Titel:
Zwangsgeldandrohung, Bestimmtheitsgrundsatz
Normenketten:
VwZVG Art. 29
VwZVG Art. 30
VwZVG Art. 31
VwZVG Art. 36
Schlagworte:
Zwangsgeldandrohung, Bestimmtheitsgrundsatz
Fundstelle:
BeckRS 2022, 41311
Tenor
I. Der Bescheid des Beklagten vom 14. August 2019 wird in Ziffer IV aufgehoben.
II. Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 3) und 6) haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen eine Zwangsgeldandrohung des Beklagten. Falls sie die Nutzung aus der Baugenehmigung vom 18. November 2014 nicht einstelle und sämtliche in Ausnutzung der Baugenehmigung vom 18. November 2014 errichtete bauliche Anlagen nicht beseitige, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 Euro zur Zahlung fällig.
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Mit Bescheid vom 18. November 2014 erteilte das Landratsamt M. der Klägerin eine Baugenehmigung für die „Einzäunung des Trainingsgeländes für Hundeschule, Hundepension und Assistenzhunde-Ausbildung“ auf dem Grundstück Fl.Nr. …7/2 der Gemarkung G. … Mit weiterem Bescheid vom 25. April 2018 ergänzte das Landratsamt den ursprünglichen Baugenehmigungsbescheid vom 18. November 2014 dahingehend, dass Trainingszeiten auf Montag bis Samstag von 15:00 Uhr bis maximal 19:00 Uhr festgesetzt wurden und die Größe der Trainingsgruppe auf vier Hunde begrenzt wurde.
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Die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage war erfolgreich. Das Verwaltungsgericht hob mit Urteil vom 6. November 2018 unter dem Az. W 4 K 18.705 den Bescheid des Landratsamts M. vom 25. April 2018 auf. Zur Begründung wurde insbesondere dargelegt, dass der Bescheid vom 25. April 2018 schon deshalb rechtswidrig sei, weil die zugrundeliegende Baugenehmigung vom 18. November 2014 als Hauptverwaltungsakt ihrerseits mangels hinreichender Bestimmtheit rechtswidrig sei. Der Genehmigung vom 18. November 2014 lasse sich auch i.V.m. den zugrundeliegenden Unterlagen nicht entnehmen, was überhaupt genehmigt worden sei. Es sei nicht erkennbar, ob lediglich die Einzäunung oder aber auch der Betrieb der Hundeschule genehmigt sei. Auch hinsichtlich der Hundepension und der Assistenzhunde-Ausbildung sei die Lage unklar. Damit regele die Baugenehmigung nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit den Genehmigungsinhalt, womit u.a. die von der Anlage ausgehenden Umweltauswirkungen nicht ermittelbar seien, was nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Nachbarrechte problematisch erscheine.
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Bereits unter dem 18. Februar 2018 hatte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Hundetherapiezentrums auf den Grundstücken Fl.Nrn. …7/5, …7/2, …6/2 und …6/1 der Gemarkung G. … beantragt. Mit Beschluss vom 13. November 2018 verweigerte der Markt G. … sein gemeindliches Einvernehmen zu diesem Bauantrag.
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Unter dem 14. August 2019 lehnte das Landratsamt M. den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Hundetherapiezentrums ab (Ziffer 1). Die mit Bescheid des Landratsamts M. vom 18. November 2014 erteilte Baugenehmigung für die Einzäunung des Trainingsgeländes für Hundeschule, Hundepension und Assistenzhunde-Ausbildung auf dem Grundstück Fl.Nr. …7/2 der Gemarkung G. … wurde mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen (Ziffer 2). Die Klägerin wurde verpflichtet, innerhalb von drei Monaten ab Bestandskraft der Verpflichtung aus Ziffer 2 des Bescheids die Nutzung aus der Baugenehmigung vom 18. November 2014 einzustellen und sämtliche in Ausnutzung der Baugenehmigung vom 18. November 2014 errichteten baulichen Anlagen zu beseitigen. Dies betreffe vor allem die vorhandene Einzäunung des Trainingsgeländes sowie die errichtete Flutlichtanlage (Ziffer 3). Falls die Klägerin die Verpflichtung aus der Ziffer 3 des Bescheids nicht fristgemäß erfülle, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR zur Zahlung fällig (Ziffer 4).
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Hundetherapiezentrums abgelehnt werde, da sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 35 Abs. 2 BauGB richte. Das Vorhaben beeinträchtige allerdings öffentliche Belange, wie die natürliche Eigenart der Landschaft. Schließlich sei die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung zu befürchten. Die Rücknahme der Baugenehmigung basiere auf Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG, die Nutzungsuntersagung und die Beseitigungsanordnung auf Art. 76 Sätze 1 und 2 BayBO. Die Androhung des Zwangsgeldes stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Die gesetzte Frist sei angemessen.
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Unter dem 19. September 2019 ließ die Klägerin hiergegen Klage erheben und beantragte im vorliegenden Verfahren (sinngemäß),
den Bescheid des Beklagten vom 14. August 2019 in Ziffer 4 aufzuheben.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die erteilte Baugenehmigung von 2014 fortbestehe oder eine neue Baugenehmigung in dem beantragten Umfang zu erteilen gewesen sei. Aufgrund dessen fehle ein baurechtswidriger Zustand, aufgrund dessen es rechtsfehlerfrei und ermessensfehlerfrei gewesen sei, der Klägerin die Nutzung des genehmigten oder neu zu genehmigenden Vorhabens zu untersagen und/oder die Beseitigung der Einrichtungen anzuordnen. Solche Anordnungen erwiesen sich als rechtlich unzulässig und seien folglich aufzuheben. Gleiches gelte für die daran gekoppelte Zwangsgeldandrohung.
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Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2021 beantragte der Beklagte,
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Bereits mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2020 beantragte der Beigeladenenvertreter zu 1) bis 3) und 6),
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Am 22. März 2022 hat die Kammer einen Augenschein durchgeführt. Auf das Protokoll und die in diesem Zusammenhang gefertigten Bilder wird Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage, über die ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, da die Beteiligten auf deren Durchführung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg.
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Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist nach Abtrennung der weiteren Anordnungen, allein die in Ziffer IV. des Bescheids des Landratsamts M. vom 14. August 2019 verfügte Zwangsgeldandrohung. Falls die Klägerin nicht die Nutzung aus der Baugenehmigung vom 18. November 2014 einstelle und sämtliche in Ausnutzung der Baugenehmigung vom 18. November 2014 errichteten baulichen Anlagen beseitige, innerhalb von drei Monaten ab Bestandskraft der Verpflichtung, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR zur Zahlung fällig. Die Klägerin begehrt die Aufhebung dieser Anordnung.
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Die von ihr aus diesem Grund erhobene Anfechtungsklage ist zulässig und begründet. Ziffer IV. des Bescheids des Landratsamts M. vom 14. August 2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung sind die vom Beklagten auch genannten Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, 31, 36 Abs. 1 VwZVG. Die hierauf gestützte Zwangsgeldandrohung ist vorliegend allerdings rechtswidrig, da sie nicht hinreichend bestimmt ist.
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Nach Art. 36 Abs. 3 Satz 1 VwZVG muss ein bestimmtes Zwangsmittel angedroht werden. Gemäß Art. 36 Abs. 5 VwZVG ist der Betrag des Zwangsgelds in bestimmter Höhe anzudrohen.
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Die in Ziffer IV. des streitgegenständlichen Bescheids vom 14. August 2019 verfügte Zwangsgeldandrohung genügt im konkreten Fall diesen Bestimmtheitsanforderungen nicht.
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Laut Ziffer III. des Bescheids vom 14. August 2019 wird die Klägerin einerseits verpflichtet, innerhalb von drei Monaten ab Bestandskraft der Verpflichtung aus der Ziffer II. dieses Bescheids die Nutzung aus der Baugenehmigung vom 18. November 2014 einzustellen und andererseits soll sie sämtliche in Ausnutzung der Baugenehmigung vom 18. November 2014 errichteten baulichen Anlagen beseitigen. Dies betreffe vor allem die vorhandene Einzäunung des Trainingsgeländes sowie die errichtete Fluchtlichtanlage. Die streitgegenständliche Ziffer IV. des Bescheids besagt nunmehr, falls die Klägerin die Verpflichtung aus der Ziffer III. nicht fristgerecht erfülle, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR zur Zahlung fällig. Wie gezeigt, beinhaltet allerdings Ziffer III. des Bescheids mehrere Verpflichtungen, nämlich die Nutzungsuntersagung, die Baubeseitigung der Einzäunung des Trainingsgeländes und die Beseitigung der errichteten Fluchtlichtanlage. Aus der Zwangsgeldandrohung allerdings wird nicht klar ersichtlich, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Zwangsgeld für welche Verpflichtung angeordnet wird. Ebenso wird nicht klar, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Zwangsgeld für den Fall anfällt, dass nur eine der Verpflichtungen oder zwei vollständig erfüllt werden.
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Der Bescheid des Landratsamts M. vom 14. August 2019 ist nach alldem in Ziffer IV. rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
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Dementsprechend war der Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 und 3, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO stattzugeben. Da die Beigeladenen zu 4), 5) und 7) sich nicht durch Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selber tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.