Titel:
Entzug eines Jagdscheins und Widerruf von Waffenbesitzkarten
Normenketten:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 5, § 36 Abs. 1, § 45 Abs. 2 S. 1
AWaffV § 13 Abs. 2
BJagdG § 6, § 17 Abs. 1, § 18 S. 1
Leitsätze:
1. Schon ein einziger Verstoß gegen die in § 36 Abs. 1 WaffG normierten Aufbewahrungspflichten kann die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für waffenrechtliche Unzuverlässigkeit wird nicht der Nachweis verlangt, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird, sondern es genügt vielmehr eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Angesichts der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit ausgehen, kann ein Restrisiko nicht hingenommen werden. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wiederholte Verstöße iSd § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG liegen vor, wenn mindestens zwei Verstöße begangen wurden, wofür eine einmalige Wiederholung genügt. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Waffenrecht, Jagdrecht, Unzuverlässigkeit, Aufbewahrung von Langwaffen, Fallenjagd mit Lebendfangfalle, fehlendes waffenrechtliches Bedürfnis
Fundstelle:
BeckRS 2022, 42985
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen mehrere waffen- und jagdrechtliche Anordnungen der Beklagten.
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Mit Bescheid vom 19. November 2020 widerrief die Beklagte die Erlaubnis des Klägers zum Erwerb und Besitz von Waffen und Munition (Waffenbesitzkarte grün) (Ziffer 1 des Bescheides), verpflichtete den Kläger, die Waffenbesitzkarte bei der Beklagten abzugeben (Ziffer 2 des Bescheides) und die in der Waffenbesitzkarte eingetragenen fünf Waffen und eventuell vorhandene Munition einem Berechtigten zu überlassen und zu übergeben oder nach den einschlägigen Bestimmungen unbrauchbar zu machen (Ziffer 3 des Bescheides). Andernfalls werde die Sicherstellung der Gegenstände angeordnet (Ziffer 4 des Bescheides). Ebenso verpflichtete die Beklagte den Kläger, seinen Jagdschein, der mit Ablauf des 31. März 2002 seine Gültigkeit verloren habe, zum Zwecke der Einziehung abzugeben (Ziffer 5 des Bescheides) und ordnete die Einziehung nach Rückgabe an (Ziffer 6 des Bescheides). Die Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung der Ziffern 2 bis 6 des Bescheides an (Ziffer 7 des Bescheides). Sie drohte dem Kläger jeweils Zwangsgelder an, werde er den Verpflichtungen in Ziffern 2, 3 und 5 des Bescheides nicht nachkommen.
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Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis in Ziffer 1 des Bescheides erfolge gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG sowie § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG. Dem Kläger fehle die nach § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit, da zum einen im Rahmen einer Aufbewahrungskontrolle am 8. April 2020 festgestellt worden sei, dass er seine Langwaffen lediglich in einem Stahlblechbehältnis aufbewahre, welches mit zwei Eisenriegeln und zwei Vorhängeschlössern gesichert sei. Das Stahlbehältnis genüge nicht den Anforderungen nach § 36 Abs. 1 WaffG, § 13 Abs. 2 Nr. 3, 5 Allgemeine Waffengesetz-Verordnung (AWaffV), wonach jeder, der Waffen oder Munition besitzt, diese ungeladen und in einem Sicherheitsbehältnis, das mindestens der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 oder I entspricht, aufzubewahren hat. Zwar falle positiv ins Gewicht, dass der Kläger seine Kurzwaffen ordnungsgemäß aufbewahre und laut Schreiben des Klägerbevollmächtigten künftig eine ordnungsgemäße Aufbewahrung der Langwaffen beabsichtige. Insgesamt rechtfertige jedoch der festgestellte Verstoß die Annahme der fehlenden Zuverlässigkeit, wobei insbesondere die Tatsache eine Rolle spiele, dass sich der Verstoß hinsichtlich der Langwaffen nach Aktenlage über einen langen Zeitraum (ca. 10 Jahre) erstreckt haben müsse. 2010 habe der Kläger die ordnungsgemäße Aufbewahrung seiner Schusswaffen anhand eines Schriftstücks mit Foto nachgewiesen. Bei dem damals angezeigten Schrank habe es sich allerdings um einen Waffenschrank gehandelt, welcher für die Aufbewahrung von Langwaffen ungeeignet gewesen sei, da er auf Grund seiner Größe lediglich eine Lagerung von Kurzwaffen zugelassen habe. Einen weiteren Nachweis der Aufbewahrung seiner erlaubnispflichtigen Schusswaffen in einem den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Waffenschrank habe der Kläger in den folgenden Jahren nicht erbracht. Im Rahmen des Ortstermins sei festgestellt worden, dass jedenfalls zwei der Langwaffen funktionsfähig seien. Im Übrigen würden die Anforderungen der AWaffV gleichermaßen für nicht mehr funktionsfähige erlaubnispflichtige Waffen gelten, es sei denn sie seien entsprechend der gesetzlichen Regelungen unbrauchbar gemacht worden. Nach der Rechtsprechung rechtfertige grundsätzlich bereits ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse. Die nicht sachgemäße Aufbewahrung stelle darüber hinaus auch einen gröblichen Verstoß gegen die essentiellen Waffenaufbewahrungsvorschriften des Waffengesetzes sowie der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung dar. Der Beklagten lägen keine Erkenntnisse über einen atypischen Umstand der Tatbegehung vor, welcher die Annahme der Regelvermutung ausräumen würde. Sofern der Kläger vortrage, dass der eigentliche Waffenschrank auf Grund eines Wasserschadens nicht mehr benutzbar sei, entbinde ihn das nicht von seinen Aufbewahrungspflichten. Im Übrigen sei diese Einlassung auch als widersprüchlich zu werten, nachdem den Akten der Beklagten kein weiterer Waffenschrank zur Erfüllung der Verpflichtung einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung zu entnehmen sei.
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Zum anderen sei der Tatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG bzw. § 17 Abs. 4 Nr. 2 BJagdG auch deshalb erfüllt, weil der Kläger wiederholt gegen die Vorschriften des Bundesjagdgesetzes verstoßen habe, indem er über mehrere Jahre in seinem Garten unerlaubte Fallenjagd durchgeführt habe. Die nach § 6 BJagdG erforderliche Erlaubnis für die Ausübung der Fallenjagd im befriedeten Bezirk besitze der Kläger nicht. Ausweislich Gesprächsnotizen vom 23. Dezember 2019 und vom 10. Januar 2020 u.a. mit dem Nachbarn des Klägers habe der Kläger am 22. Dezember 2019 in einer in seinem Garten aufgestellten Lebendfangfalle eine Hauskatze gefangen. Nach diesem Vorfall sei die Falle erneut fängisch gestellt worden, was am 8. Januar 2020 im Rahmen eines Außendienstes von zwei Mitarbeitern der Beklagten durch Einsicht von außerhalb in das Grundstück des Klägers festgestellt worden sei. Im Rahmen eines weiteren Außendienstes am 8. April 2020 sei die Lebendfangfalle durch zwei Mitarbeiter der Beklagten sowie durch zwei Polizisten in Augenschein genommen worden. Der Kläger habe dabei geäußert, dass er die Falle ca. zweimal im Jahr fängisch stelle, um ein von ihm ausgesetztes Frettchen, welches er als Haustier halte, wieder einzufangen, nachdem er dieses aussetze, um Schadnager auf seinem Grundstück zu fangen. Die Falle stelle er bereits seit ca. 40 Jahren auf. Nachdem der Kläger sich zunächst insgesamt uneinsichtig gezeigt und die Auffassung vertreten habe, dass er auf seinem Grundstück mit der Lebendfalle machen könne, was er wolle, habe er zu einem späteren Zeitpunkt des Ortstermins versucht, die anwesenden Personen davon zu überzeugen, dass die geöffnete Falle durch ein Tier nicht geschlossen und damit gar nicht fängisch gestellt werden könne.
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Im Übrigen wird auf den Bescheid verwiesen.
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Über seinen Bevollmächtigten hat der Kläger hiergegen mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2020 Klage erhoben. Unter Beifügung persönlicher Erklärungen sowie Lichtbilder ist der Kläger im Wesentlichen an, die ihm vorgeworfenen Vorfälle hätten sich jeweils anders zugetragen als von der Beklagten dargestellt. Seine erlaubnispflichtigen Schusswaffen habe er stets ordnungsgemäß in sicheren Behältnissen aufbewahrt. Lediglich ein einziges Gewehr mit einer Lauflänge von über einem Meter habe er separat in einem beim Erwerb als sicher zertifizierten, gebraucht erworbenen Waffenschrank eingelagert. Mit diesem habe es in den Tagen vor dem anberaumten Außentermin mit der Beklagten Probleme gegeben, da er sich nicht öffnen habe lassen und der einzige Schlüssel abgebrochen gewesen sei. Nach den gewaltsamen Öffnungsversuchen sei der Waffenschrank defekt gewesen, da er sich nicht mehr habe schließen lassen. Zudem sei von dem Inneren des verrosteten Schrankes ein starker Geruch ausgegangen, weshalb er den Waffenschrank entsorgt habe. Alle übrigen Gewehre nebst den Kurzwaffen seien vom Tage des Erwerbs in Schaft und Läufe zerlegt in einem mehrere Tonnen schweren Lohngeldtresor seines Großvaters aufbewahrt gewesen. In Vorbereitung auf den Ortstermin mit der Beklagten habe er in vorauseilendem Gehorsam die Waffen zusammengesetzt und in einem Stahlblechschrank aufbewahrt, um sie komplett präsentieren zu können.
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Auch die Vorwürfe bezüglich der Ausübung der Fallenjagd weist der Kläger zurück. Er ist an, mit der Falle vor ca. 10 Jahren auf Wunsch von Nachbarn deren Pflegekatze eingefangen zu haben, da diese entwischt gewesen sei. Am 22. Dezember 2019 habe er weder eine Hauskatze gefangen noch sei die Falle erneut fängisch gestellt worden. Er verfüge über keine funktionstüchtige Lebendfangfalle, welche dazu geeignet wäre, eine Hauskatze zu fangen. Die sich auf dem Grundstück befindliche alte hölzerne Kastenfalle sei seit Jahren nicht mehr funktionstüchtig, da sie u.a. über keinen Deckel und keinen Auslösemechanismus verfüge und seit 2012 Geschirr eingelagert sei. Der Deckel der Falle sei vor Jahren dazu verwendet worden, ein Bücherregal zu konstruieren. Darüber hinaus seien bei der Falle auch die seitlichen Öffnungen („Fangöffnungen“) geöffnet und durch einen Sicherungssplint gesichert, sodass die Falle nicht geeignet sei, ein Säugetier zu fangen. Die Beamten hätten die Falle bei ihrer Kontrolle nicht ordentlich untersucht, vom Nachbargrundstück aus sei sie auch gar nicht gut einsehbar gewesen. Er verfüge lediglich über Lebendfangfallen zur Schädlingsabwehr. Diese seien aber auf Grund ihrer Abmessungen und Konstruktion nicht dazu geeignet, jagdbares Wild bzw. Hauskatzen zu fangen. Das Protokoll über die Waffenkontrolle habe er unter enormem Stress ob der Kontrollsituation unterschrieben, ohne sich Klarheit über den Inhalt und dessen Tragweite zu verschaffen.
Der Bescheid der Stadt …, Bürgeramt, Abteilung öffentliche Sicherheit und Ordnung, Az.: …, vom 19. November 2020 wird in seinen Ziffern 1 bis 9 aufgehoben.
Klageabweisung und bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Bescheides. Die Ausführungen des Klägers seien unzutreffend bzw. nicht nachvollziehbar und würden sich in wesentlichen Teilen auch widersprechen und Unstimmigkeiten aufweisen. Die beiden Außendiensttermine sowie die Einvernahme zweier Zeugen hätten eindeutig ergeben, dass der Kläger mit der Lebendfalle bereits eine Katze gefangen habe und die Falle funktionstüchtig sei. Die beim Außendiensttermin gefertigten Fotos ließen erkennen, dass die Falle sowohl mit einer Plastikfolie als auch mit einem Holzbrett bedeckt und damit oben geschlossen gewesen sei. Ein etwaiges Entweichen eines gefangenen Tieres nach oben sei damit ausgeschlossen gewesen. Im Innenraum der Falle seien zum Zeitpunkt der Kontrolle auch keine Gegenstände aufbewahrt gewesen. Der Kläger habe die Fallenjagd im Übrigen beim Ortstermin sowie im Rahmen der Klagebegründung selbst eingeräumt, indem er zugegeben habe, die Falle zum Einfangen seines Frettchens sowie zur Wiederbeschaffung einer vermissten Katze verwendet zu haben. Die Aussage des Klägers, er habe seine Langwaffen vor der Waffenkontrolle zerlegt in einem Lohngeldtresor, welcher mit dem Widerstandsgrad 0 vergleichbar sei, aufbewahrt und die Waffen nur in Vorbereitung des Ortstermins zusammengebaut in einem Stahlblechbehältnis eingelagert, in dem sie schließlich aufgefunden worden seien, sei ausweislich des Protokolls über die Waffenaufbewahrungskontrolle nicht zur Sprache gebracht worden. Stattdessen habe der Kläger, der das Protokoll der Waffenaufbewahrungskontrolle auch unterschrieben habe, lediglich vorgetragen, dass die Langwaffen verrostet und defekt seien, sodass eine Aufbewahrung in dem Stahlblechbehältnis ausreichend sei. Zudem habe der Kläger bei der Waffenaufbewahrungskontrolle angegeben, dass der Waffenschrank der Sicherheitsstufe A auf Grund eines Wasserschadens nicht mehr benutzbar sei, er keinen Ersatz beschafft, sondern auf das Stahlblechbehältnis zurückgegriffen habe. Der Nachweis eines waffenrechtlichen Bedürfnisses sei zwingende Erteilungsvoraussetzung für eine waffenrechtliche Erlaubnis. Anders als vom Kläger angenommen, würden das Bestehen der Jägerprüfung und die damit einhergehende waffenrechtliche Sachkunde nicht für den lebenslangen Nachweis eines waffenrechtlichen Bedürfnisses ausreichen. Der Kläger besitze seit dem 1. April 2002 mangels Verlängerung des Jagdscheines keinen gültigen Jagdschein und damit kein Bedürfnis für eine waffenrechtliche Erlaubnis mehr.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 18. November 2022 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage, über die trotz Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung auf Grund eines entsprechenden Hinweises in der ordnungsgemäßen Ladung entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 19. November 2020 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die waffenrechtlichen Anordnungen sind allesamt zu Recht ergangen.
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1. Der Widerruf der Waffenbesitzkarte des Klägers in Ziffer 1 des Bescheides stützt sich auf § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 2 Nr. 5 WaffG. Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zwingend zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit gemäß § 5 WaffG besitzt. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen nicht, die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in Nummer 1 Buchstabe c genannten Gesetze (Waffengesetz, Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, Sprengstoffgesetz oder Bundesjagdgesetz) verstoßen haben.
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a) Der Kläger verfügt gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit, da durch die unsachgemäße Aufbewahrung seiner vier Langwaffen Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren wird. Gemäß § 36 Abs. 1 WaffG hat derjenige, der Waffen oder Munition besitzt, Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass Waffen und Munition abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Gemäß § 13 Abs. 1 AWaffV sind Schusswaffen, deren Erwerb und Besitz erlaubnispflichtig sind, ungeladen in einem Behältnis, das mindestens der Norm DIN/EN 1143-1 mit dem in Absatz 2 geregelten Widerstandsgrad und Gewicht entspricht und oder in gleichwertigen Behältnissen aufzubewahren. Dieser Verpflichtung ist der Kläger in Bezug auf seine Langwaffen nicht nachgekommen, da er diese lediglich in einem bloßen Stahlblechschrank aufbewahrt hat. Der Kläger bestreitet dies nicht. Sofern er im Laufe des gerichtlichen und behördlichen Verfahrens mittels Lichtbildern und ergänzenden Ausführungen darzutun versucht, in der Vergangenheit einmal eine sichere Aufbewahrung der Langwaffen gewährleistet zu haben bzw. diese künftig gewährleisten zu wollen, ist dies nicht hinreichend belegt und räumt zudem nicht den festgestellten Verstoß gegen die Obliegenheit zur sicheren Verwahrung im Zeitpunkt der Waffenkontrolle aus. Nach der Rechtsprechung kann schon ein einziger Verstoß gegen die in § 36 Abs. 1 WaffG normierten Aufbewahrungspflichten die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 12).
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Zudem ist davon auszugehen, dass es mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auch künftig zu entsprechenden Verstößen kommen wird. Im Fall des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geht es um die auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts, BT-Drs. 14/7758, S. 54). Die erforderliche Prognose hat sich dabei am Zweck des Gesetzes zu orientieren. Nach dem Waffengesetz soll das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering gehalten und nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (st. Rspr. BVerwG, vgl. B.v. 31.1.2008 – 6 B 4/08, B.v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – beide juris). Dabei wird nicht der Nachweis verlangt, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird, sondern es genügt vielmehr eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Angesichts der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit ausgehen, kann ein Restrisiko nicht hingenommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2017 – 21 CS 17.1531 – juris Rn 14, 15).
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Das Verhalten des Klägers rechtfertigt vorliegend die Annahme, dass er auch in Zukunft nicht vorsichtig und sachgemäß mit Waffen oder Munition umgehen und diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren wird. Seine Ausführungen im behördlichen sowie im gerichtlichen Verfahren lassen nicht im Ansatz erkennen, dass er in der Lage ist, mit Waffen sicher und ordnungsgemäß umzugehen und diese entsprechend zu verwahren. Durch seine Einlassung, dass er seine Langwaffen in einem nicht-sicheren Stahlblechbehältnis den Kontrolleuren komplett habe präsentieren wollen, und die dahinterstehende Annahme, dies zulässigerweise im Sinne des § 36 WaffG bzw. der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung getan zu haben, offenbarte der Kläger, keinerlei Verständnis für den Inhalt und den Sinn und Zweck der Aufbewahrungsvorschriften, die als Zentralvorschriften des Waffenrechts gelten, zu besitzen.
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b) Der Kläger verfügt daher auch gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit, da er durch die nicht ordnungsgemäße Aufbewahrung seiner Langwaffen gröblich gegen die Aufbewahrungsvorschriften des Waffengesetzes verstoßen hat. Gröblich ist ein Verstoß, wenn sich in seiner Verwirklichung die fehlerhafte Einstellung des Begehenden zu den waffen-, munitions- oder jagdrechtlichen Ordnungsvorschriften widerspiegelt (vgl. BVerwGE 101, 24; Steindorf/N. Heinrich WaffG § 5 Rn. 25). Dies ist aufgrund der vorstehend aufgezeigten Umstände und des nach Behördenangaben anzunehmenden langjährigen Verstoßes gegen die Aufbewahrungspflichten der Fall.
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c) Daneben hat der Kläger wiederholt gegen § 6 Bundesjagdgesetz verstoßen, indem er in seinem Garten mit einer Lebendfangfalle Tiere gefangen hat, ohne die erforderliche Erlaubnis zu besitzen. Wiederholte Verstöße im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG liegen vor, wenn mindestens zwei Verstöße begangen wurden, wofür eine einmalige Wiederholung genügt (vgl. OVG Saarlouis, B.v. 3.3.2006 – 1 Q 2/06 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 13.4.2021 – 24 B 20.2220 – juris Rn. 16).
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Gemäß § 6 Satz 1 BJagdG ruht die Jagd auf Grundflächen, die zu keinem Jagdbezirk gehören, und in befriedeten Bezirken. Nach § 6 Satz 2 BJagdG, Art. 6 Abs. 3 BayJG kann die Jagdbehörde in befriedeten Bezirken dem Eigentümer, dem Nutzungsberechtigten, dem Revierinhaber oder deren Beauftragten bestimmte Jagdhandlungen unter Beschränkung auf bestimmte Wildtierarten und auf bestimmte Zeit gestatten, ohne dass es eines Jagdscheins bedarf.
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Dass der Kläger in seinem Hausgarten, der gemäß Art. 6 Abs. 1 Nr. 2 BayJG ein befriedeter Bezirk ist, mehrfach Fallenjagd auf lebendes Tier betrieben hat, hat er (zunächst) selbst eingeräumt. Mit der Lebendfangfalle habe er über Jahre sein eigenes Frettchen wieder eingefangen und auf Wunsch von Nachbarn vor ca. 10 Jahren deren entlaufene Pflegekatze. Zudem ist aber auch durch eine Zeugenaussage in Form einer Gesprächsnotiz belegt, dass in der Lebendfangfalle 2019 die Hauskatze des Nachbarn gefangen und festgehalten wurde. Von einer völligen Untauglichkeit der Falle zum Zwecke des Fangs von Lebendtieren in einem nicht unerheblichen Zeitraum ist daher nicht auszugehen. Auch im Rahmen zweier Außendiensttermine durch Mitarbeiter der Beklagten wurde festgestellt, dass die Falle funktionstüchtig und grundsätzlich geeignet ist, Tiere zu fangen. Anders als seitens des Klägers behauptet, haben die Mitarbeiter der Beklagten die Falle auch aus nächster Nähe begutachtet, wie sich aus den Bildaufnahmen der Falle (vgl. Bl. 31 ff. der Behördenakte) ergibt. Aufgrund der mehrfachen Fallenjagd liegt ein wiederholter Verstoß gegen jagdrechtliche Vorschriften vor.
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d) Ein Ausnahmefall, der rechtfertigen würde, von der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 WaffG abzuweichen, liegt nicht vor. Diesbzgl. ist es Sache des Klägers, darzulegen und im Streitfall zu beweisen, dass er trotz Greifens der Regelvermutung zuverlässig ist (vgl. OVG RPL, B.v. 8.1.2018 – 7 B 11798/17 – juris Rn. 10). Dies ist dem Kläger mit seinen diversen, teils widersprüchlichen, Einlassungen im behördlichen Verfahren sowie Gerichtsverfahren nicht gelungen. Die Beklagte hat unter Wertung aller relevanten Umstände zu Recht angenommen, dass hinsichtlich beider Vorwürfe kein Sachverhalt vorliegt, der eine Ausnahme von der Regelvermutung begründen würde. Auch die im Klageverfahren nachgeschobene Einlassung des Klägers, er habe die Langwaffen erst in Ansehung des Kontrolltermins aus deren – nach seiner Behauptung – sicheren Aufbewahrung herausgenommen und zusammengesetzt, um sie bei der Kontrolle in einem unsicheren Stahlblechbehältnis komplett präsentieren zu können, vermag daran nicht zu ändern, siehe oben. Der klägerische Erklärungsversuch, es habe sich somit lediglich um einen situationsbedingten einmaligen bzw. kurzfristigen Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten gehandelt, überzeugt zudem auch deshalb nicht, da der Kläger dies weder gegenüber den Kontrolleuren vor Ort vorgebracht noch ihnen das sichere Aufbewahrungsbehältnis gezeigt hat. Vielmehr gab er an, sein Waffenschrank der Sicherheitsstufe A sei wegen eines Wasserschadens defekt. Auch bzgl. der erlaubnispflichtigen Lebendfallenjagd und den dahinter stehenden Regelungszwecken zeigte sich der Kläger weitgehend uneinsichtig.
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2. Im Übrigen fehlt dem Kläger das erforderliche waffenrechtliche Bedürfnis gemäß § 8 WaffG. Sein Jagdschein besitzt seit 1. April 2002 durch die mangelnde Verlängerung keine Gültigkeit mehr.
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3. Auch hinsichtlich der auf § 46 WaffG gestützten und vom Kläger nicht eigens angegriffenen waffenrechtlichen und sonstigen Nebenanordnungen im angefochtenen Bescheid (Ziffern 2 bis 4 und 8, 9) bestehen keine rechtlichen Bedenken.
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4. Da der Kläger unzuverlässig im Sinne des § 5 WaffG ist, ist auch seine Klage gegen die Abgabe und Einziehung seines Jagdscheines unbegründet (§ 18 Satz 1, § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BJagdG). Gemäß § 18 Satz 1 BJagdG ist die Behörde, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheines begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheines eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekanntwerden, in den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen. Zu den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG zählt gemäß dessen Nr. 2 auch die fehlende Zuverlässigkeit, die beim Kläger aufgrund der vorstehend beschriebenen und gewerteten Vorfälle gegeben ist. Die Aufforderung an den Kläger, den mit Ablauf des 31. März 2002 ungültig gewordenen Jagdschein bis zum 23. Dezember 2020 zurückzugeben, hat ihre Rechtsgrundlage ebenfalls in § 18 Satz 1 BJagdG. Die Verpflichtung der Behörde zur Einziehung des Jagdscheines schließt die Ermächtigung zur Anordnung der Rückgabe ein (vgl. VG Münster, B.v. 5.3.2010 – 1 L 106/10 – juris Rn. 20).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.