Titel:
Konkurrenteneilverfahren, fehlende Dokumentation der Auswahlerwägungen, keine hinreichende Möglichkeit in einem weiteren Auswahlverfahren ausgewählt zu werden
Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 123 Abs. 1 S. 1
Schlagworte:
Konkurrenteneilverfahren, fehlende Dokumentation der Auswahlerwägungen, keine hinreichende Möglichkeit in einem weiteren Auswahlverfahren ausgewählt zu werden
Fundstelle:
BeckRS 2022, 43469
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert wird auf 17.713,08 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin wendet sich im Wege der einstweiligen Anordnung gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Dienstposten als Teamleiterin bzw. Teamleiter Dublin (m/w/d) im Referat 32F, Dublinzentrum …, mit dem Beigeladenen zu besetzen.
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Die Antragsgegnerin veröffentlichte am 31.03.2021 eine Stellenausschreibung unter der Kennziffer …, mit welcher sie eine Teamleiterin bzw. einen Teamleiter Dublin (m/w/d) Referat 32F, Dublinzentrum … in … suchte. Die Tätigkeit ist mit der Besoldungsgruppe A 13g BBesO bzw. Entgeltgruppe 12 TV EntGO Bund bewertet. Die Besetzung sollte gemäß den Verfahrensgrundsätzen zur Besetzung von spitzbewerteten Dienstposten erfolgen (vgl. Verwaltungsakte Bl. 45ff.). Bewerbungsberechtigt waren Beamtinnen und Beamte des gehobenen Dienstes sowie vergleichbare Tarifbeschäftigte. Es gingen auf die Ausschreibung neun formal geeignete Bewerbungen ein, darunter die der Antragstellerin und die des Beigeladenen. Die Bewerbungsfrist endete am 14.04.2021.
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Die am …1977 geborene Antragstellerin steht als Regierungsamtsrätin in der Funktion einer Sachbearbeiterin Dublin im Dienste der Antragsgegnerin. Sie wurde zum 01.01.2021 befördert und befindet sich seitdem in der Besoldungsgruppe A12. Aus ihrer Regelbeurteilung in der Besoldungsgruppe A11 mit dem Stichtag 01.06.2020 für den Beurteilungszeitraum vom 01.03.2018 bis zum 31.05.2020 geht die Gesamtnote 7 von 9 hervor.
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Der Beigeladene ist Tarifbeschäftigter in der Entgeltgruppe E11. Aus seiner Anlassbeurteilung für den Zeitraum vom 11.01.2020 bis zum 14.04.2021 geht die Gesamtnote 8 von 9 hervor.
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Aus einem undatierten Schreiben der Antragsgegnerin (Verwaltungsakte Bl. 39), das nach den Bewerbungsgesprächen vom 06. und 13.09.2021 gefertigt wurde, ergeben sich Erwägungen für die Auswahl des Beigeladenen. Nach Auswertung der Beurteilungsnoten im Zusammenhang mit den Besoldungs- und Entgeltgruppen wurden Vorstellungsgespräche – ohne die Antragstellerin – geführt. Daraus ging der Beigeladene als geeigneter Besetzungskandidat hervor. Ihm sollte der Dienstposten vor endgültiger Übertragung für eine Erprobungszeit von sechs Monaten zugewiesen werden. Die Antragsgegnerin sah aufgrund der Zustellung des Eilantrags davon ab, weitere Schritte hinsichtlich der Besetzung zu unternehmen und den Personalrat sowie die Gleichstellungsbeauftragte zu beteiligen.
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Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 17.09.2021, das der Antragstellerin laut Zustellungsurkunde am 25.09.2021 zuging (Verwaltungsakte Bl. 35f.), wurde ihr mitgeteilt, dass ihrer Bewerbung nicht habe entsprochen werden können. Das Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
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Mit Schriftsatz vom 01.10.2021 wandte sich die Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die beabsichtigte Besetzung der Stelle mit dem Beigeladenen. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 21.12.2021 – B 5 E 21.1080 wurde der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Stelle einer Teamleiterin bzw. eines Teamleiters Dublin (m/w/d) im Referat 32F Dublinzentrum … am Dienstort … mit dem Beigeladenen zu besetzen, bevor nicht über die Bewerbung der Antragstellerin bestandskräftig entschieden worden ist. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die seitens der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin nach Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) verletze, da sie zulasten der Antragstellerin auf nicht vergleichbaren Regel- und Anlassbeurteilungen beruhe. Da die Auswahlentscheidung über die Bewerbung der Antragstellerin frühestens im September 2021 getroffen worden sei, habe sie sich im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung länger als sechs Monate in ihrem neuen, höheren Statusamt als Regierungsamtsrätin in der Besoldungsgruppe A12 befunden, welches sie am 01.01.2021 angetreten habe. Daher sei ausweislich Ziffer 2.2 Abs. 1 der einschlägigen Beurteilungsrichtlinie, mit der sich die Antragsgegnerin selbst gebunden habe, eine Anlassbeurteilung für die Antragstellerin zu fertigen gewesen.
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Darüber hinaus wandte sich die Antragstellerin unter dem 28.10.2021 im Wege des Widerspruchs gegen ihre Absage. Mit Bescheid vom 01.04.2022 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Widerspruch gegen das Schreiben der Antragsgegnerin vom 17.09.2021 unstatthaft sei, da die der Ernennung vorgelagerte Auswahlentscheidung sowie deren Bekanntgabe keine Verwaltungsakte darstellten. Zudem sei der Widerspruch auch mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig gewesen. Da das einstweilige Rechtsschutzverfahren in Konkurrentenangelegenheiten die Funktion eines Hauptsacheverfahrens übernehme und deshalb nach Prüfungsumfang, -maßstab und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleibe, sei die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht mehr erforderlich.
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Unter dem 15.03.2022 wurde der Antragstellerin eine Anlassbeurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 01.06.2020 bis 22.10.2021 ausgehändigt, die im Gesamturteil auf 6 Punkte lautete.
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Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 06.05.2022 erhob die Antragstellerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth (B 5 K 22.470). Nachdem die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 21.06.2022 mitteilte, dass eine neue Auswahlentscheidung getroffen worden sei, erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt. Mit Beschluss vom 18.07.2022 wurde das Klageverfahren eingestellt.
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Mit Schreiben vom 08.06.2022 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin erneut mit, dass ihrer Bewerbung nicht habe entsprochen werden können.
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Gegen diese Negativmitteilung erhob die Antragstellerin mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 21.06.2022 Widerspruch. Mit Schreiben vom 23.06.2022 teilte die Antragsgegnerin dem Antragstellerbevollmächtigten mit, dass sie die Stelle trotz des Beschlusses des VG Bayreuth vom 21.12.2021 – B 5 E 21.1080 besetzen wolle.
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Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23.06.2022, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, beantragt die Antragstellerin im Wege der einstweiligen Anordnung,
der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, die Stelle des Teamleiters/der Teamleiterin Dublin (Stellenausschreibung …*) mit einem anderen Bewerber zu besetzen, bevor nicht über die Bewerbung der Antragstellerin bestandskräftig entschieden worden ist.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass die streitgegenständliche Verfügung vom 08.06.2022 noch nicht bestandskräftig sei. Eine anderweitige Besetzung der Stelle sei noch nicht erfolgt. Mit der förmlichen Übertragung des Dienstpostens, die noch während der Dauer und vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu befürchten sei, wäre nach dem Grundsatz der Ämterstabilität eine Übertragung des Dienstpostens an die Antragstellerin nicht mehr möglich. Ergänzend wird mit Schriftsatz vom 14.07.2021 vorgetragen, dass nach Durchsicht des Besetzungsvorgangs nicht zu erkennen sei, auf welcher Grundlage die Entscheidung getroffen worden sei. Nach dem stattgefundenen einstweiligen Rechtsschutzverfahren (B 5 E 21.1080) habe sich ergeben, dass die bisherige Auswahlentscheidung fehlerhaft gewesen sei. Die Antragsgegnerin habe der Antragstellerin mit Negativmitteilung vom 08.06.2021 eröffnet, dass ihrer Bewerbung nicht habe entsprochen werden können. Dies stelle den Abschluss des Auswahlverfahrens dar. Dem Besetzungsvorgang sei unter Blatt 38 zwar die alte, dem o.g. einstweiligen Rechtsschutzverfahren zugrunde liegende Auswahlentscheidung zu entnehmen, eine neue Auswahlentscheidung mit einem entsprechenden Auswahlvermerk lasse sich aber nicht erkennen. Das Fehlen eines solchen Auswahlvermerks, dem sich die wesentlichen Auswahlgründe entnehmen lassen müssten, mache die gesamte Auswahlentscheidung rechtswidrig. Sie könne auch entsprechend § 114 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht mehr nachgeschoben werden, auch nicht unter dem Aspekt des § 45 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liege ein unheilbarer Mangel vor, wenn die personalauswahltreffende Stelle ihre wesentlichen Auswahlerwägungen überhaupt nicht dokumentiert habe. Dies sei hier der Fall. Für die Antragstellerin sei zwar eine Anlassbeurteilung bis zum Beurteilungsstichtag 22.10.2021 eingeholt worden. Dabei sei allerdings schon nicht erkennbar, wie es zu diesem Stichtag gekommen sei. Er erscheine willkürlich. Inwiefern für den Beigeladenen eine Anlassbeurteilung eingeholt worden sei, die den entsprechenden Beurteilungszeitraum abbilde, lasse sich der Akte ebenfalls nicht entnehmen. Es sei davon auszugehen, dass dies nicht der Fall sei. Insofern sei auch nicht nachvollziehbar, inwiefern die unterschiedlichen Beurteilungszeiträume in die Auswahlentscheidung miteingeflossen seien.
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Mit Schriftsatz vom 23.06.2022 sicherte die Antragsgegnerin zu, dass die verfahrensgegenständliche Stelle bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Eilverfahrens nicht besetzt wird.
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Mit Beschluss vom 27.06.2022 wurde der erfolgreiche Bewerber zum Verfahren beigeladen, der sich zum Verfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt hat.
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Mit Schriftsatz vom 29.07.2022 beantragt die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.
18
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Antragsgegnerin das Stellenauswahlverfahren nach dem Beschluss des VG Bayreuth vom 21.12.2021 – B 5 E 21.1080 wiederholt und eine Anlassbeurteilung für die Antragstellerin erstellt habe, in der sie die Gesamtnote 6 erhalten habe. Da die Note entsprechend der Verfahrensgrundsätze für spitzenbewertete Dienstposten erneut nicht ausgereicht habe, habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 08.06.2022 wiederum eine Absage erhalten. Der Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin sei nicht verletzt, da die Auswahlentscheidung auf einem rechtlich nicht zu beanstandenden Leistungsvergleich beruhe. Nach Ziffer 2.2 Abs. 1 Spiegelstrich 5 Alt. 1 der Beurteilungsrichtlinie seien Anlassbeurteilungen für Tarifbeschäftigte zu erstellen, wenn dies bei Auswahlentscheidungen für höherwertige Dienstposten, sofern sie in Konkurrenz zu Beamtinnen und Beamten stünden, geboten sei. Demnach sei für den Beigeladenen als Tarifbeschäftigten eine Anlassbeurteilung erstellt und dabei der Beurteilungszeitraum vom 11.01.2020 bis 14.04.2021 zugrunde gelegt worden. Für die Antragstellerin sei in Umsetzung des vorgenannten Beschlusses des VG Bayreuth nach Ziffer 2.2 Abs. 1 Spiegelstrich 6 Alt. 2 der Beurteilungsrichtlinie ebenfalls eine Anlassbeurteilung erstellt und dabei der Zeitraum vom 01.06.2020 bis 22.10.2021 betrachtet worden. Die Zeiträume der Anlassbeurteilungen seien in zeitlicher Hinsicht miteinander vergleichbar. Fehlten vergleichbare periodische Beurteilungen, setze eine am Leistungsgrundsatz orientierte Auswahlentscheidung voraus, dass die maßgeblichen äußeren Kriterien einer Vergleichbarkeit so weit wie möglich eingehalten seien, dabei ergebe sich der Beurteilungszeitraum einer Anlassbeurteilung aus ihrem Zweck. Vorliegend habe die Antragsgegnerin mit der für die Antragstellerin erstellten Anlassbeurteilung eine höchstmögliche Vergleichbarkeit der Beurteilungszeiträume hergestellt. Denn der „Überlappungszeitraum“ der beiden Beurteilungen betrage ca. 10,5 Monate (01.06.2020 bis 14.04.2021). Dieser Zeitraum decke damit ca. 70% des Beurteilungszeitraums des Beigeladenen und ca. zwei Drittel des Beurteilungszeitraums der Antragstellerin ab. Im Übrigen ergäben sich die für die Antragsgegnerin maßgeblichen Umstände für die Entscheidung aus der entsprechenden Vorlage an die Gremien (vgl. Bl. 38ff. der Verwaltungsakte).
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Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
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1. Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, gegebenenfalls bereits vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert wird. § 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist von der Antragstellerin glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Ist die geltend gemachte materielle Rechtsposition grundsätzlich sicherungsfähig, hängt die Bejahung eines Anordnungsanspruchs regelmäßig davon ab, welche Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren bestehen. Die gerichtliche Überprüfung der hier streitgegenständlichen Auswahlentscheidung ist im Hauptsacheverfahren verfassungsrechtlich unbeanstandet grundsätzlich darauf beschränkt, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über die Bewerbung entschieden hat. Dagegen kann die unterlegene Bewerberin von dem unwahrscheinlichen Fall einer Reduzierung des Beurteilungsspielraumes bzw. des Ermessens auf Null abgesehen unter Berufung auf Art. 33 Abs. 2 GG nicht gerichtlich feststellen lassen, dass sie an Stelle des ihr vorgezogenen Konkurrenten hätte ausgewählt werden müssen. Streitgegenstand ist mithin nicht ein möglicher Anspruch auf den fraglichen Dienstposten, sondern allein das dahinter zurückbleibende Recht auf fehlerfreie Entscheidung über die Bewerbung. Wird dieses subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass die unterlegene Beamtin eine erneute Entscheidung über ihre Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn ihre Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, das heißt wenn ihre Auswahl möglich erscheint. Derselbe Maßstab wie im Hauptsacheverfahren ist auch anzulegen, wenn die bei der Auswahl eines Beförderungsbewerbers unterlegene Beamtin verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz zur vorläufigen Sicherung ihres Anspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG begehrt. Da hier effektiver Rechtsschutz letztlich nur im Wege einer einstweiligen Anordnung zu leisten ist, dürfen die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen der unterlegenen Bewerberin im Hauptsacheverfahren gefordert werden könnte (BVerfG, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 -BayVBl 2003, 240 – juris Rn. 14).
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a) Zwar hat die Antragstellerin einen Anordnungsgrundgrund, das heißt die besondere Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung, glaubhaft gemacht. Denn eine Besetzung des Dienstpostens mit dem Beigeladenen steht unmittelbar bevor. Obgleich der Grundsatz der Ämterstabilität bei Tarifangestellten keine Anwendung findet, führt das arbeitsrechtliche Verhältnis gegenüber einem Tarifbeschäftigten zu einer vergleichbaren Situation, in der die Antragsgegnerin rechtlich gebunden ist und sich an der Vergabe der streitbefangenen Stelle festhalten lassen muss. Der Grundsatz der Vertragsbindung führt im Arbeitsrecht ebenso wie der Grundsatz der Ämterstabilität im beamtenrechtlichen Bereich dazu, dass die Stellenbesetzung nicht ohne weiteres rückgängig gemacht und der betreffende Dienstposten neu besetzt werden kann (BayVGH, B.v. 20.05.2008 – 3 CE 08.702 – juris Rn. 49; VG München, B.v. 13.04.2012 – M 21 E 11.5419 – juris Rn. 33; B.v. 6.7.2016 – M 5 E 16.2127 – juris Rn. 18f.).
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b) Allerdings hat die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
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Zwar ist die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin im vorliegenden Fall offensichtlich fehlerhaft Denn das Gebot effektiven Rechtsschutzes erfordert, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch die unterlegene Bewerberin und gegebenenfalls durch das Gericht zu ermöglichen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich die unterlegene Bewerberin durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird die Mitbewerberin in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob sie die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung ihrer Bewerbung bestehen und sie daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG. Es würde die Rechtsschutzmöglichkeiten der Betroffenen in unzumutbarer Weise mindern, könnte der Dienstherr die jeweiligen Auswahlerwägungen auch noch erstmals im Rahmen des gerichtlichen Eilverfahrens darlegen. Der unterlegenen Bewerberin ist es insbesondere nicht zuzumuten, die Auswahlentscheidung ihres Dienstherrn gewissermaßen „ins Blaue hinein“ in einem gerichtlichen Eilverfahren angreifen zu müssen, um überhaupt nur die tragenden Erwägungen dieser Entscheidung (etwa im Rahmen der Antragserwiderung) zu erfahren. Eine vollständige Nachholung oder Auswechselung der Ermessenserwägungen erst während des gerichtlichen Verfahrens würde im Übrigen auch den Grundsätzen widersprechen, welche die Rechtsprechung (unter anderem des Bundesverwaltungsgerichts) zur Vorschrift des § 114 Satz 2 VwGO aufgestellt hat (vgl. zum Ganzen etwa BVerfG, B.v. 25.11.2015 – 2 BvR 1461/15 – NJW 2016, 309 = juris Rn. 14, 17; BVerwG, B.v. 20.11.2012 – 1 WB 4.12 – BVerwGE 145, 102 = juris Rn. 27; B.v. 24.2.2022 – 1 WB 40/21 – juris Rn. 34f.; OVG NW, B.v. 9.2.2021 – 6 B 1240/20 – juris Rn. 9; B.v. 22.5.2018 – 6 B 88/18 – juris Rn. 9; B.v. 10.2.2016 – 6 B 33/16 – NVwZ 2016, 868 = juris Rn. 8).
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Vorliegend hat die Antragsgegnerin zwar im Nachgang des Beschlusses des VG Bayreuth vom 21.12.2021 – B 5 E 21.1080 das Auswahlverfahren ausweislich ihrer eigenen Ausführungen im Schriftsatz vom 21.06.2022 im Klageverfahren B 5 K 22.470 wiederholt und für die Antragstellerin im Hinblick auf ihre mehr als sechsmonatige Zuordnung zu einem höheren Statusamt eine Anlassbeurteilung gemäß Ziffer 2.2 (Spiegelstrich 6) der Richtlinie für die Beurteilung von Beamtinnen und Beamten im Geschäftsbereich des BMI (ohne Bundespolizei) vom 07.04.2017 erstellt. Allerdings wurden die Auswahlerwägungen der neuerlich getroffenen Auswahlentscheidung nicht dokumentiert. Dem vorgelegten Verwaltungsvorgang ist weiterhin lediglich das undatierte Schreiben mit Auswahlerwägungen zu entnehmen, welches bereits der ersten, nunmehr aufgehobenen Auswahlentscheidung zugrunde lag (vgl. Bl. 38ff. der Verwaltungsakte).
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Damit ist die Auswahlentscheidung wiederum defizitär. Verletzt die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin die Antragstellerin somit in ihren durch Art. 33 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich garantierten Bewerbungsverfahrensanspruch, folgt daraus allerdings nicht bereits ein Anspruch auf fehlerfreie (Neu-)Entscheidung über die Bewerbung. Ein solcher Anspruch besteht nur dann, wenn die Aussichten der unterlegenen Beamtin, beim nächsten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d.h. wenn ihre Auswahl möglich erscheint (vgl. zum Erfordernis der hinreichenden Wahrscheinlichkeit BVerfG, B.v. 4.2.2016 – 2 BvR 2223/15 -NVwZ 2016, 764 Rn. 86 sowie BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 12.14 – BVerwGE 151, 333, Rn. 27 für sekundärrechtliche Ansprüche).
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Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Zum einen liegt eine hinreichende Vergleichbarkeit der Anlassbeurteilungen der Konkurrenten vor (dazu unter aa). Zum anderen erscheint die Auswahl der Antragstellerin unter Zugrundelegung des Leistungsgrundsatzes auch im Rahmen einer neuerlichen Auswahlentscheidung nicht hinreichend wahrscheinlich (dazu unter bb).
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aa) Die Anlassbeurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen sind hinreichend vergleichbar. Es gibt keinen Rechtssatz, dass dienstliche Beurteilungen hinsichtlich Beurteilungszeitraum und Stichtag stets und „absolut“ gleich sein müssen. Die „höchstmögliche“ Vergleichbarkeit ist ein Optimierungsziel, das immer nur soweit wie möglich angestrebt werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – BVerwGE 165, 305 Rn. 58). Auch soweit in der – nicht einheitlichen – Kasuistik der obergerichtlichen Rechtsprechung in Konkurrentenstreitverfahren darauf abgestellt wird, dass die Beurteilung jedes Bewerbers auch im Verhältnis zu den Mitbewerbern hinreichend aktuell sein muss (vgl. etwa OVG NW, B.v. 8.6.2006 – 1 B 195/06 – juris Rn. 5; VGH BW, B.v. 15.3.2007 – 4 S 339/07 – IÖD 2007, 244/246; NdsOVG, B.v. 4.9.2008 – 5 ME 291/08 – NdsRpfl 2008, 376/377), gilt auch diese Forderung nicht absolut. Denn ein Beurteilungssystem, das nicht nur Regelbeurteilungen, sondern in bestimmten Fallgestaltungen ergänzend Anlassbeurteilungen vorsieht, nimmt zwangsläufig unterschiedliche Beurteilungszeiträume und unterschiedliche Aktualisierungsgrade der Beurteilungen einer Auswahlentscheidung in Kauf. Solche Unterschiede sind aus Praktikabilitätsgründen hinzunehmen, solange ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage dieser Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach Bestenauslesegrundsätzen möglich bleibt (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – BVerwGE 165, 305 Rn. 59; OVG NW, B.v. 26.1.2009 – 6 B 1594/08 – ZBR 2009, 273/274; OVG RP, B.v. 2.7.2014 – 10 B 10320/14 – NVwZ-RR 2014, 809/810).
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Die höchstmögliche Vergleichbarkeit von Regelbeurteilungen wird grundsätzlich durch den gemeinsamen Stichtag und den gleichen Beurteilungszeitraum erreicht. Bei Anlassbeurteilungen stellt sich die Frage, ob sich die Beurteilungszeiträume decken oder in erheblicher Weise divergieren, indes in anderer Weise als bei Regelbeurteilungen. Regelbeurteilungen sollen Aussagen über die Leistung der Beurteilten nicht nur punktuell, sondern in ihrer gesamten zeitlichen Entwicklung und unabhängig von einer konkreten Personalentscheidung erfassen. Eine Regelbeurteilung hat sich grundsätzlich zu Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung des Beurteilten während des gesamten Beurteilungszeitraums umfassend zu äußern und mit einem Gesamturteil abzuschließen. Um das in der Regelbeurteilung zu zeichnende Bild hinsichtlich der Vergleichbarkeit der zum gleichen Zeitpunkt beurteilten Beamten zu gewährleisten, muss soweit wie möglich gleichmäßig verfahren werden. Anlassbeurteilungen kommt hingegen die Aufgabe zu, bei einem Fehlen vergleichbarer periodischer (Regel-)Beurteilungen eine am Leistungsgrundsatz orientierte Auswahlentscheidung zu ermöglichen, indem sie einen aktuellen Leistungsvergleich herstellen und Aussagen zur Eignung der einzelnen Bewerber bezogen auf das angestrebte Amt treffen. Anlassbeurteilungen liegen im Unterschied zu Regelbeurteilungen regelmäßig keine einheitlichen Beurteilungszeiträume zugrunde. Dies begründet für sich genommen noch keine Fehlerhaftigkeit der Anlassbeurteilungen, solange auf der Grundlage der Anlassbeurteilung ein Qualifikationsvergleich nach den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers möglich ist. Die auf der Grundlage dienstlicher Anlassbeurteilungen durchzuführende „Klärung einer Wettbewerbssituation“ setzt deshalb voraus, dass sich – erstens – der jeweils maßgebliche Beurteilungszeitraum der Beurteilung selbst eindeutig entnehmen lässt, dieser Beurteilungszeitraum – zweitens – aufgrund nachvollziehbarer Kriterien willkürfrei festgelegt worden ist und der Beurteilungszeitraum – drittens – so lang bemessen sein muss, dass über den einzelnen Bewerber verlässliche, auch langfristige Aussagen getroffen werden können (NdsOVG, B.v. 29.5.2020 – 5 ME 187/19 – juris Rn. 20 m.w.N.). Wann die einem Leistungsvergleich zugrundeliegenden Beurteilungen nicht mehr hinreichend miteinander vergleichbar sind, ist unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden (BVerfG, B.v. 9.8.2016 – 2 BvR 1287/16 – juris Rn. 61; NdsOVG, B.v. 8.10.2019 – 5 ME 113/19).
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Vorliegend lässt sich den in Rede stehenden Anlassbeurteilungen der jeweilige Beurteilungszeitraum unzweifelhaft entnehmen. Dieser erstreckt sich im Fall der Antragstellerin auf den Zeitraum vom 01.06.2020 bis 22.10.2021, im Fall des Beigeladenen vom 11.01.2020 bis 14.04.2021. Auch sind die jeweiligen Beurteilungszeiträume aufgrund nachvollziehbarer Kriterien willkürfrei festgelegt. Hinsichtlich des Beigeladenen wurde eine Anlassbeurteilung in Übereinstimmung mit Ziffer 2.2 Spiegelstrich 5 der Beurteilungsrichtlinien nach dessen Bewerbung um den streitgegenständlichen Dienstposten gefertigt, deren Zeitraum willkürfrei mit dem Ablauf der Bewerbungsfrist für den in Rede stehenden Dienstposten (14.04.2021) endet. In Bezug auf die Antragstellerin nimmt die nunmehrige Anlassbeurteilung den Zeitraum nach dem Stichtag ihrer letzten Regelbeurteilung (31.05.2020) unter Berücksichtigung eines angemessenen Zeitrahmens der Aufgabenwahrnehmung im höheren Statusamt (Zuweisung A12 am 28.01.2021) in den Blick.
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Darüber hinaus sind die jeweiligen Beurteilungszeiträume hinreichend lang bemessen. Für die streitige Bewerberauswahl ist der aktuelle Leistungsstand ausschlaggebend. Erkenntnisse, die einen länger zurückliegenden Zeitraum betreffen, sind für die Entscheidung in der Regel von geringerem Gewicht (vgl. HessVGH, B.v. 30.4.2012 – 1 B 679/12 – juris Rn. 3). Zunächst sind die Beurteilungszeiträume von knapp 17 Monaten (Antragstellerin) und etwa 15 Monaten (Beigeladener) nicht zu kurz bemessen, um eine verlässliche – auch langfristige – Aussage über die Leistungen der Konkurrenten treffen zu können (vgl. insoweit NdsOVG, B.v. 29.5.2020 – 5 ME 187/19 – juris Rn. 28 hinsichtlich eines zehnmonatigen Beurteilungszeitraums einer Anlassbeurteilung). Auch wurde mit dem in Rede stehenden „Überlappungszeitraum“ von 10,5 Monaten nicht gegen das Gebot der größtmöglichen Vergleichbarkeit verstoßen, zumal dieser Wert jeweils mindestens zwei Drittel des Anlassbeurteilungszeitraums von Antragstellerin und Beigeladenem abdeckt (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 26.4.2021 – 3 CE 20.3137 – juris Rn. 20ff.). Die divergierenden Endzeitpunkte der Anlassbeurteilungen (Antragstellerin: 22.10.2021, Beigeladener: 14.04.2021) sind letztlich auf die Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin zurückzuführen. Denn ausweislich der Regelung in Ziffer 2.2 Spiegelstrich 5 der Beurteilungsrichtlinien war für den tarifbeschäftigten Beigeladenen eine Anlassbeurteilung infolge seiner Bewerbung auf den streitigen höheren Dienstposten, mit der er in Konkurrenz zu Beamtinnen und Beamten trat, zu fertigen, weshalb als Stichtag der Ablauf der Bewerbungsfrist gewählt wurde. Für die Antragstellerin hingegen ergab sich die Notwendigkeit einer Anlassbeurteilung gemäß Ziffer 2.2 Spiegelstrich 6 der Beurteilungsrichtlinie infolge ihrer mehr als sechsmonatigen Zuweisung zu einem höheren Statusamt im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung, weshalb insoweit – nicht zuletzt zu ihren Gunsten – auf einen späteren Zeitpunkt abgestellt wurde.
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Auch ergab sich aus dem späterem Beurteilungsstichtag der Anlassbeurteilung der Antragstellerin kein Aktualisierungsbedarf hinsichtlich des Beigeladenen. Denn es ist weder ersichtlich, dass sich bei ihm im Zeitraum zwischen 14.04.2021 und 22.10.2021 der Zuschnitt seiner Aufgaben oder deren Qualität verändert haben noch liegen Anhaltspunkte für eine ins Gewicht fallende Veränderung in seinem Leistungsvermögen vor. Der Ausnahmefall, dass hinsichtlich eines Mitbewerbers ein Aktualisierungsbedarf besteht, führt nicht dazu, dass die Beurteilungen der übrigen Konkurrenten gleichsam automatisch zu aktualisieren wären. Andernfalls liefe das Aktualitätserfordernis darauf hinaus, dass dienstliche Beurteilungen in einer Art „perpetuum mobile“ jeweils neuen Aktualisierungsbedarf erzeugen, etwa wenn weitere Bewerber hinzutreten, solange das Auswahlverfahren noch nicht zur Entscheidungsreife gelangt ist. Vielmehr ist die Frage, ob ein Aktualisierungsbedarf vorliegt, im Ausgangspunkt für jeden Bewerber gesondert zu betrachten (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C. 1.18 – BVerwGE 165, 305 Rn. 61f.). Dafür bestehen hinsichtlich des Beigeladenen keine objektiven Anhaltspunkte.
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bb) Unter Zugrundelegung der nunmehr aktualisierten Beurteilungslage erscheint die Auswahl der Antragstellerin in einem weiteren Auswahlverfahren nicht hinreichend wahrscheinlich.
34
Während die Antragstellerin in ihrer Anlassbeurteilung zum Stichtag 22.10.2021 ein Gesamturteil von 6 Punkten im Statusamt A12 erhielt, wurde dem Beigeladenen in seiner Anlassbeurteilung zum Stichtag 14.04.2021 ein Gesamturteil von 8 Punkten in der Entgeltgruppe 11 zuerkannt.
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Beziehen sich die Beurteilungen konkurrierender Bewerber auf unterschiedliche Statusämter, so ist nach ständiger Rechtsprechung zwar anzunehmen, dass der Beurteilung im höheren Statusamt im Grundsatz größeres Gewicht zukommt. Dem liegt die mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG zu vereinbarende Überlegung zugrunde, dass an den Inhaber eines höheren Statusamtes von vornherein höhere Erwartungen zu stellen sind als an den Inhaber eines niedrigeren Statusamtes. Mit einem höheren Statusamt sind regelmäßig gesteigerte Anforderungen und ein größeres Maß an Verantwortung verbunden. Beziehen sich bei konkurrierenden Bewerbern die dienstlichen Beurteilungen auf unterschiedliche Statusämter, darf demnach ohne Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG angenommen werden, dass bei formal gleicher Bewertung die Beurteilung des Beamten im höheren Statusamt regelmäßig besser ist als diejenige des in einem niedrigen Statusamt befindlichen Konkurrenten. Diese Erwägung ist jedoch nicht schematisch anzuwenden. Vielmehr hängt das zusätzlich zu berücksichtigende Gewicht der in einem höheren Statusamt erteilten Beurteilung von den Umständen des Einzelfalls ab. Die konkrete Gewichtung der in unterschiedlichen Statusämtern erteilten Beurteilungen hat sich an den abstrakten Anforderungen dieser Statusämter zu orientieren und fällt im Übrigen in den nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum des Dienstherrn (vgl. BVerwG, B.v. 25.9.2012 – 1 WB 44.11 – juris; OVG NW, B.v. 21.11.2013 – 6 B 1030/13 – juris).
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Vorliegend hat die Antragsgegnerin den Umgang mit Bewerbern unterschiedlicher Statusämter in Übereinstimmung mit den vorgenannten Grundsätzen im Rahmen ihrer „Verfahrensgrundsätze für die Besetzung spitzenbewerteter Dienstposten“ (vgl. Bl. 46 der Verwaltungsakte), die ausweislich der Ausschreibung bei der hier in Rede stehenden Dienstpostenbesetzung Anwendung finden, geregelt. Ausweislich Ziffer 3 der vorgenannten Verfahrensgrundsätze wird diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, dass die um einen Punktwert besser ausgefallene Beurteilung im rangniedrigen Statusamt bzw. in der rangniedrigeren Entgeltgruppe der im ranghöheren Amt bzw. der ranghöheren Entgeltgruppe gleichzustellen ist. Ist die Punktezahl um einen Punkt oder mehrere Punkte höher als gleichstellt, wird der oder die Bewerbende höher gerankt. So lag der Fall hier. Der Beigeladene erzielte gegenüber der in ein höheres Statusamt eingewiesenen Antragstellerin ein um zwei Punkte besseres Gesamturteil und war damit entsprechend der Verfahrensgrundsätze der Antragsgegnerin als leistungsstärker einzuordnen.
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Einwände gegen die der Antragstellerin nunmehr eröffnete Anlassbeurteilung wurden bereits nicht vorgebracht. Dass ihr ein gegenüber der Regelbeurteilung um einen Punktwert geringeres Gesamturteil zuerkannt wurde, ist nicht ungewöhnlich. Es ist zulässig, das im vorherigen Amt vergebene Gesamturteil bei der erstmaligen Beurteilung nach einer Beförderung in der Regel herabzustufen, wenn der Beamte seine bisher gezeigten Leistungen nicht weiter gesteigert hat (vgl. VGH BW, U.v. 23.2.2004 – 4 S 1165/03 – juris Rn. 15ff.).
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Unter Berücksichtigung der Beurteilungsprädikate war die Antragstellerin somit ausweislich der Verfahrensgrundsätze der Antragsgegnerin auch nach Eröffnung der Anlassbeurteilung nicht in die weitere Bewerberauswahl einzubeziehen.
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2. Die Antragstellerin hat als unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene, der sich mangels eigener Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 Satz 1 VwGO), seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
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3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 40, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 und Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57). Er beträgt ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes (BayVGH, B.v. 18.4.2018 – 3 CE 18.618 – juris Rn. 10). Auszugehen war vorliegend von den Bezügen der Besoldungsgruppe A13. Das Gericht hat den Streitwert ausgehend vom Betrag des Grundgehalts der höchsten Stufe in der Besoldungsgruppe A13 (5.904,36 Euro) zum Zeitpunkt der Antragstellung auf 17.713,06 Euro festgesetzt (vgl. OVG NW, B.v. 2.11.2021 – 1 B 897/21 – juris Rn. 20f.; BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – juris Rn. 10ff.).