Inhalt

AG Wolfratshausen, Endbeschluss v. 06.12.2022 – 1 F 486/22
Titel:

Kein Versorgungsausgleich wegen wirksamen Ehevertrags

Normenketten:
BGB § 1566 Abs. 1, § 1587
VersAusglG § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Abs. 2, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1
FamFG § 150 Abs. 4 S. 1
Leitsätze:
1. Da die Ehegatten eine wirksame notarielle Vereinbarung getroffen haben, ist das Familiengericht daran gebunden und es findet kein Versorgungsausgleich statt. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Liegt eine erhebliche Diskrepanz bei den beidseitigen Vermögenswerten vor und hat ein geschiedener Ehepartner gar keine nachehelichen Vermögens- oder Versorgungsansprüche gegen den anderen, wäre es unbillig iSd § 150 Abs. 4 S. 1 FamFG, diesem auch nur einen Teil der Verfahrenskosten aufzuerlegen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versorgungsausgleich, Ehevertrag, Scheidungsantrag, Akteninhalt, Nebenentscheidungen, Kostenentscheidung, Unbilligkeit
Fundstelle:
BeckRS 2022, 43412

Tenor

1. Die am … vor dem Standesbeamten des Standesamtes … geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten wird geschieden.
2. Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Entscheidungsgründe

1. Scheidung
1
Die Ehegatten haben am … vor dem Standesbeamten des Standesamtes … unter Heiratsregister … die Ehe miteinander geschlossen.
2
Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am … zugestellt.
3
Die Ehegatten leben seit … getrennt.
4
Der Antragsteller trägt vor, die Ehe sei gescheitert. Er beantragt, die Ehe der Beteiligten zu scheiden. Die Antragsgegnerin stimmt der Scheidung zu.
5
Die Eheschließung und die Staatsangehörigkeit der Ehegatten wurden durch öffentliche Urkunden nachgewiesen.
6
Im Übrigen wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf das weitere schriftliche Beteiligtenvorbringen und die Feststellungen zu gerichtlichem Protokoll, verwiesen.
7
Der Scheidungsantrag ist zulässig.
8
Das Amtsgericht Wolfratshausen ist örtlich zuständig (§§ 122, 113 FamFG, 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO).
9
Der Scheidungsantrag ist begründet, weil die Ehe der Ehegatten gescheitert ist (§§ 1564 Satz 1 und 3, 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB).
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Das Familiengericht ist aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass die Ehegatten seit … im Sinne von § 1567 BGB voneinander getrennt leben.
11
Die eheliche Lebensgemeinschaft der Ehegatten besteht somit seit mindestens einem Jahr nicht mehr. Das Scheitern der Ehe wird gemäß § 1566 Abs. 1 BGB unwiderlegbar vermutet, da die Ehegatten seit mindestens einem Jahr getrennt leben und die Antragsgegnerin der Scheidung zustimmt.
2. Versorgungsausgleich
12
Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt, weil die Ehegatten gemäß §§ 1587 BGB, 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG diesen in einem nach § 7 Abs. 1 VersAusglG formgerechten notariellen Vertrag ausgeschlossen haben. Die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich hält einer Inhalts- und Ausübungskontrolle nach § 8 Abs. 1 VersAusglG stand. Da keine Wirksamkeits- oder Durchsetzungshindernisse bestehen, ist das Familiengericht gemäß § 6 Abs. 2 VersAusglG an die Vereinbarung gebunden.
3. Kosten und Nebenentscheidungen
13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 Abs. 4 Satz 1 FamFG, Die Beteiligten haben im notariellen Ehevertrag vom … Gütertrennung, den Ausschluss des Versorgungsausgleichs und einen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt vereinbart. Die Antragsgegnerin partizipiert damit nach der Scheidung nicht am Vermögen des Antragstellers, das unbestritten mindestens in einer so beträchtlichen Höhe vorhanden ist, dass auch seitens des Antragstellers vom Höchstverfahrenswert von 1.000.000,- Euro ausgegangen wurde. Die Antragsgegnerin hat schlüssig dargelegt, dass sie selbst ein weit geringeres Vermögen in Höhe von maximal ca. 200.000,- Euro besitzt. Es wäre deshalb unbillig, wenn die Antragsgegnerin durch das Tragen von Verfahrenskosten mit den durch das ganz erheblich höhere Vermögen des Antragstellers ausgelösten Kosten belastet würde. Aufgrund der Diskrepanz der beidseitigen Vermögenswerte und des Umstandes, dass die Antragsgegnerin gar keine nachehelichen Vermögens- oder Versorgungsansprüche gegen den Antragsteller hat, entspräche es auch nicht der Billigkeit, ihr nur einen Teil der Verfahrenskosten aufzuerlegen.