Inhalt

VG München, Urteil v. 10.08.2022 – M 31 K 21.6490
Titel:

Zuwendungsrecht, Dezemberhilfe, Antragsberechtigung (verneint), Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
Richtlinie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe)
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Dezemberhilfe, Antragsberechtigung (verneint), Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens
Fundstelle:
BeckRS 2022, 43175

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Die Klägerin, die nach ihren Angaben im behördlichen Verfahren einen Einzelhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln betreibt, begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Zuwendung im Rahmen der außerordentlichen Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe).
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Unter dem 19. April 2021 beantragte die Klägerin über das einschlägige elektronische Antragsportal die Dezemberhilfe als außerordentliche Wirtschaftshilfe der Bundesregierung (Az. …). Hinsichtlich der Branchenzugehörigkeit ist im Antrag „Sonstiger Einzelhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln“ genannt. Als Grund der Antragstellung wurde eine indirekte Betroffenheit angegeben, als eine diese vermittelnde Branche „Restaurants mit herkömmlicher Bedienung“. Der relevante Vergleichsumsatz im Dezember 2019 wurde im Antrag mit 115.647,- EUR beziffert. Unter anderem auf dieser Grundlage ergab sich im elektronischen Antrag eine voraussichtliche Höhe der Dezemberhilfe von 51.837,70 EUR. Dem Antrag war eine schriftsätzliche Erläuterung vom 27. April 2021 beigefügt, die allerdings an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gerichtet war und mit Schreiben vom 29. April 2021 und nochmals vom 6. Mai 2021 nachträglich durch den Klägerbevollmächtigten an die Beklagte weitergeleitet wurde. Im Wesentlichen war darin erläutert, dass die Klägerin, die Feinkost L. … A. … G. …, mit Wirkung zum 1. September 2020 ihren deutschen Kundenstamm von der Feinkost L. … G. … übernommen habe und daher im Antragsverfahren als Vergleichsumsatz jener der Feinkost L. … G. … herangezogen werde.
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Nach einer Reihe weiterer Rückfragen insbesondere im Zusammenhang der angegebenen indirekten Betroffenheit und der Unternehmensstruktur wurde die Gewährung einer Dezemberhilfe mit streitgegenständlichem Bescheid vom 18. November 2021 abgelehnt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf abgestellt, dass eine Zweigniederlassung nicht antragsberechtigt und im Übrigen die angegebene Betroffenheit nicht durch die vorgelegten Umsatzzahlen nachgewiesen sei.
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Mit am 16. Dezember 2021 eingegangenem Schriftsatz ließ die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben.
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Sie beantragt sinngemäß zuletzt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. November 2021 zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 27. April 2021 auf Gewährung einer Dezemberhilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, ferner die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Zur Begründung verwies die Klägerin in der Sache auf ihre indirekte Betroffenheit im Sinne der Zuwendungsrichtlinie. Bereits im behördlichen Verfahren seien die Umsätze der Feinkost L. … G. … im Einzelnen dargelegt worden, die mit von den Schließungsanordnungen betroffenen Unternehmen der Gastronomiebranche in den relevanten Monaten des Jahres 2019 erzielt worden seien. Die Klägerin unterhalte weiterhin eine inländische Betriebsstätte und sei bei einem deutschen Finanzamt steuerlich erfasst. Die Zweigniederlassung sei keine rechtlich selbständige Person, sondern Teil der Feinkost L. … A. … G. … Aus der Formulierung der Zuwendungsrichtlinie ergebe sich, dass auch ein ausländisches Unternehmen dann antragsberechtigt sei, wenn es – wie hier – eine inländische Betriebsstätte habe. Antragstellerin sei demgemäß die Feinkost L. … A. … G. …, welche den Antrag für den Tätigkeitsbereich ihrer Zweigniederlassung Deutschland gestellt habe. Die Antragstellung habe indes zwingend durch eine deutsche Firma erfolgen müssen, daher sei es nicht möglich gewesen, den Antrag unmittelbar durch die Feinkost L. … A. … G. … zu stellen.
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Die Beklagte beantragt
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Klageabweisung.
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Sie verteidigt den streitbefangenen Bescheid und legt einen fehlenden Förderanspruch dar. Zur Begründung zieht sie insbesondere die Regelung der Zuwendungsrichtlinie heran, wonach Betriebsstätten oder Zweigniederlassungen desselben Unternehmens nicht als selbstständige rechtliche Einheit gelten und mithin keine eigenen Unternehmen im Sinne der Richtlinie darstellten. Ferner fehle der Klägerin eine Betroffenheit im Sinne der Zuwendungsrichtlinie. Sie unterfalle nicht dem Kreis derjenigen, die aufgrund der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020 bzw. der daraufhin erlassenen Bestimmungen auf Landesebene den Geschäftsbetrieb hätten einstellen müssen. In Bezug auf eine mögliche indirekte Betroffenheit fehle es jedenfalls an einer Darlegung, dass die Klägerin im Jahr 2019 nachweislich und regelmäßig mindestens 80% ihrer Umsätze mit Unternehmen, die einer direkt betroffene Branche angehören, erzielt hat.
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Mit Beschluss vom 21. Juli 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Sie ist unbegründet.
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Weder der durch die Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch, gerichtet auf Neubescheidung ihres Zuwendungsantrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO, noch ein ggf. sachnäherer Anspruch, sinngemäß gerichtet auf Gewährung und Auszahlung der Dezemberhilfe (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) bestehen, da jedenfalls bereits tatbestandlich ein Anspruch auf Bewilligung der begehrten Zuwendung nicht vorliegt.
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1. Eine Rechtsnorm, die einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.
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Der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris Rn. 18; U.v. 24.4.1987 – 7 C 24.85 – juris Rn. 12) ist zunächst bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Subventionen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Norm- und Richtliniengeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (stRspr; vgl. z.B. BVerfG, U.v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99 – juris Rn. 61; ebenso etwa Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 255).
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Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (aktuell z.B. BayVGH, B.v. 3.8.2022 – 22 ZB 22.1151 – juris Rn. 17; B.v. 31.3.2022 – 6 ZB 21.2933 – juris Rn. 7; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6; vgl. ferner BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.3.2020 – 6 ZB 18.2102 – juris Rn. 9; VG München, U.v. 5.7.2021 – M 31 K 21.1483 – juris Rn. 23).
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Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall bestehen. Im Vorwort der hier einschlägigen Richtlinie des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe – BayMBl. 2020, Nr. 816 vom 21.12.2020, zuletzt geändert mit Bekanntmachung vom 21.12.2021, BayMBl. 2022 Nr. 27) wird im Übrigen auch ausdrücklich klargestellt, dass die Dezemberhilfe im Rahmen der vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch nach pflichtgemäßem Ermessen gewährt wird.
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2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Zuwendung, weil sie keine Antragsberechtigung besitzt. Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass es der Klägerin als Zweigniederlassung eines (ausländischen) Unternehmens gemäß der ständigen Vollzugspraxis der Beklagten auf der Grundlage von Nr. 2.1 Satz 1 und Fußnote 6 der Zuwendungsrichtlinie an der Antragsberechtigung nach Nr. 2.1 der Zuwendungsrichtlinie fehlt.
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2.1 Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte in ihrer ständigen Vollzugspraxis zu Nr. 2.1 Satz 1 und Fußnote 6 der Zuwendungsrichtlinie als antragsberechtigte Unternehmen nur rechtlich selbständige Einheiten ansieht und insbesondere Zweigniederlassungen eines Unternehmens nicht als solche betrachtet.
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Die Antragsberechtigung für die Dezemberhilfe ist in Nr. 2.1 der Zuwendungsrichtlinie geregelt. Danach sind u.a. Unternehmen unabhängig von dem Wirtschaftsbereich, in dem sie tätig sind, antragsberechtigt, wenn – nach Nr. 2.1 Satz 1 Buchst. a – sie ihre Tätigkeit von einer inländischen Betriebsstätte oder einem inländischen Sitz der Geschäftsführung aus ausführen und bei einem deutschen Finanzamt für steuerliche Zwecke erfasst sind. Fußnote 6 zum Begriff des Unternehmens spezifiziert in diesem Zusammenhang näher, dass als Unternehmen jede rechtlich selbständige Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform gilt, die wirtschaftlich am Markt tätig ist und zumindest einen Beschäftigten hat. Betriebsstätten oder Zweigniederlassungen desselben Unternehmens gelten nicht als rechtlich selbständige Einheit. Ausgehend von diesem Wortlaut hat die Beklagte zuletzt in der mündlichen Verhandlung ihre ständige Vollzugspraxis bestätigt und erläutert, nach der Zweigniederlassungen im Unterschied zum jeweiligen Hauptunternehmen bzw. Unternehmensträger generell nicht antragsberechtigt seien.
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Der Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit ihnen die mit der Funktion der Zuwendungsbehörde beliehene Beklagte (vgl. § 47b ZustV) sind nicht daran gehindert, im Sinne einer Eingrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger und Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel den Kreis der Begünstigten im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden, sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte zu beschränken (vgl. auch VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; U.v. 14.7.2021 – M 31 K 21.2307 – juris Rn. 23). Dies gilt gleichermaßen für die sachliche Eingrenzung einer Zuwendung und die Festlegung der relevanten Maßstäbe zur Bestimmung der Höhe einer Zuwendung. Denn nur der Zuwendungsgeber bzw. die Zuwendungsbehörde bestimmen im Rahmen des ihnen eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll. Insoweit besitzen Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit diesen die Beklagte die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 19; VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; VG Würzburg, U.v. 14.6.2021 – W 8 K 20.2138 – juris Rn. 30).
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Diesen Maßstäben genügt die sowohl durch den Richtliniengeber vorgegebene als auch durch die Zuwendungsbehörde in ihrer ständigen Zuwendungspraxis umgesetzte Maßgabe, nach der Zweigniederlassungen als solche nicht antragsberechtigt sind. Wie durch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung dargelegt, geht diese Zuwendungspraxis auf den Ansatz zurück, angesichts der durch die Dezemberhilfe bezweckten Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von Unternehmen (vgl. Nr. 1 Satz 3 der Zuwendungsrichtlinie) die relevanten wirtschaftlichen Einheiten insgesamt in den Blick zu nehmen und dementsprechend wirtschaftlich oder rechtlich voneinander abhängige unternehmerische Einheiten nicht als gesondert antragsberechtigt anzusehen. Dies führt in nachvollziehbarer Weise dazu, dass insbesondere verbundenen Unternehmen (vgl. Nr. 2.6 der Zuwendungsrichtlinie, hierzu etwa VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 20 ff.; zu den Programmen der Corona-Soforthilfe VG München, U.v. 14.7.2021 – M 31 K 21.2307 – juris Rn. 23 ff.), Betriebsstätten und wie hier Zweigniederlassungen keine eigene Antragsberechtigung zukommt.
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2.2 Soweit die Klägerin auf ein davon abweichendes Verständnis der Zuwendungsrichtlinie abstellt, greift dies nicht durch. Zuwendungsrechtlich kommt es nicht auf eine Auslegung der Zuwendungsrichtlinie in grammatikalischer, systematischer und teleologischer Hinsicht an, entscheidend ist vielmehr allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat (VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 23). Da die Beklagte – wie schriftsätzlich ausgeführt und in der mündlichen Verhandlung bestätigt – Zweigniederlassungen in grundsätzlich nicht zu beanstandender Weise als nicht (gesondert) antragsberechtigt ansieht, führt eine mögliche anderweitige Auslegung der Zuwendungsrichtlinie bereits im Ansatz nicht weiter.
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Ergänzend und unabhängig davon kann sich die Beklagte mit dieser Praxis ohne weiteres auch auf den Wortlaut der Zuwendungsrichtlinie stützen. Wie ausgeführt, setzt Nr. 2.1 Satz 1 Buchst a der Zuwendungsrichtlinie – worauf die Klägerin zunächst zu Recht hinweist – u.a. eine Tätigkeit des antragstellenden Unternehmens von einer inländischen Betriebsstätte und eine Erfassung für steuerliche Zwecke bei einem deutschen Finanzamt voraus. Allerdings erfüllt eine Zweigniederlassung nicht den vorgelagerten Begriff des Unternehmens im Sinne der Zuwendungsrichtlinie, da sie insoweit nicht als rechtlich selbständige Einheit gilt (Fußnote 6 der Zuwendungsrichtlinie). Daher folgt auch aus dem Wortlaut der Zuwendungsrichtlinie, dass eine Zweigniederlassung als solche – wie hier – schon nicht zum Kreis der antragsberechtigten Unternehmen gehört und es mithin im Sinne des Wortlauts der Zuwendungsrichtlinie bereits nicht mehr darauf ankommt, ob die Tätigkeit u.a. von einer inländischen Betriebsstätte ausgeführt wird.
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Auch ein handelsrechtliches Begriffsverständnis einer Zweigniederlassung, wie klägerseits unter Verweis auf eine ältere Entscheidung des Bundesgerichtshofs (U.v. 24.11.1951 – II ZR 26/51 – BGHZ 4, 62 (65), auch JZ 1953, 82; hierzu etwa Krafka, in: MüKoHGB, 5. Aufl. 2021, § 13 Rn. 20) vorgetragen, ändert daran nichts. Schon grundsätzlich ist es allein Sache der Beklagten, des Freistaates Bayern und der Bundesrepublik Deutschland als Zuwendungsbehörde und Richtlinien- bzw. Zuwendungsgeber, ein entsprechend autonomes und erweitertes Verständnis von Unternehmen i.S.d. Nr. 2.1 der Zuwendungsrichtlinie zu definieren und zu vollziehen (vgl. VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 28). Unabhängig davon stützt die durch die Klägerin betonte und in der Sache sicherlich zutreffende handelsrechtliche Betrachtung, nach der einer Zweigniederlassung keine eigene Rechtspersönlichkeit zukomme und sie als Teil der Muttergesellschaft anzusehen sei (vgl. hierzu etwa Krafka, in: MüKoHGB, 5. Aufl. 2021, § 13 Rn. 19, § 13d Rn. 12), gerade den durch die Beklagte in ihrer ständigen Zuwendungspraxis verfolgten und in der Zuwendungsrichtlinie niedergelegten Ansatz, eine Zweigniederlassung im Rahmen der Zuwendungsgewährung nicht als rechtlich selbständige Einheit zu betrachten und in der Folge eine eigene Antragsberechtigung einer Zweigniederlassung nicht anzunehmen.
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An diesem Ergebnis ändert es weiterhin nichts, dass der Klägerin – unter der Firma der Zweigniederlassung – eine Abschlagszahlung für die Überbrückungshilfe III Plus gewährt wurde (Anlage K2 zum Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 4.8.2022), wobei in der Zuwendungsrichtlinie dieses Programms eine mit der November- bzw. Dezemberhilfe weitgehend identische Regelung zum Unternehmensbegriff besteht (Fußnote 7 der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III), BayMBl. 2021, Nr. 816 vom 18.2.2021, zuletzt geändert mit Bekanntmachung vom 21.12.2021, BayMBl. 2022 Nr. 25). Der allgemeine Gleichheitssatz enthält schon grundsätzlich kein verfassungsrechtliches Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen gleich zu regeln, sondern fordert im Gegenteil eine jeweils sachbereichsbezogene Regelung (BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris – Rn. 23; vgl. auch VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 32). Jedenfalls ist hier zu berücksichtigen, dass es sich bei der vorgelegten Bewilligung der Abschlagszahlung für die Überbrückungshilfe III Plus, die am Tag der Antragstellung erfolgte, offensichtlich um eine automatisierte Vorauszahlung handelt, die bereits ausweislich des Tenors des Bescheids aufgrund der Angaben im Antrag und unter Vorbehalt einer weiteren Prüfung des Antrags erging, vgl. auch Nr. 10 Satz 4 der Richtlinie zur Überbrückungshilfe III. Eine abschließende Aussage zu einer entsprechenden, ggf. von der November- bzw. Dezemberhilfe abweichenden Zuwendungspraxis der Beklagten lässt sich daraus mithin nicht entnehmen.
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2.3 Schließlich führt auch das zuletzt durch den Klägerbevollmächtigten verfolgte Verständnis, wonach als Antragstellerin letztlich die Feinkost L. … A. … G. … als Unternehmensträgerin zu sehen sei und der Antrag zugleich zwingend durch die die deutsche Firma – hier die Zweigniederlassung Deutschland – habe gestellt werden müssen, nicht weiter. Denn es entspricht offensichtlich gerade nicht den Gegebenheiten, dass die Zuwendung durch die – bzw. unter der Firma der – Feinkost L. … A. … G. … beantragt worden wäre. Der Antrag wurde ausdrücklich unter der Firma der Zweigniederlassung Deutschland sowie unter Angabe der deutschen Handelsregisternummer und den deutschen Steuerdaten gestellt (Bl. 1 der Behördenakte). Ebenso wurde im Rahmen des Antragsverfahrens stets auf die Verhältnisse allein der Feinkost L. … A. … G. … / Zweigniederlassung Deutschland abgestellt, insbesondere im Zusammenhang der Darlegung relevanter Vergleichsumsätze (Bl. 35 ff. Der Behördenakte). Zwar ist es – wie bereits ausgeführt – bei handelsrechtlicher Betrachtung zutreffend, dass die Zweigniederlassung nicht selbstständig rechtsfähig ist, sondern Teil des Unternehmensträgers. Das Handeln der Zweigniederlassung wird dem Unternehmensträger zugerechnet, dieser wird aus Rechtsgeschäften allein verpflichtet und berechtigt. Der Unternehmensträger kann jedoch andererseits unter der Firma der Zweigniederlassung klagen oder verklagt werden, soweit es um ein die Niederlassung betreffendes Rechtsverhältnis geht (vgl. etwa Schaal, in: Herresthal, BeckOGK HGB, § 13 Rn. 42, 44; Müther, in: BeckOK HGB, § 13 Rn. 10) und ist mithin auch fähig, sich unter dieser Firma an Verwaltungsverfahren zu beteiligen (VG Neustadt (W.straße), U.v. 21.9.2020 – 4 K 1390/19.NW – juris Rn. 46 f.).
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Auch wenn damit – wie von Klägerseite angenommen – der hier durch die Zweigniederlassung gestellte Zuwendungsantrag bei handelsrechtlicher Betrachtung materiell dem Unternehmensträger zuzurechnen sein mag, führt auch dies nicht zu einer Antragsberechtigung. Denn zum einen ist – wie ausgeführt – die im Rahmen der ständigen Zuwendungspraxis der Beklagten in autonomem Begriffsverständnis angestellte Betrachtung entscheidend. Zweigniederlassungen sind danach – auch wenn es sich handelsrechtlich letztlich um Anträge des Unternehmensträgers unter der Firma der Zweigniederlassung handeln mag – mangels Vorliegen einer rechtlich selbstständigen Einheit nicht vom Unternehmensbegriff im Sinne der Zuwendungspraxis umfasst und damit nicht als solche antragsberechtigt. Zum anderen müsste, gerade wenn der Antrag materiell als durch den Unternehmensträger gestellt aufzufassen wäre, auch auf die Verhältnisse des Unternehmensträgers und nicht nur die einer Zweigstelle abgestellt werden. Erforderlich wäre dann insbesondere eine Angabe der (Vergleichs-)Umsatzzahlen des gesamten Unternehmensträgers, wie auch durch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde. Dies ist hier nicht geschehen.
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Damit entspricht im Übrigen die Regelung der Zuwendungsrichtlinie und mit ihr die Zuwendungspraxis der handelsrechtlichen Situation, auf die sich die Klägerin bezieht: Die Zweigniederlassung alleine ist nicht antragsberechtigt, sondern allenfalls der (gesamte) Unternehmensträger, dessen Verhältnisse dann auch mit Blick auf die Antragsberechtigung und insbesondere die Betroffenheit der wirtschaftlichen Tätigkeit vom Lockdown zu betrachten sind. In diesem Zusammenhang ist es im Übrigen unzutreffend, dass, wie durch die Klägerin vorgetragen, ein Antrag durch den im Ausland ansässigen Unternehmensträger nicht möglich gewesen wäre. Bereits nach dem Wortlaut der Zuwendungsrichtlinie in Nr. 2.1 Satz 1 Buchst. a sind antragsberechtigt u.a. Unternehmen, wenn sie ihre Tätigkeit von einer inländischen Betriebsstätte oder einem inländischen Sitz der Geschäftsführung aus ausführen und bei einem deutschen Finanzamt für steuerliche Zwecke erfasst sind. Damit ist nicht ausgesagt, dass ein Antrag durch ein Unternehmen mit ausländischem Sitz generell nicht möglich wäre, sondern lediglich, dass die Tätigkeit von einer inländischen Betriebsstätte – wie hier einer Zweigniederlassung – ausgeführt werden muss. In dieser Weise hat die Beklagte auch ihre ständige Zuwendungspraxis in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
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Da hier eine Antragstellung unter Darlegung der Verhältnisse – insbesondere der Umsätze – des Unternehmensträgers unterblieben ist und lediglich auf die Verhältnisse der Zweigniederlassung abgestellt wurde, kann der Zuwendungsantrag mithin schon deshalb nicht in weiterführender Weise als für den Unternehmensträger gestellt angesehen werden.
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Ausgehend von der wie ausgeführt nicht zu beanstandenden Zuwendungspraxis ist die Klägerin auf Grundlage des konkret gestellten Antrags folglich nicht antragsberechtigt. Der durch die Beteiligten ergänzend thematisierten Frage des Nachweises u.a. einer indirekten Betroffenheit auf Grundlage der Umsätze der Feinkost L. … G. … muss damit nicht nachgegangen werden.
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3. Vor dem Hintergrund des mangels Antragsberechtigung bereits tatbestandlich fehlenden Anspruchs der Klägerin auf Gewährung und Auszahlung einer Dezemberhilfe führt auch der gestellte Antrag auf ermessensfehlerfreie Bescheidung nicht weiter. Auf Fragen der Ermessensausübung und insbesondere der Begründung des ablehnenden Bescheids, die die Klägerin ergänzend thematisiert, kommt es mithin nicht mehr an (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1981 – 8 B 14/81 – juris Rn. 6; U.v. 30.11.1966 – V C 215.65 – juris Rn. 19; VGH BW, U.v. 12.7.2011 – 6 S 2579/10 – juris Rn. 30; Lindner, in: BeckOK VwGO, 63. Ed. 1.10.2022, § 121 Rn. 42).
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Der beantragte Ausspruch zur Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist bereits deshalb nicht veranlasst, weil ein Vorverfahren hier nicht stattfand (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO i.V.m. Art. 12 Abs. 2 AGVwGO). Kosten eines Vorverfahrens sind solche eines Widerspruchsverfahrens gemäß §§ 68 ff. VwGO (vgl. nur Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 162 Rn. 16). Außerhalb eines Vorverfahrens im Verwaltungsverfahren entstandene Kosten eines Rechtsanwalts sind von § 162 VwGO und demzufolge auch von der Kostenfestsetzung nach § 164 VwGO sachlich nicht erfasst, weil diese Kosten gerade noch nicht den mit Blick auf einen bestimmten Rechtsstreit entstandenen Prozesskosten zuordenbar sind (BayVGH, B.v. 5.2.2013 – 10 C 12.2381 – juris Rn. 4; ebenso OVG Bremen, B.v. 2.4.2014 – 1 S 107/13 – juris Rn. 5; VG München, U.v. 29.11.2021 – M 31 K 21.2819 – juris Rn. 32; Schübel-Pfister, aaO).
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.