Titel:
Keine Vaterschaftsanerkennung nach dem Tod der Mutter
Normenkette:
BGB § 1595 Abs. 1, Abs. 2
Leitsätze:
1. Das Zustimmungserfordernis der Mutter gem. § 1595 Abs. 1 BGB zur Vaterschaftsanerkennung gilt auch über ihren Tod hinaus. (Rn. 1) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach dem Tod der Mutter ist nur das gerichtliche Feststellungsverfahren möglich. (Rn. 1) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vaterschaftsanerkennung, Zustimmungserfordernis, Abstammungsverhältnis, Tod der Mutter
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Bamberg, Beschluss vom 26.01.2023 – 1 W 67/22
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 30.08.2023 – XII ZB 48/23
BGH Karlsruhe, Berichtigungsbeschluss vom 08.11.2023 – XII ZB 48/23
Fundstelle:
BeckRS 2022, 42388
Tenor
Gemäß § 48 des Personenstandsgesetzes wird nach Anhörung der Beteiligten und nach Äußerung des Landratsamtes ... gebührenfrei angeordnet:
In dem Geburtenbuch/-registereintrag beim Standesamt ... Vaterschaftsanerkennung nicht beizuschreiben.
Gründe
1
Auf die zutreffenden Ausführungen des Standesamtes ... wird verwiesen.Das Zustimmungserfordernis des § 1595 Abs. 1 BGB gilt auch über den Tod der Mutter hinaus. Im Gesetzestext finden sich keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung dieser Voraussetzung. Der Regierungsentwurf weist ausdrücklich darauf hin, dass beim Tod der Mutter nur das gerichtliche Feststellungsverfahren möglich ist. Auch nach dem Zweck der Regelung ist dies sachgerecht.
2
Zwar wäre nach dem Tod der Mutter noch die Zustimmung des Kindes nach Abs. 2 erforderlich, da der Verstorbenen kein Sorgerecht mehr zusteht. Die Zustimmung des Kindes oder dessen Vormunds bietet jedoch keine gleichwertige Gewähr für die Richtigkeit der Anerkennung, da das Kind naturgemäß keine vergleichbare Kenntnis von seiner Abstammung hat. Soweit die im Schrifttum verbreitete Gegenansicht anführt, gerade beim Tod der Mutter sei die zeitnahe Vaterschaftsanerkennung einem langwierigen Gerichtsverfahren vorzuziehen, sind dies Wertungen, die dem Gesetzgeber vorbehalten sind. Hätte der Gesetzgeber eine Ausnahme vom Zustimmungserfordernis vorsehen wollen, hätte dies im Gesetz Niederschlag gefunden. Eine teleologische Reduktion verbietet sich, da der Zweck der Regel nicht primär im Schutz der Mutter liegt, sondern auch gerade in der Gewährleistung der Statuswahrheit. Dementsprechend ist auch die Begründung des KG Berlin abzulehnen, das für das Entfallen der Voraussetzung der Zustimmung der Mutter im Fall ihres Todes unter anderem angeführt hat, andernfalls könne trotz des positiven Willens von Anerkennendem und Kind keine Vaterschaft begründet werden, wenn eine biologische Vaterschaft nicht (gerichtlich) feststellbar sei. Die Ermöglichung biologisch unzutreffender Abstammungsverhältnisse ist jedoch kein legitimer Zweck des Abstammungsrechts. Ein solcher Fall wäre vielmehr an den Regeln der Adoption zu messen.