Titel:
Nachbarklage gegen die Genehmigung eines Dorfgemeindehauses: Berufen darauf, dass der genehmigte Umfang ohnehin nicht eingehalten werde, reicht nicht
Normenketten:
VwGO § 91 Abs. 1
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 5, § 15 Abs. 1
Leitsatz:
Erschöpfen sich die Einwände des Klägers gegen eine Baugenehmigung im Wesentlichen darauf, dass sich die zukünftige Nutzung (hier: eines Dorfgemeindehauses) ohnehin nicht im Genehmigungsumfang halten werde, kann er damit im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung anlässlich einer Drittanfechtungsklage nicht durchdringen. (Rn. 68) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bau eines Dorfgemeindehauses, Drittanfechtungsklage, Baugenehmigung in Gestalt eines Änderungsbescheides; Einbeziehung des Änderungsbescheides im Wege der sachdienlichen Klageänderung, Bestimmtheit der Baugenehmigung, faktisches Baugebiet nach § 5 BauNVO, Gebot der Rücksichtnahme, insbesondere unzumutbare Lärmbelästigungen (verneint), Baugenehmigung in Gestalt eines Änderungsbescheides, Einbeziehung des Änderungsbescheides im Wege der sachdienlichen Klageänderung, Dorfgemeindehaus, Rücksichtsnahmegebot, Baugenehmigung, Anfechtungsklage, Nachbarklage, faktisches Baugebiet, Lärm, Lärmbelästigung, Nutzung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 42987
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte oder die Beigeladene zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines Dorfgemeindehauses auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung … (…).
2
Die Beigeladene beantragte mit Bauantrag vom 25. Mai 2021 die Baugenehmigung für den Neubau eines Dorfgemeindehauses auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung … (…; nachfolgend wird auf die Angabe der Gemarkung verzichtet; alle erwähnten Flurnummern beziehen sich auf die Gemarkung …) mit 5 Stellplätzen. Gleichzeitig wurde die isolierte Abweichung hinsichtlich der Abstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayBO beantragt, da sich die Abstandsflächen der vorhandenen Doppelgarage mit Abstandsflächen des Neubaus im Bereich einer Außenecke des Neubaus an zwei Stellen überdeckten.
3
Laut Bauantrag handelt es sich um ein Vorhaben mit einer Nutzfläche von insgesamt 283,08 qm (Gebäude 249,70 qm + Garagen 33,38 qm), bestehend aus einem Vollgeschoss (EG = 159,07 qm) mit voll ausgebautem Dachgeschoss. Im Erdgeschoss sollen sich im Wesentlichen ein Versammlungsraum (58,08 qm), eine Küche mit Lagerraum (12,41 qm + 6,38 qm) und Sanitäranlagen befinden; das Dachgeschoss besteht im Wesentlichen aus einem Mehrzweckraum (107,79 qm) und einer Teeküche (8,12 qm). Die sich nordwestlich des Gebäudes befindlichen zwei Garagen sollen mittels einer Wegüberdachung mit dem Hauptgebäude verbunden werden. Südlich soll an das Dorfgemeindehaus ein überdachter Freisitz angrenzen.
4
Das Grundstück FlNr. … liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes. Nördlich und nordwestlich grenzen unmittelbar an das Grundstück FlNr. … Grundstücke mit Wohnbebauung, südlich schließen sich getrennt durch eine Straße weitere Wohngebäude, landwirtschaftliche Hofstellen und die …-Kapelle an. In östlicher Richtung grenzt das Grundstück an die … Die Stadt … erteilte das gemeindliche Einvernehmen am 14. Juni 2021.
5
Entsprechend der Betriebsbeschreibung zu der bei dem Beklagten am 22. September 2021 eingegangen Tektur zum Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung ergibt sich, dass das Dorfgemeindehaus als Treffpunkt und Ort für Veranstaltungen genutzt werden soll. Die Betriebszeiten sollen sowohl an Werktagen als auch an Sonn- und Feiertagen zwischen 6:00 Uhr und 22:00 Uhr liegen. Als zu erwartende Geräusche werden Stimmengeräusche und musikalische Darbietungen/Hintergründe bei Veranstaltungen, Geburtstagsfeiern, Kartenspielabenden und sportlichen Aktivitäten (DG-Mehrzweckraum) benannt. Eine regelmäßige tägliche Nutzung sei nicht vorgesehen; die Nutzung erfolge eher in festgelegten Zeitabständen und/oder punktuell. Hinsichtlich der Dauer und Häufigkeit der zu erwartenden Geräusche wurde auf die Tageszeit von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr verwiesen. Die Lage der Geräuschquellen befinde sich vorrangig im Versammlungsraum im Erdgeschoss, eingeschränkt im Mehrzweckraum im Dachgeschoss. Als Maßnahmen zur Vermeidung schädlicher Geräusche werden geschlossene Fenster und eine Kontrolle/Überwachung durch namentlich benannte Lärmschutzansprechpartner genannt.
6
Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. … (…). Das Grundstück grenzt nördlich an das streitgegenständliche Grundstück FlNr. … an. Der Kläger erteilte die nachbarliche Zustimmung für das streitgegenständliche Vorhaben nicht.
7
Mit Schreiben vom 29. September 2021 teilte das Umweltamt des Landratsamtes … mit, dass aus immissionsschutzfachlicher Sicht keine Bedenken gegen das geplante Vorhaben bestünden, wenn Auflagen und Bedingungen im Genehmigungsbescheid berücksichtigt würden. Des Weiteren findet sich in der Behördenakte eine E-Mail vom 10. September 2021, wonach nach einer Korrektur der Wandhöhe Giebel, traufseitig, und einer Ergänzung der Wandhöhen der Überdachung an der Südseite die Abstandsflächen nun in Ordnung seien.
8
Mit Bescheid vom 5. Oktober 2021 erteilte der Beklagte im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO die beantragte Baugenehmigung u.a. unter folgenden Nebenbestimmungen hinsichtlich des Lärmschutzes:
1. „Als Beurteilungsgrundlage dient die technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998, zuletzt geändert durch die Verwaltungsvorschrift vom 1. Juni 2017 (TA Lärm – BAnz AT 8.6.2017 B5).
Zusammen mit allen einwirkenden Gewerbelärmimmissionen sind insgesamt folgende Immissionsrichtwerte für Lärm an den Immissionspunkten (0,5 m vor den geöffneten, am meisten betroffenen Wohnungsfenstern) einzuhalten:
Mischgebiet: tagsüber (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) 60 dB(A) nachts kein Betrieb
2. Der Immissionsrichtwert gilt auch dann als nicht eingehalten, wenn er durch einzelne Schallereignisse um mehr als 30 dB(A) am Tage überschritten wird.
3. Ein auf die Nachbarschaft störend wirkendes Verhalten von Personen ist unverzüglich zu unterbinden. Notfalls muss vom Hausrecht Gebrauch gemacht werden. Eine Störung liegt dann vor, wenn die Störung über das in der näheren Umgebung ortsübliche vorhandene Niveau hinausgeht.
4. Veranstaltungen sind so zu planen, dass anfallende Vorbereitungs- und Aufräumarbeiten während des Tagzeitraumes (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) erledigt werden können.“
9
Eine Ausfertigung der Baugenehmigung wurde dem Kläger mittels Postzustellungsurkunde am 13. Oktober 2021 zugestellt.
10
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 12. November 2021, über das besondere Anwaltspostfach beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am selben Tag, ließ der Kläger Klage erheben.
11
Zur Begründung der Klage trugen die Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 24. Januar 2022 vor, dass die im Vorhaben geplanten Nutzungen (vgl. Ziff. 10.2 der Betriebsbeschreibung) für die Nachbarschaft und insbesondere für den Kläger erhebliche Lärmimmissionen zur Folge hätten. Auf der zum Grundstück des Klägers zeigenden Seite des Dorfgemeindehauses befänden sich sowohl im Erdgeschoss als auch im Dachgeschoss Fenster des Versammlungs- bzw. Mehrzweckraumes, die geöffnet werden könnten. Im Erdgeschoss befinde sich auf dieser Gebäudeseite im Erdgeschoss auch eine Tür. Für die Belüftung des Versammlungs- und des Mehrzweckraumes sei es jeweils nicht erforderlich, dass diese Fenster geöffnet werden könnten. Auch eine schalldichte Ausführung der Fenster, die auf das Grundstück des Klägers einwirkende Lärmimmissionen verhindern, sei nicht vorgesehen.
12
Maßnahmen, die bereits laut Betriebsbeschreibung zur Vermeidung von Geräuschimmissionen getroffen werden sollen, wie das Schließen der Fenster und Überwachung und Kontrolle durch Lärmschutzansprechpartner, seien weder verbeauflagt noch zum Anlass anderer bzw. weiterer Auflagen gemacht worden.
13
Der Bescheid vom 5. Oktober 2021 sei rechtswidrig, da das Bauvorhaben der Beigeladenen nicht genehmigungsfähig sei. Die Baugenehmigung und insbesondere die genehmigte bauliche Nutzung sei inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Vor allem stehe die zeitliche Nutzungsbeschränkung im Widerspruch zu den nach der Betriebsbeschreibung genehmigten Veranstaltungen. Aus einer Betriebsbeschreibung müsse hinreichend klar hervorgehen, wie die bauliche Anlage genutzt werden solle. Insbesondere sollten Dritte bzw. Nachbarn bestimmen können, inwiefern sie durch die Nutzung der baulichen Anlage in ihren Rechten beeinträchtigt würden. Die Betriebsbeschreibung sei im vorliegenden Fall widersprüchlich. Dort werde die Nutzung auf die Zeit von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr beschränkt, während ausdrücklich die Nutzung des Dorfgemeindehauses für Kartenspielabende und Geburtstagsfeiern genannt werde. Bei derartigen Veranstaltungen sei davon auszugehen, dass diese regelmäßig über den angegebenen Benutzungszeitraum hinausgingen. Zu berücksichtigen sei auch, dass – selbst wenn die Veranstaltung um 22:00 Uhr beendet werde – durch Stimmen und Motorengeräusche beim Verlassen des Gebäudes bzw. Anwesens auch nach 22:00 Uhr noch erhebliche Lärmimmissionen entstünden, insbesondere, wenn die Raumkapazitäten voll ausgeschöpft seien und 45 Personen an einer Veranstaltung teilgenommen hätten.
14
In der Baugenehmigung finde sich weder eine Auflage zur Untersagung der Nutzung des Dorfgemeindehauses nach 22:00 Uhr noch eine Lärmschutzauflage für den Nachtzeitraum. In der Auflage Nr. 4 werde lediglich vorgesehen, dass Veranstaltungen so zu planen seien, dass die Aufbau- und Aufräumarbeiten während der Zeit von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr durchzuführen seien. Da hier nur von der Planung gesprochen werde, seien bei der Umsetzung noch Spielräume offen. Es könne deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass insbesondere Aufräumarbeiten auch nach 22:00 Uhr durchgeführt würden. Dies stehe im Widerspruch zu der Angabe in der Betriebsbeschreibung, die eine Nutzung nach 22:00 Uhr nicht vorsehe. Durch Aufräumarbeiten würden ebenso wie durch die Veranstaltung selbst Lärmimmissionen verursacht, zum Beispiel durch das Schieben von Tischen, Stühlen, Zusammenklappen von Biertischgarnituren etc. sowie durch das anschließende Verlassen des Gebäudes bzw. Anwesens durch die Aufräumenden.
15
Soweit in Auflage Nr. 3 dargestellt sei, dass eine Störung der Nachbarschaft dann vorliege, wenn die Lärmimmissionen über das ortsübliche Niveau hinausgingen, bleibe offen, von welchem ortsüblichen Niveau die Genehmigungsbehörde ausgehe. Da das Dorfgemeindehaus in einem ruhigen Gebiet errichtet werden solle, in welchem allenfalls Lärmimmissionen durch den Straßenverkehr der … verursacht würden, sei das ortsübliche Niveau bereits bei kleineren Veranstaltungen, die nicht unter voller Auslastung der Kapazität von 45 Personen stattfinden, überschritten.
16
Das Vorhaben verstoße auch gegen das Gebot der Rücksichtnahme aus § 15 Abs. 1 BauNVO. Das Vorhaben befinde sich im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB. Da die Eigenheit der näheren Umgebung einem Dorfgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO) entspreche, seien Anlagen für kulturelle und soziale Zwecke nach § 5 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO zulässig. Allerdings stehe § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO entgegen, wonach bauliche Anlagen im Einzelfall unzulässig seien, wenn von ihnen Belästigungen und Störungen ausgehen könnten, die nach der Eigenheit des Baugebietes selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar seien. Vorliegend seien bei der Nutzung des Bauvorhabens Lärmimmissionen zu befürchten, die über die in der Baugenehmigung genannten Grenzwerte deutlich hinausgehen würden und für den Kläger als unmittelbar angrenzenden Nachbarn unzumutbar seien. Eine maßgebliche Rolle dabei spiele die bauliche Gestaltung, insbesondere die Fenster und Türen des Dorfgemeindehauses auf der Seite zum Wohngebäude des Klägers hin. Es sei davon auszugehen, dass diese Fenster bei Veranstaltungen zum regelmäßigen Lüften und im Sommer dauerhaft offenstehen würden. Dabei seien erhebliche Lärmimmissionen zu erwarten, wenn musikalische Darbietungen stattfinden oder (laute) Hintergrundmusik im Rahmen von Geburtstagsfeiern gespielt werde. Dies gelte sowohl für den Versammlungsraum im Erdgeschoss als auch für den Mehrzweckraum im Dachgeschoss, da insbesondere für sportliche Aktivitäten (laute) Hintergrundmusik und Lüften üblich sei.
17
Auch sei davon auszugehen, dass gerade bei Veranstaltungen im Sommer neben den beiden großen Räumen auch die Außenanlagen, insbesondere der Freisitz, aber auch die übrigen Freiflächen, genutzt würden, sodass eine Überschreitung der Grenzwerte unvermeidlich sei. Die Nutzung der Außenanlagen sei nicht auf den Freisitz beschränkt, sodass auch die freien Flächen zwischen dem Dorfgemeindehaus und dem klägerischen Grundstück genutzt werden könnten.
18
Eine Beeinträchtigung des Klägers sei auch dadurch zu erwarten, dass die Tür auf der nördlichen Gebäudeseite dazu genutzt werden dürfte, um zum Rauchen nach außen zu gehen. Dadurch komme es neben den Geruchsimmissionen auch zu Lärmimmissionen durch die Unterhaltung der Rauchenden direkt vor den Fenstern des klägerischen Wohngebäudes.
19
Entsprechend seien Lärmbelästigungen zu befürchten, die deutlich über den in der Auflage angegebenen Grenzwert hinausgingen. Im Vorfeld der Baugenehmigung hätte daher durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden müssen, ob die in der Baugenehmigung angegebenen Grenzwerte bei den geplanten Veranstaltungen überhaupt eingehalten werden können. Ein derartiges Sachverständigengutachten fehle jedoch.
20
Auch hätte die beschriebene konfliktträchtige Nutzung bei Erteilung der Baugenehmigung berücksichtigt und durch weitere schützende Auflagen geregelt werden müssen.
21
Der Kläger beantragt ursprünglich:
1. Der Bescheid des Landratsamtes … vom 5. Oktober 2021, Az. …, wird aufgehoben.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
22
Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 17. Februar 2022,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
23
Der Beklagte führte aus, dass das beantragte Bauvorhaben im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO geprüft worden sei, da es sich nicht um einen Sonderbau handle. Die Baugenehmigung sei zu erteilen gewesen, da das Bauvorhaben den im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspreche. Die Abstandsflächen würden eingehalten, andere öffentlich-rechtliche Anforderungen sei nicht tangiert. Nachbarschützende Vorschriften würden nach Auffassung des Landratsamtes nicht verletzt. Insbesondere liege kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor.
24
Da die Betriebsbeschreibung vom 25. Mai 2021, eingegangen beim Landratsamt … am 22. September 2021, Bestandteil der Antragsunterlagen sei, sei es nicht notwendig, diese nochmals schriftlich im Bescheid vom 5. Oktober 2021 darzustellen. Die Baugenehmigung sei deswegen hinreichend bestimmt. Aus der Betriebsbeschreibung ergebe sich eindeutig, dass die Betriebszeiten des Dorfgemeinschaftshauses nur im Tageszeitraum von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr geplant seien. Zum Betrieb zählten auch Vorbereitung und Aufräumarbeiten. Daher sei auch die Auflage Nr. 4 des Bescheides vom 5. Oktober 2021 hinreichend bestimmt. Zulässig seien Arbeiten nur während des Tageszeitraums. Je nach Dauer der Vorbereitungs- und Aufräumarbeiten sei deshalb die jeweilige Veranstaltung entsprechend zeitiger zu beenden. Aus der Formulierung „können“ sei keine Erlaubnis abzuleiten, die Betriebszeiten zu überziehen. Vielmehr werde nur ein variabler Zeitraum vorgegeben, der der jeweiligen Dauer der Vorbereitungs- und Aufräumarbeitszeit anzupassen sei. Die Aussage, dass bei Veranstaltungen davon auszugehen sei, dass regelmäßig über den angegebenen Benutzungszeitraum hinausgegangen werde, stelle nur eine bloße Mutmaßung dar und sei in diesem Fall aufgrund der Vorgaben in der Betriebsbeschreibung nicht zulässig.
25
Durch die Beteiligung des Umweltamtes, Fachbereich Immissionsschutz, und durch die Übernahme der von dieser Stelle vorgeschlagenen Auflagen werde sichergestellt, dass das Vorhaben bezüglich des Lärmschutzes verträglich sei und folglich auch aus immissionsschutzfachlicher Sicht keine Bedenken gegen das beantragte Bauvorhaben sprechen.
26
Der Bevollmächtigte des Klägers replizierte mit Schriftsatz vom 5. Mai 2022, das bei der Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit im Rahmen des Rücksichtnahmegebots bei störenden Nutzungen die Anforderungen des Immissionsschutzes nach Maßstab des § 22 Abs. 1 BImSchG zu beachten seien, wobei ein strenger Maßstab anzuwenden sei. Die Einschränkung des Prüfungsmaßstabes entbinde nicht von denjenigen Beteiligungen, die auch im Falle einer unmittelbaren Anwendung von § 22 Abs. 1 BImSchG erforderlich seien. Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme sei nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes auch bei Lärmauswirkungen von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig. Insofern seien die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar sei, gegeneinander abzuwägen.
27
Dies berücksichtigend verstoße das streitgegenständliche Vorhaben gegen das Gebot der Rücksichtnahme, da die zu öffnenden Fenster und Türen an der zum Haus des Klägers zugewandten Seite des Vorhabens zu erheblichen Lärmbelästigungen führten. Diese Lärmbelästigungen seien vermeidbar, wenn die Fenster als nicht zu öffnende Schallschutzfenster ausgeführt und auf die Türe verzichtet oder diese ebenfalls als (bodentiefes) Fenster ausgeführt würden.
28
Diese Ausführung des Vorhabens sei dem Bauherrn auch zumutbar, da sie nach Auskunft des das streitgegenständliche Vorhaben planenden Architekten, …, dessen Zeugeneinvernahme angeboten werde, ohne Nachteile für den Bauherrn umsetzbar sei. Die vier Fenster dienten lediglich zur Belichtung des Innenraums und könnten problemlos als nicht zu öffnende Schallschutzfenster ausgeführt werden. Die Türe sei nicht als Fluchttüre bzw. Rettungsweg notwendig. Sie sei allein auf Wunsch des Bauherrn geplant worden, um das für den im Vorhaben geplanten Holzofen benötigte Feuerholz, welches nach Ansicht des Bauherrn direkt unter den Fenstern des Klägers gelagert werden solle, auf schnellstem Weg ins Innere holen zu können. Da aber auf der hinteren Giebelseite des Vorhabens zu der bereits bestehenden Garage hin auch eine Tür geplant sei, könne das Feuerholz auch bei der Garage gelagert und über diese andere Tür zum Holzofen verbracht werden.
29
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 3. August 2022 übersandte der Beklagte mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2022 einen Änderungsbescheid desselben Datums zu Änderung des Baugenehmigungsbescheides vom 5. Oktober 2021, mit dem die folgenden neue Nebenbestimmungen Nr. 11 – 14 eingefügt wurden:
11. „Die Betriebsbeschreibung – Tektur – vom 25. Mai 2021, eingegangen beim Landratsamt … am 22. September 2021, ergänzt um den Aktenvermerk vom 29. September 2022, ist Bestandteil der genehmigten Bauantragsunterlagen.
12. Die Sitzplatzanzahl wird auf 50 Personen beschränkt.
13. Bei Veranstaltungen sind die nördlichen Fenster sowohl im Erdgeschoss als auch im Dachgeschoss geschlossen zu halten.
14. Musikdarbietungen sind bei Veranstaltungen nur als Hintergrundmusik zulässig. Livemusik ist nicht erlaubt.“
30
Mit Schriftsatz vom 14. November 2022 bezog der Bevollmächtigte des Klägers den Änderungsbescheid vom 13. Oktober 2022 im Wege der Klageänderung in das anhängige Verfahren ein und erhob hilfsweise Anfechtungsklage gegen den Änderungsbescheid.
31
Ergänzend wurde ausgeführt, dass der streitgegenständliche Bescheid durch die Ergänzung nicht rechtmäßig werde. Die Nebenbestimmung Nr. 12 (Begrenzung der Sitzplatzanzahl auf 50 Personen) sei nicht geeignet, erhebliche Lärmbelästigungen auf das Grundstück des Klägers auszuschließen. Unklar sei, ob sich die Beschränkung auf den Versammlungsraum oder das gesamte Gebäude beziehe. Auch würden nur die Sitzplätze beschränkt, nicht aber die Teilnehmer. Die in einem Dorfgemeindehaus stattfindenden Veranstaltungen würden teilweise von mehr als 50 – teils auch ortsfremden – Personen besucht. Es müsse daher mit einem Verkehrsaufkommen gerechnet werden, das die Stellplatzmöglichkeiten auf dem Grundstück weit überschreite.
32
Die Nebenbestimmung Nr. 13 (Geschlossenhalten der nördlichen Fenster während Veranstaltungen) lasse sich in der Praxis nicht umsetzen. Lärmbelästigungen könnten nur durch eine Auflage, dass es sich um nicht öffenbare und schalldichte Fenster handeln müsse, vermieden werden.
33
Die im Rahmen der Baugenehmigung durchführbaren Veranstaltungen führten unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, also der trichterförmigen Schallverstärkung, zu Lärmbelästigungen deutlich über dem Grenzwert von 60 dB(A). Zum Beweis werde ein Sachverständigengutachten angeboten.
34
Der Kläger beantragt zuletzt,
- 1.
-
Der Bescheid des Landratsamtes … vom 5. Oktober 2021, Az. …, in Gestalt des Änderungsbescheides vom 13. Oktober 2022, Az. …, wird aufgehoben.
- 2.
-
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
- 3.
-
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
35
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Gerichtsakte aus dem Verfahren AN 3 K 19.01829 sowie die beigezogene Behördenakte und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf das Protokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe
36
Die zulässige Klage ist unbegründet.
37
1. Klagegegenstand ist dabei der Bescheid des Landratsamtes … vom 5. Oktober 2021, Az. …, in der Gestalt, die er durch den Änderungsbescheid vom 13. Oktober 2022 erhalten hat.
38
Mit dem Änderungsbescheid vom 13. Oktober 2022 ist der Genehmigungsbescheid vom 5. Oktober 2021 modifiziert worden. Die Änderungsgenehmigung bildet mit der ursprünglichen Baugenehmigung eine untrennbare Einheit, sog. Tekturgenehmigung.
39
Dies ergibt sich bereits deutlich aus dem Änderungsbescheid vom 13. Oktober 2022. Dieser enthält nur einen Teil der in einer Baugenehmigung zu regelnden Fragestellungen und ergänzt bzw. verändert die ursprüngliche Baugenehmigung hinsichtlich lärmschutzbezogener Auflagen. Aus den textlichen Festsetzungen „Der Baugenehmigungsbescheid vom 5. Oktober 2021 […] wird wie folgt geändert“ sowie „Folgende Nebenbestimmungen Nr. 11 bis 14 werden eingefügt“ ergibt sich unzweifelhaft, dass die beiden Bescheide als Einheit zu betrachten sind. Hinzukommt, dass die Beigeladene ausdrücklich beantragt hat, die ursprüngliche Baugenehmigung im Umfang der mit Änderungsbescheid umgesetzten Anpassungen abzuändern, womit sie ausreichend deutlich gemacht hat, dass sie gerade nicht mehr von der erteilten Baugenehmigung in ihrer ursprünglichen Form Gebrauch machen möchte.
40
Der Änderungsbescheid vom 13. Oktober 2022 konnte im Wege der Klageänderung gemäß § 91 VwGO in das bereits anhängige gerichtliche Verfahren einbezogen werden, da eine Klageänderung zumindest sachdienlich ist, § 91 Abs. 1, 2. Alt. VwGO. Dahinstehen kann insoweit, ob die rügelose Einlassung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Beigeladenen ausreichend ist.
41
2. Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
42
Der Kläger als Dritter kann sich dabei mit einer Anfechtungsklage nur dann mit Aussicht auf Erfolg gegen einen Baugenehmigungsbescheid zur Wehr setzen, wenn dieser rechtswidrig ist sowie die Rechtswidrigkeit auf der Verletzung einer Norm beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Dritten zu dienen bestimmt ist (sog. Schutznormtheorie, vgl. u.a. BayVGH, B.v. 30.7.2021 – 1 CS 21.1506 – juris Rn. 9 m.w.N.). Ein unmittelbarer Rückgriff auf Art. 14 Abs. 1 GG zur Begründung des Nachbarrechtsschutzes kommt dabei grundsätzlich nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber in Ausfüllung seines legislatorischen Gestaltungsspielraums aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nachbarliche Abwehrrechte verfassungskonform ausgestaltet hat und unter Einschluss der Grundsätze des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme ein geschlossenes System des nachbarlichen Drittschutzes bereitstellt (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2021 – 15 CS 21.1081 – juris Rn. 23 m.w.N.).
43
Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren auch keine umfassende Rechtskontrolle statt, vielmehr hat sich die gerichtliche Prüfung darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch vermitteln, verletzt werden. Die Baugenehmigung muss dabei gegen eine im Baugenehmigungsverfahren – hier das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO – zu prüfende Vorschrift verstoßen. Auf Bauordnungsrecht beruhende Nachbarrechte können durch eine Baugenehmigung nur dann verletzt werden, wenn diese bauordnungsrechtlichen Vorschriften im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind.
44
Vorliegend besteht keine Verletzung solch drittschützender Rechte des Klägers.
45
a) Soweit der Bevollmächtigte des Klägers vorträgt, dass die Baugenehmigung nicht ausreichend bestimmt ist, kann er damit spätestens seit Erlass des Änderungsbescheides nicht mehr durchdringen. Der Kläger kann ausreichend deutlich erkennen, in welchem Umfang er durch die Baugenehmigung betroffen ist.
46
Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss die im Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten – gegebenenfalls nach Auslegung – eindeutig zu erkennen und einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sein. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls, wobei Unklarheiten zu Lasten der Behörde gehen. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit der Baugenehmigung ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft. Eine Baugenehmigung ist daher aufzuheben, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Antragsunterlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann. Der Inhalt der Baugenehmigung bestimmt sich nach der Bezeichnung und den Regelungen im Baugenehmigungsbescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen. Nicht mit Genehmigungsvermerk versehene Unterlagen können allenfalls dann zur Auslegung des Inhalts der Baugenehmigung herangezogen werden, wenn anderweitig im Genehmigungsbescheid oder in den (gestempelten) Bauvorlagen auf sie Bezug genommen wird (BayVGH, B.v. 26.4.2022 – 1 CS 22.551 – juris Rn. 6 m.w.N.).
47
Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 5. Oktober 2021 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 13. Oktober 2022 gerecht. Der Umfang des genehmigten Vorhabens ergibt sich ausreichend deutlich aus der Baugenehmigung und den mit dem Bauantrag eingereichten Bauvorlagen gemäß Art. 64 Abs. 2 BayBO i.V. m. § 3 BauVorlV. Die dem Bauantrag beigefügten Bauzeichnungen gemäß § 3 Nr. 2, § 8 BauVorlV sind mit einem Genehmigungsvermerk versehen. Soweit dem Bauantrag beigefügte Bauvorlagen im Genehmigungsverfahren geändert wurden, sind die ursprünglichen Unterlagen mit dem Stempel „fehlerhaft – nicht genehmigungsfähig“ gekennzeichnet, so dass auch für den Laien erkennbar ist, dass diese Unterlagen gerade nicht Gegenstand der Baugenehmigung sind.
48
Mit dem Änderungsbescheid vom 13. Oktober wurde darüber hinaus den Bedenken des Gerichts, ob auch die Betriebsbeschreibung, eingegangen beim Landratsamt … am 22. September 2021, ausreichend deutlich zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht worden ist, Rechnung getragen. Denn die Betriebsbeschreibung war nicht ausdrücklich zum Gegenstand des ursprünglichen Baugenehmigungsbescheides gemacht worden und enthielt auch keinen Genehmigungsstempel, sondern lediglich den Stempel „Tektur“. Spätestens durch Aufnahme der Nebenbestimmung Nr. 11 mit dem Änderungsbescheid vom 13. Oktober 2022, wurde die Betriebsbeschreibung in der Fassung, die sie durch das Gespräch am 29. September 2022 erhalten hat (vgl. Zustimmungsvermerk des Beigeladenen vom 30. Oktober 2022), Gegenstand der Baugenehmigung. Damit steht der Betriebsumfang nach Überzeugung des Gerichts ausreichend deutlich fest. Insbesondere ergibt sich daraus die Art der geplanten Veranstaltungen und dass der Betrieb (einschließlich Vorbereitungs- und Aufräumarbeiten) nur während der Tagzeit (6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) stattfindet.
49
Klargestellt wurde mit der nachträglich eingefügten Nebenbestimmung Nr. 12, dass die Sitzplätze auf 50 Plätze beschränkt sind. Rechnung getragen wurde damit der Diskrepanz, dass die Beigeladene in den dem Bauantrag beigefügten „Ergänzenden Berechnungen“ (Bl. 12 der Behördenakte) hinsichtlich der Berechnung der erforderlichen Stellplätze von 50 Sitzplätzen ausging, der Beklagte aufgrund der zeichnerischen Darstellung in der Genehmigungsplanung (Bl. 49 der Behördenakte) 45 Sitzplätzen seinen Berechnungen zugrunde legte (Schriftsatz des Beklagten vom 29. Juli 2022, Bl. 71 ff. d. Gerichtsakte). Soweit der Kläger hiergegen einwendet, dass sich aus der Festlegung der Sitzplätze keine Höchstgrenze für im Gebäude anwesenden Personen ergebe, da es zusätzlich auch Stehplätze und des Weiteren parallele Veranstaltungen in den weiteren Räumen (z.B. im Dachgeschoss) geben könne, so überzeugt dies nicht. Zwar ist darin zuzustimmen, dass sich die Anzahl der Personen, die sich in einem Gebäude aufhalten können, nicht alleine nach den Sitzplätzen bestimmen lässt und sich durchaus mehr stehende Personen in einem Gebäude aufhalten können als Sitzplätze vorgesehen sind. Allerdings ergibt sich bereits aus der Art der vorgesehenen Veranstaltungen (z.B. Versammlungen, Geburtstagsfeiern, Kartenspielabende), dass sich die Kapazität vorrangig nach den vorhandenen Sitzplätzen richten wird. Aber selbst bei Anwesenheit von mehr als 50 Personen ergibt sich daraus keine unzumutbare Belästigung für den Kläger (siehe im Folgenden unter 2. d) aa)), so dass eine ggf. bestehende Ungenauigkeit der Baugenehmigung nicht zu einer Verletzung des Klägers in drittschützenden Normen führen kann.
50
b) Der Kläger kann sich nicht erfolgreich auf eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs berufen.
51
Der Gebietserhaltungsanspruch, auch Gebietsbewahrungsanspruch genannt, gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen (vgl. BayVGH, B.v. 27.12.2017 – 15 CS 17.2061 – juris Rn. 16). Dieser Anspruch gilt auch im faktischen Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 8.1.2019 – 9 CS 17.2482 – juris Rn. 15).
52
Der Gebietserhaltungsanspruch ist nicht verletzt.
53
Das Vorhabengrundstück befindet sich ebenso wie das Grundstück des Klägers im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB. Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht unstreitig einem Dorfgebiet nach § 5 BauNVO. Ausweislich der Kartierungen im BayernAtlas und bei Google Maps ist der Bebauungszusammenhang geprägt durch das Nebeneinander von Land- und Forstwirtschaft, Wohnen und Gewerbe. In einem Dorfgebiet sind gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zulässig.
54
c) Auch eine Verletzung des sogenannten Gebietsprägungserhaltungsanspruchs ist nicht ersichtlich.
55
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Unabhängig von der Frage, ob ein „Gebietsprägungserhaltungsanspruch“ aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO überhaupt existiert (vgl. zum Streitstand BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 9), kann dieser nur einschlägig sein, wenn das den Vorgaben gemäß §§ 2 bis 14 BauNVO (hier i.V. m. § 34 Abs. 2 BauGB) an sich entsprechende Bauvorhaben bei typisierender Betrachtung gleichwohl als gebietsunverträglich zu bewerten ist, weil es der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebiets widerspricht. Für ein (nachbar-) rechtswidriges Umschlagen von Quantität in Qualität in diesem Sinne müsste das Bauvorhaben die Art der baulichen Nutzung derart erfassen oder berühren, dass bei typisierender Betrachtung im Ergebnis ein Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets angenommen werden müsste (vgl. BVerwG, U.v. 16.03.1995 – 4 C 3.94 – NVwZ 1995, 899 = juris Rn. 17). Da es sich bei § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO um eine Ausnahmevorschrift zur Art der baulichen Nutzung handelt, ist ein solcher Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets aber nur unter strengen Voraussetzungen anzunehmen. Der Widerspruch der hinzukommenden baulichen Anlage oder deren Nutzung muss sich daher bei objektiver Betrachtungsweise offensichtlich aufdrängen; dass das Neubauvorhaben oder die neue Nutzung nicht in jeder Hinsicht mit der vorhandenen Bebauung im Einklang steht, genügt dafür nicht (BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 10; Kremer, jurisPR-ÖffBauR 8/2019 Anm. 5; am Beispiel eines Asylbewerberheims vgl. auch OVG Rh-Pf, B.v. 08.12.2016 – 8 A 10680/16 – juris Rn. 11 f.).
56
Entsprechendes wurde weder vom Bevollmächtigten des Klägers vorgetragen noch ist aus Sicht des Gerichtes erkennbar, insbesondere unter Berücksichtigung, dass ein Dorfgemeindehaus regelmäßig der örtlichen Gemeinschaft dient.
57
d) Das Vorhaben stellt sich auch nicht als rücksichtslos dar (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO).
58
Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Es wird zulasten des Nachbarn verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird, also unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen überschritten wird, was der Nachbar billigerweise hinnehmen muss. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 21.1.2022 – 1 CS 21.2866 – juris Rn. 14 m.w.N.).
59
Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes ist nach Einschätzung des Gerichts nicht gegeben.
60
aa) Der Kläger ist nach Überzeugung des Gerichts keinen unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Lärmimmissionen ausgesetzt.
61
Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen ist grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (§ 3 Abs. 1 BImSchG) und auf dessen materiell-rechtliche Maßstäbe (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen (BayVGH, B.v. 21.1.2022 – 1 CS 21.2866 – juris Rn. 14 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 23.9.1999 – 4 C 6.98 – BVerwGE 109, 314; BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32; VGH BW, U.v. 12.10.2017 – 3 S 1457/17 – ZfBR 2018, 171). Was die Zumutbarkeit von Lärmimmissionen betrifft, können anerkanntermaßen die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm – bzw. die darin enthaltenen Immissionsrichtwerte herangezogen werden. Die TA Lärm gehört zu den normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften, welche vorbehaltlich abweichender Erkenntnisse im Regelfall der gerichtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden.
62
Im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme hat die Bauaufsichtsbehörde bei der Prüfung, ob und inwieweit von einer Anlage Immissionen ausgehen können, der Reichweite der Immissionen nachzugehen. Sie muss insbesondere prüfen, in welchem Umkreis die Immissionen noch zumutbar sind. Sie ist daher verpflichtet, zugunsten eines Nachbarn gegebenenfalls durch Auflagen in der Baugenehmigung, mittels einer konkreten Betriebsbeschreibung oder durch Ähnliches sicherzustellen, dass der Nachbar vor unzumutbaren Immissionen geschützt wird. Dabei reicht die Festsetzung von Immissionswerten allein für die Erfüllung der Schutzpflicht nicht immer aus. Die Festlegung des maßgeblichen Immissionsrichtwerts genügt vielmehr zur Sicherung der Nachbarrechte grundsätzlich nur, wenn feststeht, dass die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze nicht überschreiten, was nur durch entsprechende Lärmermittlungen (Schallimmissionsprognosen) nachgewiesen werden kann. Es ist dabei grundsätzlich Sache des Bauherrn, im Genehmigungsverfahren den Nachweis zu erbringen, dass die zur Genehmigung gestellte Anlage die einschlägigen Zumutbarkeitskriterien der TA-Lärm einhält. An die insoweit bereits im Genehmigungsverfahren vorzunehmende prognostische Einschätzung einer Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien sind insoweit hohe Anforderungen zu stellen, als sie in jedem Fall „auf der sicheren Seite“ liegen muss. Andernfalls würden die regelmäßig nicht zu vermeidenden Unsicherheiten bei der nachträglichen Kontrolle, ob der bei der Genehmigung vorausgesetzte Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen tatsächlich gewahrt ist, zulasten der zu schützenden Betroffenen gehen. Eine solche Sichtweise ist angesichts des hohen Werts der Schutzgüter, die mit der Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen geschützt werden sollen – hier also vornehmlich die Gesundheit der Nachbarn – auch mit Blick auf die – in erster Linie wirtschaftlichen – Interessen des Bauherrn gerechtfertigt. Daher muss bereits die genehmigte Nutzung in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden. Denn die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften muss bereits durch die Baugenehmigung im Zeitpunkt ihrer Erteilung gewährleistet sein (BayVGH, U.v. 16.11.2006 – 26 B 03.2486 – juris Rn. 28 und 30; B.v. 2.10.2012 – 2 ZB 12.1898 – juris Rn. 5 m.w.N.).
63
Gemessen an diesen Maßstäben beeinträchtigt die angegriffene Baugenehmigung den Kläger nicht in unzumutbarer Weise in seinen Rechten.
64
Dabei ist es ausreichend, wenn die Fachstelle des Landratsamtes – Umweltamt eine immissionsschutztechnische Bewertung abgibt, aus der sich ergibt, dass im Regelbetrieb nicht mit einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte zu rechnen ist. Unerheblich ist insoweit, dass das Landratsamt vom Beigeladenen nicht die Vorlage einer schallschutztechnischen Untersuchung gefordert hat. Die Fachstelle des Landratsamtes für den technischen Umweltschutz hat sich mit dem Bauvorhaben beschäftigt und eine immissionsschutztechnische Bewertung abgegeben, aus der sich ergibt, dass im Regelbetrieb nicht mit einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte zu rechnen ist. Auch haben die geforderten Auflagen Eingang in die streitgegenständlichen Bescheide gefunden. Es ist dabei nicht zwingend erforderlich, bspw. Berechnungen aktenkundig zu machen, wenn die Fachstelle zum Ergebnis kommt, dass im Regelbetrieb nicht mit einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte zu rechnen ist. Die Klägerseite konnte keine Fehler dieser Stellungnahme aufzeigen, sondern beschränkt sich darauf, eine (weitere) schalltechnische Untersuchung zu fordern. Damit kann ein Angriff auf die Baugenehmigung nicht geführt werden (vgl. VG München, B.v. 15.1.2019 – M 9 SN 18.4926 – juris Rn. 27 unter Verweis auf BVerwG, B.v. 3.2.2010 – 7 B 35/09 – juris; B.v. 13.3.1992 – 4 B 39/92 – juris).
65
Der Beklagte hat in der Baugenehmigung vom 5. Oktober 2021 in der Gestalt, die sie mit Bescheid vom 13. Oktober 2022 erhalten hat, als zielorientierte Festlegung zum Immissionsschutz die Grenzwerte der TA Lärm für ein Dorfgebiet gemäß Nr. 6.1 Buchstabe d festgesetzt. Die Heranziehung der TA Lärm als Grundlage der festgesetzten Grenzwerte und die Beurteilung der zu erwartenden Lärmimmissionen ist insoweit nicht zu beanstanden. Das streitgegenständliche Vorhaben unterfällt nicht den Ausnahmen der Nr. 1 Abs. 2 TA Lärm, insbesondere handelt es sich bei dem Vorhaben nicht um eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne von Nr. 1 Abs. 2 Buchst. h der TA Lärm, da charakteristisch für die sozialen Zwecke die Unterbringung und Betreuung von Personen ist (Hansmann in: Landmann/Rohmer, UmweltR, TA Lärm 1 Rn. 22). Der Kläger kann mit seinem nicht näher begründeten Einwand, das Vorhaben hätte anhand der Freizeitlärm-Richtlinie beurteilt werden müssen, nicht durchdringen. Das Vorhaben, das in der Betriebsbeschreibung als Treffpunkt und Ort für Versammlungen, z.B. Veranstaltungen, Geburtstagsfeiern Kartenspielabenden und sportlichen Aktivitäten, bezeichnet ist, ist gerade nicht vergleichbar mit den in Nr. 1 Abs. 2 der Freizeitlärm-Richtlinie genannten Anlagen, wie z.B. Grundstücke, auf denen in Zelten oder im Freien Diskothekenveranstaltungen, Livemusik-Darbietungen, Rockmusikdarbietungen, Platzkonzerte, regelmäßige Feuerwerke, Volksfeste o.a. stattfinden, Spielhallen, Rummelplätze, Freilichtbühnen, Freizeit- und Vergnügungsparks, Badeplätze, Erlebnisbäder, … Insbesondere sind entsprechend der mit Änderungsbescheid vom 13. Oktober 2022 eingefügten Nebenbestimmung Nr. 14 Livemusik-Darbietungen gerade ausgeschlossen. Nach Bewertung der Kammer entspricht die Nutzung des Vorhabens eher der eines Mehrzweckgebäudes, so dass aufgrund der Komplexität der Nutzungen eine Heranziehung der Freizeitlärm-Richtlinie nicht angezeigt erscheint (OVG RhPF, U.v. 22.11.2019 – 1 A 10554/19 – juris Rn. 32).
66
Aufgrund der Erläuterungen des Umweltingenieurs zu seiner im Verwaltungsverfahren angestellten Überprüfung der zu erwartenden Lärmimmissionen in der mündlichen Verhandlung sowie der Stellungnahme vom 29. Juli 2022 steht für das Gericht auch fest, dass die festgesetzten Lärmgrenzwerte durch den der Betriebsbeschreibung entsprechenden und mit der Baugenehmigung genehmigten Regelbetrieb eingehalten werden können. Insoweit ist ausschließlich der beantragte und genehmigte Betrieb maßgeblich, nicht aber eine ggf. genehmigungswidrige Nutzung. Somit kommt es gerade nicht darauf an, welche Auswirkungen z.B. eine Bestuhlung der Außenfläche nach sich ziehen würden, da eine derartige Nutzung des sog. Freisitzes und der Gartenanlagen nicht beantragt ist. Gleiches gilt für Aufräumarbeiten und den Abfahrtsverkehr nach 22.00 Uhr, da ein Betrieb nach 22.00 Uhr weder beantragt noch genehmigt ist. Entsprechend ist die Beigeladene verpflichtet, Veranstaltungen so zu planen, dass auch die mit der Nutzung zusammenhängende Aufräumarbeiten und der Abfahrtsverkehr noch während der Tagzeit bis 22.00 Uhr abgeschlossen werden. Im Übrigen sieht das Gericht auch keine Widersprüchlichkeit, soweit der Bevollmächtigte des Klägers hinsichtlich der Auflage Nr. 4, wonach Veranstaltungen so zu planen sind, dass anfallende Vorbereitungs- und Aufräumarbeiten während des Tagzeitraumes erledigt werden können, einen Organisationsspielraum annimmt. Denn weder aus der Verwendung des Wortes „planen“ noch aus der Verwendung des Wortes „können“ lässt sich ein Spielraum dahingehend herleiten, dass Aufräumarbeiten und Abfahrten nach 22.00 Uhr erfolgen dürfen. Vielmehr maßgeblich ist die Formulierung „…sind so zu planen, …“, denn danach ist das Ende der Veranstaltung derart zu terminieren, dass entsprechende lärmintensivere Arbeiten bzw. Abfahrtsverkehr vor 22.00 Uhr beendet werden.
67
Das Landratsamt erläuterte in der Stellungnahme vom 29. Juli 2022, dass für das ursprünglich genehmigte Vorhaben bei Annahme eines Worst-Case-Szenarions – nämlich, dass sich die anwesenden Personen über elf Stunden anschrien – selbst bei geöffneten Fenstern ein Beurteilungspegel von 58 dB(A) eingehalten werde. Erst recht ist demnach unter Berücksichtigung der nunmehr in die Baugenehmigung aufgenommenen Nebenbestimmung (max. 50 Sitzplätze, geschlossene Fenster, nur Hintergrundmusik, keine Livemusik) völlig unproblematisch von der Einhaltung der festgelegten Zielgrenzwerte nach der TA Lärm (sogar in der Nachtzeit, während der gar kein Betrieb zulässig ist) auszugehen. Nach der Einlassung des Umweltingenieurs in der mündlichen Verhandlung ist, ebenfalls bei Annahme eines Worst-Case-Szenarios, mit einem Beurteilungspegel von 35 dB(A) zu rechnen ist. Selbst wenn man der Befürchtung des Klägers, dass sich die anwesenden Personen nicht allein über die zulässigen Sitzplätze festlegen ließen, Rechnung tragen wollte, so würde eine Verdoppelung der anwesenden Personen auf 100 Personen nur zu einer Erhöhung um 3 dB(A) führen. Auch unter Berücksichtigung eventueller Zuschläge, z.B. für Informationshaltigkeit, ist eine Überschreitung der Grenzwerte nicht zu befürchten. Dies gilt insbesondere auch, wenn man den nach der Freizeitlärm-Richtlinie der LAI in den Ruhezeiten und an Sonn- und Feiertagen um 5 dB(A) reduzierten Immissionsrichtwert von 55 dB(A) heranziehen wollte. Auch bei Aufenthalt verschiedener Personen auf dem Freisitz – ohne Bestuhlung – ergeben sich keine unzumutbaren Belästigungen des Klägers, da dem zwischen dem Freisitz im Süden und dem klägerischen Grundstück im Norden liegenden Gebäude dämmende Wirkung zukomme. Selbst eine Unterhaltung einzelner Personen auf der überdachten Zuwegung zwischen Dorfgemeindehaus und Garagen hätten keine große schalltechnische Relevanz.
68
Das Gericht hat insoweit keine Zweifel daran, dass die Bewertung des Umweltingenieurs des Landratsamtes zutreffend ist. Der Kläger konnte die Beurteilung nicht plausibel und substantiiert in Zweifel ziehen. Die Einwände des Klägers erschöpfen sich im Wesentlichen dahingehend, dass sich die zukünftige Nutzung ohnehin nicht im Genehmigungsumfang halten werde. Damit kann er jedoch im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung anlässlich einer Drittanfechtungsklage nicht durchdringen.
69
bb) Die Verletzung sonstiger im Hinblick auf die Antragstellerin drittschützender Normen ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
70
Insbesondere kann der Kläger durch eine etwaige Nichteinhaltung der nach Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBO i.V. m. der Garagen-, Stellplatz- und Freiflächensatzung der Beigeladenen (GaStFS) i.V. m. der Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen sowie über die Zahl der notwendigen Stellplätze (Garagen- und Stellplatzverordnung – GaStellV) erforderlichen Stellplätze nicht in seinen Rechten verletzt sein.
71
Art. 47 BayBO ist bereits nicht vom Prüfungsumfang des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens gemäß Art. 59 BayBO umfasst ist.
72
Im Übrigen entspricht die laut Bauantrag vorgesehene Anzahl an Stellplätzen den Anforderungen gemäß § 3 Abs. 1 GaStFS i.V. m. § 20 GaStellV i.V. m. Nr. 4.2 der Anlage zu GaStellV, wonach bei sonstigen Versammlungsstätten pro zehn Sitzplätzen ein Stellplatz vorzusehen sind. Dies steht bereits einer Rechtsverletzung des Klägers entgegen, da eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme überhaupt nur bei einer Genehmigung ohne die erforderlichen Stellplätze (und dann auch nur, wenn dies zu Beeinträchtigungen führen kann) in Betracht kommen kann. Denn die Pflicht zur Herstellung einer ausreichenden Zahl von Stellplätzen soll nicht die Nachbarn schützen; die Vorschrift dient vielmehr ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Entlastung der öffentlichen Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr (BayVGH, B.v. 25.8.2009 – 1 CS 09.287 – juris Rn. 39; VG München, B.v. 18.12.2020 – M 9 SN 20.1913 – juris Rn. 17).
73
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.
74
Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt und damit kein Prozesskostenrisiko übernommen hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
75
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.