Inhalt

AG Nürnberg, Beschluss v. 14.10.2022 – 109 F 2424/22
Titel:

Voraussetzungen für die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil im Verfahren der einstweiligen Anordnung

Normenketten:
BGB § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
FamFG § 51 Abs. 4, § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG
FamGKG § 41, § 45 Abs. 1 Nr. 1
Leitsatz:
Kann kann das Gericht im Rahmen einer summarischen Prüfung im  Verfahren der einstweiligen Anordnung nicht zu der Überzeugung kommen, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei einem Elternteil allein dem Kindeswohl am besten entspricht, sind die widerstreitenden Anträge der Eltern zurückzuweisen. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erziehungsfähigkeit, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Kindeswohl, elterliche Sorge, einstweilige Anordnung
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.12.2022 – 7 UF 1036/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 42165

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag der Antragsgegner auf Übertragung der elterlichen Sorge wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
4. Der Verfahrenswert wird auf 2.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die Eltern des Kindes. Die Eltern leben nicht nur vorübergehend getrennt.
2
Die Antragsgegnerin ist zwischenzeitlich mit dem Kind nach Nürnberg verzogen. Dem Antragsteller gegenüber hatte sie dies nicht mitgeteilt, für ihn war sie nicht erreichbar. Er hatte daher Anzeige bei der Polizei N wegen Kindesentführung erstattet. Der Antragsteller ist mit dem Umzug nicht einverstanden.
3
Der Antragsteller erklärt, er habe erhebliche Zweifel an der Erziehungsfähigkeit der Antragsgegnerin. Er selbst habe eine gute Bindung zum gemeinsamen Kind.
4
Der Antragsteller beantragt,
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den gemeinsamen Sohn der Beteiligten P, geboren am xx wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache auf den Antragsteller übertragen.
5
Die Antragsgegnerin beantragt,
ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das gemeinsame Kind allein zu übertragen.
6
Die Antragsgegnerin gibt an, sie sei vom Antragsteller bedroht, beleidigt und gewalttätig angegangen worden und deswegen mit xx und den weiteren Kindern ins Frauenhaus nach Nürnberg gegangen.
7
Das Gericht hat einen Verfahrensbeistand für das Kind bestellt und den Verfahrensbeistand sowie die Eltern persönlich angehört. Das Gericht hat außerdem das Jugendamt schriftlich angehört. Auf den Vermerk über die nichtöffentliche Verhandlung und die Kindesanhörung wird darüber hinaus Bezug genommen.
II.
8
Die Entscheidung beruht auf § 1671 Abs. 1 BGB. Nach dieser Bestimmung hat das Gericht auf Antrag einem Elternteil die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein zu übertragen, wenn die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt leben, ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht und zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
9
Danach waren sowohl der Antrag des Antragstellers als auch der Antrag der Antragsgegnerin vorliegend zurückzuweisen.
10
Im Parallelverfahren 109 F 2425/22 wird ein Sachverständigengutachten erholt, um die Erziehungsfähigkeit beider Eltern zu überprüfen. Im Rahmen einer summarischen Prüfung im vorliegenden Verfahren kann das Gericht nicht zu der Überzeugung kommen, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei einem Beteiligten allein dem Kindeswohl am besten entspricht.
11
Hinsichtlich des Antragstellers ist zu beachten, dass dieser seit 17.05.2022 keinen Kontakt mehr zu seinem Kind hat. Im Hinbl Auch soweit vom Antragsteller ein Sachverständigengutachten aus November 2019 angeführt wurde, ist zwar zuzustimmen, dass dieses in einem Verfahren betreffend der weiteren Kinder der Antragsgegnerin beim Familiengericht W eingeholt wurde und das Gutachten zum Ergebnis einer eingeschränkten Erziehungsfähigkeit kommt. Allerdings wurden der Antragsgegnerin in dem Verfahren vor dem Familiengericht Wennigsen gerade keine Teilbereiche der elterlichen Sorge nach Vorlage des Gutachtens entzogen. Vielmehr stellte die Antragsgegnerin dort einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung und familiengerichtliche Maßnahmen wurden nicht getroffen.
12
Hinsichtlich der Antragsgegner ist zu berücksichtigen, dass durch das Jugendamt von mehreren Vorfällen berichtet wurde. Die Kindsmutter habe nun aber einen Antrag auf Familienhilfe und Familienhebamme beim Jugendamt gestellt. Auch zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Antragsgegnerin im Januar ein weiteres Kind erwartet.
13
Durch das Gericht wurde von Amts wegen ein Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung eingeleitet, in dem weiter überprüft wird, ob sorgerechtlichen Maßnahmen zu treffen sind. Hierfür ist xx selbst anzuhören.
III.
14
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Für die Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung gelten die allgemeinen Vorschriften.
15
Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf §§ 41, 45 FamGKG.