aus, das die Klägerin offensichtlich 2018 und 2019 erzielt hatte.
54
Auch fehlen noch immer ein Einkommensnachweis des Ehemannes für die Jahre 2017 und 2018, soweit dieser die Wohnung mitbewohnt, sowie die Plausibilisierung des frühen Einzugs durch geeignete Nachweise (z.B. Übergabeprotokoll des zu fördernden Objektes, Versorgerbescheinigungen z.B. für Strom oder Gas o.ä.).
55
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 und Abs. 1 VwGO i.V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.