Inhalt

AG Starnberg, Endbeschluss v. 22.03.2022 – 001 F 165/19
Titel:

Zugewinnausgleich: Leistungsverweigerungsrecht des Ausgleichsschuldners bei schwerem Fehlverhalten des Ausgleichsgläubigers im persönlichen Bereich - hier sexueller Missbrauch einer gemeinsamen Tochter ab ihrem achten Geburtstag über einen Zeitraum vom 2,5 Jahren

Normenkette:
BGB § 1381 Abs. 1, Abs. 2
Leitsätze:
1. Auch Fehlverhalten des Ausgleichsgläubigers im persönlichen Bereich, das sich gegen Dritte richtet und den Ehepartner berührt, und sich wirtschaftlich nicht ausgewirkt hat, kann ein Leistungsverweigerungsrecht des Ausgleichsschuldners nach § 1381 BGB begründen. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der sexuelle Missbrauch einer gemeinsamen 8-jährigen Tochter durch einen ausgleichsberechtigten Ehemann über einen Zeitraum von 2,5 Jahre kann als exzessiv ehezerstörendes Verhalten ein Leistungsverweigerungsrecht der ausgleichsverpflichteten Ehefrau nach § 1381 BGB begründen. (Rn. 40 – 41) (redaktioneller Leitsatz)
3. Im Rahmen einer Billigkeitsabwägung, bei der alle in Betracht kommenden Umstände des Falles und die Verhältnisse der Ehegatten zu berücksichtigen sind, kann der Umstand, dass die Versorgung des Ausgleichsgläubigers auch ohne Zugewinn gesichert ist, gegen eine Durchführung des Zugewinnausgleichs sprechen. (Rn. 42, 72) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zugewinnausgleich, Leistungsverweigerungsrecht, schweres Fehlverhalten, im persönlichen Bereich, ohne wirtschaftliche Auswirkung, sexueller Missbrauch, gemeinsame Tochter, exzessiv ehezerstörendes Verhalten, Billigkeitsabwägung, gesicherte Versorgung
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 30.08.2022 – 2 UF 425/22 e
Fundstelle:
BeckRS 2022, 40543

Tenor

1. Der Antrag wird zurückgewiesen:
2. Der Verfahrenswert wird auf 211.205,81 € festgesetzt.
3. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

I.
1
Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Zahlung von Zugewinnausgleich in Anspruch.
2
Die Beteiligten haben am ….05.1994 die Ehe geschlossen, die lückenlos im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft geführt wurde.
3
Der Scheidungsantrag wurde dem Antragsteller am 08.12.2016 zugestellt.
4
Die Ehe der Beteiligten wurde am 07.11.2017 rechtskräftig geschieden.
5
Der Antragsteller stellte mit Schriftsatz vom 27.02.2019, zugestellt am 25.04.2019, Stufenantrag auf Zugewinnausgleich.
6
Der Antragsteller war gemäß Urteil des Landgerichts München II, Az: 1 JKLs 21 Js 42957/15 (Bl. 34 d.A.) am 28.06.2017 wegen mehrjährigen sexuellen Missbrauchs der gemeinsamen Tochter S… zu einer Haftstrafe von 9 Jahren verurteilt worden, die er derzeit verbüßt.
7
Bezüglich der Höhe des Zugewinns haben die Beteiligten in den Schriftsätzen vom 22.03.2021 und vom 05.05.2021 unterschiedliche Berechnungen angestellt, die sich im Wesentlichen in Bezug auf die Wertentwicklung der Immobilie der Antragsgegnerin am K… 10 in W… unterscheiden. Diesbzgl. Wurde daher ein Sachverständigengutachten des Sachverständigenbüros Dr. S… vom 30.12.2021 erholt.
8
Der Antragsteller trägt vor, ein Zugewinnausgleichsanspruch stehe ihm durchaus zu, die Geltendmachung sei nicht rechtsmissbräuchlich. Er habe den Nachlass seiner 2003 verstorbenen Mutter i.H.v. 160.000,- € in das gemeinsame Familienheim gesteckt, das 2019 für 900.000,- € veräußert worden sei. Der Erlös sei zwischen den Beteiligten hälftig aufgeteilt worden. Auch habe er fortlaufend sämtliche wirtschaftlichen Verpflichtungen gegenüber der Familie erfüllt, zahle insbesondere weiterhin den Unterhalt für die Tochter. § 1381 BGB dürfe nicht zu einer Sanktionsnorm umfunktioniert werden. Die Sanktion des strafbaren Verhaltens sei durch das Strafurteil bereits abschließend erfolgt. Eine nochmalige Bestrafung durch Versagung des Zugewinnausgleichs sei nicht mit dem Gesetz vereinbar. Auch profitiere die Antragsgegnerin über den Versorgungsausgleich von ihm.
9
Die Tochter entwickle sich gut, die Drogensucht des Sohnes habe nichts mit den Taten des Antragstellers zu tun.
10
Der Antragsteller beantragt mit Schriftsatz vom 22.03.2021,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, an den Antragsteller Zugewinnausgleich in Höhe von 211.205,81 € zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit 25.04.2019.
11
Die Antragsgegnerin beantragt,
Antragsrückweisung.
12
Sie wendet ein, ein Zugewinnausgleich wäre grob unbillig. Die Missbrauchstaten des Antragstellers seien an Grausamkeit kaum zu überbieten und hätten über einen langen Zeitraum stattgefunden.
13
Die Tochter leide sehr an den Folgen der Vergewaltigung durch ihren Vater. So habe sie Panikattacken erlitten und sei einmal ins Krankenhaus eingewiesen worden. Die psychischen Folgen werden belegt durch ein Schreiben der Analytischen Kindertherapeutin N…-K… vom 17.06.2016, der ärztlichen Bescheinigung Dr. P… vom 21.12.2016, des ärztlichen Entlassungsberichtes der DRV vom 25.09.2017 und des ärztlichen Gutachtens vom 19.02.2018 (Anlagen zum Schriftsatz 27.06.2019)
14
Der Sohn S… leide an schweren Depressionen und sei abhängig (s. Entalssbericht vom 28.09.2017, Anlage zum Schriftsatz 27.06.2019).
15
Auch die Antragsgegnerin selbst sei in Therapie, um das Geschehene verarbeiten zu können und habe sich stationär in Behandlung begeben müssen (s. Entlassbericht vom 26.09.2017, Anlage zum Schriftsatz 27.06.2019). Die Familie lebe in einem kleinen Dorf und sei auf Grund der Presseberichte dem Gerede ausgesetzt.
16
Das Fehlverhalten des Antragstellers habe bereits 2004 mit dem Missbrauch der Nichte M… E… der Antragsgegnerin begonnen. Die Antragsgegnerin war zu dieser Zeit schwanger mit der Tochter S…, die später vom Antragsteller missbraucht wurde. Laut Anklageschrift des Strafverfahrens hat er mindestens 30 Missbrauchsfälle gegen die Nichte der Antragsgegnerin verübt. Hätte die Antragsgegnerin dies damals erfahren, wäre die Ehe bereits 2004 beendet gewesen. Es handle sich um besonders schwere Straftaten, die zu 9 Jahren Haft geführt haben.
17
Soweit der Antragsteller vorträgt, eine Erbschaft in das Familienheim eingebracht zu haben, treffe dies nicht zu. Zum Zeitpunkt der Erbschaft sei nur noch eine geringe Restschuld übrig gewesen. Zudem stünden der Einzahlung des Antragstellers weit höhere Schenkungen der Eltern der Antragsgegnerin sowie die Teilauszahlung ihrer Lebensversicherung entgegen.
18
Durch das Verhalten des Antragstellers seien der Antragsgegnerin Fahrtkosten zu den Kliniken, zur Familienberatungsstelle, zu Gerichtsterminen und zur Therapeutin entstanden, sowie erheblicher Zeitaufwand.
19
Auch sei es zu finanziellen Einbußen gekommen, da der Antragsteller auf Grund der Inhaftierung nur noch den Mindestunterhalt für die Tochter i.H.v. 126,50 € zahle, für den in Ausbildung befindlichen Sohn seit Juni 2019 gar nicht mehr. Da der Sohn nunmehr studiere und auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei, habe die Antragsgegnerin für ihn alleine 11.715,77 € aufgebracht.
20
Das Gericht hat am 15.10.2019 und am 20.07.2021 mündlich verhandelt und Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 24.08.2021. Insoweit wird auf die Sitzungsprotokolle und den Beweisbeschluss Bezug genommen. Bezüglich des weiteren Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere das Strafurteil 1 JKLs 21 Js 42957/15 (Bl. 34 d.A.), verwiesen.
II.
21
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
22
Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Starnberg gemäß § 262 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit §§ 12, 13 ZPO örtlich zuständig.
23
Der Antrag ist unbegründet. Zwar ist grundsätzlich ein Zugewinnausgleichsanspruch des Antragstellers entstanden. Diesem steht jedoch die Einrede des § 1381 BGB in vollem Umfang entgegen.
I.
24
Grundsätzlich ist ein Zugewinnausgleichsanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin in Höhe von 223.790,12 Euro gemäß § 1378 BGB entstanden.
25
Bezüglich der streitigen Positionen sind folgende Werte einzusetzen:
a) Bausparkasse W… in den Aktiva Endvermögen Antragsteller: 1.811,47 €
26
Der Bausparvertrag wurde von Antragstellerseite mit 1.811,47 € eingestellt, von Antragsgegnerseite mit 1.300,- €. Da dieser Betrag jeweils beiden Beteiligten zusteht, ist er bei beiden Beteiligten gleichermaßen anzusetzen, so dass es auf die Höhe nicht ankommt.
b) Fahrzeuge des Antragstellers im Endvermögen:
27
Diesbzgl. sind von den Beteiligten leicht abweichende Beträge angesetzt worden. Der Wert der Fahrzeuge wird vom Gericht auf Grund Internetrecherche auf folgende Beträge geschätzt, die im Mittel auf vergleichbare Fahrzeuge entfallen:

aa)

PKW Nissan …

3.000,00 Euro

bb)

MAN Landwirtschaftliche Zugmaschine …

2.000,00 Euro

cc)

Motorrad BMW K 1200 RS

2.000,00 Euro

dd)

Anhänger Typ Heinemann

300,00 Euro

c) Schmerzensgeldforderung Tochter in den Passiva Endvermögen Antragsteller: 50.000,- €
28
Diese Forderung ist unstreitig entstanden. Inwieweit es unbillig ist, sie zu berücksichtigen, ist bei der Einrede des § 1381 BGB zu prüfen.
d) Wertvolles Werkzeug und Maschinen:
29
Diesbezüglich ist von Antragsgegnerseite nicht substantiiert vorgetragen. Die Antragstellerseite gibt an, dass nichts mehr von Wert vorhanden sei. Ein bestimmter Wert von Fahrzeugen und Maschinen im Endvermögen ist nicht nachgewiesen, so dass diese außer Betracht bleiben.
e) Immobilie der Antragsgegnerin am K… 10 in W…:
30
Nachdem der Wert der von der Antragsgegnerin in der Ehezeit ererbten Immobilie sowohl im priviligierten Anfangsvermögen als auch im Endvermögen umstritten war, wurde diesbezüglich Beweis erhoben durch Sachverständigengutachten des Gutachters Dr. 30.12.2021.
31
Da Grundstücke im Landkreis S… stark an Wert gewonnen haben, war der auf der Immobilie lastende Nießbrauchswert zu den beiden Stichtagen ebenfalls festzustellen und zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 6.5.2015 - XII ZB 306/14 in NJW 2015, 2334, beck-online).
32
Auf Grund des in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachtens, gegen das von keiner Seite Einwendungen erhoben wurden, geht das Gericht von einem Wert der Immobilie nach Abzug des Nießbrauchswertes von 90.000,- € zum Zeitpunkt des Erwerbes am 23.11.2007 und von 410.000,- € zum Zeitpunkt des Endes der Ehezeit am 08.12.2016 aus.
33
Da die Immobilie zudem gemäß Überlassungsvertrag mit einem Rückforderungsrecht für den Fall der Veräußerung oder Belastung ohne Zustimmung der Eltern belastet ist, mindert dies den Wert der Immobilie auf einen Betrag von 50.000,- € zum Zeitpunkt 23.11.2007 und auf 315.000,- € am 08.12.2016. Diese Werte sind für die Zugewinnberechnung maßgeblich.
34
Demnach ergibt sich folgende Berechnung des Zugewinnausgleichs:
A. Zugewinn von (§ 1373 BGB)
I. Endvermögen (§ 1375 Abs.1 BGB)

Aktiva

1. 1/2 Miteigentumsanteil H…str. 90, S…

450.000,00 Euro

2. 1/2 Anteil Bausparvertrag

1.811,47 Euro

3. Geldmarktkonto Sparkasse … Euro

9,01 Euro

4. Geldmarktkonto Santander …

62,02 Euro

5. Geschäftsanteile VR Bank

306,78 Euro

6. Girokonto VR Bank …

37.182,32 Euro

7. PKW Nissan …

3.000,00 Euro

8. MAN Landwirtschaftliche Zugmaschine …

2.000,00 Euro

9. Motorrad BMW K 1200 RS

2.000,00 Euro

10. Anhänger Typ Heinemann

300,00 Euro

Aktiva

496.671,60 Euro

Passiva

11. Darlehen Easy Credit

8.183,29 Euro

12. Schmerzensgeldforderung Tochter

50.000,00 Euro

Passiva

58.183,29 Euro

Saldo

Aktiva

496.671,60 Euro

Passiva

-58.183,29 Euro

Endvermögen von M… V…

438.488,31 Euro

II. Anfangsvermögen (§ 1374 Abs. 1 BGB)

Aktiva

13. Geschäftsanteile VR Bank

153,39 Euro

14. Allianz LV

26,36 Euro

Aktiva

179,75 Euro

Passiva

Passiva

0,00 Euro

Saldo

Aktiva

179,75 Euro

Passiva

0,00 Euro

Anfangsvermögen von M… V…

179,75 Euro

umgerechnet: * 101,2 / 73,8 Basis 2015

246,49 Euro

Zurechnung zum Anfangsvermögen (§ 1374 Abs.2 BGB)
15. Nachlass Mutter Berechnung des Nachlasswerts:
Datum der Zurechnung 17.12. 2003
Erbquote: 1

Aktiva

a) Nachlass Mutter

40.000,00 Euro

Aktiva

40.000,00 Euro

Passiva

Passiva

0,00 Euro

Saldo

Aktiva

40.000,00 Euro

Passiva

0,00 Euro

Nachlass Mutter

40.000,00 Euro

Erbteil

40.000,00 Euro

umgerechnet: * 101,2/84 Basis 2015

48.190,48 Euro

16. Nachlass Vater Berechnung des Nachlasswerts:
Datum der Zurechnung 29. 04. 2011
Erbquote: 1

Aktiva

a)120000

120.000,00 Euro

Aktiva

120.000,00 Euro

Passiva

Passiva

0,00 Euro

Saldo

Aktiva

120.000,00 Euro

Passiva

0,00 Euro

Nachlass Vater

120.000,00 Euro

Erbteil

120.000,00 Euro

umgerechnet: * 101,2 / 95,1 Basis 2015

127.697,16 Euro

176.134,12 Euro

III. Zusammenfassung:

Endvermögen von M… V…

438.488,31 Euro

abz. Anfangsvermögen von

-176.134,12 Euro

Zugewinn:

262.354,19 Euro

B. Zugewinn von B… S… (§ 1373 BGB)
I. Endvermögen (§ 1375 Abs. 1 BGB)

Aktiva

17. Girokonto KSK …

2.525,19 Euro

18. Sparkonto KSK …

3.500,00 Euro

19. Spareinlage

2.985,09 Euro

20. 1/2 Anteil Bausparvertrag

1.811,47 Euro

21. 1/2 Miteigentumsanteil H…str. 90, S…

450.000,00 Euro

22. VW Golf

5.000,00 Euro

23. ETW Am K… 10 W…

315.000,00 Euro

Aktiva

780.821,75 Euro

Passiva

Passiva

0,00 Euro

Saldo

Aktiva

780.821,75 Euro

Passiva

0,00 Euro

Endvermögen von B… S…

780.821,75 Euro

II. Anfangsvermögen (§ 1374 Abs. 1 BGB)

Aktiva

24. Sparkonto VR

3.323,40 Euro

25. Girokonto

1.022,58 Euro

26. Bausparkasse

2.719,01 Euro

27. WWK

3.901,05 Euro

Aktiva

10.966,04 Euro

Passiva

Passiva

0,00 Euro

Saldo

Aktiva

10.966,04 Euro

Passiva

0,00 Euro

Anfangsvermögen von B… S…

10.966,04 Euro

umgerechnet: * 101,2 / 73,8 Basis 2015

15.037,44 Euro

Zurechnung zum Anfangsvermögen (§ 1374 Abs.2 BGB)
28. vorweggenommene Erbfolge K… 10 Berechnung des Nachlasswerts
Datum der Zurechnung 23. II. 2007
Erbquote:

Aktiva

a) 50000

50.000,00 Euro

Aktiva

50.000,00 Euro

Passiva

Passiva

0,00 Euro

Saldo

Aktiva

50.000,00 Euro

Passiva

0,00 Euro

vorweggenommene Erbfolge K… 10

50.000,00 Euro

Erbteil

50.000,00 Euro

umgerechnet: * 101,2 / 90,6 Basis 2015

55.849,89 Euro

70.887,33 Euro

III. Zusammenfassung:

Endvermögen von B… S…

780.821,75 Euro

abz. Anfangsvermögen von B… S…

-70.887,33 Euro

Zugewinn:

709.934,42 Euro

C. Ausgleichsanspruch (§ 1378 BGB)

Zugewinn von M… V…

262.354,19 Euro

Zugewinn von B… S…

-709.934,42 Euro

Differenz

-447.580,23 Euro

Ausgleichsanspruch von M… V…

223.790,12 Euro

35
2. Dem Ausgleichsanspruch steht in vollem Umfang die Einrede des § 1381 BGB entgegen. Der Schuldner kann die Erfüllung der Ausgleichsforderung demnach verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre.
36
Dies ist der Fall, wenn der Zugewinnausgleich in der vom Gesetz grundsätzlich vorgesehenen Weise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde (Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung, 1. Kapitel. Zugewinnausgleich Rn. 844, beck-online).
37
Umstritten ist, ob §1381 I BGB auch dann greift, wenn das grob unbillige Verhalten des Ausgleichsberechtigten keine wirtschaftliche Auswirkung hatte.
38
Aus § 1381 Absatz 2 BGB kann jedoch nicht gefolgert werden, dass nur solche groben Unbilligkeiten zu berücksichtigen seien, die wirtschaftliche Auswirkungen zeitigen. Vielmehr folgt aus der weiten und insoweit nicht eingeschränkten Fassung des Absatzes 1 und der Formulierung des Absatzes 2 („… insbesondere …“) dass dem Ausgleichsschuldner auch dann ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht zustehen kann, wenn sein Verhalten keine oder nur mittelbare wirtschaftliche Auswirkungen hatte. § 1381 BGB greift „insbesondere“ bei wirtschaftlicher Auswirkung, dies bedeutet eben auch in anderen Fällen. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat stets betont, dass eine Kürzung oder gar ein Ausschluss des Zugewinnausgleichs nach § 1381 Abs. 1 BGB auch dann denkbar ist, wenn wirtschaftliche Auswirkungen nicht festzustellen sind. Allerdings unterliege die Annahme einer groben Unbilligkeit in solchen Fällen noch strengeren Anforderungen und komme daher nur ganz ausnahmsweise in Betracht (MAH FamR, § 19 Zugewinnausgleich Rn. 416-418, beck-online).
39
Die grobe Unbilligkeit setzt auch nicht grundsätzlich voraus, dass sich das Fehlverhalten gegen den Ehepartner direkt gerichtet hat. Auch Fehlverhalten, gegen Dritte, das den Ehepartner berührt, kann daher zu einer derartigen Unbilligkeit führen.
40
Daher kann nach der Rechtsprechung beispielsweise die Vergewaltigung von mehreren Frauen während der Ehezeit mit der Folge langjähriger Inhaftierung den vollständigen Ausschluss des Zugewinnausgleichs gemäß § 1381 BGB rechtfertigen. Die Vergewaltigung der im gemeinsamen Haushalt der Ehegatten lebenden Tochter der Ehefrau stellt eine schwere persönliche Verfehlung dar, die die teilweise oder auch vollständige Kürzung des Zugewinnausgleichsanspruches des Ehemannes rechtfertigt (MAH FamR, § 19 Zugewinnausgleich Rn. 425, 426, beck-online mit Verweis auf OLG Hamburg Urt. v. 29.4.2011 - 12 UF 32/10, FamRZ 2012, 550 und OLG Zweibrücken Beschl. v. 31.8.2018 - 2 UF 81/18, FamRZ 2019, 518 (519)).
41
Da § 1381 BGB jedoch nicht zur Scheidungsstrafe umfunktioniert werden darf, ist die Vorschrift grundsätzlich allenfalls bei exzessiv ehezerstörendem Verhalten über einen längeren Zeitraum anzuwenden (Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung, 1. Kapitel. Zugewinnausgleich Rn. 845, beck-online).
42
Es hat eine Billigkeitsabwägung zu erfolgen, bei der alle in Betracht kommenden Umstände des Falles und die Verhältnisse der Ehegatten zu berücksichtigen sind (MAH FamR, § 19 Zugewinnausgleich Rn. 416, beck-online).
43
Daher sind folgende Umstände in die Abwägung einzubeziehen:
a) Dauer der Ehe:
44
Die Ehezeit dauerte von …05.1994 bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages am 08.12.2016, mithin 22 Jahre.
b) Das übrige Verhalten des Ausgleichsberechtigten während der Ehe:
45
Bezüglich des übrigen Verhaltens des Ausgleichsberechtigten in der Ehezeit ist nicht nachgewiesen, dass er sich wirtschaftliche Verfehlungen zu Ungunsten der Familie hätte zu Lasten kommen lassen.
c) Die Schwere der Verfehlung:
46
Aus dem landgerichtlichen Urteil des LG München I 11 KLS 21 Js 42957/15 geht hervor, dass der Berechtigte am 28.06.2017 wegen 20 Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Vergewaltigung, sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit 2 Fällen der sexuellen Nötigung jeweils in Tateinheit mit versuchtem schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, sexuellem Missbrauch von Kindern, sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit 80 Fällen des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung rechtskräftig zu 9 Jahren Haft verurteilt wurde.
47
Laut Tatbestand des Strafurteils nutzte der Antragsteller das Vertrauensverhältnis zu seiner nur 8 Jahre alten Tochter zu sexuellen Handlungen, die seiner sexuellen Erregung dienten. Die Tochter empfand dabei Ekel und Widerwillen.
48
Ab Sommer 2012 ließ es der Antragsteller nicht zu, dass die 8-jährige Tochter alleine duschen ging. An jedem 2. Bis 3. Tag verübte er im Bad sexuelle Handlungen am Kind, zwang sie zum Zungenkuss und berührte sie an den Genitalien. Das Kind musste ihn durch Bewegung der Hände befriedigen, in dem sie seinen erigierten Penis durch Bewegung stimulierte oder seine Hoden berührte, während der Angeklagte sich selbst befriedigte. Es kam zu mindestens 80 sexuellen Übergriffen in der Dusche. Auch drang der Antragsteller in mindestens 20 Fällen mit seinem Finger in die Vagina des Kindes ein und versuchte mit dem erigierten Penis in ihre Vagina einzudringen. Lediglich auf Grund des anatomischen Zustandes des Kindes kam es nicht zur Penetration.
49
In mindestens 20 Fällen veranlasste der Antragsteller seine Tochter den erigierten Penis in den Mund zu nehmen und den Oralverkehr zu vollziehen. Jede dieser Handlungen führte zum Samenerguss, der regelmäßig den Oberkörper des Kindes berührte, einmal auch den Mund.
50
Ab dem 9. Lebensjahr seiner Tochter führte er die sexuellen Handlungen in ihrem Kinderbett durch.
51
Die vom Antragsteller vorgenommenen Taten sind damit von extremer Grausamkeit geprägt.
d) Die Dauer des pflichtwidrigen Verhaltens:
52
Die Straftaten des Antragstellers erfolgten vom 8. Geburtstag des Kindes am 20.07.2012 bis zur Trennung der Eheleute Ende 2014, somit über einen Zeitraum von 2, 5 Jahren und in der Regel jeden 2. oder 3. Tag.
53
Es handelt sich somit um einen extrem langen Zeitraum und eine extreme Vielzahl/Häufigkeit von Taten.
e) Folgen der Verfehlung für die Familie:
aa) Folgen für die Tochter S….:
54
Die analytische Kinder- und Jugendpsychotherapeutin N…-K… bestätigt am 17.06.2016 (Anlage zum Schriftsatz 27.06.2019), dass sich S… seit 11.02.2016 auf Grund des jahrelangen Missbrauchs durch den Vater in einer analytischen kinderpsychotherapeutischen Behandlung befindet, die 1 x pro Woche stattfindet. S… brauche viel Zeit, um sich mit der komplexen Problematik auseinanderzusetzen, dass sie einerseits ihren Vater liebt und vermisst und andrerseits schmerzhaft realisiert, dass er seine Vaterrolle missbraucht hat, um seine eigenen Bedürfnisse auf ihre Kosten zu befriedigen.
55
Im Befundbericht der Therapeutin N…-K… vom gleichen Tag wird als Diagnose eine psychosoziale Störung, ein Entwurzelungssyndrom und eine Identitätskrise, Diagnose nach ICD 10 Nr.F 68.8, festgestellt.
56
Die Ärztin Dr. P… diagnostiziert am 21.12.2016 eine reaktive Verhaltensstörung und eine fragliche Depression.
57
Durch das vorgelegte OEG-Gutachten vom 19.02.2018 (Anlage zum Schriftsatz 27.06.2019) ist Folgendes nachgewiesen:
58
S… ist durch den Missbrauch ihres Vaters und durch die Beeinträchtigungen vor und nach der Trennung der Eltern beeinträchtigt und in ihrer Entwicklung geprägt. Eine innere Distanzierung scheint ihr am ehesten durch eine Verdrängung des Vorgefallenen und seiner vielfältigen Bedeutung zu gelingen (S. 15 des Gutachtens). Im Ergebnis liegen bei S… seit Frühjahr 2013 bis zur Begutachtung 19.02.2018 eine posttraumatische Belasstungsstörung gemäß ICD 10 Nr. F 43.1 und eine somatoforme autonome Funktionsstörung gemäß ICD 10 Nr. F 45.3 vor, die ohne den sexuellen Missbrauch nicht eingetreten wäre. Das schädigende Ereignis ist mit Wahrscheinlichkeit für den Eintritt dieser beiden Gesundheitsstörungen als alleinige Ursache anzusehen (S. 23/24 des Gutachtens)
bb) Folgen für die Antragsgegnerin:
59
Die Antragsgegnerin war von 14.08.2017 bis 11.09.2017 in stationärer Behandlung in der F… Klinik M….
60
Dort wurde ihr die Reaktion auf schwere Belastung durch Missbrauchs der Tochter durch den leiblichen Vater, Diagnose nach ICD 10 Nr. F43.9, und einer Migräne ohne Aura, Diagnose nach ICD 10 Nr. G43.0, sowie Angst und depressive Störung, Diagnose nach ICD 10 Nr. F41.2, diagnostiziert (Entlassbericht der Deutschen Rentenversicherung Anlage zum Schriftsatz 27.06.2019).
cc) Folgen für den Sohn S…:
61
Auch der Sohn S… war von 14.08.2017 bis 11.09.2017 in stationärer Behandlung in der F… Klinik M….
62
Ihm wurde am 28.09.2017 eine psychische und Verhaltensstörung durch Cannabinoide schädlicher Gebrauch, Diagnose nach ICD 10 Nr. F 12.1, und eine Anpassungsstörung Diagnose nach ICD 10 Nr. F43.2, diagnostiziert (Entlassbericht der Deutschen Rentenversicherung vom28.09.2017, Anlage zum Schriftsatz 27.06.2019).
63
Die biographische Anamnese (S. 2 des Berichtes) ergibt Folgendes:
S… berichtet, er sei mit seiner Schwester Zeuge gewesen, wie der Vater die Mutter auf einer Reise geschlagen habe. Als besonders belastendes Lebensereignis beschreibt der Patient den sexuellen Missbrauch seiner Schwester durch ihren gemeinsamen Vater. Vor etwa 2 Jahren habe er Suizidgedanken und schwere Depressionen gehabt. Auf Grund der Inhaftierung des Vaters sei er jetzt zudem das einzig männliche Familienmitglied im näheren Familienkreis, was ihn belaste.
64
Der fachspezifische Befund (S. 6 des Berichtes) lautet:
Auf Grund des sexuellen Missbrauchs der Schwester durch den gemeinsamen Vater und den sich daraus ergebenden Konsequenzen entwickelte der nach außen äußerst ruhig wirkende und z seinen Emotionen wenig Zugang zu habende Patient eine depressive Symptomatik, die aktuell nicht vorhanden zu sein scheint. Stattdessen reagiert er mit der Einnahme von THC und dem Fernbleiben von der Schule im Rahmen einer derzeitigen Anpassungsstörung. Langfristig und ohne therapeutische Maßnahmen zur Reflektion seiner Gefühle bzgl. des neuen Familiensystems kann ein erneutes Schulfernbleiben sowie der stärkere Konsum von THC durch den Patienten nicht ausgeschlossen werden.
f) Den Zugewinn erhöhende Belastung iHv 50,000.- € Schmerzensgeld für die Tochter:
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Die Schmerzensgeldforderung, die den Zugewinn des Antragstellers mindert, hat er durch die Missbrauchshandlungen selbst verschuldet. Es wäre unbillig, wenn die Antragsgegnerin über einen Zugewinnausgleichsanspruch die Schmerzensgeldforderung der Tochter zur Hälfte mittragen würde.
g) Die Art des Zugewinns:
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Aus der Zugewinnberechnung ergibt sich, dass der höhere Zugewinn der Antragsgegnerin sich zum einen daraus ergibt, dass der Zugewinn des Antragstellers durch die Schmerzensgeldforderung der Tochter iHv. 50.000,- € mindert und zum anderen im Endvermögen der Antragsgegnerin sich der Wertzuwachs der ererbten Immobilie K…- … 10 in W… stark erhöhend auswirkt.
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Zum Zugewinn durch Werterhöhung der ererbten Immobilie der Antragsgegnerin hat der Antragsteller nichts beigetragen.
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Soweit der Antragsteller vorträgt, er habe die von ihm ererbten 160.000,- € in die gemeinsame im Miteigentum zu 1/2 stehende Immobilie gesteckt, die für 900.000,- € verkauft worden sei und an der die Antragstellerin mit 450.000,- € beteiligt sei, so dass sie von seiner Erbschaft profitiere, trifft dies in dieser Zuspitzung nicht zu. Die 160.000,- € hat der Antragsteller im privilegierten Anfangsvermögen angesetzt, so dass die Antragsgegnerin an diesen nicht teilhat. Sie wurden bereits vollständig vom Zugewinn des Antragstellers abgezogen. Zudem hat der Antragsteller nicht nachgewiesen, dass er den gesamten Betrag in die gemeinsame Immobilie gesteckt hat. Die Antragsgegnerin hat des Weiteren vorgetragen, ebenfalls höhere Geldbeträge aus ihrem Vermögen in die Immobilie gesteckt zu haben, was jedoch ebenfalls nicht nachgewiesen ist.
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Dieser Aspekt bleibt daher außer Betracht.
h) Sicherung der Versorgung des Berechtigten auch ohne Zugewinnzahlung:
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Der Antragsteller verfügt über ein Endvermögen von 438.488,31 Euro, ohne Abzug der Schmerzensgeldforderung der Tochter 488.488,31 €.
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Zudem hat er Versorgungsanrechte erworben (s. Scheidungsverfahren).
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Seine Versorgung ist folglich auch ohne Zugewinnausgleich gesichert.
i) Wirtschaftliche Auswirkungen des Fehlverhaltens nach dem Stichtag:
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Der Antragsteller hat (auch) auf Grund der Inhaftierung für den in Ausbildung und Studium befindlichen Sohn keinen Unterhalt mehr bezahlt. Die Antragsgegnerin trägt vor, für den Sohn alleine 11.715,77 € aufgebracht zu haben.
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Die Antragsgegnerin hat durch diverse Rechnungen belegt, die ihr für Fahrtkosten in Kliniken, zu Therapien und Ärzten entstanden sind.
j) Soziale Folgen:
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Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, dass das Geschehen für die Familie zu einer sozialen Isolation führte. Da die Familie auf dem Land lebte und die Bevölkerung u.a. auf Grund der Presseberichte von dem Geschehen wusste, haben sie sich aus Scham zurückgezogen. Der Antragsteller bestreitet dies zwar. Die Schilderung der Antragsgegnerin ist jedoch in sich schlüssig und nachvollziehbar und nach allgemeiner Lebenserfahrung zutreffend.
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Die Gesamtabwägung der aufgeführten Gesichtspunkte zeigt, dass hier der Ausnahmefall eines exzessiv ehezerstörenden Verhaltens über einen langen Zeitraum gegeben ist. Der Ausgleich des Zugewinns wäre nach den Umständen des Falles grob unbillig und würde dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen.
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Das Verhalten war derart zerstörend, dass auch die Durchführung eines Bruchteils des Zugewinns dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde.
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Im einzelnen war folgende Abwägung zu treffen:
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Für einen zumindest teilweisen Zugewinnausgleich würden die relativ lange Ehedauer und die Tatsache, dass der Antragsteller sich in der Ehezeit keine wirtschaftlichen Verfehlungen zu Schulden hat kommen lassen, sprechen.
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Diesen Gesichtspunkten stehen jedoch Gründe gegenüber, die einen Zugewinnausgleich gänzlich unmöglich machen.
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Die Verfehlungen des Antragstellers gegen seine Tochter sind besonders grausam. Zudem handelt es sich um eine extreme Vielzahl von Taten.
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Die Taten wurden über einen für ein 8 jähriges Kind extrem langen Zeitraum von 2 1/2 Jahren verübt.
83
Der Antragsteller hat die Vertrauensstellung und die ihm entgegengebrachte Liebe als Vater missbraucht, gleichzeitig das eheliche Vertrauen.
84
Die Folgen der Tat sind für die Familie äußerst schwerwiegend und nach den ärztlichen Berichten aller Wahrscheinlichkeit nach dauerhaft.
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Der Antragsteller hat das Leben der Familienangehörigen zerstört. S… leidet wie dargestellt an einem posttraumatischen Belastungssyndrom, einer Identitätskrise, einem Entwurzelungssyndrom und hat eine psychosoziale Störung entwickelt.
86
Der Sohn S… hatte nach dem Vorfall Suizidgedanken und verfiel in Depressionen.
87
Er entwickelte eine psychische und Verhaltensstörung und eine Anpassungsstörung und kommt von der Suchterkrankung nicht mehr los.
88
Die Antragsgegnerin ist durch das Geschehene schwer belastet und musste sich laut Arztberichten wegen Depression und Angststörung in stationäre Behandlung begeben.
89
Der Antragsteller ist ohne den Zugewinnausgleich nicht vermögenslos gestellt. Vielmehr verfügt er über ein Endvermögen von 438.488,31 Euro, ohne Abzug der Schmerzensgeldforderung der Tochter 488.488,31 €.
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Zudem hat er Versorgungsanrechte erworben (s. Scheidungsverfahren).
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Der grundsätzlich entstandene Zugewinn resultiert im Wesentlichen aus dem Wertzuwachs der ererbten Immobilie K… 10 in W…, zu dem der Antragsteller nichts beigetragen hat. Er wird dadurch erhöht, dass der Zugewinn des Antragstellers durch die Schmerzensgeldforderung der Tochter iHv. 50.000,- € gemindert ist. Diese Minderung kann ohnehin nicht von der Antragsgegnerin mitgetragen werden.
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Soweit der Antragsteller einwendet, er sei durch das Strafurteil mit 9 Jahren Haft bereits bestraft, die Versagung des Zugewinnausgleichs käme einer zweiten Bestrafung gleich, trifft dies nicht zu. Im Strafurteil kommt der staatliche Strafanspruch zum Tragen, die Frage eines Zugewinnausgleichs betrifft die zivilrechtliche Seite des Geschehenen.
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Nicht berücksichtigt, wurden bei der Gesamtabwägung die in der Anklageschrift 1 KLS 21 Js 42957/15 aufgeführten 30 Fälle des sexuellen Missbrauchs an der Nichte der Antragsgegnerin M… E… im Jahr 2004. Der Antragsteller hat diese im hiesigen Verfahren bestritten. Eine diesbzgl. Beweisaufnahme schien nicht angemessen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§113 FamFG, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
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4. Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf §§ 35, 38, 42, 52 FamGKG.