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AG München, Endurteil v. 20.12.2022 – 411 C 10539/22
Titel:

Aufnahme von Flüchtlingen in Mietwohnung

Normenkette:
BGB § 553 Abs. 1, Abs. 3
Leitsätze:
1. Die Aufnahme von Flüchtlingen stellt kein mieterbezogenes berechtigtes Interesse gem. § 553 Abs. 1 BGB dar, sondern ein (Fremd-)Interesse Dritter. (Rn. 66 – 75)
2. Dieses Interesse ist auch nicht nachträglich entstanden, weil es bereits vor Mietvertragsabschluss Flüchtlinge – auch ukrainische – gab. (Rn. 78)
Eine Mietvertragsregelung dergestalt, "Der Vermieter schließt eine Untervermietung aus. Sollte es zu diesem Punkt Gesprächsbedarf geben wird diese im Vorfeld genau besprochen und definiert.", ist nach § 553 BGB unwirksam. (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Untervermietung, Mietvertrag, ukrainische Flüchtlinge, Besucher
Fundstellen:
WuM 2023, 94
LSK 2022, 41785
BeckRS 2022, 41785
ZMR 2023, 302

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 6.000,00 festgesetzt.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt von den Beklagten die Erlaubnis, den Gebrauch seines von ihm angemieteten Einfamilienhauses teilweise an 2 Asylbewerber aus der Ukraine zu überlassen.
2
Der Kläger hat mit Vertrag vom 08.12.2021 das ca. 240 qm große Einfamilienhaus in … Gräfelfing mit Wirkung zum 15.11.2021 von den Beklagten zu einem Grundmietzins in Höhe von 3.500 Euro gemietet und zusammen mit seinen beiden minderjährigen Kindern (# …: 15 Jahre und …: 11 Jahre) und einem Hund bezogen.
3
Aufgrund von Bautätigkeiten auf dem angrenzenden Grundstück wurde dieser Mietzins bis einschließlich 31.12.2022 auf 3.400 reduziert.
4
Die Beklagten bewohnen ein daneben liegendes Einfamilienhaus in der … Der Zugang zum streitgegenständlichen Anwesen führt am Garten des von den Beklagten bewohnten Hauses entlang.
5
Unter der Ziffer 18.17. „Untervermietung“ haben die Parteien folgende Vereinbarung getroffen: „Der Vermieter schließt eine Untervermietung aus. Sollte es zu diesem Punkt Gesprächsbedarf geben wird diese im Vorfeld genau besprochen und definiert. Mit Herrn P. wurde vereinbart, dass er an seine Firma Räume und Kellerräume vermieten darf.“
6
Auf eine entsprechende mündliche Anfrage des Klägers im März 2022, haben die Beklagten zunächst die Aufnahme zweier junger Frauen mit einem Kind, die aus der Ukraine geflüchtet sind, befristet bis zum 14.05.2022, gestattet, da sie der Auffassung waren, einen kurzen Aufenthalt mit Besuchscharakter, ohnehin nicht verbieten zu können.
7
Im März 2022 sind in das Dachgeschoss des vom Kläger angemieteten Hauses dann stattdessen die 73-jährige Frau … und deren Enkelin, …, ebenfalls Flüchtlinge aus der Ukraine, eingezogen.
8
Mit Schreiben vom 15.05.2022 forderte der Kläger die Beklagten unter Hinweis darauf, dass die Regelung unter Ziffer 18.17 des Mietvertrages unwirksam sei, auf, innerhalb einer Frist bis zum 20.05.2022 der Untervermietung der Dachgeschosswohnung an diese beiden Flüchtlinge aus „humanitären Gründen und persönlichen berechtigten Interessen“ zuzustimmen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das genannte Schreiben (Anlage K 2, Bl. 14 Rückseite) Bezug genommen.
9
Mit Schreiben vom 21.05.2022 wiesen die Beklagten den Kläger darauf hin, dass sie mit einer über einen Besuch hinausgehende Unterbringung Dritter nicht einverstanden sind. Spätestens bis zum 16.08.2022 müssten die Flüchtlinge die Wohnung verlassen.
10
Hinsichtlich des weiteren Textes wird auf die Anlage K 3 (Bl. 15) Bezug genommen.
11
Der Kläger forderte die Beklagten mit Schreiben vom 24.05.2022 nochmals auf, bis zum 27.05.2022 die Zustimmung zur Untervermietung zu erteilen, andernfalls werde er Klage erheben.
12
Eine weitere Aufforderung mit Frist bis zum 17.06.2022 erfolgte durch den Mieterverein München im Namen und mit Vollmacht des Klägers mit Schreiben vom 02.06.2022.
13
Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten wies das Ansinnen mit Schreiben vom 17.06.2022 zurück.
14
Die beiden Flüchtlingspersonen bewohnen aktuell immer noch die Dachgeschosswohnung des vom Kläger angemieteten Anwesens.
15
Der Kläger trägt vor, dass die Klage aus folgenden Gründen zuzusprechen sei:
16
Der Klageanspruch folge aus § 553 Abs. 1 BGB. Der Kläger vermietet nur einen Teil der Wohnung unter und er habe ein berechtigtes Interesse an der streitgegenständlichen Untervermietung.
1. Genehmigungsfreier Besuch
17
Zum einen müsse eine Erlaubnis überhaupt nicht eingeholt werden, da hier ein genehmigungsfreier Besuch vorliege. Die vorliegenden Gegebenheiten, nämlich die vorübergehende Aufnahme von Kriegsflüchtlingen in einer Notsituation, rechtfertige die Annahme, dass auch ein längerfristiger Aufenthalt noch als Besuch zu werten sei.
2. Anspruch auf Erlaubnis
18
Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Untervermietung zu.
19
Die Regelung unter Ziffer 18.17 der Zusatzvereinbarung stehe seinem Anspruch nicht entgegen, da diese Regelung gemäß § 553 Abs. 3 BGB unwirksam sei.
20
Die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 553 Abs. 1 BGB seien erfüllt.
21
Als berechtigt sei nach dem Rechtsentscheid des BGH vom 3.10.1984 jedes, auch höchst persönliche Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht. Hierbei sei auf die Sichtweise des Mieters abzustellen. Berechtigt seien somit solche Gründe, die die Absicht des Mieters nachvollziehbar erscheinen lassen. Das berechtigte Interesse muss nach Abschluss des Mietvertrages entstanden sein. Es brauche kein dringendes zu sein und könne auf einer Veränderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters beruhen und beurteile sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls.
22
Vorliegend sei ein entsprechendes berechtigtes Interesse gegeben, weil der Kläger – zutiefst berührt von den Kriegsereignissen in der Ukraine und dem Aufruf der Bundesregierung und der Medien folgend – die Kriegsflüchtlinge humanitär unterstützen möchte. Humanitäre Interessen würden für einen Anspruch aus § 553 Abs. 1 BGB entgegen einer vertretenen Meinung ausreichen.
23
Nachdem die Unterbringung von Flüchtlingen auch im öffentlichen Interesse liegt, sei die Verweigerung der Zustimmung nicht nachvollziehbar.
24
Zudem sei ein berechtigtes Interesse zu bejahen, da der Kläger durch Frau S. im Haushalt, bei der Betreuung der Kinder und des Hundes unterstützt werde. Es genüge auch das Interesse des Klägers, nicht mehr alleine in dem Wohnhaus zu leben.
25
Nicht entscheidend sei, ob das Wohnhaus des Klägers in unmittelbarer Nähe zum Wohnhaus der Beklagten liegt. Im Übrigen seien die beiden Häuser durch eine Hecke getrennt. Die Dachgeschosswohnung sei auch für die Beklagten nicht einsehbar.
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Auch liege keine übermäßige Abnutzung durch die Untervermietung vor. Von einer Überbelegung kann durch die Nutzung der Räumlichkeiten im Dachgeschoss, die ca. 35 qm Wohnfläche aufweisen, im Hinblick auf die gesamte Wohnfläche des Anwesens von 240 qm nicht gesprochen werden. Der Kläger zahle im Übrigen eine mehr als angemessene Miete für das Wohnhaus. Der vereinbarte Mietzins sei sogar höher als derjenige, den die Vormieter gezahlt haben.
27
Der Kläger habe vor Abschluss des Mietvertrags nicht gewusst, dass es in dem vorangegangenen Mietverhältnis zu Konfliktsituationen wegen der Untervermietung an fremde Personen gekommen sei.
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Bestritten wird, dass die Beklagte zu 3) psychisch stark belastet war und sich in ärztliche Betreuung begeben musste. Derartiges sei ihm vor Anmietung nicht offenbart worden. Auch habe er keine Zusicherungen, eine Untervermietung nie durchzuführen, abgegeben, sondern lediglich gesagt, dass er sich gut vorstellen könne, dass sein ältester Sohn … einmal unter dem Dach des Hauses wohnen könnte.
29
Es sei auch nicht auf Wunsch des Klägers geregelt worden, dass eine Untervermietung an seine Fa. … GmbH gestattet wird. Eine solche Untervermietung finde auch nicht statt. Der Kläger nutze das Haus ausschließlich zu Wohnzwecken und verwende lediglich die Anschrift als Firmen-/Korrespondenzadresse.
3. Zumutbarkeit
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Die Erteilung der Erlaubnis sei den Beklagten vorliegend auch zumutbar.
31
Anerkennenswerte Interessen der Beklagten, die Erlaubnis zu versagen, lägen nicht vor.
32
Die Räumlichkeiten sind groß genug. Die ukrainischen Personen seien im Haus selbst kaum bemerkbar, geschweige dann im Wohnhaus der Beklagten. Sie würden selten das Haus verlassen.
33
Berührungspunkte mit den Beklagten gebe es ebenso wenig wie ruhestörendes Verhalten. Ein treuwidriges Verhalten des Beklagten liege nicht vor.
34
Der Kläger beantragt,
die Beklagten samtverbindlich zu verurteilen, dem Kläger die Überlassung des Gebrauchs der Dachgeschosswohnung sowie des Mitgebrauchs an den Gemeinschaftsräumen in dem Einfamilienhaus … an Frau S. (73 Jahre) und ihrer Enkelin, … T. zu erlauben.
35
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
36
Die Beklagten tragen vor dass die Klage aus folgenden Gründen abzuweisen sei:
37
Bei der vorliegenden Konstellation handle es sich nicht mehr um einen genehmigungsfreien Besuch, sondern eine genehmigungspflichtige Untervermietung.
38
Dem Kläger stehe kein Anspruch gegen die Beklagten auf Überlassung des Gebrauchs der Dachgeschosswohnung und des Mitgebrauchs der Gemeinschaftsräume des streitgegenständlichen Anwesens zu, da ein berechtigtes Interesse nicht vorliege. Im Übrigen haben die Parteien eine Untervermietung vertraglich ausgeschlossen.
39
Schließlich sei den Beklagten eine derartige Untervermietung auch nicht zumutbar.
1. Kein genehmigungsfreier Besuch
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Besucher sei nach der Rechtsprechung nur, wer den Mieter aufgrund besonderer persönlicher Beziehungen aufsucht und sich in dessen Wohnung für eine vorübergehende Zeit aufhält, ohne hierfür ein Entgelt zu entrichten. Diese Voraussetzungen träfen vorliegend nicht zu.
41
Der Kläger hat die beiden Flüchtlinge bei seiner Aufnahme nicht einmal gekannt. Es handelt sich unstreitig auch nicht um Verwandte des Klägers.
42
Auch auf Grund der monatelangen Dauer des Aufenthalts könne vorliegend nicht mehr von einem bloßen Besuch gesprochen werden.
43
Der Antrag des Klägers ist im Übrigen auch nicht auf eine nur befristete Gestattung gerichtet.
2. Kein berechtigtes Interesse des Klägers
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Der Kläger könne auch kein nach Abschluss des Mietvertrages entstandenes berechtigtes Interesse im Sinne des § 553 Abs. 1 S. 1 BGB für sich in Anspruch nehmen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen.
45
Zu den Interessen eines Mieters könne zwar die sittliche Pflicht gehören, einem Verwandten in einer Notlage zu helfen. Allgemeine humanitäre oder sonst öffentliche Interessen, die der Mieter lediglich fördern möchte, würden nach der Rechtsprechung aber nicht ausreichen. Die Vorschrift wolle wohnungsspezifischen Belangen Rechnung tragen, nicht die Aufnahme von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten ermöglichen.
46
Bestritten wird im Übrigen, dass der Kläger die beiden geflüchteten Personen nur aus humanitären Gründen aufgenommen hat.
47
Tatsächlich setze der Kläger Frau S. als Haushaltshilfe ein.
48
Maßgebend für das Vorliegen eines berechtigten Interesses sei im Übrigen der Zeitpunkt der Aufnahme.
49
Dass sich nach einer – unberechtigten – Gebrauchsüberlassung eventuell im Laufe der Zeit persönliche Banden entwickeln können, sei für das Vorliegen eines berechtigten Interesses irrelevant.
50
Vorsorglich wird bestritten, dass der Kläger und/oder seine Kinder eine persönliche Bindung zu den beiden Flüchtlingen aufgebaut haben. Bei Frau S. scheitere dies bereits an der Sprachbarriere.
3. Unzumutbarkeit für die Beklagten
51
Zudem könne den Beklagten aus einer Vielzahl von Gründen die Überlassung eines Teils des vermieteten Wohnraums an Flüchtlingspersonen nicht zugemutet werden, § 553 Abs. 1 S. 1 BGB.
52
Bei der Abwägung mit den berechtigten Interessen des Mieters komme der Verfügungsfreiheit des Eigentümers, der vertraglichen Vereinbarungen sowie dem Umstand, dass der Mieter im Falle der Ablehnung nach § 540 Abs. 1 S. 2 BGB kündigen kann, ein erhebliches Gewicht zu.
53
Die Untervermietung sei – bis auf eine Untervermietung an die eigene Firma des Klägers – bei Vertragsbeginn vereinbarungsgemäß und wirksam ausgeschlossen worden. Trotzdem und in Kenntnis der gesundheitlichen Belastung insbesondere der Beklagten zu 3) habe der Kläger kurz nach Einzug eine weitere Untervermietung begehrt. Das Vertrauensverhältnis der Mietparteien sei hierdurch vollkommen und unwiederbringlich zerrüttet worden.
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Für die Beklagten sei es von absolut zentraler Bedeutung gewesen, dass das Mietobjekt nur durch den Mieter und dessen Familienangehörigen bewohnt wird, was der Kläger bei Vertragsschluss gewusst habe, da er mit der Beklagten zu 1) privat bekannt war und in diese Umstände eingeweiht gewesen sei.
55
Das vom Kläger gemietete Einfamilienhaus liege auf demselben (nicht real geteilten) Grundstück, auf dem sich auch das Haus befinde, das die Beklagten zu 2) und 3) mit ihren beiden Kleinkindern (9 und 7 Jahre alt) bewohnen. Bei dem streitgegenständlichen Haus handle es sich um das Elternhaus der Beklagten zu 2), in dem diese aufgewachsen sei. Quasi in dessen Garten haben die Beklagten im Jahr 2019 ihr Wohnhaus errichtet. Wenn der Kläger und die Untermieter das gemietete Haus betreten oder verlassen, würden sie jedes Mal zwangsläufig das Wohnhaus der Beklagten passieren. Die betreffenden Parteien würden in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Kläger mit täglichem und andauerndem Sichtkontakt wohnen.
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Für die Tilgung des Kredites zum Bau ihres Hauses seien sie auf die Mieteinnahmen angewiesen und hätten ein naturgemäßes Interesse, dass das Mietobjekt durch die Vermietung nicht über Gebühr abgenutzt wird.
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Die Beklagten hätten viele Mietinteressenten gehabt, sich aber bewusst für den Kläger entschieden und dabei auf eine höhere erzielbare Miete verzichtet, da diesem bekannt gewesen sei, dass es für die Beklagten ausgesprochen wichtig und wesentlich war, dass das Mietobjekt nur durch ihn und seine Familienangehörige bezogen wird.
58
Im Rahmen der vorherigen Vermietung hatten die Beklagten eine Untervermietung noch gestattet. Dies habe zur Folge gehabt, dass sich kontinuierlich den Beklagten gänzlich fremde Personen auf dem Grundstück der Beklagten fortbewegt hätten und der Kreis der faktisch im Mietobjekt lebenden Personen teilweise selbst den Beklagten nicht mehr ersichtlich gewesen sei. Dies habe immer wieder zu Konfliktsituationen geführt, die insbesondere die Beklagte zu 3) psychisch so stark belastet hätten, dass sie sich in ärztliche Behandlung habe begeben müssen und unter erheblichen Stresssymptomen gelitten habe.
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Dem Kläger sei vor Abschluss des Mietvertrages, am 13.09.2021 ab ca. 17.30 Uhr, in einer persönlichen Besprechung im von den Beklagten bewohnten Haus auch ausdrücklich mitgeteilt worden, dass eine solche Situation nie wieder von den Beklagten gewünscht wird und sie daher ein Mietverhältnis nur dann mit ihm begründen wollen, wenn ein gemeinsames Verständnis dafür besteht, dass die Untervermietung in dem Mietobjekt ausgeschlossen wird, dies auch ausdrücklich im Mietvertrag geregelt wird und sie sich darauf verlassen könnten, dass dies auch eingehalten wird. Die Beklagten zu 2) und 3) hätten dem Kläger zu verstehen gegeben, dass sie absolute Ruhe auf dem Grundstück wünschen, da dies zur schnelleren Genesung und Linderung der erheblichen Stresssymptome der Beklagten zu 3) erforderlich sei. Der Kläger habe dies ausdrücklich zugesichert und gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) bestätigt, „sowieso keinen Menschen unter dem gleichen Dach wohnen zu lassen“, da er selbst „seine Ruhe genieße“ und er „niemanden haben möchte, der durch das gesamte Haus laufen müsse, um unter das Dach zu kommen.“
60
Er wolle vielmehr unter dem Dach nur sein Büro einrichten oder dort werde sein ältester Sohn Niklas einziehen.
61
Entsprechend dieser Vereinbarung nutze die Firma des Klägers auch einen Teil der Mieträume.
62
Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Zulässigkeit der Klage
63
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht München örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, da Ansprüche aus einem Wohnungsmietverhältnis im Amtsgerichtsbezirk München streitgegenständlich sind, §§ 29 a ZPO, 23 Nr. 2a, 71 Abs. 1 GVG.
B. Begründetheit der Klage
64
Die Klage war jedoch als unbegründet abzuweisen, da ein Anspruch des Klägers auf Untervermietung eines Teils des angemieteten Wohnhauses nach § 553 Abs. 1 BGB nicht besteht.
65
Zwar scheitert der Anspruch auf Gestattung der Gebrauchsüberlassung nicht an der vertraglichen Regelung, wonach eine Untervermietung ausgeschlossen wurde. Die Regelung in Ziffer 18.7 des Mietvertrags: „Der Vermieter schließt eine Untervermietung aus. Sollte es zu diesem Punkt Gesprächsbedarf geben wird diese im Vorfeld genau besprochen und definiert. Mit Herrn … wurde vereinbart, dass er an seine Firma Räume und Kellerräume vermieten darf.“, verstößt gegen § 553 Abs. 3 BGB und ist somit unwirksam, unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine individualvertragliche Vereinbarung oder eine bloße AGB-Regelung handelt. Auch ist es vom Kläger grundsätzlich nicht treuwidrig, sich bereits kurz nach Abschluss des Mietvertrages auf die Unwirksamkeit der Regelung zu berufen, da andernfalls der Schutzzweck der Vorschrift leerlaufen würde. Insoweit ist es auch nicht entscheidend, ob der Kläger vor Vertragsschluss den Vermietern zugesagt hatte, nicht unterzuvermieten mit Ausnahme einer Untervermietung an seine Firma.
66
Voraussetzung für einen Anspruch auf Erlaubnis zur Untervermietung ist jedoch ein berechtigtes Interesse des Mieters hierzu, das nach Abschluss des Mietvertrags entstanden sein muss.
67
Der bloße Wunsch des Mieters zur Aufnahme eines Dritten ist nach dem Rechtsentscheid des BGH vom 3.10.1984 zu § 549 Abs. 2 BGB a.F. nicht ausreichend.
68
Das berechtigte Interesse kann sich um ein wirtschaftliches oder persönliches Interesse handeln, das erst nach Abschluss des Mietverhältnisses aufgetreten sein muss.
69
So kann nach der Rechtsprechung des BGH die Absicht des Mieters nach dem Auszug eines bisherigen Wohngenossen nicht allein zu leben, ein solches Interesse begründen.
70
Vorliegend hat der Kläger jedoch von vornherein ein großes Haus nur für sich und seine beiden minderjährigen Kinder angemietet. Die umfangreiche Wohnfläche ist nicht durch ein nachträgliches Ereignis für den Kläger zum Teil überflüssig geworden.
71
In den 3 Monaten seit Mietbeginn bis zur Aufnahme von Flüchtlingen ist vielmehr in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers keine Änderung eingetreten, zumindest wurden solche vom Kläger nicht vorgetragen.
72
Ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse wäre z.B. zu bejahen, wenn der Mieter durch die Untervermietung seine Wohnkosten reduzieren möchte, weil nach Anmietung der Mietsache Personen, mit denen bisher die Mietkosten geteilt wurden, weggefallen sind. Die Absicht, durch eine Untervermietung selbst Gewinn zu erzielen, rechtfertigt dagegen eine Untervermietung gegen den Willen des Vermieters nicht.
73
Ein berechtigtes persönliches Interesse könnte z.B. auch die Notwendigkeit sein, nach einem langjährigen Mietverhältnis nunmehr im Alter eine schnell erreichbare Pflegeperson bei sich zu haben.
74
Ein weiterer typischer Fall, in dem eine Untervermietung zulässig sein kann, liegt vor, wenn ein Mieter vorübergehend berufsbedingt abwesend sein muss, in der Zwischenzeit aber nicht die Wohnung verlieren möchte, andererseits aber nicht in der Lage ist, doppelten Mietzins zu bezahlen.
75
Alle diese berechtigten Interessen betreffen aber Umstände des Mieters selbst, nicht Umstände von dritten Personen wie z.B. Flüchtlingen.
76
Das Interesse an der Überlassung hat in einem Zusammenhang zu stehen mit dem Zweck des Wohnraummietvertrages. Maßgebliches Ziel des § 553 Abs. 1 S.1 BGB ist es, dem Mieter die Wohnung als Lebensmittelpunkt zu erhalten, nachdem sich bestimmte private Umstände bei ihm nach Abschluss des Mietvertrags so geändert haben, dass der Erhalt der Wohnung gefährdet ist.
77
Vorliegend fehlt es sowohl an einer derartigen Änderung der persönlichen Umstände, als auch an einer Änderung nach Abschluss des Mietvertrags.
78
Auch vor der Anmietung des streitgegenständlichen Hauses gab es in Deutschland bereits Flüchtlinge aus vielen verschiedenen Ländern. Selbst ukrainische Flüchtlinge gab es bereits vor diesem Zeitpunkt.
79
Die Vorschrift des § 553 Abs. 1 BGB wurde nicht geschaffen, damit der Mieter die Interessen anderer Personen wahrnehmen kann, sondern der Vermieter sollte danach ausnahmsweise eine Untervermietung des Mieters erlauben müssen, wenn sich nach Anmietung die persönlichen und/oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters so geändert haben, dass er die Wohnung aufgeben müsste, wenn ihm eine Untervermietung nicht gestattet wird.
80
Auch ist vom Gesetzgeber vorgesehen, dass eine solche Untervermietung erst erfolgt, wenn der Vermieter seine Erlaubnis hierzu erteilt hat. Dazu sind dem Vermieter vorab die konkreten Daten zu den fraglichen Untermietern mitzuteilen, so dass dieser prüfen kann, ob seine Interessen durch die Untermieter gefährdet werden. Erst nach der Ermöglichung einer entsprechenden Prüfung ist der Vermieter gehalten, sich zu der angefragten Gestattung zu äußern. Das Gesetz regelt dagegen nicht den Fall, dass der Mieter einen Flüchtling als Gast aufnimmt und dann erst für dessen weiteren Aufenthalt nachträglich eine Untermieterlaubnis einfordert.
81
Spätere eventuell entstandene persönliche Beziehungen sind für die Frage der Untermieterlaubnis nicht maßgebend. Es kommt auf den Zeitpunkt der Aufnahme an.
82
Soweit der Kläger vorträgt, die 73-jährige Großmutter sei ihm im Haushalt, bei der Betreuung der Kinder und des Hundes behilflich, hat er selbst nicht vorgetragen, dass er diese hierzu und erst nach Mietbeginn plötzlich benötigt hätte. Zudem war diese Hilfe jedenfalls nicht der Grund für die damals erfolgte Aufnahme. Spätere Entwicklungen können nicht rückwirkend berücksichtigt werden.
83
Ein Anspruch gegen die Beklagten auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung besteht daher nicht.
84
Von einem erlaubnisfreien Besuch der beiden Flüchtlinge kann vorliegend ebenso nicht gesprochen werden.
85
Besucher ist, wer den Mieter aufgrund besonderer persönlicher Beziehungen aufsucht und sich in dessen Wohnung für eine vorübergehende Zeit aufhält, ohne hierfür ein Entgelt zu entrichten. Der Antrag des Klägers ist jedoch auf eine zeitlich unbegrenzte Überlassung gerichtet und zum Zeitpunkt der Aufnahme der beiden Personen kannte er diese nicht. Zudem erhält der Kläger hierfür eine Vergütung durch öffentliche Stellen, die andernfalls den Flüchtlingen selbst eine Unterkunft zur Verfügung gestellt hätten.
86
Letztlich müsste der Kläger auch nicht auf eine Gestattung klagen, wenn es sich lediglich um einen Besuch handelt, für den eine Erlaubnis des Vermieters nicht erforderlich ist.
87
In diesem Fall hätte er allenfalls auf Feststellung klagen müssen, dass seine Aufnahme der Flüchtlinge als Gäste keiner Erlaubnis bedarf.
88
Die Klage war daher abzuweisen.
89
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
90
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit (der Kostenentscheidung) richtet sich nach §§ 708, 711 ZPO.
91
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ff. ZPO, 41 GKG.