Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 05.09.2022 – W 4 S 22.1308
Titel:

Wiederherstellung einer Gehwegfläche - Verstoß eines Bescheides gegen Treu und Glauben nach gerichtlichem Vergleich

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
BGB § 242
BayStrWG Art. 6 Abs. 3, Art. 18b
Leitsätze:
1. Besteht Unklarheit, ob ein gerichtlicher Vergleich wirksam ist, so ist der Rechtsstreit - zunächst zur Klärung der Frage nach dem Bestand des Vergleichs - auf Antrag eines Betroffenen fortzuführen. Dieses Antragsrecht unterliegt - wie andere prozessuale Rechte auch - der Verwirkung. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Hat der Träger der Straßenbaulast kein dingliches Recht, über das der Straße dienende Grundstück zu verfügen und liegt auch eine Zustimmung des Grundstückseigentümers oder dinglich zur Nutzung Berechtigten nicht vor, so kann der Träger der Straßenbaulast diesen Grundstücksteil nicht wirksam widmen, so dass keine öffentliche Straße iSd Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes vorliegt. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
venire contra factum proprium, Reichweite der Widmung, unzulässige Rechtsausübung, Verpflichtung zur Wiederherstellung einer Gehwegfläche, Begründung des Sofortvollzugs, Grundsatz von Treu und Glauben, Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs, Verwirkung, öffentliche Straße
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 11.01.2023 – 8 CS 22.2081
Fundstelle:
BeckRS 2022, 42005

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage W 4 K 22.1296 gegen Ziffer I. 2. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 4. August 2022 wird wiederhergestellt.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller war der Kläger, die Antragsgegnerin die Beklagte eines unter dem Az. W 4 K 16. … beim Verwaltungsgericht Würzburg geführten Klageverfahrens. In diesem Verfahren ging es um den Ausbau des F.wegs in U … Der Antragsteller wendete sich dagegen mit der Begründung, bei dem Ausbau sei sein Grundstück überbaut worden, er könne sein Grundstück seitdem nicht mehr ordnungsgemäß befahren und zudem laufe Wasser in sein Grundstück.
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Am 24. Oktober 2017 einigten sich Antragsteller und Antragsgegnerin im Wege eines gerichtlichen Vergleichs. Der Vergleich hat folgenden Wortlaut:
„I. Unter Bezugnahme auf die Anlage B1 der Beklagten erkennt die Gemeinde an, dass die orange gekennzeichnete Fläche im Bereich des F.wegs bis zur Verlängerung der nordöstlichen Grenze der Erbengemeinschaft, nicht in ihrem Eigentum steht.
II. Die Beklagte verpflichtet sich zum Rückbau des streitgegenständlichen F.wegs vom Gebäudevorsprung bis zur Verlängerung der nordöstlichen Grenze gemäß der Anlage B1. Von der Einmündung R.straße bis zu dem Gebäudevorsprung erkennt der Kläger den Ausbau durch die Gemeinde an und erklärt sich damit einverstanden.
III. Die Parteien sind sich des Weiteren einig, dass nach Abschluss der Rückbauarbeiten, die bis Ende 2018 stattgefunden haben sollen, eine erneute Vermessung des gesamten Grundstücks der Erbengemeinschaft durch das Vermessungsamt durchgeführt werden soll, wobei die Kosten dieser Vermessung je zur Hälfte von der Erbengemeinschaft und von der Gemeinde übernommen werden.“
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Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2020 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Würzburg, ihm im Wege der Ersatzvornahme das Recht einzuräumen, den Rückbau selbst durchzuführen, nachdem die Antragsgegnerin bis zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem Rückbau begonnen habe.
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Mit Beschluss vom 25. Februar 2020 im Verfahren W 4 V 20. … ermächtigte das Gericht den Antragsteller, die nach Nr. II. des gerichtlichen Vergleichs der Kammer vom 24. Oktober 2017 dem Antragsgegner obliegende Verpflichtung, den F.weg vom Gebäudevorsprung bis zur Verlängerung der nordöstlichen Grenze gemäß der Anlage B 1 zurückzubauen, durch eine vom Antragsteller zu beauftragende Firma auf Kosten der Antragsgegnerin durchführen zu lassen.
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Im Juli 2022 entfernte der Antragsteller im Bereich Gebäudevorsprung bis zur Verlängerung der nordöstlichen Grenze die dort liegenden Pflastersteine und begann mit der Umsetzung der Straßenentwässerung.
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Am 4. August 2022 erließ die Antragsgegnerin einen Bescheid dahingehend, dass der Antragsteller verpflichtet werde, die Straßenentwässerungsleitung, welche sich unterhalb der Gehwegfläche des F.wegs in … U … in Höhe des Grundstücks Fl.Nr. … (…straße ) zwischen den beiden Toren der Nebengebäude Fl.Nr. … und Fl.Nr. … befinde, bis spätestens 30. September 2022 wiederherzustellen und anzuschließen (Ziffer I.1). Des Weiteren wurde der Antragsteller verpflichtet, die gepflasterte öffentliche Gehwegfläche des F.wegs in … U … in Höhe des Grundstücks Fl.Nr. … ( …straße ) zwischen der Grundstücksgrenze Fl.Nr. … und dem Tor zum Nebengebäude Fl.Nr. … und vor dem Tor bis spätestens 30. September 2022 wiederherzustellen und weitere Eingriffe in die Gehwegfläche zu unterlassen (Ziffer I.2.). Falls er den Anordnungen nicht nachkomme, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR angedroht (Ziffer I.3.). Die sofortige Vollziehung der Ziffern I. 1. und I. 2. des Bescheids werde angeordnet (Ziffer I.4.). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Antragsgegnerin sachlich und örtlich zuständig sei. Das Entfernen von Pflastersteinen auf öffentlichem Verkehrsgrund (Gehwegfläche) stelle eine Sondernutzung dar, die unerlaubt sei, deshalb könne die Antragsgegnerin gemäß Art. 18b BayStrWG gegen den Antragsteller vorgehen. Durch die Trennung der Straßenentwässerung drohten ebenfalls weitere Schäden. Der Erlass des Bescheids liege im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde. Der sofortige Vollzug sei anzuordnen, da sich die Gefahr von Unfällen bei weiterem Zuwarten erhöhe. Da mit dem bevorstehenden Herbst auch mit früherem Eintritt von Dunkelheit, schlechteren Sichtverhältnissen und Laubfall zu rechnen sei, sei eine Verstärkung des Gefahreneintritts die Folge. Deshalb liege es im öffentlichen Interesse, dass die Gefahr innerhalb der angeordneten Frist beseitigt und die öffentliche Ordnung wiederhergestellt werde.
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Unter dem 17. August 2022 ließ der Antragsteller gegen Ziffer I. 2. des Bescheids vom 4. August 2022 Klage erheben, die unter dem Az. W 4 K 22. … geführt wird und über die bisher noch nicht entschieden ist.
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Zudem ließ er im vorliegenden Verfahren beantragen,
die aufschiebende Wirkung der mit Schreiben vom 17. August 2022 erhobenen Anfechtungsklage W 4 K 22. … gegen Ziffer I. 2. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 4. August 2022 wiederherzustellen.
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Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der Antrag schon deshalb begründet sei, da die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht ausreichend begründet habe. Des Weiteren sei die Antragsgegnerin für den Erlass des Bescheids überhaupt nicht zuständig, da sie Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft sei und die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises auf die Verwaltungsgemeinschaft übergegangen seien. Die Antragsgegnerin setze sich des Weiteren mit dem Versuch, den Rückbau der Straße in den Zustand vor dem Überbau zu unterbinden, in Widerspruch zu dem gerichtlich protokollierten Vergleich, aber auch zur gerichtlich angeordneten Zulässigkeit der Ersatzvornahme. Es könne nicht angehen, dass das Gericht dem Antragsteller das Recht einräume, seinen Anspruch aus dem Vergleich im Wege der Ersatzvornahme durchzusetzen, nur damit die Antragsgegnerin über ihre Stellung als Straßenbaubehörde genau diese Ersatzvornahme unterbinde. Im Übrigen sei der Bescheid der Antragsgegnerin auch deshalb rechtswidrig, weil mangels Widmung des Gehwegs dieser keinen öffentlichen Straßenraum darstelle und weil sich die Fläche im Eigentum einer Erbengemeinschaft des Antragstellers zusammen mit seiner Mutter und seinem Bruder befinde.
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Die Antragsgegnerin beantragte,
den Antrag zurückzuweisen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragsgegnerin immer noch Eigentümerin der streitgegenständlichen Fläche sei und der gerichtliche Vergleich nichtig sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Der Antrag ist zulässig.
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Die Klage des Antragstellers gegen die in Ziffer I. 2. ausgesprochene Verpflichtung, die gepflasterte öffentliche Gehwegfläche des F.wegs in Höhe des Grundstücks Fl.Nr. … zwischen der Grundstücksgrenze Fl.Nr. … und dem Tor zum Nebengebäude Fl.Nr. … und vor dem Tor bis spätestens 30.09.2022 wiederherzustellen und weitere Eingriffe in die Gehwegfläche zu unterlassen, hat keine aufschiebende Wirkung, weil in Ziffer I.4. die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet wurde. In diesem Fall kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 2 VwGO die aufschiebende Wirkung auf Antrag wiederherstellen.
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Der Antrag ist auch begründet.
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Es spricht viel dafür, dass die Anordnung des Sofortvollzugs von Ziffer I. 2. bereits formell rechtswidrig ist.
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Die Begründung des Sofortvollzugs erfordert besondere, auf den Einzelfall bezogene, konkrete Gründe, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 43). In diesem Sinn ist eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Ebenso wenig reicht eine Begründung, die mit dem konkreten Fall nicht im Zusammenhang steht nicht. Der auch verfassungsrechtlich verankerten Bedeutung des Begründungserfordernisses (vgl. OVG Schleswig, B.v. 19.6.1991, NVwZ 1992, 688) ist nur dann Genüge getan, wenn erkennbar ist, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst wurde.
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Vorliegend hat die Antragsgegnerin die Anordnung des Sofortvollzugs damit begründet, dass bei Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit der Wiederherstellung sich die Gefahr von Unfällen erhöhe. Für die Kammer ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht nachvollziehbar, welcher Zusammenhang zwischen der Anordnung, die gepflasterte Gehwegfläche wiederherzustellen und weitere Eingriffe in die Gehwegfläche zu unterlassen und der von ihr vorgebrachten Unfallgefahr u.a. durch Dunkelheit und Laubfall bestehen soll. Nach dem oben Gesagtem spricht daher viel dafür, dass sich die Antragsgegnerin jedenfalls nicht des Ausnahmecharakters speziell ihrer Anordnung, die gepflasterte öffentliche Gehwegfläche wiederherzustellen und weitere Eingriffe in die Gehwegfläche zu unterlassen bewusst war, es fehlen die auf den vorliegenden konkreten Einzelfall bezogenen Gründe.
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Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Das öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnung ist gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage abzuwägen. Auf die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren kommt es zwar nicht grundsätzlich an, jedoch hat das Gericht bei seiner Interessenabwägung auch diese Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs mit zu berücksichtigen, soweit sich diese übersehen lassen.
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Unter Berücksichtigung dessen spricht bei der im Sofortverfahren gebotenen summarischen Überprüfung viel dafür, dass die in Ziffer I. 2. normierte Verpflichtung jedenfalls rechtswidrig ist und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Wie der Antragstellervertreter zutreffend ausführt, hat sich die Antragsgegnerin in dem vor dem Verwaltungsgericht Würzburg am 24. Oktober 2017 geschlossenen gerichtlichen Vergleich zum Rückbau des streitgegenständlichen F.wegs vom Gebäudevorsprung bis zur Verlängerung der nordöstlichen Grenze verpflichtet. Grund dafür war, dass die Antragsgegnerin anerkannte, dass diese Fläche nicht in ihrem Eigentum steht, sie folglich auch nicht darüber verfügen konnte und diese insbesondere nicht überbauen konnte.
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Die Antragsgegnerin ist dieser ihr im Vergleich vom 24. Oktober 2017 im Verfahren W 4 K 16. … anerkannten Verpflichtung offensichtlich in rechtswidriger Weise nicht nachgekommen. Deshalb hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 25. Februar 2020 im Verfahren W 4 V 20. … den Antragsteller ermächtigt, im Wege der Ersatzvornahme den Rückbau vom Gebäudevorsprung bis zur Verlängerung der nordöstlichen Grenze durch eine vom Antragsteller zur beauftragende Firma auf Kosten der Antragsgegnerin selbst durchführen zu lassen.
23
Wenn die Antragsgegnerin nunmehr mit einer straßen- und wegerechtlichen Anordnung versucht, diese ihr selbst obliegende Rückbauverpflichtung im Wege der Ersatzvornahme zu unterbinden, verhält sie sich offensichtlich rechtsmissbräuchlich und verletzt den auch im Verwaltungsrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glaube, der ein Verbot widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) umfasst.
24
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des umfangreichen Vortrags der Antragsgegnerin im Klageverfahren. Wenn dort behauptet wird, der Vergleich sei unwirksam bzw. nichtig, jedenfalls werde er durch Anfechtung rückwirkend vernichtet, wird unabhängig von der Frage, ob dies tatsächlich der Fall ist, im Rahmen der gesamten Ausführungen verkannt, dass der gerichtliche Vergleich bereits im Jahr 2017 geschlossen wurde. Besteht Unklarheit, ob ein Vergleich wirksam ist, so ist der Rechtsstreit - zunächst zur Klärung der Frage nach dem Bestand des Vergleichs - auf Antrag eines Betroffenen fortzuführen. Dieses Antragsrecht unterliegt jedoch wie andere prozessuale Rechte auch der Verwirkung (vgl. zum Folgenden: Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 28. Auflage 2022, § 106 Rdnr. 18 m. w. Nachw.), d. h. das Antragsrecht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist, der Betroffenen untätig bleibt, obwohl vernünftigerweise von ihm eine Reaktion zu erwarten war, und sich die Gegenpartei daher auf das Untätigwerden eingestellt hat; als Zeitraum für eine solche Untätigkeit wird in Anlehnung an die Fristen der §§ 58 II, 60 III VwGO üblicherweise ein Jahr angenommen. Diese Erwägungen gelten auch vorliegend.
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Die in der Hauptsache erhobene Klage gegen Ziffer I. 2. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 4. August 2022 wird daher schon aus diesem Grund erfolgreich sein, so dass die vom Gericht zu treffende Ermessensentscheidung zu Gunsten des Antragstellers ausfällt.
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Die vom Antragsteller erhobene Klage wird aber auch deshalb begründet sein, da die Antragsgegnerin rechtsirrig von der Anwendbarkeit des BayStrWG ausgegangen ist.
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Die Antragsgegnerin stützt ihre Anordnung, die gepflasterte öffentliche Gehwegfläche wiederherzustellen und weitere Eingriffe in die Gehwegfläche zu unterlassen, auf Art. 18b BayStrWG und meint, die Herausnahme der Pflastersteine aus der Gehwegfläche beeinträchtigte die Verkehrssicherheit, insbesondere des Fußgängerverkehrs, zudem würden Schäden an den angrenzenden Pflasterflächen drohen. Unabhängig von der Frage, ob die Herausnahme der Pflastersteine überhaupt eine unerlaubte Sondernutzung i.S.v. Art. 18b BayStrWG darstellt, dies wird auch im umfangreichen Schriftsatz der Antragstellervertreterin nur behauptet, hätte es der Antragsgegnerin oblegen, einmal zu überprüfen, ob das Bayer. Straßen- und Wegegesetz vorliegend überhaupt Anwendung findet.
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Die Antragsgegnerin hat in dem o.g. Vergleich im Verfahren W 4 K 16. … am 24. Oktober 2017 anerkannt, dass sie nicht Eigentümerin des F.wegs vom Gebäudevorsprung bis zur Verlängerung der nordöstlichen Grenze ist. Damit kann für diesen Bereich das Bayer. Straßen- und Wegegesetz keine Anwendung finden, da nach Art. 1 BayStrWG dieses Gesetz die Rechtsverhältnisse an den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen regelt. Mit anderen Worten: das Bayer. Straßen- und Wegegesetz gilt für alle in Bayern gelegenen öffentlichen gewidmeten Straßen mit Ausnahme der Bundesfernstraßen. Die Widmung wiederrum setzt voraus, dass der Träger der Straßenbaulast das dingliche Recht hat, über das der Straße dienende Grundstück zu verfügen (Art. 6 Abs. 3 BayStrWG). Hat der Träger der Straßenbaulast hingegen kein dingliches Recht, über das der Straße dienende Grundstück zu verfügen und liegt auch eine Zustimmung des Grundstückseigentümers oder dinglich zur Nutzung Berechtigten nicht vor, so kann der Träger der Straßenbaulast diesen Grundstücksteil nicht wirksam widmen, so dass auch keine öffentliche Straße i.S.d. BayStrWG vorliegt.
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Vorliegend besteht gerade kein dingliches Recht der Antragsgegnerin vom Gebäudevorsprung bis zur Verlängerung der nordöstlichen Grenze des F.wegs. Das hat die Antragsgegnerin in dem gerichtlichen Vergleich vom 24. Oktober 2017 im Verfahren W 4 S 22. … auch anerkannt. Das Bayer. Straßen- und Wegegesetz findet gemäß dem eben Gesagten in diesem Bereich daher keine Anwendung. Wenn der Antragssteller in diesem Bereich Baumaßnahmen durchführt, kann eine Anordnung daher auch nicht auf Art. 18b BayStrWG gestützt werden.
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Nach alldem war dem Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.