Titel:
Anordnung zur Wiederherstellung eines Biotops
Normenkette:
BNatSchG § 3 Abs. 2, § 17 Abs. 8 S. 2, § 30 Abs. 2 Nr. 2
Leitsätze:
1. Die Eintragung eines Biotops in ein Verzeichnis der geschützten Teile von Natur und Landschaft als eine von sachkundigen Mitarbeitern einer Naturschutzbehörde erstellte Dokumentation der natürlichen Gegebenheiten hat jedenfalls eine erhebliche Indizwirkung für das Vorhandensein eines Biotops. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine - in aller Regel extensive - landwirtschaftliche Nutzung steht nicht in Widerspruch zur Biotopeigenschaft einer Fläche; teilweise entstehen Biotope erst durch landwirtschaftliche Nutzung. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Teilweise Zerstörung eines Biotops, Nachweis der Biotopeigenschaft, Wiederherstellung des früheren Zustands, Reitplatz, Verzeichnis der geschützten Teile von Natur und Landschaft, sachkundige Mitarbeiter einer Naturschutzbehörde, Indizwirkung, Ausnahme, Zustandsstörerin, Ermessen
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 19.09.2023 – 14 ZB 23.51
Fundstelle:
BeckRS 2022, 41108
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen eine naturschutzrechtliche Anordnung.
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Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nrn. 1155, 1154 und 1152/2 Gem. D … Nachdem im Rahmen einer Vorortkontrolle am 8.7.2020 vom Landwirtschaftlichen Prüfdienst auf den betreffenden Grundstücken ein Reitplatz festgestellt wurde, erfolgte am 18.11.2020 eine Ortseinsicht durch die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamts Deggendorf. Dabei wurde festgestellt, dass auf einer Fläche von ca. 800 bis 900 m² ein geschotterter Reitplatz angelegt worden war, der sich zum größten Teil im amtlich kartierten Biotop „Nasswiesen östlich Waldschaid“ befindet und dort als seggen- und binsenreiche Nasswiese erfasst ist.
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Mit Schreiben vom 22.4.2021 forderte das Landratsamt Deggendorf die Klägerin auf, das aufgebrachte Material und alle abgelagerten Gegenstände zu entfernen und hörte gleichzeitig die Klägerin zum Sachverhalt an.
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Diese ließ durch Schreiben ihres Bevollmächtigten mitteilen, dass die Feststellungen der Biotopkartierung keine Bestands- oder Rechtskraft hätten. Es liege weder ein Primär- noch ein Sekundärbiotop vor. Es handle sich nicht um eine Feuchtwiese, sondern um eine ganz normale landwirtschaftlich genutzte Fläche.
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Unter dem 22.6.2021 erließ das Landratsamt Deggendorf folgende Anordnung:
1. Frau … …, … …, … … wird verpflichtet, das durch einen Reitplatz und diverse Ablagerungen überbaute Biotop auf den Grundstücken Fl.Nrn. 1155, 1154 und 1152/2, Gem. D … wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen.
1.1 Dazu ist das aufgebrachte Material und alle abgelagerten Gegenstände, außer solche, die der landwirtschaftlichen Nutzung dienen, bis zum 20. August 2021, spätestens jedoch zwei Monate nach Bestandskraft dieser Anordnung zu beseitigen.
1.2 Auf die betroffenen Flächen ist zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes Mähgut aus den umliegenden Flächen bis zum 1. Oktober 2021, spätestens jedoch drei Monate nach Bestandskraft dieser Anordnung aufzubringen.
2. Falls Frau … …, … …, … … der in der Nr. 1.1 dieses Bescheids festgesetzten Pflicht nicht fristgerecht nachkommt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 150,- EUR zur Zahlung fällig.
3. Falls Frau … …, … …, … … der in Nr. 1.2 dieses Bescheids festgesetzten Pflicht nicht fristgerecht nachkommt, wird ebenfalls ein Zwangsgeld in Höhe von 150,- EUR zur Zahlung fällig.
4. Die Kosten des Verfahrens hat Frau … …, … …, … … zu tragen.
5. Für diese Anordnung wird eine Gebühr in Höhe von 100,- EUR festgesetzt. Auslagen sind keine angefallen.
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Zur Begründung stützte sich das Landratsamt auf § 3 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG. Hiernach überwachten die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften und träfen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt sei. Beim betroffenen Grundstück handle es sich um ein nach § 30 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG gesetzlich geschütztes Biotop. Es sei auch als solches in der Biotopkartierung erfasst. Die Errichtung des Reitplatzes und die Ablagerung der diversen Gegenstände widerspreche § 30 Abs. 2 BNatSchG. Eine Befreiung im Einzelfall sei nicht beantragt worden und wäre auch nicht erteilt worden. Auch eine nachträgliche Ausnahmegenehmigung könne nicht erteilt werden, weil die erfolgte Beeinträchtigung nicht ausgeglichen werden könne. Nass- und Feuchtwiesen seien Landschaftsbestandteile von erheblichem ökologischen Wert. Das Gelände sei teilweise durch Abgrabungen eingeebnet worden. Die Abgrabung, Überbauung und Ablagerungen führten zum Verlust der Biotopeigenschaften der Wiese. Die Zerstörung stelle eine nachhaltige Schädigung des Naturhaushalts dar und trage dazu bei, die Situation der freilebenden auf diese Lebensräume angewiesenen Tier- und Pflanzenarten weiter zu verschlechtern. Es könne durch künstliche Maßnahmen keine dem Ausgangsbiotop und seinen biologischen und ökologischen Funktionen vergleichbare neue Fläche hergestellt werden. Der gesetzliche Biotopschutz trage dazu bei, das Staatsziel des Art. 20a Grundgesetz - GG umzusetzen. Unter diesem Gesichtspunkt entsprächen die Verpflichtungen im Bescheid pflichtgemäßem Ermessen und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es bestehe ein öffentliches Interesse daran, ökologisch wertvolle Flächen zu erhalten. Die angeordneten Verpflichtungen seien geeignet und auch erforderlich, die Beeinträchtigungen wieder rückgängig zu machen. Sie seien auch zumutbar. Auch die gesetzte Frist für den Rückbau des Reitplatzes und der Mähgutaufbringung sei angemessen und notwendig, um die Beeinträchtigung der geschützten Fläche zu beenden.
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Die Androhung des Zwangsgeldes wurde auf Art. 29, 30, 31 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (BayVwZVG) gestützt.
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Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 5.7.2021 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben.
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Sie trägt vor, dass auf den o.g. Flächen seit Jahrzehnten eine landwirtschaftliche Nutzung durchgeführt worden sei. Die Flächen seien langfristig und seit langer Zeit an einen Landwirt verpachtet, der Milchviehwirtschaft betreibe und auch die streitgegenständlichen Grundstücke zur Grünfuttergewinnung nutze. Der Bereich, der als Reitplatz genutzt werden könne, liege nicht im Bereich eines Biotops im rechtlichen Sinne. Die Annahme des Bescheids und bereits die Kartierung des streitgegenständlichen Biotops seien unzutreffend. Die landwirtschaftliche Nutzung sei durchgehend ohne Einschränkungen erfolgt. Der Bereich, in dem der Reitplatz liege, sei in den letzten 20 Jahren stets gemäht worden. Auf ihm hätten sich weder schützenswerte Pflanzen befunden, noch habe eine Feuchtwiese vorgelegen. Der Bereich des Reitplatzes sei vielmehr vollkommen trocken gewesen.
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Die Klägerin habe auch nicht gewusst, dass auf ihren Grundstücken eine Biotopkartierung vorgenommen worden sei. Eine Information hierüber sei unterlassen worden. Deshalb habe für die Klägerin kein Anlass bestanden, die naturnahe, landwirtschaftliche Nutzung der vollkommen trockenen Wiese nicht fortzusetzen und zu gestatten, dass an der Stirnseite des Reitplatzes eine geringfügige Abgrabung vorgenommen worden sei. Da der Reitplatz ca. 20 m breit sei, betrage die Abgrabung und die Aufschüttung maximal 90 bis 100 cm. Eine Feuchtwiese liege nicht vor, was sich bereits daraus schließen lasse, dass der Bereich sonst gar nicht als Reitplatz hätte benutzt werden können.
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In der Anordnung würden formelhaft leere Redewendungen verwendet, anstatt hier konkret auf die Situation einzugehen. Der Bescheid setze sich nicht mit der konkreten Situation vor Ort auseinander. Eine gesonderte Anfechtung einer Biotopkartierung sei verfahrensrechtlich nicht vorgesehen. Auch sei auf dem Reitplatz kein Kalkbruch ausgebracht worden, sondern ph-neutraler Quarzsand. Der Bereich sei vollkommen naturbelassen und unversiegelt. Es werde keine Beeinträchtigung der Versickerungsmöglichkeit von Oberflächenwasser festzustellen sein.
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Die Klägerin lässt beantragen,
den Bescheid des Landratsamts Deggendorf vom 22.6.2021 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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Sie trägt vor, dass anhand von Luftbildern aus den Jahren 2013 und 2020 verdeutlicht worden sei, dass der bestehende Reitplatz das Biotop überdeckt und eine landwirtschaftliche Nutzung in diesem Bereich zum Erhalt der Biotopfläche in der Biotopkartierung festgelegt sei. Die Biotopeigenschaft sei auch bei der Ortseinsicht am 18.11.2020 festgestellt worden. Die Abgrenzungen seien vor Ort so ersichtlich gewesen, wie sie in der Biotopkartierung eingetragen seien. Gem. § 30 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG seien Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung von seggen- und binsenreichen Nasswiesen führen könnten, verboten. Das Biotop sei in der Biotopkartierung erfasst. Eine nachträgliche Ausnahmegenehmigung könne nicht erteilt werden, weil die erfolgte Beeinträchtigung aufgrund der wertvollen Strukturen nicht oder nur sehr schwer und wenn, dann nur innerhalb eines längeren Zeitraums ausgeglichen werden könne. Die Herstellung der geschützten Fläche könne nicht einfach auf einem Acker oder auf einer intensiv genutzten Wiese erfolgen, da exakt die gleichen Standortbedingungen auch im Umfeld gegeben sein müssten. Dem Einwand, dass aufgrund der landwirtschaftlichen Nutzung eine Biotopeigenschaft nicht gegeben sei, könne nicht gefolgt werden. Die Fläche sei nur durch eine extensive Bewirtschaftung erhalten geblieben. Die Bewirtschaftung stehe in keinem Widerspruch zum gesetzlichen Schutz. Gerade durch das regelmäßige Mähen werde eine Verbuschung und Gehölzanflug vermieden. Es werde so die Biotopstruktur und auch die angrenzende artenreiche Flachlandmähwiese erhalten und die Eigenschaften verbessert. Dass es sich beim aufgebrachten Material um Quarzsand handle, könne bestätigt werden. Die gesetzliche Vorschrift von § 30 Abs. 7 BNatSchG habe keine konstitutive Wirkung, sondern sei deklaratorischer Natur, weil der Schutz der Biotope durch das Gesetz selbst erfolgt sei. Bei der Biotopkartierung handle es sich um eine öffentliche Urkunde i.S.v. § 418 Zivilprozessordnung - ZPO. Auch der Einwand, dass die geschützte Fläche nur im nördlichen Bereich des Reitplatzes liege, könne aufgrund der zugrundeliegenden Kartierung und der Gegebenheiten vor Ort nicht anerkannt werden. Der tatsächliche Zustand vor Ort stimme mit der Biotopkartierung überein. Somit sei festzustellen, dass durch die Errichtung des Reitplatzes gesetzlich geschützte Flächen zerstört worden seien. Die Grasnarbe sei aufgebrochen, abgegraben und die Fläche mit Quarzsand überschüttet worden, so dass keine Vegetation mehr vorhanden sei. Negative Randeffekte seien zum Teil bereits erkennbar. Die Zerstörung stelle somit eine nachhaltige Schädigung des Naturhaushalts dar und trage dazu bei, dass die Situation der freilebenden Tier- und Pflanzenarten weiter zu verschlechtern.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einnahme eines Augenscheins durch den Berichterstatter am 21.9.2022.
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Mit Erklärung vom 21.9.2022 bei der Einnahme des Augenscheins hat der Beklagte und mit Schriftsatz vom 30.11.2022 hat die Klägerin auf Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet.
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Das Gericht hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 20.10.2022 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
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Für den Sachverhalt und das Vorbringen der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Behördenakte, die Gerichtsakte mit den wechselseitigen Schriftsätzen sowie das Protokoll über die Einnahme des Augenscheins.
Entscheidungsgründe
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I. Die zulässige Klage, über welche das Gericht aufgrund der Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO), ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts Deggendorf vom 22.6.2021 ist rechtmäßig verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Wiederherstellungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG i.V.m. § 17 Abs. 8 Satz 1, § 30 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG. Nach § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
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Nach § 30 Abs. 2 BNatSchG sind Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung bestimmter Biotope führen können, worunter gemäß Nr. 2 unter anderem seggen- und binsenreiche Nasswiesen fallen.
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Nach § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG soll die zuständige Behörde die weitere Durchführung eines Eingriffs untersagen, wenn dieser ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorgenommen wird. Soweit nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann, soll sie nach § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG entweder Maßnahmen nach § 15 BNatSchG oder die Wiederherstellung des früheren Zustands anordnen.
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Vorliegend liegt ein Eingriff in Natur und Landschaft vor, weil ein gesetzlich geschütztes Biotop teilweise zerstört wurde (dazu 1.). Dieser Eingriff wurde ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorgenommen, auch kommt vorliegend eine Herstellung rechtmäßiger Zustände auf andere Weise nicht in Betracht (dazu 2.). Die Klägerin ist richtige Adressatin der angefochtenen Anordnung (dazu 3.) und auch die Ermessensausübung durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden (dazu 4.).
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1. Die vom Kläger vorgenommene Handlung stellt einen Eingriff in Natur und Landschaft dar. Nach der Legaldefinition in § 14 Abs. 1 BNatSchG sind Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des BNatSchG unter anderem Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, welche die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können.
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Hier liegt ein Eingriff darin, dass durch die Anlage des geschotterten Reitplatzes sowohl die Gestalt als auch die Nutzung der Grundfläche verändert wurde. Dass diese Veränderung die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalls beeinträchtigen kann, ergibt sich bereits daraus, dass es sich bei der beeinträchtigten Fläche um ein durch § 30 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG besonders geschütztes Biotop handelte.
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Für den zur Entscheidung berufenen Einzelrichter steht die Biotopeigenschaft der betroffenen Fläche außer Zweifel. Zwar ergibt sich die Biotopeigenschaft nicht schon daraus, dass sich der Reitplatz mit Ausnahme einer kleinen Fläche an seiner Südostecke nahezu vollständig im kartierten Biotop „Nasswiesen östlich W …“ (Nr. 7144-0345-001) befindet, weil der Registrierung keine konstitutive Wirkung zukommt, sondern der Biotopschutz vielmehr durch das Gesetz selbst erfolgt (Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 30 Rn. 21 u. 78). Allerdings hat die Eintragung eines Biotops in ein Verzeichnis der geschützten Teile von Natur und Landschaft als eine von sachkundigen Mitarbeitern einer Naturschutzbehörde erstellte Dokumentation der natürlichen Gegebenheiten jedenfalls eine erhebliche Indizwirkung für das Vorhandensein eines Biotops (OVG Lüneburg, B. v. 4.8.2022 - 4 ME 95/22, juris Rn. 25).
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Vorliegend kommt hinzu, dass der durch das Gericht eingenommene Augenschein die Feststellungen der Biotopkartierung klar bestätigt hat. So war in den an den Reitplatz angrenzenden Bereichen überall ein dichter Bewuchs mit Seggen und Binsen feststellbar, mit der einzigen Ausnahme genau derjenigen Flächen, die an die nicht als Biotop kartierte Südostecke des Reitplatzes angrenzten. Dies legt den Rückschluss nahe, dass sich das Biotop vor der Anlage des Reitplatzes genauso wie in der Kartierung abgebildet dargestellt hat.
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Der hiergegen vorgetragene Einwand der Klägerseite, dass der Bereich, in welchem der Reitplatz liegt, in den letzten 20 Jahren ausschließlich landwirtschaftlich als Weide und zur Grünfuttergewinnung genutzt und hierzu stets gemäht wurde, vermag schon im Ansatz nicht zu überzeugen, weil eine - in aller Regel extensive - landwirtschaftliche Nutzung nicht in Widerspruch zur Biotopeigenschaft einer Fläche steht, sondern Biotope teilweise sogar erst durch landwirtschaftliche Nutzung entstehen (vgl. hierzu auch Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, a.a.O., Rn. 43). Dem entspricht es, dass die Fachkraft für Naturschutz bei der Einnahme des Augenscheins für das Gericht nachvollziehbar ausgeführt hat, dass es für die Nasswiese sogar notwendig ist, dass die Fläche einmal im Jahr gemäht wird.
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Da der Biotopschutz bereits aus dem Gesetz selbst und nicht aus der Kartierung folgt, bleibt auch ohne Belang, dass die Klägerin über die Kartierung nicht informiert wurde.
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Dass das Biotop durch die Anlage des Reitplatzes teilweise zerstört wurde, liegt auf der Hand, wobei dahingestellt bleiben kann, welches Material für den Reitplatz aufgebracht wurde. Nach den bei der Einnahme des Augenscheins getroffenen Feststellungen ist jedenfalls zweifelsfrei erkennbar, dass auf der Fläche des Reitplatzes weder Seggen noch Binsen wachsen können, so dass eine seggen- und binsenreiche Feuchtwiese in diesem Bereich nicht mehr vorliegt.
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2. Der Eingriff wurde ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorgenommen. Ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahme nach § 30 Abs. 2 BNatSchG wurde nicht gestellt, wäre aber auch nicht genehmigungsfähig gewesen.
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Ebenso wenig ist ersichtlich, dass auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hätte hergestellt werden können. Zutreffend hat das Landratsamt in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass durch künstliche Maßnahmen keine dem Ausgangsbiotop und seinen biologischen und ökologischen Funktionen vergleichbare Fläche hergestellt werden kann.
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3. Die Klägerin ist als Eigentümerin der betroffenen Grundstücke zumindest Zustandsstörerin und damit richtige Adressatin der angefochtenen Anordnung. Im Übrigen wurde von der Klägerin auch zu keinem Zeitpunkt substantiiert bestritten, veranlasst zu haben, dass der Reitplatz angelegt wird, so dass vieles dafür spricht, dass sie auch als Handlungsstörerin anzusehen ist.
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4. Das Landratsamt hat das ihm zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Es hat im angefochtenen Bescheid die Entscheidung ausdrücklich nach pflichtgemäßem Ermessen getroffen und dabei zutreffend ausgeführt, dass Feuchtwiesen Landschaftsbestandteile von erheblichem ökologischen Wert sind. Zudem hat es darauf verwiesen, dass der gesetzliche Biotopschutz als Instrument zur Sicherung der Artenvielfalt von grundlegender Bedeutung ist und dazu beiträgt, die Staatszielbestimmung aus Art. 20 a GG umzusetzen. Vor diesem Hintergrund ist es in nicht zu beanstandender Weise zum Ergebnis gelangt, dass dem öffentlichen Interesse am Erhalt ökologisch wertvoller Flächen der Vorrang einzuräumen und es der Klägerin zumutbar ist, die Verpflichtungen, die von ihr verursachten Beeinträchtigungen wieder rückgängig zu machen. Somit sind Ermessensfehler nicht ersichtlich.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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IV. Rechtsgrundlage des Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit sind § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.