Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 09.08.2022 – B 5 K 21.761
Titel:

Dienstliche Beurteilung, Weigerung der Übernahme von Zusatzaufgaben, Voreingenommenheit des Beurteilers (verneint), sachwidrige Erwägungen (verneint)

Normenketten:
LlbG Art. 54 ff.
LlbG Art. 59 Abs. 1 S. 5
Schlagworte:
Dienstliche Beurteilung, Weigerung der Übernahme von Zusatzaufgaben, Voreingenommenheit des Beurteilers (verneint), sachwidrige Erwägungen (verneint)
Fundstelle:
BeckRS 2022, 43480

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen seine dienstliche Beurteilung für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2019.
2
Der Kläger, Hauptsekretär im Justizvollzugsdienst (JVD), ist bei der Justizvollzugsanstalt (JVA) … beschäftigt. Im Zeitraum vom 01.10.2017 bis 31.12.2019 leistete er Dienst in folgenden Dienstbereichen: Kammer, Vertretung des Sanitätsbeamten, Dienst auf allen Abteilungen (Schicht- und Nachtdienst) sowie als Sport- und Freizeitbeamter. Im Rahmen der periodischen Beurteilung für den Zeitraum vom 01.10.2017 bis 31.12.2019 erhielt der Kläger im Gesamturteil 9 Punkte. Der Durchschnittswert der wesentlichen Beurteilungsmerkmale (sog. Superkriterien) betrug 9,5. Die vorgenannte Beurteilung wurde dem Kläger am 27.11.2020 gegen Unterschrift durch die Leiterin der Justizvollzugsanstalt … eröffnet. Die Vorbeurteilung 2017 des Klägers lautete im Gesamturteil auf 10 Punkte, der Durchschnittswert der Superkriterien betrug 10,75 Punkte. In 14 der 20 Einzelmerkmale erhielt der Kläger gegenüber der Vorbeurteilung einen Punkt weniger. In den beiden Einzelmerkmalen „2.1.2.8 Umgang mit Gefangenen“ und „2.3.1 Fachkenntnisse“ lautete das Prädikat der gegenständlichen Beurteilung jeweils auf 9 Punkte, während ihm im Rahmen der Vorbeurteilung jeweils 11 Punkte zuerkannt worden waren.
3
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 29.01.2021 beantragte der Kläger die Überprüfung seiner Beurteilung 2020 durch die vorgesetzte Dienstbehörde gemäß Art. 60 Abs. 2 des Leistungslaufbahngesetzes (LlbG). Die Einwendungen des Klägers gegen die von der Leiterin der Justizvollzugsanstalt … erstellte Beurteilung vom 10.11.2020 wurden mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 15.04.2021 zurückgewiesen. Mit weiterem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 29.01.2021 wandte sich der Kläger zugleich im Rahmen des Widerspruchs gegen die Beurteilung vom 10.11.2020.
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Mit Bescheid der Justizvollzugsanstalt … vom 09.06.2021 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger habe zusammen mit insgesamt 28 Beamten und Beamtinnen der Besoldungsgruppe A8 der Fachlaufbahn Justiz mit dem fachlichen Schwerpunkt allgemeiner Vollzugsdienst die Vergleichsgruppe für die Beurteilung gebildet. Im Rahmen der Beurteilungskonferenz sei eine Vorübersicht mit allen in der Justizvollzugsanstalt … zu diesem Zeitpunkt zu beurteilenden Hauptsekretären und Hauptsekretärinnen nach dem Leistungsprinzip erstellt worden, indem die Stärken und Schwächen der zu beurteilenden Beamten abgewogen und untereinander verglichen worden seien. Innerhalb dieser Vergleichsgruppe sei sodann eine leistungsorientierte Reihung vorgenommen worden. Der Kläger habe Platz 13 eingenommen, d.h. in seiner Vergleichsgruppe hätten zwar 12 Bedienstete mehr, allerdings auch 15 Bedienstete weniger überzeugen können. Am 12.05.2020 habe Herr A. im JVD … als unmittelbarer Vorgesetzter das Beurteilungsgespräch mit dem Kläger geführt. Hierbei sei dem Kläger die voraussichtliche Bewertung seiner Fähigkeiten und seines Leistungsstandes erörtert worden. Ergänzend sei durch Herrn … auf der Dokumentation des Beurteilungsgesprächs „kein Einsatz als Pflegehelfer mehr“ handschriftlich vermerkt worden. In der Folgezeit habe der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers, Inspektor …, in seiner Rolle als Vertreter des Aufsichtsdienstleiters einen Beurteilungsvorschlag erstellt, anhand dessen am 10.11.2020 die periodische Beurteilung durch die Dienstvorgesetzte gefertigt worden sei. Die Bewertung der Vorbeurteilung des Jahres 2017 sei kein Maßstab für die aktuelle dienstliche Beurteilung. Keinesfalls seien die Einzelwertpunkte daher nach unten korrigiert worden. Die periodische Beurteilung 2020 stelle ausschließlich die Leistungen des Klägers im Beurteilungszeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2019 in Bezug auf fachliche Leistung, Eignung und Befähigung dar. Von einer „wesentlichen Leistungsverschlechterung“ sei bei einer Verschlechterung um drei Punkte gegenüber der vorangegangenen Beurteilung auszugehen. Vorliegend habe bei den Einzelmerkmalen eine Veränderung um maximal zwei Punkte (in zwei Fällen) stattgefunden. Das Gesamturteil habe sich lediglich um einen Punktwert verändert. Eine wesentliche Verschlechterung liege daher nicht vor.
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Im Jahr 2014 sei der Kläger auf eigenen Wunsch zum nicht examinierten Sanitätsbeamten ausgebildet worden. Die Ausbildung sei vollständig als Dienstzeit anerkannt worden. Für seine Einsatzbereitschaft im Hinblick auf die Zusatzausbildung habe der Kläger im Jahr 2015 eine Leistungsprämie in Höhe von 440,00 Euro erhalten. Seiner erhöhten Leistungsbereitschaft innerhalb der Vergleichsgruppe sei auch im Gesamtprädikat der Beurteilung 2017 Rechnung getragen worden. Bereits ab März 2017 sei ein zweiter examinierter Krankenpfleger in Vollzeit im Krankenpflegedienst in der JVA … eingesetzt worden. Ab diesem Zeitpunkt sei der Kläger nur noch im Vertretungsfall wenige Wochen im Jahr als Sanitätsbeamter herangezogen worden. Im Spätsommer 2018 habe der Kläger gegenüber dem Aufsichtsdienstleiter … erklärt, dass er den Dienst als Sanitätsbeamter ab sofort niederlegen wolle, da er sich der damit verbundenen Verantwortung nicht mehr stellen wolle. Im Hinblick auf die personelle Verstärkung durch den zweiten Krankenpfleger sei dies grundsätzlich sachgerecht erschienen. Jedoch habe Herr … ausdrücklich gefragt, ob der Kläger aufgrund seiner Weiterbildung, die ihm durch die JVA ermöglicht worden sei, zumindest noch ausnahmsweise bei dienstlichen Engpässen (z. B. Krankheit eines Krankenpflegers) zur Verfügung stehe. Dies habe der Kläger jedoch absolut und kategorisch abgelehnt, ausdrücklich auch in dem Bewusstsein, dass sich diese Verweigerung in der Beurteilung 2020 widerspiegeln würde. Insoweit handele es sich nicht um sachfremde Erwägungen. Die Weigerung, selbst bei dienstlichen Engpässen auszuhelfen, habe zur Bildung des Werturteils in Bezug auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung im Rahmen der periodischen Beurteilung herangezogen werden können, wie auch das Engagement des Klägers in der vorangegangenen Beurteilung berücksichtigt worden sei. Allerdings fuße die Beurteilung nicht ausschließlich auf diesem Merkmal. Vielmehr sei das gesamte Leistungsspektrum des Klägers im Beurteilungszeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2019 betrachtet und die zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes aufgrund einer unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke bewertet worden. Dem Kläger seien in den einzelnen Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsmerkmalen mit je 9 und 10 Punkten die Anforderungen übersteigende dienstliche Leistungen bescheinigt worden. Die in den Einzelmerkmalen vergebenen Wertungen würden in der Gesamtschau schlüssig und nachvollziehbar die Bildung des Gesamturteils mit dem Punktwert von 9 tragen. Der Durchschnittswert der wesentlichen Beurteilungsmerkmale von 9,5 spiegele auch das Leistungsspektrum des Klägers passend wider.
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Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 06.07.2021, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der dienstlichen Beurteilung – periodische Beurteilung – vom 10.11.2020 für den Beurteilungszeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2019 und des Widerspruchsbescheides vom 09.06.2021 zu verpflichten, den Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut dienstlich zu beurteilen sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
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Mit Schriftsatz vom 31.08.2021 führte der Klägerbevollmächtigte zur Begründung aus, dass einer Gegenüberstellung der angegriffenen mit der Vorbeurteilung des Klägers zu entnehmen sei, dass in wesentlichen Bereichen eine schlechtere Leistungsbeurteilung stattgefunden habe. Die angegriffene Beurteilung ende insgesamt mit einer zusammenfassenden Bewertung von 9,5. Die vorhergehenden Beurteilungen des Klägers seien durchweg besser gewesen. Die Vorbeurteilung habe auf 10,75 Punkte gelautet. Die gebotene objektive Beurteilung des Klägers sei fehlerhaft vorgenommen worden. Im Dienstbereich des Klägers sei ein Sanitätsposten eingerichtet. Dieser sei in der Vergangenheit im Wesentlichen mit einem examinierten und verbeamteten Sanitäter besetzt gewesen. Als fachlich notwendige Ergänzung sei ein nicht verbeamteter Arzt an drei Tagen pro Woche für jeweils drei Stunden pro Woche hinzugezogen worden, der seinerseits die Gefangenen untersucht und dem eingesetzten Personal Anweisungen zur entsprechenden medizinischen Weiterbehandlung und zur Einleitung gegebenenfalls weiterer Maßnahmen gegeben habe. Im Jahr 2014 habe sich dann die fachliche Notwendigkeit ergeben, dass dem eingesetzten Sanitäter eine weitere Hilfskraft zur Seite gestellt werde, nachdem zuvor eingesetzte unterstützende Hilfskräfte diese Tätigkeit nicht weiter hätten ausüben können oder wollen. Der Kläger sei damals seitens seines Dienstleiters, Herrn …, darauf angesprochen worden, ob dies nicht eine Aufgabe für ihn wäre. Als Voraussetzung für die Übernahme dieser Tätigkeit sei dem Kläger die Notwendigkeit der Teilnahme an einem dreiwöchigen Lehrgang an der Justizakademie Straubing genannt worden. Der Kläger habe diesen Lehrgang sowie die Abschlussprüfung erfolgreich absolviert und sei im darauffolgenden Zeitraum zusätzlich zu den bisherigen Aufgaben auch mit den Aufgaben des Helfers des Sanitäters betraut worden. Diese Tätigkeit sei im weiteren Verlauf im wöchentlichen Wechsel, anlassbezogen auch im 14-täglichen Wechsel, erfolgt. Dies habe zur Folge gehabt, dass in diesen Zeiträumen ausschließlich der genannte Sanitätsdienst durch den Kläger durchgeführt worden sei und der Kläger nach den jeweiligen Wechseln wieder seiner Tätigkeit als Vollzugsbeamter ohne Sanitätsdienst nachgekommen sei. Dies sei auch unabhängig von der Frage gewesen, wann andere Beschäftigte im Bereich des Sanitätsdienstes urlaubs- oder krankheitsbedingt abwesend gewesen seien. Der im Zeitraum der Tätigkeit des Klägers eingesetzte Sanitäter sei überwiegend Herr …, der Pflegevorstand, gewesen. Meist habe man den Kläger in Abwesenheit des Sanitäters im Sanitätsdienst eingesetzt. Das Sanitätszimmer sei von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr für Häftlinge mit Beschwerden geöffnet gewesen. In der Anstalt befinde sich auch eine Apotheke. Auch zu dieser Apotheke habe der als Sanitätshelfer eingesetzte Beamte Zugang, um Medikamente zu verabreichen, die ärztlicherseits verschrieben worden seien. Zudem habe der jeweilige Sanitäter auch Zugang, um eigenverantwortlich Schmerzmittel oder beispielsweise Mittel gegen Magenverstimmungen auszugeben oder um Verbände anzulegen oder Pflaster aufzubringen. Manuelle, einfache Untersuchungen wie Blutdruckmessungen oder das Abtasten schmerzender Körperteile seien mit dem Sanitätsdienst ebenfalls verbunden gewesen. Dies obgleich der Kläger lediglich einen dreiwöchigen Lehrgang ohne entsprechende Vorkenntnisse absolviert habe. Ende des Jahres 2018, Anfang 2019 sei ein weiterer Sanitäter eingestellt und Herrn … helfend zur Seite gestellt worden. Es habe sich insoweit um einen ausgebildeten Sanitäter gehandelt. Nachdem sich hierdurch die Personalsituation etwas entspannt habe, nahm der Kläger dies zum Anlass, seinen Dienstvorgesetzten zu bitten, ihn von der zusätzlich ausgeübten Tätigkeit zu entbinden. Hintergrund sei für den Kläger auch die mit der Tätigkeit verbundene medizinische Verantwortung gewesen, die nicht seinem Ausbildungsstand entsprochen habe. Daraufhin sei dem Kläger in einem Gespräch Mitte 2020 von Seiten des Dienstleiters mitgeteilt worden, dass von der Anstaltsleitung und den die Beurteilung verantwortenden Personen erwartet werde, dass man sich einer derartigen Aufgabe stelle und sich die Übernahme einer solchen Tätigkeit auch in der Beurteilung widerspiegeln werde. In der Folge sei die Beurteilung des Klägers teilweise erheblich und in größerem Umfang nach unten korrigiert worden, ohne dass hierfür erkennbare und nachvollziehbare Gründe vorhanden gewesen seien. Der Kläger sehe dies als Maßregelung für seine Bitte an, von der vorgenannten Tätigkeit entbunden zu werden. Die Beurteilung leide daher an einem relevanten rechtlichen Mangel. Ihr lägen sachfremde Erwägungen zugrunde.
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Für den Beklagten beantragt die JVA …,
die Klage abzuweisen.
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Mit Schriftsatz vom 15.10.2021 wird von Beklagtenseite ausgeführt, dass die seitens des Klägerbevollmächtigten vorgebrachten Einwände überwiegend wortgleich mit den Ausführungen im Einwendungs- bzw. Widerspruchsverfahren seien. Daher werde auf die Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug genommen. Die Übernahme der Sonderaufgabe im Sanitätsdienst neben seinen eigentlichen Tätigkeiten sei dem Kläger als persönliches Engagement gewertet worden. Im streitgegenständlichen Beurteilungszeitraum habe der Kläger nunmehr lediglich seine eigentlichen dienstlichen Tätigkeiten ausgeführt. Eine Tätigkeit, die seine Leistung gegenüber den Beamtinnen und Beamten seiner Vergleichsgruppe hervorgehoben habe, habe im Beurteilungszeitraum ganz überwiegend nicht mehr vorgelegen.
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In Erwiderung hierauf trägt der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 01.12.2021 ergänzend vor, dass die Mitglieder der Beurteilungskommission, Frau Regierungsamtsrätin (RARin) … und Frau Leitende Regierungsdirektorin (Ltd. RDin) … ihren Dienst in der JVA … erst im Jahr 2019 aufgenommen hätten. Daher hätten beide keine persönlichen Eindrücke und Erfahrungen über die Verhaltens- und Arbeitsweisen des Klägers. Im Rahmen des von Beklagtenseite erwähnten sog. Beurteilungsgesprächs seien weder die voraussichtliche Bewertung des Klägers noch dessen Leistungsstand erörtert worden. Das Gespräch habe weniger als fünf Minuten gedauert. Herr Amtmann … habe dem Kläger im Wesentlichen mitgeteilt, dass ihn die o.g. weiteren Kommissionsmitglieder Frau … und Frau … darauf hingewiesen hätten, dass die Ausbildung des Klägers zum Pflegehelfer teuer gewesen sei und der Kläger deshalb seine Weigerung, diese Tätigkeit fortzuführen „zu spüren bekommen müsse“. Angesichts seiner Beschäftigungsdauer und seiner bisherigen Leistungen müsse der Kläger nunmehr die Beförderung zum Inspektor im Justizvollzugsdienst erhalten. Ausweislich der Beförderungsrichtlinien sei hierfür jedoch eine Beurteilung mit 10 Punkten oder mehr in der letzten Beurteilung erforderlich, weshalb eine Beförderung des Klägers bislang ausgeblieben sei.
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Mit Schriftsatz vom 16.12.2021 führt die Justizvollzugsanstalt … aus, dass Frau … bereits seit 1993 als Abteilungsleiterin in der Justizvollzugsanstalt … eingesetzt gewesen sei und den Kläger daher dienstlich seit dessen Versetzung im Jahr 2007 kenne. Ein Anspruch auf eine Beförderung nach A9 aufgrund der Beschäftigungsdauer und der gezeigten Leistungen bestehe – auch bei einer Beurteilung mit 10 oder mehr Punkten – nicht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie insbesondere wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch Einvernahme von Herrn Inspektor im JVD … als Zeuge sowie die informatorische Anhörung der Leiterin der JVA …, Frau Ltd RDin …, auf das Protokoll vom 09.08.2022 verwiesen. In der mündlichen Verhandlung hat der Klägerbevollmächtigte auf seine bereits schriftsätzlich angekündigten Anträge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
14
Die Klage ist zulässig. Insbesondere kann dem Kläger im Hinblick auf die Unterzeichnung der streitgegenständlichen Beurteilung nicht die Klagebefugnis bzw. das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden, da er mit seiner Unterschrift lediglich bestätigt hat, dass ihm die Beurteilung vom 10.11.2020 eröffnet wurde.
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Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Aufhebung seiner periodischen Beurteilung vom 10.11.2020 für den Beurteilungszeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2019 und Erstellung einer neuen periodischen Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die streitgegenständliche Beurteilung ist rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO analog, da einer dienstlichen Beurteilung keine Verwaltungsaktqualität zukommt). Auch der Widerspruchsbescheid der Justizvollzugsanstalt … vom 09.06.2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
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1. Gemäß Art. 56 Abs. 1 Satz 1 des Leistungslaufbahngesetzes (LlbG) sind die fachliche Leistung, Eignung und Befähigung der bayerischen Beamtinnen und Beamten mindestens alle drei Jahre dienstlich zu beurteilen (periodische Beurteilung). Die Beurteilung hat die fachliche Leistung in Bezug auf die Funktion und im Vergleich zu den anderen Beamtinnen und Beamten derselben Besoldungsgruppe der Fachlaufbahn und, soweit gebildet, desselben fachlichen Schwerpunkts objektiv darzustellen und außerdem von Eignung und Befähigung ein zutreffendes Bild zu geben (Art. 58 Abs. 2 Satz 1 LlbG).
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Dienstliche Beurteilungen sind ihrem Wesen nach persönlichkeitsbedingte Werturteile, die verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 13.5.1965 – 2 C 146.62 – BVerwGE 21, 127 [129]; U.v. 26.6.1980 – 2 C 8/78 – BVerwGE 60, 245 ständige Rechtsprechung). Nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung soll nur der Dienstherr oder der für ihn handelnde Beurteiler ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwiefern der Beamte den vom Dienstherrn zu bestimmenden, zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu. Demgegenüber hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob der Beurteiler einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, ob er den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob allgemeine Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind und ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten worden ist. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abfassung der dienstlichen Beurteilung erlassen hat, ist vom Gericht zu prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang stehen (vgl. BVerwG, U.v. 21.9.2007 – 2 C 2.06 – juris; BayVGH, B.v. 27.3.2013 – 3 ZB 11.1269 – juris). Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung des Beamten durch den Dienstherrn in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (siehe zum Ganzen: BayVGH, B.v. 18.1.2016 – 3 ZB 13.1994 – juris, Rn. 4).
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Innerhalb des durch die Art. 54ff. LlbG gezogenen Rahmens unterliegt es grundsätzlich dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, wie er die ihm aufgegebene, für zukünftige Personalentscheidungen verwertbare Aussage zu den einzelnen Beurteilungsmerkmalen gestalten und begründen und worauf er im einzelnen sein Gesamturteil stützen will (BVerwG, U.v. 17.12.1981 – 2 C 69/81 – BayVBl 1982, 348). Tatsächliche Grundlagen, auf denen Werturteile beruhen, sind nicht notwendig in die dienstliche Beurteilung aufzunehmen (BVerwG, U.v. 16.10.1967 – VI C 44.64 – Buchholz 232, § 15 BBG Nr. 1; U.v. 26.6.1980 – II C 8/78 – BVerwGE 60, 245). Der Dienstherr kann einerseits einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse im Beurteilungszeitraum aufgreifen und aus ihnen wertende Schlussfolgerungen ziehen, wenn er sie etwa zur Charakterisierung des Beamten für besonders typisch hält oder für eine überzeugende Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen für wesentlich erachtet. Er kann sich andererseits aber auch auf die Angabe zusammenfassender Werturteile aufgrund einer unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke beschränken. Schließlich kann er die aufgezeigten verschiedenen Möglichkeiten, über die Eignung und Leistung des Beamten ein aussagekräftiges, auch für Dritte verständliches Urteil abzugeben, in abgestufter Form miteinander verwenden bzw. miteinander verbinden. Alle diese Gestaltungsformen einer dienstlichen Beurteilung halten sich in dem von den Laufbahnvorschriften vorgezeichneten rechtlichen Rahmen (vgl. BayVGH, U.v. 23.5.1990 – 3 B 89.02832 m.w.N.; vgl. zum Ganzen auch: VG München, U.v. 11.1.2017 – M 5 K 16.2729 – juris, Rn. 15).
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Zugrunde zu legen sind die Art. 54ff. LlbG, die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen über die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht vom 13. Juli 2009 [FMBl. S. 190, StAnz. Nr. 35], die zuletzt durch Bekanntmachung vom 19. Oktober 2017 [FMBl. S. 510] geändert worden ist) und die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 25.09.2014, Az. A4-2012-V-7710/11 (Beurteilungsbekanntmachung Justiz – JuBeurteilBek). Maßgebend ist, welches Beurteilungssystem und welche Regelungen zum Beurteilungsstichtag (hier: 31.12.2019) gegolten haben (vgl. BVerwG, U.v. 2.3.2000 – 2 C 7/99 – NVwZ-RR 2000, 621 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 14.2.1990 – 1 WB 181/88 – BVerwGE 86, 240).
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2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angegriffene dienstliche Beurteilung vom 10.11.2020 nicht zu beanstanden.
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a) Die gegenständliche Beurteilung erweist sich als formell rechtmäßig. Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich.
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aa) Die Leiterin der Justizvollzugsanstalt … war für die Beurteilung des Klägers gemäß Art. 60 Abs. 1 Satz 1 LlbG, Abschnitt 3 Nr. 11.1 der VV-BeamtR, Ziffer 3.6.1 der JuBeurteilBek zuständig.
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bb) Entgegen der Auffassung des Klägers kann aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie der informatorischen Anhörung der Anstaltsleiterin in der mündlichen Verhandlung vom 09.08.2022 und der zur Überzeugung des Gerichts feststehenden Gesamtumstände beim Zustandekommen der dienstlichen Beurteilung nicht vom Vorliegen einer Voreingenommenheit der Beurteilerin sowie des unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers ausgegangen werden. Zwar liegt ein zur Aufhebung der Beurteilung und Verpflichtung zur neuen Beurteilung führender Verfahrensfehler u.a. dann vor, wenn ein befangener oder voreingenommener Vorgesetzter beurteilt hat. Entscheidend ist dabei aber nicht die aus der subjektiven Sicht des Beurteilten begründete Besorgnis der Befangenheit des Beurteilers, sondern maßgeblich ist die Voreingenommenheit, die objektiv festzustellen ist. Mangelnde Objektivität sind also nicht aus dessen Sicht, sondern aus der Sicht eines objektiven Dritten festzustellen. Die Voreingenommenheit kann sich aus der Beurteilung selbst, aber auch aus dem Verhalten des Beurteilers in Angelegenheiten des zu beurteilenden Beamten oder diesem gegenüber ergeben. In der Rechtsprechung und Literatur ist dazu geklärt, dass ein Vorgesetzter nur dann als voreingenommen angesehen werden kann, wenn er nicht willens oder nicht in der Lage ist, den Beamten sachlich und gerecht zu beurteilen (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.2004 – 2 A 8.03 – Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 43 m.w.N.). Er darf nicht schon deshalb als voreingenommen gelten, weil er die Arbeitsweise und/oder das sonstige dienstliche Verhalten des durch ihn Beurteilten kritisch einschätzt oder diesen zuvor auf Mängel bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben hingewiesen hat. Ein Vorgesetzter ist auch nicht allein deshalb wegen Voreingenommenheit an der Beurteilung gehindert, weil es zwischen ihm und dem Beurteilten schon einmal Streitigkeiten gegeben hat, es sei denn, dass es hierdurch zu einer nachhaltigen, fortwirkenden Störung des zwischenmenschlichen Verhältnisses gekommen ist. Gründe für eine Voreingenommenheit können verifizierbare Aversionen oder ernstzunehmende unsachliche oder ehrverletzende Äußerungen des Beurteilers sein, sei es, dass sich diese in der dienstlichen Beurteilung finden, sei es, dass sie während des Beurteilungsverfahrens oder anderweitig gefallen sind (vgl. VG Augsburg, U.v. 29.3.2012 – Au 2 K 11.785 – juris, Rn. 22 m.w.N.). Vorliegend macht die Klägerseite bereits nicht substantiiert geltend, aus welchen objektiven Umständen sich eine Voreingenommenheit der die Beurteilung verantwortenden Personen ergeben sollte. Soweit der Klägerbevollmächtigte darauf verweist, dass der Kläger in unzulässiger Weise für seine Weigerung weiterhin als Sanitätsbeamter tätig zu sein, sanktioniert werden sollte, war den Ausführungen der Beurteilerin sowie des unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers in der mündlichen Verhandlung bereits nicht zu entnehmen, dass die Bewertung des Klägers wesentlich auf diesem Umstand beruhte. Im Übrigen stellt die Berücksichtigung der Verweigerung bestimmter (Zusatz-)Aufgaben durch den zu beurteilenden Beamten im Rahmen der Beurteilung schon keine sachwidrige Erwägung dar.
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cc) Die streitgegenständliche Beurteilung begegnet auch keinen formell-rechtlichen Bedenken, soweit der Kläger – wie er geltend macht – im Beurteilungszeitraum nicht auf Defizite in der Leistungserbringung hingewiesen worden ist. Zwar hat nach Nr. 2.4 Satz 4 VV-BeamtR die Verpflichtung der Vorgesetzen, die Beamtinnen und Beamten in ihrem Zuständigkeitsbereich auch zwischen den Beurteilungen auf Mängel in ihren Leistungen hinzuweisen und ihnen dadurch Gelegenheit zur Beseitigung der Mängel zu geben, besondere Bedeutung. Allerdings wird damit bereits keine obligatorische Verpflichtung des Vorgesetzten begründet, auf etwaige Defizite aufmerksam zu machen, deren Verletzung zur Aufhebung der Beurteilung führen würde. Darüber hinaus fordern weder spezielle Rechtsvorschriften noch allgemeine Rechtsgrundsätze einen entsprechenden Hinweis gegenüber dem Beamten (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1999 – 2 A 6/98 – ZBR 2000, 269 – juris, Rn. 18; BayVGH, B.v. 2.12.2015 – 3 CE 15.2122 – juris, Rn. 30). Im Übrigen wird ein Leistungsabfall des Klägers von Seiten der zuständigen Beurteilerin bereits nicht gesehen, vielmehr verwies sie hinsichtlich der Bewertung und Reihung des Klägers auf Platz 13 der 28 Beamtinnen und Beamten der Vergleichsgruppe im Statusamt A8 auf den anzustellenden Quervergleich.
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dd) Darüber hinaus enthält die streitgegenständliche Beurteilung hinreichende verbale Hinweise zum Zustandekommen des Gesamturteils (vgl. Art. 59 Abs. 2 Satz 2 LlbG) und nimmt insoweit auf das im Wesentlichen einheitliche Leistungsbild des Klägers bei den Einzelbewertungen Bezug, welches das Gesamturteil schlüssig und plausibel trage.
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b) Auch in materieller Hinsicht ergeben sich keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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Die Leiterin der Justizvollzugsanstalt … sowie der Zeuge … – an deren Glaubwürdigkeit das Gericht keinen Anlass zu Zweifeln sieht – haben in der mündlichen Verhandlung die maßgeblichen Erwägungen für die Bewertung des Klägers im Vergleich zu den Beamtinnen und Beamten derselben Besoldungsgruppe (A8) dargestellt. Danach ist gegen die Beurteilung rechtlich nichts zu erinnern.
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aa) Das Gesamturteil von 9 Punkten hält sich im rechtlich nicht zu beanstandenden Rahmen des Beurteilungsspielraums und wurde durch die Beurteilerin sowie den unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers hinreichend plausibilisiert.
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Nach Abschnitt 3, Nr. 3.2.2 VV-BeamtR sind 7 bis 10 Punkte zu vergeben, wenn die Erfüllung des einzelnen Merkmals in jeder Hinsicht den Anforderungen genügt oder diese übersteigt. Bereits durch diesen Punktwert wird die Leistung des Klägers beschrieben, so dass er erkennen kann, wie die Beurteilerin seine Leistung einschätzt. Anlässlich ihrer informatorischen Anhörung erläuterte die Anstaltsleiterin, dass im Rahmen des Beurteilungsverfahrens von Seiten der Beurteilungskommission, die sich aus ihr, dem Leiter des Allgemeinen Vollzugsdienstes Herrn …, dessen Stellvertreter Herrn … sowie der Hauptgeschäftsstellenleiterin Frau … zusammensetzte, eine Reihung der 28 A8-Beamtinnen und -Beamten des allgemeinen Justizvollzugsdienstes vorgenommen worden sei. Die Reihung sei letztlich das Ergebnis eines Abwägungsvorganges gewesen, im Rahmen dessen die Stärken und Schwächen der einzelnen Beamtinnen und Beamten betrachtet worden seien. Der Kläger sei als solider Beamter sodann auf Platz 13 der Reihung eingeordnet worden. Mit diesen Ausführungen übereinstimmend erläuterte auch der Zeuge … in für die Kammer widerspruchsfreier und überzeugender Weise, dass innerhalb der Reihung die Stärken und Schwächen der einzelnen Beamtinnen und Beamten des Statusamtes A8 betrachtet und der Kläger sodann auf Reihungsplatz 13 eingereiht worden sei. Auch sein unmittelbarer Vorgesetzter beschrieb den Kläger als fleißigen und guten Beamten, der auch bei Personalausfällen immer wieder eingesprungen sei. Die Platzierung des Klägers innerhalb der amtsinternen Reihung ist damit nach den übereinstimmenden und plausiblen Ausführungen der Anstaltsleiterin sowie des Zeugen … auf den innerhalb der Vergleichsgruppe anzustellenden Quervergleich zurückzuführen. Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehende Vergleichsgruppe von 28 Beamtinnen und Beamten im Statusamt A8 des allgemeinen Vollzugsdienstes nicht hinreichend groß und hinreichend homogen war, sind weder ersichtlich noch dargetan (vgl. dazu im Einzelnen: BVerwG, U.v. 24.11.2005 – 2 C 34/04 – BVerwGE 124, 364 – juris, Rn. 15; BayVGH, B.v. 14.8.2014 – 3 CE 14.377 – juris; U.v. 17.12.2015 – 3 BV 13.773 – juris, Rn. 17).
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Auch die von Beklagtenseite augenscheinlich weiter praktizierte Vorgehensweise, im Rahmen der Beurteilung das Gesamturteil nicht aus den vorher isoliert festgelegten Bewertungen der Einzelmerkmale zu entwickeln, sondern zunächst das Gesamturteil aufgrund einer Reihung der zu vergleichenden Beamtinnen und Beamten anhand eines vorgebebenen Richtwerts zu bilden und sodann die Einzelmerkmale im Hinblick auf die erfolgte Reihung zu bewerten, bevor der zuständige Beurteiler bzw. die zuständige Beurteilerin die abschließende Bewertung vornimmt, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung für rechtmäßig erachtet (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2015 – 3 CE 14.783 – juris, Rn. 63; U.v. 7.5.2014 – 3 BV 12.2594 – juris, Rn. 58).
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Grundsätzlich sind Eignung, Befähigung und fachliche Leistung in jedem Beurteilungszeitraum gesondert zu bewerten, unabhängig von der Vorbeurteilung (vgl. BayVGH, U.v. 12.11.2015 – 3 B 14.2012 – juris Rn. 23). Aus einer früheren Beurteilung mit einem bestimmten Beurteilungsprädikat ergibt sich kein Anspruch auf Zuerkennung eines besseren Gesamturteils, selbst dann nicht, wenn der Beamte seine Leistung im Beurteilungszeitraum gesteigert hat. Denn wie ein Beamter innerhalb der Vergleichsgruppe einzustufen ist, hängt nicht zuletzt davon ab, ob sich die Vergleichsgruppe zum vorangegangenen Beurteilungszeitraum verändert hat, das heißt ob möglicherweise leistungsstarke Beamte hinzugekommen sind oder ob bei anderen Beamten eine Leistungssteigerung oder ein Leistungsabfall zu verzeichnen ist. Selbst bei unverändert gebliebenen Leistungen kann es damit zu einer anderen Einschätzung kommen, ebenso wie eine Leistungssteigerung des einzelnen Beamten nicht zwangsläufig zu einer besseren Beurteilung führen muss, weil immer der Vergleich zu den übrigen Beamten der aktuellen Vergleichsgruppe zu ziehen ist (vgl. VG Bayreuth, U.v. 3.3.2015 – B 5 K 13.292 – juris, Rn. 33f.).
32
Das Werturteil der Beurteilerin wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass dem Kläger im Jahr 2015 eine Leistungsprämie zuerkannt worden ist. Gemäß Art. 67 des Bayerischen Besoldungsgesetzes (BayBesG) dient die Leistungsprämie der Anerkennung einer herausragenden besonderen (Einzel-)Leistung, wohingegen sich die angefochtene periodische Beurteilung auf Eignung, Leistung und Befähigung im gesamten dreijährigen Beurteilungszeitraum bezieht (vgl. VG München, U.v. 9.3.2004 – M 5 K 02.2635; U.v. 22.11.2013 – M 21 K 12.3799 – juris, Rn. 47; VG Bayreuth, U.v. 9.4.2013 – B 5 K 12.34 – juris, Rn. 26). Hier wurde dem Kläger die in Rede stehende Leistungsprämie bereits längere Zeit vor dem gegenständlichen Beurteilungszeitraum gewährt. Im Übrigen ist die Zuerkennung einer Leistungsprämie für die Bewertung eines viele Monate umfassenden Beurteilungszeitraums nicht zwingend vorprägend und schränkt den Beurteilungsspielraum des Beurteilers nicht dahingehend ein, dass die Beurteilung mit einer bestimmten Mindestnotenstufe abzuschließen hätte.
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bb) Weiterhin liegt auch hinsichtlich der Bewertung der Einzelmerkmale Nr. 2.1.2.8 (Umgang mit Gefangenen) und Nr. 2.3.1 (Fachkenntnisse) eine hinreichende Plausibilisierung vor.
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Zwar wurde die Leistung und Befähigung des Klägers in Bezug auf die vorgenannten Merkmale mit jeweils 9 Punkten bewertet, während ihm in der Vorbeurteilung 2017 noch je 11 Punkte zuerkannt worden waren. Allerdings haben sowohl die Anstaltsleiterin als auch der Zeuge im Rahmen der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, dass sich diese Bewertungen aus dem anzustellenden Quervergleich mit den anderen Beamtinnen und Beamten im Statusamt des Klägers ergaben. Dies erscheint, da jeweils das Leistungs- und Befähigungsbild in unterschiedlichen Zeiträumen mit verschiedenen Vergleichsgruppen zu berücksichtigen gewesen ist, plausibel. Ausgehend davon, dass die Beurteilung ein Bild von der Leistung, Befähigung und der Persönlichkeit des Beamten im Beurteilungszeitraum geben soll, braucht der Dienstherr Abweichungen in der Bewertung der Einzelmerkmale von einer früheren Beurteilung an sich nicht zu rechtfertigen (vgl. BayVGH, U.v. 22.12.1993 – 3 B 93.235 – juris, Rn. 20). Verbale Hinweise oder Erläuterungen zu den Einzelmerkmalen sind gemäß Art. 59 Abs. 1 Satz 5 LlbG lediglich dann vorzunehmen, wenn sich deren Bewertung gegenüber der letzten periodischen Beurteilung wesentlich verschlechtert hat oder bei denen sich die Bewertung auf bestimmte Vorkommnisse gründet. Beide Fälle liegen hier nicht vor.
35
Von einer wesentlichen Verschlechterung ist auszugehen, wenn die Punktzahl um wenigstens eine Punktegruppe unter der Bewertung in der letzten periodischen Beurteilung liegt und ihr damit – unter Zugrundelegung der Orientierungshilfe – eine andere verbale Bedeutung zukommt. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass eine Verschlechterung der Bewertung um lediglich einen Punkt marginal, eine Verschlechterung um zwei Punkte nicht wesentlich ist. Bei Anwendung einer 16-Punkte-Skala ist eine wesentliche Verschlechterung regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die Bewertung im Vergleich zur vorangegangen Beurteilung um drei oder mehr Punkte verschlechtert (vgl. Abschnitt 2, Ziffer 6.2.3 VV-BeamtR). Vorliegend stand mit einer Differenz von jeweils zwei Punkten somit bereits keine wesentliche Verschlechterung im Raum.
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Ein echter Erläuterungsbedarf besteht nach Art. 59 Abs. 1 Satz 5 LlbG weiterhin, wenn sich eine Bewertung auf bestimmte Vorkommnisse stützt. Es muss sich um bestimmte, einzeln zu benennende Vorkommnisse handeln, die nicht zum normalen Dienstablauf gehören. Beispiele hierfür sind dienstliche Verfehlungen, wie beispielsweise Streitigkeiten mit Kollegen, Verweigerung bestimmter Arbeiten oder unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst (vgl. Conrad in: Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, 226. Aktualisierung, Stand: Mai 2022, Art. 59 LlbG, Rn. 20 m.w.N.). Allerdings haben sowohl die Anstaltsleiterin als auch der Zeuge … in widerspruchsfreier und für die Kammer nachvollziehbarer Weise übereinstimmend geäußert, dass sich die Reihung und anschließende Bewertung des Klägers in den Einzelmerkmalen und im Gesamturteil nicht wesentlich auf bestimmte Vorkommnisse, insbesondere nicht auf die Weigerung des Klägers weiterhin als Sanitätsbeamter tätig zu sein, gestützt habe. Vielmehr verwiesen sie auf den im Beurteilungszeitraums entstandenen Gesamteindruck, im Rahmen dessen mehr als die klägerische Weigerung der Übernahme von Sanitätsaufgaben berücksichtigt worden sei, sowie den innerhalb der Vergleichsgruppe anzustellenden Quervergleich.
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Soweit der Kläger meint, die von ihm erbrachten Leistungen müssten ein besseres Gesamturteil nach sich ziehen, setzt er nicht zulässiger Weise seine Selbsteinschätzung an die Stelle der Bewertung durch die zuständige Beurteilerin. Nur diese und die Überprüfungsbehörde können jedoch die im Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen in Relation zu den Leistungen anderer Hauptsekretärinnen und -sekretäre im allgemeinen Vollzugsdienst setzen.
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cc) Ferner ist nicht ersichtlich, dass die zuständige Beurteilerin sachfremde Erwägungen angestellt hätte.
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Soweit der Kläger vorträgt, dass er mit den Bewertungen im Rahmen seiner periodischen Beurteilung 2020 für seine im Jahr 2018 geäußerte Weigerung weiterhin als Sanitätsbeamter tätig zu sein, sanktioniert worden sei, finden sich für diese Behauptung bereits keine belastbaren tatsächlichen Anhaltspunkte. Im Gegenteil äußerten sowohl die Anstaltsleiterin als auch der Zeuge, dass die Beurteilungen der maßgeblichen Vergleichsgruppe das Ergebnis einer Gesamtabwägung gewesen seien und einzelne Vorkommnisse auch hinsichtlich des Klägers insoweit keine wesentliche Rolle gespielt hätten. Im Übrigen wäre es nicht sachwidrig, wenn der zuständige Beurteiler im Rahmen einer periodischen Beurteilung berücksichtigt, dass sich der Beamte im Beurteilungszeitraum geweigert hat, Zusatzaufgaben zu übernehmen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger diesbezüglich auf die hohe medizinische Verantwortung, die mit der Tätigkeit des Sanitätsbeamten unstreitig verbunden sein dürfte, verweist. Denn der Kläger wurde für die Wahrnehmung dieser Zusatzaufgabe mit seinem Einverständnis auf Kosten seines Dienstherrn fortgebildet.
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dd) Schließlich bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass RARin … und die Anstaltsleiterin als Mitglieder der Beurteilungskommission keine eigenen Kenntnisse von den Leistungen des Klägers im Beurteilungszeitraum gehabt hätten.
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So erklärte die Anstaltsleiterin als zuständige Beurteilerin im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung, dass sie bereits seit 1993, als sie als Abteilungsleiterin in der Justizvollzugsanstalt … tätig gewesen war, der die Justizvollzugsanstalt … angegliedert gewesen sei, für letztere zuständig und mindestens einmal wöchentlich in … anwesend gewesen sei. Den Kläger kenne sie daher dienstlich seit seiner Versetzung an die Justizvollzugsanstalt … im Jahr 2007. Frau … sei seit 01.01.2019 in der Justizvollzugsanstalt … tätig.
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Damit bestehen schon keine Anhaltspunkte dafür, dass die zuständige Beurteilerin sich nicht aus eigener Anschauung ein Bild von der Eignung, Leistung und Befähigung des Klägers im gegenständlichen Beurteilungszeitraum machen konnte. Darüber hinaus ist eine persönliche Kenntnis des Beurteilers aufgrund eigener Anschauung schon nicht erforderlich. Auf welche Weise sich der Beurteiler seine Kenntnisse über den zu beurteilenden Beamten verschafft, liegt grundsätzlich in seinem Ermessen, wobei er jedoch Verfahrensvorschriften, insbesondere Richtlinien zur Erfüllung der dienstlichen Beurteilung zu beachten hat (BVerwG, U.v. 16.5.1991 – 2 A 4.90 – juris Rn. 17; BayVGH, U.v. 21.7.1982 – 3 B 81 A.2694 – juris; U.v. 7.5.2014 – 3 BV 12.2594 – juris Rn. 33). Dass vorliegend insoweit Verfahrensvorschriften der JuBeurteilBek verletzt worden wären, ist weder dargetan noch ersichtlich. Vielmehr legten sowohl die Anstaltsleiterin als auch der Zeuge nachvollziehbar dar, dass das Leistungs- und Befähigungsbild der Beamtinnen und Beamten der Vergleichsgruppe innerhalb der Beurteilungskommission erörtert wurde.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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II. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Kläger als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – dann allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht.