Titel:
Erkenntnisse aus Auswahlgesprächen erst bei Beurteilungsgleichstand verwertbar
Normenketten:
VwGO § 123 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 2
Leitsätze:
1. Das Rechtsschutzbedürfnis ist im Rahmen eines Eilantrags auf Freihaltung einer zu besetztenden Stelle nur für eine Stelle gegeben, nicht für alle ausgeschriebenen Stellen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Bewerber, der ein konstitutives Anforderungsprofil nicht erfüllt, kommt für die Auswahl von vornherein nicht in Betracht, mag er auch besser dienstlich beurteilt sein; erst wenn es darum geht, ggf. eine Auswahl unter mehreren, das konstitutive Anforderungsprofil erfüllenden Bewerbenden zu treffen, kommt den dienstlichen Beurteilungen (wieder) Bedeutung zu. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Grundsatz der Bestenauswahl ist grundsätzlich auch bei der Festlegung eines Anforderungsprofils zu beachten, in dem der Dienstherr die besonderen Anforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens bzw. der konkret ausgeschriebenen Stelle festlegt, eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines konkreten Dienstpostens ist mit Art. 33 Abs. 2 GG grundsätzlich nicht zu vereinbaren; Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (stRspr BVerwG BeckRS 2021, 15936). (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens unter mehreren Bewerbern ist in erster Linie auf aktuelle dienstliche Beurteilungen zu stützen, maßgeblich ist hierfür primär das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist; bei gleichem Gesamturteil hat der Dienstherr die Beurteilungen zunächst inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Beurteilung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zu bewerten (sog. Binnendifferenzierung), erst wenn der Abgleich der Beurteilungen zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, kann auf ältere Beurteilungen sowie auf Auswahlinstrumente und andere eignungsbezogene Hilfskriterienn wie ein Vorstellungsgespräch zurückgegriffen werden. (Rn. 37) (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
5. Eine Berücksichtigung der Ergebnisse von Vorstellungs- bzw. Auswahlgesprächen neben der dienstlichen Beurteilung kommt allenfalls ergänzend in Betracht, wenn bei einem Beurteilungsgleichstand sonst eine "Pattsituation" bestehen würde. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
6. Vorstellungs- und Auswahlgespräche haben jedenfalls bei internen Bewerbern gegenüber dienstlichen Beurteilungen nur begrenzte Aussagekraft, da sie nur eine Momentaufnahme darstellen und hinsichtlich der nach Art. 33 Abs. 2 GG erforderlichen Erkenntnisgewinnung nur einen Teil der Leistungsanforderungen abdecken können; dagegen beziehen sich dienstliche Beurteilungen auf einen längeren Zeitraum, in dem der Beamte den konkreten und vielfältigen Anforderungen seines Amtes gerecht werden musste, und bieten demgemäß eine profunde, gesicherte Grundlage für die prognostische Feststellung der Eignung der Bewerber hinsichtlich des konkret zu besetzenden Dienstpostens. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Recht der Bundesbeamten: Konkurrentenstreit, teilweise erfolgreicher Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens, Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs, Auswahlgespräch, Konkurrentenstreit, Erkenntnismittel eines Auswahlgesprächs, begrenzte Aussagekraft von Auswahlgesprächen, Pattsituation bei Beurteilungen, Beurteilungsgleichstand, konstitutives Anforderungsprofil, Benachteiligungsverbot eines Personalratsmitglieds, Bestenauslese, Auswahlvermerk, gestuftes Auswahlverfahren
Fundstelle:
BeckRS 2022, 41443
Tenor
1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, eine der drei ausgeschriebenen Stellen „Beraterin/Berater in der Zentrale (w/m/d) (Dienstort …) in der Stabsstelle Datenschutz“, Referenzcode: ..., dem Beigeladenen zu 3 zu übertragen, mit diesem zu besetzen, diesen in Zusammenhang mit dieser Ausschreibung zu befördern oder für ihn beamten- oder arbeitsrechtliche Maßnahmen auf diesem Dienstposten vorzunehmen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden ist.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert wird auf 16.944,30 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die Besetzung dreier Stellen als Berater/Beraterin in der Zentrale in der Stabsstelle Datenschutz bei der Bundesagentur für Arbeit.
2
Der Antragsteller ist Diplom-Verwaltungswirt (FH) und steht als Regierungsamtmann (Besoldungsgruppe A 11) im Dienst der Antragsgegnerin. Er verrichtet seinen Dienst bei der Bundesagentur für Arbeit - Jobcenter … - und war vom Juni 2006 bis 2013 Teamleiter im Bereich SGB II. Seit September 2013 ist er aufgrund seiner Funktion im Personalrat (stellvertretender Vorsitzender) vollständig freigestellt. Im Januar 2021 schrieb die Antragsgegnerin unter der Kennziffer … mehrere Stellen „Beraterin/Berater in der Zentrale (w/m/d) (Dienstort …) in der Stabsstelle Datenschutz“ aus. Danach ist die Stelle mit der Entgeltgruppe TE II (A 13) bewertet. Die Ausschreibung beinhaltet verschiedene Anforderungen an die Ausbildung/Berufserfahrung/fachlichen Kenntnisse der Bewerber (u.a. „vertiefte Kenntnisse der Rechts- und Fachgebiete im zugewiesenen Aufgabengebiet“). Unter „Hinweise“ beinhaltet die Ausschreibung den Vermerk „Zweites Juristisches Staatsexamen ist wünschenswert.“.
3
Neben dem Antragsteller bewarben sich ursprünglich fünf weitere Interessenten um die streitgegenständlichen Stellen, wobei zwei von ihnen die Bewerbung vor Abschluss des Auswahlverfahrens wieder zurückzogen. Bei den verbliebenen Bewerbern handelt es sich um den Antragsteller und die drei Beigeladenen.
4
Der Antragsteller ist seit 2020 zertifizierter behördlicher Datenschutzbeauftragter. Ausweislich des Zertifikats der dbb Akademie vom 13. Januar 2020 hat er 64 Unterrichtseinheiten zu den Themen Datenschutzrecht, Datenverarbeitung in der öffentlichen Verwaltung, datenschutzrechtliche Spezialthemen, Aufgaben der/des behördlichen Datenschutzbeauftragten, europäische Datenschutz-Grundverordnung und Datensicherheit belegt und mit Leistungsnachweisen abgeschlossen. Der Antragsteller wurde zuletzt im Jahr 2019 im Wege einer fiktiven Fortschreibung beurteilt. Das Gesamtergebnis lautet auf „B“, wonach der Antragsteller „die Anforderungen übertrifft“ (zweitbeste Bewertung von insgesamt fünf möglichen). Dem Antragsteller wird in der Beurteilung neben seiner hohen rechtlichen Expertise auch bescheinigt, dass er eine besondere Stärke in der Bewertung und Lösung von datenschutzrelevanten Sachverhalten gezeigt habe. Er argumentiere überzeugend und erfolgreich und reduziere abstrakte und hochkomplexe Sachverhalte auf zentrale Kernpunkte. In einer Leistungseinschätzung vom 1. März 2021 bescheinigte die Geschäftsführerin seiner Dienststelle dem Antragsteller das Potenzial für die Fachexpertenebene TE II.
5
Die drei Beigeladenen sind Volljuristen und bei der Bundesagentur für Arbeit in verschiedenen, jeweils in TE III eingruppierten Aufgabenbereichen beschäftigt. Die Beigeladene zu 1 ist Erste Fachkraft. Für sie liegt eine Beurteilung mit einem Gesamtergebnis „B“ aus dem Jahr 2019 vor. Die Beigeladene zu 2 ist Teamleiterin. Sie erhielt für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2019 die Gesamt-Leistungsbeurteilung „A“ („übertrifft die Anforderungen erheblich“; beste Bewertung). Der Beigeladene zu 3 ist als Erste Fachkraft mit dem Gesamtergebnis „C“ („entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht“; drittbeste Bewertung) beurteilt.
6
Die Bundesagentur wertete die Aktenlage aus, stellte die Abschlüsse der Bewerber, ihre aktuelle Tätigkeit sowie die genannten Beurteilungsergebnisse fest, wobei sie ausführte, dass und auf welche Weise für den Antragsteller die Beurteilung fiktiv fortgeschrieben worden sei. Außerdem vermerkte sie, dass die Beigeladene zu 1 eine ausgewiesene Potenzialträgerin mit EK-Beschluss sei. Im Auswahlvermerk hielt sie fest, alle vier Bewerber seien in das weitere Auswahlverfahren einzubeziehen. Anhand der vorliegenden Bewerbungen und des spezifischen Dienstpostens sei eine Entscheidung der Besteignung nach Aktenlage nicht möglich, weshalb die Bewerber zu Vorstellungsgesprächen eingeladen würden.
7
Die Bundesagentur für Arbeit hielt nach Durchführung der Auswahlgespräche die Beigeladenen im vollem Umfang für die Tätigkeit einer Beraterin/eines Beraters in der Stabsstelle Datenschutz für geeignet, wobei die Beigeladene zu 2 den Rang 1 die Beigeladene zu 1 den Rang 2 und der Beigeladene zu 3 den Rang 3 belegten. Der Antragsteller wurde von der Auswahlkommission als „nicht den Anforderungen entsprechend“ bewertet. Auf die im Auswahlvermerk vom 6. April 2021 enthaltene Begründung der Auswahlentscheidung wird Bezug genommen.
8
Mit Nachricht vom 19. Mai 2021 teilte die Bundesagentur für Arbeit dem Antragsteller mit, dass seine Bewerbung nicht zum Ziel geführt habe. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, bat um nähere Informationen zur Stellenauswahl sowie um die Zusicherung, dass die Stellen bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens vorläufig nicht besetzt würden. Eine solche Zusicherung lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 31. Mai 2021 ab und führte aus, es habe für die drei zu besetzenden Stellen zwei Bewerbungen gegeben, die mindestens vergleichbar gute Beurteilungen (Gesamtergebnis A bzw. B auf TE III) hätten vorweisen können wie der Antragsteller. Eine weitere Bewerbung habe auf TE III ein Gesamtergebnis C erhalten, bringe aber mit einem erfolgreichen Zweiten Juristischen Staatsexamen eine gute und wünschenswerte Voraussetzung für die Tätigkeit mit. Die vier Bewerber/-innen seien deshalb aufgrund der Aktenlage zu Auswahlgesprächen eingeladen worden. Die zwei mit A bzw. B beurteilten Bewerberinnen hätten die Erwartungen in sie im Auswahlgespräch bestätigen können. Sie hätten bei den Fachfragen ebenso überzeugt wie bei den Kompetenzfragen. Der dritte Bewerber, der auf TE III mit C beurteilt worden sei und das Kann-Kriterium der Stellenausschreibung erfülle (Zweites Juristisches Staatsexamen) habe im Auswahlgespräch ebenfalls sowohl bei den fachlichen Fragen als auch bei den Kompetenzfragen überzeugen können. Er sei im Ranking deshalb auf Platz 3 gesetzt worden. Der Antragsteller hingegen habe im Auswahlgespräch nicht überzeugen können. Die fachlichen Fragen habe er nur teilweise zufriedenstellend beantwortet. Zum Teil habe er bei den fachlichen Fragen Ansichten vertreten, die gegen gesetzliche Rahmenbedingungen im Bereich Datenschutz verstoßen hätten, sodass die fachliche Eignung nicht gesehen worden sei. Auch bei den Kompetenzfragen habe er keine überzeugenden Antworten gegeben. Die Tätigkeit eines Beraters in der Zentrale sei mit hohen kommunikativen Anforderungen verbunden, ebenso mit hohen Anforderungen an Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit sowie Belastbarkeit. Er habe im Gespräch mehrere Aussagen getroffen, die zu der Schlussfolgerung führten, dass er über diese Kompetenzen nicht im für die Tätigkeitsebene II erforderlichen Umfang verfüge. Deshalb sei er als nicht geeignet eingestuft worden.
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Daraufhin hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Er macht geltend, ein Anordnungsanspruch liege vor. Aufgrund der aktuellsten Beurteilungen sei die Auswahlentscheidung fehlerhaft. Aus dem Handbuch „Personalrecht/Gremien“ der Antragsgegnerin ergebe sich, dass bei internen Bewerbern der Leistungsvergleich vorrangig anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen sei. Ausschlaggebend sei dabei das Gesamturteil. Erst wenn bei einem Vergleich ein Beurteilungsgleichstand bestehe, solle eine Binnendifferenzierung erfolgen. Es seien keine Regelungen dazu enthalten, dass vorher bereits eine Durchführung von Auswahlgesprächen notwendig sei. Es seien drei Stellen zu vergeben gewesen; hierzu hätten vier Bewerbungen vorgelegen, wovon drei Bewerberinnen bzw. Bewerber mit A und B im Gesamtergebnis beurteilt worden sein. Der mit C beurteilte Beigeladene zu 3 hätte daher nicht berücksichtigt werden dürfen und es hätte keine Einladung zum Vorstellungsgespräch erfolgen dürfen. Dessen Durchführung sei daher unzulässig und die Auswahlentscheidung fehlerhaft. Es sei unerheblich, dass der Beigeladene zu 3 das Zweite Juristische Staatsexamen aufweise, weil die Stellenausschreibung dies nicht als eine zwingende Voraussetzung für die Besetzung der Stelle aufgeführt habe. Selbst wenn eine Vergleichbarkeit gegeben sein sollte, hätte eine Binnendifferenzierung vorgenommen werden müssen. Hierzu sei keine Dokumentation erfolgt.
10
Zudem befürchte der Antragsteller, aufgrund seiner Stellung als freigestellter Personalrat abgelehnt worden zu sein. Auf die Ausführungen hierzu in der im vorangegangenen unter dem Aktenzeichen AN 16 E 20.2470 geführten Verfahren ergangenen Entscheidung werde verwiesen. Es liege ein Verstoß gegen das personalvertretungsrechtliche Benachteiligungsverbot vor. Vorsorglich werde auch eine ordnungsgemäße Beteiligung der Personalvertretung bestritten.
11
Es fehle an der erforderlichen Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen. Es reiche nicht aus, dass lediglich darauf verwiesen werde, dass anhand der vorliegenden Bewerbungen und des spezifischen Dienstpostens eine Entscheidung der Besteignung nach Aktenlage nicht möglich sei. Es werde nicht dargelegt, warum es sich bei den ausgeschriebenen Stellen um spezifische Dienstposten handele. Auch werde nicht dargelegt, warum die letzten Beurteilungen nicht ausreichend seien, um nach Aktenlage zu entscheiden. Es fehle auch jeglicher Hinweis, dass eine Binnendifferenzierung erfolgt sei. Wie die notwendige Auswahlentscheidung zustande gekommen sei, sei nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin räume ein, dass die Bewerber nicht nur auf Grundlage der Beurteilung, sondern der Werdegänge, Beurteilungen und Entwicklungspläne identifiziert würden. Weiterhin gestehe sie zu, dass das Auswahlverfahren nicht etwa das zu besetzende Amt abstrakt in den Blick genommen habe. Damit erhebe sie die Dienstpostenbeschreibung offenbar in den Stand eines zwingenden Anforderungskriteriums, ohne dass das durch das Laufbahnrecht und die Formulierung der Ausschreibung insgesamt gedeckt gewesen wäre. Zudem könnten solche Kenntnisse kein zwingendes Anforderungskriterium darstellen. Eine Einengung des Bewerberfelds aufgrund der besonderen Anforderungen eines konkreten Dienstpostens sei nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben zwingend besondere Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringe und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen könne.
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Aus dem Auswahlvermerk gehe nicht hervor, ob die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Aktenlage überhaupt darüber entschieden habe, inwieweit und weshalb ein Beurteilungsgleichstand vorgelegen habe. Auch lasse sie offen, aus welchen Gründen einer der Bewerber bereits nach der Aktenlage über einen etwaigen Vorsprung verfügen könne. Die im Gesamturteil wie der Antragsteller mit B beurteilte Beigeladene zu 1 liege in verschiedenen Teilaspekten hinter dem Antragsteller, ohne dass im Rahmen der Ausschreibung einzelne Kompetenzen besondere Gewichtung erlangen sollten. Auch eine Wertung der Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen zu 3 erschließe sich aus dem Auswahlvermerk nicht. Zudem werde in keiner Weise erläutert, in welcher Weise die fiktive Laufbahnnachzeichnung im Hinblick auf die dienstliche Beurteilung des Antragstellers zustande gekommen und wie die hierfür verwendete Vergleichsgruppe gebildet worden sei.
13
Der Verlauf und die Bewertung der Auswahlgespräche seien nicht hinreichend dokumentiert. Es sei nicht erkennbar, ob diese nach im Vorhinein festgelegten und einheitlich angewandten Kriterien durchgeführt worden seien. Welche Vorgaben für ein solches Auswahlgespräch bestünden und unter welchen Voraussetzungen bestimmte Bewertungen erfolgen könnten, sei nicht ersichtlich.
14
Die fehlende Eignung des Antragstellers werde bestritten. Dem stehe die Einschätzung der Geschäftsführerin des Jobcenters … entgegen, die dem Antragsteller nicht nur ausdrücklich das Vorliegen des Potenzials für eine Tätigkeit als Fachexperte auf der Tätigkeitsebene II bestätige, sondern auch die Befähigung, die genannten Kernaufgaben eines Beraters in der Stabsstelle Datenschutz vollumfänglich wahrnehmen zu können. Der Antragsteller habe die Prüfung im Rahmen der zertifizierten Fortbildung zum behördlichen Datenschutzbeauftragten mit einer Erfolgsquote von 85% bestanden. Der Feststellung im Auswahlvermerk, der Antragsteller habe ausschweifend kommuniziert und sei nur schwer auf den Punkt gekommen, stehe die einen wesentlich längeren Zeitraum abdeckende Beurteilung des Antragstellers entgegen, die feststelle, der Antragsteller argumentiere überzeugend und erfolgreich und reduziere abstrakte und hochkomplexe Sachverhalte auf zentrale Kernpunkte. Die Aussage, dem Antragsteller gelinge es sehr gut, viele Themen parallel und oft unter Termindruck zu bearbeiten und konsensual zu lösen, stehe der Einschätzung der Auswahlkommission, der Antragsteller sei der hohen fachlichen Arbeitsbelastung unter Termin- und Zeitdruck nicht gewachsen, entgegen.
15
Eine Beschränkung des Antrags auf Freihaltung einer der drei ausgeschriebenen Stellen könne nicht erfolgen. Der Antragsteller wäre zwar damit einverstanden, wenn zwei der ausgeschriebenen Stellen mit den im Ranking erst- und zweitplatzierten Beigeladenen besetzt würden und lediglich die dritte Stelle freizuhalten wäre. Ohne eine entsprechende Erklärung der Antragsgegnerin gehe er aber das Risiko ein, dass die Antragsgegnerin zwei Stellen mit den Bewerbern auf Rang 2 und Rang 3 der Reihung besetze und die Bewerberin auf Rang 1 zurückgestellt werde.
16
Der Antragsteller beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, die drei ausgeschriebenen Stellen „Beraterin/Berater in der Zentrale (w/m/d) (Dienstort …) in der Stabsstelle Datenschutz“, Referenzcode: …, einem andern Bewerber zu übertragen oder mit einem anderen Bewerber zu besetzen oder beamtenrechtlich stabile Maßnahmen auf diesen Dienstposten vorzunehmen oder die Dienststelle neu auszuschreiben, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden ist.
17
Die Antragsgegnerin beantragt
die Ablehnung des Antrags.
18
Es liege kein Anordnungsanspruch vor, da die Auswahlentscheidung rechtsfehlerfrei ergangen sei. Diese erfolge entsprechend dem Handbuch der Antragsgegnerin Personalrecht/Gremien 1.2 nach dem Prinzip der Besteignung, die auf der Grundlage der Werdegänge, Beurteilungen und Entwicklungspläne erfolge. Gemäß der Dienstpostenbeschreibung müsse der Berater in der Zentrale in der Stabsstelle Datenschutz unter anderem über vertiefte Kenntnisse der Rechts- und Fachgebiete im zugewiesenen Aufgabengebiet verfügen, die sich aus dem Fachkonzept der Zentrale ergeben würden. Jede Dienststelle oder Organisationseinheit der Antragsgegnerin müsse vor jeder Entscheidung, die sich auf die Verarbeitung personenbezogener Daten auswirke, die Stabsstelle Datenschutz informieren und konsultieren. Die Breite und Differenzierung des Aufgabenspektrums der Antragsgegnerin machten es unmöglich, eine erschöpfende Aufzählung aller in Betracht kommenden Beteiligungstatbestände zur Verfügung zu stellen. Die Stabsstelle müsse ihre Ausführungen immer in den Gesamtkontext des jeweiligen Vorgangs stellen, was angesichts der Vielzahl und Vielfalt der Themenkomplexe ein grundlegendes und breites Rechtsverständnis voraussetze. So breit gefächerte Rechtskenntnisse würden typischerweise nur nach einer volljuristischen Ausbildung vorliegen. Da jedoch nicht vollständig ausgeschlossen werden könne, dass entsprechende Kenntnisse im Einzelfall auch auf anderem Weg erworben sein könnten, sei das Vorliegen des Zweiten Juristischen Staatsexamens in der Ausschreibung lediglich als „wünschenswert“ enthalten gewesen. Nach Aktenlage sei nicht erkennbar gewesen, dass der Antragsteller über solche ausreichenden juristischen Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge, was die Durchführung eines Auswahlgesprächs erforderlich gemacht habe. Die Auswahlentscheidung habe nicht allein anhand der Beurteilungen erfolgen können, weil hier nicht nur eine Entscheidung über die Besteignung zu treffen, sondern auch die grundsätzliche Eignung zu prüfen gewesen sei. Der Antragsteller habe insoweit im Auswahlgespräch nicht überzeugen können, weshalb seine fachliche Eignung nicht habe festgestellt werden können. Auch im kompetenzbasierten Teil des Auswahlgesprächs habe er mehrere Aussagen getroffen, die zur Schlussfolgerung geführt hätten, dass er auch über diese Kompetenzen nicht in dem für die Tätigkeitsebene II erforderlichen Umfang verfüge. Im Übrigen werde auf die Ausführungen im Auswahlvermerk Bezug genommen.
19
Sämtliche Gremien seien ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Unterlagen über die fiktive Laufbahnnachzeichnung befänden sich in der Personalakte des Antragstellers.
20
Es werde versichert, dass bei den ausgeschriebenen Stellen bis zur Entscheidung des Gerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes von einem dauerhaften Ansatz des im Ranking drittplatzierten Bewerbers abgesehen werde. Zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Aufgabenwahrnehmung und im Interesse der Funktionsfähigkeit des Bereichs sei es erforderlich, diesem die Tätigkeit als Berater in der Zentrale in der Stabsstelle Datenschutz bereits vorübergehend zu übertragen. Sollte ein erneutes Auswahlverfahren notwendig werden, werde sein durch die Beauftragung entstehender Bewährungsvorsprung ausgeblendet werden.
21
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie die im gerichtlichen Verfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.
22
Der Antrag ist zum Teil unzulässig, im Übrigen in dem im Tenor enthaltenen Umfang begründet.
23
1. Der Antrag ist nur teilweise zulässig.
24
Soweit sich der Antrag nicht nur auf die Freihaltung einer, sondern auf die aller drei ausgeschriebenen Stellen erstreckt, fehlt dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da die Antragsgegnerin zugesichert hat, hinsichtlich der streitgegenständlichen Ausschreibung von einem dauerhaften Ansatz des im Ranking drittplatzierten Bewerbers, des Beigeladenen zu 3, abzusehen. Auch im Falle eines Erfolgs des gegen die getroffene Auswahlentscheidung eingelegten Rechtsmittels des Antragstellers kann diesem lediglich einer der ausgeschriebenen Dienstposten übertragen werden. Damit hat er kein rechtlich geschütztes Interesse, dass alle drei von der Ausschreibung betroffenen Dienstposten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung nicht besetzt werden.
25
2. Der im Übrigen zulässige Antrag ist teilweise begründet.
26
Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den Anordnungsanspruch, glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
27
2.1 Danach war dem Antrag teilweise stattzugeben, weil der Antragsteller im Hinblick auf die Übertragung einer der ausgeschriebenen Stellen auf den Beigeladenen zu 3 bzw. deren Besetzung mit diesem oder dessen Beförderung oder sonstige beamten- oder arbeitsrechtliche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Dienstposten einen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat.
28
Ein abgelehnter Bewerber, dessen subjektives Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, mithin seine Auswahl als möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen ebenfalls nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (vgl. BVerfG, B.v. 16.12.2015 - 2 BvR 1958/13 - juris; BVerwG, B.v. 22.11.2012 - 2 VR 5.12 - juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 3.6.2015 - 6 ZB 14.312 - juris Rn. 10 m.w.N.).
29
2.1.1 Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, da die ausgeschriebene Stelle mit dem Beigeladenen zu 3 endgültig besetzt werden soll. Diese Stelle stellt für den Antragsteller und den Beigeladenen zu 3 ein höherwertiges Statusamt dar. Unabhängig davon, ob das entsprechende statusrechtliche Amt gleichzeitig mit der Übertragung der streitgegenständlichen Stelle übertragen wird oder ob die Übertragung des höherwertigen Dienstpostens die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung schafft (BVerwG, B.v. 21.12.2016 - 2 VR 1.16 - juris Rn. 12 f.), liegt ein Anordnungsgrund vor, sodass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt (BayVGH, B.v. 4.2.2015 - 6 CE 14.2477 - juris Rn. 11 m.w.N.).
30
Dem steht nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin zugesagt hat, dem Beigeladenen zu 3 zunächst nur vorübergehend die Tätigkeit als Berater in der Zentrale in der Stabsstelle Datenschutz zu übertragen und, falls im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens ein erneutes Auswahlverfahren notwendig werden sollte, seinen durch die Beauftragung entstehenden Bewährungsvorsprung auszublenden. Zwar kann die Zusage einer nur vorübergehenden Übertragung der Tätigkeit mit der Verpflichtung, den Bewährungsvorsprung im Falle einer Verpflichtung zur Fortsetzung des Auswahlverfahrens auszublenden, nach höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung in einem Konkurrentenstreitverfahren unter bestimmten Voraussetzungen zum Wegfall des Anordnungsgrunds führen (vgl. BVerwG, B.v. 10.5.2016 - 2 VR 2.15 - BVerwGE 155,152 = juris Rn. 33; B.v. 12.12.2017 - 2 VR 2.16 - BVerwGE 161, 59 = juris Rn. 28 f.; BayVGH, B.v. 12.10.2016 - 3 CE 16.1188 - juris Rn 29 m.w.N.). Diese Entscheidung liegt in seinem weiten Organisationsermessen und kann im Grundsatz vom Dienstherrn getroffen werden, wenn er dies zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der betreffenden Behörde oder Dienststelle für erforderlich hält.
31
Zum einen wird aus der Aktenlage nicht ersichtlich, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Anwendung der Figur des „Ausblendens“ hier gegeben sind (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 12.12.2017 - 2 VR 2.16 - BVerwGE 161, 59 = juris Rn. 29). Zum anderen hat die Antragsgegnerin die dauerhafte Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen zu 3 nur bis zum rechtskräftigen Abschluss des Eilverfahrens zurückgestellt. Damit könnte sie die Stelle dem Beigeladenen zu 3 dauerhaft übertragen, wenn der Eilantrag wegen fehlenden Anordnungsgrundes rechtskräftig abgelehnt würde. Damit hätte der Antragsteller, auch wenn die von ihm angegriffene Auswahlentscheidung tatsächlich rechtswidrig war, in einem Klageverfahren keinen Erfolg, weil der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch voraussetzt, dass die begehrte Stelle noch nicht besetzt ist. Für eine Neubescheidung ist kein Raum, wenn die Stelle dem Konkurrenten rechtswirksam auf Dauer übertragen worden und damit nicht mehr verfügbar ist. Der unterlegene Bewerber hat regelmäßig keinen Anspruch auf „Wiederfreimachung“ oder Doppelbesetzung der Stelle (vgl. BAG, U.v. 12.12.2017 - 9 AZR 152/17 - juris Rn. 34 m.w.N.). Diesen Nachteil kann der Antragsteller nur im Wege der einstweiligen Anordnung verhindern. Damit besteht sowohl hinsichtlich der begehrten Untersagung der Übertragung des Dienstpostens bzw. dessen Besetzung mit dem Beigeladenen zu 3 als auch hinsichtlich dessen Beförderung im Hinblick auf die streitgegenständliche Ausschreibung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers ein Anordnungsgrund.
32
2.1.2 Der Antragsteller hat insoweit auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, weil die Auswahlentscheidung seinen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt. Es erscheint auch möglich, dass die Stelle im Falle einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens an den Antragsteller vergeben würde (BayVGH, B.v. 29.10.2018 - 6 CE 18.1868 - juris Rn. 12).
33
a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Das in Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 Satz 1 BBG statuierte Leistungsprinzip, welches für sämtliche Ernennungen gilt, dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes und vermittelt zum anderen Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Art. 33 Abs. 2 GG begründet einen Anspruch des Bewerbers, dass über seine Bewerbung in fehlerfreier Weise entschieden und sie nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (vgl. BVerwG, U.v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris Rn. 18 m.w.N.). Wird dieses subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Beförderung oder Vergabe des begehrten Dienstpostens; der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 - juris Rn. 11 m.w.N.).
34
Die Prognoseentscheidung über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung erfolgt in der Auslegung und Anwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe, bei denen dem Dienstherrn ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht. Das Gericht kann nur überprüfen, ob der Dienstherr die Begriffe Eignung, Befähigung und fachliche Leistung verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Tatbestand ausgegangen ist, ob er das vorgeschriebene Verfahren eingehalten hat, ob er allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (BVerwG, U.v. 13.5.1965 - II C 146.62 - juris Rn.40; BVerfG, B.v. 20.9. 2016 - 2 BvR 2453/15 - juris Rn. 18).
35
Über die Eignung des Bewerberfeldes kann in einem gestuften Auswahlverfahren befunden werden. Bewerbende, welche die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrecht-lichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen und müssen somit nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden. Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (BVerwG B.v. 20.06.2013 - 2 VR 1.13 - juris Rn. 23; B.v. 25.10.2011 - 2 VR 4.11 - juris Rn. 17 und 30; B.v. 6.4.2006 - 2 VR 2.05 - juris Rn. 7). Bereits an dieser Stelle und damit noch vor der eigentlichen Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass der Dienstherr ein Auswahlverfahren auch kraft der ihm zustehenden Personal- und Organisationshoheit aus sachlichen Gründen auf einen entsprechenden Bewerberkreis beschränken kann (BVerfG B.v. 11.11.1999 - 2 BvR 1992/99 - juris Rn. 6; B.v. 28.2.2007 - 2 BvR 2494/06 - juris Rn. 11). Wer ein solches konstitutive Anforderungsprofil nicht erfüllt, kommt für die Auswahl von vornherein nicht in Betracht, mag er oder sie auch besser dienstlich beurteilt sein. Erst wenn es darum geht, gegebenenfalls eine Auswahl unter mehreren, das konstitutive Anforderungsprofil erfüllenden Bewerbenden zu treffen, kommt den dienstlichen Beurteilungen (wieder) Bedeutung zu (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - juris Rn. 79 m.w.N.).
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Der Grundsatz der auf das Statusamt bezogenen Bestenauswahl ist jedoch grundsätzlich auch bei der Festlegung eines Anforderungsprofils zu beachten, in dem der Dienstherr die besonderen Anforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens bzw. der konkret ausgeschriebenen Stelle festlegt. Eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines konkreten Dienstpostens ist mit Art. 33 Abs. 2 GG grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (vgl. BVerwG, B.v. 23.3.2021 - 2 VR 5.20 - juris Rn. 25; B.v. 20.6.2013 - 2 VR 1.13 - juris Rn. 19 ff., 24 ff.; B.v. 19.12.2014 - 2 VR 1.14 - juris Rn. 20 ff., 24 ff., jeweils m.w.N.). Das dem Auswahlverfahren zugrunde gelegte Anforderungsprofil muss auf leistungsbezogenen Kriterien im Sinn von Art. 33 Abs. 2 GG beruhen und in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den Anforderungen der zu besetzenden Stelle stehen (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.2020 - 1 WDS-VR 10.20 - juris Rn. 31 m.w.N.).
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Anschließend ist die Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens unter mehreren Bewerbern in erster Linie auf aktuelle dienstliche Beurteilungen zu stützen (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a.a.O., Rn. 21; BayVGH, B.v. 22.1.2018 - 3 CE 17.2440 - juris Rn. 20; B.v. 8.4.2015 - 3 CE 14.1733 - juris Rn. 28). Maßgeblich hierfür ist primär das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, B.v. 22.11.2012 - 2 VR 5/12 - juris Rn. 25). Bei gleichem Gesamturteil hat der Dienstherr die Beurteilungen zunächst inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Beurteilung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zu bewerten (sog. Binnendifferenzierung). Bei gleicher Beurteilungslage kann der Dienstherr die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen treffen (BayVGH, B.v. 16.4.2015 - 3 CE 15.815 - juris Rn. 52 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 30.6.2011 - 2 C 19/10 - juris Rn. 20).
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Die wesentlichen Auswahlerwägungen sind schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber ggf. durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Bewerbungsverfahrensanspruch bestehen. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen (BVerfG, B.v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - juris Rn. 21 ff. m.w.N.; BVerwG, B.v. 16.12.2008 - 1 WB 19.08 - juris Rn. 35).
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b) Dies berücksichtigend stellt sich der Auswahlvermerk vom 6. April 2021 als fehlerhaft dar.
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Ausgehend von dem Grundsatz, dass bei fehlendem konstitutivem Anforderungsprofil in erster Linie auf das abschließende Gesamturteil der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber abzustellen ist, ist es nicht nachvollziehbar, weshalb hier die vier verbliebenen Bewerber zu einem Auswahlgespräch eingeladen wurden, obwohl das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen zu 3 (drittbestes Gesamturteil) nicht gleichwertig mit dem der Beigeladenen zu 2 (bestes Gesamturteil) sowie des Antragstellers und der Beigeladenen zu 1 (zweitbestes Gesamturteil) ist. Der Auswahlvermerk verhält sich hierzu nicht, was bereits den oben dargestellten Dokumentationspflichten im Rahmen der zu treffenden Auswahlentscheidung widerspricht. Auch das bei der Antragsgegnerin für die Ausschreibung und Besetzung von Dienstposten maßgebliche Handbuch Personalrecht/Gremien stellt unter Nr. 3.1.2 Abs. 2 darauf ab, dass bei internen Bewerberinnen und Bewerbern der Leistungsvergleich vorrangig anhand aktueller dienstlicher und vergleichbarer Beurteilungen vorzunehmen ist. (Nur) bei Beurteilungsgleichstand hinsichtlich des Gesamturteils ist eine - hier ebenfalls nicht erfolgte - Binnendifferenzierung der zu vergleichenden Beurteilungen erforderlich. Erst wenn der Abgleich der Beurteilungen zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, ist auf ältere Beurteilungen sowie auf Auswahlinstrumente und andere eignungsbezogene Hilfskriterien zurückzugreifen. Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin steht daher auch im Widerspruch zu ihren eigenen Vorgaben.
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An der Rechtswidrigkeit des Auswahlvermerks ändert auch der Umstand nichts, dass die Antragsgegnerin im Auswahlvermerk auf die „spezifischen Anforderungen des Dienstpostens“ abgestellt und ihre Erwägungen im gerichtlichen Verfahren ergänzt hat, indem sie unter Bezugnahme auf das im Fachkonzept ihrer Zentrale 3.0 (unter Ziffer 3.1.2) festgeschriebene Aufgabenspektrum der Stabsstelle Datenschutz verweist und ausführt, dass die ausgeschriebene Stelle vertiefte Kenntnisse der Rechtsund Fachgebiete im zugewiesenen Aufgabengebiet erfordert. Diese lägen üblicherweise nur nach einer volljuristischen Ausbildung vor, weshalb ein Auswahlgespräch erforderlich gewesen sei, um festzustellen, ob auch der Antragsteller über ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Bei einer im Wesentlichen gleichen Beurteilungslage kann der Dienstherr nach ständiger Rechtsprechung die Auswahl zwar nach weiteren sachgerechten Merkmalen treffen (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - juris Rn. 108 m.w.N.). Vorliegend ist es jedoch schon im Hinblick darauf, dass hier das Gesamturteil in der Beurteilung des Beigeladenen zu 3 eine Stufe niedriger ausfällt und nicht erst im Rahmen der - nicht erfolgten - Binnendifferenzierung gewisse Abweichungen festzustellen sind, zweifelhaft, ob man hier von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilungslage ausgehen kann.
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Dessen ungeachtet kann zwar einem Bewerber, der nicht das beste Gesamturteil des Bewerberfeldes aufweist, der Vorrang eingeräumt werden, wenn er spezifische Anforderungen des Dienstpostens voraussichtlich am besten erfüllt. Insoweit kann auch ein in der Ausschreibung enthaltenes deskriptives Anforderungsprofil als Maßstab Bedeutung erlangen. Wie oben ausgeführt, ist eine Einengung des Bewerberfelds aufgrund der besonderen Anforderungen eines konkreten Dienstpostens nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben zwingend besondere Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Selbst wenn man dies vorliegend bejahen wollte, muss auch dieses Urteil jedoch in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen gestützt werden (vgl. BayVGH, B.v. 17.5.2013 - 3 CE12.2469 - juris Rn. 35 m.w.N.). Weitere Erkenntnisquellen können deshalb nur ergänzend herangezogen werden. Dementsprechend gehen Rechtsprechung und Literatur überwiegend davon aus, dass eine Berücksichtigung der Ergebnisse von Vorstellungs- bzw. Auswahlgesprächen neben der dienstlichen Beurteilung allenfalls ergänzend in Betracht kommt, wenn bei einem Beurteilungsgleichstand sonst eine „Pattsituation“ bestehen würde (vgl. BayVGH a.a.O. - juris Rn. 38 m.w.N.).
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Danach bestand für die Antragsgegnerin kein Grund, auf das weitere Erkenntnismittel eines Auswahlgesprächs zurückzugreifen, da eine solche Pattsituation hier nicht gegeben war. Zudem überzeugt der Verweis auf die Zweifel an der fachlichen Eignung des Antragstellers schon deshalb nicht, weil die - entsprechend obigen Ausführungen zunächst heranzuziehende - Beurteilung dem Antragsteller vertiefte Kenntnisse der Rechts- und Fachgebiete im zugewiesenen Aufgabengebiet bescheinigt und hervorhebt, dass dieser neben seiner hohen rechtlichen Expertise auch eine besondere Stärke in der Bewertung und Lösung von datenschutzrelevanten Sachverhalten gezeigt habe. Auch die Geschäftsführerin des Jobcenters am 1. März 2021 bestätigt nicht nur die Fähigkeit des Antragstellers für eine Tätigkeit als Fachexperte auf der Tätigkeitsebene II sondern auch dessen Kompetenz zur Wahrnehmung der genannten Kernaufgaben eines Beraters in der Stabsstelle Datenschutz.
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Weiter ist zu berücksichtigen, dass derartige Vorstellungs- und Auswahlgespräche jedenfalls bei internen Bewerbern gegenüber dienstlichen Beurteilungen nur begrenzte Aussagekraft haben, da sie nur eine Momentaufnahme darstellen und hinsichtlich der nach Art. 33 Abs. 2 GG erforderlichen Erkenntnisgewinnung nur einen Teil der Leistungsanforderungen abdecken können. Dagegen beziehen sich dienstliche Beurteilungen auf einen längeren Zeitraum, in dem der Beamte den konkreten und vielfältigen Anforderungen seines Amtes gerecht werden musste, und die demgemäß eine profunde, gesicherte Grundlage für die prognostische Feststellung der Eignung der Bewerber hinsichtlich des konkret zu besetzenden Dienstpostens bieten (vgl. BayVGH a.a.O. - juris Rn. 39 ff. m.w.N Angesichts dessen erweist sich die getroffene Auswahlentscheidung auch deshalb als rechtlich fehlerhaft, weil sich die Antragsgegnerin nicht damit auseinandergesetzt hat, dass ihre aus dem Auswahlgespräch gewonnenen Einschätzungen der fachlichen und der kompetenzbasierten Eignung des Antragstellers in etlichen Punkten deutlich von den Ausführungen in der vorliegenden dienstlichen Beurteilung des Antragstellers und in der aktuellen Stellungnahme der Geschäftsführerin des Jobcenters … vom 1. März 2021 abweichen. So bescheinigt der Auswahlvermerk, der Antragsteller kommuniziere ausschweifend und komme nur schwer auf den Punkt. Dagegen enthält die Beurteilung die Feststellung, dass der Antragsteller überzeugend und erfolgreich argumentiere und eher abstrakte und hochkomplexe Sachverhalte auf zentrale Kernpunkte reduziere. Ebenso steht die Einschätzung der Auswahlkommission, der Antragsteller sei der hohen fachlichen Arbeitsbelastung unter Termin- und Zeitdruck nicht gewachsen, der in der Beurteilung getroffene Feststellung entgegen, dem Antragsteller gelinge es sehr gut, viele Themen parallel und oft unter Termindruck zu bearbeiten und konsensual zu lösen. Die im Auswahlvermerk festgestellte fehlende Eignung des Antragstellers für die ausgeschriebene Stelle steht im Widerspruch zu den oben angeführten Feststellungen in der Beurteilung und in der aktuellen Einschätzung der Geschäftsführerin des Jobcenters … vom 1. März 2021. Hierzu setzen sich weder der Auswahlvermerk vom 6. April 2021 noch die schriftlichen Ausführungen der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren auseinander. Die Auswahlbehörde darf sich jedoch im Hinblick auf die oben dargestellte begrenzte Aussagekraft der in einem Auswahlgespräch vermittelten Eindrücke über Beurteilungen nur in Ausnahmefällen und nur aus schwerwiegenden sachlichen Gründen hinwegsetzen; erst recht darf sie Erkenntnisse, die im Widerspruch zum Inhalt der über einen Bewerber erstellten dienstlichen Beurteilung stehen, nicht ohne weiteres in ihre Auswahlerwägungen einfließen lassen (Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und Richter, 3. Aufl., B I Rn. 89). Es darf nicht darauf hinauslaufen, dass die personalentscheidende Behörde sich in einem Auswahlverfahren an die Stelle des Beurteilers setzt und damit in die nur diesem übertragene Beurteilungsermächtigung eingreift. Je stärker die Abweichung von der Beurteilung ausfällt und je ungünstiger sie für einen Bewerber ist, desto strenger müssen die Anforderungen an die Aussagekraft der dafür gegebenen Begründung sein (Schnellenbach/Bodanowitz a.a.O.). Dem wird die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung nicht gerecht.
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Darüber hinaus bestehen auch im Hinblick auf die Dokumentation des Auswahlgesprächs rechtliche Bedenken. Zwar ist insoweit kein Wortprotokoll erforderlich, auch ist vorliegend die Bewertung der Aussagen des Antragstellers durch die Auswahlkommission sowie deren persönlicher Eindruck ausreichend dargestellt. Die an die Bewerber gerichteten Fragen werden jedoch nicht erkennbar und die besprochenen Themen sowie die Antworten nur allgemein dargestellt. Es müssen zwar nicht völlig identische Fragen sein, aber die Chancengleichheit macht einen strukturierten Fragen- bzw. Themenkatalog erforderlich (Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2. Aufl. 2018, Anhang 2 Rn. 153 m.w.N.). Es ist unverzichtbar, dass alle Bewerber die gleiche Chance haben, ihre fachliche und/oder persönliche Eignung unter Beweis zu stellen. Dazu ist es insbesondere unabdingbar, dass alle Bewerber zu gleichen oder vergleichbaren (leistungsbezogenen) Themenkomplexen in einem formalisierten Rahmen befragt werden und dass sie die Möglichkeit haben, in gleichem oder ausreichend großem Zeitraum zu antworten (VGH BW, B.v.m6.12.2016 - 4 S 2078/16 - juris Rn. 13). Dies lässt sich jedenfalls der Dokumentation der Antragsgegnerin nicht entnehmen.
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Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Auswahlentscheidung mit dem mittlerweile in § 52 Abs. 1 BPersVG (entspricht § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG a.F.) verankerten Benachteiligungsverbot vereinbar ist. Nach der genannten Vorschrift darf die Freistellung von Personalräten nicht zur Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führen. Freigestellte Personalräte müssen daher die Möglichkeit erhalten, dass Auswahlentscheidungen in einem Bewerbungsverfahren benachteiligungsfrei erfolgen und dass keine freistellungsbedingten Nachteile gegen diesen Bewerber verwertet werden. Das Benachteiligungsverbot soll sicherstellen, dass die Mitglieder des Personalrats ihre Tätigkeit unabhängig wahrnehmen können. Darüber hinaus soll es verhindern, dass Bedienstete von einer Mitarbeit im Personalrat, insbesondere von einer Freistellung vom Dienst, aus Sorge um ihre beruflichen Perspektiven Abstand nehmen. Daher folgt aus dem Benachteiligungsverbot, dass der Dienstherr freigestellten Personalratsmitgliedern diejenige berufliche Entwicklung ermöglichen muss, die sie ohne die Freistellung voraussichtlich genommen hätten. Die Freistellung darf die Chancen, sich in einem Auswahlverfahren um ein höheres Amt nach Art. 33 Abs. 2 GG durchzusetzen, nicht verbessern, aber auch nicht beeinträchtigen (BVerwG, B.v. 30.6.2014 - 2 B11.14 - juris Rn. 12 m.w.N.). Vorliegend wird in dem Auswahlvermerk hinsichtlich des Antragstellers abschließend festgehalten, dass dieser beabsichtige, weiterhin freigestellt zu bleiben. Es ist nicht fernliegend, dass dieser Umstand bei der Auswahlentscheidung eine Rolle gespielt hat oder diese zumindest unbewusst mit beeinflusst hat. Denn wenn die Pläne des Antragstellers nicht von Interesse und insoweit für die Auswahlentscheidung ohne Bedeutung gewesen wären, hätte es auch keinen Anlass gegeben, diese im Auswahlvermerk festzuhalten (vgl. LArbG Berlin-Brandenburg, U.v. 9.7.2020 - 21 SaGa 300/20 - juris Rn. 42).
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Es ist nicht ausgeschlossen, dass die ausgeschriebene Stelle im Falle einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens an den Antragsteller vergeben würde. Im Hinblick auf den dem Dienstherrn eingeräumten und gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum kann das Gericht insoweit nicht eigene Erwägungen an die Stelle derer der Antragsgegnerin stellen.
48
2.2 Der Antrag ist, soweit er zulässig ist, jedoch abzulehnen, soweit er auf vorläufige Untersagung einer neuen Ausschreibung des Dienstpostens zielt. Insoweit hat der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
49
Der Dienstherr ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgrund seines Beurteilungsspielraums bei der Bewerberauswahl berechtigt, ein Auswahlverfahren aus sachlichem Grund vor der Auswahlentscheidung abzubrechen, etwa wenn kein Bewerber den Erwartungen entspricht oder das Verfahren womöglich nicht mehr zu einer rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung führen kann. Der Abbruch eines Auswahlverfahrens ist allerdings nicht rechtmäßig, wenn unsachliche Gründe hierfür ursächlich sind, die nicht aus Art. 33 Abs. 2 GG abgeleitet werden können, etwa, wenn sie das Ziel verfolgen, einen unerwünschten Kandidaten aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle auszuschließen (vgl. BVerwG, U.v. 26.1.2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 = juris Rn. 27 m.w.N.).
50
Vorliegend hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass ein eine Neuausschreibung der Stelle voraussetzender Abbruch des weiterzuführenden Stellenbesetzungsverfahrens ausschließlich aus unsachlichen Gründen in Betracht kommt. Vielmehr hat er sich zu dem geltend gemachten Anspruch, den Dienstposten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers nicht neu auszuschreiben, in keiner Weise verhalten. Es kann jedoch für die Zukunft nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass sachliche Gründe für den Abbruch des weiterzuführen Auswahlverfahrens eintreten werden, die die Antragsgegnerin zu einer Neuausschreibung des Dienstpostens berechtigen könnten.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO selbst, da sie keinen Antrag gestellt und sich damit auch nicht dem Kostenrisiko ausgesetzt oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert haben.
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 6 Sätze 2 bis 4 GKG. Der Streitwert in einem beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahren, das auf die vorläufige Freihaltung der zu besetzenden Beförderungsstelle(n) durch Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet ist, beträgt - wie bei einer auf Neuverbescheidung des Beförderungsbegehrens gerichteten Hauptsacheklage - ein Viertel der für ein Kalenderjahr in dem angestrebten Amt nach Maßgabe von § 52 Abs. 6 Sätze 1 bis 3 GKG zu zahlenden Bezüge (vgl. BayVGH, B.v. 24.10.2017 - 6 C 17.1429 - juris Rn. 6 ff.), vorliegend demnach 3 x 5.648,10 EUR = 16.944,30 EUR.