Inhalt

FG München, Urteil v. 17.10.2022 – 14 K 1176/20
Titel:

Voraussetzung für die Agrardieselentlastung

Normenketten:
EnergieStG § 2 Abs. 1 Nr. 4,§ 57
EnergieStV § 103 Abs. 2
FGO § 47 Abs. 1, § 96, § 136 Abs. 1 S. 1, § 137 S. 1
RL 2003/96/EG Art. 15 Abs. 3 S. 1
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsatz:
Die nationalen Regelungen dürfen nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um eine korrekte und einfache Anwendung solcher Befreiungen sicherzustellen und Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch zu verhindern (vgl. Urteile - EuGH - Petrotel-Lukoil vom 7. November 2019 - C-68/18, ECLI:EU:C:2019:933, Rn. 53 ff; Turbogas vom 27. Juni 2018 - C-90/17, ECLI:EU:C:2018:498, Rn. 43 f; Vakarų Baltijos laivų statykla vom 13. Juli 2017 - C-151/16, ECLI:EU:C:2017:537). (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Agrardieselentlastung, Nachweispflicht bezüglich Pkw-Nutzung, Fahrzeug, falsche Angaben, Mitgliedstaat, Nachweis, Pkw, Selbstbindung der Verwaltung, Tierhaltung, Verwaltungspraxis, Zulassung, Aufhebung, Gasöl, Maschinen- und Betriebshilfsring, Dieselkraftstoff, Subvention, Steuerentlastung
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstelle:
BeckRS 2022, 40892

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheids vom 3. April 2020 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20. April 2020 wird die Steuerentlastung gemäß § 57 Abs. 1 EnergieStG für das Jahr 2018 auf 1.961,20 € festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 40%, der Beklagte zu 60%.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Streitig ist, ob der beleghafte Nachweis des Gasölbezugs für alle auf den Entlastungsberechtigten zugelassenen nichtlandwirtschaftlichen Fahrzeuge Voraussetzung für die Agrardieselentlastung ist.
2
Der Kläger ist Landwirt. Er bewirtschaftet … ha Ackerland, … ha Grünland und … ha Forstfläche. Im landwirtschaftlichen Betrieb sind fünf Schlepper, ein Mähdrescher, zwei Häcksler und ein Ackerschlepper vorhanden. Zum Betanken nutzt der Kläger eine Hoftankstelle. Im Entlastungsjahr 2018 bezog er insgesamt 16.567,94 l Gasöl. Dazu legte er für 15.019,94 l Gasöl eine „Diesel-Bestätigung“ vom 31. Dezember 2018 und eine Tankquittung sowie (in der Sitzung vom 17. Oktober 2022) für weitere 1.548 l Gasöl einen Lieferschein vom 7. November 2018 vor.
3
Auf den Namen des Klägers waren in den Streitjahren folgende nichtlandwirtschaftliche Dieselfahrzeuge zugelassen:
- VW Tiguan (Z) mit einem Verbrauch von 1.250,28 l im Streitjahr (Durchschnittsverbrauch 6,5 l/100 km), vom Kläger genutzt und an der Hoftankstelle aufgetankt;
- VW Tiguan (Y) mit einem Verbrauch von 695,50 l im Streitjahr (Durchschnittsverbrauch 6,5 l/100 km), genutzt durch die Tochter des Klägers, M, wohnhaft in …;
- Skoda Fabia (X) mit einem Verbrauch von 1.748,33 l im Streitjahr (Durchschnittsverbrauch 4,2 l/100 km), genutzt durch die Tochter, F, wohnhaft beim Kläger;
- Toyota RAV 4 (W) mit einem Verbrauch von 1.571,11 l im Streitjahr (Durchschnittsverbrauch von 7,3 l/100 km), genutzt durch den Sohn des Klägers, B, wohnhaft in …, und
- Skoda Fabia (V) mit einem Verbrauch von 1.118,54 l im Streitjahr (Durchschnittsverbrauch von 4,2 l/100 km), genutzt durch die Ehefrau des Klägers.
4
Der Kläger rechnete Maschineneinsätze bei Dritten über den Maschinen- und Betriebshilfsring ab. In Rahmen dieser Arbeiten wurde der Verbrauch von insgesamt 4.928,77 l Gasöl bescheinigt.
5
Für das Jahr 2018 beantragte der Kläger am 26. März 2019 unter Verwendung des vereinfachten Antrags (Formularnummer 1142) eine Steuerentlastung gemäß § 57 Abs. 1 des Energiesteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (EnergieStG) für 10.109,71 l Gasöl in Höhe von 2.171,08 €. Den tatsächlichen Verbrauch gab er lediglich für den VW Tiguan (Z) mit (fehlerhaften) 2.959,23 l an und berücksichtigte auch nur diesen Verbrauch in Ziff. 4.5 des Antrags als Abzugsposition bei der Berechnung des begünstigten Gesamtverbrauchs. Im Übrigen erklärte er Restbestände am 31. Dezember 2017 von 380 l und am 31. Dezember 2018 von 520 l sowie einen Bezug von 15.019,94 l. Als Verbrauch aufgrund von Arbeiten für Dritte gab er 3.369 l und als entlastungsfähigen Gasölverbrauch in seinem Betrieb durch Dritte 1.558 l an.
6
Im Rahmen der Antragsbearbeitung durch das Hauptzollamt - … - wurden Belege angefordert und z.T. nachgereicht und der Antrag z.T. korrigiert. Mit Bescheid vom 17. September 2019 setzte der Beklagte (HZA) die Entlastung der Energiesteuer für 2018 abweichend vom Antrag unter dem Vorbehalt der Nachprüfung in Höhe von 682,51 € fest, da zum einen die Arbeiten des Klägers für Dritte mit einem angegebenen Verbrauch von 1.558 l Gasöl als zusätzlicher Abzugsposten (Ziff. 4.6 des Antrags; insgesamt 4.928,77 l) und nicht als begünstigter zusätzlicher Verbrauch bei Berechnung des begünstigten Gesamtverbrauchs zu erfassen seien und zum anderen der Verbrauch aller nichtlandwirtschaftlichen Fahrzeuge i.H.v. 6.773,76 l abzuziehen sei.
7
Im Einspruchsverfahren hiergegen setzte das HZA mit Änderungsbescheid vom 3. April 2020 die Entlastung der Energiesteuer für 2018 in Höhe von 766,28 € fest, wobei es einen entlastungsfähigen Gesamtverbrauch von 3.567,41 l Gasöl berücksichtigte. Der Gesamtverbrauch der fünf nichtlandwirtschaftlichen Fahrzeuge wurde der Höhe nach an die Angaben des Klägers zum Verbrauch angepasst und in Höhe von 6.383,76 l in Abzug gebracht.
8
Den Einspruch wies es daraufhin mit Einspruchsentscheidung vom 20. April 2020 als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung ging nach dem Eingangsstempel der Kanzlei am 4. Mai 2020 beim Bevollmächtigten ein.
9
Mit seiner am 2. Juni 2020 beim Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen noch geltend, dass nur der VW Tiguan (Z) an der Hoftankstelle betankt worden sei. Die übrigen vier Pkw seien lediglich aus versicherungstechnischen Gründen auf ihn zugelassen gewesen, hätten sich aber im Eigentum der Familienmitglieder befunden. Diese Pkw stünden in keinem Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers und wären insbesondere nicht dort betankt worden. Tankbelege für den Verbrauch dieser Fahrzeuge könne er deswegen nicht vorlegen. Der Verbrauch der Pkw sei dennoch nicht in Abzug zu bringen.
10
Im Übrigen habe eine Verwaltungspraxis dahingehend bestanden, dass für den Verbrauch von lediglich aus versicherungstechnischen Gründen auf Landwirte zugelassene Fahrzeuge von Familienmitgliedern keine Tankbelege hätten vorgelegt werden müssen. Er habe in vorhergehenden „Veranlagungszeiträumen“ eine formlose Erklärung dahingehend abgegeben, dass die Fahrzeuge der Kinder nur aus versicherungstechnischen Gründen auf ihn zugelassen seien. Daher habe er diese Fahrzeuge auch bei der zunächst für 2018 eingereichten Anmeldung nicht mehr angegeben. Insofern könne aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eine Vorlage von Tankbelegen jetzt nicht gefordert werden. Auf eine geänderte Verwaltungspraxis habe das HZA nicht hingewiesen.
11
Er habe den Bearbeiter beim HZA mehrfach telefonisch darauf hingewiesen, dass die Pkw - abgesehen vom VW Tiguan (Z) - nur aus versicherungstechnischen Gründen auf ihn zugelassen worden seien.
12
Im Übrigen sei eine Bewirtschaftung eines Betriebs seiner Größe mit der vom HZA berechneten Verbrauchsmenge nicht denkbar.
13
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Bescheids vom 3. April 2020 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20. April 2020 die Steuerentlastung gemäß § 57 Abs. 1 EnergieStG für das Jahr 2018 auf 2.171,08 € festzusetzen.
14
Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
15
Es trägt im Wesentlichen vor, dass die Vorlage von Belegen für verwendetes Gasöl in allen Fahrzeugen und Maschinen, die auf den Antragsteller zugelassen sind, Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Entlastung nach § 57 EnergieStG u.a. sei. Dies ergebe sich aus der Formulierung des § 103 Abs. 4 der Energiesteuer-Durchführungsverordnung in der Fassung des Streitjahrs (EnergieStV), wonach der Begünstigte Belege für begünstigte und nicht begünstigte Zwecke bezogene Gasöle vorlegen müsse. Dass es darauf ankomme, auf wen das Fahrzeug zugelassen sei, ergebe sich aufgrund der Fragestellung im Antragsvordruck und der sich daraus ergebenden Pflicht, die Daten für alle auf ihn zugelassenen Fahrzeuge anzugeben. Eine Unterscheidung danach, von wem und wie das Fahrzeug genutzt werde, würde danach nicht getroffen.
16
Der Verbrauch i.H.v. 8.700 l Gasöl sei in Bezug auf die Betriebsgröße des Klägers plausibel.
17
Zu einer früheren Verwaltungspraxis trägt es vor, dass vor dem 17. März 2017 Energieerzeugnisse, die in nichtlandwirtschaftlichen Fahrzeugen von z.B. Familienangehörigen verbraucht wurden, in den Anträgen nicht erfasst worden seien, wenn eine formlose Erklärung vorgelegt wurde, dass eine Verwendung der Fahrzeuge durch den Antragsteller ausgeschlossen sei. Diese Vorgehensweise sei durch die Generalzolldirektion beanstandet und danach nicht mehr fortgesetzt worden.
18
Auf diese Praxis könne der Kläger sich außerdem auch deswegen nicht berufen, da er in seinen bisherigen Anträgen nur Angaben zum Fahrzeug Z gemacht habe. Aufgrund der fehlenden Kenntnis von der Existenz der übrigen vier Fahrzeuge sei der Kläger auch nie zu einer Stellungahme diesbezüglich aufgefordert worden. Eine entsprechende formlose Mitteilung des Klägers hierzu gebe es nicht.
19
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze, auf die vorgelegten Unterlagen und Akten sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2022 verwiesen.

Entscheidungsgründe

20
Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
I.
21
Die am 2. Juni 2020 beim Finanzgericht eingegangene Klage ist zulässig. Insbesondere ist die einmonatige Klagefrist gemäß § 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gewahrt. Der Klägervertreter hat vorgetragen, dass die Einspruchsentscheidung vom 20. April 2020 ihm erst am 4. Mai 2020 bekannt gegeben worden ist. Dies wurde durch den Eingangsstempel der Kanzlei glaubhaft gemacht. Der Beklagte, der gemäß § 122 Abs. 2 2. Hs. der Abgabenordnung (AO) die Feststellungslast für den Zeitpunkt des Zugangs trägt, ist dem nicht entgegengetreten.
II.
22
Die Klage ist insoweit begründet, als zusätzliche 1.548 l Gasöl vom Kläger bezogen und bei der Ermittlung des begünstigten Gesamtverbrauchs zu berücksichtigen sind. Außerdem ist der Gasölverbrauch der nicht vom Kläger genutzten und nicht auf dem Hof des Klägers betankten, auf ihn zugelassenen Pkw seiner Kinder bei der Berechnung des begünstigten Verbrauchs i.S.d. § 57 EnergieStG nicht abzuziehen. Im Übrigen ist die Klage jedoch unbegründet.
23
Nach § 57 Abs. 1 EnergieStG wird eine Steuerentlastung auf Antrag gewährt für nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 EnergieStG versteuerte Energieerzeugnisse, die in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft zum Betrieb von bestimmten Fahrzeugen und Maschinen bei der Ausführung von Arbeiten zur Gewinnung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse durch Bodenbewirtschaftung oder durch mit Bodenbewirtschaftung verbundene Tierhaltung verwendet worden sind.
24
1. Im Streitfall liegt ein nach § 103 Abs. 2 EnergieStV form- und fristgerechter Antrag auf Gewährung einer Steuerentlastung gemäß § 57 EnergieStG vor. Der Kläger ist als Inhaber eines Betriebs im Sinne des § 57 Abs. 2 EnergieStG antragsberechtigt (§ 103 Abs. 3 Satz 1 EnergieStV).
25
2. Bei dem streitgegenständlichen Gasöl handelt es sich um nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 EnergieStG versteuerte Energieerzeugnisse.
26
3. Das im Entlastungszeitraum 2018 vom Kläger bezogene Gasöl wurde nur teilweise zu begünstigten Zwecken verwendet.
27
Nach dem Regelungskonzept des § 103 EnergieStV und dem dort vorgeschriebenen amtlichen Vordruck genügt es für die Gewährung der Entlastung nicht, dass der Antragsteller lediglich die für begünstigte Zwecke verwendete Gasölmenge angibt und die Verwendung für begünstigte Zwecke ggf. nachweist. Vielmehr wird die für begünstigte Zwecke verwendete Gasölmenge rechnerisch dadurch ermittelt, dass von dem im Entlastungszeitraum insgesamt bezogenen Gasöl die für nicht begünstigte Zwecke verwendete Menge abgezogen wird. Dementsprechend hat sich der Begünstigte nach § 103 Abs. 4 Satz 1 EnergieStV Quittungen oder Lieferbescheinigungen über die im Entlastungsabschnitt insgesamt für begünstigte und nicht begünstigte Zwecke bezogene Gasöle ausstellen zu lassen. Von dieser nachweislich bezogenen Gesamtmenge (korrigiert um die am Jahresanfang und Jahresende vorhandenen Restmengen) ist dann die Gasölmenge abzuziehen, die für nicht begünstigte Zwecke verwendet wurde.
28
a) Die derart vorgeschriebene Methode der Ermittlung der zu begünstigten Zwecken verwendeten Gasölmenge ist grundsätzlich möglich, denn insofern kommt dem Gesetzgeber ein großer Regelungsspielraum zu.
29
Die Steuerentlastung nach § 57 EnergieStG beruht auf Art. 15 Abs. 3 Satz 1 der RL 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (EnergieStRL). Danach können die Mitgliedstaaten einen bis zu Null gehenden Steuerbetrag auf Energieerzeugnisse anwenden, die für Arbeiten in Landwirtschaft und Gartenbau, in der Fischerei und in der Forstwirtschaft verwendet werden. Ihnen steht es frei, die in der Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen direkt, über einen gestaffelten Steuersatz oder durch eine Erstattung zu gewähren (Art. 6 EnergieStRL). Von dieser Möglichkeit hat der deutsche Gesetzgeber durch Regelung der Entlastung in § 57 EnergieStG Gebrauch gemacht.
30
Bei der Einführung einer „Agrardieselbegünstigung“ handelt es sich damit um eine fakultative Steuerentlastung, hinsichtlich derer es den einzelnen Mitgliedstaaten zukommt, die Bedingungen für die Gewährung und Abwicklung in der innerstaatlichen Rechtsordnung festzulegen, wobei die unionsrechtlichen Rechtsgrundsätze zu beachten sind.
31
Nach § 66 Abs. 1 Nr. 11 Buchst. a) EnergieStG ist der Verordnungsgeber ermächtigt, zur Verfahrensvereinfachung, zur Vermeidung unangemessener wirtschaftlicher Belastungen sowie zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und des Steueraufkommens Bestimmungen zu den §§ 45 bis 60 EnergieStG zu erlassen und dabei insbesondere die Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerentlastungen einschließlich der Begriffe näher zu bestimmen und das Verfahren der Steuerentlastung zu regeln sowie Vorschriften über die zum Zwecke der Steuerentlastung erforderlichen Angaben und Nachweise einschließlich ihrer Aufbewahrung zu erlassen.
32
Insofern ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber die Entlastung nach dem Berechnungsschema des Vordrucks in Zusammenhang mit § 103 Abs. 4 EnergieStV davon abhängig macht, dass der Bezug von nicht begünstigt verwendeten Gasöl nachgewiesen wird, um dann hiervon den angegebenen nicht begünstigten Verbrauch wieder abzuziehen.
33
b) Der Kläger hat für das Entlastungsjahr 2018 einen Bezug von 15.019,94 l Gasöl durch Diesel-Bestätigung vom 31. Dezember 2018 und eine Tankquittung sowie von weiteren 1.548 l Gasöl durch (den in der mündlichen Verhandlung nachgereichten) Lieferschein vom 7. November 2018 - insgesamt also einen Gesamtbezug i.H.v. 16.567,94 l Gasöl - nachgewiesen.
34
Von diesem Gesamtbezug sind für die Ermittlung des begünstigten Verbrauchs insgesamt 4.928,77 l nicht begünstigter Verbrauch aufgrund von Arbeiten für Dritte und 2.368,82 l für den nicht begünstigten Verbrauch in nichtlandwirtschaftlichen Fahrzeugen abzuziehen.
35
aa) Nach den vom Kläger vorgelegten Belegen des Maschinen- und Betriebshilfsrings wurden 3.370,77 l und 1.548 l - insgesamt also 4.928,77 l - für Maschineneinsätze bei Dritten verbraucht. Dieser Kraftstoff ist in Abzug zu bringen, denn Gasöle, die durch Betriebe Dritter bei der Ausführung von Arbeiten für den Betrieb des Antragstellers verwendet wurden, gelten als durch den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft verwendet, für den die Arbeiten ausgeführt wurden (vgl. § 57 Abs. 8 Nr. 1 Satz 2 EnergieStG). Dementsprechend handelt es sich nicht um eine eigene begünstigte Verwendung, wenn ein Landwirt - wenn auch selbst bezogenes - Gasöl im Betrieb eines Dritten verwendet, so dass der nicht begünstigte Verbrauch im Rahmen der Berechnung des begünstigten Gesamtverbrauchs abzuziehen ist (Ziff. 4.6 des Antragformulars).
36
bb) 1.250,28 l des für die Hoftankstelle bezogenen Gasöls wurden für die Betankung und den Verbrauch des vom Kläger eigengenutzten Pkw (VW Tiguan Z) und damit für nicht begünstigte Zwecke verwendet; sie sind damit - wie bereits vom Kläger vorgenommen - ebenfalls vom Gesamtbezug abzuziehen.
37
cc) Soweit die Kinder des Klägers Dieselkraftstoff in nichtlandwirtschaftlichen Fahrzeugen (Pkw) verbraucht haben, treffen den Kläger keine Nachweispflichten. Die Verbräuche sind weder beim Gesamtbezug noch als Abzugsposten zu berücksichtigen.
38
aaa) Eine Pflicht, auch den Bezug von Gasöl durch Dritte, die für ein nichtlandwirtschaftliches Fahrzeug ausschließlich selbst bezogenen Dieselkraftstoff verwenden, nachzuweisen, besteht nicht. Die in § 103 Abs. 4 Satz 1 EnergieStV angeordnete Nachweispflicht gilt nur, wenn es zu einer Überschneidung mit dem begünstigten Betrieb der Land- und Forstwirtschaft kommt, etwa weil der vom Dritten verbrauchte Kraftstoff zumindest teilweise aus dem Gasölbestand des Antragstellers stammt.
39
Diese Auslegung entspricht dem Wortlaut des § 103 Abs. 4 Satz 1 EnergieStV. Danach muss ein Gesamtbezug von Gasöl vorliegen und das bezogene Gasöl unterschiedlich (also sowohl für begünstigte als auch für nicht begünstigte Zwecke) verwendet werden. Liegt bereits kein Aufteilungsbedarf vor, da das nichtlandwirtschaftliche Fahrzeug eines Dritten ausschließlich mit Kraftstoffen betankt wird, die der Dritte zu diesem Zweck an öffentlichen Tankstellen selbst bezieht, sind solche Bezüge des Dritten auch nicht vom Antragsteller nachzuweisen.
40
Weder die Gesetzeshistorie noch ein Bedürfnis nach Missbrauchsabwehr stehen dieser Auslegung entgegen.
41
In § 7 des Landwirtschafts-Gasölverwendungsgesetzes in der Fassung vom 22. Dezember 1967 hieß es noch ohne Erweiterung der Nachweispflicht auf nicht begünstigte Verwendungen: „Der Begünstigte hat sich Quittungen oder Lieferbescheinigungen über das insgesamt bezogene Gasöl ausstellen zu lassen, welche die Anschriften des Empfängers und des Lieferers, das Datum der Lieferung, die gelieferte Gasölmenge und den zu zahlenden Betrag enthalten, und diese Unterlagen drei Jahre lang geordnet aufzubewahren.“
42
Mit dem Gesetz zum Abbau von Subventionen und sonstigen Vergünstigungen, zur Erhöhung der Postablieferung sowie zur Klarstellung von Wohngeldregelungen (Subventionsabbaugesetz - SubvAbG; BGBl. I 1981, 537) wurde die Nachweispflicht im Landwirtschafts-Gasölverwendungsgesetz vom 26. Juni 1981 in der jetzigen Form erweitert. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 9/92, 18) heißt es dazu (nur): Zur vollständigen Nachprüfbarkeit des begünstigten Verbrauchs bedarf es auch der Belege für den nichtbegünstigten Verbrauch.
43
Ein solches Prüfungsbedürfnis besteht insbesondere beim Bezug einer Gesamtmenge von Gasöl, die für unterschiedliche Zwecke verwendet wird.
44
Das Gericht verkennt nicht, dass falsche Angaben zur Entlastung nicht begünstigter Gasölverbräuche führen können. Allerdings besteht diese Gefahr nicht nur in den Fällen, in denen auf den Kläger zugelassene Pkw an der Hoftankstelle getankt werden, ohne dass dies angegeben wird. Vielmehr können auch nicht auf den Begünstigten zugelassene Pkw - deren Verbrauchsdaten der Begünstigte auch nach Vorgaben des Vordrucks nicht anzugeben hat - mit dem für die Hoftankstelle bezogenen Gasöl betankt werden. Ebenso ermöglicht auch der Bezugsnachweis durch Tankbelege gemäß § 103 Abs. 4 Satz 2 EnergieStV unzutreffende Entlastungen, da die vorgelegten Belege weder das betankte Fahrzeug noch den Tankenden ausweisen.
45
Insofern bedarf es - wie in anderen Steuergebieten auch bei der Abgrenzung zwischen betrieblichen bzw. unternehmerischen und privaten Aufwand - der verstärkten Kontrolle und Nachweisen, wenn entsprechende Indizien vorliegen. Eine generelle Nachweispflicht für eindeutig nicht begünstigte Verbräuche und entsprechend abgrenzbare Bezüge rechtfertigt die abstrakte Möglichkeit von Falschangaben jedoch nicht.
46
bbb) Ein eindeutig nicht begünstigter Verbrauch, bei dem kein Aufteilungsbedürfnis besteht, liegt vor, wenn nichtlandwirtschaftliche Fahrzeuge mit Kraftstoffen betrieben werden, die ausschließlich von einem Dritten bezogen wurden, wenn also z.B. der von dem Dritten genutzte Pkw im Entlastungszeitraum ausschließlich an öffentlichen Tankstellen und nie an einer Hoftankstelle des Begünstigten betankt wurde. Ein Bezug für begünstigte und nicht begünstigte Zwecke i.S. des § 103 Abs. 4 EnergieStG liegt hier nicht vor, so dass auch dessen Nachweispflicht nicht ausgelöst wird.
47
Wo es zu Überschneidungen zwischen der begünstigten und der nicht begünstigten Verwendung von Energieerzeugnissen kommen kann, hat zunächst der Antragsberechtigte anzugeben. Eine entsprechende Nachweispflicht kann sich dann ergeben, wenn Angaben widersprüchlich sind bzw. wenn der als begünstigt angemeldete Verbrauch erheblich höher ist als in Vorjahren oder in Betrieben mit vergleichbarer Struktur und es hierfür keine Erklärung gibt.
48
Alleine die Zulassung eines Pkw auf den Namen des Antragsberechtigten - womöglich nur aus versicherungstechnischen Gründen - begründet aber weder ein Aufteilungsbedürfnis noch indiziert es eine erhöhte Missbrauchsgefahr, so dass sich hieraus keine erweiterten Nachweispflichten hinsichtlich Gasölbezügen und -verbräuchen dieser Pkw ergeben.
49
Dafür, dass sich allein aus der Zulassung eines Pkw auf den Entlastungsberechtigten keine erhöhten Nachweispflichten ergeben, die bei Nichtvorlage entsprechender Belege eine Inanspruchnahme der Entlastung entgegenstehen, spricht auch der unionsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Denn auch wenn die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Wahl der Maßnahmen zur Sicherstellung der genauen Erhebung der Steuern und der Vermeidung von Steuerhinterziehung einen weiten Gestaltungsspielraum haben, müssen sie bei der Ausübung ihrer Befugnisse die allgemeinen Rechtsgrundsätze beachten, die Bestandteil der Rechtsordnung der Union sind und zu denen insbesondere die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit gehören. Die nationalen Regelungen dürfen insofern nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um eine korrekte und einfache Anwendung solcher Befreiungen sicherzustellen und Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch zu verhindern (Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - Petrotel-Lukoil vom 7. November 2019 - C-68/18, ECLI:EU:C:2019:933, Rn. 53 ff; Turbogas vom 27. Juni 2018 - C-90/17, ECLI:EU:C:2018:498, Rn. 43 f; Vakarų Baltijos laivų statykla vom 13. Juli 2017 - C-151/16, ECLI:EU:C:2017:537, Rn. 45 ff; Polihim-SS vom 2. Juni 2016 - C-355/14, ECLI:EU:C:2016:403, Rz 59 ff; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Oktober 2021 - VII R 26/20, BFHE 274, 380, Rn. 27 f; BFH-Beschluss vom 8. Juni 2021 - VII R 44/19, BFHE 272, 568, Rn. 27 f).
50
Unabhängig davon, ob Zweifel daran bestehen, ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf dem Niveau der Gesetzgebung für den jeweiligen Mitgliedstaat bei einer fakultativen Steuerentlastung gilt (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Juni 2021 - VII R 44/19, BFHE 272, 568), ist er zumindest bei der Auslegung untergesetzlicher Vorgaben - wie den Nachweiserfordernissen der EnergieStV - zu beachten, soweit deren Wortlaut nicht entgegenstehen.
51
Dem stehen auch nicht die in den Vordrucken geforderten Angaben zu auf den Antragsteller zugelassenen Fahrzeugen und deren Verbrauch entgegen.
52
Im Vordruck wurde in den Streitjahren unter Ziff. 3 abgefragt, ob auf den Antragsteller keine nichtlandwirtschaftlichen Fahrzeuge und Maschinen zugelassen waren. Ansonsten war eine Tabelle auszufüllen in der neben Angaben zum Fahrzeug insbesondere die im jeweiligen Jahr gefahrenen km, der Durchschnittsverbrauch in l/100 km und der tatsächliche Verbrauch abgefragt und der Gesamtverbrauch aller nichtlandwirtschaftlichen Fahrzeuge und Maschinen zu berechnen war.
53
Die geforderten Angaben dienen im Wesentlichen der Berechnung des begünstigten Verbrauchs nach dem Schema des Vordrucks und stellen insofern eine zulässige Ausformung des Verweises auf den amtlich vorgeschriebenen Vordruck in § 103 Abs. 2 Satz 1 EnergieStV dar. Denn der von der Finanzverwaltung entworfene Vordruck dient der Verwaltungsvereinfachung. Mit ihm soll der Entlastungsberechtigte zur Abgabe eines vollständigen Antrags veranlasst werden, der sämtliche Angaben und Erklärungen enthält, die zur Überprüfung der Entlastungsberechtigung und zur Gewährung der Steuerentlastung erforderlich sind. Damit wird den Interessen der Finanzverwaltung und des Entlastungsberechtigten an einer zügigen und abschließenden Entscheidung Rechnung getragen (vgl. BFH-Urteil vom 1. Juli 2008 - VII R 37/07, BFH/NV 2008, 2062, Rn. 12 zur Vorgängervorschrift des § 47 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung).
54
Eine Auslegung der Anforderungen dahingehend, dass nicht nur Angaben zu auf den Entlastungsberechtigten zugelassenen Fahrzeugen und deren Verbrauch zur Plausibilitätskontrolle zu machen wären, sondern der sich unter Ziff. 3 angegebene Verbrauch von fremden Nutzern nachgewiesen werden müsste oder sogar automatisch als Abzugsposten in das Berechnungsschema unter Ziff. 4.5. übernommen werden müsste, verbietet sich aber. Denn dann würde ein Verbrauch Dritter die Menge des an sich begünstigt verwendeten Gasöls reduzieren. Dies widerspricht dem Grundsatz, dass Energieerzeugnisse nach ihrer tatsächlichen Verwendung besteuert werden (vgl. zu EuGH-Urteil Petrotel-Lukoil vom 7. November 2019 - C-68/18, ECLI:EU:C:2019:933, Rn. 53, m.w.N.).
55
ccc) Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Verbräuche der von den Kindern genutzten Fahrzeuge bei der Berechnung des begünstigten Gesamtverbrauchs nicht zu berücksichtigen, da diese zur Überzeugung des Gerichts nicht mit dem vom Kläger bezogenen Gasöl an der Hoftankstelle betankt wurden.
56
Dies haben sowohl der Kläger als auch die Nutzer schriftlich und eigenhändig unterschrieben versichert. Anhaltspunkte, dass diese Angaben nicht zutreffen, sind nicht ersichtlich. Für eine Betankung an öffentlichen Tankstellen spricht auch, dass die beiden Kinder M. und M. B. im Streitzeitraum nicht in unmittelbarer Nähe zum Betrieb des Klägers wohnten.
57
Zudem hat die Zeugenvernehmung der Tochter F zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass mit dieser eine Vereinbarung dahingehend bestand, dass sie die Betriebskosten des von ihr genutzten Fahrzeugs durch Übernahme der Versicherungsbeiträge und insbesondere durch die Betankung des Pkw an öffentlichen Tankstellen selber tragen musste und dieses auch so umgesetzt wurde.
58
Bei der Beurteilung, ob Gasöl aus der Hoftankstelle für nicht begünstigte Zwecke verbraucht wurde, kann zudem berücksichtigt werden, ob der angegebene begünstigte Verbrauch dem Durchschnittsverbrauch in Bezug auf die Bodenbewirtschaftung bzw. Tierhaltung entspricht (vgl. Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 8. März 2018 - 4 K 1048/14, juris, Rn. 32 zum Ansatz des Durchschnittsverbrauchs als Schätzungsgrundlage).
59
Im vorliegenden Fall ist ein begünstigter Gasölverbrauch von 8.700 l bei einem Betrieb wie dem des Klägers nach der Einschätzung des HZA und des Gerichts plausibel. Besondere Indizien für missbräuchliche Angaben bestehen somit nicht.
60
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht damit zur Überzeugung des Senats fest, dass die von den Kindern des Klägers genutzten Pkw auch nicht teilweise mit Dieselkraftstoffen betankt wurden, die vom Kläger bezogen wurden. Ein Zusammenhang mit dessen Betrieb und dem vom Kläger für begünstigte Zwecke bezogenen Gasöl liegt nicht vor, so dass es keiner Aufteilung und entsprechender Nachweise nach § 103 Abs. 4 EnergieStV bedarf.
61
dd) Die für das von der Ehefrau des Klägers genutzte Fahrzeug (Skoda Fabia V) an öffentlichen Tankstellen bezogenen Kraftstoffe können wegen fehlender Nachweise nicht beim Gesamtbezug berücksichtigt werden. Der Verbrauch i.H.v. 1.118,54 l ist aber als nicht begünstigt vom Gesamtbezug abzuziehen.
62
aaa) Zwar hat der Kläger vorgetragen, dass auch seine Ehefrau den von ihr genutzten Pkw ausschließlich an öffentlichen Tankstellen und nicht an seiner Hoftankstelle betankt habe. Das Gericht folgt diesem Vortrag jedoch nicht.
63
Zum einen weicht die Darstellung zum Tankverhalten der Ehefrau von dem ursprünglichen schriftlichen Vortrag in der Einspruchsbegründung vom 21. Januar 2020 und der Klagebegründung vom 15. Juli 2020 ab. So wurde nach diesen ursprünglichen Angaben der VW Tiguan (Z), der an der Hoftankstelle betankt wurde, von der Ehefrau des Klägers genutzt. Alle weiteren Angaben zur Möglichkeit der Betankung beim Kläger sowie dem Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb wurden ausdrücklich nur in Bezug auf die Kinder des Klägers getroffen. Erst auf Nachfrage des Gerichts nach der Nutzerin des Skoda Fabia V erfolgte eine Aufstellung des Klägers vom 5. August 2022, wonach das von der Ehefrau genutzte Fahrzeug (nunmehr V) nicht am Hof aufgetankt worden sei. Während diese und andere Angaben des Klägers von ihm und seinen Kindern unterschrieben wurden, unterschrieb für die Ehefrau nicht sie, sondern der Kläger.
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Insofern liegen widersprüchliche Angaben vor, die nicht als Beleg dafür dienen können, dass das von der Ehefrau des Klägers tatsächlich genutzte Fahrzeug nicht zumindest gelegentlich an der Hoftankstelle getankt worden ist. Da die Ehefrau von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat und auch die schriftlichen Angaben des Klägers nicht durch Unterschrift bestätigt hat, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das auf den Kläger zugelassene Fahrzeug Skoda Fabia V - selbst wenn man von einer Nutzung durch seine Ehefrau ausgeht - gar nicht an der Hoftankstelle betankt wurde.
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bbb) Wird ein nichtlandwirtschaftliches Fahrzeug (wie der von der Ehefrau des Klägers genutzte Pkw) zumindest auch an einer Hoftankstelle betankt, kann der für das Fahrzeug im Entlastungszeitraum an anderen (öffentlichen) Tankstellen bezogene Dieselkraftstoff wegen der in diesem Fall notwendigen Abgrenzung zwischen der begünstigten und der nicht begünstigten Verwendung nur dann in den Gesamtbezug einfließen, wenn entsprechende Nachweise i.S.v. § 103 Abs. 4 EnergieStV (z.B. Tankbelege von öffentlichen Tankstellen) vorgelegt werden. Daran fehlt es im Streitfall.
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Dem steht nicht entgegen, dass der Entlastungsberechtigte damit für Vorgänge (Gasölbezüge) nachweispflichtig wird, die u.U. durch Dritte verwirklicht werden. Denn sobald eine Betankung mit Gasöl erfolgt, das auch zur Verwendung für begünstigte Zwecke bezogen wurde, ist für den Antragsberechtigten sowohl erkennbar, dass eine Aufteilung des insgesamt bezogenen Gasöls je nach Verwendungszweck zu erfolgen hat, als auch, dass entsprechende Nachweise vorzuhalten sind.
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So enthält § 103 Abs. 6 EnergieStV, der Arbeiten Dritter im Betrieb des Antragstellers betrifft, dahingehend eine Klarstellung, dass hinsichtlich des Dritten auf die Ausführung mit „selbst bezogenem“ Gasöl abzustellen ist. Eine solche Betonung, dass nur das vom Antragsteller „selbst bezogene“ Gasöl nachzuweisen wäre, ist im Hinblick auf den Begünstigten in § 103 Abs. 4 EnergieStV dagegen nicht enthalten.
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Dem Begünstigten die Nachweislast für diese Vorgänge aufzuerlegen, ist auch deswegen gerechtfertigt, weil nur dieser aufgrund der Beweisnähe entsprechende Nachweise vorhalten kann (vgl. Seer in Tipke/Kruse AO/FGO, § 96 FGO Rn. 87, m.w.N.). So hat der BFH in anderem Zusammenhang berücksichtigt, ob ein Vergütungsberechtigter in der Lage ist, die Anmeldung und Entrichtung der Steuer durch den Steuerschuldner selbst nachzuweisen (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 2016 - VII R 7/16, BFHE 255, 360, Rn. 10).
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ccc) Dass es der Vorlage solcher Belege aus Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht bedurfte, ergibt sich auch nicht aus einer etwaigen Verwaltungspraxis.
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Verwaltungsvorschriften sind zwar keine die Gerichte bindenden Rechtsnormen. Soweit sie jedoch eine ausreichende Rechtsgrundlage haben, der Gesetzeslage nicht widersprechen und Ermessenserwägungen der Finanzbehörden festschreiben, können sie die Finanzverwaltung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) binden (sog. Selbstbindung der Verwaltung) und einen auch von den Finanzgerichten zu beachtenden Rechtsanspruch der Steuerpflichtigen begründen, nach Maßgabe der Ermessensrichtlinie behandelt zu werden (BFH-Urteil vom 9. September 2020 - III R 37/19, BFH/NV 2021, 449, Rn. 22; vgl. auch BFH-Urteil vom 16. Januar 2020 - VI R 49/17, BFH/NV 2020, 762, Rn. 19, jeweils m.w.N.). Allerdings ist für die Auslegung allgemeiner ermessensleitender Verwaltungsanweisungen nicht maßgeblich, wie das Finanzgericht sie versteht, sondern wie die Verwaltung sie verstanden hat und verstanden wissen wollte. Die Finanzgerichte dürfen daher derartige Verwaltungsanweisungen nicht selbst auslegen, sondern nur darauf überprüfen, ob die Auslegung durch die Behörde möglich ist. Im Übrigen können die Steuergerichte nur unterbinden, dass die Finanzverwaltung in Einzelfällen ohne zwingende Sachgründe, also willkürlich, von einer solchen Verwaltungsanweisung abweicht (BFH-Urteil vom 16. Januar 2020 - VI R 49/17, BFH/NV 2020, 762, Rn. 22, m.w.N.).
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Unabhängig davon, dass das HZA glaubhaft belegt hat, dass eine solche Praxis im Streitjahr nicht mehr bestand und bei einer Änderung der Verwaltungspraxis nur unter bestimmten Umständen Vertrauensschutz zu gewähren ist (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Juni 2014 - VII B 162/13, BFH/NV 2014, 1775, Rn. 8), hat es auch dargelegt, dass die Voraussetzungen des Verzichts auf Tankbelege nach dieser - aufgegebenen - Praxis im vorliegenden Fall nicht gegeben waren, da der Kläger in seinem Antrag zunächst nur einen der auf ihn zugelassenen Pkw benannt hat. An diese Auslegung ist das Finanzgericht nach den o.g. Grundsätzen gebunden.
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4. Damit ergibt sich folgende Berechnung für das Streitjahr:

Restbestand am 31.12.2017

380,00 l

Bezogenes Gasöl

16.567,94 l

Verbrauch in nichtlandwirtschaftlichen Fahrzeugen

- 2.368,82 l

Verbrauch aufgrund Arbeiten für Dritte

- 4.928,77 l

Restbestand am 31.12.2018

- 520,00 l

begünstigter Gesamtverbrauch

9.130,35 l

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Bei Anwendung des § 57 Abs. 5 EnergieStG ergibt dies einen Anspruch auf Steuerentlastung für 2018 in Höhe von 1.961,20 €.
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5. Der Kläger ist nach § 57 Abs. 8 Nr. 1 Satz 1 EnergieStG Entlastungsberechtigter für das im Rahmen seiner Landwirtschaft für den Betrieb seiner fünf Schlepper, einem Mähdrescher, zwei Häcksler und einem Ackerschlepper - Fahrzeuge i.S.d. § 57 Abs. 1 EnergieStG - verwendete Gasöl.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1, § 137 Satz 1 FGO. Der Kläger hat erst in der mündlichen Verhandlung vorgetragen und belegt, dass er zusätzliche 1.548 l Gasöl bezogen hat. Der Berücksichtigung dieses Gasölbezugs ist das HZA nicht entgegengetreten. Dem Senat erscheint es insofern ermessensgerecht, nach § 137 Satz 1 FGO die hierauf entfallenden Kosten bei der Ermittlung der Kostenquote nach § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen.
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7. Die Revision wird zugelassen. Die im Streitfall entscheidungserheblichen Rechtsfragen betreffend die Nachweispflichten des Entlastungsberechtigten nach § 57 EnergieStG i.V.m. § 103 EnergieStV sind von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).