Titel:
kein individueller Klageanspruch auf Hinausschieben des Ruhestandseintritts, fehlende Klagebefugnis, Begründung des fehlenden dienstlichen Interesses
Normenkette:
BayBG Art. 63 Abs. 2 S. 1
Schlagworte:
kein individueller Klageanspruch auf Hinausschieben des Ruhestandseintritts, fehlende Klagebefugnis, Begründung des fehlenden dienstlichen Interesses
Fundstelle:
BeckRS 2022, 43476
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der am …1956 geborene Kläger begehrt mit seiner Klage das Hinausschieben seines Ruhestandseintritts um ein Jahr, konkret für den Zeitraum 01.10.2022 bis 30.09.2023.
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1. Der Kläger wurde mit Wirkung vom 01.10.1997 zunächst unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Professor (Besoldungsgruppe C2 BBesO) an der Fachhochschule … berufen. Sein Lehrgebiet umfasst den Bereich Wirtschaftswissenschaften mit dem Schwerpunkt in den Bereichen Unternehmensführung und Personalwirtschaft. Mit Urkunde vom 20.04.1999 wurde der Kläger in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Mit Verfügung vom 07.06.2001 wurde er bis zum Ende des Wintersemesters 2002/2003 zum Studienfachberater des Studiengangs Betriebswirtschaft bestellt. Vom 01.10.2002 bis 30.09.2005 wurde er zum Vizepräsidenten der Fachhochschule … ernannt. Mit Wirkung vom 01.12.2002 wurde er zum Professor der Besoldungsgruppe C3 für „Wirtschaftswissenschaften insbesondere mit den Schwerpunkten Unternehmensführung und Personalwirtschaft“ an der Fachhochschule … ernannt. Mit Wirkung vom 01.10.2005 bis einschließlich 30.09.2008 wurde er erneut zum Vizepräsidenten bestellt. Mit Verfügung des Präsidenten vom 15.03.2008 wurde der Kläger für die Zeit vom Sommersemester 2008 bis zum Ablauf des Wintersemesters 2010/2011 zum Vorsitzenden des Prüfungsausschusses ernannt.
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Mit E-Mail vom 09.08.2021 reichte der Kläger im Präsidialbüro der Fachhochschule … seinen Antrag auf Hinausschieben des Ruhestands um ein Jahr, betreffend den Zeitraum 01.10.2022 bis 30.09.2023, ein. Die Fortführung der Dienstgeschäfte liege im dienstlichen Interesse. Die Lehrkapazität in seinem Lehrgebiet sei angespannt. Die Professur werde genauso gebraucht und mit demselben Zuschnitt wieder neu besetzt. Es bestünden Schwierigkeiten bei einer adäquaten Neubesetzung. Es bestehe ein Personalbedarf für Abschlussarbeiten durch den Kläger. Der Kläger bereite die neue Studienrichtung Personal im Bachelor vor und erstelle die inhaltliche Konzeption dieser Vorlesungsreihe. Die Fortführung des Dienstes sei erforderlich zur Stabilisierung, Kontinuität und Qualitätssicherung des Vorlesungsangebots im Personalbereich im Bachelor.
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Mit E-Mail vom 07.07.2021 teilte ihm der Dekan der Fakultät Wirtschaft der Fachhochschule …, Prof. Dr. …, mit, dass ihn der Antrag des Klägers überrascht habe. Bei den bisherigen Planungen habe er immer darauf geachtet, den Einsatz des Klägers in den kommenden Semestern so zu gestalten, dass er unter Berücksichtigung eines Abbaus von Überstunden nach Ende des Sommersemesters 2022 mit einem ausgeglichenen Stundenkonto in den Ruhestand gehen könne. Des Weiteren habe er auch eine Wiederbesetzung der Professorenstelle zum Wintersemester 2022/23 bereits seit längerem geplant. Die Professur solle jedoch einen etwas anderen Zuschnitt erhalten. Vor dem Hintergrund des Ausscheidens des Kollegen … brauche man einen Ersatz für dessen englischsprachige Vorlesungen aus dem Bereich Personalmanagement. Dessen Nachfolge wiederum werde sich auf die Gebiete Internationales Management und Internationale Wertschöpfungsketten konzentrieren. Darüber hinaus müsse man auch die Kollegen aus dem Bereich Wirtschaftspsychologie entlasten. Diese würden derzeit englischsprachige Vorlesungen im Personalbereich übernehmen. Der oder die neu zu berufene Kollege/Kollegin solle auch das ein oder andere Modul aus dem Bereich Wirtschaftspsychologie übernehmen, da es sinnvoll sei, einen Austausch zwischen den Studiengängen zu gewährleisten. Im Zuge der Digitalisierung der Studiengänge plane man neue Module zum Thema „Digital Leadership und Transformation“. Hier mache es Sinn, für die Zukunft langfristig einen neuen Kollegen einzuplanen. Für die Übergangsphase freue man sich aber über eine Unterstützung des Klägers im Wege eines Lehrauftrags.
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Der Kläger erwiderte mit Schreiben vom 09.07.2021, dass man auf seine substantiiert vorgetragenen Fakten im Antwortschreiben vom 07.07.2021 nicht eingehe. Im Protokoll der Fakultätsratssitzung vom Frühjahr 2021 habe man noch beabsichtigt, die Professur genauso wieder zu besetzen. Der in der Vergangenheit betriebene radikale Abbau der Mehrstunden des Klägers sei gegen dessen Willen geschehen. In diesen Semestern habe man die geschätzten Kollegen der Wirtschaftspsychologie mit Personalvorlesungen beauftragt. Dadurch habe man unnötigerweise gerade für die nun bestehende Belastung in diesem Bereich gesorgt. Außerdem erfülle er gerade den zwischen den Studiengängen geplanten Austausch. Im Verlängerungszeitraum könne er zudem etliche der enorm viel anfallenden Abschlussarbeiten übernehmen. Damit entlaste er Kollegen. Hinsichtlich des langfristigen Einsatzes im Bereich neu zu schaffender Module wolle man ihm wohl durch die Verwendung von Anglizismen die Qualifikation und dienstliche Einsetzbarkeit absprechen. Durch diese Vorgehensweise würde die Einsatzfähigkeit der Fakultät Wirtschaft in besonderer Weise gefährdet. Eine Beschäftigung des Klägers im Wege von Lehraufträgen würde den vorhandenen Bedarf nicht decken.
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Mit internem Schreiben vom 12.07.2021 des Dekans der Fakultät Wirtschaft an den Präsidenten der Fachhochschule …, Professor Dr. Dr. h. c. …, teilte dieser seine ablehnende Haltung gegenüber dem Antrag des Klägers mit. Man gehe davon aus, die Stelle des Klägers zum Wintersemester 2022/23 mit einem neuen Kollegen besetzen zu können. Nach dem Ausscheiden des Klägers hätte man eine Kapazitätslücke im Bereich des Personalmanagements, daher sei eine Neu- bzw. Wiederbesetzung der Professur in diesem Fachbereich erforderlich. Vor dem Hintergrund der sich verändernden Studien- und Prüfungsordnungen sowie der Einführung neuer Studiengänge werde sich jedoch der Zuschnitt des Stellenprofils verändern. Man benötige langfristigen Ersatz für englischsprachige Vorlesungen aus dem Bereich des Personalmanagements. Man werde auch die Kollegen aus dem Bereich Wirtschaftspsychologie entlasten, die derzeit englischsprachige Vorlesungen im Personalbereich übernehmen würden. Der neu zu berufene Kollege solle auch das ein oder andere Modul aus dem Bereich der Wirtschaftspsychologie langfristig neu übernehmen. Für englischsprachige Personalveranstaltungen stehe der Kläger zudem schon bisher nicht zur Verfügung. Hinsichtlich der Konzepte im Rahmen der Digitalisierung bedürfe es einer längerfristigen Planung. Im Rahmen der akademischen Selbstverwaltung würden dem Kläger derzeit noch die Aufgaben des Vorsitzenden der Prüfungskommission sowie des Studienfachberaters für den wirtschaftlichen Zweig des Masterstudiengangs Personal und Arbeit obliegen. Das Amt des Vorsitzenden der Prüfungskommission habe er dem Kläger erst vor kurzem aufgrund eines organisatorisch bedingten Ämtertausches der Prüfungskommissionen übertragen. Nach dem Ausscheiden des Klägers würden diese Aufgaben dem derzeitigen Studiengangsleiter wieder übertragen. So sei dies in allen anderen Masterstudiengängen auch geregelt. Die Fortführung der Dienstgeschäfte durch den Kläger liege nicht im dienstlichen Interesse.
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Mit E-Mail vom 05.11.2021 wandte sich der Dekan erneut an den Kläger und führte unter Bezugnahme auf ein vorangegangenes persönliches Gespräch aus, dass er eine bestimmte Anzahl an Vorlesungen in den beiden nach Ruhestandseintritt liegenden Semestern übernehmen könne. Das Hinausschieben des Ruhestandes würde er jedoch nicht vornehmen. Diese Lösung sei auch mit dem Präsidenten so besprochen. Die für den Kläger geplante Auslastung könne man dadurch realisieren, dass man die ein oder andere Gruppeneinteilung mehr machen würde als unbedingt nötig wäre.
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Der Kläger erwiderte darauf mit E-Mail vom 11.11.2021, dass die Planungen inhaltlich und vom Umfang her ideal seien, dennoch beharre er auf dem Antrag vom 05.07.2021, da hierfür erforderlich sei, dass er im Hauptamt tätig sei.
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Mit Bescheid vom 18.11.2021 wurde der Antrag des Klägers auf Hinausschieben des Ruhestands abgelehnt. Voraussetzung für das Hinausschieben des Ruhestandseintritts auf Antrag des Beamten oder der Beamtin sei gemäß Art. 63 Abs. 2 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) das Vorliegen eines dienstlichen Interesses an der Fortführung der Dienstgeschäfte durch die antragstellende Person. Dieses liege in der Optimierung des Personaleinsatzes und des Geschäftsablaufs. Daher setze es einerseits einen Personalbedarf der Verwaltung und andererseits die persönliche Geeignetheit der antragstellenden Person zur Fortsetzung des aktiven Beamtenverhältnisses voraus. Erst wenn diese Voraussetzungen zu bejahen sein, sei der Ermessensrahmen für ein Hinausschieben des Ruhestands eröffnet. Ein solches Interesse bestehe nicht. Dienstliche Belange würden der Bewilligung des Antrags vielmehr entgegenstehen. Es sei geplant, die mit dem Ruhestandseintritt des Klägers freiwerdende Personalstelle zum Wintersemester 2022/2023 neu zu besetzen. Die Kapazitätsplanung der Fakultät zeige, dass nach dem Ausscheiden des Klägers zwar eine Kapazitätslücke im Bereich des Personalmanagements entstehen würde, ein Nachfolger solle jedoch signifikant veränderte Aufgaben wahrnehmen. Insbesondere werde er in erheblichem Umfang Lehrveranstaltungen und Prüfungen im Bereich des Personalmanagements auf Englisch abhalten. Entsprechende Aufgaben habe der Kläger an der Fachhochschule … bislang nicht wahrgenommen. In Bezug auf englischsprachige Vorlesungen bestehe bereits eine Lücke. Darüber hinaus plane man im Zuge der Ausrichtung der Studiengänge an den Anforderungen der Digitalisierung neue Module zum Thema „Digital Leadership und Transformation“. Diese innovativen Lehrangebote wolle man mit Kolleginnen und Kollegen entwickeln, die diese langfristig übernehmen könnten. Der Kläger habe außerdem bislang auch keine Lehraufgaben im Fachbereich Wirtschaftspsychologie abgedeckt. Diesen dargestellten Bedürfnissen müsse man baldmöglichst durch die Neuberufung eines entsprechend ausgewiesenen Hochschullehrers Rechnung tragen. Für den Fall, dass das geplante Berufungsverfahren vorübergehend erfolglos verlaufen sollte, könnten die bisher vom Kläger angebotenen Module notfalls von anderen Professorinnen und Professoren übernommen werden.
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2. Mit Schriftsatz vom 12.12.2021, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 13.12.2021, erhob der Kläger Klage mit dem Antrag den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheids vom 18.11.2021 den Ruhestandseintritt des Klägers um ein Jahr bis zum Ablauf des 30.09.2023 hinauszuschieben,
hilfsweise erneut über den Antrag des Klägers auf Hinausschieben des Ruhestandseintritts um ein Jahr vom 05.07.2021 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 18.11.2021 zu entscheiden.
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Zur Begründung führte der Kläger aus, dass in seinen Lehrgebieten für das Wintersemester 2022/23 und das Sommersemester 2023 von einer gravierenden Unterdeckung im Bereich der Lehre auszugehen sei (Personal -53%, Psychologie -21%, Schlüsselqualifikationen ca. -60%). Hierzu verweise er auf die dem Antrag vom 05.07.2021 beigefügte Tabelle des Dekans Prof. Dr. … vom 12.04.2021. Der Kläger erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen des Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG. Sowohl ein entsprechender Personalbedarf als auch die persönliche Geeignetheit des Klägers seien gegeben. Zusätzlich zum dargelegten Minus von bis zu 60% ergebe sich durch das Ausscheiden von Prof. Dr. … am Ende des laufenden Semesters ein weiteres Minus von 18 Semesterwochenstunden je Semester. Es existiere damit ein kurzfristig zu besetzender Bedarf in diesem Lehrgebiet von drei weiteren Professoren. Dies seien angewandte Psychologie mit Schwerpunkt kognitive Psychologie, Wirtschaftspsychologie mit den Schwerpunkten Gesundheits-, Entwicklungs- und Organisationspsychologie sowie Internationales Personalmanagement und Personalpsychologie. Kurzfristig eine Gewinnung von drei Professoren zu erreichen, sei unrealistisch. Der Dekan selbst weise auf die notwendige Entlastung der übrigen Kollegen hin. Zusätzliche 1,5 Stunden Lehrkapazität würden auch durch den Wegfall der klägerischen Tätigkeiten in der akademischen Selbstverwaltung entstehen. Die Funktionen müssten dann ja Kollegen übernehmen. Falsch sei, dass der Kläger bislang keine Lehraufgaben im Bereich Wirtschaftspsychologie abgedeckt habe. Im Sommersemester 2021 habe er in Wirtschaftspsychologie eine 4 LVS umfassende Vorlesung gehalten. Diese halte er nun erneut im aktuellen Semester. Da an der Vorlesung 100 Studierende teilnehmen würden, würden in kürzester Zeit 100 Abschlussarbeiten anfallen. Die vorhandenen zwei Professorinnen könnten dies nicht bewerkstelligen. Auch die neu eingerichtete Studienrichtung „Personalmanagement“ erfordere einen zusätzlichen Kapazitätsbedarf von 12 Semesterwochenstunden. Diese Studienrichtung sei maßgeblich durch den Kläger erstellt worden. Im Umfang der Vorlesungsstunden, die der Dekan dem Kläger im Rahmen eines Lehrauftrags angeboten habe, sei ein konkreter und dringender Bedarf gegeben. Die persönliche Geeignetheit liege auch vor, der Kläger erfreue sich bester Gesundheit. Es sei unzutreffend, dass sich die Aufgaben eines Nachfolgers signifikant zur bisherigen Aufgabe verändern sollten. Hierzu verweise er auf das Protokoll der Fakultät Wirtschaft vom Frühjahr 2021. Darin heißt es zutreffend, dass die Stelle des Klägers nahezu unverändert wiederbesetzt werden solle. Der Grund für die ablehnende Haltung des Dekans liege vielmehr auf der Beziehungsebene. In der Vergangenheit sei es zu mehreren Konflikten in sonstigen Bereichen zwischen dem Kläger und dem Dekan gekommen (unbegründete Wegnahme des langjährig ausgeübten Vorsitzes der Prüfungskommission Betriebswirtschaftslehre durch den Dekan, Einflussnahme des Dekans auf die Notengebung einer Lehrbeauftragten und Rüge dieses Verhaltens durch den Kläger in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Prüfungskommission, Dissonanzen beim internen Umzug seines Büros, Schneiden seiner Person durch Nichtinanspruchnahme seiner Expertise, unbegründete Wegnahme einiger Vorlesungen). Auch der Bedarf an englischsprachigen Vorlesungen sei lediglich ein untergeordneter Aspekt.
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Der Beklagtenvertreter beantragte mit Schriftsatz vom 28.01.2022
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom Kläger in Bezug genommene Tabelle lediglich hypothetische Unterdeckungen ausweise, die sich ergeben würden, wenn freie bzw. freiwerdende Planstellen nicht besetzt oder wiederbesetzt würden. Der Kläger habe zudem eine Professur für Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt in den Bereichen Unternehmensführung und Personalwirtschaft inne. Man wolle aber eine Professur für Internationales Personalmanagement und Personalpsychologie ausschreiben. Bei der Ausschreibung werde ausdrücklich auf die Abhaltung englischsprachiger Lehrveranstaltungen hingewiesen. Zudem müsse der neue Kollege auch im Bereich der Wirtschaftspsychologie lehren. Damit seien nicht betriebswirtschaftliche Lehrveranstaltungen gemeint, wie sie der Kläger im Bachelorstudiengang Wirtschaftspsychologie gehalten habe. Vielmehr gehe es um solche, die schwerpunktmäßig genuin wirtschafts-, insbesondere personalpsychologische Kompetenzen vermittelten. Derartige Veranstaltungen würden außerhalb der Dienstaufgaben des Klägers liegen. Unabhängig von den Fähigkeiten des Klägers, qualitativ angemessene Vorlesungen auf Englisch zu halten, gehöre dies nicht zur Funktionsbeschreibung seiner Stelle. Derartige Vorlesungen dürften auch nur Kollegen übertragen werden, deren entsprechende Fähigkeiten man in einem ordnungsgemäß durchgeführten Berufungsverfahren geprüft habe. Darüber hinaus wolle man die Entwicklung neuer Lehrangebote langfristig durchführen. Innovationssprünge mit einem zeitnah ausscheidenden Kollegen durchzuführen, ergebe keinen Sinn. Wie bereits erwähnt könne man die Stelle auch nur ausschreiben, wenn der Kläger ausscheide. Der Bedarf wäre im Zweifelsfalle auch deutlich geringer als vom Kläger beschrieben. Dies wird im Folgenden konkret ausgeführt. Die dem Kläger nach Absprache mit ihm angebotenen Lehraufträge würden keinen dringenden Bedarf an der Hochschule widerspiegeln, sie seien lediglich ein Angebot von Seiten der Hochschule zur Güte gewesen. Diese dürften ohnehin nur zur Ergänzung des Lehrangebots, nicht aber zu dessen Sicherstellung erteilt werden (Art. 31 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Hochschulpersonalgesetz – BayHSchPG).
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Mit Schriftsatz vom 21.02.2022 zeigte sich der Bevollmächtigte für den Kläger an und führte mit Schriftsatz vom 30.05.2022 weiter aus, dass ein dienstliches Interesse am Hinausschieben des Ruhestandseintritts des Klägers im Sinne des Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG bestehe. Dass ein Personalbedarf gegeben sei, ergebe sich zum einen aus der tabellarischen Aufstellung, die der Kläger seinem Antrag beigelegt habe. Außerdem habe man dem Kläger für das Wintersemester 2022/2023 mit insgesamt 16 Semesterwochenstunden und dem Sommersemester 2023 mit 14 Semesterwochenstunden entsprechende Lehraufträge angeboten. Diese seien langjährige Lehraufträge und fester Bestandteil des Pflicht-Curriculums und keine Ergänzung des Lehrangebots. In der Fakultätssitzung der Hochschule … am 11.05.2022 habe der Dekan betont, dass die Professur für angewandte Psychologie mit dem Schwerpunkt kognitive Psychologie und Personalpsychologie auch im Bereich Personal und Organisation einsetzbar sein soll. Daraus ergebe sich, dass alle zur Ausschreibung anstehenden Professuren herangezogen werden sollten, um die oben dargestellte kritische Unterdeckung des Lehrbedarfs zu mildern. Das entsprechende Berufungsverfahren habe zudem ein ergebnisloses Ende gefunden und die Professur müsse neu ausgeschrieben werden. Eine Besetzung zum Wintersemester 2022/23 sei somit nicht mehr möglich. Es würden keine besonderen widerstreitenden dienstlichen Interessen gegen die Fortsetzung des Dienstverhältnisses des Klägers sprechen. Die Professur solle nach Ruhestandseintritt des Klägers nahezu unverändert wiederbesetzt werden. Die in der Klageerwiderung getätigten Ausführungen würden im Widerspruch zu den Feststellungen des Dekans in der Sitzung der Fakultät Wirtschaft vom Frühjahr 2021 stehen. Bei der mit der Klagebegründung vorgelegten Ausschreibung der Professur für Internationales Personalmanagement und Personalpsychologie sei zu berücksichtigen, dass die Änderungen gegenüber der Ausschreibung, die der Berufung des Klägers zugrunde gelegen habe, keine Neuausrichtung darstellen würden, sondern die Beschreibung des Lehrstuhls unter Berücksichtigung der sich seitdem ergebenen Entwicklungen. Dies gelte insbesondere für das Angebot englischsprachiger Veranstaltungen. Es sei lediglich die Reaktion auf die inzwischen geänderten Anforderungen eines Hochschulstudiums. Die Anforderungen an das dienstliche Interesse im Sinne des Art. 63 Abs. 2 BayBG dürften zudem nicht so hoch gesetzt werden, weil anderenfalls kein Raum für einen praktischen Anwendungsbereich bliebe.
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Mit Schriftsatz vom 18.07.2022 trug die Beklagtenseite ergänzend vor, dass man von den drei erforderlichen Professuren lediglich die des Klägers nicht im ersten Anlauf habe besetzen können. Eine kritische Unterdeckung entstehe nicht, der bestehende Lehrbedarf könne durch vorhandene Kollegen sowie Lehraufträge abgedeckt werden. Der Kläger wäre für genuin psychologische Lehrveranstaltungen nicht einsetzbar. Zudem hätte es sich bei den dem Kläger angebotenen Vorlesungen durchaus um lediglich eine Ergänzung des Lehrangebots gehandelt. Dem stehe nicht entgegen, dass dies Pflichtmodule seien, da die Ergänzung auch darin bestehen könne, dass man Vorlesungen beispielsweise noch einmal zusätzlich anbiete, entweder um kleinere Gruppen zu ermöglichen oder um eine davon auf Englisch durchzuführen oder um eine nur einmal jährlich angebotene Vorlesung sowohl im Sommer- als auch im Wintersemester anbieten zu können.
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Die Beklagtenseite ergänzte ihr bisheriges Vorbringen abschließend mit Schriftsatz vom 19.07.2021 und führte darin weitergehend zu der Frage des neuen Zuschnitts des bei Ruhestandseintritt des Klägers frei werdenden Lehrstuhls aus. Sie legte zudem das Protokoll der Sitzung des Fakultätsrats vom 31.03.2021 vor, in dem unter Tagesordnungspunkt 11 die Kapazitätsplanung der Fakultät Wirtschaft thematisiert wurde. Der Dekan stellte laut Protokoll eine in der Anlage zum Protokoll befindliche Präsentation zur Kapazitäts- und Personalplanung der Fakultät Wirtschaft vor. Auf dessen Inhalt wird Bezug genommen.
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Die Klägerseite begründete abschließend mit Schriftsatz vom 21.07.2021, warum beim Beklagten ein Personalbedarf vorliege. In den vom Kläger regelmäßig betreuten Fachgebieten Personal, Psychologie und Schlüsselqualifikation/Sonstiges bestehe eine erhebliche Unterdeckung, die künftig wegen des ansteigenden Lehrbedarfs anwachsen werde. Dies bestätige auch die vom Beklagten zuletzt vorgelegte Anlage „Status Strategie und Kapazitätsplan der Fakultät Wirtschaft“. Frau …, die bereits nach dem Protokoll der Fakultätsratssitzung vom 31.03.2021 auf die großen Gruppen hingewiesen habe, sei nunmehr am 31.05.2022 verstorben, was eine weitere Unterdeckung von 19 Semesterwochenstunden mit sich bringe. Der Beschluss der Hochschulleitung vom 23.12.2021, in die Neuausschreibung der Professur des Klägers als weitere Einstellungsvoraussetzung „sehr gute englische Sprachkenntnisse“ aufzunehmen sei erst getroffen worden, nachdem der Kläger im streitgegenständlichen Verfahren Klage erhoben habe. Man versuche nun also Tatsachen zu schaffen, um die Rechtsposition des Klägers zu verändern. Die vom Kläger derzeit abgehaltenen Lehrveranstaltungen würden lediglich umetikettiert, ohne eine inhaltliche Umgestaltung zu erfahren.
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Für das übrige Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen. Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung, in der beide Beteiligte ihre schriftsätzlich gestellten Anträge wiederholten, wird auf das Protokoll vom 26.07.2022 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist bereits unzulässig und hätte auch in der Sache keinen Erfolg.
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I. Der Kläger hat gegen den Beklagten aus Art. 63 Abs. 2 BayBG weder einen Anspruch auf Hinausschieben des Ruhestandseintritts noch einen Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Bescheids vom 18.11.2022 und erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
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1. Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG. Danach kann, wenn die Fortführung der Dienstgeschäfte im dienstlichen Interesse liegt, der Eintritt in den Ruhestand auf Antrag über die gesetzlich festgesetzte Altersgrenze für eine bestimmte Frist, die jeweils ein Jahr nicht übersteigen darf, hinausgeschoben werden, höchstens jedoch um drei Jahre oder bei sonst gesetzlich festgesetzten Altersgrenzen höchstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres; der Antrag soll spätestens sechs Monate vor Erreichen der gesetzlich festgelegten Altersgrenze gestellt werden. Zuständig für die Entscheidung darüber ist gemäß Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG die Behörde, die für die Ruhestandsversetzung zuständig ist.
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2. Die Klage ist bereits unzulässig, weil die Vorschrift des Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG kein subjektives, einklagbares Recht vermittelt. Dem Kläger mangelt es somit bereits an der erforderlichen Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO.
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Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
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Genau diese Möglichkeit eröffnet Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG jedoch nicht. Die Vorschrift dient allein der Wahrung öffentlicher Interessen und vermittelt dem einzelnen Beamten keine klagefähigen Individualrechte.
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Diese Auffassung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits in einer grundsätzlichen Entscheidung (BayVGH, B.v. 8.2.1993 – 3 CE 93.204, BeckRS 1993, 120775, beck-online m.w.N.) zur insoweit inhaltsgleichen Vorschrift des § 41 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) a.F. mit ausführlicher Begründung vertreten. Nach § 41 Abs. 1 BBG a.F. trat der Beamte auf Lebenszeit mit dem Ende des Monats in den Ruhestand, in dem er das 65. Lebensjahr vollendete. Der Eintritt in den Ruhestand konnte gemäß § 41 Abs. 2 BBG auf Antrag des Beamten, wenn es im dienstlichen Interesse lag, über das vollendete 65. Lebensjahr hinaus um eine bestimmte Frist, die jeweils ein Jahr nicht übersteigen durfte, hinausgeschoben werden, jedoch nicht länger als bis zum vollendeten 68. Lebensjahr. Auch bei dieser Vorschrift handelte es sich bereits um eine Ermessensvorschrift, wie sich aus der Formulierung „kann“ ergibt. Damit ergab sich aber bereits nach dieser Vorgängerregelung allenfalls ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Individualrechte waren nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs dennoch nicht ableitbar. Zur Begründung führte er aus:
„Auch der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung setzt aber voraus, dass die das Ermessen einräumende Regelung – § 41 Abs. 2 BBG – zumindest auch dem Interesse des Beamten zu dienen bestimmt ist […]. Nach Auffassung des Senats gewährt § 41 Abs. 2 BBG dem Beamten kein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung. Der Beamte wird zwar durch das von ihm beantragte Hinausschieben des Ruhestands tatsächlich begünstigt; es handelt sich dabei jedoch um einen Rechtsreflex des § 41 Abs. 2 BBG zugunsten des Beamten, der allein die Zuweisung einer geschützten Rechtsposition nicht zu begründen vermag […]. Nach Wortlaut und Zweck dient § 41 Abs. 2 BBG allein dem Schutz öffentlicher Interessen. § 41 Abs. 2 BBG fordert neben dem Antrag des Beamten als alleinige Tatbestandsvoraussetzung für das Hinausschieben des Ruhestands über die Vollendung des 65. Lebensjahres, dass dies im öffentlichen Interesse liegt. Die Belange des Allgemeinwohls betreffen dabei insbesondere die mögliche Kostensenkung für den Bereich der Beamtenversorgung und die effektive Personalwirtschaft […]. § 41 Abs. 2 BBG dient deshalb ausschließlich der Wahrung staatlicher oder innerbehördlicher Interessen am Hinausschieben des Ruhestands. Hinweise darauf, dass dem Beamten die Berechtigung eingeräumt werden sollte, die Verlängerung seiner aktiven Dienstzeit verlangen zu können, enthält diese Vorschrift nicht […]. Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 41 Abs. 2 BBG ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass den Individualinteressen des Beamten Bedeutung beigemessen werden sollte. Denn der ursprüngliche Entwurf dieser Vorschrift, der dem Beamten die Berechtigung geben wollte, das Hinausschieben des Ruhestands zu verlangen, erhielt im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens die jetzige Fassung, nach der allein die öffentlichen Interessen im Vordergrund stehen. Nach der ursprünglichen Formulierung des Gesetzentwurfs konnte der Ruhestand auf Antrag des Beamten hinausgeschoben werden, „soweit dienstliche Belange nicht entgegenstehen.“ Dies spricht mehr für einen Anspruch des Beamten auf fehlerfreie Ermessensentscheidung über das Hinausschieben des Ruhestands. Dagegen wird durch die Gesetz gewordene Textfassung, der Ruhestand kann „im öffentlichen Interesse hinausgeschoben werden“, allein den allgemeinen Belangen Bedeutung beigemessen. Schon nach den Gesetzesmaterialien zum ursprünglichen Entwurf sollte zudem […] die beabsichtigte Regelung den Folgen der abnehmenden Quote der erwerbstätigen Bevölkerung entgegenwirken und eine der Rentenstrukturreform adäquate Kostensenkung der Versorgungshaushalte bewirkt werden. Die endgültige Fassung hatte den Zweck, das Allgemeininteresse zum Nutzen einer effektiven Personalwirtschaft sogar noch stärker zu betonen (vgl. BT-Drs. 11/5372, S. 17; BT-Drs. 12/1455, S. 61). Das nach § 41 Abs. 2 BBG dem Beamten eingeräumte Antragsrecht ist kein Indiz dafür, dass er berechtigt sein sollte, die Verlängerung der aktiven Dienstzeit zu verlangen […]. Durch die Mitwirkungsbedürftigkeit des Beamten sollte vielmehr nur sichergestellt werden, dass die gesetzliche Altersgrenze der Vollendung des 65. Lebensjahres nach § 41 Abs. 1 BBG für den Eintritt in den Ruhestand nicht gegen den Willen des Beamten hinausgeschoben wird, auch wenn dafür ein dienstliches Interesse besteht. Es steht deshalb im Belieben des Beamten, auf die feste Altersgrenze des § 41 Abs. 1 BBG zu „verzichten“ […]. Das Antragsrecht ist deshalb kein Indiz dafür, dass das der Behörde eingeräumte Ermessen unter Berücksichtigung auch der Belange des Beamten ausgeübt werden soll. Dafür spricht auch die grundsätzliche Beibehaltung der festen Altersgrenze nach § 41 Abs. 1 BBG für den Beginn des Ruhestands. Die Regelung geht nicht nur von einem erfüllten Berufsleben mit Vollendung des 65. Lebensjahres aus […], sondern es sollen auch Unsicherheiten und mögliche Rechtsstreitigkeiten über die Dienstfähigkeit des Beamten vermieden werden. Wollte man § 41 Abs. 2 BBG in dem Sinn verstehen, dass die Vorschrift auch den Individualrechten des Beamten zu dienen bestimmt ist, würde der Zweck der festen Altersgrenze unterlaufen werden und an deren Stelle grundsätzlich eine auf Antrag des Beamten von Fall zu Fall festzusetzende Altersgrenze treten, weil die Behörde bei ihrer Entscheidung über das Hinausschieben des Ruhestands nicht nur das Allgemeinwohl, sondern auch die individuellen Belange des Beamten berücksichtigen müsste. Diese weitgehende Aufgabe der festen Altersgrenze für den Ruhestand des Beamten lässt sich aber weder dem Wortlaut und dem Zweck der Vorschriften entnehmen, noch entspricht sie – wie ausgeführt wurde – dem Willen des Gesetzgebers. Der Einführung der festen Altersgrenze nach § 41 Abs. 1 BBG liegt vielmehr ein fingiertes dienstliches Interesse am Eintritt des Ruhestands des Beamten mit Vollendung des 65. Lebensjahres zugrunde. Auch im Hinblick auf diesen Charakter als Ausnahmevorschrift zur absoluten Altersgrenze spricht deshalb alles dafür, dass § 41 Abs. 2 BBG als Regelung eines objektiven Rechtszustands und nicht als Individualschutznorm auszulegen ist […]. Zudem hat die Antragsgegnerin ein weites Organisationsermessen bei der Einschätzung des Personalbedarfs, auf den es für die Beurteilung des öffentlichen Interesses am Hinausschieben des Ruhestands ankommt. Die Auswahl unter den für die Verlängerung der aktiven Dienstzeit in Betracht kommenden Beamten kann der Dienstherr deshalb auch auf personalpolitische Erwägungen stützen. Dieser allein am öffentlichen Interesse orientierten Auswahlmöglichkeit stünde ein Anspruch des Beamten auf fehlerfreie Ermessensausübung des Dienstherrn entgegen. Auch die Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) kann der Beamte nicht rügen, weil der Dienstherr ihm gegenüber den Gleichheitssatz grundsätzlich nur dann berücksichtigen muss, wenn er ihm gegenüber auch zur fehlerfreien Ermessensausübung verpflichtet ist […]. Die Verneinung des Individualrechtsschutzes des Beamten durch § 41 Abs. 2 BBG verstößt nicht gegen das substantielle Recht eines jeden auf effektiven tatsächlich wirkenden Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG). Art. 19 Abs. 4 GG garantiert einen effektiven Individualrechtsschutz gegen Eingriffe der öffentlichen Gewalt, sagt aber nichts aus über das Bestehen von materiellen Rechten und Ansprüchen, sondern setzt diese voraus […]. Der Ausschluss des Individualrechtsschutzes bedeutet zudem nicht, dass sich der Beamte nicht auch gegen reine Willkürentscheidungen der öffentlichen Gewalt oder absichtliche Benachteiligungen zur Wehr setzen kann […]. Davon kann indes bei der angefochtenen Entscheidung der Antragsgegnerin keine Rede sein.“
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Dafür, dass diese Auffassung auch für die hier maßgebliche Regelung weiterhin Gültigkeit besitzt, spricht – neben dem insoweit inhaltsgleichen Regelungsgehalt – auch die Gesetzesbegründung zur damals schon wortgleichen Vorgängerregelung zu Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG (Art. 55 Abs. 4 BayBG a.F., vgl. LT-Drs. 13/4222). Bereits die Schilderung der Problemstellung zeigt, dass der Gesetzgeber sowohl bei der Anhebung der Regelaltersgrenze als auch bei der Regelung zum Hinausschieben des Ruhestands auf Antrag lediglich öffentliche Interessen im Blick hatte:
„Ein modernes Dienstrecht erfordert die Flexibilisierung der freiwilligen Weiterarbeit über die gesetzliche Regelaltersgrenze hinaus. […] Der Bayerische Ministerrat hat am 07. März 1995 einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Modernisierung des öffentlichen Dienstrechtes beschlossen. Das Ziel dieser Dienstrechtsreform ist auch die Reduzierung der Versorgungslasten. Die Zahl der bayerischen Versorgungsempfänger wird bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 1992 etwa um 117% zunehmen. Das bedeutet, dass sich die Ausgaben für die Versorgung im Jahr 2030 gegenüber 1992 real etwas mehr als verdoppeln werden. Der bayerische Staatshaushalt muss daher entlastet werden. In Anbetracht einer Personalkostenquote von ca. 43% müssen alle Einsparungspotentiale genutzt werden. Die Anhebung der Antragsaltersgrenze trägt zu einer Verlängerung der durchschnittlichen Lebensarbeitszeit und zu einer Verringerung der Versorgungslasten bei. […] Die Inanspruchnahme der Neuregelung über die freiwillige Weiterarbeit bis (längstens) zur Vollendung des 68. Lebensjahres führt zu Einsparungen von rd. 300.000 DM pro Fall. Die insgesamt zu erwartenden Einsparungen lassen sich im Voraus nicht abschätzen, weil die Zahl der Beamten, die von der Neuregelung Gebrauch machen werden, nicht quantifizierbar ist.“ Der Entwurf sah als Wortlaut für Art. 55 Abs. 4 Satz 1 daher folgende Fassung vor (vgl. LT-Drs. 13/4222, S. 7): „Wenn die Fortführung der Dienstgeschäfte im dienstlichen Interesse liegt, kann der Eintritt in den Ruhestand auf Antrag des Beamten über das 65. Lebensjahr oder über eine sonst gesetzlich festgesetzte Altersgrenze für eine bestimmte Frist, die jeweils ein Jahr nicht übersteigen darf, hinausgeschoben werden, höchstens jedoch bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres und bei sonst gesetzlich festgesetzten Altersgrenzen um nicht mehr als insgesamt zwei Jahre; der Antrag soll spätestens sechs Monate vor Vollendung des 65. Lebensjahres oder einer sonst gesetzlich festgelegten Altersgrenze gestellt werden.“ Zur Begründung (vgl. LT-Drs. 13/4222 S. 12) wird ausgeführt, dass es weiteres Ziel des Gesetzes sei, die sog. Antragsaltersgrenze für Beamte und Richter von 62 Lebensjahren auf 63 Lebensjahre anzuheben. Die Anhebung der Antragsaltersgrenze zunächst um ein Jahr sei als ein erster Schritt anzusehen, die Lebensarbeitszeit sukzessive zu erhöhen. Die Notwendigkeit dieser Maßnahme sei vor dem Hintergrund der prognostizierten Entwicklung der erwerbsfähigen Bevölkerung und der steigenden Lebenserwartung zu sehen. Eine weitere Anhebung bzw. die Abschaffung der Antragsaltersgrenze bleibe nach dem von der Bayerischen Staatsregierung am 07.03.1995 beschlossenen Maßnahmenkatalog erklärter Reformwille, werde aber davon abhängig gemacht, welche Erfolge insbesondere mit dem vom Bund geplanten Vorziehen des Versorgungsabschlags sowie anderer flankierender Maßnahmen im Versorgungsbereich gemacht würden. Aus finanzieller Sicht solle die Anhebung der Antragsaltersgrenze den bayerischen Staatshaushalt entlasten und insbesondere dem Anwachsen der Versorgungslasten entgegenwirken. In Anbetracht eines Personalkostenanteils von rund 43% müssten alle Einsparungspotentiale genutzt werden. Bereits hier wird also lediglich auf die staatlichen Bedürfnisse als Begründung für die Anhebung der Altersgrenzen und die Möglichkeit, den Ruhestandseintritt auf Antrag hinausschieben zu können, abgestellt. Individuelle Bedürfnisse einzelner Beamter finden in der Gesetzesbegründung zur bayerischen Regelung also keine Erwähnung.
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Auch die Gesetzesbegründung zur aktuellen und hier maßgeblichen Fassung des Art. 63 BayBG legt keine Änderung der dargelegten Rechtsauffassung nahe. In der neuen Fassung des Art. 63 BayBG wurde auf die Anhebung der Regelaltersgrenzen Bezug genommen. Um weiterhin ein Hinausschieben des Ruhestandseintritts in der bisherigen Form zu gewährleisten, mussten konsequenterweise die diesbezüglichen Höchstaltersgrenzen entsprechend der Regelung für die allgemeinen Altersgrenzen angehoben werden (LT-Drs.16/3200, S. 571). Die aktuelle Version verzichtet nunmehr auf die Angabe konkreter Lebensjahre und bestimmt einheitlich, dass ein Hinausschieben maximal drei Jahre über die Regelaltersgrenze hinaus zulässig sei. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass trotz der Änderung im Wortlaut im Vergleich zur Vorgängerregelung damit aber keine materielle Rechtsänderung verbunden sei (LT-Drs.16/3200, S. 571).
28
Diese Auffassung wird schließlich konsequenter Weise auch in der Literatur geteilt:
„Wenn ein dienstliches Interesse an der Fortführung der Dienstgeschäfte durch den antragstellenden Beamten besteht, steht die Entscheidung über das Hinausschieben des Ruhestandseintritts ausweislich des Gesetzeswortlauts („kann“) im Ermessen der zuständigen Behörde. Es besteht aber auch kein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung. Dafür müsste die das Ermessen einräumende Regelung zumindest auch dem Interesse des Beamten zu dienen bestimmt sein. Nach Wortlaut und Zweck dient Art. 63 Abs. 2 allein dem Schutz öffentlicher Interessen. Die Belange des Allgemeinwohls betreffen dabei insbesondere die mögliche Kostensenkung für den Bereich der Beamtenversorgung und die effektive Personalwirtschaft. Der Beamte ist zwar durch das von ihm beantragte Hinausschieben des Ruhestands tatsächlich begünstigt; es handelt sich dabei jedoch um einen Rechtsreflex des Art. 63 Abs. 2 zugunsten des Beamten, der allein die Zuweisung einer geschützten Rechtsposition nicht zu begründen vermag. Hinweise darauf, dass dem Beamten die Berechtigung eingeräumt werden sollte, die Verlängerung seiner aktiven Dienstzeit verlangen zu können, enthält Art. 63 Abs. 2 nicht. Auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass den Individualinteressen des Beamten Bedeutung beigemessen werden sollte (LT-Drs. 13/4222). Das dem Beamten eingeräumte Antragsrecht ist kein Indiz dafür, dass er berechtigt sein sollte, die Verlängerung der aktiven Dienstzeit zu verlangen. Vielmehr sollte dadurch sichergestellt werden, dass der Ruhestandseintritt nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze nach Art. 63 nicht gegen den Willen des Beamten hinausgeschoben wird, auch wenn dafür ein dienstliches Interesse besteht. Dafür spricht auch die grundsätzliche Beibehaltung der festen Altersgrenze im Beamtenrecht.“ (BeckOK BeamtenR Bayern/Weißgerber/Maier, 25. Ed. 1.4.2022, BayBG Art. 63 Rn. 18, 19 m.w.N.). Gegen die Vermittlung einer individuellen Klagebefugnis durch Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG spricht schließlich ein Vergleich mit den Regelungen anderer Bundesländer bzw. des Bundes zum Hinausschieben des Ruhestandseintritts. Alle Beamtengesetze enthalten Regelungen zum Hinausschieben des Ruhestandseintritts. Dabei wird für das Hinausschieben des Ruhestandseintritts auf Antrag des Beamten entweder das Vorliegen eines dienstlichen Interesses oder das Nichtentgegenstehen dienstlicher Interessen verlangt. Mittlerweile sehen zahlreiche Beamtengesetze in bestimmten Fällen (z.B. wenn das Ruhegehalt, das der Beamte bei Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichen der Altersgrenze erhalten würde, nicht die Höchstgrenze erreicht) einen gebundenen Anspruch des Beamten auf das Hinausschieben des Ruhestandseintritts vor (BeckOK BeamtenR Bayern/Weißgerber/Maier, 25. Ed. 1.4.2022, BayBG Art. 63 Rn. 21). Ein Beispiel für eine Vorschrift, in der explizit für bestimmte Konstellationen ein Anspruch des Beamten auf Hinausschieben des Ruhestandseintritts statuiert wird, stellt § 53 Abs. 1a BBG dar. Danach ist dem Antrag des Beamten auf Hinausschieben des Ruhestandseintritts zu entsprechen, wenn die Beamtin oder der Beamte familienbedingt teilzeitbeschäftigt oder beurlaubt nach § 92 gewesen ist (Nr. 1a), Familienpflegezeit nach § 92a in Anspruch genommen hat (Nr. 1b) oder Pflegezeit nach § 92b in Anspruch genommen hat (Nr. 1c), das Ruhegehalt, das sie oder er bei Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze erhalten würde, nicht die Höchstgrenze erreicht (Nr. 2), die Arbeitszeit mindestens die Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beträgt (Nr. 3) und dienstliche Belange einem Hinausschieben nicht entgegenstehen (Nr. 4). Eine solche Regelung enthält die hier maßgebliche bayerische Norm jedoch gerade nicht, vielmehr hebt sie lediglich auf das dienstliche Interesse an der Fortführung der Dienstgeschäfte – also das öffentliche und nicht ein Individualinteresse – ab.
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Nach alledem ist bereits eine entsprechende Klagebefugnis des Klägers zu verneinen.
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3. Unbeschadet der Frage der Zulässigkeit hat die Klage auch in der Sache keinen Erfolg, denn es bestehen weder in formeller noch in materieller Hinsicht Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids.
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a) Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
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(1) Der Kläger hat seinen Antrag ordnungsgemäß und rechtzeitig gestellt. Dass er diesen in Form einer E-Mail gestellt hat, ist dabei unschädlich. Eine besondere Form ist für den Antrag nicht vorgeschrieben. Aus Beweiszwecken empfiehlt sich die Schriftform. Der Antrag soll spätestens sechs Monate vor Erreichen der gesetzlich festgelegten Altersgrenze gestellt werden (Art. 63 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BayBG). Diese Frist dient dienstlichen Belangen und soll der Verwaltung ermöglichen, sich rechtzeitig auf eine längere Dienstzeit des Beamten und deren Folgen für die Personalwirtschaft einzustellen (BeckOK BeamtenR Bayern/Weißgerber/Maier, 25. Ed. 1.4.2022, BayBG Art. 63 Rn. 10). Für Professoren gilt für die Antragstellung eine längere Frist von einem Jahr vor Erreichen der gesetzlich festgelegten Altersgrenze nach Art. 10 Abs. 4 des Bayerischen Hochschulpersonalgesetzes – BayHSchPG). Mit seiner E-Mail vom 09.08.2021 hat der Kläger diese Anforderungen erfüllt.
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(2) Der Präsident der Fachhochschule … war für die Ablehnung des Antrags auch zuständig. Zuständig für die Entscheidung über den Antrag ist gemäß Art. 63 Abs. 2 S. 2 BayBG, Art. 71 Abs. 1 BayBG i.V.m. Art. 18 BayBG grundsätzlich die Ernennungsbehörde. Die Ernennungszuständigkeit für staatliche Beamte ist in Art. 18 BayBG und nach Art. 18 Abs. 1 S. 4 HS.2 BayBG ergangenen Rechtsverordnungen geregelt. Im Bereich der Hochschulen ist für Ernennungen und damit auch für Anträge wie den streitgegenständlichen der Präsident der Hochschule zuständig, vgl. Art. 63 Abs. 2 Satz 2, Art. 71 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 BayBG, Art. 18 Abs. 10 Satz 1 BayHSchPG, § 16 Abs. 1 Satz 1 Hochschulabweichungsverordnung – HschAbwV.
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(3) Der angefochtene Bescheid ist auch mit einer hinreichenden Begründung versehen, die die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe erkennen lässt, die den Präsidenten der Fachhochschule … zu seiner Entscheidung bewogen haben (vgl. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes – BayVwVfG). Zwar enthält der Bescheid keine Ermessenserwägungen, jedoch weist der Beklagte im angefochtenen Bescheid darauf hin, dass er sich der Tatsache bewusst sei, dass es sich bei der Vorschrift des Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG um eine Ermessensvorschrift handle. Gleichzeitig legt er jedoch dar, dass Ermessenserwägungen erst anzustellen seien, wenn die entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt seien und begründet in der Folge ausführlich, warum dies aus Beklagtensicht nicht der Fall sei.
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(4) Eine Beteiligung des Personalrats war im streitgegenständlichen Fall nicht erforderlich. Gemäß Art. 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (BayPVG) hat der Personalrat zwar grundsätzlich beim Hinausschieben des Ruhestandseintritts mitzubestimmen. Das gilt sowohl für den Fall des Hinausschiebens auf Initiative der zuständigen Behörde als auch auf Initiative des Beamten (BeckOK BeamtenR Bayern/Weißgerber/Maier, 25. Ed. 1.4.2022, BayBG Art. 63 Rn. 20). Vorliegend ist jedoch der Ausnahmetatbestand des Art. 78 Abs. 1 Nr. 6 BayPVG i.V.m. Art. 2 des Bayerischen Hochschulpersonalgesetzes gegeben. Nach Art. 78 Abs. 1 Nr. 6 BayPVG ist der Personalrat nicht zu beteiligen, wenn es sich bei dem von einer Personalentscheidung Betroffenen um einen sonstigen Beschäftigten mit vorwiegend wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeit handelt oder wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter und Lehrkräfte für besondere Aufgaben (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 und 4 und Abs. 2 Nr. 4 BayHSchPG). Der Kläger, der Inhaber einer Professorenstelle an der Fachhochschule … ist, ist in dieser Funktion Teil des wissenschaftlichen Personals, weil gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayHSchPG zum hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personal die Professoren und Professorinnen gehören. Bei der angefochtenen Maßnahme war eine Personalratsbeteiligung daher nicht erforderlich.
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Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 18.11.2021 ist somit formell rechtmäßig.
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b) Der angefochtene Bescheid ist darüber hinaus auch in materiellrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Ein dienstliches Interesse des Beklagten an der Fortführung der Dienstgeschäfte durch den Kläger gemäß Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG besteht nicht, eine Ermessensentscheidung war daher nicht erforderlich.
38
Voraussetzung für das Hinausschieben des Ruhestandeintritts auf Initiative des Beamten ist das Vorliegen eines dienstlichen Interesses an der Fortführung der Dienstgeschäfte durch den Beamten. Persönliche Interessen des Beamten (z.B. längerer Bezug der Aktivbezüge, Herstellung der Ruhegehaltsfähigkeit eines höheren Amtes) sind unbeachtlich. Die Anforderungen an das dienstliche Interesse sind geringer als beim Hinausschieben auf Initiative des Dienstherrn gem. Art. 63 Abs. 1 BayBG („zwingende dienstliche Rücksichten”). Das dienstliche Interesse liegt in der Optimierung des Personaleinsatzes und des Geschäftsablaufs. Es setzt deshalb Personalbedarf der Verwaltung und persönliche Geeignetheit des Beamten zur Fortsetzung des Beamtenverhältnisses voraus (vgl. nur BayVGH, B.v. 25.9.2008 – Az.: 3 AE 08.2500, BeckRS 2008, 28430, Rn. 17; BeckOK BeamtenR Bayern/Weißgerber/Maier, 25. Ed. 1.4.2022, BayBG Art. 63 Rn. 6-8).
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(1) Die persönliche Geeignetheit des Klägers wird von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen.
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Zur persönlichen Geeignetheit gehört insbesondere eine Prognose über die Dienstfähigkeit des Beamten über die Altersgrenze hinaus. Hier bestehen weder nach dem Vortrag der Beteiligten Anhaltspunkte dafür, noch ergibt sich aus den Akten ein Hinweis darauf, dass der Kläger diese Voraussetzung nicht erfüllen könnte.
41
(2) Vorliegend mangelt es jedoch zur Überzeugungsgewissheit des Gerichts am Vorliegen eines dienstlichen Interesses der Beklagtenseite an einer Verlängerung der Dienstzeit des Klägers.
42
Das „dienstliche Interesse“ für ein Hinausschieben des Ruhestandseintritts ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der dem Dienstherrn einen Beurteilungsspielraum einräumt (BayVGH, B.v. 25.9.2008 – Az.: 3 AE 08.2500, BeckRS 2008, 28430, beck-online Rn. 17). Die Entscheidung des Dienstherrn über das Vorliegen eines dienstlichen Interesses an der Fortführung der Dienstgeschäfte kann daher vom Verwaltungsgericht nur eingeschränkt überprüft werden. Prüfungsgegenstand sind das Vorliegen sachfremder Erwägungen bzw. Willkür und Abweichungen von der allgemeinen Verwaltungspraxis zum Nachteil des Beamten (VG Ansbach, U. v. 12.7.2018 – AN 1 K 17.01359, BeckRS 2018, 22372 Rn. 33, beck-online). Mit Blick auf das BBG wird auch die Meinung vertreten, dass dienstliche Interessen auch entgegenstehende allgemeine Interessen sein können, wie z.B. das Interesse der Allgemeinheit am Freiwerden von Stellen wegen hoher Arbeitslosigkeit. Das kann allerdings nicht für Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG gelten. Dort wird das dienstliche Interesse ausdrücklich in Beziehung zur Fortführung der Dienstgeschäfte gesetzt, während es im Bundesbeamtengesetz keine sachliche Einschränkung erfährt (§ 53 Abs. 1 S. 1 BBG „wenn dies im dienstlichen Interesse liegt”) (BeckOK BeamtenR Bayern/Weißgerber/Maier, 25. Ed. 1.4.2022, BayBG Art. 63 Rn. 6-8). Beispielhaft wurde in der Rechtsprechung in folgenden Konstellationen das Vorliegen eines dienstlichen Interesses bejaht: Ein (mit-)betreutes Projekt kann vom Beamten nicht vor dessen regulärem Ruhestandseintritt abgeschlossen werden, die Nachfolge des Beamten bedarf intensiver Einarbeitung über dessen regulären Ruhestandseintritt hinaus, ein geeigneter Nachfolger steht nicht zur Verfügung und die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben kann einstweilig nur durch die Weiterbeschäftigung des betroffenen Beamten sichergestellt werden.
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Dagegen wurde in den folgenden Fällen das Vorliegen entgegenstehender dienstlicher Interessen angenommen: Wunsch der Verwaltung auf Neubesetzung im Interesse der fortwährenden Innovation der Verwaltung, Interesse an einem ausgewogenen Altersaufbau, Interesse an der Erhöhung der Chancen für Berufsanfänger angesichts eines Bewerberüberhangs, Störung einer vernünftigen Personaldisposition, sehr knappe Antragsstellung, durch die bereits getroffene Personaldispositionen nicht mehr geändert werden können und Realisierung eines vorgegebenen Stellenabbaus (vgl. zum Ganzen BeckOK BeamtenR Bayern/Weißgerber/Maier, 25. Ed. 1.4.2022, BayBG Art. 63 Rn. 6-8 m.w.N.).
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Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Beklagten, den Ruhestandseintritt des Klägers nicht hinauszuschieben, nicht zu beanstanden, da die Entscheidung auf sachgerechte Gründe gestützt ist. Hinweise – wie vom Kläger beanstandet –, dass die Entscheidung lediglich von persönlichen Missstimmungen des Dekans der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät in Bezug auf den Kläger getragen sein soll, haben sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nicht ergeben.
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Bereits in seinem ersten per E-Mail an den Kläger gerichteten Antwortschreiben auf dessen Antrag hin hat der Dekan der Fakultät Wirtschaft mit E-Mail vom 07.07.2021 erläutert, dass er eine Wiederbesetzung der Professorenstelle des Klägers zum Wintersemester 2022/23 schon seit längerem geplant habe. Die Professur solle jedoch einen etwas anderen Zuschnitt erhalten. Vor dem Hintergrund des Ausscheidens des Kollegen … brauche man einen Ersatz für dessen englischsprachige Vorlesungen aus dem Bereich Personalmanagement. Dessen Nachfolge wiederum werde sich auf die Gebiete Internationales Management und Internationale Wertschöpfungsketten konzentrieren. Darüber hinaus müsse man auch die Kollegen aus dem Bereich Wirtschaftspsychologie entlasten. Diese würden derzeit englischsprachige Vorlesungen im Personalbereich übernehmen. Der oder die neu zu berufene Kollege/Kollegin solle auch das ein oder andere Modul aus dem Bereich Wirtschaftspsychologie übernehmen, da es sinnvoll sei, einen Austausch zwischen den Studiengängen zu gewährleisten. Im Zuge der Digitalisierung der Studiengänge plane man neue Module zum Thema „Digital Leadership und Transformation“. Hier mache es Sinn, für die Zukunft langfristig einen neuen Kollegen einzuplanen. In einer internen E-Mail an den Präsidenten der Fachhochschule … vom 12.07.2021 führte er ergänzend im Hinblick auf die vom Kläger im Rahmen der akademischen Selbstverwaltung bekleideten Ämter weiter aus, dass auch hier eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit dem Kläger nicht erforderlich sei. Zwar würden dem Kläger derzeit noch die Aufgaben des Vorsitzenden der Prüfungskommission sowie des Studienfachberaters für den wirtschaftlichen Zweig des Masterstudiengangs Personal und Arbeit obliegen. Nach dem Ausscheiden des Klägers würden diese Aufgaben aber wie in allen anderen Masterstudiengängen dem derzeitigen Studiengangsleiter wieder übertragen.
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Der Beklagte hat dann im angefochtenen Bescheid diese bereits von Seiten der Fakultät Wirtschaft dem Kläger gegenüber dargelegten Motive nochmals aufgearbeitet und an den gesetzlichen Vorgaben des Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBG gemessen. Auch dies ist in der Sache nicht zu beanstanden und lässt auch nicht den Schluss auf sachfremde Erwägungen zu. Insbesondere findet sich kein Hinweis darauf, dass man die Ausrichtung des neu zu besetzenden Lehrstuhls auf Vorlesungen in englischer Sprache bewusst nach Klageerhebung so festgelegt habe, um ein Argument für die Ungeeignetheit des Klägers zu konstruieren. Der Dekan der Fakultät Wirtschaft, Prof. Dr. …, hat in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass in den letzten Jahren ein kontinuierlicher Rückgang an Studierenden – nicht nur an der Fachhochschule … – zu verzeichnen sei und zumindest aus dem Ausland noch in hoher Zahl Studierende akquiriert werden könnten. Dadurch ergebe sich auch der zwingende Bedarf an einer englischsprachigen Ausrichtung des künftigen Lehrangebots. Dass die Hochschule zudem im Zuge der immer weiter voranschreitenden Digitalisierung ein Interesse daran hat, den aktuellen Erfordernissen durch entsprechende Anpassung des Lehrangebots zu begegnen und dabei neue Konzepte mit längerfristig zur Verfügung stehenden Kollegen zu initiieren, ist ein nicht zu beanstandendes dienstliches Interesse der Beklagtenseite. Der Beklagtenvertreter hat zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth ergänzend den bestehenden Bedarf an Lehrangeboten und das vom Kläger dargelegte Defizit an Vorlesungen in einen nachvollziehbaren Gesamtkontext zum kontinuierlichen Rückgang der Studierendenzahlen der letzten Jahre gerückt. So stelle ein derzeitiger – möglicherweise zu verzeichnender – leichter Anstieg der Studierendenzahlen keinen Überhang an Studienanfängern dar, der nur durch eine Verlängerung der Dienstzeit des Klägers abgefangen werden könnte. Dies zeige u.a. die Tatsache, dass man den Bewerbungszeitraum erneut verlängert habe, weil gerade noch nicht ausreichend Bewerbungen eingegangen seien, um dauerhaft das gesamte Spektrum an Veranstaltungen gewährleisten zu können. Unbeschadet dessen sei zu berücksichtigen, dass eine Steigerung der Zahlen der Studienanfänger nicht zwingend mit einem Bedarf an der Weiterführung der klägerischen Diensttätigkeit in Zusammenhang stehe, weil nicht automatisch vom Kläger unterrichtete Fächer bei dem noch ausstehenden Bedarf an Lehrveranstaltungen betroffen seien.
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Schließlich führte der Beklagtenvertreter bereits in Punkt 6 der Klageerwiderung unter Berücksichtigung der vom Kläger erhobenen Einwände und Berechnungen eines durch sein Ausscheiden entstehenden Vorlesungsdefizits dezidiert und nachvollziehbar aus, dass dieses nicht in dem Umfang entstehen würde, den der Kläger errechnet habe. Dies gelte selbst für den Fall, dass – wie zwischenzeitlich geschehen – der frei werdende Lehrstuhl nicht im ersten Anlauf neu besetzt werden könne. Hier führt die Beklagtenseite detailliert aus, wie das vorübergehend dadurch entstehende Defizit aufgefangen werden soll. Das Gericht verzichtet in diesem Punkt auf eine genauere Betrachtung des Konzepts des Beklagten, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankommt. Diesbezüglich ist nämlich zu berücksichtigen, dass ohnehin die Problematik, einen neuen Lehrstuhl möglicherweise nicht im ersten Anlauf besetzen zu können, kein Argument für eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit dem Kläger darstellen könnte, weil diese Problematik jeder neuen Lehrstuhlvergabe immanent ist und nicht mit einem dienstlichen Interesse gerade an der Fortsetzung der klägerischen Tätigkeit in Zusammenhang steht.
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Zusammengefasst führen die von der Beklagtenseite dargelegten Umstände dazu, dass für diese zur Überzeugungsgewissheit des Gerichts kein dienstlicher Bedarf an der Fortsetzung der dienstlichen Tätigkeit des Klägers besteht. Insbesondere die veränderte konzeptionelle Gestaltung des Lehrangebots u.a. mit einem Schwerpunkt der Weiterentwicklung des englischsprachigen und des digitalen Lehrangebots ist als legitimes behördliches Interesse in der Rechtsprechung unzweifelhaft anerkannt. Dies umfasst ebenso das Bestreben, die Umgestaltung von Anfang an mit einem längerfristig verfügbaren Kollegen anzugehen, um so Reibungsverluste durch einen personellen Wechsel kurz nach Beginn der Umstrukturierung möglichst zu vermeiden. Rechtlich unerheblich ist daher die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Kläger in der Lage wäre, ein über sein bisheriges Wirken hinausgehendes Spektrum an Vorlesungstätigkeit (etwa auf Englisch) anzubieten. Ein Hinweis darauf, dass die ablehnende Entscheidung von willkürlichen oder persönlichen Gründen getragen sein könnte, hat sich im Verfahren nicht ergeben. Im Gegenteil zeigen weitere Äußerungen wie in der Mail des Dekans an den Kläger vom 05.11.2021, dass es von Beklagtenseite ein Bemühen gibt, dem Kläger in wohlwollendem Entgegenkommen die zumindest teilweise Fortsetzung seiner Vorlesungstätigkeit zu ermöglichen, wenn er ausführt: „Die für den Kläger geplante Auslastung könnte man dadurch realisieren, dass man die ein oder andere Gruppeneinteilung mehr machen würde als unbedingt nötig wäre.“
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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II. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Kläger als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
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III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – dann allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht, zumal dieser auch die Rückzahlung garantieren kann, sofern in der Sache eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen sollte.