Titel:
Zuwendungsrecht, Novemberhilfe, Dezemberhilfe, Antragsberechtigung (verneint), Vermietung von Immobilien, Fehlende Anhörung
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
Richtlinie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für November 2020 (Novemberhilfe)
Richtlinie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe)
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Novemberhilfe, Dezemberhilfe, Antragsberechtigung (verneint), Vermietung von Immobilien, Fehlende Anhörung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 42648
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger, der als Soloselbstständiger gewerbliche Immobilien vermietet, begehrt von der Beklagten die Gewährung der beantragten Zuwendungen im Rahmen der außerordentlichen Wirtschaftshilfe des Bundes für November 2020 (sog. Novemberhilfe) bzw. für Dezember 2020 (sog. Dezemberhilfe).
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Unter dem Antragsdatum 21. Dezember 2020 beantragte der Kläger bei der Beklagten über das einschlägige elektronische Antragsportal jeweils die Gewährung der Novemberhilfe (…) sowie unter dem 16. Januar 2021 einer Dezemberhilfe (…). Hinsichtlich der Branchenzugehörigkeit gab er in den Anträgen jeweils „Vermietung, Verpachtung von eigenen oder geleasten Gewerbegrundstücken und Nichtwohngebäuden“ an. Als Grund der Antragstellung wurde eine indirekte Betroffenheit angegeben, d.h. dass der Antragsteller nachweislich und regelmäßig mindestens 80 Prozent seiner Umsätze mit direkt von den oben genannten Maßnahmen betroffenen Unternehmen erzielt. Der relevante Vergleichsumsatz im November 2019 wurde im Antrag mit 5.950,- EUR, der im Dezember 2019 mit 3.748.- beziffert. Unter anderem auf dieser Grundlage ergab sich im elektronischen Antrag eine voraussichtliche Höhe der Novemberhilfe von 3.601,67.- EUR sowie der Dezemberhilfe iHv 2.811.- EUR. Hierauf wurde zunächst mit Bescheid vom 21. Dezember 2020 eine Novemberhilfe und dann mit Bescheid vom 17. Januar 2021 eine Dezemberhilfe jeweils in der beantragten Höhe bewilligt und ausgezahlt.
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Nach erfolgter Prüfung des Antrags teilte die Beklagte dem Kläger jeweils mit Schreiben vom 8. Oktober 2021 unter Hinweis auf die erfolgte Bewilligung und Auszahlung der Förderersumme in einem automatisierten Verfahren ohne detaillierte Prüfung mit, dass sie beabsichtige, die Bewilligungen zurückzunehmen, da der Kläger ausweislich seiner Angaben nicht zu den antragsberechtigten Branchen gehöre, und gewährte Gelegenheit zur Stellungnahme bis 24. Oktober 2021.
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Mit den streitgegenständlichen Bescheiden vom 28. Oktober 2021 nahm die Beklagte jeweils die Bescheide vom 21. Dezember 2020 und vom 17. Januar 2021 zurück (1.), lehnte die Anträge vom 21. Dezember 2020 und 16. Januar 2021 ab (2.), setzte die zu erstattenden Beträge auf 3.601,67 EUR bzw. 2.811.- EUR fest und ordnete unter Fristsetzung für die Rückzahlung die Verzinslichkeit des Erstattungsbetrags an (3. und 4.). Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf eine fehlende Antragsberechtigung des Klägers abgestellt. Der angeordneten Rücknahme stehe kein schutzwürdiges Vertrauen entgegen.
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Am 24. November 2021 erhob der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht und beantragt sinngemäß,
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die Bescheide der Beklagten vom 28. Oktober 2021 aufzuheben.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keine Anhörungsschreiben datierend vom 8. Oktober 2021 erhalten und deren Existenz werde bestritten. Dafür spreche auch der Umstand, dass der Kläger per E-Mail über die Zustellung des Ablehnungsbescheids erhalten habe, nicht aber über den Versand jener Anhörungsschreiben. Weiterhin sei der Kläger antragsberechtigt, was sich schon daran zeige, dass er Neustarthilfe erhalten habe, die als Fortführung der Förderprogramme November- und Dezemberhilfe darstelle und damit den gleichen Voraussetzungen unterliege. Schon im Verfahren zur Neustarthilfe Plus habe er dargelegt, dass er ausschließlich Coronabedingte Umsatzrückgänge erlitten habe, indem der Hauptmieter sowie zwei weitere Mieter seiner Gewerbeimmobilie Coronabedingt ihre Gewerbe aufgegeben hätten, und daraufhin die Förderung erhalten. Gleiches müsse für die streitgegenständlichen Verfahren gelten, denn er sei durch die Schließungsanordnungen indirekt betroffen, weil er zu 100% Umsätze mit direkt betroffenen Unternehmen erzielte.
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Sie verteidigt darin den streitbefangenen Bescheid. Insbesondere verweist sie darauf, dass der Bescheid formell rechtmäßig ergangen sei, da sie den Kläger ordnungsgemäß Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe und auch ohne dessen Stellungnahme entscheiden konnte. Jedenfalls sei ein etwaiger Verfahrensfehler gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG dadurch geheilt worden, dass der Kläger im Klageverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Ferner sei der Kläger weder direkt noch indirekt im Sinne von Ziffer 2.1 der Förderrichtlinien von den Schließungen betroffen sei. Denn weder unterfiele der dem Kreis derjenigen, die aufgrund der entsprechenden Beschlüsse von Bund und Ländern den Geschäftsbetrieb einstellen mussten (direkt Betroffene), noch sei er indirekt Betroffener, was nach der Verwaltungspraxis der Beklagten voraussetze, dass mindestens 80 Prozent der Umsätze mit direkt von den Schließungsanordnungen betroffenen Unternehmen erzielt werde. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da es dem Kläger durch die Schließungsanordnungen weder selbst untersagt worden sei, seine Geschäftsräume weiter zu vermieten, noch wurde substantiiert dargelegt, dass den Mietern seiner Geschäftsräume ihre wirtschaftliche Aktivität untersagt wurde; vielmehr hätten die Mieter aus eigenen unternehmerischen Erwägungen heraus ihren Betrieb aufgegeben. Selbst wenn letzteres der Fall gewesen wäre, hätte dies im Übrigen nicht ohne weiteres zur außerordentlichen Kündigung berechtigt oder von deren Zahlungspflicht gegenüber dem Kläger. Damit sei der Umsatzrückgang des Klägers nicht auf die maßgeblichen Schließungsanordnungen, sondern auf allgemeinen pandemiebedingte Umstände zurückzuführen, die nicht durch die streitgegenständlichen Förderprogramme ausgeglichen würden. Schließlich ließen auch aus der Förderung des Klägers aus dem Förderprogramm der Neustarthilfe Plus keine anderen Rückschlüsse ziehen, denn letzteres unterliege anderen Fördervoraussetzungen und knüpfe gerade nicht an die Schließungsanordnungen aus dem Herbst 2020 an. Schließlich könne sich der Kläger auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da der Bescheid ausdrücklich unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags und auf die Pflicht zur Erstattung der Förderleistung bei Fehlen der Fördervoraussetzungen hingewiesen worden sei. Außerdem sei das Vertrauen des Klägers nicht schutzwürdig, da er die Bewilligung durch unrichtige Angaben erwirkt habe.
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Mit Beschluss vom 21. Oktober 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Einzelrichterin übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der vorgelegten Behördenakte sowie der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Über den Rechtsstreit konnte auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2022 trotz des Ausbleibens des Klägers entschieden werden (§ 102 Abs. 2 VwGO). Der Kläger ist mit Verfügung vom 24. Oktober 2022, ihm zugestellt am 26. Oktober 2022, form- und fristgerecht geladen worden; er wurde in der Ladung auf die Möglichkeit der Verhandlung und Entscheidung auch bei Ausbleiben eines Beteiligten hingewiesen.
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der Rücknahme-, Rückforderungs- und Ablehnungsbescheide vom 28. Oktober 2021, da sich die getroffenen Anordnungen als rechtmäßig erweisen und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Die jeweils in Ziffer 1 der streitbefangenen Bescheide der Beklagten verfügte Rücknahme der Gewährung der November- bzw. Dezemberhilfe ist rechtmäßig. Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, weil die Zuwendungsbescheide vom 21. Dezember 2020 bzw. 17. Januar 2021 rechtswidrig waren.
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2. Zwar bestehen Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verwaltungsakte, die hier jedoch jedenfalls nicht zu einer Aufhebung führen. Nach Aktenlage existiert zwar jeweils ein Schreiben vom 8. Oktober 2021 zur Anhörung des Klägers vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG (Bl. 20ff. bzw. 15ff. der Behördenakte). Ob diese aber tatsächlich versandt und dem Kläger zugegangen sind, lässt sich der Behördenakte nicht entnehmen, zumal ausweislich der Ausführungen der Beklagtenvertreterin bei Anhörungsschreiben üblicherweise kein Nachweis über die Zustellung geführt und auch keine E-Mail-Benachrichtigungen versandt würden. Allerdings erweisen sich die streitbefangenen Bescheide gemäß Art. 46 BayVwVfG nicht als angreifbar verfahrensfehlerhaft.
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2.1 Offen bleiben kann dabei, inwieweit möglicherweise noch im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens eine Heilung dieses Formfehlers eingetreten ist. Gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG ist eine Verletzung von Verfahrensvorschriften unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Zwar ist eine Heilung gemäß Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich. Angesichts dessen, dass im Grundsatz eine mindestens aus zwei eigenständigen Schritten bestehende behördliche Verfahrenshandlung nachzuholen ist, wird in Rechtsprechung und Literatur allerdings wohl überwiegend angenommen, dass jedenfalls eine gleichsam automatische Heilung durch den Austausch von Argumenten im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens für eine Nachholung nicht ausreichend ist (vgl. nur etwa Emmenegger, in: NK-VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 45 Rn. 113 m.w.N.). Soweit der Anzuhörende im gerichtlichen Verfahren von sich aus umfangreich vorträgt, kann gegebenenfalls auf ein gesondertes Anhörungsschreiben verzichtet werden. In jedem Fall muss die Behörde indes ihre Entscheidungsoffenheit klar und eindeutig zum Ausdruck bringen; keinesfalls darf sie sich auf die bloße Verteidigung ihres Verwaltungsakts beschränken. Entscheidend ist insoweit die materielle Gleichwertigkeit mit einer Anhörung im gesonderten Verfahren (Emmenegger, in: NK-VwVfG, a.a.O.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 45 Rn. 87).
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Im vorliegenden Fall fehlt es nicht an einem umfangreichen Vortrag des Klägers im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens. In seiner Stellungnahme vom 22. Dezember 2020 zeigt die Beklagte zudem, dass sie sich mit dem klägerischen Vorbringen eingehend auseinandergesetzt hat. Denn sie beschränkt sich nicht nur darauf, den angegriffenen Bescheid zu verteidigen, sondern zieht, ausgehend vom Vorbringen der Klägerin, auch weitere, im Bescheid noch nicht berücksichtigte Aspekte des Falles in Betracht, namentlich die Frage der Auswirkungen auf den Kläger bei unterstellter direkter Betroffenheit seiner Mieter, insbesondere fortbestehender Zahlungsverpflichtungen mangels außerordentlicher Kündigungsgründe, sowie die Auseinandersetzung mit den Rückschlüssen aus der Gewährung der „Neustarthilfe Plus“. Diese Aspekte würden freilich die behördliche Entscheidung eher zulasten des Klägers noch stützen. Gleichwohl dürfte darin eine entscheidungsoffene Bewertung des Vorgetragenen zu sehen sein, so dass hier durchaus eine Heilung des Formfehlers anzunehmen sein dürfte.
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2.2 Die Frage einer Heilung der fehlenden Anhörung kann indes hier dahinstehen, da der Kläger jedenfalls gemäß Art. 46 BayVwVfG eine Aufhebung des Verwaltungsakts aus diesem Grund nicht beanspruchen kann. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach Art. 44 BayVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften unter anderem über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. So liegt der Fall hier. Das Gericht kann zweifelsfrei davon ausgehen, dass die Entscheidung ohne den etwaigen Verfahrensfehler – hier die möglicherweise fehlende Anhörung – nicht anders ausgefallen wäre (vgl. etwa BVerwG, U.v. 28.6.2018 – 2 C 14/17 – juris Rn. 32; zum Ganzen statt vieler Emmenegger, in: NK-VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 46 Rn. 65).
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Dies folgt zunächst daraus, dass vorliegend ein Fall eines sogenannten intendierten Ermessens vorliegt und somit die behördliche Entscheidung bereits weitestgehend durch die gesetzliche Regelung determiniert ist. Nach dem hier einschlägigen Art. 48 Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG wird in den Fällen des Satzes 3 der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. In einem solchen Fall entfällt sodann nicht nur die Schutzwürdigkeit des Vertrauens, sondern es greift zudem auch eine entsprechende Ermessenslenkung im Sinne einer regelmäßigen behördlichen Pflicht zur Rücknahme ein. Anders wäre es nur bei einem atypischen Ausnahmefall (vgl. statt vieler Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 48 Rn. 127b und 127c; im Zusammenhang des Zuwendungsrechts jüngst etwa VG München, U.v. 16.2.2021 – M 31 K 20.5502 – juris Rn. 35; VG Düsseldorf, U.v. 14.12.2020 – 20 K 4706/20 – juris Rn. 51 ff.), für dessen Vorliegen vorliegend allerdings nichts ersichtlich ist. Demnach ist hier bereits der Bereich der „administrativen Letztentscheidungsmacht“ (Emmenegger, in: NK-VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 46 Rn. 65 ff.) unter diesem Gesichtspunkt eingeschränkt und es erscheint eine abweichende Entscheidung schon aus diesem Grund kaum möglich.
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Eine weitere Einschränkung folgt aus dem Charakter des inmitten stehenden Verfahrens. Bei der im Rahmen der Prüfung des Art. 46 BayVwVfG erforderlichen (hypothetischen) Betrachtung der behördlichen Entscheidung ohne den jeweiligen Verfahrensfehler ist es zwar grundsätzlich nur begrenzt relevant, wie die jeweilige Behörde – insbesondere im Nachhinein – ihre Entscheidungspraxis darstellt. Allerdings kann, letztlich unter dem Gesichtspunkt einer Selbstbindung der Verwaltung, die behördliche Praxis in verfahrensfehlerfrei abgewickelten Parallelfällen zu berücksichtigen sein (Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 46 Rn. 82). Die Beklagtenbevollmächtigte hat schriftsätzlich sowie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass nach der Verwaltungspraxis bei – wie hier – fehlender Antragsberechtigung mangels direkter oder indirekter Betroffenheit von den Schließungsanordnungen regelmäßig eine Rückforderung der ausgezahlten November- bzw. Dezemberhilfen erfolge. Dies ist nachvollziehbar und entspricht auch dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit der Haushaltsführung (Art. 7 Abs. 1 BayHO).
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Vor diesem Hintergrund erscheint es insgesamt ausgeschlossen, dass in einem Fall fehlender Förderantragsberechtigung, auch bei durchgeführter Anhörung eine abweichende Rücknahme- und Rückforderungsentscheidung durch den Beklagten getroffen worden wäre. Denn auch im Klageverfahren machte der Kläger keine Angaben und legte keine Nachweise vor, die – wären sie bereits im Rahmen der Anhörung erfolgt – zu einer abweichenden Entscheidung der Beklagten geführt hätten. Die Aufhebung des streitgegenständlichen Verwaltungsaktes kann daher selbst bei Vorliegen eines Anhörungsmangels nicht beansprucht werden.
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3. An der materiellen Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Rücknahmebescheides bestehen keine Zweifel. Nach Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Sofern es sich – wie hier – um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, ist bei der Rücknahme die Vertrauensschutzregelung des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 2 bis 4 BayVwVfG zu berücksichtigen. Ein Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit den öffentlichen Interessen an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG). Das Vertrauen ist dabei in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht und eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Auf Vertrauen kann sich der Betroffene nicht berufen, wenn die Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 BayVwVfG vorliegen, insbesondere wenn der begünstigte Verwaltungsakt durch im Wesentlichen unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt wurde (Nr. 2) oder der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3). In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (Art. 48 Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG).
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3.1 Die Zuwendungsbescheide der Beklagten vom 21. Dezember 2020 bzw. 17. Januar 2021 waren rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer November- und Dezemberhilfe.
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3.1.1 Eine Rechtsnorm, die einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.
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Der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris Rn. 18; U.v. 24.4.1987 – 7 C 24.85 – juris Rn. 12) ist zunächst bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Subventionen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Norm- und Richtliniengeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (stRspr; vgl. z.B. BVerfG, U.v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99 – juris Rn. 61; ebenso etwa Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 255).
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Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in einer Förderrichtlinie geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in der selbst gegebenen Richtlinie zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (aktuell z.B. BayVGH, B.v. 3.8.2022 – 22 ZB 22.1151 – juris Rn. 17; B.v. 31.3.2022 – 6 ZB 21.2933 – juris Rn. 7; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6; vgl. ferner BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.3.2020 – 6 ZB 18.2102 – juris Rn. 9; VG München, U.v. 5.7.2021 – M 31 K 21.1483 – juris Rn. 23).
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Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall bestehen. Im Vorwort der hier einschlägigen Richtlinien des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe – BayMBl. 2020, Nr. 816 vom 21.12.2020, zuletzt geändert mit Bekanntmachung vom 21.12.2021, BayMBl. 2022 Nr. 27) bzw. für November 2020 (Novemberhilfe – BayMBl. 2020, Nr. 680 vom 24.11.2020, zuletzt geändert mit Bekanntmachung vom 21.12.2021, BayMBl. 2022 Nr. 26) wird im Übrigen auch ausdrücklich klargestellt, dass die November- und Dezemberhilfe im Rahmen der vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch nach pflichtgemäßem Ermessen gewährt wird.
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3.1.2 Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragten Zuwendungen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte in ihrer ständigen Vollzugspraxis auf der Grundlage der Nr. 2.1 Satz 1 Buchst. b der Zuwendungsrichtlinie nur dann von einer Antragsberechtigung von Unternehmen ausgeht, wenn ihre wirtschaftliche Tätigkeit vom Lockdown betroffen ist. Lockdown in diesem Sinne ist dabei ausgehend von Fußnote 9 der Zuwendungsrichtlinien der Zeitraum im November bzw. Dezember 2020, für welchen branchenweite Coronabedingte Betriebsschließungen bzw. Betriebsbeschränkungen im Sinne der Ziffer 1 in Verbindung mit Ziffer 5 bis 8 des Beschlusses von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020 hoheitlich angeordnet werden. Im Einzelnen handelt es sich dabei nach dem vorgenannten Beschluss um Institutionen und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind wie beispielsweise Theater, Freizeitparks und der Freizeit- und Amateursportsbetrieb, ferner Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, Gastronomiebetriebe und Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege.
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Der Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit ihnen die mit der Funktion der Zuwendungsbehörde beliehene Beklagte (vgl. § 47b ZustV) sind nicht daran gehindert, im Sinne einer Eingrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger und Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel den Kreis der Begünstigten im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden, sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte zu beschränken (vgl. auch VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; U.v. 14.7.2021 – M 31 K 21.2307 – juris Rn. 23). Dies gilt gleichermaßen für die sachliche Eingrenzung einer Zuwendung und die Festlegung der relevanten Maßstäbe zur Bestimmung der Höhe einer Zuwendung. Denn nur der Zuwendungsgeber bzw. die Zuwendungsbehörde bestimmen im Rahmen des ihnen eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll. Insoweit besitzen Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit diesen die Beklagte die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 19; VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; VG Würzburg, U.v. 14.6.2021 – W 8 K 20.2138 – juris Rn. 30).
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3.1.3 Diesen Maßstäben genügt die sowohl durch den Richtliniengeber vorgegebene als auch durch die Zuwendungsbehörde in ihrer ständigen Zuwendungspraxis umgesetzte Maßgabe, nach der als direkt Betroffene nur solche Unternehmen antragsberechtigt sind, deren wirtschaftliche Tätigkeit vom Lockdown betroffen ist, weil sie aufgrund der auf Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 28. Oktober, 25. November und 2. Dezember 2020 erlassenen Bestimmungen auf Landesebene den Geschäftsbetrieb einstellen mussten (oder es sich bei ihnen um Beherbergungsbetriebe oder Veranstaltungsstätten handelt, vgl. Ziff. 2.1 Satz 1 der Zuwendungsrichtlinie, insbesondere Buchst. b, Doppelbuchst. aa sowie Fußnote 9). In Betracht kommt ferner eine Antragsberechtigung als indirekt Betroffene, die dann vorliegt, wenn die jeweiligen Unternehmen nachweislich und regelmäßig mindestens 80% ihrer Umsätze mit direkt von den vorgenannten Maßnahmen betroffenen Unternehmen erzielen (vgl. Ziff. 2.1 Satz 1, Buchst. b, Doppelbuchst. bb der Zuwendungsrichtlinien).
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Das Unternehmen des Klägers ist im Sinne der ständigen Zuwendungspraxis auf Grundlage der Zuwendungsrichtlinie (Nr. 2.1 Satz 1 Buchst. b) durch die Schließungsanordnungen auf Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 28. Oktober, 25. November und 2. Dezember 2020 nicht direkt betroffen. Die in den beiden Anträgen jeweils angegebene Tätigkeit des Unternehmens im Bereich Vermietung, Verpachtung von eigenen oder geleasten Gewerbegrundstücken und Nichtwohngebäuden war indes durch die Schließungsanordnungen nicht direkt betroffen. Nach dem vorgenannten Beschluss der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 28. Oktober, 25. November und 2. Dezember 2020 sowie auch nach der Achten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 30. Oktober 2020, die zunächst in der Folge der vorgenannten Beschlüsse von Bund und Ländern erging, bestanden eine Reihe von allgemeinen Regelungen wie insbesondere ein Abstandsgebot und Kontaktbeschränkungen, jedoch existierten nach den vorgenannten Regelungen keine Schließungspflicht für eine Vermietung/ Verpachtung von Immobilien.
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Auch eine indirekte Betroffenheit hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen. Hierfür ist nach Ziff. 2.1 Satz 1, Buchst. b, Doppelbuchst. bb der Zuwendungsrichtlinie bzw. der ständigen Zuwendungspraxis der Beklagten unter anderem erforderlich, dass der Kläger nachweislich und regelmäßig mindestens 80% seiner Umsätze mit direkt von den oben genannten Schließungsmaßnahmen betroffenen Unternehmen erzielt. Hierzu wurden im Rahmen der Antragstellung keine näheren Angaben gemacht. Erst in der Klageschrift hat der Kläger näher ausgeführt, dass er 100% seiner Umsätze direkt betroffenen Unternehmen erziele und er insbesondere seinen Hauptmieter verloren habe, der aufgrund der Corona-Pandemie sein Gewerbe abgemeldet habe; auch zwei weitere Mieter hätten von heute auf morgen ihre wirtschaftliche Tätigkeit eingestellt.
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Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist nach der geübten Verwaltungspraxis der Beklagten der Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde (vgl. BayVGH, B.v. 2.2.2022 – 6 C 21.2701 – juris Rn. 8 und 10; B.v. 25.1.2021 – 6 ZB 20.2162 – juris Rn. 17; vgl. auch SächsOVG, U.v. 16.2.2016 – 1 A 677.13 – juris Rn. 67), weil bzw. wenn und soweit die Zuwendungsvoraussetzungen allein aufgrund der bis zur behördlichen Entscheidung eingegangenen Unterlagen bewertet werden. Dem materiellen Recht folgend, das hier vor allem durch die Richtlinie und deren auch schriftsätzlich vorgetragener Anwendung durch die Beklagte in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist daher auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung abzustellen, so dass neuer Tatsachenvortrag oder die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren irrelevant sind (VG Würzburg, U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris Rn. 31; U.v. 26.7.2021 – W 8 K 20.2031 – juris Rn. 21; vgl. auch VG Weimar, U.v. 17.9.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26; VG München, U.v. 23.2.2022 – M 31 K 21.418 – juris Rn. 22; U.v. 27.8.2021 – M 31 K 21.2666 – juris Rn. 27; B.v. 25.6.2020 – M 31 K 20.2261 – juris Rn. 19).
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Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen (VG Halle, U.v. 25.4.2022 – 4 A 28/22 HAL – BeckRS 2022, 9223 Rn. 25; VG München, U.v. 20.9.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 24 u. 26 ff.; VG Würzburg, U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris Rn. 31 f.; U.v. 26.7.2021 – W 8 K 20.2031 – juris Rn. 21; VG Weimar, U.v. 29.1.2021 – 8 K 795/20 We – juris Rn. 31; U.v. 17.9.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26). Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen oder erkennbar war, konnte und musste auch im Rahmen der konkreten Ermessensausübung nicht berücksichtigt werden, so dass ermessensrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden. Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung des Antragstellers bzw. der Antragstellerin im Rahmen des Zuwendungsantrags, insbesondere von der Mitteilung und Substantiierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Im Übrigen trifft jeden Antragsteller im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens auch eine zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben (BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16; VG Würzburg, U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris Rn. 31 f.).
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Bis zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der behördlichen Entscheidungen war eine indirekte Betroffenheit des Klägers nicht in einer nach der ständigen Zuwendungspraxis ausreichenden Weise dargelegt. Da der Kläger auch im Klageverfahren keine näheren Angaben bezüglich der etwaigen direkten Betroffenheit seiner Mieter bzw. keine entsprechenden Unterlagen (Umsatzaufstellungen, betriebliche Auswertungen, Auswertungen von Aufträgen und Rechnungen) zum Nachweis der indirekten Betroffenheit im Sinne der Förderrichtlinie vorgelegt hat, kann offen bleiben, ob eine entsprechende Substanziierung erst im Klageverfahren mit Blick auf den nicht nachgewiesenen Zugang des Anhörungsschreibens (siehe oben Rn. 16ff.) ausnahmsweise aus Gründen des rechtlichen Gehörs zu berücksichtigen gewesen wäre.
37
Im Einklang mit der oben ausgeführten Zuwendungspraxis der Beklagten stellt sie für die Antragsberechtigung im Rahmen der November- und Dezemberhilfe auf die formale Betroffenheit durch die entsprechenden Schließungsanordnungen ab, nicht aber auf möglicherweise tatsächlich bestehende geschäftliche Einbußen (vgl. zum analogen Befund in anderen Branchen, etwa Vermietung von Reisebüros oder Taxiunternehmen auch Nr. 1.3 der FAQs zur November- und Dezemberhilfe mit entsprechenden Beispielen). Damit ist umgekehrt nicht entscheidend, inwieweit der Kläger faktisch oder mittelbar durch infektionsschutzrechtliche Maßnahmen betroffen war (vgl. zur Vermietung von Apartments in einem Boardinghouse: VG München, U.v. 28.10. 2022 – M 31 K 21.5978 – juris Rn. 32).
38
3.1.4 Dies stellt im Sinne der ausgeführten Maßstäbe eine durch sachbezogene Gesichtspunkte gerechtfertigte und damit jedenfalls nicht willkürliche Ab- bzw. Eingrenzung der maßgeblichen Zuwendungsmaßstäbe dar.
39
Ziel der November- und Dezemberhilfe ist es – wie ausgeführt, vgl. Nr. 1 Satz 3 der Zuwendungsrichtlinien – durch einen Beitrag zur Kompensation des Umsatzausfalls die wirtschaftliche Existenz u.a. von Unternehmen und Soloselbstständigen zu sichern, die in der Folge des Beschlusses der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und den Regierungschefs der Länder vom 28. Oktober, 25. November und 2. Dezember 2020 von Coronabedingten Betriebsschließungen bzw. Betriebseinschränkungen im November und Dezember 2020 betroffen sind, und deshalb erhebliche Umsatzausfälle erleiden. Es handelt sich daher um ein Instrument, das spezifisch eine Betroffenheit durch den vorgenannten politischen Beschluss voraussetzt. Dies unterscheidet die Novemberhilfe und Dezemberhilfe von den anderen Instrumenten und Programmen der Corona-Wirtschaftshilfe (vgl. VG München, U.v. 15.11.2021 – M 31 K 21.2780 – juris), die ohne Bezug auf bestimmte einschränkende Maßnahmen oder konkrete politische Beschlüsse an Coronabedingte Einbußen anknüpfen. Beispielhaft sichtbar wird dies etwa in Nr. 1 Satz 4 der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III – BayMBl. 2021, Nr. 132 vom 19.2.2021), wo im Rahmen der Zweckbestimmung lediglich allgemein von Coronabedingten erheblichen Umsatzausfällen die Rede ist. Dieser besondere Charakter der November- und Dezemberhilfe, die mithin nicht generell und allgemein an Coronabedingte Einbußen von Wirtschaftsteilnehmern anknüpft, sondern speziell an eine direkte oder zumindest indirekte Betroffenheit von bestimmten Schließungsanordnungen in bestimmten Branchen, ist nach Überzeugung des Gerichts eine sachliche und damit willkürfreie Erwägung, die es rechtfertigt, auch hinsichtlich der Antragsberechtigung entsprechend zu differenzieren.
40
Darin liegt insbesondere keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen Unternehmen, die – wie das des Klägers – möglicherweise mittelbar bzw. in allgemeiner Weise durch Coronabedingte Auflagen oder Schließungen betroffen waren, insbesondere durch die geltenden Kontaktbeschränkungen, und solchen, die von Schließungsanordnungen auf Grundlage der Beschlüsse vom 28. Oktober, 25. November und 2. Dezember 2020 betroffen waren. Es handelt es sich dabei um eine sachgerechte und willkürfreie Vorgehensweise, denn die Betroffenheit von bestimmten Schließungsanordnungen in formaler Hinsicht geht auch mit einer tatsächlich unterschiedlichen Belastung einher. Dies ist ein ausreichender, sachlicher Differenzierungsgrund. Das Gericht verkennt hierbei nicht und stellt keineswegs in Abrede, dass auch durch infektionsschutzrechtliche Maßnahmen jenseits vollständiger Betriebsschließungen erhebliche Belastungen für die Wirtschaftsteilnehmer entstanden sind. Insbesondere die Kontaktbeschränkungen sowie geltende Abstandsgebote mögen ebenfalls zu erheblichen Umsatzausfällen zahlreicher Wirtschaftsteilnehmer geführt haben. Die Beklagte durfte jedoch willkürfrei auf die formale, und damit unmittelbare Betroffenheit durch Schließungsanordnungen und die dadurch bedingte größere Intensität der Beeinträchtigung abstellen. Denn selbst unter Berücksichtigung aller durch die infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen zweifellos eingetreten Einschränkungen für die Wirtschaftsteilnehmer ist gleichwohl festzustellen, dass den nur mittelbar betroffenen Unternehmen, also solchen die – wie das des Klägers – nicht oder nur zum Teil durch branchenweite Schließungsanordnungen betroffen waren, sondern (überwiegend) nur durch die allgemeinen infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen, jedenfalls ein Spielraum für weitere unternehmerische Tätigkeit verblieb. Auch wenn dieser Spielraum sehr klein oder faktisch kaum vorhanden gewesen sein mag, ist dieser Unterschied nach Überzeugung des Gerichts dennoch ein ausreichender Anknüpfungspunkt für eine willkürfreie Differenzierung (im Ergebnis ebenso VG Würzburg, U.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.585 – juris Rn. 59; vgl. auch VG Berlin, U.v. 3.6.2022 – 26 K 129/21 – juris Rn. 23 ff.)
41
Diese formal an bestimmte Schließungsanordnungen anknüpfende Differenzierung wird im Übrigen auch dadurch abgemildert und gerechtfertigt, dass im Rahmen der November- und Dezemberhilfe nicht antragsberechtigte Wirtschaftsteilnehmer in aller Regel keineswegs von Instrumenten der Corona-Wirtschaftshilfe gänzlich ausgeschlossen sind. Die inmitten stehende Differenzierung betrifft bei ergebnisorientierter Betrachtung überwiegend nicht die Frage, ob ein Antragsteller – wie hier der Kläger – überhaupt Corona-Wirtschaftshilfen erhält, sondern welches der vorhandenen Zuwendungsprogramme gegebenenfalls in Anspruch genommen werden kann. Insbesondere mit der Überbrückungshilfe III steht auch eine Zuwendung für Unternehmen (und Soloselbstständige sowie Angehörige der Freien Berufe) wie das des Klägers zur Verfügung, die unmittelbar oder mittelbar durch Coronabedingte Auflagen oder Schließungen betroffen sind. Auf diese Option hat die Beklagte den Kläger im Übrigen im Rahmen ihrer Anhörungsschreiben ausdrücklich und innerhalb noch offener Antragsfrist hingewiesen (Bl. 24 bzw. 19 der Behördenakten). Diese Überbrückungshilfe erfolgt durch teilweise Übernahme der erstattungsfähigen Fixkosten für die Monate November 2020 bis Juni 2021 als Billigkeitsleistung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Zweifelsohne unterscheiden sich die Zuwendungsformen der November-/Dezemberhilfe und der Überbrückungshilfe III in erheblicher Weise in der Höhe der zu gewährenden Billigkeitsleistung. Dass diese Differenzierung völlig ungeeignet und willkürlich wäre, um durch die Zahlungen eines Beitrags zu den betrieblichen Fixkosten das angestrebte Ziel einer Sicherung wirtschaftlicher Existenzen zu erreichen, ist hingegen nicht ersichtlich.
42
Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Förderrichtlinie und der darauf aufbauenden Förderpraxis bestehen mithin keine Anhaltspunkte. Der Kläger wird nicht anders behandelt als andere Antragstellerinnen und Antragsteller, die ebenfalls mangels Betroffenheit durch die vorgenannten Schließungsanordnungen nicht gefördert wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in vergleichbaren Zuwendungsfällen anders verfahren wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Erwägungen, die Förderung als solche auf Unternehmen zu beschränken, welche von den Schließungsanordnungen auf Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 28. Oktober, 25. November und 2. Dezember 2020 betroffen waren und ihre Leistung nicht mehr anbieten durften, stellen einen vertretbaren sachlichen Grund für die Verneinung der Förderberechtigung des Klägers dar (VG Würzburg, U.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.585 – juris Rn. 59; U.v. 15.11.2021 – W 8 K 21.1000 – juris Rn. 44; VG Magdeburg, U.v. 30.11.2021 – 3 A 61/21 MD – juris Rn. 42). Der Zuwendungsgeber ist im Übrigen nicht gehindert, den Förderungsgegenstand nach sachgerechten Kriterien auch typisierend einzugrenzen und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Dies umso mehr deswegen, weil ihm – wie bereits ausgeführt – sachbezogene Gesichtspunkte dabei in einem sehr weiten Umfang an die Hand gegeben sind. Der Zuwendungsgeber darf im Rahmen des von ihm verfolgten Regelungskonzepts die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Maßnahmen in seine Entscheidung einfließen lassen und muss nicht sämtliche wirtschaftlichen Aktivitäten – auch wenn diese durch infektionsschutzrechtliche Maßnahmen ebenfalls betroffen sind – in gleicher Weise begünstigen (vgl. VG Berlin, U.v. 3.6.2022 – 26 K 129/21 – juris Rn. 31; ähnlich im Zusammenhang der infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen OVG NRW, B.v. 26.3.2021 – 13 B 363/21.NE – juris Rn. 100).
43
Ausgehend von der wie ausgeführt nicht zu beanstandenden Zuwendungspraxis ist der Kläger folglich nicht antragsberechtigt, so dass sich die Zuwendungsbescheide vom 21. Dezember 2020 bzw. 17. Januar 2021 als rechtswidrig darstellen.
44
3.2 Der Rücknahme der Bewilligungsbescheide steht Vertrauensschutz nicht entgegen. Die Bewilligung darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf ihren Bestand vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG). Darauf kann sich allerdings der Begünstigte von vornherein nicht berufen, soweit ein Ausschlusstatbestand gemäß Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG eingreift.
45
3.2.1 Hierbei kann offen bleiben, inwieweit der Ausschlusstatbestand des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG einschlägig ist, auf den sich die Beklagte sowohl im streitgegenständlichen Bescheid als auch schriftsätzlich maßgeblich – wenn auch nicht ausschließlich – beruft. Nach dieser Vorschrift kann sich der Begünstigte nicht auf Vertrauen berufen, wenn er die Zuwendung durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren. Ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG ist, dass die Angaben, mit Hilfe derer der Begünstigte den Verwaltungsakt erwirkt hat, objektiv unrichtig oder unvollständig waren; ob der Begünstigte dies wusste, ist unerheblich. Ebenso kommt es nicht auf ein Verschulden an (vgl. etwa Müller in BeckOK, VwVfG, Stand: 1.4.2022, § 48 Rn. 78; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Aufl. 2018, VwVfG, § 48 Rn. 154 ff., jeweils m.w.N.). In Abgrenzung zu Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayVwVfG ist zudem keine Täuschungsabsicht erforderlich (vgl. zusammenfassend etwa VG Würzburg, U.v. 15.11.2021 – W 8 K 21.1000 – juris Rn. 52).
46
Die Beklagte geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass die Angabe des Klägers im Antrag, die Fördervoraussetzungen lägen vor, insbesondere sei eine Betroffenheit im Sinne der Zuwendungsrichtlinie gegeben, eine unrichtige Angabe i.S.d. Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG darstelle (so auch VG Würzburg, U.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.982 – juris Rn. 70; U.v. 15.11.2021 – W 8 K 21.1000 – juris Rn. 53). Dabei bedürfte jedoch die Frage näherer Betrachtung, inwieweit die Angabe einer „indirekten Betroffenheit“ im Antrag des Klägers – mit der letztlich die grundlegende Aussage über die Antragsberechtigung im Sinne der Zuwendungsrichtlinie verbunden ist – eine „Angabe“ i.S.d. Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG ist. „Angaben“ in diesem Sinne sind Mitteilungen (Informationen) zu objektiv nachprüfbaren Tatsachen (Schoch, in ders./Schneider, Verwaltungsrecht, 2. EL April 2022, VwVfG § 48 Rn. 170). Dagegen sind die Verwendung von Rechtsbegriffen durch den Zuwendungsantragsteller nicht ohne weiteres als solche „Angaben“ anzusehen, da hiermit regelmäßig auch und gerade eine rechtliche Bewertung bzw. Subsumtion verbunden ist, die vorrangig und maßgeblich im Verantwortungsbereich der Verwaltungsbehörde liegt und für deren (Un-)Richtigkeit der Zuwendungsantragsteller nicht per se und ohne weiteres einzustehen hat. Dieser muss zunächst nur die tatsächlichen Verhältnisse vollständig und wahrheitsgemäß wiedergeben, während ihre rechtliche Bewertung der zuständigen Behörde und im Streitfall den Gerichten obliegt. Eine derartige Bewertung oder ein u.U. falsch verstandener bzw. verwendeter – hier der Zuwendungsrichtlinie entnommener – Rechtsbegriff, stellt nicht ohne weiteres eine unrichtige oder unvollständige „Angabe“ dar; Angaben müssen sich auf objektive Tatsachen im Sinne äußerer und innerer Lebensvorgänge beziehen, nicht aber auf Bewertungen, Werturteile, Ansichten, Meinungen und dergleichen (BayVGH, U.v. 8.8.1986 – 11 B 84 A.1775 – BeckRS 1986, 112199, Rn 15).
47
3.2.2 Die Frage, ob die Voraussetzungen nach Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG erfüllt sind, braucht indes vorliegend nicht abschließend entschieden zu werden, da jedenfalls ein ungeschriebener Ausschlusstatbestand des Vertrauensschutzes vorliegt.
48
Die Ausschlusstatbestände des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG sind nicht abschließend, so dass daneben auch weitere Fälle, in denen ein Vertrauensschutz nicht zu gewähren ist, existieren (vgl. z.B. Schoch, in ders./Schneider, Verwaltungsrecht, 2. EL April 2022, VwVfG § 48 Rn. 158; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 48 Rn. 149). Solches kann insbesondere beim Vorliegen eines Widerrufs- oder Rücknahmevorbehalts oder einer einschränkenden Regelung des Inhalts, dass die Bewilligung vorläufig bzw. nicht endgültig erfolgte, oder bei einer Auszahlung einer Abschlagszahlung auf eine erst zukünftig (abschließend) zu bewilligende Zuwendung der Fall sein (VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 55).
49
Ein derart ungeschriebener Ausschlusstatbestand des Vertrauensschutzes ist zwar zunächst nicht unter dem Gesichtspunkt einer generell vorläufigen bzw. vorbehaltlichen Bewilligung der Dezemberhilfe anzunehmen. Der schriftsätzliche Hinweis der Beklagten, wonach die jeweiligen Bescheide ausdrücklich unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags ergangen seien, ist in der Sache unzutreffend. Anders als in einer Vielzahl anderer dem Gericht bekannten Bescheide, namentlich solcher im Vollzug der November- und Dezemberhilfe (vgl. z.B. VG München, U.v. 21.9.2022 – M 31 K 21.5244 – juris; Urt. v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Rn 41 ff.; U.v. 26.4.2022 – M 31 K 21.1857 – juris Rn. 3), hat die Beklagte vorliegend weder eine Abschlagszahlung verfügt noch sich den Erlass eines Schlussbescheids ausdrücklich (oder zumindest noch ausreichend deutlich) vorbehalten, sondern den Antrag des Klägers auf November- und Dezemberhilfe abschließend beschieden. Die in den Zuwendungsbescheiden unter Nr. 9 der Nebenbestimmungen in diesem Zusammenhang zu findende Passus, wonach sich die Beklagte im Einzelfall im Nachgang eine Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der November- und Dezemberhilfe sowie der Verwendung der November- und Dezemberhilfe vorbehalte, reichte nicht aus, um hierdurch einen Vorläufigkeits- oder Entscheidungsvorbehalt begründen zu können. Vielmehr handelt es sich dabei um einen allgemeinen Prüfungsvorbehalt im Sinne der Möglichkeit eines (wohl stichprobenartig) von der Behörde ex-post beim Zuwendungsantragsteller anzufordernden Verwendungsnachweises. Dies bringt Nr. 9 der Nebenbestimmungen auch zum Ausdruck, indem weiter die Verpflichtung ausgesprochen wird, Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen prüfen zu lassen und die notwendigen Auskünfte zu erteilen. Die Bescheide bringen jedoch an keiner Stelle, insbesondere im Tenor und/oder in den einschlägigen Nr. 9 und 10 der Nebenbestimmungen, die Vorläufigkeit bzw. Vorbehaltlichkeit der Gewährung der Wirtschaftshilfen für den objektiven Empfängerhorizont mit (noch) hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck. Ausreichend, aber auch notwendig wäre es hierzu gewesen, einen entsprechenden Rücknahme- oder Entscheidungsvorbehalt, eine Vorläufigkeit der Bewilligung der Zuwendung oder den Umstand der Bewilligung einer Abschlagszahlung auf eine erst zukünftig (abschließend) zu bewilligende Zuwendung mit der gebotenen Klarheit und Eindeutigkeit zum Inhalt des Bescheids, insbesondere seines Tenors, zu machen. Solches ist vorliegend allerdings nicht geschehen (in vergleichbarer Konstellation ebenso VG München, U.v. 28.10.2022 – M 31 K 21.5978 – juris Rn. 44).
50
Jedoch ist in einer Gesamtschau der Umstände, die vorliegend ein dem Negativkatalog des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG vergleichbares Gewicht aufweisen (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2010 – 3 C 17/09 – juris Rn. 19; Schoch, in ders./Schneider, Verwaltungsrecht, 2. EL April 2022, VwVfG § 48 Rn. 158), ein Ausschluss des Vertrauensschutzes gegeben, worauf sich die Beklagte auch schriftsätzlich beruft. Denn zum einen ist festzustellen, dass dem Kläger im konkreten Fall aufgrund der vorhandenen Informationen im Antragsformular, in der Zuwendungsrichtlinie selbst und anhand der im Internet verfügbaren, umfangreichen FAQs ihre fehlende Antragsberechtigung und die erforderlichen Angaben zur Antragstellung ohne weiteres erkennbar sein mussten. Zum anderen ergibt sich aus den die Wirtschaftshilfen (rechtswidrig) gewährenden Bescheide vom 21. Dezember 2020 bzw. 17. Januar 2021 – welche durch die streitgegenständlichen Bescheide vom 28. Oktober 2021 aufgehoben werden – zwar, wie ausgeführt, kein allgemeiner Vorläufigkeits- oder Rücknahmevorbehalt, jedoch war für einen objektiven Empfänger gleichwohl hinreichend klar und eindeutig ersichtlich, dass die Zuwendungsgewährung unter Umständen noch Veränderungen oder Überprüfungen unterliegt und mithin nicht ohne weiteres endgültig erfolgte.
51
So ist – wie bereits ausgeführt – unmittelbar aus den einschlägigen Zuwendungsrichtlinien in Ziff. 2.1 Satz 1 Buchst. b, auch in Verbindung mit Fußnote 9 ersichtlich, dass antragsberechtigt nur solche Unternehmen sind, die von ganz bestimmten Schließungsanordnungen auf Grundlage bestimmter Beschlüsse von Bund und Ländern unmittelbar betroffen sind. Dies wird ferner durch die im Internet verfügbaren, umfangreichen FAQs (dort insbesondere Nrn. 1.1 bis 1.5), auch unter Verwendung von instruktiven Beispielen näher erläutert. Auch aus dem verwendeten Antragsformular und dem (Online-)Antragsverfahren im Übrigen ergeben sich die entsprechenden Informationen zur – hier fehlenden – Antragsberechtigung. Bereits die Angabe zum Grund der Antragstellung im verwendeten Antragsformular hebt darauf ab, dass der Antragsteller aufgrund einer staatlichen Schließungsverordnung in den relevanten Monaten den Geschäftsbetrieb direkt einstellen musste (Bl. 2 der Behördenakten). Unmittelbar aus den Zuwendungsrichtlinien ergibt sich ferner, dass der Antragsteller die Betroffenheit und damit Antragsberechtigung im Sinne der Zuwendungsrichtlinie zu versichern und auf Anfrage durch geeignete Unterlagen nachzuweisen hat (Ziff. 6.3 Satz 3 der Zuwendungsrichtlinie mit Fußnoten 18 und 12). Ferner versichert der Antragsteller, dass er die Antragsvoraussetzungen zur Kenntnis genommen und alle Angaben nach bestem Wissen und wahrheitsgetreu gemacht habe (Bl. 3 der jeweiligen Behördenakten). Das Gericht verkennt nicht, dass sowohl die Antragstellung als solche als auch die Voraussetzungen der November- und Dezemberhilfe sowie ihre Abgrenzung zu anderen vorhandenen Förderprogrammen eine gewisse Komplexität aufweisen. Gleichwohl ist aus den, wie dargestellt, gut zugänglichen Informationen und vorhandenen Hinweisen im Rahmen der Antragstellung jedenfalls die Frage einer Antragsberechtigung in ausreichend deutlicher Weise zu beantworten. Es war damit für den Kläger, gemessen am objektiven Empfängerhorizont, ohne weiteres erkennbar, dass er auf Grundlage der im Antrag gemachten Angaben nicht zum Kreis der relevanten Betroffenen und damit Antragsberechtigten gehörte.
52
Daneben war für den Kläger ebenfalls objektiv erkennbar, dass die Bewilligung der Wirtschaftshilfen in den Zuwendungsbescheid vom 21. Dezember 2020 bzw. 17. Januar 2021 jedenfalls unter bestimmten Umständen auch noch nicht endgültig erfolgte und einer späteren Nachprüfung unterlag. Insbesondere der Zeitablauf – Gewährung der Hilfe unmittelbar am selben Tag der Antragstellung im Fall der Novemberhilfe bzw. kurze Zeit später im Fall der Dezemberhilfe – legt zudem nahe, dass diese automatisiert und lediglich auf Grundlage der durch den jeweiligen Antragsteller gemachten Angaben erfolgte. Dies ergibt sich auch aus der Zuwendungsrichtlinie (Ziff. 7.1 Satz 2 und 7.2 Satz 2).
53
Vor allem aber lässt sich dem umfangreichen Katalog an Nebenbestimmungen in dem gewährenden Bescheid (Bl. 15 ff. bzw. 10ff. der Behördenakte) entnehmen, dass die Gewährung – wenn auch nicht unter ausdrücklichem Vorläufigkeitsvorbehalt (s.o.) – gleichwohl unter dem Vorbehalt künftiger tatsächlicher Änderungen oder behördlicher Überprüfungen steht. So ist etwa ausdrücklich eine Änderungsmöglichkeit eröffnet, falls sich der tatsächliche Umsatzausfall als höher erweist als bei der Antragstellung (Nr. 3 der Nebenbestimmungen). Auch werden umfangreiche Anzeigepflichten im Falle tatsächlicher, antragsrelevanter Änderungen auferlegt (Nr. 1 der Nebenbestimmungen). Zudem behält sich die Bewilligungsstelle im Einzelfall eine Nachprüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der Zuwendung sowie deren Verwendung vor. Ferner findet sich ein Hinweis darauf, dass die Dezemberhilfe im Falle entsprechender Änderungen zu erstatten ist (Nrn. 9 und 10 der Nebenbestimmungen).
54
Grundsätzlich ist nach den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB zu erforschen, wie der Adressat einen Verwaltungsakt unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers stellt sich der die Wirtschaftshilfe gewährende Bescheid zwar – wie ausgeführt – nicht als generell lediglich vorläufiger Zuwendungsbescheid dar (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2017 – 10 C 1/16 – juris Rn. 14 f.), es ist jedoch klar ersichtlich, dass die Dezemberhilfe vorbehaltlich zutreffender Angaben, möglicher Veränderungen und behördlicher Nachprüfungen gewährt wurde. Ein Vertrauen darauf, dass die Gewährung der Wirtschaftshilfe endgültig bestehen bleibt, konnte mithin nicht entstehen, worauf die Beklagte im Übrigen schriftsätzlich zutreffend hinweist.
55
Jedenfalls in der Gesamtschau der vorgenannten Aspekte ist zur Überzeugung des Gerichts ein Vertrauensschutz im konkreten Fall ausgeschlossen. Ausgehend von dem Rechtsgrund eines Vertrauensschutzausschlusses nach Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG, der mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung letztlich in einer Bösgläubigkeit des Begünstigten zu sehen ist (BVerwG, U.v. 17.2.1993 – 11 C 47/92 – juris Rn. 13; Schoch, in ders./Schneider, Verwaltungsrecht, 2. EL April 2022, VwVfG § 48 Rn. 157), kann sich der Kläger hier nicht auf Vertrauensschutz berufen. Zumindest in der Zusammenschau dieser Aspekte – zwanglose Erkennbarkeit der fehlenden Antragsberechtigung für die Novemberhilfe aufgrund der getätigten Angaben und deutlich geminderte Bestandserwartung des Klägers im Hinblick auf eine unveränderte Aufrechterhaltung der Zuwendungsbescheide 21. Dezember 2020 bzw. 17. Januar 2021 – liegt auch ein Ausschlussgrund mit einem Gewicht vor, der dem Negativkatalog des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG entspricht. Maßgeblich zu berücksichtigen ist hierbei im Übrigen auch und gerade, dass es im Rahmen des vorliegenden Zuwendungsverhältnisses primär im Verantwortungsbereich des Klägers lag, zu eruieren, ob er für die November- und Dezemberhilfe antragsberechtigt war. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die außerordentliche Wirtschaftshilfe des Bundes hier aufgrund der pandemiebedingten Sondersituation unbürokratisch größtenteils allein auf der Grundlage von Versicherungen und Erklärungen des Antragstellers ohne Überprüfung dieser Angaben vor Erlass des Zuwendungsbescheides gewährt und sogleich auch ausbezahlt wurde (Ziff. 7.1 Satz 2 und 7.2 Satz 2 der Zuwendungsrichtlinie), kam dem Kläger eine besondere Verantwortung für die eigenen Angaben zu (vgl. zur den Programmen der sog. Corona-Soforthilfe BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16; VG München, U.v. 23. März 2021 – M 31 K 20.6004 – juris Rn. 33; VG Düsseldorf, U.v. 14.12.2020 – 20 K 4706/20 – juris Rn. 48; zum Gedanken einer „Verlagerung der Prüfungsverantwortung“ Sölter, NJW 2022, 2644).
56
Nach alledem kann offen bleiben, ob der Kläger auch die Voraussetzungen des (geschriebenen) Vertrauensschutzausschlusstatbestandes nach Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayVwVfG erfüllt.
57
3.3 Die Beklagte hat schließlich auch ermessensfehlerfrei von ihrer Rücknahmebefugnis Gebrauch gemacht. Das Gericht hat insoweit nur zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 114 Satz 1 VwGO). Die im Bescheid angeführten Erwägungen der Beklagten sind sonach nicht zu beanstanden. Sie hat bei der Entscheidung über die Rücknahme des Zuwendungsbescheids insbesondere mit in der Sache zu treffenden Gesichtspunkten den Umstand berücksichtigt, dass eine Berufung auf Vertrauensschutz vorliegend nicht möglich ist. Nach Art. 48 Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG wird in den Fällen des Satzes 3 der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. In einem solchen Fall entfällt sodann nicht nur die Schutzwürdigkeit des Vertrauens, sondern es greift zudem auch eine entsprechende Ermessenslenkung im Sinne einer regelmäßigen behördlichen Pflicht zur Rücknahme ein. Anders wäre es nur bei einem atypischen Ausnahmefall (vgl. statt vieler Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 48 Rn. 127b und 127c; vgl. auch VG Würzburg, U.v. 15.12.2021 – W 8 K 21.1000 – juris Rn. 58; VG München, U.v. 16.2.2021 – M 31 K 20.5502 – juris Rn. 35), für dessen Vorliegen vorliegend allerdings nichts ersichtlich ist.
58
4. Ausgehend von der oben festgestellten fehlenden Antragsberechtigung des Klägers ist die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einer Dezemberhilfe durch den streitgegenständlichen Bescheid rechtmäßig erfolgt.
59
5. Die Rückforderung der gezahlten November- und Dezemberhilfe in der geltend gemachten Höhe ist auf Grundlage von Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG ebenfalls rechtmäßig. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit – wie hier – ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist. Die zu erstattende Leistung ist gemäß Art. 49a Abs. 1 Satz 2 BaVwVfG durch schriftlichen Verwaltungsakt festgesetzt.
60
Gegen die ferner angeordnete Verzinsung bei Zahlungsverzug bestehen keine Bedenken, zumal mit dieser Regelung ohnehin von der auf Grundlage des Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG möglichen Verzinsung zum Teil abgesehen wurde.
61
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
62
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.