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VG Bayreuth, Beschluss v. 26.09.2022 – B 10 E 22.904
Titel:

Verwaltungsrechtsweg unzulässig, Entscheidung des Rechtspflegers des Amtsgerichts

Normenketten:
VwGO § 173
GVG § 17a Abs. 2 S. 1
VwGO § 40 Abs. 1
RPflG § 11
Schlagworte:
Verwaltungsrechtsweg unzulässig, Entscheidung des Rechtspflegers des Amtsgerichts
Fundstelle:
BeckRS 2022, 43463

Tenor

1. Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.
2. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Amtsgericht … – Zentrales Mahngericht – …, … verwiesen.
3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Amtsgericht … vorbehalten.

Gründe

I.
1
Mit Schreiben vom 19. September 2022, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, beantragte der Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung,
dem Antragsgegner unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, welches an den Antragsteller, hilfsweise an eine gemeinnützige Vereinigung zu zahlen ist, zu untersagen, in der beim Amtsgericht … unter der Nr. … geführten Mahnsache einen Vollstreckungsbescheid gegen den Antragsteller zu erlassen.
2
Zur Begründung führt er aus, dass mit Datum vom 19. August 2022 ein Mahnbescheid ergangen sei (ihm zugegangen am 20. August 2022), gegen den er Widerspruch eingelegt habe. Das Amtsgericht … (Antragsgegner) habe durch den Rechtspfleger mitgeteilt, dass der Widerspruch nicht unterschrieben sei und deshalb nicht bearbeitet werden könne. Dabei sei nicht beachtet worden, dass er das Schreiben per absenderbestätigter De-Mail versandt habe. Bei einem sicheren Übermittlungsweg reiche die einfache Signatur aus. Das Gericht nehme zudem an, dass sein Widerspruch am 6. September 2022 zugegangen sei. Er habe aber die De-Mail um 23.58 Uhr verschickt und eine Eingangsbestätigung erhalten. Der Zugang sei somit am 5. September 2022 und somit fristgerecht erfolgt. Es drohe der Erlass eines Vollstreckungsbescheids. Gegen diesen könne zwar Einspruch eingelegt werden, dies ändere aber nichts am Bestand und der vorläufigen Vollstreckbarkeit.
3
Die Parteien wurden zu einer Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht … – Zentrales Mahngericht angehört.
4
Mit Schreiben vom 23. September 2022 sprach sich der Antragsteller gegen eine Verweisung aus. Das Verfahren diene dem Schutz seiner Rechte sowie der Rechtsordnung vor dem Amtsgericht. Er wende sich nicht an, sondern gegen das Amtsgericht. Der Antragsgegner habe angekündigt, einen offensichtlich rechtswidrigen Vollstreckungsbescheid zu erlassen. Ein Verweisungsbeschluss an das Amtsgericht sei auf Grund von Willkür nicht bindend.
5
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
6
Nach § 173 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ist für dieses prozessuale Begehren die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs festzustellen und der Rechtsstreit an das zuständige Amtsgericht zu verweisen, weil für das vorliegende Verfahren nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet ist.
7
Nach § 40 Abs. 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind.
8
Ob eine Streitigkeit dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist, bestimmt sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (vgl. BVerwG, B.v. 12.4.2013 – 9 B 37/12 – juris Rn. 6 m.w.N.).
9
Vorliegend geht es um einen Mahnbescheid, dem eine privatrechtliche Forderung (Mahnsache … in Höhe von 186 EUR) zu Grunde liegt und um die Frage, ob gegen den Mahnbescheid rechtzeitig und formwirksam Widerspruch erhoben wurde. Der Antragsteller wendet sich gegen die Mitteilung der Rechtspflegerin, dass der Widerspruch nicht formgerecht erhoben wurde.
10
Gemäß § 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz (RPflG) ist gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist. Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist, § 1 Abs. 2 Satz 1 RPflG. Dieser Erinnerung kann der Rechtspfleger gemäß § 11 Abs. 2 Satz 5 RPflG abhelfen. Tut er dies nicht, hat er die Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 6 RPflG dem Richter vorzulegen, der über die Erinnerung abschließend entscheidet (Hintzen in: Arnold/Meyer-Stolte/Rellermeyer/Hintzen/Georg, Kommentar zum Rechtspflegergesetz, 9. Auflage 2022, § 11 Rechtsbehelfe, Rn. 4).
11
Da es sich um eine Entscheidung der Rechtspflegerin des Amtsgerichts … (Mahngericht) handelt, ist der Rechtsstreit an dieses zu verweisen. Der Verwaltungsrechtsweg ist nicht eröffnet.
12
Eine Kostenentscheidung für das bisherige Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth ist gemäß § 17b Abs. 2 GVG nicht zu treffen.